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Portugals EG-Beitritt. Politische und wirtschaftliche Probleme | APuZ 27/1983 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 27/1983 Das Parteiensystem Italiens. Stabilität, Instabilität und Dynamik Spanien nach den Wahlen von 1982/83 Die Entwicklung von Parteiensystem und Wählerverhalten in der neuen spanischen Demokratie Portugals EG-Beitritt. Politische und wirtschaftliche Probleme Griechenland und die EG

Portugals EG-Beitritt. Politische und wirtschaftliche Probleme

Rainer Eisfeld

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Vierzig Jahre autokratischer Herrschaft haben schwerwiegende Verwerfungen in der Wirtschaft und Gesellschaft Portugals hervorgerufen. Unter Salazar und Caetano war das Land zur Deckung seiner Zahlungsbilanzdefizite abhängig von seinen kolonialen Absatz-und Bezugsmärkten, von den Einnahmen aus Fremdenverkehr und Überweisungen der Auslandsportugiesen, vom Arbeitskräfteexport sowie der Kontrolle der Löhne durch Unterdrückung der Gewerkschaften. Im Gefolge der Weltrezession von 1973 sowie der Revolution von 1974/75 schlossen sich die . Sicherheitsventile" der internationalen Arbeits- und kolonialen Rohstoffmärkte für Portugal. Während der letzten fünf Jahre lag die durchschnittliche Inflationsrate bei 22%, die „statistische“ Arbeitslosigkeit — in Wirklichkeit wahrscheinlich wesentlich höher — bei 8%. In der Landwirtschaft stagnieren Erzeugung und Produktivität; die eingeleitete Agrarreform ist aus politischen Gründen blokkiert worden. Die portugiesische Industrie wird ihrerseits behindert durch niedrige Produktivität, ungünstige Betriebsgrößen und ausgeprägte regionale Ungleichgewichte. Für Portugal verbindet sich deshalb mit dem angestrebten EG-Beitritt die Hoffnung auf Entwicklung: Weil dem Land eine autonome, binnengesteuerte sozio-ökonomische Modernisierung nicht gelungen ist, soll der Anstoß dazu von außen kommen. Der EG-Beitritt gewinnt den Stellenwert eines Hebels, der einen strukturellen Transformationsprozeß der portugiesischen Gesellschaft in Gang setzen soll. Für die EG-Länder besitzen dagegen strategische Ziele — militärische Sicherheit durch politisch-ökonomische Stabilität an der europäischen . Südflanke“ — eindeutige Priorität. Die anhaltende Wirtschaftskrise verstärkt die Tendenz bei den Mitgliedstaaten, die bevorstehende Süderweiterung als einen . normalen“ Vorgang einzustufen. In der EG haben jedoch die Einkommensunterschiede, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, nicht nur zwischen einzelnen Regionen, sondern auch zwischen den Mitgliedsländern zugenommen. Als Folge der Erweiterung zeichnet sich eine vierstufige Gemeinschaft ab, in der Dänemark und die Bundesrepublik die oberste Gruppe anführen, Portugal dagegen mit einem Abstand von 17 bis 20% an letzter Stelle rangiert. In dieser Lage würde ein Abgehen vom sogenannten Gemeinschaftsbestand im Zuge der Beitritts-verhandlungen nur bedeuten, die politischen Konsequenzen aus der tatsächlich entstandenen wirtschaftlichen Mehrstufigkeit der EG zu ziehen, die sich durch bloße Ubergangsmaßnahmen nicht länger überbrücken läßt. Damit wäre ein erster Schritt zur Institutionalisierung einer politischen Mehrstufengemeinschaft getan, die unzweifelhaft erheblich neue Probleme aufwerfen würde. Die EG, ursprünglich für hochentwickelte Industrieländer konzipiert, muß sich jedoch institutionell anpassen, wenn sie sich entscheidet, Länder einzubeziehen, deren Industrialisierung noch im Gange ist.

I. Wirtschaft und Politik in den Beziehungen zu Portugal

„Sie stellen mir dauernd politische Fragen“, hielt der portugiesische Außenminister den Journalisten vor, die ihn interviewten, nachdem er in Brüssel den Wunsch seiner Regierung nach Eröffnung von Verhandlungen mit der EG vorgetragen hatte. „Ich befasse mich lediglich mit wirtschaftlichen Dingen." Der Vorsitzende des EG-Ministerrats pflichtete dem offenbar bei. „Weder Sie noch wir wollen, daß neue Schranken im innereuropäischen Handel entstehen", erklärte er.

Dieser Dialog fand im Jahr 1970 statt; Anlaß war Portugals Eröffnungserklärung bei den Verhandlungen, die schließlich in das Frei-handelsabkommen von 1972 mündeten -Portugal war zu diesem Zeitpunkt ein Polizeistaat, der zuletzt über 40 Prozent seiner jährlichen Ausgaben in die immer blutiger gewordenen Kolonialkriege steckte, die die Regierung seit 1961 in Guinea-Bissau, Angola und Mozambique führte. Die politischen Implikationen des Handelsvertrages wurden von den niederländischen Oppositionsparteien, vom Europäischen Bund Freier Gewerkschaften und von den exilierten portugiesischen Sozialisten scharf kritisiert: Die getroffene Regelung stärkte die Caetano-Diktatur nicht nur diplomatisch; sie gestattete Portugal auch, seine „militärische(n) Ausgaben nicht nur weiter (zu) tragen, sondern womöglich (zu) erhöhen", und trug dadurch bei zur bewaffneten Unterdrückung der afrikanischen Befreiungs-Bewegungen Die niederländische Regierung beharrte jedoch — und entsprach damit nur der Haltung der übrigen EG-Regierungen — ebenso wie Portugal offiziell darauf, es handle sich um eine „rein kommerzielle“ Abmachung

Auf die wachsende Aussichtslosigkeit der Buschkriege in den afrikanischen Kolonien Portugals reagierten Teile der Armee, Luftwaffe und Marine schließlich mit einem Staatsstreich. Am 25. April 1974 stürzte die portugiesische Bewegung der Streitkräfte (Movimento das Forcas Armadas, MFA) den 1933 errichteten „nationalen Führerstaat" Antönio de Salazars und seines Nachfolgers Marcelo Caetano. Zwei Monate später bat Portugal die EG um wirtschaftliche Unterstützung; im November unterbreitete die provisorische Regierung entsprechende Vorschläge, die insbesondere auf zusätzliche Handelspräferenzen und auf Schutzbestimmungen für die portugiesischen Arbeitsemigranten in den EG-Staaten abzielten. Jedoch fehlte es „der Führung der Gemeinschaft an dem Willen und den Institutionen der Gemeinschaft an der Flexibilität, um dem portugiesischen Ersuchen rasch nachzukommen“ Im Gegenteil, nachdem der Ministerrat während des portugiesischen „heißen Sommers" von 1975 zweimal eine Hilfszusage hinausgezögert und der linksgerichteten Regierung in Lissabon seine Besorgnis über die „politische Stabilität" beziehungsweise die „demokratische Entwicklung“ ihres Landes übermittelt hatte, legte der französische Staatspräsident am 17. Juli 1975 „aus Furcht, damit ein sozialistisch-kommunistisches Bündnis zu subventionieren", sein Veto gegen einen Gemeinschaftskredit ein Statt dessen präsentierte der Europäische Rat Portugal ein „buchstäbli-ches Ultimatum" „Die Europäische Gemeinschaft ... kann nur einer pluralistischen Demokratie ihre Unterstützung geben" Erst am 7. Oktober, nachdem eine neue, de facto sozialdemokratische, provisorische Regierung drei Wochen im Amt war, entschied die EG, Portugal einen Kredit der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 180 Millionen Rechnungseinheiten zu gewähren; im darauffolgenden Jahr wurde auch das Freihandelsabkommen erweitert. Die EG hatte damit ihre politische „Macht zur Absage" mit einer Deutlichkeit gegenüber Portugal demonstriert, die nichts zu wünschen übrig ließ.

Die neue portugiesische Verfassung trat 1976 in Kraft; zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert fanden freie Parlamentswahlen in Portugal statt. Nachdem die 1. Konstitutionelle Regierung unter Mrio Soares ein Jahr später den Beitritt des Landes zur EG beantragt hatte, betonten das Europäische Parlament, der Ministerrat, die Kommission und schließlich der Wirtschafts-und Sozialausschuß übereinstimmend den politischen Aspekt — die Konsolidierung der Demokratie in Portugal und Südeuropa — als das „vorrangige Ziel" des portugiesischen EG-Beitritts. Portugiesischerseits verstieg Soares sich zu der Behauptung, der Antrag sei nicht „der Beschluß einer Regierung", sondern „die Entscheidung eines Volkes", „die Begegnung eines Landes mit seinem Schicksal" (67 Prozent der portugiesischen Bevölkerung hatten 1981 noch keine genauere Vorstellung vom Gemeinsamen Markt Freilich wurde in der EG sogleich auch allenthalben Sorge über die „wirtschaftlichen, finanziellen, landwirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten" laut, denen Portugal nach seinem Beitritt begegnen würde

Nimmt man diese Hinweise zusammen, so scheinen während jeder der drei aufeinander-folgenden Phasen — zur Zeit der Diktatur, während des revolutionären Zwischenspiels und schließlich unter dem liberal-parlamentarischen Regierungssystem — wirtschaftliche und politische Gesichtspunkte in den Beziehungen zwischen der EG und Portugal nach der Wahrnehmung einer oder beider Seiten einander zu widerstreiten. Die Frage lautet, ob sich nichtsdestotrotz ein gemeinsamer Nenner erkennen läßt, der hier wie dort die Perzeptionen anhaltend bestimmt hat.

Der portugiesische EG-Botschafter Lopes hat versucht, politische und wirtschaftliche Argumente dadurch zu vereinbaren, daß er den Aspekt der Entwicklung in den Mittelpunkt gerückt hat: Weil in Portugal ein autonomer sozio-ökonomischer Modernisierungsschub ausgeblieben ist, soll der Anstoß dazu von außen kommen; der Beitritt des Landes zur EG soll einem dynamischen Prozeß sozialen Strukturwandels den Weg bereiten Diese Perspektive war schon 1972 aufgetaucht; bei der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens hatte das Caetano-Regime die Möglichkeit hervorgehoben, durch die im Vertrag enthaltene Entwicklungsklausel das Abkommen auf die technologische Entwicklung und Industrialisierung Portugals auszuweiten Bei dem Staatsstreich von 1974 hatte der MFA ausdrücklich Entkolonialisierung, Demokratisierung und wirtschaftliche Entwicklung als seine Ziele proklamiert. Weder vor noch nach Verabschiedung der neuen Verfassung wurde jedoch eine in sich schlüssige wirtschafts-und gesellschaftspolitische Strategie entwickelt.

Während sich für die portugiesische Seite jedenfalls sagen läßt, daß dort das Ziel einer Entwicklung des Landes zunehmend in den Vordergrund der Erwartungen rückt, scheinen Erwägungen militärischer Sicherheit an oberster Stelle zu rangieren, wenn man die Einstellungen und Verhaltensweisen der westeuropäischen Länder gegenüber Portugal auf ihre innere Logik untersucht. Bereits unter Salazar genügte 1949 „die herausragende Bedeutung der geostrategischen Lage (Portugals), um seine Aufnahme in die NATO zu rechtfertigen, obwohl es im Innern durch ein diktatorisches und absolutistisches Regime gekennzeichnet war" Während Caetano mit der EG verhandelte, wurde „die Notwendigkeit einer Harmonisierung im Konsultationsprozeß zwischen EWG und NATO" betont (Joseph Luns) und eine „Erweiterung der Gemeinschaft vor allem als Ansporn zu engerer Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet" (Geoffrey Rippon) für wichtig erachtet Umgekehrt sperrte sich die EG 1974/75, nachdem Portugal de facto aus der Nuklearen Planungsgruppe der NATO ausgeschlossen worden war und es zeitweise scheinen konnte, als stünde auf dem NATO-Gipfel im Mai 1975 selbst seine weitere Mitgliedschaft in der Allianz zur Debatte

Der Umstand, daß das hochindustrialisierte „Zentrum" der EG identisch ist mit den meisten „Kern" staaten der NATO, fördert und erleichtert ein gemeinsames Vorgehen, überdies dient das nordatlantische Bündnis den EG-Ländern gewissermaßen als Ersatz für die in weite Ferne gerückte Europäische Verteidigungsgemeinschaft, und bei Debatten über die Politik der EG werden Erwägungen militärischer Sicherheit nachgerade automatisch ins Feld geführt: In einer Erörterung der Konsequenzen der zweiten EG-Erweiterung für den Mittelmeerraum durch einen deutschen Ministerialbeamten leitet gleich der erste Satz die „besondere Bedeutung" dieser Region aus ihrer „strategischen Lage" ab Gewohnheitsmäßig wird bei der Erörterung von Lösungsmöglichkeiten für die wirtschaftlichen Probleme, denen die Mittelmeeranrainerstaaten sich gegenübersehen, das Gespenst einer möglichen Zunahme des Einflusses „anderer, rivalisierender Mächte", nämlich der UdSSR, heraufbeschworen, mit „möglicherweise wichtige(n) strategische(n) Folgen für die Gemeinschaft und die gesamte westliche Welt" Speziell im Hinblick auf den Beitritt Portugals wird gefolgert, die NATO müsse „sich aktiv für die wirtschaftliche Lage dieses Landes interessieren", weil „im Lichte der jüngsten Ereignisse die Stärkung der NATO-Südflanke noch dringender wird" und in der wirtschaftlichen Stabilität Portugals die notwendige Voraussetzung gesehen wird, damit das Land „seinen Verteidigungsverpflichtungen weiter nachkommen kann”

Auch wenn Erwägungen militärischer Sicherheit nicht die ausschließliche Erklärung für Westeuropas Einstellung gegenüber Portugal liefern mögen, könnten sie sich mit strukturellen Widerständen im Lande selbst gegen einen mehr als nur minimalen sozialen Wandel verbinden. Eine stagnierende „marginale" Gesellschaft in Portugal, die weiterhin militärische Stützpunkte, billige Arbeitskräfte, bequeme — wenn auch beschränkte — Absatzmärkte und attraktive Ferienziele bietet — eine solche Alternative zur sozio-ökonomischen Weiterentwicklung des Landes bleibt in der Tat mehr als ein bloßes Gedanken-spiel

II. Politik in Portugal: Polarisierte Wählerschaft und labile Regierungen

Nach 1974 haben in Portugal vierzehn Regierungen amtiert: sechs provisorische (vor der Proklamierung der Verfassung von 1976) und acht konstitutionelle. Am 25. April 1983 fanden erneut Parlamentswahlen statt — die vierten seit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung. War von 1976 bis 1980 der Anhang des liberal-konservativen Lagers unter der Wählerschaft langsam, aber stetig gestiegen (von 40 auf 47, 5 Prozent der abgegebenen Stimmen), so wurde dieser Trend bei den jüngsten Wahlen — im Anschluß an den Zerfall der seit 1979 regierenden Mitte-Rechts-Koalition aus Sozial-Demokratischer Partei (Partido Social-Democräta, PSD) und Demokratisch-Sozialem Zentrum (Centro Democrätico Social, CDS) — zunächst gestoppt und die Ausgangslage wiederhergestellt. Die „Trendwende" wird in ihrer Bedeutung freilich dadurch relativiert, daß wirtschaftsliberale Züge in der Orientierung der — faktisch sozialdemokratischen — Sozialistischen Partei (Partido Socialista, PS) an Boden gewonnen haben, die mit 36, 3 Prozent die meisten Stimmen auf sich vereinte; zudem basiert die neu gebildete 9. Konstitutionelle Regierung unter Märio Soares nunmehr auf einem „Mittelblock“ aus PS und liberal-konservativer PSD. Auf der anderen Seite hat sich an der starren Orthodoxie der Kommunistischen Partei (Partido Comunista Portugus, PCP), die kontinuierlich zwischen 16 und 20 Prozent der Wähler an sich zu binden vermag, in den letzten acht Jahren nichts geändert.

Mit diesem Hinweis ist zugleich die starke Polarisierung der portugiesischen Wählerschaft angedeutet, die wesentlich zurückgeht auf tiefe sozio-ökonomische und sozio-kulturelle Unterschiede zwischen dem Norden, der Mitte und dem Süden des Landes. Während die PCP fest unter der „agnostischen" Industrie-und Landarbeiterschaft der Mitte und des dünnbesiedelten Südens verankert ist, liegt der Schwerpunkt des CDS — wie auch der PSD — in den kleinbäuerlich-kleinstädtischen, wirtschaftlich wie weltanschaulich konservativen Gebieten des bevölkerungsreichen Nordens. Die PSD konkurriert zugleich mit der PS um den städtischen Mittelstand (hauptsächlich Angestellte), teilweise auch um die höher qualifizierte Industriearbeiterschaft in den Ballungsräumen Lissabon und Porto.

Grundsätzlich gliedern sich die Parteien entsprechend der ausgeprägten, zudem stark regional zementierten sozialen Schichtung, dem Erbe einer fast fünfzigjährigen Beharrungsdiktatur, unter der Portugal „so sehr zum Klassenstaat (wurde), daß selbst die Folter Klassenunterschiede kannte“ Die teilweise Wählerbewegung kaschiert eine relative Konstanz der Wählerblöcke: Auf eine „begrenzte" soziale Revolution unmittelbar nach dem Staatsstreich 1974/75 ist in den Jahren danach eine „begrenzte“ Restauration gefolgt. Beide haben ihren Ursprung darin, daß es wohl eine soziale Mehrheit für den Bruch mit der extremen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ungleichheit der salazaristisehen Diktatur gab, aber — ungeachtet der sozialistischen Züge der Verfassung von 1976 — keine politische Mehrheit für eine bestimmte Alternative. Die Labilität der portugiesischen Regierungen hat ihren Ursprung in der relativen Konstanz der Wählerblöcke, aber auch in den damit zusammenhängenden, ebenso tiefen wie anhaltenden parteipolitischen Konflikten. Bei diesen Konflikten geht es um Ausmaß und Richtung der Umgestaltung, die für die Hierarchien und Wertsysteme der „traditionalen" portugiesischen Gesellschaft anvisiert wird. Sie prägen sowohl das Binnenverhältnis der beiden größten und damit heterogensten Parteien — PS und PSD — wie auch die Beziehungen der Parteien zueinander. Die PS entwickelte sich aus der Aco Socialista Portugusa (ASP), die 1964 in Genf gegründet und in die Sozialistische Internationale aufgenommen worden war; mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung und der SPD wurde die ASP 1973 in Bad Münstereifel in die Sozialistische Partei umgewandelt. Ihr Generalsekretär, Märio Soares, lastete ihr in seinem Bericht zu diesem Zeitpunkt nicht nur Mangel an Organisationsstruktur und -vermögen, sondern auch an theoretischem Training und Reflexion über den Sozialismus überhaupt wie über den „portugiesischen Weg zum Sozialismus" an Obgleich die Partei verbal in ihrem Programm von 1974 „sozialdemokratische" Lösungen verwarf, die „absichtlich oder tatsächlich die Strukturen des Kapitalismus erhalten" hatte sie sich bis 1976 (von SPD und Friedrich-Ebert-Stiftung in starkem Maße politisch und materiell unterstützt) zu einer „orthodoxen Partei westlichen Zuschnitts" entwickelt Zweimal spalteten sich große Teile des linken Flügels von der PS ab; in einem Kommentar charakterisierte die . International Herald Tribune Soares kürzlich als den „wohl am weitesten rechtsstehenden sozialistischen Parteiführer in Westeuropa" und führte den Mangel an innerparteilicher Demokratie auf sein autokratisches Regiment zurück Mit Soares als Premierminister bildete die PS 1976/77 die I. Konstitutionelle Regierung als Minderheitskabinett und stellte 1978, auf der Basis einer informellen Vereinbarung mit dem CDS, die Mehrheit in der II. Konstitutionellen Regierung. Nach ihrem Auseinanderbrechen folg-ten 1978/79 drei liberal-konservative bis konservative Präsidialkabinette ohne parlamentarische Mehrheit.

1974 von einer Personengruppe gegründet, die bereits unter der Diktatur zu den Führungskreisen von Verwaltung und Wirtschaft gehört hatte war das CDS diejenige politische Gruppierung, die am beständigsten „an die Kreise (appellierte), die mit dem früheren System am zufriedensten (gewesen) waren" Als einzige Partei stimmte das Zentrum 1976 gegen die neue Verfassung.

Die gleichfalls 1974 gegründete PSD erlebte noch härtere Fraktionskämpfe als die PS. Erbitterte Auseinandersetzungen, gefolgt von mehreren Parteispaltungen, entspannen sich über die Frage, ob die PSD im wesentlichen eine gemäßigt fortschrittliche Partei war, die die Entwicklung nach dem 25. April lediglich punktuell zu korrigieren suchte, oder aber eine konservative Gruppierung, die die Ergebnisse „Nelkenrevolution" der grundsätzlich ablehnte. In diesem Streit setzte Fran -cisco Sä Carneiro (der den kurzlebigen, 1969 entstandenen „liberalen Flügel" der salazaristischen Staatspartei ANP angeführt hatte und 1980 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam) sich an die Spitze des konservativen Teils der Partei und führte die PSD stetig nach rechts Bei den Parlamentswahlen 1979 und 1980 gewann die Alianca Democrätica, eine Koalition aus PSD, CDS sowie einer kleineren monarchistischen Gruppe, die absolute Mehrheit der Sitze. Unter Sä Carneiros Nachfolger als Premierminister, Francisco einen liberalen Kurs zu Pinto Balsemäo, der steuern versuchte, brachen die inneren Konflikte PSD erneut einer Vehemenz der mit auf, die den zweimaligen Rücktritt Balsemos zur Folge hatten. Die permanente Regierungskrise führte schließlich zu den Neuwahlen vom April 1983.

Die PCP als vierte große Partei war lediglich an den sechs provisorischen Regierungen von 1974 bis 1976 beteiligt Ihr Generalsekretär, Alvaro Cunhal, ließ niemals einen Zweifel an seiner Überzeugung, wonach „der Leninismus ...der Marxismus des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus“ ist und „die PCP ihre politischen Vorstellungen nicht dem realen Sozialismus entgegen(setzt)“ 1927 — sechs Jahre nach ihrer Gründung — verboten und unter Salazar brutal verfolgt, war die PCP geprägt worden durch die „traumatischen Erfahrungen" einer „Hobbesschen Welt" Zu Recht ist sie als Partei gekennzeichnet worden, die immer noch „der Zeit Dimitroffs" entstamme, geprägt durch einen „wenig fruchtbaren theoretischen Dogmatismus" Freilich hatte sie auch als einzige politische Partei im Untergrund überdauert; zumindest im süd-portugiesischen Alentejo war sie durch ihre Tradition des Widerstandes auch emotional so tief in der ausgebeuteten Landarbeiterschaft verankert, daß man sie geradezu als „Bestandteil der alentejanischen Kultur" eingestuft hat

Das Agrarproletariat Südportugals, die Arbeiterschaft in den Industriezentren Setbal und Lissabon sowie die Bewohner Baracken-und Elendsviertel Porto, und von Lissabon Setübal waren es hauptsächlich, die 1974/75 durch Boden-, Betriebs-und Hausbesetzungen sowie durch Bildung von Kooperativen, Arbeiter-und Einwohnerausschüssen Ansätze zu einer sozialen und politischen Revolution auslösten. Ein Teil der Bewegung der Streitkräfte solidarisierte sich zunächst mit ihnen. Doch in dem Maße, in dem der MFA direkt in politische Prozesse eingriff, nahm auch seine eigene Fraktionierung zu. Die Niederwerfung einer Rebellion linker Einheiten am 25. November 1975 auf der Grundlage derart „sorgfältig vorbereitete(r) Pläne“ daß man das Ergebnis als Gegen-„Putsch der Mitte“ eingeschätzt hat war der Anfang vom Ende des MFA Das Militär kehrte zurück in die Kasernen; lediglich dem 1975 eingerichte-ten Revolutionsrat verblieb bis 1982 die Funktion einer Überprüfungsinstanz für die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzgebung sowie die Zuständigkeit für die Militärgesetzgebung. Die Ansätze zu einer sozio-politischen Umwälzung fanden ihren Niederschlag noch in der Verfassung von 1976. Sie proklamierte als Grundprinzip die „Mannigfaltigkeit demokratischer Meinungsäußerung und demokratischer politischer Organisation" mit dem Ziel, „den Übergang zum Sozialismus zu gewährleisten". Die Rechte von Arbeiterausschüssen, Gewerkschaften sowie selbstverwalteten Produktions-und Absatzkooperativen wurden betont, die 1975 erfolgten Verstaatlichungen festgeschrieben und der Sozialisierung (nicht jedoch weiterer Nationalisierung) der Produktionsmittel Vorrang eingeräumt. Weder politische Parteien noch Regierungen setzten sich jedoch für dieses, in der Verfassung verankerte, Modell eines „sozialistischen Pluralismus" ein In dem revidierten Verfassungstext, der 1982 mit der Zweidrittelmehrheit von PSD, CDS und PS verabschiedet wurde, fehlen alle bisherigen Hinweise auf eine friedliche Weiterführung des revolutionären Prozesses oder die künftige Vorrangstellung sozialisierter, selbstverwalteter Produktionsmittel in der Wirtschaftsordnung; die Bedeutung einer Agrarreform wurde zurückgestuft und der indikative Charakter der Wirtschaftsplanung betont.

Unterdessen hat die überkommene Bürokratie sich weitgehend behauptet, „statt durch Hineinströmen neuen Personals und neuer Vorstellungen reformiert zu werden" Die „Männer des 24. April“, wie man das administrative, wirtschaftliche und militärische Establishment des früheren Regimes spöttisch bezeichnet, haben zunehmend wieder an Boden gewonnen, seit die Alianca Democrätica — obschon angetreten unter dem Motto der „mudanca", der Veränderung — gleichwohl eine konservative Politik verfolgte, „von der man eher wußte, wogegen, als wofür sie war" Lotet man tiefer, so mag es jener weiter oben bereits angedeutete begrenzte „Waffenstillstand" zwischen den revolutionär und gegenrevolutionär eingestellten Bevölkerungsschichten aus den Jahren 1974/75 sein, der zu einem gewissen Teil immer noch die politische Labilität und Lähmung in einem Land erklärt, bei dem, „was Psychologie und Verhalten angeht, nach wie vor nicht klar ist, wieviel sich wirklich geändert hat“

III. Portugals Wirtschaft: Die strukturelle Dauerkrise

1981 stiegen die Verbraucherpreise in Portugal um 19, 3 Prozent; die Arbeitslosigkeit betrug 8 Prozent. Die landwirtschaftliche Erzeugung sank, zusätzlich beeinträchtigt durch zwei katastrophale Dürreperioden, um 5 Prozent; von dem, was die Portugiesen verzehrten, mußten drei Viertel eingeführt werden. Im Laufe des letzten Jahres wuchs das Defizit bei den laufenden Posten der Zahlungbilanz auf über 3 Milliarden Dollar an; die gesamte Auslandsverschuldung beläuft sich auf 13 Milliarden Dollar oder 57 Prozent des Bruttosozialprodukts. Bei einem Drittel dieser Summe handelt es sich um kurzfristige Verbindlichkeiten von maximal einem Jahr Laufzeit. Portugals wirtschaftliche Lage ist buchstäblich „tragisch"

Während der letzten fünf Jahre lag die durchschnittliche Inflationsrate bei 22 Prozent. Die „statistische" Arbeitslosigkeit schwankte zwischen 7, 5 und 8, 2 Prozent; infolge widersprüchlicher Ausgangsdaten und nicht unproblematischer Erhebungsmethoden wurde jedoch beispielsweise für Ende 1978 die tatsächliche Höhe auf rund das Doppelte dieser Angabe geschätzt. Die Reallöhne waren zu diesem Zeitpunkt wieder auf den Stand von 1974 gesunken; nur 20 Prozent de -nominell Erwerbslosen bezogen Arbeitslose; Unterstützung. Unterbeschäftigung (versteckte Arbeitslosigkeit) existiert besonders auf oem Lande in beträchtlichem Ausmaß. Das Defizit bei den laufenden Posten der Zahlungsbilanz, das 1977 1, 5 Milliarden Dollar erreicht hatte, war bis 1979 annähernd abgebaut worden; ein Jahr später lag es wieder bei einer Milliarde Dollar«), Diese Angaben deuten auf strukturelle Verwerfungen der portugiesischen Wirtschaft hin — die Hinterlassenschaft einer fast fünfzigjährigen Diktatur, die durch die korporative Verzahnung staatlicher und wirtschaftlicher Instanzen die etablierte nationale Groß. Industrie vor in-und ausländischem Konkurrenzdruck geschützt hatte. Konglomeratkonzerne in Familienbesitz wie Companhia Uniäo Fabril (CUF), Champalimaud, Borges/Quina und Espirito Santo e Comercial kontrollierten Banken, Versicherungsgesellschaften, Ölraffinerien, Werften sowie große Teile der Stahl-und Zementindustrie. Bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Unternehmen in der verarbeitenden Industrie handelte es sich demgegenüber um Klein-oder Mittelbetriebe mit zwischen fünf und 50 Beschäftigten. Im Windschatten der hochkartellierten großen Unternehmensgruppen profitierten ganze ineffizient produzierende Branchen von niedrigen Löhnen — 1973 lag das Lohnniveau bei einem Sechstel des westdeutschen — und von den kolonialen Präferenzen der „EscudoZone": Rohstoffe wurden unter Weltmarkt-preis importiert, qualitativ minderwertige Produkte in die afrikanischen Kolonien ausgeführt 44).

Erziehung galt unter Salazar und Caetano als ein Werkzeug der „Privilegierung und Diskriminierung" 45). Kaum 10 Prozent der arbeitenden Bevölkerung hatten eine höhere Schule besucht, nur 2 Prozent eine weiterführe

Erziehung galt unter Salazar und Caetano als ein Werkzeug der „Privilegierung und Diskriminierung" Kaum 10 Prozent der arbeitenden Bevölkerung hatten eine höhere Schule besucht, nur 2 Prozent eine weiterführende Ausbildung absolviert; zwischen 20 und 30 Prozent konnten weder schreiben noch lesen In der Landwirtschaft traten diese Defizite noch weit krasser zutage: 1968 betrug die Analphabetenquote dort 43 Prozent;

ganze 1, 3 Prozent der ländlichen Bevölkerung hatten mehr als nur die Grundschule besucht Der mangelhafte Ausbildungsstand war mitverantwortlich für die stagnierende Produktivität der portugiesischen Landwirtschaft, auf die seit über einem Jahrzehnt immer noch fast ein Drittel der Erwerbstätigkeit entfällt, ohne daß sie mehr als 15 Prozent zum BSP beitrüge. Bereits zwischen 1970 und 1973 vervierfachte sich das landwirtschaftliche Außenhandelsdefizit

Im Norden setzte zwar in den fünfziger Jahren eine Besitzkonzentration zugunsten der bäuerlichen Mittelbetriebe zwischen 5 und 50 ha ein, die 1968 in allen drei Regionen Nordportugals zwischen 36 und 55 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschafteten. Gemessen an der Zahl der kleinen und kleinsten Höfe von 0, 5 bis 5 ha, überwiegt dort jedoch immer noch die Subsistenzwirtschaft, die Aufsplitterung der Böden durch Realerbteilung, bei der der Grund und Boden buchstäblich die Überlebensgrundlage bildet und „eine Kuh, die auf einem Grundstück das Gras frißt, dabei auf dem Nachbargrundstück stehen muß“ Im Süden dagegen herrschte traditionell, seit der Reconquista des Landes von den Mauren, erst der geistliche und feudale, später der nichtadelige, extensiv genutzte Großgrundbesitz. Höfe über 100 ha machten 1968 ganze 0, 6% aller landwirtschaftlichen Betriebe Portugals aus, verfügten aber, konzentriert im Alentejo, über 45, 3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Mit der Unproduktivität der Landwirtschaft gingen Saisonarbeit — 65% der Landarbeiterbevölkerung war 1968 allenfalls zeitweise beschäftigt — und extreme Unterbezahlung der Landarbeiter einher

Massenhafte legale und illegale Abwanderung, hauptsächlich nach Frankreich, später auch in die Bundesrepublik, eröffnete zunächst einen Fluchtweg aus dem Elend und der Unsicherheit der Lebensverhältnisse; seit dem Ausbruch der Aufstände in den Kolonien diente sie mehr und mehr dazu, sich der Ableistung des Wehrdienstes in Afrika zu ent-ziehen. Hunderttausende von Portugiesen verließen ihr Land. Insbesondere die nordöstlichen Distrikte fielen durch diese Ausblutung, die ihnen „den aktivsten und dynamischsten Teil ihrer Bevölkerung raubte" noch weiter in ihrem Entwicklungsstand zurück. Die Überweisungen der Arbeitsemigranten halfen — und helfen — dem Staat, das wachsende Außenhandelsdefizit wenigstens teilweise zu decken; kurz vor 1974 übertrafen sie den Wert der gesamten landwirtschaftlichen Erzeugung 1974/75 schlossen jedoch Frankreich, die Bundesrepublik und andere Länder im Zuge der weltweiten Rezession ihre Grenzen gegen jeden weiteren Zustrom aus dem Ausland; durch die Demobilisierung der Kolonialarmee sowie die Siedlerflucht aus Angola und Mocambique schwoll die portugiesische Bevölkerung zusätzlich an — binnen zwei Jahren um 700 000 Menschen auf 9, 1 Millionen 1975. Infolge der Entkolonialisierung gingen die günstigen afrikanischen Bezugs-und Absatzmärkte verloren. Mit den steigenden Rohölpreisen und der anwachsenden Verbrauchernachfrage verschlechterte sich Portugals Zahlungsbilanz drastisch. Angesichts des internationalen Konjunkturabschwungs und verschlechterter Terms of Trade hätten Entkolonialisierung und Revolution kaum auf ungünstigere Rahmenbedingungen treffen können.

Eine Welle der Besetzung teils brachliegender, teils extensiv genutzter Latifundien durch Landarbeiter im Alentejo leitete 1975 die mühsame Umwandlung von 1, 1 Millionen ha Land in insgesamt 550 Produktionskollektive und -kooperativen ein, bei denen die PCP beträchtlichen Einfluß besaß. Der größte Teil dieser Okkupationen wurde im Juli 1975 legalisiert und damit die gesetzliche Mindestgrundlage für die Durchführung einer Agrarreform geschaffen; dennoch umfaßten die besetzten Ländereien niemals mehr als 14% der landwirtschaftlichen Nutzfläche Portugals 1976 wurde die Agrarreformzone im wesentlichen auf die Distrikte Evora, Beja, Portalegre und Setübal beschränkt; weitere 500 000 ha, die unter die Gesetze von 1975 fielen, wurden nicht mehr enteignet. Die anfänglich sowohl für Investitionen wie für Lohnzahlungen eingeräumten Kredite wurden zunehmend reduziert. Das Agrar„reform" gesetz, das 1977 an die Stelle der Gesetzesdekrete von 1975 trat weitete nicht nur die „Reserven" erheblich aus, die an die früheren Großgrundbesitzer auch dann zurückzugeben waren, wenn sie inzwischen von Kooperativen erschlossen worden waren. Das Gesetz gewährte auch dem Landwirtschaftsministerium erheblichen Ermessensspielraum zur weiteren Auf-stockung dieser Reserven; sowohl von der PS wie insbesondere von den Parteien der Alianca Democrätica als Mittel zum Zweck interpretiert, den Einfluß der PCP zurückzudrängen, leitete es den anhaltenden Versuch ein, die Produktionskooperativen wieder zu zerschlagen — bei 135 war dies bis Ende 1981 gelungen, die Zahl der in ihrer Existenz gefährdeten nicht gerechnet — und teilweise durch klein-und mittelbäuerlichen Besitz zu ersetzen, ohne daß davon die Lösung der massiven Beschäftigungs-und landwirtschaftlichen Produktivitätsprobleme im geringsten profitiert hätte: Von den 72 000 Arbeitsplätzen der Ernteperiode 1975/76 waren 1980/81 noch 25 000 übriggeblieben; Mechanisierung und Viehbestand waren fast auf den Umfang vor 1974 zurückgefallen

Auch in der südportugiesischen Agrarreform-zone betrug 1978 der Anteil der Kooperativen an landwirtschaftlicher Nutzfläche, Erzeugung und Arbeitsplätzen nicht mehr als 30 bis 35% In Nordportugal hat eine Agrarreform überhaupt nicht stattgefunden. Erforderlich wären ein Verbot weiterer Parzellierung, die Schaffung von Anreizen für die Zusammenlegung von Grundstücken, die Förderung von Kooperativen sowie soziale Maßnahmen für ausscheidende Landwirte Auf Kosten einer Vielzahl von Zwischenhändlern, die „eine ausschlaggebende ökonomische und eine nicht minder wichtige, im wesentlichen von der ersteren abgeleitete politische Rolle" spielen wären günstige Vermarktungswege zu schaffen; und natürlich müßte dem mangelhaften Aus-und Weiterbildungsstand systematisch zu Leibe gegangen werden. Teils aus mangelndem Interesse an einem Aufbrechen der traditionellen Wertorientierungen, teils aus Furcht, bei der eingefleischten Eigentums-mentalität der Bauern auf Widerstand zu stoßen und sich wichtige Teile ihrer Wählerschaft zu entfremden, haben jedoch die Mitte-Rechts-Parteien (aber auch die PS) auf jegliche Reformmaßnahmen verzichtet.

Auch in der Industrie bildeten die Verstaatlichungen von 1975 eher einen Zankapfel zwischen den politischen Parteien beziehungsweise, nach 1979, zwischen den konservativ-liberalen Regierungen und dem Revolutionsrat als das Werkzeug einer zusammenhängenden Strategie zur Umstrukturierung der portugiesischen Wirtschaft. Verstaatlicht worden waren die — weitgehend von den weiter oben erwähnten großen Konglomerat-konzernen kontrollierten — Banken und Versicherungen, Elektrizitätswerke und Ölraffinerien, die Stahl-und die Zementindustrie sowie der Luft-, Eisenbahn-und Schiffsverkehr. Dieser öffentliche Sektor war, allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz, niemals mehr als „eine Teillösung im Rahmen einer Marktwirtschaft" 1975 entfielen auf ihn 11, 5% der Arbeitsplätze (zum Vergleich: in der Bundesrepublik 8, 7%), 33, 6% der Bruttoanlageinvestitionen (Bundesrepublik 22, 7%) und 14% des Umsatzes (Bundesrepublik: 7, 2%). In der verarbeitenden Industrie überwiegt der privatwirtschaftliche Bereich noch erheblich stärker; 1977 waren ihm über drei Viertel des dort erzeugten Bruttoinlandsprodukts und 90% des Beschäftigungsvolumens zuzurechnen Weil der staatliche Sektor in erster Linie die kapitalintensiven, in den Ballungs-gebieten der Küste angesiedelten Großunternehmen der Grundstoffindustrien umfaßt, ließen sich beschäftigungs-und regionalpolitische Ziele kaum damit angehen; aber auch die Kontrolle über das Bankwesen wurde nicht genutzt, um eindeutige Schwerpunkte in der Investitionsfinanzierung zu setzen

Die Hauptschwächen des privatwirtschaftlichen Sektors — regionales Ungleichgewicht, ungünstige Betriebsgrößenstruktur und niedrige Produktivität — lassen sich am Beispiel der Textil-und Bekleidungsindustrie demonstrieren. Ihre Erzeugnisse liefern den größten Beitrag zur portugiesischen Ausfuhr, die sich in erster Linie immer noch aus Verbrauchsgütern mit hoher Einkommenselastizität — neben Textilien Weine, Lederwaren sowie Kork-, Holz-und Glasprodukte — zusammensetzt. Kleine Unternehmen (mit bis zu zehn) und mittlere (mit bis zu 50 Beschäftigten) machten 1974 17 bzw. 45% aller Betriebe dieser Branche aus; nur 22% besaßen mehr als 100 Beschäftigte. Nimmt man die verarbeitende Industrie insgesamt, so erinnern die Betriebsgrößen noch stärker an handwerkliche Verhältnisse; nur 9, 7% aller Betriebe sind Großunternehmen mit über 100 Beschäftigten. Die industrielle Produktivität ist auf ein Drittel bis ein Viertel der westeuropäischen Länder geschätzt worden. Die Vereinigung Portugiesischer Textilingenieure beurteilte 1981 40% der Textilindustrie als nicht überlebensfähig und 20% als ernsthaft gefährdet

In Portugal ballt sich die Industrie entlang der Küste; dort wiederum konzentriert sie sich auf die beiden Räume Porto-Braga und Lissabon-Setübal Wiederum liefert die Textil-und Bekleidungsbranche nur ein Beispiel unter vielen: 69% ihres Bruttoproduktionswerts entstammte 1975 den beiden Di-strikten Braga und Porto Unzureichende Verkehrsverbindungen, geringer Verstädterungsgrad, schlechte soziale Versorgung sowie minimale öffentliche Mittel machen die gravierenden Nachteile des ausgedehnten Hinterlandes aus Das 1978 erlassene Finanzgesetz, das den Kommunen eigene Steuereinnahmen sowie zusätzliche Anteile an staatlichen Steuern zuwies, wurde von der zentralen Bürokratie erbittert bekämpft soweit es die staatlichen Steuerzuweisungen anging, entwickelte das Gesetz sich zu einem weiteren ständigen Streitpunkt zwischen den Regierungen der Alianca Democrätica und der in zahlreichen Kommunalverwaltungen fest verankerten Opposition aus PS bzw. PCP. Die regionalen Planungsbehörden befinden sich noch im Entwicklungszustand; und Dezentralisierungspläne, die darauf abzielen, projektierten regionalen Wachstumszentren von Faro-Olhäo im Süden bis Viana do Ca-stelo im Norden mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, sind unter diesen Umständen kaum vom Fleck gekommen.

Portugals Lage ist dahingehend resümiert worden, die verfügbaren Daten deuteten auf eine gleichzeitige „strukturelle Blockierung, politische Labilität und wirtschaftliche Krise", die im Kern zurückgehe auf den Übergang von „einer Form wirtschaftlicher Auslandsabhängigkeit, mit einem bestimmten Akkumulations-und Wachstumstrend, zu einer Dependenz neuer Art, die noch kein stabiles Gefüge aufweist Genau diese unsichere Abhängigkeit der portugiesischen Peripherie von der westeuropäischen Kernregion steht zur Debatte, wenn die Alternative zwischen fortdauernder Stagnation oder außeninduzierter Entwicklung anvisiert wird — anvisiert zwischen Hoffnung und „Enttäuschung" über die bisherige Taktik der EG in den Beitritts-verhandlungen mit Portugal.

IV. Die Europäische Gemeinschaft: Negative Integration und „lähmende Unsicherheit

War 1970 das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf in Hamburg bereits fünf-und in Paris viermal höher als in Westirland, so hatte sich 1977/78 der Abstand zwischen den reichsten Gebieten (Hamburg, Paris, Brüssel) und dem ärmsten Gebiet der EG auf das sechs-bis achtfache vergrößert. Mit dem Beitritt Portugals würde er noch einmal drastisch auf 12: 1 zwischen Hamburg und Vila Real-Braganca bzw. 10: 1 zwischen der Hansestadt und den vier ärmsten portugiesischen Distrikten anwachsen Die Einkommensunterschiede in der Gemeinschaft haben jedoch — und zwar unabhängig davon, ob man sie zu laufenden Preisen und Wechselkursen bestimmt oder ob man Kaufkraftparitäten vergleicht — nicht nur auf regionaler, sondern auch auf Länderebene zugenommen: Vergleicht man prozentual das BIP pro Kopf sowohl in den Staaten der Zehner-EG wie in den Beitrittsländern mit dem Mittelwert für den Gemeinsamen Markt, so schält sich in wachsendem Maße das Bild einer Vier-Stufen-Gemeinschaft heraus, in der Dänemark und die Bundesrepublik die oberste Gruppe anführen, Irland, Italien, Griechenland sowie Spanien den dritten Rang einnehmen und Großbritannien auf mittlerer Ebene angesiedelt ist. Die unterste Stufe bleibt mit einem Abstand von 17 bis 20% Portugal Vorbehalten

Angesichts wachsender Arbeitslosigkeit, sinkender und zugleich auseinanderdriftender Wachstumsraten, zunehmender, dabei stark divergierender Inflation, schließlich beträchtlicher Unterschiede bei der Aktivität bzw. Passivität der Zahlungsbilanzen sowie der Entwicklung der Wechselkurse hat „lähmende Unsicherheit" den Gemeinsamen Markt erfaßt. Die EG steht nicht nur vor ihrer zweiten Erweiterung, sondern vor einer schwerwiegenderen Herausforderung, für deren Bewältigung der Vertrag von Rom keineswegs günstige Voraussetzungen bietet. Geprägt vom Credo anhaltenden Wirtschaftswachstums konzentriert der Vertrag sich auf Maßnahmen negativer Marktintegration, d. h.den Abbau von Diskriminierungen und Handelshemmnissen, zu Lasten positiver Entwicklungsintegration, d. h.der Einführung und Anwendung gemeinsamer konjunktur-, Industrie-und sozialpolitischer Mittel; letztere werden allenfalls „verschwommen und unverbindlich, aber nicht definitiv und obligatorisch“ behandelt. Die Umverteilungs-und Wohlfahrtsaspekte einer Wirtschaftsunion sind deshalb in der EG stets zurückgetreten hinter der Beschränkung auf einen — sowohl industriellen wie landwirtschaftlichen — Zoll-und Steuerverbund

Im Gefolge der ersten EG-Erweiterung von 1972 wurde 1975 der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung errichtet. Die nationale Quotenbindung der Ausgaben bringt jedoch mit sich, daß der Bundesrepublik kaum weniger Mittel zustehen als Irland (4, 7 gegenüber 6%) und Frankreich mehr erhält als Griechenland (13, 6 gegenüber 13%). Eine nichtquotengebundene Tranche wurde zwar 1979 eingeführt, vom Ministerrat aber auf 5% der Gesamtdotierung des Fonds begrenzt; keine Resonanz im Rat fand der Kommissionsvorschlag, im Hinblick auf die Entwicklungsprobleme Gemeinschaft nach der der zweiten Erweiterung diesen Abschnitt bereits jetzt auf 20% aufzustocken sowie die Quoten-zuweisung an die Mitgliedstaaten durch regionale Entwicklungsprogramme zu ersetzen und diese vorläufig auf den Mezzogiorno, Griechenland, Großbritannien und Irland zu beschränken Die Folgen der Quotenpraxis — von der absoluten Höhe der Fondsmittel zu schweigen — können kaum wundernehmen: In Irland und im Mezzogiorno beliefen sich die Zuschüsse aus dem Europäischen Regionalfonds sowie aus der Abteilung Ausrichtung des EAGFL über eine Periode von fünf Jahren auf nicht mehr als 8, 5 bzw. 0, 7% der jeweiligen nationalen Aufwendungen Weil die EG die Haltung einnahm, daß die bevorstehende Erweiterung „eventuell sogar die Entwicklung einer Reihe schwacher Regionen der Gemeinschaft gefährden könnte“, stimmte der Ministerrat 1979/80 der Finanzierung spezifischer Maßnahmen im Mezzo-• giorno und in Südwestfrankreich sowohl aus dem quoten-wie aus dem nichtquotengebundenen Abschnitt des Regionalfonds Zu Dennoch wuchs der Widerstand der französischen und italienischen Landwirte gegen die Erweiterung. Er veranlaßte den französischen Staatschef Giscard dEstaing und zuletzt auch seinen Nachfolger Mitterrand zu einer Filibustertaktik in den Verhandlungen mit Spanien, die sich wegen der angestrebten Gleichzeitigkeit des EG-Beitritts der beiden iberischen Länder auch auf die Gespräche mit Portugal auswirkte. Der Wahlsieg der sozialistischen PASOK in Griechenland 1981 hatte zusätzlich zur Folge, daß die neue Regierung ankündigte, sie werde versuchen, eine Sonderregelung für ihr Land auszuhandeln, „die dessen spezifischen wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung trägt"

Die PASOK hatte während des Wahlkampfes die Durchführung einer Volksabstimmung über die griechische EG-Mitgliedschaft angekündigt. Nach der Wahl leitete die Regierung Papandreou die Neuaushandlung der Bedingungen für eine weitere amerikanische Militärpräsenz in Griechenland ein und zeigte sich gegenüber der NATO erheblich reserviert. Um den griechischen Forderungen entgegenzukommen und zugleich der französisch-italienischen Opposition die Spitze zu nehmen, schnürte die EG-Kommission im Februar des Jahres ein Vorschlagspaket „Integrierte Programme für den Mittelmeerraum" — sprich Südwestfrankreich, den Mezzo-giorno und die mittelitalienischen Gebiete sowie ganz Griechenland — im Umfang von 6, 6 Milliarden Europäischen Rechnungseinheiten (ERE), davon 2, 55 Milliarden oder 38, 4% für Griechenland, 2, 95 Milliarden (44, 5%) für Italien und 1, 1 Milliarde (17, 1%) für Frankreich. Einen Monat später ergänzte die Kommission aufgrund eines weiteren griechischen Verstoßes um spezifische Vorschläge für Griechenland in Höhe von nochmals 450 Milliarden ERE

Die „Integrierten Mittelmeerprogramme''sollen Maßnahmen umfassen, die von einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Erzeugungs-und Absatzstrukturen über die Schaffung gewerblicher Arbeitsplätze durch Förderung von Handwerk, Klein-und Mittelbetrieben bis zum Ausbau des ländlichen Fremden-verkehrs, der Infrastruktur und der regenerativen Energiegewinnung (Wasserkraft, Wind-und Sonnenenergie) reichen. Damit würde erstmalig eine integrierte Entwicklungsstrategie als Zusammenfassung industrie-, agrar-, regional-und sozialpolitischer Maßnahmen zugunsten der ärmeren Gebiete der gegenwärtigen „Gemeinschaft" anvisiert. Die Kommissionsvorschläge müssen freilich zunächst vom Ministerrat genehmigt werden. Ihre Finanzierung setzt eine Einigung der Staats-und Regierungschefs nicht nur über die unverändert strittigen britischen Haushaltsbeiträge, sondern auch über eine Erweiterung der Eigenmittel des Gemeinsamen Marktes voraus. Wird die Zuweisung von bislang 1 % der nationalen Mehrwertsteuereinkünfte an dann die EG nicht überschritten, läßt sich die von der Kommission entworfene Politik nicht verwirklichen. Zugleich wächst die Gefahr, daß die zugunsten Griechenlands, Italiens und Frankreichs gesetzten regionalen Prioritäten nach einem Beitritt Spaniens und Portugals sich zu Lasten der Mittelzuweisungen für die neuen Mitgliedsländer auswirken würden.

Die Herausforderung an die EG, die in einer integrierten Entwicklungspolitik liegt, wird durch die Bedürfnisse Portugals, dessen Beitrittsverhandlungen mit dem Gemeinsamen Markt in weiten Bereichen „nicht eigentlich Verhandlungen, sondern eher Ersuchen Por-tugals an die Gemeinschaft sind" am eindringlichsten illustriert. Die EG freilich, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachgelassen hat, läuft unverändert Gefahr, sich — ähnlich wie Portugal, wenn auch aus anderen Gründen — angesichts dieser Herausforderung als politisch schwach und strukturell blockiert zu erweisen.

Bei den Regierungen der EG-Länder besteht nach wie vor die Tendenz, sich die „Normalität" der bevorstehenden Erweiterung vorzuspiegeln — weil, wie schon betont, strategische Ziele (militärische Absicherung der „empfindlichen" NATO-Südflanke durch „Stabilisierung der [dortigen] politisch-ökonomischen Systeme") „eindeutig im Vordergrund" stehen weil deshalb im Kernbereich der EG ein fast schon „arrogantes Desinteresse an den grundlegenden Problemen Südeuropas überwiegt; weil diese Haltung durch die Zehnerclub-Mentalität der britischen, französischen und westdeutschen Staats-und Regierungschefs noch verstärkt worden ist, denen im Europäischen Rat (der seine Initiativrolle seit 1974 auf Kosten der Kommission und des Ministerrats ausgeweitet hat) immer mehr die Funktion eines „Direktoriums" zukommt und weil schließlich jedes EG-Land während der gegenwärtigen Weltrezession dahin tendiert, der Aufrechterhaltung des sozialen Friedens „mittels einer Verhinderung oder Verlangsamung struktureller Anpassungsprozesse" Priorität einzuräumen.

Das hat beispielsweise dazu geführt, daß die EG im gewerblichen wie im landwirtschaftlichen Bereich eine beträchtliche Zahl von Waren als „empfindliche“ Erzeugnisse einstuft, bei denen die Gemeinschaft sich in Handelsverträgen protektionistische Vorteile nicht selten gerade in Bereichen sichert, die für das andere Land infolge ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit von erheblicher Bedeutung sind. Das gilt nach wie vor im Falle des eingangs erwähnten Abkommens mit Portugal, obgleich die Übereinkunft nach dem Sturz der Diktatur zweimal erweitert wurde. Um Zollzugeständnisse für Bekleidung und Textilien, Kork-und Papiererzeugnisse, Sardinenkonserven, Tomatenmark und Weine zu erhalten, mußte Portugal entweder Einfuhrplafonds bzw. -kontingente (bei Bekleidung und Textilwaren, Kork-und Papiererzeugnissen und Weinen) oder Mindestpreise (im Falle von Sardinen) oder beides (bei Tomaten-mark) akzeptieren. Die Kontingente wurden zwar 1976 und 1979 aufgestockt, die Zollpräferenzen erhöht und weitere Agrar-bzw. Fischereierzeugnisse einbezogen, aber am Prinzip hat sich nichts geändert. Als Portugal 1981 um eine Steigerung seines Jahresplafonds für Bekleidung und Textilien nachsuchte, blieb der Bescheid der Kommission wesentlich hinter den portugiesischen Wünschen zurück und verstärkte die Schwierigkeiten der exportorientierten Branche

Wenn Portugals Außenhandelsdefizit gegenüber dem Gemeinsamen Markt zwischen 1973 und 1978 auf mehr als das Doppelte stieg, dann besteht aller Grund zu der Annahme, daß die EG dazu ihren Teil beigetragen hat. So gelangten beispielsweise französische, italienische und niederländische Tomatenmarkausfuhren nach Großbritannien und Dänemark in den Genuß nicht unerheblicher Subventionen; Frankreich und Großbritannien führten mengenmäßige Importbeschränkungen zum Schutz ihrer Textilindustrie ein Während der laufenden Beitrittsverhandlungen mit Portugal blieb das Kapitel „Zollunion" neun Monate lang blockiert, weil die EG-Mitgliedsländer sich untereinander nicht einigen konnten, wie mit Portugals Textil-und Bekleidungsausfuhren während der — voraussichtlich bis zu zehnjährigen — Übergangszeit zu verfahren sei. Die schließlich dafür gefundene Formel lautete, die künftige Regelung solle durch die gegenwärtig gültige „Selbstbeschränkung“ auf portugiesischer Seite „inspiriert" werden

Die Sackgasse, in die die Bemühungen um Stärkung der Elemente einer „Solidaritätsgemeinschaft" in der EG — beispielsweise durch Umverteilung der Budgetmittel — geraten sind läßt sich auch illustrieren am Beispiel der Beitrittsvorbereitungshilfe für Portugal. Diese Hilfe soll beitragen zur Förderung zurückgebliebener Landesteile, zur Modernisierung der Landwirtschaft sowie der gewerblichen Klein-und Mittelbetriebe und zum Aufbau eines beruflichen Ausbildungssystems. Portugal hatte dafür 425 Millionen Europäische Rechnungseinheiten (ERE) beantragt. Die EG-Kommission schlug vor, 350 Millionen ERE zu bewilligen und davon 230 Millionen in Form verlorener Zuschüsse sowie 120 Millionen als Darlehen der Europäischen Investitionsbank zu gewähren. Der Ministerrat kürzte diesen Betrag um weitere 75 Millionen und kehrte das vorgeschlagene Verhältnis von Darlehen zu nichtrückzahlbaren Zuschüssen um (150 : 125 Millionen ERE). Dieser Beschluß war im Endeffekt ein „Nebenergebnis" der britisch-französischen Auseinandersetzungen über Umfang und Zweckbestimmung der Zahlungen aus dem Gemeinschaftshaushalt

V. Die Risiken: Portugal in einer Vier-Stufen-Gemeinschaft

Die Auffassung, die „normale" Erweiterung von 1972 könne und solle im Falle der Mittelmeerländer wiederholt werden, hat den EG-Ministerrat von Anfang an veranlaßt, gegenüber Portugal darauf zu bestehen, Anpassungsprobleme dürften nicht durch Änderung des „Besitzstandes" der Gemeinschaft (drogation de l’acquis communautaire'im Sprachgebrauch der EG), sondern ausschließlich im Wege von Übergangsmaßnahmen gelöst werden Gegen diese Haltung spricht, daß die Kluft, die Portugal von der EG trennt, noch erheblich breiter ist als im griechischen oder spanischen Fall und sich in einer Übergangsfrist von zehn Jahren keinesfalls überbrücken lassen wird; daß eine uneingeschränkte Marktintegration, um die Begriffe des vorigen Abschnitts wieder aufzunehmen, Portugal gravierend belasten müßte; und daß auch Ansätze zu positiver Entwicklungsintegration im besten Falle ein Torso bleiben dürften.

Ein Abgehen vom „acquis communautaire“ wäre damit nicht mehr — freilich auch nicht weniger — als die politische Anerkennung der sich herausbildenden wirtschaftlichen Mehrstufengemeinschaft, über deren Dauerhaftigkeit zeitweilig konzedierte Ausnahme-regelungen nicht mehr hinwegtäuschen können. Ein solches Abgehen käme einem Schritt in Richtung auf jene institutionalisierte politische Mehrstufengemeinschaft gleich, die als Konzept der „Integrationsdifferenzierung" zunächst von Brandt, dann — im Kontext der Debatte über die Wirtschafts-und Währungsunion — von Tindemans in die Debatte gebracht wurde „Institutionalisiert" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß einzelne Mitgliedsländer auf der Grundlage gemeinsam gefaßter Verfahrensbeschlüsse für eine flexible, durch gemeinschaftliche Hilfen verkürzbare Zeitdauer — entweder von der Einhaltung bestimmter, vertraglich festgelegter Regelungen freigestellt bleiben — oder sich an neu vereinbarten Gemeinschaftspolitiken, wie gegenwärtig der „Währungsschlange", nicht zu beteiligen brauchen, ohne deswegen von der Erörterung dieser Bereiche in Kommission, Ministerrat und Europäischem Rat ausgeschlossen zu bleiben. Eine derartige Ausdifferenzierung der EG würde folglich zweierlei einschließen: eine Vorwärtsstrategie, „um den politischen Integrationsprozeß in Gang zu halten", und auch eine „Rückzugslinie bei wachsenden" oder bereits massiv aufgetretenen „ökonomischen Schwierigkeiten"

Die Gründe, die im Falle Portugals den Rekurs auf dieses Verfahren mehr als nur nahe-legen, lassen sich — abgesehen von den bereits vorgebrachten — in folgenden Hinweisen zusammenfassen:

Portugals umfangreiche Nahrungsmittelimporte umfassen hauptsächlich Mais, Weizen, Rindfleisch und Zucker, von denen das Land 75 bis 90 % aus den Vereinigten Staaten und Südamerika bezieht. Nach dem Beitritt müßten diesen Mengen entweder aus der EG eingeführt oder Abschöpfungen im Einklang mit dem EG-Schwellenpreissystem entrichtet werden. Durch seine Weizen-und Maisein-fuhren wäre Portugal 1977/78 mit zusätzlichen Abschöpfungen in Höhe von 150 Millionen ERE belastet worden. Eine Außenhandelsumlenkung auf das teuere EG-Getreide hätte immer noch ungefähr die Hälfte dieser Summe erfordert, Zuckerkäufe 47 Millionen und Rindfleischimporte weitere 20 bis 25 Millionen ERE. Portugals zusätzliche Aufwendungen könnten deshalb das Doppelte der Kommissionsschätzung von 75 ± 15 Millionen ERE an Abschöpfungen und Zuckerabgaben erreichen, zumal seine Zucker-, Mais-und Rindfleischeinfuhren vermutlich weiter ansteigen werden

Das portugiesische Handelsbilanzdefizit würde dadurch erheblich erhöht. Der Anstieg der Verbraucherpreise — der auf 20 bis 30 % geschätzt worden ist, wiewohl bei entsprechender Währungsabwertung ein Teil der Zunahme möglicherweise durch den Anspruch auf erhöhte landwirtschaftliche Grenzausgleichsbeträge aufgefangen werden könnte — würde die Inflationsrate weiter in die Höhe treiben, Lohnforderungen und Arbeitskonflikte verschärfen und die Wettbewerbsfähigkeit der Exportbranchen beeinträchtigen. Auf die Verbraucherpreise werden sich ohnehin bereits der Abbau einer Vielzahl, mit dem „Besitzstand" unvereinbarer landwirtschaftlicher Erzeuger-und Verbrauchersubventionen sowie die Einführung der Mehrwert-anstelle der gegenwärtigen Umsatzsteuer nachteilig auswirken. Durch letztere werden gegenwärtig 90 000 Steuerzahler und rund ein Drittel des Verbrauchs erfaßt; im Zuge der Umsatzsteuerangleichung dürften diese Zahlen auf 500 000 Steuerzahler und die Hälfte bis zwei Drittel des Verbrauchs ansteigen

Die Möglichkeit, Einfuhrverluste teilweise durch zusätzliche Einkünfte aus dem Export von Tomatenmark und Wein auszugleichen, wird durch die Konkurrenz Griechenlands und Spaniens sowie der Maghreb-Länder Algerien, Tunesien und Marokko (die mit der verbunden sind) EG durch Präferenzverträge erheblich eingeschränkt; im Falle von Tomatenmark wurde bereits bei außerdem Griechenland die Übergangszeit bis zum freien Marktzugang auf sieben Jahre festgelegt. Für Weine hat die Kommission, um die als Folge des griechischen sowie des spanischen und portugiesischen Beitritts erwarteten Über-schüsse zu reduzieren, inzwischen vorbeugende obligatorische Destillation, verstärkte Erzeugerverantwortlichkeit sowie verschärfte Qualitätskontrollen vorgeschlagen Theoretisch müßten die höheren Preise der EG nicht nur die Wein-, sondern auch die Getreide-, Fleisch-, Milch-und Zuckererzeugung in Portugal anregen Jedoch werden nicht nur die Methoden der Tierhaltung und Feldbestellung erheblich verbessert werden müssen; es wird auch erforderlich sein, Buchhaltungskenntnisse einzuführen, die Qualitätskontrollen zu verschärfen und die Vermarktung zu fördern. Außerdem werden die höheren sich negativ Futtermittelpreise auf die Fleisch-und Milcherzeugung auswirken, solange die Weidefütterung nicht ausgeweitet wird. Bis dahin aber dürfte es den aggressiver auftretenden und stärkeren Vermarktungsorganisationen der EG-Landwirte gelingen, in die städtischen Verbraucher-märkte einzudringen und die portugiesische Konkurrenz weitgehend zu verdrängen Dabei ist äußerst zweifelhaft, ob die im Norden Portugals konzentrierten landwirtschaftlichen Subsistenzbetriebe überleben kön-nen, indem sie einfach „dem Markt fernbleiben“. Eher steht zu erwarten, daß die schon eingeleitete Besitzkonzentration zugunsten der bäuerlichen Mittelbetriebe sich weiter beschleunigt. Das würde, wie überhaupt jede Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität, eine erhebliche Abwanderung von Arbeitskräften zur Folge haben. Mittelfristig bleibt das Sicherheitsventil der Arbeitsmigration nach Westeuropa jedoch verschlossen; bis zur Herstellung der vollen Freizügigkeit wird Portugal mit Sicherheit keine kürzere Übergangsperiode als die mit Griechenland vereinbarte Siebenjahresfrist zugestanden werden. Mit der Massenarbeitslosigkeit in den EG-Ländern wird sich zugleich die jetzt schon ausgeprägte Rivalität um die knappen Mittel des Europäischen Sozialfonds weiter verschärfen. Die auf dem Lande freigesetzten Arbeitskräfte werden folglich in die Ballungsräume Braga-Porto sowie Lissabon-Setübal strömen und nicht nur dort die Infrastruktur-, Wohnungs-und Beschäftigungsprobleme, sondern auch insgesamt das immer weiter zunehmende regionale Ungleichgewicht verstärken

Noch weit mehr Sorge muß jedoch der Umstand bereiten, daß ein anhaltender „Nachfragesog" der portugiesischen Industrie, der den , Angebotsschub" an Arbeitskräften aus der Landwirtschaft auffangen könnte, äußerst unwahrscheinlich ist. Dafür sind zwar auch, aber nicht nur, die ausländischen Direktinvestitionen verantwortlich, bei denen infolge der neuen internationalen Lohnhierarchie „Quantensprünge" nach Südost-und Ostasien zu erwarten stehen, oder die technologische Arbeitslosigkeit, die Portugal über kurz oder lang einholen wird Man hat dem Land gelegentlich empfohlen, nach seinem Beitritt — ähnlich wie Südkorea oder Irland — eine exportorientierte Wachstumsstrategie zu verfolgen, die sich auf komparative Lohnkostenvorteile verläßt Bereits jetzt ist jedoch der Anteil der arbeitsintensiven Branchen an der industriellen Wertschöpfung auf 38 bis 42% gesunken; und sich in einer von Stagflationserscheinungen gekennzeichneten Weltwirtschaft auf Exportforcierung zu verlassen, könnte sich überdies als gefährliche Option erweisen Alternativ ist vorgeschlagen worden, Importsubstitution und Binnen-marktentwicklung mindestens gleichgewichtig zu verbinden mit dem Versuch einer Ausfuhrsteigerung. Danach sollte Portugal sowohl eine Diversifizierung seiner Exporte an höherwertigen Produkten (Maschinenbau, Elektrotechnik, Petrochemie) anstreben wie auch sich auf die Nahrungsmittelerzeugung, den Hoch-und Tiefbau sowie die Entwicklung von Grundstoff-und Investitionsgüterindustrien auf der Basis seiner Pyrit-, Wolfram-, Zink-und Eisenerzlager konzentrieren

Wird eine Industrialisierungsstrategie auf diese Weise wenigstens in Umrissen sichtbar, so ist andererseits geschätzt worden, daß Portugals gewerbliche Einfuhr aus der EG nach dem Beitritt — aufgrund vorsichtiger Annahmen — um 11, 6% zunehmen und seine gewerbliche Ausfuhr stagnieren würde. Gleichzeitig steht zu erwarten, daß mit dem Wegfall der derzeitigen Handelshemmnisse Spaniens entwickeltere Industrie in zahlreichen Bereichen auf den portugiesischen Markt vordringen würde. Auch im Falle Griechenlands hat man Wettbewerbsvorteile gegenüber Portugal ausgemacht, ebenso — auf anderer Grundlage — bei den AKP-und Maghreb-Ländern Das könnte bedeuten, daß selbst bei schrittweiser Einführung des Gemeinsamen Zolltarifs der EG und Übernahme der geltenden Präferenzabkommen Portugal das Opfer eines Schereneffekts wird: Die wenigen kapitalintensiven Branchen würden unter den Wettbewerbsdruck der entwickelteren EG-Länder (einschließlich Spaniens) geraten, während den traditionell arbeitsintensiven Bereichen eine wirksame Konkurrenz durch die AKP-und Maghreb-Niedriglohnländer erwüchse -Nicht nur würden keine zusätzlichen Arbeitsplätze entstehen, sondern die vorhandenen würden noch weiter reduziert. Infolge der allenfalls längerfristig zu lösenden Schwierigkeiten, die Portugals industrieller und landwirtschaftlicher Entwicklungsstand aufwirft, könnten bloße Übergangsregelungen kaum verhindern, daß Portugals Wirtschaft und Gesellschaft unter erhebliche Belastung geriete.

Aufeinanderfolgende Regierungen der PS wie der Alianca Democrätica haben beharrlich „die Vorteile übertrieben und die schmerzhaften Probleme heruntergespielt" die der EG-Beitritt dem Land bringen wird. Für die Bevölkerung sind die Einzelheiten des Beitrittsprozesses „fast völlig undurchsichtig" geblieben Parteien und Gewerkschaften sind so gut wie nicht konsultiert worden. Eine zunehmende Bewegung politischen und sozialen Protests bei Land-und Industriearbeitern wie auch bei Bauern und Mittelstand läßt sich deshalb keineswegs ausschließen, sobald die negativen Folgen des Beitritts fühlbar werden.

Die Industriearbeiterschaft bildet noch eine Minderheit in Portugal. Ihr Aufbegehren könnte jedoch gerade auf jene kleinbürgerlichen ländlichen und städtischen Mittel-schichten als zusätzliche Gefahr wirken, die einerseits keine genaueren Kenntnisse oder Meinungen über den Gemeinsamen Markt besitzen andererseits durch einen forcierten Industrialisierungsprozeß in beträchtlichem Ausmaß von sozialer Deklassierung bedroht sind Intensiv traditionalistisch eingestellt, zugleich von einer einschneidenden Verschlechterung ihrer Erzeugungs-und Absatzbedingungen betroffen, reagierten sie 1975 in Nordportugal auf die perzipierte Drohung von links mit einer gewaltsamen Gegenbewegung, die wesentlich zum Ende der revolutionären Phase beitrug. In ihrer Existenz gefährdet durch Rationalisierungs-und Konzentrationsprozesse, könnten sie möglicherweise auf die drohende Proletarisierung erneut „poujadistisch“ reagieren und einen autoritären Rückschlag auslösen, der besonders die Wählerschaft der PS aufsplittern, die Parteien insgesamt weiter nach rechts drängen und möglicherweise dabei nicht stehenbleiben würde

Die „Aussetzung von Gemeinschaftsgrundsätzen ... auf der Basis einvernehmlich mit Portugal abzuschließender Entwicklungsabkommen, über festzulegende Zeithorizonte und mit der Maßgabe gemeinsamer Ergebnisprüfung" bietet sich in dieser Lage an. Die Herausforderung für Portugals Wirtschaft und Gesellschaft bliebe bestehen; das Land würde sich an die Europäische Gemeinschaft binden, dort Einfluß nehmen können, behielte aber doch ein wichtiges Stück seiner Entwicklungsautonomie. Eine solche Lösung müßte in den EG-Staaten zutreffend als der erste Schritt von einer wirtschaftlichen zu einer politischen Mehrstufengemeinschaft interpretiert werden; sie würde deshalb sicherlich auf Widerstand stoßen. Sollte jedoch keine derartige Änderung des „Besitzstandes" der Gemeinschaft ausgehandelt werden, so könnte das Ergebnis für Portugal mutatis mutandis jener Epoche entsprechen, als es England — nach dem Wortlaut des Methuen-Vertrages von 1703 — „sehr willkommen" war, seine Manufakturerzeugnisse gegen die Weine Portugals zu tauschen. Dieses Abkommen schrieb die portugiesische Produktionsstruktur für mehrere Generationen fest und trug dazu bei, die weitere Entwicklung des Landes zu behindern. Eine auch nur annähernd ähnliche internationale „Arbeitsteilung" als Konsequenz des EG-Beitritts wäre das genaue Gegenteil von dem, was man sich auf portugiesischer Seite erhofft.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. die bei Peter Guine, Portugal, Afrika und die Europäische Gemeinschaft, Bonn 1974, S. 34/35, zit. Erklärungen des damaligen portugiesischen Außenministers Rui Patricio und des EG-Ratsvorsitzenden Walter Scheel. Dieser Aufsatz ist die überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Vortrages auf dem XII. Weltkongreß der International Political Science Association (IPSA) in Rio de Janeiro im August 1982. Für Unterstützung und hilfreiche Kritik danke ich insbesondere dem Vorsitzenden des IPSA Research Committee on European Unification, Prof. Ghita Ionescu (London) sowie dem portugiesischen Botschafter bei der EG, Ernäni Lopes; ferner Friedrich-Wilhelm Albrecht, Charles Caporale, Paolo Pensa, Claus-Dieter von Schumann, Alberto Stocchi und Gisela Traut (Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Brüssel)

  2. Ebd., S. 76, 78/79; das Zitat auf S. 88.

  3. Ebd., S. 77.

  4. Europarat, Parlamentarische Versammlung: Report on the Situation in Portugal, Dok, 3609, Straßbure, 21. 4. 1975, S. 18.

  5. Jonathan Story, Portugals Revolution of Camations: Patterns of Change and Continuity, in: International Affairs, 52 (1976), S. 417 ff, hier S. 431.

  6. Tad Szule, Hope for Portugal, in: The New Republic, 30. 8. 1975, S. 8 ff„ hier S. 9.

  7. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Die Beziehungen zwischen der EWG und Portugal, Brüssel 1976, S. 8.

  8. J. Story, a. a. O. (Anm. 5); der frühere portugiesische Staatspräsident, General Francisco da Costa Gomes, hat keinen Zweifel daran gelassen, daß seit dem Herbst 1974 die Haltung der EG in portugiesischen Regierungskreisen als eindeutig politisch gezielt interpretiert wurde (vgl.ders., Sobre Portugal, Lisboa 1979, S. 59).

  9. Märio Soares, Portugal and Europe, in: European Yearbook, Vol. XXIV (1978), S. 3 ff., hier S. 16.

  10. Vgl. Diärio de Noticias, 25. 12. 1981, S. 1.

  11. In diesem Sinne nahm der EG-Ministerrat Stellung zu dem Beitrittsantrag; vgl. Eric N. Baklanoff, The Economic Transformation of Spain and Portugal, New York/London 1978, S. 156.

  12. Ernni Lopes, Desinvolvimento econömico e social e intergraeäo europeia. Dois desafios para a dcada de 80, unveröff. Manuskript 1981, S. 23/24 und passim.

  13. Vgl. Guine, a. a. O. (Anm. 1), S. 44, 49.

  14. Assembläe de I'Atlantique Nord, Commission Economique, La Situation conomique et les besoins daide economique et militaire du Portugal, Dok. Y 87-EC/P (81), 1. 5. 1981, S. 2.

  15. Zit. bei Guine, a. a. O. (Anm. 1), S. 81.

  16. Einzelheiten bei Tad Szule, Lisbon & Washington: Behind the Portuguese Revolution, in: Foreign Policy, (1975/76) 21, S. 3 ff., hier S. 42 ff.; Horst Bieber, Entwicklungen und Zielsetzungen der Außenpolitik Portugals seit April 1974, Berichte zur Entwicklung in Spanien, Portugal und Lateinamerika, 3 (1977), Nr. 13, S. 1 ff., hier S. 25, 28/29.

  17. Rudolf Morawitz (Bundesministerium für Wirtschaft), Die Auswirkungen der Süderweiterung der Europäischen Gemeinschaft auf das Mittelmeer-becken, in: Europa-Archiv, (1980) 6, S. 179 ff., hier S. 179.

  18. Robert Taylor, Auswirkungen der zweiten Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft auf die Länder des südlichen Mittelmeerraums, Europa-Informationen, Brüssel 1980, S. 15. Vgl. ferner die bei Heinz Kramer, Die Europäische Gemeinschaft und der Mittelmeerraum, in: Jahrbuch für Ost-West-Fragen 1979, Köln 1979, S. 299 ff., hier S. 137 Anm. 3. zit Literatur.

  19. Assemble de l’Atlantique Nord, a. a. O. (Anm. 14), S. 3.

  20. Vgl. dazu Lopes, a. a. O. (Anm. 12), S. 18.

  21. Sowie der kleineren Monarchistischen Volkspartei (Partido Populär Monärquico, PPM), die nach den Aprilwahlen nicht wieder ins Parlament zurückkehrte.

  22. Horst Bieber. Portugal, Hannover 1975, S. 78.

  23. Vgl. Partido Socialista (Hrsg.), „Destruir o Sistema — Construir uma Nova Vida", o. O. 1973, S. 25. 27, 31, 39.

  24. In deutscher Übersetzung ist das Programm abgedruckt bei Friedhelm Merz/Victor Cunha Rego, Freiheit für den Sieger, Zürich 1976, S. 208 ff„ hier d. 210,

  25. Tom Gallagher, Portugals Bid for Democracy: The Role of the Socialist Party, in: West European Politics, 2 (1979), S. 198 ff., hier S. 203.

  26. Vgl. John Darnton, Soares — The Comeback of a Natural Politician, in: International Herald Tribune vom 27. 4. 1983, S. 5.

  27. Vgl. Albertino Antunes u. a„ Portugal — Repblica Socialista?, Lisboa 1975, S. 235.

  28. Ben Pimlott, Parties and Voters in the Portuguese Revolution, in: Parliamentary Affairs, (1977), S. 35 ff„ hier S. 42.

  29. Aco Nacional Populär (Nationale Volksaktion).

  30. Vgl. dazu Pimlott, a. a. O. (Anm. 28), S. 41; Tom Gallagher, The 1979 Portuguese General Election, in: Luso-Brasilian Review, 18 (1981), S. 253 ff., hier S. 256.

  31. Alvaro Cunhal, „Die PKP und der reale Sozialismus ...", Rede am 6. 5. 1978, in: ders„ Zur portugiesischen Revolution — Reden 1974— 1979, Frankfurt 1979, S. 187, 186.

  32. Tom Gallagher, The Portuguese Communist Party and Eurocommunism, in: Political Quarterly, 50 (1979), S. 205 ff., hier S. 205, 206.

  33. Marcio Moreira Alves, Les Soldats Socialistes du Portugal, Paris 1975, S. 156. Die Mitglieder des ZK der PCP hatten während der Diktatur durchschnittlich 26, 5 Jahre im Untergrund und 11, 8 Jahre in Haft verbracht (vgl. Philippe C. Schmitter, Le Parti Communiste Portugals entre le „Pouvoir Social“ et le „Pouvoir Politique", in: Etudes Internationales, 6 (1975), S. 375 ff., hier S. 384.

  34. Michael Vester, Die sanfte Revolution — Thesen zur Agrarrevolution in Südportugal 1975 bis 1981, in: Michael Vester u. a. (Hrsg.), Die vergessene Revolution, Frankfurt 1982, S. 75 ff., hier S. 111.

  35. Europarat, Ausschuß für europäische Nichtmitgliedstaaten, Dok. AS/NM 27 (16), Die Lage in Portugal, Straßburg 1976, S. 8.

  36. Ben Pimlott, Portugal s Soldiers in the Wings, in: New Statesman, 24. 9. 1976, S. 392 ff., hier S. 393.

  37. Vgl. dazu auch vom Verf. die ausführlichere Untersuchung: Sozialistischer Pluralismus in Europa. Ansätze und Scheitern am Beispiel Portugal, Köln 1983 (im Erscheinen).

  38. Kenneth Maxwell, A Evoluco Contemporänea da Sociedade Portuguesa, in: Fundacäo Calouste Gulbenkian (Hrsg.), 2. a Conferöncia sobre Economia Portuguesa, Lisboa 1980, Bd. I, S. 27 ff., hier S. 32.

  39. Märio Raposo, A AD, o bloco central e a definicao do Estado, in: Diärio de Noticias, 27. 11. 1981, s. 2.

  40. Maxwell, a. a. O. (Anm. 38), S. 31/32.

  41. Waren-und Dienstleistungsbewegungen sowie Übertragungen aus dem Ausland.

  42. A critica situacäo econömica. in: Tempo, 5. 5. 1009 C 1

  43. Vgl. Mario Bacalhau, Nacionalizacöes e Socializao, in: Vida Mundial, 1. 5. 1975, S. 22 ff.; Klaus Esser u. a., Portugal — Industrie und Industriepolitik vor dem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft, Berlin 1977, S. 28/29, 72/73.

  44. Antonio de Figueiredo, Portugal — Fifty Years of Dictatorship, Harmondsworth 1975, S. 179.

  45. Maria Emilia S. Freire, The Economic Value of Education in Portugal, in: Fundao Calouste Gulbenkian, a. a. O. (Anm. 38), Bd. II, S. 1013 ff., hier S. 1029.

  46. Secretariado Tcnico do Planeamento, Alguns aspectos fundamentais da economia portuguesa antes de 25 de Abril, unveröff. Manuskript, Lisboa 1975, S. 30.

  47. Vgl. Esser u. a., a. a. O. (Anm. 44), S. 17.

  48. Das — sprichwörtliche — Zitat bei Caroline B. Brettell, Emigration from Rural Portugal, unveröff. Manuskript, II International Conference on Modern Portugal, Durham 1979, S. 8. Zu den Angaben vgl. Manuel Villaverde Cabral, Agrarian Structures and Recent Rural Movements in Portugal, in: Journal of Peasant Studies, 5 (1978), S. 411 ff., hier S. 439, Tab. 9c.

  49. Vgl.ders., a. a. O., S. 438, Tab. 9a; Jos Cutileiro, A Portuguese Rural Society, Oxford 1971, S. 59; Afonso de Barros, A Reforma Agraria em Portugal e o Desinvolvimento Econmico e Social, in: Revista Critica de Ciencias Sociais, 3 (1979), S. 53 ff„ hier S. 66.

  50. Heinz-Michael Stahl. Portuguese Migration and Regional Development, in: Fundacao Calouste Gulbenkian, a. a. O. (Anm. 38), Bd. I, S. 369 ff., hier S. 391/92.

  51. Vgl. Cabral, a. a. O. (Anm. 49), S. 414.

  52. Vgl. Barros, a. a. O. (Anm. 50), S. 11; Cabral, a. a. O. (Anm. 49), S. 427.

  53. Die Verfassung von 1976 sieht in einem eigenen Abschnitt über die Agrarreform ausdrücklich die schrittweise Sozialisierung großer Güter vor. Major Vasco Lourenco, einer der Köpfe des Staatsstreichs von 1974, 1975— 1978 Befehlshaber des Militärbezirks Lissabon und Mitglied im Revolutionsrat bis 1982, erklärte später, eine Mehrheit im Revolutionsrat habe das Agrarreformgesetz — nach seinem Urheber, Landwirtschaftsminister Antönio Barreto (PS), „Lei Barreto" genannt — für verfassungswidrig gehalten. Um aber „soziale Unruhen, einschließlich einer möglichen Einmischung der'(nach dem 25. November 1975 „gesäuberten') „Streitkräfte, zu vermeiden, das heißt, aus Gründen der Staatsräson", habe man dem Gesetz schließlich zugestimmt; vgl. Avelino Rodrigues u. a„ Abril nos Quarteis de Novembro, Lisboa 1979, S. 260.

  54. Vgl. dazu Winfried Borowczak, Die Agrarreform in Portugal — Politische Blockade und sozioökonomische Folgen, in: ders. /Peter Koch (Hrsg.), Agrarreform in der kapitalistischen Peripherie, Bielefeld 1979, S. 65/66; Vester, a. a. O. (Anm. 34), bes. S. 100 ff.; Secretariado e Uniöes das UCPs e Cooperativas Agricolas (Hrsg.), 6 a Conferncia da Reforma Agräria, Evora 1982, S. 3/4, 12, 17, 18.

  55. Vgl. Barros, a. a. O. (Anm. 53), S. 61.

  56. Entsprechende Erwägungen finden sich schon in einer 1976 angestellten Studie der Weltbank, Portugal - Agricultural Sector Survey, Washington 1978, S. 17.

  57. Cabral, a. a. O. (Anm. 49), S. 432.

  58. 1980/81 wurden nacheinander vier Gesetze, durch die die Privatwirtschaft wieder zum Bank-und Versicherungswesen zugelassen werden sollte, vom Revolutionsrat als verfassungswidrig verworfen.

  59. Paulo da Pitta e Cunha, Portugal and the European Economic Community, unveröff. Manuskript, II International Conference on Modern Portugal, Durham 1979, S. 35.

  60. Vgl. Ivo Pinho, Sector püblico empresarial: antes e depois do 11 de Marco, in: Anlise social, 12 (1976), S. 733 ff., hier S. 745; Celso Ferreira, Aspectos ecnomicos do sector püblico empresarial, in: Economia e Socialismo, 4 (1979), S. 3 ff, hier S. 7, 17.

  61. Vgl. Esser u. a. (Anm. 44), S. 173, 175.

  62. 1977 26, 3%.

  63. Vgl. Esser u. a„ a. a. O. (Anm. 44), S. 73, 76; Assemblee de l'Atlantique Nord, a. a. O. (Anm. 14), S. 16; Dirio de Noticias, 3. 11. 1981, S. 25.

  64. Ein neuer Wachstumspol mit allerdings unsicherer Zukunft entsteht im Süden, in Sines. Eine Diversifizierung des ursprünglich als petrochemischer Komplex geplanten Projekts — hauptsächlich durch Einbeziehung von Stahl-und Düngemittelerzeugung — ist infolge der Erdölpreisverteuerung unabdingbar geworden. Die Investition von über 2 Milliarden Dollar in das Vorhaben zwischen 1971 und 1980 ist auf Kosten der geplanten Errichtung von Industrieparks gegangen, die in peripheren Gebieten Beschäftigungs-und Modernisierungsanreize schaffen sollen. Vgl. dazu auch Peter Weber, Industriestruktur und Industriepolitik in Portugal, in: Peter Jüngst (Hrsg.), Portugal nach 1974: Regionale Strukturen und Prozesse, Kassel 1981, S. 57If, 101 ff.

  65. Vgl. OECD, Regional Problems and Policies in Portugal, Paris 1978, S. 39.

  66. Vgl. ebd., S. 47.

  67. Vgl. Wolfgang Holler, Grundstrukturen und -Probleme lokaler Politik und Verwaltung in Portugal, unveröff. Manuskript, Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft, Arbeitskreis Lokale Politikforschung, Duisburg 1980, S. 8. „Hinsichtlich ihrer Finanzlage standen die portugiesischen Kommunen am untersten Platz in Europa. Zwischen 1963 und 1974 betrug der Anteil der Ausgaben der Kommunen an den Gesamtausgaben der öffentlichen Hand rd. 9, 5 %" — ein Drittel des entsprechenden Anteils in der Bundesrepublik (S. 6).

  68. Mrio Murteira, Trajectria de longo prazo do capitalismo portugus, in: Econömia e Socialismo, 3 (1978), 32/33, S. 27 ff., hier S. 28, 30.

  69. Antönio Inocöncio Pereira, Adeso a CEE: reflectindo sobre incertezas, in: Dirio de Noticias, 4. 1. 1982, S. 19.

  70. Vgl. Frieder Schlupp, Anmerkungen zum Status quo-Europa, in: EG-Magazin 7 (1980), S. 3ff„ hier S. 5; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Wirtschaftliche und sektorielle Aspekte — Analysen der Kommission als Ergänzung zu den Betrachtungen über das Problem der Erweiterung, KOM(78) 220 endg., Brüssel 1978, S. 149.

  71. Zahlen für 1976/77; vgl. E. C. Hallett, Economic Convergence and Divergence in the European Community: A Survey of the Evidence, in: Michael Hodges/William Wallace (eds.), Economic Divergence in the European Community, London 1981, S. 16 ff, hier S. 25 ff., sowie Loukas Tsoukalis, Economic Divergence and Enlargement, in: dies, S. 151 ff, hier S. 152/53.

  72. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bericht der Kommission zu dem Mandat vom 30. Mai 1980, KOM(81) 300 endg., Brüssel 1981, S. 7.

  73. Vgl. Jan Tinbergen, International Economic Integration, Amsterdam/London/New York 2rev 1965, S. 76 ff.; John Pinder, Positive Integration and Negative Integration, in: The World Today, 1968, S. 88 ff., hier S. 90, 97 ff., 100 ff.

  74. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung — Entwurf des 5. Jahresberichts 1980, KOM(80) 460 endg., Brüssel 1980, S. 7 ff.; dies., Bericht... a. a. O. (Anm. 73), S. 18 ff.; dies., European Regional Development Fund — Sixth Annual Report 1981, COM(81) 370 final, Brüssel 1981, S. 1, 4 ff.; Rudolf Hrbek, „Relance Europeenne'1981?, in: Integration 1 (1982), S. 3 ff., hier S. 9, 17, Anm. 13.

  75. Europäischer Ausrichtung»-und Garantiefonds für die Landwirtschaft.

  76. Vgl. Kommission... Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung — Entwurf... a. a. O. (Anm. 75), S. 35, 45.

  77. Ebd., S. 10/11.

  78. Andreas Papandreou, Interview in: Le Monde vom 29. 10. 1981, S. 6.

  79. Vgl. dazu Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschläge der Kommission betr. die Integrierten Mittelmeerprogramme, Teil III, KOM(83) 24 endg., Brüssel 1983, bes. S. 11— 16, 21— 26; dies., Antwort der Kommission auf das griechische Memorandum, IP (83) 122, 29. 3. 1983; Spain and Portugal, in: The Economist, 5. März 1983, S. 70, 72; Andriana lerodiaconou, EC Offers Concessions on Greek Membership, in: International Herald Tribune, 30. März 1983, S. 1.

  80. Soares, a. a. O. (Anm. 9), S. 11.

  81. Vgl. Beate Kohler, Die Süderweiterung der Gemeinschaft: Hintergründe, Motive und Konsequenzen, in: Hajo Hasenpflug/Beate Kohler (Hrsg.), Die Süd-Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft: Wende oder Ende der Integration?, Hamburg 1977, S. 15 ff., hier S. 37; Eberhard Rhein, Plädoyer für eine erweiterte Gemeinschaft, in: Hasenpflug/Kohler, S. 49 ff., hier S. 51; E. Guth/H. O. Aeikens, Konsequenzen der Süderweiterung für die Mittelmeer-und die AKP-Politik der Gemeinschaft, Europa-Information, Brüssel 1980, S. 2.

  82. So das Fazit einer detaillierten Bewertung des Hearings zur Erweiterung, das 1978 vom Auswärtigen Ausschuß des Deutschen Bundestages veranstaltet wurde, bei Claus Leggewie, Die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft nach Süden, in: Leviathan 7 (1979), S. 174 ff., hier S. 176.

  83. Vgl. dazu William Wallace u. a., Eine Gemeinschaft der Zwölf, in: Europa-Archiv, 19 (1977), S. 627 ff., hier S. 659/660; Kohler. a. a. O. (Anm. 82), S. 46.

  84. Guth/Aeikens, a. a. O. (Anm. 82), S. 14.

  85. Vgl. Diario de Noticias, 5. 10. 1981, S. 21. In einem Briefwechsel vom 22. 12. 1980 erklärte sich Portugal weiter damit einverstanden, daß immer noch „die Modalitäten beibehalten w(u) rden, die in dem Briefwechsel zwischen Portugal und der Gemeinschaft vom 20. Dezember 1972 über die Bedingungen für die Einfuhr von zubereiteten und haltbar gemachten Sardinen" - d. h. die Mindestpreis-regelung - vorgesehen waren; vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Nr. L 380, 31. 12.

  86. Vgl. Michele Cifarelli, Stellungnahme des Landwirtschaftsausschusses ... über die Wirtschaftsund Handelsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und Portugal, Europäisches Parlament, Dok. 187/77/rev., 15. 9. 1977, S. 19 ff. (hier S. 26); Jimmy Burns, Le deficit commercial a double durant les quatre premieres annes däpplication de l'accord de libre-change, in: EFTA-Bülletin, Jg. 21 (1980), 2, S. 1 ff. (hier S. 2).

  87. Vgl. Diärio de Noticias, 12. 7. 1981, S. 3; Quellen in Brüssel.

  88. Vgl. schon die äußerst skeptische Einschätzung bei Leggewie, a. a. O. (Anm. 83), S. 177, 183 ff. Der Austeritätshaushalt 1982 wurde vom Ministerrat bekanntlich gegen die Stimmen der drei ärmsten Mitgliedstaaten — Italien, Irland und Griechenland — verabschiedet.

  89. Vgl. Joäo Vale de Almeida, Integracao Europeia: o ponto da situao, in: Diärio de Noticias, 13. 10. 1980, S. 15; Quellen in Brüssel. Portugals wirtschaftliche Schwäche tritt noch deutlicher bei einer Analyse der unterschiedlichen Anlässe und zeitweisen politischen Implikationen seiner Auslandsverschuldung zutage, die hier nur angedeutet werden kann. Für Infrastruktur-, Industrialisierungs-und Landwirtschaftsprojekte haben seit 1975 die EG 500 Millionen ERE (einschließlich des Darlehensanteils an der Beitrittsvorbereitungshilfe) und der EFTA Industrial Development Fund for Portugal 100 Millionen Dollar an Darlehen zur Verfügung gestellt (kleinere bilaterale Hilfen der Bundesrepublik und der USA nicht gerechnet). Zur Überbrückung seiner Zahlungsbilanzschwierigkeiten lieh Portugal dagegen allein 1976 während der ersten acht Monate 750 Millionen Dollar bei mehreren EG-Zentralbanken, 1977 weitere 600 Millionen Dollar bei ausländischen Regierungen und Geschäftsbanken; es erhielt 1978 im Anschluß an einen Beistandskredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch verschiedene OECD-Länder eine Kapitalhilfe von 750 Millionen Dollar und nahm auf dem Eurodollarmarkt weitere Kredite in Höhe von 450 Millionen Dollar auf. Die einschneidenden IWF-Auflagen für eine Austeritätspolitik, die im Gegenzug akzeptiert wurden, führten zum Sturz des 1. Kabinetts Soares und veranlaßten die britische Zeitschrift „The Banker" im Oktober 1978, von einer „Regierung des IWF in Portugal" zu sprechen. In diesem Jahr will Portugal, um seinen Tilgungsverpflichtungen nachzukommen und sein Einfuhrdefizit zu decken, Kredite in einer Gesamthöhe von 1 Milliarde Dollar aufnehmen. 400 Millionen davon wurden dem Land gegen Verpfändung eines entsprechenden Teils seiner Goldreserven bereits gewährt.

  90. Vgl. die Erklärung Staatsminister Klaus von Dohnanyis als amtierender Präsident des Rates der EG: „Zur Eröffnung der Verhandlungen zwischen der EG und Portugal", in: Bulletin Nr. 118, 19. 10. 1978, S. 1098 ff., hier S. 1099.

  91. Im Februar 1982 verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung, in der die Schaffung eines bei der Europäischen Investitionsbank angesiedelten revolvierenden „Mittelmeerfonds" gefordert wurde. Der Fonds soll, ausdrücklich an der Funktionsweise des Marshall-Plans orientiert, über eine Laufzeit von 30 Jahren aus Kapitalmarkt-und EG-Haushaltsmitteln Darlehen zu niedrigen Zinssätzen vergeben. Mit den Mitteln sollen sowohl in Südwestfrankreich, im Mezzogiorno und in Griechenland wie in den Beitrittsländern Spanien und Portugal integrierte regionale Entwicklungsprogramme zur Förderung der Berufsausbildung, der Agrar-und Infrastrukturreform sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen in Klein-und Mittelbetrieben finanziert werden. Bis 1995/2 000 soll der Fonds durch Zins-und Kapitalrückflüsse auf rd. 14 Milliarden ERE zu Preisen von 1980 anwachsen (vgl. Hans-Gert Pöttering, Bericht über einen „Mittelmeer-Plan"..., Europäisches Parlament, Dok. 1— 736/81, 25. 11. 1981, bes. S. 12ff., 18 ff., 24). Die von der EG-Kommission vorgelegten, im vorangehenden Abschnitt umrissenen Mittelmeerprogramme schließen Portugal und Spanien, wie erwähnt, nicht ein.

  92. Zur Erörterung und Weiterentwicklung dieser Ansätze vgl. Hans-Eckard Scharrer, Abgestufte Integration — Eine Alternative zum herkömmlichen Integrationskonzept?, in: Integration, (1981) 3, S. 123ff.

  93. Scharrer, a. a. O., S. 132.

  94. Vgl. Agra Europe: The Agricultural Implications of EEC Enlargement — Part II: Portugal, London 1980, S. 45ff., 48ff., 53ff., 63ff., sowie Kommission ..., Wirtschaftliche und sektorielle Aspekte ..., a. a. O. (Anm. 71), S. 100.

  95. Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung, Portugals Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft — Perspektiven und Strategien, Bonn 1980, S. 18; A Cortez Lobäo u. a., Polltica agricola e intergracäo na CEE, in: Fundacäo Calouste Gulbenkian, a. a. O. (Anm. 38), Bd. II, S. 759ff„ hier S. 781.

  96. 1981 streikten 1, 5 Mio., in der ersten Woche des Jahres 1982 allein 900 000 Beschäftigte gegen die geplante Arbeitsgesetzgebung und die Austeritätspolitik der PSD-CDS-Regierung sowie gegen die Verzögerung neuer Tarifabschlüsse durch die Unternehmerverbände. Diese Streiks wurden sowohl von dem bei weitem stärksten, kommunistisch-linkssozialistisch geführten portugiesischen Gewerkschaftsverband Confederacao Geral de Trabalhadores (CGTP) wie von Einzelgewerkschaften getragen, die dem von PS und PSD paritätisch geleiteten Gewerkschaftsbund Uniao Geral de Trabalha-dores (UGT) angehören. 1982 rief die CGTP die ersten beiden Generalstreiks seit 1934 aus; vgl. dazu insbes. Diärio de Noticias vom 25. 12. 1981, S. 17/18; 28. 12. 1981, S. 2; 4. 1. 1982, S. 3.

  97. Vgl. Telex Mditerrane, 5. 5. 1981, S. 5; Xavier de Basto, O IVA abrangerä 500 mil contribuintes, in: Diärio de Noticias vom 13. 7. 1981.

  98. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Landwirtschaft im Mittelmeerraum, Dok. P— 64, Brüssel 1981, S. 3/4.

  99. Für Zucker müßte aufgrund der EG-Marktordnung eine zusätzliche Erzeugungsquote ausgehandelt werden.

  100. Daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl besser gestellter Landwirte in der Mitte und im Norden Portugals davon zu profitieren hofft, erklärt die Unterstützung des einflußreichen Bauernverbandes (Confederacäo dos Agricultores de Portugal, CAP) für den Beitritt.

  101. Vgl. dazu Agra Europe, a. a. O„ S. 33, 36, 64; Lobäo u. a., a. a. O. (Anm. 96), S. 784ff.; Friedrich-Ebert-Stiftung, a. a. O. (Anm. 96), S. 18/19.

  102. 77, 7 % aller portugiesischen Höfe verfügen über weniger als 5 ha Boden.

  103. Vgl. dazu schon Geoffrey Edwards/William Wallace, A Wider European Community?, London 1976, S. 74.

  104. Während der ersten vier Jahre seiner Tätigkeit ist die Hälfte der Darlehen des EFTA Industrial Development Fund in nur vier (von 18) portugiesischen Distrikten geflossen und zwei Drittel aller Kredite in insgesamt 6; vgl. European Free Trade Association, Fourth Annual Report of the EFTA Industrial Development Fund for Portgual, Genf 1981, S. 8.

  105. Beide Erwartungen formuliert Stuart Holland, Un Common Market, London 1980, S. 171/72.

  106. Vgl. Bela Balassa, Portugal in the Face of the Common Market, in: Fundacäo Calouste Gulbenkian, a. a. O. (Anm. 38), Bd. II, S. 637 ff., hier S. 655.

  107. Zahlenangaben bei Jürgen B. Dönges, On Portugals Industrial Competitiveness in an Enlarged Community, unveröff. Manuskript, Conference on Portugal and the Enlargement of the European Community. Lissabon 1980, S. 4; Friedrich-Ebert-Stiftung, a. a. O. (Anm. 96), S. 9. Vgl. ferner Stuart Holland, Comentärio, in: Fundacäo Calouste Gulbenkian, a. a. O. (Anm. 38), Bd. II, S. 743 ff., hier S. 748/49.

  108. Klaus Esser, Portugal in der westeuropäischen Arbeitsteilung: Alternative Strategien, in: Berichte zur Entwicklung in Spanien, Portugal und Lateinamerika, 3 (1977), Nr. 13, S. 33ff„ hier S. 37ff.: ders„ Integration zwischen Industrie-und teilindustrialisierten Ländern — Portugal in der EG, in: Burghard Claus u. a., Zur Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft in Südeuropa, Berlin 1978, S. 71 ff.; Holland, ebd.

  109. Vgl. dazu Dönges, a. a. O. (Anm. 108), S. 7ff.; Christian Deubner, Der unsichere . europäische Konsens'in den iberischen Ländern, Ebenhausen 1981, S. 74/75; A. G. Portela, Expotacäo Nacional — Mercado Comum, in: Fundacäo Calouste Gulbenkian, a. a. O. (Anm. 38), Bd. II, S. 697ff., hier S. 703, 730; Edwards/Wallace, a. a. O. (Anm. 104), S. 48.

  110. Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung, a. a. O. (Anm. 96), S. 8. Jürgen Dönges u. a., The Second Enlargement of the European Community, Tübingen 1982, S. 127 ff., 131 ff., rechnen eher damit, daß Spanien und Portugal sich an die Spitze protektionistischer Tendenzen gegenüber den übrigen Mittelmeerländern stellen und daß auch die Position der AKP-Staaten, sich verschlechtern könnte.

  111. Maxwell, a. a. O. (Anm. 38), S. 36.

  112. Encarnao Viegas, As teses de Natali e a adesäo de Portugal a CEE, in: Dirio de Noticias vom 5-6. 1981, S. 15.

  113. 92% im Distrikt Braganca 1980, 67% in Kontinentalportugal ein Jahr später. Vgl. Deubner, aa. O. (Anm. 108), S. 86; Dirio de Noticias vom 25. 12. 1981, S. 1.

  114. Vgl. Leggewie, a. a. O. (Anm. 83) S. 182; Heinz Kramer, Lagenotiz zur Situation in Portugal zu Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der EG, Stiftung Wissenschaft und Politik, Dok. SWP-LN 2203, Ebenhausen 1979, S. 25, 28.

  115. Vgl. auch Maxwell, a. a. O. (Anm. 38), S. 37; Holland, Comöntärio, a. a. O. (Anm. 108), S. 748; Friedrich-Ebert-Stiftung, a. a. O. (Anm. 96), S. 14/15; Deubner, a. a. O., S. 47/48, 86.

  116. Friedrich-Ebert-Stiftung, a. a. O. (Anm. 96), S. 32.

Weitere Inhalte

Rainer Eisfeld, Dr. rer. pol., geb. 1941; Professor für Politikwissenschaft an der Universität Osnabrück. Veröffentlichungen: Pluralismus zwischen Liberalismus und Sozialismus, Stuttgart 1972 (ital. Ausgabe Bologna 1976); Souveränität und Supranationalität, Tübingen 1976; Mitteleuropa — Paneuropa, Bonn 1980; Zeitschriftenaufsätze zu Pluralismustheorie, Parteien-und Interventionsstaat, Hochschulfragen, Mitbestimmung, westeuropäische Integration sowie Entwicklung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Portugal (auch in englischer und portugiesischer Sprache).