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Thesen zum amerikanischen Konservativismus | APuZ 49/1982 | bpb.de

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APuZ 49/1982 Die „Britische Krankheit“ Krisenphänomene und Lösungsstrategien „Changement" -Kontinuität trotz Wandel im sozialistischen Frankreich Thesen zum amerikanischen Konservativismus

Thesen zum amerikanischen Konservativismus

Peter Lösche

/ 21 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

„Konservativ“ bezeichnet in den Vereinigten Staaten die prinzipielle Opposition gegen Eingriffe des Bundes, also des Zentralstaates, in Wirtschaft und Gesellschaft; betont werden das freie Spiel der Kräfte auf dem Markt und die Bedeutung der Einzelstaaten, Kommunen, privater Organisationen und Verbände. Konservativismus ist aber auch Ausdruck einer Angst vor sozialen und politischen Veränderungen und daraus notwendig werdenden Anpassungen. Die in der amerikanischen Geschichte immer vorhandene konservative Grund-strömung ist durch eine Besonderheit amerikanischer Gesellschaft, Kultur und Politik mit zu erklären, nämlich durch deren segmentierte Qualität. Nach dem Zweiten Weltkrieg können chronologisch und systematisch zwei Hauptströmungen im Konservativismus unterschieden werden: ein älterer und ein jüngerer Konservativismus. Der jüngere Konservativismus ist zwischen den beiden Polen des Neokonservativismus und der Neuen Rechten angelagert. Die Bedeutung der Neokonservativen, einer „Intellektuellenpartei'', liegt nicht so sehr in ihrer intellektuellen Brillianz, als vielmehr darin, daß Neokonservative in der Gesellschaft latente Abstiegsängste anzusprechen und eine entsprechende Politik zu legitimieren vermögen. Im Unterschied dazu ist die Neue Rechte auf Organisation fixiert: Mit Hilfe eines ausdifferenzierten und komplexen Organisationsnetzes wird versucht, Menschen ungeachtet ihrer Klassen-, Schichten-und Parteizugehörigkeit auf der bloßen Grundlage sozialer und moralischer Fragen zusammenzuschließen. Die Reagan-Administration gilt als konservativ: Im ersten Jahr ihrer Regierungszeit sind die Widersprüche zwischen konservativem Anspruch und gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Wirklichkeit und die Widersprüche im amerikanischen Konservativismus selbst offenkundig geworden.

Für die Vereinigten Staaten von Amerika gilt wie auch für andere politische Systeme: „Konservativ" ist ein Schlagwort, ein Allerweltsbegriff, der — häufig polemisch gewendet — nichts und alles erfaßt. In der Formulierung von Clinton Rossitter: „Konservativismus ist ein Wort, dessen Nützlichkeit nur mit seiner Fähigkeit zu verwirren, zu verzerren und zu irritieren gleichzusetzen ist." Gleichwohl gibt es politische Positionen, Organisationen, Bewegungen, historische Entwicklungen, zu deren Charakterisierung wir ohne den Begriff „konservativ" nicht auskommen. In den folgenden Thesen wird deshalb versucht, die Besonderheiten des amerikanischen Konservativismus herauszustellen: es wird bewußt zugespitzt, um Unterschiede zu Europa zu verdeutlichen.

I. Was heißt in den Vereinigten Staaten „konservativ"? Versuch einer Beschreibung und Definition

Gibt es überhaupt einen amerikanischen Konservativismus? Diese Frage scheint mit Recht gestellt, weil — zumindest im Selbstverständnis der USA — die amerikanische Tradition revolutionär ist, die Gründung des Bundes-staates als revolutionärer Akt begriffen wird und das Bekenntnis zur Demokratie zu den Bestandteilen des amerikanischen Konsens und Traumes gehört, auch von jenen akzeptiert, die sich selbst als Konservative verstehen. Anders als in Europa steht nicht die Auseinandersetzung mit der französischen Revolution am Beginn des Konservativismus, wohl aber (und hier durchaus analog Edmund Burkes Kritik am revolutionären Frankreich) das Entsetzen über das Künstliche, Konstruierte, Ungeschichtliche des Sozialstaates und der Bundesbürokratie. Es läßt sich zwar eine amerikanische konservative Tradition für das 19. Jahrhundert nachweisen, die auf Alexander Hamilton und John Adams gründet. Doch beginnt die Geschichte des modernen Konservativismus erst nach 1945, nämlich als Kritik am Sozialstaat des New Deal; sie erhielt mit der Kritik an Johnsons Great Society und Nixons imperialer Präsidentschaft eine Massen-basis, die 1980 das Fundament für die erfolg-reiche Wählerkoalition Ronald Reagans abgab. Damit sind wir schon beim Kern dessen, was den amerikanischen Konservativismus innen-und gesellschaftspolitisch ausmacht, was seine verschiedenen Spielarten verbindet und ihn von der anderen politischen Hauptströmung nach dem Zweiten Weltkrieg, vom Liberalismus, unterscheidet: „Konservativ" bezeichnet die prinzipielle Opposition gegen die Eingriffe des Bundes, des Zentralstaates, in Wirtschaft und Gesellschaft: betont werden das (angeblich) freie Spiel der Kräfte auf dem Markt und die Bedeutung der Einzelstaaten, Kommunen, privater Organisationen und Verbände, an ihrer Spitze die Kirchen. Die Sorge, das idyllisch-unverdorbene Amerika, das Land des westlichen Pioniergeistes und der individuellen Freiheit, könne endgültig im Museum der Geschichte verlorengehen, schwingt mit. Kurz, der amerikanische Konservativismus ist von prinzipieller Skepsis gegenüber zentral-staatlicher Intervention geprägt. Amerikanische Liberale dagegen befürworten grundsätzlich den Wohlfahrtsstaat. Im Unterschied dazu setzen amerikanische Konservative gerade auf den starken Staat, der auf allen Kontinenten und Weltmeeren und mit allen Mitteln gegen die allgegenwärtige Bedrohung durch den „Weltkommunismus", ferngesteuert aus dem Moskauer Kreml, einzugreifen habe. Amerika-nische Liberale dagegen zweifeln spätestens seit Vietnam an einer solchen Pax Americana, sie befürworten größere amerikanische Zurückhaltung im internationalen System.

Chronologisch und systematisch können zwei Hauptströmungen des Nachkriegskonservativismus unterschieden werden: ein älterer und ein jüngerer Konservativismus. Der jüngere Konservativismus ist zwischen den beiden Polen des Neokonservativismus und der Neuen Rechten angelagert; auf sie wird in der zweiten und dritten These eingegangen. Während der ältere Konervativismus im wesentlichen ökonomisch orientiert war und Züge des europäisch-nachtwächterstaatlichen Liberalismus des 19. Jahrhunderts trug, ist der jüngere Konservativismus dem Sozialstaat gegenüber aufgeschlossener, erhält seine Antriebskraft aus einem als Bedrohung empfundenen Werte-wandel, beklagt den Verlust an Autorität und traditionellen Umgangsformen in Familie, Schule, Kirche, Gemeinde, betont sogenannte social issues.

Obwohl die Beobachtung (auch trotz des Zustroms vieler Intellektueller) richtig ist, daß der amerikanische Konservativismus weniger theoretisch als der Liberalismus sei, daß er vielmehr pragmatisch, ja (z. B. in seinen Wahl-kampftechniken seit Mitte der siebziger Jahre) praktizistisch ist, lassen sich vielfältig differierende gesellschaftspolitische Konzeptionen innerhalb beider Hauptströmungen unterscheiden So umfaßte der ältere Konservativismus sowohl den von seinen Kritikern im eigenen Lager als zu liberal denunzierten Kosmopolitismus eines Nelson Rockefeller, bestimmt von den Interessen der Großkorpora-tionen und der Wall Street, staatlich-regulierenden Eingriff in die Ökonomie bedingt zulassend, als auch den libertären Konservativismus eines Barry Goldwater, der in seinen individualistisch-anarchischen Zügen Berührungspunkte mit der Neuen Linken der sechziger Jahre hatte Die programmatische Vielfalt des älteren Konservativismus liegt nicht zuletzt in seiner sozialen Heterogenität begründet: Er ist großbürgerlich und kleinbürgerlich, umfaßt Wall Street und Main Street, Finanzmakler und Farmer, städtische Ostküste und agrarischen Mittelwesten. Der jüngere Konservativismus hingegen ist deutlicher kleinbürgerlich, trägt Züge des (sozialen) Aufstiegs — und zwar des einzelnen und seiner Schicht, des jüdischen Intellektuellen, des Technikers, des Angestellten und Filmschauspielers; des Aufstiegs neuer Industrien, z. B.der elektronischen und petrochemischen Industrie; des regionalen Aufstiegs, nämlich des Neuen Südens und des ganzen Sunbelts. Soziale Träger des älteren wie des jüngeren Konservativismus sind insgesamt diejenigen, die auf den regulierenden Eingriff des Sozialstaates in Wirtschaft und Gesellschaft vergleichsweise wenig angewiesen und deswegen kaum daran interessiert sind. Beide Hauptströmungen des Konservativismus lassen sich idealtypisch, nicht real voneinander trennen. Der ältere ist im jüngeren Konservativismus aufbewahrt. Gleichwohl sprechen beide mit verschiedenen Akzenten.

Nicht zuletzt unterscheiden sie sich darin, auf welche Periode in der Geschichte des amerikanischen Sozialstaates sie reagieren. Der ältere Konservativismus ist eine Reaktion auf den New Deal und auf die Tatsache, daß auch nach 1945 und nach dem Koreakrieg und selbst unter einem konservativen Präsidenten wie Dwight D. Eisenhower die Strukturen des Sozialstaates, wie er sich seit den dreißiger Jahren entwickelt hatte, nicht zurückgenommen worden sind. Der jüngere Konservativismus in seinen beiden Spielarten, also der Neokonservativismus ebenso wie die Neue Rech-te, ist als Reaktion auf die tiefgreifenden und rapiden sozialen, ökonomischen, demographischen, innen-und außenpolitischen Veränderungen der sechziger und siebziger Jahre zu begreifen. Er stellt eine Reaktion dar auf die große Zahl sozialpolitischer und anderer Bundesprogramme der Great Society Johnsons; auf die Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre, die Emanzipationsbestrebungen der Frauen, der Schwarzen und anderer Minoritäten, der Homosexuellen; auf den Wertewandel, wie er sich am deutlichsten in der Jugend-und Gegenkultur Ende der sechziger bis Mitte der siebziger Jahre abzeichnete; auf die demographischen Veränderungen zwischen Nord und Süd, die Umkehr der Wanderungsströme, die seit Mitte der siebziger Jahre von Nord nach Süd gehen; auf den Aufstieg des Sunbelts mit seinen regionalen Finanz-und Verwaltungszentren wie Atlanta, Dallas, Houston, Denver und Los Angeles, in seiner ökonomischen Expansion mit Japan vergleichbar; auf den Niedergang des Frostbelts, wirtschaftlich kränkelnd wie Großbritannien; auf die Strukturkrise in vielen Industrien des Nordostens, in einigen Massengüterindustrien und in der Montan-Industrie; auf die Weltwirtschaftskrise seit 1973/74, die Inflation, Arbeitslosigkeit und stagnierendes Wachstum zur gleichen Zeit brachte; auf die Watergate-Krise, in der zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte ein Präsident gezwungen worden ist, sein Amt aufzugeben, und in der der Mythos von der amerikanischen Demokratie erschüttert schien; auf den Verlust der amerikanischen Hegemonie: Nicht nur mit der Sowjetunion, sondern auch mit Westeuropa, Japan und den OPEC-Staaten haben neue Akteure die internationale Bühne betreten, einige zudem als Konkurrenten auf dem Weltmarkt und — wie in der Automobilindustrie — auf dem amerikanischen Binnenmarkt. Der verlorene Vietnamkrieg, die sowjetische Besetzung Afghanistans und die Teheraner Geiselaffäre sind als tiefe Demütigungen des amerikanischen Nationalstolzes erlitten worden. Im Vergleich zu den innen-und außenpolitischen Prosperitätsjahren der Eisenhower-Administration waren die sechziger und siebziger Jahre zwei Jahrzehnte hektischen Umbruchs. Der jüngere amerikanische Konservativismus ist nicht nur Ausdruck des unzulänglichen Verständnisses vom Ursprung der in dieser Zeit entstandenen Probleme sondern er ist als Massenbewegung Zeichen dafür, daß die Vereinigten Staaten sich insgesamt an die veränderten Verhältnisse (noch) nicht angepaßt haben. Konservativismus ist nicht zuletzt auch Ausdruck einer Angst vor Veränderung und notwendiger Anpassung. Konkret und beispielhaft: Die Chance zum Sozialaufstieg dokumentierte zugleich die Möglichkeit sozialen Abstiegs — und brachte die Angst vor diesem hervor.

II. Die Neokonservativen

Die Neokonservativen bilden eine Gruppe und Richtung innerhalb des jüngeren Konservativismus In der ironischen Selbstdefinition von Irving Kristol ist ein Neokonservativer „a liberal, who has been mugged by reali-ty" Tatsächlich gehören zu ihnen auffällig viele ehemalige Liberale und selbst Sozialisten der dreißiger Jahre. Sie gruppieren sich um zwei Zeitschriften, Commentary, herausgegeben vom American Jewish Committee, und The Public Interest.

Nicht zu Unrecht sind sie als Intellektuellen-partei bezeichnet worden: Zu ihren prominenten Professoren zählen Daniel Bell, Nathan Glazer, Irving Kristol, James Q. Wilson, Edward Banfield, Seymour Martin Lipset und Austin Ranney, die an Eliteuniversitäten wie Harvard, MIT, Chicago, Berkeley und Stanford lehren. Doch anders als deutsche Intellektuelle leben sie nicht im (selbstgewählten) Getto, sondern haben Zugang zu den Medien, vor allem aber zu Politikern — sie sind zuweilen selbst Politiker wie Daniel P. Moynihan, Jeane Kirkpatrick, Zbigniew K. Brzezinski. Ihre Verbindung zu den Gewerkschaften ist gut, läuft u. a. über die Social Democrats USA direkt in das Hauptquartier der AFL-CIO. Gleiches gilt für Großunternehmen und Unternehmensverbände: Kristol schreibt regelmäßig im Wall-Street Journal; das American Enterprise Institute gilt als Denkfabrik des Neokonservativismus.

Im Vergleich zum älteren Konservativismus und zu den ökonomischen Libertären wie Hayek und Friedman stehen die Neokonservativen konzeptionell dem Sozialstaat weniger ablehnend gegenüber. Sie spenden dem Kapitalismus nur ein zweifaches, kein dreifaches Hurrah Sie bejahen prinzipiell Sozial-und Arbeitslosenversicherung; Kristol befürwortet sogar die (bis heute in USA nicht bestehende) nationale Krankenversicherung. Allerdings bestehen sie darauf, den Sozialstaat von Überforderungen zu entlasten, unter denen er leide und die seine Autorität letztlich unterminieren. Regulierende Marktmechanismen sollten statt dessen installiert werden. Von Staats wegen solle bestenfalls die Gleichheit der Chancen hergestellt, nicht aber ihre Realisierung paternalistisch durchgesetzt werden, wie dies die naiv-gutgläubig-moralisierenden Liberalen versucht hätten, sonst werde die Freiheit der Gleichmacherei geopfert Neokonservative zelebrieren die überkommenen Werte und Institutionen, Religion, Familie, westliche Hochkultur. Massengesellschaft und Massenkultur werden ebenso wie jene Gegen-oder Subkultur abgelehnt, die aus der Studentenbewegung der sechziger Jahre hervorgegangen ist.

Vieles spricht dafür, daß auf den amerikanischen Neokonservativismus jene These Iring Fetschers zugrifft, dieser sei — im Gewände der Anti-Ideologie, der Ideologie vom Ende der Ideologie — die Ideologie des neuen Mittelstandes und verängstigter Teile der Intelligenz Neokonservative kommen zumeist aus kleinen, proletarischen Verhältnissen, nicht selten aus jüdischen Familien der Ostküste — Kristol etwa ist der Sohn eines New Yorker Textilarbeiters. Mit Glück sowie enormer Anstrengung und Leistung sind sie sozial aufgestiegen. Sie fürchten um den eigenen sozialen Status, vor allem aber um den ihrer Kinder, wenn der Wohlfahrtsstaat durch eine strategisch gezielte Umverteilungspolitik die „natürlichen Barrieren" sozialen Aufstiegs niederreißt. Damit sind jene Abstiegsängste angesprochen die bei Bevölkerungsgruppen zu vermuten sind, die in den dreißiger Jahren politisch zur New Deal Koalition Franklin D. Roosevelts gehörten, jüdische Intellektuelle, aus Süd-und Osteuropa eingewanderte katholische Facharbeiter, Angestellte in Dienstleistungsindustrien und im öffentlichen Dienst. Sie sind inzwischen sozial aufgestiegen und hätten heute vom umverteilenden sozialstaatlichen Eingriff Nachteile zu erwarten, und genau hier mag die politische Bedeutung der Neokonservativen liegen: Sie vermögen eben diese Abstiegsängste anzusprechen und eine entsprechende Politik zu legitimieren; sie treffen das, was an der Oberfläche als konservative Tendenz(wende) erscheint. Es ist nicht die intellektuelle Brillanz ihrer Gedanken, die in Comentary, The Public Interest und den Veröffentlichungen des American Enterprise Institutes und der Hoover Institution angeboten werden, die sich durchsetzt. Vielmehr treffen ihre Überlegungen eine soziale Realität und werden deswegen goutiert.

III. Die Neue Rechte

Die Neue Rechte unterscheidet sich wesentlich von den Neokonervativen Bei ihr handelt es sich nicht um einen sanften Konservativismus, sondern um einen aggressiv-militanten, Liberale und Moderate abschreckenden, der von der Mentalität „Gefangene werden nicht gemacht" geprägt ist — nicht Intellektuellenpartei, sondern Partei der Techniker der Macht. Es hat in der Vergangenheit unter der Neuen Rechten Überlegungen gegeben, nicht unter dem Etikett der Republikaner oder der konservativen Demokraten zu agieren, sondern eine eigene Partei zu gründen. Diese Spekulationen sind latent und könnten um so mehr an Attraktivität gewinnen, je größer die Enttäuschung über Präsident Reagan ist. „Organisation" lautet die Zauberformel der Neuen Rechten. Analysiert man das Organisationennetzwerk der Neuen Rechten, so wird ein hoher Grad an Arbeitsteilung, Differenzierung, Spezialisierung und Komplexität erkennbar. Hierzu gehören u. a. die Direct Mail Company Richard Vigueries, die sich auf das Eintreiben von Wahlspenden spezialisiert hat und über mehrere Millionen Adressen potentieller Geldgeber für konservative Kandidaten und Zwecke verfügt; das von Paul Weyerich geleitete Committee for the Survival of a Free Congress mit seinen Nebenorganisationen, von denen Wahlkampfmanager geschult, Kandidaten rekrutiert und ausgebildet werden und in denen die parlamentarische Strategie von Senatoren und Kongreßabgeordneten zur Durchsetzung konservativer Ziele diskutiert und abgestimmt wird; das National Conservative Political Action Committee NCPAC unter John T. (Terry) Dolan, das sich auf Fernsehwerbung gegen liberale Politiker konzentriert hat; die Heritage Foundation, das Forschungsinstitut der Neuen Rechten.

Betrachtet man die Gesamtheit der Organisationen auf der Neuen Rechten, so übernehmen diese Aufgaben, die in westeuropäischen parlamentarischen Regierungssystemen überwiegend oder ausschließlich von Parteien wahrgenommen werden. In ihnen sind häufig junge, hochintelligente, eiskalte Politmanager tätig, die nicht nur wissen, wie man organisiert, mobilisiert, manipuliert und Wahlkämpfe führt, sondern die dabei die neuen Technologien einsetzen. Befragt, worin sie den Unterschied zum älteren Konservativismus sehen, ist die Antwort typisch: „We are smarter. We know how to work the Computer.“

Für einen Mann wie Weyerich bezeichnet der Begriff „Neue Rechte“ mehr eine politische Technologie als eine programmatische Konzeption Tatsächlich unterscheidet sich die Neue Rechte im Konzeptionellen von den Neokonservativen nur geringfügig, setzt einige Akzente nur etwas schärfer. Gemeinsam mit den Neokonservativen und im Unterschied zum älteren Konservativismus sind die Neuen Rechten prinzipiell positiv gegenüber sozialstaatlichen Programmen eingestellt. Was die Neue Rechte heraushebt und zu einem eigenständigen Typus des jüngeren Konservativismus macht, ist die Tatsache, daß sie mit Ressentiments aufgeladen ist, daß sie paranoide Züge trägt und diese politisch instrumentalisiert, kurz: daß sie antiaufklärerisch agiert und mobilisiert Die Neue Rechte popularisiert zum Teile jene Gedanken, Argumente, aber auch Ängste, die von den Neokonservativen formuliert werden. Trotz aller Akzentunterschiede stellt die Neue Rechte auch einen Transmissionsriemen für die Neokonservativen dar.

Die Neue Rechte polemisiert gegen das Establishment der Ostküste, gegen Wall Street, Großkonzerne und Banken, gegen allmächtige Gewerkschaften, gegen die Eliteuniversitäten des dekadenten Bürgertums und ihre großen Stiftungen, gegen die liberalen Medienkonzerne, gegen den Leviathan in Washington. Big Business — Big Labor — Big Government haben sich, so wird suggeriert, gegen die amerikanischen Tugenden verschworen, sie sind — wenn nicht sowieso von Moskau unterwandert — Agenten auf dem kalten Weg zum Sozialismus. Innen-und außenpolitischer Antikommunismus sowie Philosemitismus fügen sich in dieses Netzwerk von Vorurteilen. Geschichte wird zur Weltverschwörung. Hier liegt das gemeinsame Fundament mit Teilen des protestantischen Fundamentalismus, mit der Moral Majority des Jerry Falwell und mit der elektronischen (Fernseh) Kirche.

Im Wahlkampf werden Themen angesprochen, die als „social issues" bezeichnet werden: Gegen Kriminalität in den Straßen der Großstädte, gegen Büsing, gegen Pornographie und Homosexualität, gegen die Freigabe der Schwangerschaftsunterbrechung, gegen die Evolutionstheorie und für die Schöpfungslehre, für das Schulgebet, für die Werte der traditionellen Familie. Beispielhaft für das explosive Vorurteilsgemisch, das die Neue Rechte zusammenzubrauen vermag, war ein Fernsehspot von Christan Voice, einer fundamentalistisch-protestantischen Wahlorganisation, im Präsidentschaftswahlkampf 1980: Eine junge Mutter sitzt in einem Gartenstuhl vor ihrem Haus und sagt in die Kamera: „As a Christian mother, I want my children to be able to pray in school. I don't want them being taught that abortion and homosexuality are perfectly alright. I was very sorry to learn that President Carter disagrees with me on all these issues. Because of this, Im duty bound as a Christian and a mother to vote for Ronald Reagan, a man that will protect my family's values."

Durch diese Art der Mobilisierung von Vorurteilen gewann die Neue Rechte Wahlerfolge unter arbeitslosen Arbeitern in den krisengeschüttelten Industriezentren des Nordostens und mittleren Westens und unter armen Weißen im Süden, die sich in die Zange genommen sehen zwischen Schwarzen und den aus dem Norden zuwandernden weißen Techni-kern und Angestellten. Die gefühlsgeladenen Fragen, die das Gemüt des Kleinbürgers auf der Straße erregen, dienen der Neuen Rechten als politischer Katalysator. In der Formulie-rung von Richard Vigurie: „It was the social-issues that got us this far, and that's what will take us into the future. We never really won until we began stressing issues like busing, abortion, school prayer and gun control. We talked about the sanctity of free enterprise, about the Communist onslaught until we were blue in the face. But we didn't Start winning majorities in elections until we got down to gut level issues."

Es war aber auch an dieser Stelle, daß der libertäre Altkonservative Barry Goldwater mit der Neuen Rechten scharf ins Gericht ging und sich verbat, von ihr vorgeschrieben zu bekommen, was moralisch und unmoralisch sei, was er in seinem Privatleben zu tun und zu lassen habe

Die Neue Rechte instrumentalisiert die Ängste der Deklassierten und von Deklassierung Bedrohten, sie hebt ab auf die „silent majority". Sie versucht, Menschen ungeachtet ihrer Klassen-, Schichten-und Parteizugehörigkeit auf der bloßen Grundlage sozialer und moralischer (und damit in den USA auch pseudoreligiöser) Fragen zusammenzuschließen Sie fügt sich in die Geschichte des rechten Populismus in den Vereinigten Staaten ein. Es wäre voreilig, zeugte vom Unverständnis amerikanischer Gesellschaft und Politik, die typisch europäische Frage, ob dies bereits Faschismus sei, positiv zu beantworten: Nicht zuletzt die Segmentierung, Fragmentierung, Dezentralisation der amerikanischen Gesellschaft und ihres politischen Systems, die im übrigen die konservativen Grundtendenzen befördern, stehen dieser Entwicklung entgegen

IV. Hunderttausend Inseln der Gleichheit und Glückseligkeit — eine der Grundlage des amerikanischen Konservativismus

In dieser These wende ich mich einer der Grundtatsachen amerikanischer Gesellschaft zu, die von Europäern oft übersehen wird, die aber nicht nur das Fehlen von Faschismus und Sozialismus als politischer Massenbewegungen in Amerika verständlich zu machen vermag, sondern die auch die — latent zumindest immer vorhandene — konservative Grund-strömung mit erklärt: Die Besonderheit amerikanischer Gesellschaft, Kultur und Politik macht ihre segmentierte Qualität aus. In der amerikanischen Gesellschaft gibt es Hunderttausende kleiner Nachbarschaften, communities, Inseln; auf ihnen wohnen Nachbarn, die die gleiche ethnische oder rassische Herkunft haben, die zur gleichen Einkommensgruppe zählen und über das gleiche Sozialprestige verfügen, die in die gleiche Kirche gehen, die gleiche Schulbildung haben, deren Kinder die gleiche Schule besuchen, die zudem von den Eltern selbst verwaltet wird, die in vergleichbaren Einfamilienhäusern oder Wohnungen leben und denen in Notfällen von der gleichen Kirchengemeinde oder einer anderen freiwilligen, privaten Selbsthilfevereinigung geholfen wird — Inseln der Gleichheit und Glückseligkeit, auf denen der Traum vom unverdorbenen Amerika geträumt werden kann -Konservative Politik und konservative Ideologie finden hier ihren realgesellschaftlichen Ausgangs-und Bezugspunkt. Die Angehörigen der Mittel-und Oberschichten, zu denen auch die Facharbeiter zählen, erleben in ihrem Alltag die Gesellschaft nicht als komplexes, arbeitsteiliges und differenziertes Gebilde mit immer wieder aufbrechenden Konflikten. Vielmehr mag es selbst im Elendsquartier noch ein nach außen abgeschottetes System intensiver Kommunikationszusammenhänge der Armen geben. Zusammengenommen erfassen und widerspiegeln die Nachbarschaftsinseln Ungleichheit, Widersprüche, soziale und politische Konflikte, einzeln genommen ist jede Insel jedoch homogen; soziale und politische Konflikte werden nur vermittelt — und sei es durch das Fernsehen — erfahren, sie machen nicht unbedingt und nicht unmittelbar betroffen. Eingrenzung nach innen zur comunity bedeutet aber immer auch Ausgrenzung: Auf der Suche nach dem revolutionären Subjekt ist daher nicht zufällig in den Vereinigten Staaten Marcuses Randgruppenstrategie entwickelt worden.

Die große Masse der Bevölkerung aber erlebt auf ihren Nachbarschaftsinseln Gleichheit und Freiheit relativ widerspruchsfrei — wie in einer heilen Miniaturwelt. Auf jenen Inseln der Happiness, die von Angehörigen der Mittel-und Oberschichten bewohnt werden, mußte jeder Eingriff von außen, von Staats wegen, erst recht von Bundesstaats wegen, mußten Einkommensteuer und Büsing, Quoten für Minoritäten und subventionierter Wohnungsbau als Einschränkung der relativen kommunitären Autonomie, ja, als Bedrohung der Glückseligkeit empfunden werden. Gleiches gilt, wenn unkonventionelles Verhalten und umgewertete Normen als Abgesandte des fernen Kontinents „Gegenkultur" bedrohlich vor den Ufern dieser Inseln aufkreuzen. Aus der Kirchturm-perspektive der Gemeinde erklärt sich die Hochschätzung des Föderalismus, die Betonung der Rechte der Einzelstaaten, das Fest-klammern am Regionalismus. Nicht zufällig — und dann auch noch beschränkt auf bestimmte Perioden amerikanischer Geschichte — können nur das Präsidentenamt oder der Supreme Court als nationale politische Institutionen angesehen werden, während Repräsentanten-haus und — weniger drastisch — der Senat häufig nur als Ensemble von Kirchturmpolitikern erschienen sind. Nationale Parteien im europäischen Verständnis existieren überhaupt nicht übrigens ist es auch kein Zufall, daß es in den Vereinigten Staaten den europäischen integralen Nationalismus nie gegeben hat.

Segmentierung ist nicht auf die Nachbarschaften beschränkt, sie findet sich auch in der Arbeitswelt: Die amerikanischen Gewerkschaften sind im Vergleich zu ihren deutschen Schwesterorganisationen dezentralisiert, sie betreiben eine betriebsnahe Tarifpolitik (1980 waren fast zweihunderttausend Tarifverträge in Kraft), sie schaffen sich u. a. durch vielfältige tarifliche Sozialleistungen und ein auf den einzelnen Betrieb bezogenes Arbeitsrecht ihre eigene Syndikatswelt.

In der Außenpolitik ist die amerikanische Erfahrung vergleichbar der der Utopier des Thomas Morus; sie ist insular, auch wenn der Kontinent die Insel ist: Der letzte Krieg auf amerikanischem Boden war der 120 Jahre zurückliegende Bürgerkrieg.

Amerikanischer Konservativismus graswurzelt also auf den Trauminseln der Gleichheit, läuft immer über Lokalismus, Provinzialismus, Föderalismus, Regionalismus, Partikularismus, betont freiwillige Selbsthilfe, „Voluntarismus“, fordert — gleichsam anarchisch-basis-demokratisch — Entstaatlichung, erscheint über den Atlantik besehen dann auch naiv. Daß die Widersprüche zur Entwicklung und zu den Strukturen der kapitalistischen Gesellschaft und Ökonomie massiv sind, zeigt die Reagan-Präsidentschaft nur zu deutlich.

V. Zum Konservativismus der Reagan-Administration

Im ersten Jahr der Reagan-Administration sind die Widersprüche zwischen konservativem Anspruch und gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Wirklichkeit sowie die Widersprüche im amerikanischen Konservativismus selbst offenkundig geworden. Vier Komponenten sollten nach den Wahlkampf-aussagen Reagans seine Politik als Präsident ausmachen substantielle Steuerkürzungen, Verringerung der Bundesausgaben, Zurücknahme staatlicher Regulierung der Wirtschaft, militärische Stärkung gegenüber der Sowjetunion. Einige Kernbereiche der Reaganschen Politik sind heute zumindest in Frage gestellt Dies trifft nicht nur die sogenannten Reagonomics mit ihren vielen Zielkonflikten, die der Budget-Direktor David Stockman zynisch und ungewollt der Öffentlichkeit geschildert hat sondern Widersprüche sind gerade in den zentralen Bereichen konservativer Ideologie und Politik aufgebrochen, in denen es um die Entstaatlichung geht:

1. Nach der Konzeption des Neuen Föderalismus (New Federalism) sollen 43 sozialpolitische Programme vom Bund an die Einzelstaaten abgegeben werden. Auch wenn der Bund zunächst einen Teil der Programmkosten mittragen würde, wären die finanziellen Belastungen für die Einzelstaaten so groß, daß sie gezwungen wären, ihre Steuern massiv zu erhöhen — z. B. New Hampshire um 20, 5 Prozent, South Dakota um 18 Prozent, Washington D. C., Maine und Vermont um jeweils etwa 15 Prozent, New York um 10 Prozent Zur Verwaltung der Programme müßten die einzelstaatlichen Bürokratien, die in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zur Bundesbürokratie sowieso erheblich schneller gewachsen sind, weiter ausgebaut werden. Statt Entstaatlichung also „Vereinzelstaatlichung". An der Steuerbelastung für den Bürger und an der Allgegenwart staatlicher Großbürokratien, beides Ziele konservativer Kritik, würde sich wenig ändern. 2. Neben dem Neuen Föderalismus gibt es, von der Administration weniger herausgestellt und in der Presse kaum beachtet, Ansätze zu einer Strategie des „Neuen Voluntarismus": Danach soll z. B. die Wissenschaftsförderung — auch die der Sozial-und Geisteswissenschaften — zunehmend von privaten Stiftungen übernommen werden. Die entsprechenden Haushaltstitel des Bundes wurden bereits kräftig gekürzt. Vor allem aber sollen sozial-staatliche Aufgaben privatisiert, von Kirchen und anderen freien Wohlfahrtsvereinigungen (voluntary associations, gemeint sind also nicht nur die freien Wohlfahrtsverbände im deutschen Verständnis) übernommen werden. So hat Präsident Reagan vor Unternehmern angeregt, jede Kirchengemeinde in Amerika solle zehn Familien, die von Sozialunterstützung lebten, annehmen und sie unterhalten. Die Kirchengemeinden wären heillos überfordert, würden sie versuchen, diesen Vorschlag zu verwirklichen: Jede Gemeinde hätte mindestens einhunderttausend Dollar zusätzlicher Kirchenbeiträge einzutreiben Außerdem würde der tragende Pfeiler jener Nach-barschaftsinseln, von denen in der 4. These die Rede war, bersten, die Inseln der Gleichheit und Glückseligkeit drohten im Ozean sozialer und politischer Konflikte zu versinken.

3. Die von Reagan dem Kongreß vorgeschlagene Erhöhung der Verteidigungsausgaben, angesichts sowjetischer militärischer Stärke mit „Let's make America first again“ begründet, dürfte innenpolitische Folgen haben, die konservativen Prinzipien widersprechen: a) Ein Ergebnis wäre bürokratisch-zentralistische Machtanhäufung, „Verstaatlichung", die Ausweitung der Pentagon-Bürokratie und des military-industrial complex, vor dem bekanntlich Dwight D. Eisenhower bereits in seiner Abschiedsadresse als Präsident der Vereinigten Staaten gewarnt hatte, b) Eine weitere Folge bestände darin, daß die beschlossene weitere Senkung der Bundeseinkommensteuer sowie die sogenannte Indexierung der Einkommensteuer, nämlich ihre Abkoppelung von der Inflationsrate, verschoben oder ganz aufgehoben werden müßten: Im Kongreß werden entsprechende Vorschläge bereits diskutiert, um das Haushaltsdefizit in noch überschaubaren Grenzen zu halten und die sonst verheerenden wirtschaftlichen Folgen zu vermeiden. Der Preis, der für wesentlich erhöhte Verteidigungsausgaben zu zahlen ist, wäre für amerikanische Konservative hoch: Die Bundesbürokratie, Big Government in Washington, der Steuerstaat blieben mächtig und stark wie eh und je.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Clinton Rossiter, Conservatism, in: International Encyclopedia of the Social Sciences, Bd. 3, New York 1968, S. 290.

  2. In der einschlägigen Sekundärliteratur zum amerikanischen Konservativismus, die in den letzten Jahren schnell an Umfang zugenommen hat, wird eine große Zahl verschiedener, in der Regel geistes-geschichtlich bestimmter Typen unterschieden. Beispielhaft hierfür Georg Nash, Historische, philosophische und soziologische Wurzeln des Konservativismus — Amerikanische Sicht, in: Hans Rühle und Hans-Joachim Veen (Hrsg.), Der Neo-Konservativismus in den Vereinigten Staaten und seine Auswirkungen auf die Atlantische Allianz, Melle 1982 (= Forschungsbericht 16 der Konrad-Adenauer-Stiftung); ders., The Conservative Intellectual Movement in America Since 1945, New York 1976; A. James Reichley, Conservatives in an Age of Change. The Nixon and Ford Administrations, Washington D. C. 1981. Einen allgemeinen historischen Überblick gibt Michael W. Miles, The Odyssey of the American Right, New York 1980.

  3. Typisch für diese Position ist der von einem neuen Linken und einem libertären Konservativen gemeinsam hrsg. Sammelband: Ronald Radosh und Murray N. Rothbard (Hrsg.), A New History of Leviathan. Eassays on the Rise of the American Corporate State, New York 1972.

  4. Vgl. hierzu Iring Fetscher, Widersprüche im Neokonservativismus, in: Merkur, Heft 2/1980, S. 107.

  5. Die erste zusammenfassende Darstellung des amerikanischen Neokonservativismus hat vorgelegt Peter Steinfels, The Neoconservatives. The Men who are Changing Americas Politics, New York 1979. Ein Selbstporträt des Neokonservativismus skizzierten Irving Kristol und Norman Podhoretz, Historische, philosophische und soziologische Wurzeln des Konservativismus, in: Rühle/Veen (Hrsg.), Der Neo-Konservativismus ..., a. a. O., S. 66— 85.

  6. Zitiert nach Walter Goodman, Irving Kristol, Patron Saint of the New Right, in: New York Times Magazine vom 6. 12. 1981, S. 90.

  7. Vgl. Nash, Wurzeln, a. a. O., S. 50, paraphrasiert nach dem Buch von Irving Kristol, Two Cheers for Capitalism, New York 1978.

  8. So treten Neokonservative zwar für Chancen-gleichheit ein, nicht aber für Quota zugunsten von Minoritäten z. B. bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst oder bei der Zulassung zu Studiengängen. Vgl. Norman Podhoretz, The Neo-Conservative Anguish Over Reagans Foreign Policy, in: New York Times Magazine vom 2. 5. 1982, S. 32 (nachgedruckt in: Der Monat, Nr. 284, Juli/August/September 1982, S. 7).

  9. Fetscher, Widersprüche ..., a. a. O., S. 115.

  10. Hierzu am Beispiel der Öffnung oder Abschließung des Schulsystems für Minoritäten; ebd.

  11. Zur Neuen Rechten vgl. Alan Crawford, Thunder on the Right. The „New Right“ and the Politics of Resentment, New York 1980; Milton Ellerin und Alisa H. Kesten, The New Right: What Is It?, in: Social Policy, März/April 1981; The New Right: A Special Report, in: Conservative Digest, Juni 1979; Allen Hunter, In The Wings. New Right Ideology and Organization, in: Radical America, Nr. 1/2, Frühjahr 1981.

  12. Zur Aggressivität der Neuen Rechten: David Nyhan, The Conservative Crusade, in: Boston Globe Magazine vom 3. 5. 1981.

  13. Zu den Organisationen der Neuen Rechten vgl. Peter Lösche, Die amerikanischen Präsidentenwahlen 1980. Eine Analyse aus deutscher Sicht, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 12 (1981), S. 584 ff.

  14. Nyhan, The Conservative Crusade, a. a. O.,

  15. Zur Geschichte der Politik durch Ressentiments in den USA vgl. die immer noch aktuelle Essay-Sammlung von Richard Hofstadter, The Paranoid Style in American Politics, Chikago 1952.

  16. Zitiert nach Lösche, Die amerikanischen Präsidentenwahlen 1980, a. a. O„ S. 585.

  17. Zitiert nach Mike Davis, The New Right's Road to Power, in: New Left Review 128 (Juli/August 1981), S. 39.

  18. Goldwater hat die Neue Rechte und insbesondere ihre religiösen Gruppen wie Moral Majority attackiert, weil sie Bettschnüffelei betrieben, Fragen von Schwangerschaftsunterbrechung und Busing nicht den einzelnen überlasse; vgl. New York Times vom 16. 9. 1981, S. A 1 und B 9; Human Events vom 20. 2. 1982, S. 5, und Human Events vom 3. 10. 1981,

  19. Vgl. Chantal Mouffe, Die Demokratie und die Neue Rechte, in: Prokla 44 (1981), S. 51.

  20. Hier ist nicht die Stelle, systematisch der Frage nachzugehen, warum in Deutschland und den Ver-einigten Staaten die Weltwirtschaftskrise je unterschiedlich beantwortet wurde, nämlich im Nationalsozialismus bzw. im New Deal. Neben den gerade genannten Punkten wären folgende Faktoren in eine vergleichende Analyse einzubeziehen: die je verschiedene Industrialisierungsgeschichte; die je divergierende Rolle des Staates, insbesondere in der Phase der Früh-und Hochindustrialisierung; das Durchschlagen vorbürgerlich-feudal-agrarischer Momente in Deutschland; das Fehlen einer starken sozialistischen, sozialdemokratischen oder kommunistischen Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten.

  21. Diese Argumentation findet sich — wenn auch überzogen und nicht differenzierend auf soziale Schichtung bezogen — bei Wolf Wagner, USA — ein Land aus Inseln der Gleichheit und Happiness. Ein Erklärungsversuch zur Langlebigkeit der amerikanischen Alltagsideologie, in: Leviathan, Heft 1 (1977), S. 100 ff. Die konservative Grundtendenz der Vereinigten Staaten betonen Peter H. Merkl und Dieter Raabe, Politische Soziologie der USA. Die konservative Demokratie, Wiesbaden 1977, S. 2 f.

  22. Hierzu und zu einer ersten Kritik an der Innenpolitik Reagans aus neokonservativer Sicht James Q. Wilson, The Dilemmas of Conservatism, in: The American Spectator, vol. 15, no. 3 (März 1982),

  23. Podhoretz ist mit einer scharfen Kritik der Reaganschen Außenpolitik hervorgetreten: Diese sei gegenüber der sowjetischen Offensive im Persischen Golf und in der Karibik zu zurückhaltend; Saudiarabien werde auf Kosten Israels im Nahen Osten unterstützt, obwohl das dortige Regime innenpolitisch noch gefährdeter sei, als das des Schahs es im Iran gewesen wäre. Diese Auffassungen des Autors sind typisch für die Enttäuschung vieler Neokonservativer nach den ersten Erfahrungen mit der Reagan-Administration. Vgl. Podhoretz, The Neo-Conservative Anguish ..., a. a. O., S. 33 f.

  24. William Greider, The Education of David Stock-man, in: Atlantic Monthly, Dezember 1981, S. 27 ff.

  25. Vgl. New York Times vom 7. 2. 1982, S. E 19.

  26. Paul Moore, Jr„ Koch, Reagan, and the Poor, in: New York Times vom 31. 1. 1982, S. E 21.

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Peter Lösche, Dr. phil., geb. 1939; Studium der Geschichte, Politikwissenschaft, Philisophie und Geographie in Berlin, Göttingen und den Vereinigten Staaten; 1969— 1971 Kennedy Memorial Fellow, Harvard University; seit 1973 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen. Veröffentlichungen u. a.: Industriegewerkschaften im organisierten Kapitalismus. Der CIO in der Roosevelt-Ära, Opladen 1974; Anarchismus, Darmstadt 1977; Politik in USA, Opladen 1977.