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Eurokommunismus in der Krise | APuZ 48/1982 | bpb.de

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APuZ 48/1982 Die Generallinie der KPD 1929— 1933 Kommunistische Bündnispolitik in Europa Historische Erfahrungen — politische Konsequenzen Eurokommunismus in der Krise

Eurokommunismus in der Krise

Andreas Meier

/ 38 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Ausgangspunkt ist die Beobachtung, daß es um den Eurokommunismus in jüngster Zeit nach einer Welle einschlägiger Publikationen in den Jahren 1977— 1980 überraschend ruhig geworden ist. Die damals aufgeworfenen Fragen konnten indessen keineswegs alle beantwortet werden, denn oft mußten Vermutungen und Meinungen an die Stelle jener Antworten treten, die allein das „Verdikt der Erfahrung“ geben kann. Die programmatischen Erklärungen und Visionen der Eurokommunisten müssen an der Praxis ihrer Politik gemessen werden, um in ihrer Aussagekraft richtig eingeschätzt werden zu können. Die Darstellung gibt einen Überblick über die Politik der drei kommunistischen Parteien Frankreichs, Italiens und Spaniens in den letzten Monaten und Jahren. Ihre Entwicklung ist höchst unterschiedlich und läßt die Rede von „dem Eurokommunismus" zunehmend problematischer werden Allein die Partei Berlinguers in Italien scheint noch die Hoffnungen zu rechtfertigen, die vor kurzer Zeit in die Wandlungsfähigkeit der Eurokommunisten gesetzt wurden. Eine Analyse der italienischen Kritik an dem polnischen Staatsstreich führt jedoch zu der Erkenntnis, daß die KPI weiterhin in den Kategorien der marxistischen Vulgata argumentiert und den „dritten Weg“ im Dunkel vager Hinweise beläßt. Einen ganz anderen Gang hat die Entwicklung in Spanien genommen. Eurokommunistische Politik und autoritäre Führung hatte Carillo dort zunehmend schwerer miteinander vereinen können; nachdem er eine heillos zerstrittene Partei in ein Wahldebakel geführt hatte, mußte er seine Position an der Spitze der Partei räumen. In Frankreich wiederum fand sich die dortige Kommunistische Partei in einer paradoxen Situation wieder: Nach einer deftigen Niederlage ging sie mit der Sozialistischen Partei eine Koalition ein, obgleich sie den Sieg eben dieser Partei zuvor mit allen Kräften zu verhindern gesucht hatte. Die augenscheinliche Willkür, mit der die KPF ihren politischen Kurs in den letzten Jahren mehrfach geändert hat, läßt Zweifel an ihren eurokommunistischen Bekenntnissen berechtigt erscheinen. In der Regierung mit einem Koalitionspartner, der über eine absolute Mehrheit verfügt, versucht sich die KPF auf verschiedenen Wegen zugleich als Opposition zu profilieren.

I. Der Eurokommunismus — die allgemeine Unsicherheit

„Während wir auf das einzig gültige Verdikt, das Verdikt der Erfahrung warten, wollen wir die Fakten untersuchen" merkte Raymond Aron 1977 zur Analyse der eurokommunistischen Parteien und ihrer Politik an. über ein Verdikt der Erfahrung, von dem wir uns jedoch in politicis erfahrungsgemäß nicht zuviel und vor allem nicht Einigkeit im Urteil erwarten sollten, verfügen wir heute so wenig wie damals, obgleich unsere Erfahrungen sich in den letzten Jahren nicht unerheblich vermehrt haben. Im Juni 1981 übernahm die KPF nach einer schweren Wahlniederlage als erste „eurokommunistische" Partei Regierungsverantwortung; in Spanien ist die zerstrittene und bei den letzten Wahlen gebeutelte KP in ihrem Bestand ernsthaft gefährdet, während die KPI nach dem Militärcoup in Polen sich weiter von Moskau entfernt hat. Ist damit eine Konstellation beschrieben, die „die zweite Chance des Eurokommunismus" birgt, wie Lily Marcou meint

Die publizistische Rede vom Eurokommunismus hatte stets das Mißverständnis nahegelegt, es gäbe ein verschiedenen Parteien gemeinsames eurokommunistisches Programm. Im Gegensatz dazu hatte Frane Barbieri den Begriff, der schnell zum festen Bestandteil unserer politischen Alltagssprache werden sollte, im Juni 1975 geprägt, um ein geographisch bestimmtes, ideologisch jedoch „fließendes, unbestimmtes Phänomen" zu kennzeichnen

über die großen gemeinsamen eurokommunistischen Verlautbarungen, deren letzte auch schon fünf Jahre zurückliegt und deren inhaltliche Substanz eher bescheiden war ist schnell vergessen worden, daß die kommunistischen Parteien Frankreichs, Italiens und Spaniens (KPF, KPI, KPSp) in vielen Fragen uneins waren. Die Differenzen verstärkten sich, als sich die KPF 1977/78 von den beiden Schwesterparteien zunehmend isolierte. Aber auch zwischen KPI und KPSp bestanden/Meinungsunterschiede fort, wie sie etwa die Auseinandersetzungen um Carillos Buch „Eurokommunismus und Staat" (1976) erkennbar werden ließen.

Grob gesprochen hat man diejenigen kommunistischen Parteien der Welt „eurokommunistisch" genannt, die sich vom Mutterland des Sozialismus, der UdSSR, bei aller Treue zu den gemeinsamen Idealen distanzierten. Deutlich liegt dieses Kriterium etwa dem Buch Wolfgang Leonhards zugrunde, der eingangs den Eurokommunismus definitorisch mit acht „gemeinsamen Zielvorstellungen" zu erfassen sucht, um anschließend die Geschichte des Eurokommunismus auf den Emanzipationsprozeß einiger kommunistischer Parteien von sowjetischer Vormundschaft zu reduzieren. Folgerichtig zählt er etwa Rumänien, das seine außenpolitische Bewegungsfreiheit mit innenpolitischer Repression erkauft, oder Jugoslawien, in dem z. T. stark entwickelte demokratische Prozeduren keineswegs liberale Werte und Grundrechte schützen, zum Lager des Eurokommunismus

Diese Kategorien erwiesen sich als zu simpel. In vergleichenden Studien wurde die Distanz der eurokommunistischen Parteien zu Moskau in verschiedenen Dimensionen ausgeleuchtet: Verband sich etwa die Kritik an den Gulags und dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan mit einer seriösen Analyse des politischen und sozio-ökonomischen Systems der UdSSR? Es standen die außenpolitischen Positionen der Eurokommunisten zur Debatte, die sich im Nahost-Konflikt, der Afrika-und Mittelamerika-Politik kaum von der sowjetischen Einschätzung unterschieden. Ideologisch gewendet spitzte Henry Kissinger die Frage zu: Wie „kommunistisch" sind die Eurokommunisten? Wenn die kommunistische Weltbewegung autonome Parteien umgreift, eine „Einheit in Vielfalt" (Luigi Longo, 1967) konstituiert, müssen jene „Einheit" stiftenden Elemente benannt werden. Nur schwer etwa scheint die Konzeption eines europäischen dritten Weges mit der Zugehörigkeit zu der Bewegung vereinbar zu sein, die sich um eines der beiden Machtzentren gruppiert, zwischen denen Europa aufgeteilt ist.

Die spekulativen und prognostischen Elemente in der Debatte über die Ernsthaftigkeit und den Sinn der Äußerungen führender Parteifunktionäre der Eurokommunisten machten eine solche Beschäftigung mit dem Eurokommunismus nach der Hochkonjunktur von 1975— 1978 schnell unergiebig. Das Verdikt der Erfahrung war zu haben nur im Blick auf das Innenleben der eurokommunistischen Parteien und ihr Verhalten in denjenigen Kommunen und Regionen, in denen sie allein oder in Koalitionen regieren. Unsere Kenntnisse sind noch sehr beschränkt, denn die Forschung hat sich diesen Problemen erst seit kurzem angenommen. Es sind Methoden zu entwickeln, die politische Strategie der ganzen Partei sowie die Verhaltensweisen ihrer Mitglieder und Kader zu analysieren. Eine Untersuchung der eurokommunistischen Partei-zeitungen usw. mit ihrer regelmäßigen und freundlichen Berichterstattung über die Errungenschaften sozialistischer Staaten würde uns ebenso wie die der Parteischulen und ihrer Lehrprogramme eine Antwort auf Kissingers Frage nach der Loyalität der Eurokommunisten im Ernstfall näherbringen. Wie kommt es denn, daß sich der Stalinismus an der Basis der KPI über Jahrzehnte hinweg halten konnte, so daß er heute der Parteiführung zur Gefahr werden kann? Beim Blick auf das Innenleben der Parteien, das durchweg vom demokratischen Zentralismus geprägt ist, und auf die kommunistische Verwaltung von Kommunen und Regionen setzt z. B. die Skepsis Timmermanns ein „gegenüber den demokratischen Zusicherungen des Eurokommunismus"

II. Spanien: Die Kommunistische Partei Spaniens in der Krise

„In gewisser Hinsicht steht die KP Spaniens an der Spitze des Eurokommunismus" urteilte Leonhard 1978 Ihr Generalsekretär Carillo hatte damals den , real existierenden Sozialismus'in seinem Buch „Eurokommunismus und Staat" einer bislang unter Parteikommunisten nicht üblichen harten Analyse unterworfen und war deshalb von Moskau heftig attackiert worden. Er versuchte konsequenter als die anderen Eurokommunisten eine eigenständige eurokommunistische Theorie zu entwerfen. Seinem Ruf als Führer des Eurokommunismus wurde er 1982 gerecht, als er mit Blick auf Polen erklärte, es gäbe heute „kein kommunistisches Land auf der Welt“, und seine Partei müsse sogar „über den Eurokommunismus hinausgehen". Die KP Spaniens sei eine „politische Kraft der Avantgarde, die sich aus Mitgliedern zusammensetzt, die frei miteinander diskutieren." Dabei hatte er alle Hände voll zu tun, um die Partei unter seiner Führung zusammenzuhalten. Einer relativ unentschlossenen Oppositionsstrategie ist es dabei zu verdanken, daß die Partei in den letzten Jahren rund 60 000 Mitglieder, also etwa ein Drittel ihres Bestandes, verloren hat. Das gab der Kritik an der Parteiführung neue Nahrung, euro-kommunistische Erneuerer von „links" und prosowjetische „Afghanen“ von „rechts" setzten Carillo auf dem X. Kongreß der Partei 1981 heftig zu. Im Herbst 1981 wurden zehn Mitglieder aus dem ZK ausgeschlossen (darunter der eurokommunistische Theoretiker Azcarate) und zum Jahreswechsel 1981/82 erklärten 48 der 65 kommunistischen Stadt-und Gemeinderäte und Mitglieder der Provinzregierung innerhalb der Provinz Madrid den Rücktritt von ihren Ämtern — aus Solidarität mit gemaßregelten Kollegen aus der Hauptstadt, die im November ausgeschlossen worden wa-ren. Insbesondere in Katalonien formieren sich die „Afghanen" gegen die eurokommunistische Orientierung der Parteiführung, die nach Meinung der Erneuerer wiederum nicht konsequent genug verfolgt würde, da sie vor den undemokratischen Strukturen der Partei nicht halt mache. Aber auch in Madrid wurde Ende Januar 1982 ein vor allem von Gewerkschaftlern unterzeichnetes Papier vorgelegt, in dem der Partei vorgeworfen wird, sie sei „ohne jedes politische Programm" (LM 3. 2. 1982). Insbesondere kritisieren die Verfasser die Erklärung des ZK vom 9. Januar 1982 zu Polen wegen ihres antisowjetischen Tenors.

Diese disparaten Tendenzen werden durch regionale Probleme verstärkt: Der baskische KP-Chef Roberto Lertxundi betrieb ohne Zustimmung der Parteiführung die Fusion mit einer revolutionär-nationalistischen Partei (E. IA.), während Carillo sich auf dem Kongreß der katalanischen KP (die katalanische und baskische Sektion der KP waren 1978 in . eigenständige'Parteien umgewandelt worden) nur um den Preis durchsetzen konnte, daß die dortigen Leninisten eine Dissidentenpartei gründeten. Die Schlappe bei den andalusischen Regionalwahlen ließ den Einbruch bei der Parlamentswahl vom 28. Oktober 1982 bereits ahnen. Von % fiel die KP auf unter 4 % zurück, so daß sie nurmehr vier statt bislang 23 Abgeordnete und keine Fraktion mehr hat (Euskadiko Ezkerra erhielt ein Mandat)! Carillo, dem Azcarate seine „zentralistische, autoritäre Führung" vorwirft, hatte nach heftigen Diskussionen im Exekutivkomitee schon im Juni seinen Rücktritt erklärt — und ihn auf die keineswegs einstimmige Bitte des ZK wieder zurückgenommen. Nach der neuerlichen Niederlage resignierte er und legte Anfang November sein Amt nieder, in dem er sich auch nur schwer, von vielen Seiten angefeindet, hätte halten können. Es wird abzuwarten sein, welchen Kurs die KP in der Opposition gegen eine sozialistische Regierung einschlagen wird, ob sie ihre Identität wiederfindet oder zur Splitterpartei verkümmert. Auf jeden Fall gemahnt die jüngste Entwicklung, jene brüske Desillusionierung eurokommunistischer Hoffnungen, zur Vorsicht bei der Einschätzung programmatischer eurokommunistischer Erklärungen. Das Verdikt der Erfahrung ist zuverlässiger.

III. Die Kommunistische Partei Italiens: „Im Osten verstößt man gegen die Geschichte" 11)

Die KPI ist die erfolgreichste der drei euro-kommunistischen Parteien; zwar ist ihr bislang der Sprung in die Regierung nicht gelungen, aber mit 1, 7 Millionen Mitgliedern und rund 30 % der Wählerstimmen übertrifft sie die Schwesterparteien um Längen. Allerdings ist die Tendenz rückläufig: 1979 büßte sie 4 % der Stimmen ein, und in der vom ehrgeizigen Craxi neu formierten sozialistischen Partei (PS) erwächst ihr eine gewichtige Rivalin. Als diese im Sommer die Regierung Spadolini zu Fall brachte, war der Widerstand der KPI gegen Neuwahlen verständlich, da sie mit Stimmenverlusten rechnen mußte. Taktik bestimmt das Verhältnis zwischen den beiden Parteien und ihren Führern. Craxi will die KPI zum Schwur drängen: Bietet sie nur „eine neue Version des Philosowjetismus", bleibt sie also in ihrem Kern kommunistisch, sind ihre Bekenntnisse zu den demokratischen Prozeduren und liberalen Freiheiten wertlos. Sind sie jedoch ernst gemeint, dann sollte man endgültig mit Moskau brechen. Reform oder Revolution — tertium non datur. Dieser Druck kann auf lange Sicht zur Gefährdung der Identität und Stärke der KPI beitragen. Solche Erwägungen erklären zu einem Teil die Schärfe der Resolutionen der KPI gegen den polnischen Militärcoup 1981.

Die KPI gilt gemeinhin als die offenste, von Moskauer Positionen am weitesten entfernte kommunistische Partei Westeuropas. ZK-Mitglied Sergio Segre sucht die Wurzeln des Eurokommunismus bei der von Gramsci ausgehenden ideologischen Entwicklung der Partei: „Unsere Geschichte dient auch zur Erklärung dafür, weshalb das Phänomen des Euro-kommunismus seine Wurzeln ausgerechnet in Italien hatte." Anknüpfend an Gramscis Theorie, daß in einem westlichen und katholischen Land wie Italien die Arbeiterbewegung nur im Rahmen eines alle fortschrittlichen Kräfte umfassenden „historischen Blocks" die für eine Gesellschaftsumwandlung nötige „He-gemomie" erringen kann, entwickelte Berlinguer unter dem Eindruck des Scheiterns Allendes 1973 das Konzept des historischen Kompromisses: Nur ein breites Bündnis, das auch die Christdemokraten (DC) einschließt, nicht aber eine sozialistisch/kommunistische Regierung mit 51 % der Stimmen, könne ein „Programm tiefgreifender gesellschaftlicher Umgestaltungen" realisieren, ohne sich breite Schichten des Volkes zu Feinden und den Bürgerkrieg wahrscheinlich zu machen Diese Entwicklung ging einher mit einer gewissen Liberalisierung: Die Parteiarchive wurden auch für Nichtkommunisten geöffnet, es wurde freier diskutiert.

Zur allgemeinen Überraschung distanzierte sich Berlinguer Ende November 1980 plötzlich mit heftigen Ausfällen gegen die DC und das politische System Italiens überhaupt von der Konzeption des historischen Kompromisses. Ob man angesichts seiner nachgeschobenen Selbstkorrektur („es gibt keine Änderung der Strategie ... eine neue Regierung, deren motorische Kraft die KPI ist“, sei nötig, die „Linksalternative“ werde von den Kommunisten nicht verfolgt von einer Kehrtwendung sprechen kann, sei dahingestellt. Jedenfalls machten sich in der Folgezeit innerhalb der Partei Unruhe und Unsicherheit über den Kurs der autoritären Führung breit.

Die Liberalisierung der KPI hat gewisse Grenzen nie überschritten; eine nach dem Grundsatz des demokratischen Zentralismus straff geführte Parteiorganisation konnte jede aus einer realen Demokratisierung der Partei erwachsene Gefährdung der Parteihierarchie ersticken: „Man kann in der Partei alles sagen, aber man kann nichts tun." Das schlägt sich in der Arbeit der KPI in den roten Kommunen und Regionen Italiens deutlich nieder. Der gut organisierte Parteiapparat sticht zwar im allgemeinen wohltuend von der Klientelwirtschaft der etablierten DC ab, ohne diese vergleichbar größere Effizienz aber aus altruistischen Gründen zu pflegen. Die KPI konnte so Machtpositionen erringen, deren sie sich heute bedient: Im Verlags-und Bildungswesen ist ein starker unterschwelliger kommunistischer Meinungsdruck spürbar und kirchliche Institutionen werden hin und wieder „Schikanen“ ausgesetzt (NZZ 11. 11. 1977).

Innerhalb der von Moskau gelenkten „sozialistischen Weltbewegung" ist die Neigung der KPI spürbar, „sich ungern genau festzulegen, die Dinge nur selten beim Namen zu nennen“ „Passivität und verbalen oder diplomatischen Aktivismus, der auf die Vermeidung schwieriger Entscheidungen abzielt", zu verbinden: „Sie sucht das scheinbar Unversöhnliche zu versöhnen .. Ihre unablässige Reise-diplomatie zielt insbesondere darauf ab, Risse in der sozialistischen Weltbewegung zu kitten und Kontroversen herunterzuspielen So verwundert es nicht, daß Moskau die Verbindungen zu Berlinguer nie hat abreißen lassen, während Marchais und Carillo jahrelang in Ungnade fielen.

Kategorisch war die lautstarke Verurteilung sowjetischer Menschenrechtsverletzungen, während das Verhältnis zu sowjetischen Dissidenten kühl blieb. Dabei ließ die Partei es (weithin unbemerkt) an Konsequenz fehlen: Die kommunistische Presse etwa erging sich weiterhin in lobenden Berichten über den Aufbau des Sozialismus im Osten . Dort werde — wenn auch mit einigen Mängeln — „der Sozialismus aufgebaut“ (L'Unita, 4. 12. 1976), nachdem in der Revolution von 1917 die Grundlagen für eine den Kapitalismus qualitativ überbietende Realität geschaffen worden seien (L’Unita, 31. 3. 1979).

Für die den Stalinismus überdauernden Entartungen wird insbesondere die Tatsache verantwortlich gemacht, daß der Sozialismus in einem wirtschaftlich zurückgebliebenen Land ohne jede demokratische Tradition etabliert wurde, während im Westen, wo sich die Sozialdemokratie dem revolutionären Ansinnen verweigerte, die Revolution scheiterte Unter der Hand gerät die Exkulpation der UdSSR zum Seitenhieb auf die Sozialdemokratie. So kann unschwer erklärt werden, warum es bislang keinen demokratischen Sozialismus geben konnte. Implizit räumen diese Eurokommunisten mithin ein, daß Sozialismus und Demokratie keineswegs untrennbar sind, daß vielmehr der Sozialismus, dessen Grundlegung in der UdSSR auch für Carillo ausge- machte Sache ist, von der Demokratie gut zu trennen ist: „Der Sozialismus wird von ihnen auch ohne Demokratie als solcher nicht in Frage gestellt" (Frane Barbieri).

Dieses Bemühen um das Abwiegeln angeblich tiefgreifender Meinungsdifferenzen charakterisiert alsdann das Verhalten der KPI nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan. Die „Mißbilligung" dieses Überfalls wurde sogleich um die Besorgnis vor dem amerikanischen Streben nach Vorherrschaft ergänzt (L'Unita, 2. 1. 1980), aber nur diese Besorgnis wird sieben Monate später im Kommunique nach dem Treffen Pajellas mit Kirilenko und Ponomarjow erwähnt.

Auch nach Kabul beherzigte die KPI jene Regel, die der Politologe Giorgio Galli für die Reaktionen der KPI auf Eruptionen in sozialistischen Staaten aufgestellt hat: „Zuerst harte Erklärungen und dann, wenn die Emotion sich gelegt hat, geht alles wie zuvor weiter.“ Zeichen einer gewissen Veränderung war jedoch die Tatsache, daß zum ersten Mal ein bekanntes Mitglied der KPI, G. Baffo, die UdSSR als „offensichtlich imperialistisch" bezeichnete (La Reppublica, 12. 2. 1980). Auch Berlinguer war in einem langen Interview mit O. Fallaci kritischer und dezidierter in seiner Verurteilung des realen Sozialismus (Corriere della Sera, 26. 7. 1980).

Nach dem Militärcoup in Polen war die Verurteilung durch die KPI prompt und kompromißlos. Über Weihnachten 1981 erarbeitete das ZK der KPI eine lange Entschließung, die die „Prawda" zu einer wütenden Replik veranlaßte. Damit schien die Abkehr der KPI von dem sowjetischen Modell des Sozialismus vollzogen, das Wort vom Schisma, der Exkommunikation machte die Runde. Nur Cossutta opponierte offen in der Parteiführung gegen den Antisowjetismus; andere wie Pajetta, die bereits vorsichtig mit dem Hinweis auf die überzogenen Forderungen der Solidarität von den ersten Stellungnahmen abzurücken begannen, konnten sich nach der Moskauer Attacke auf die Partei nurmehr hinter Berlinguer stellen. Bei näherem Hinsehen erweist sich die Erklärung der KPI jedoch als ein Meisterwerk politischer Rhetorik, da die angekündigten „generellen Überlegungen über die Gesellschaft nach sozialistischem Muster" mangels einer substantiellen Analyse der sozialistischen Staaten höchst vage ausfallen Außer Frage steht die „deutliche Verurteilung" des Staatsstreichs als „einen Schlag gegen den Sozialismus", die sogleich mit der Warnung vor Sanktionen und dem Abbruch der Genfer Verhandlungen verbunden wird. Die Kritik wird im zweiten Punkt auf die Länder Osteuropas ausgeweitet: Dort sei ein System etabliert, das „keine wirkliche demokratische Beteiligung erlaubt". Der Text verliert an Genauigkeit und analytischer Schärfe, wenn es um die Ursachen der polnischen Krise geht: das politische System war unflexibel, trug den nationalen Gegebenheiten nicht Rechnung, das Verhältnis zwischen Partei und Massen war mangels Demokratie „bürokratisch“ erstarrt, die Haltung der Warschauer Pakt-Staaten schlug negativ zu Buche, so daß die „extremistischen Kräfte ... in ... Solidarnoäö ... und in der Partei ...“ nicht isoliert werden konnten! „Die demokratische und pluralistische Änderung des polnischen Sozialismus" wurde nicht erreicht. Unter Kommunisten sind dies gewiß unerhörte Vorwürfe; um eine „Analyse" handelt es sich deshalb aber noch nicht. Sie müßte erklären, wie eine solche Entwicklung in einem Staat, dem die KPI grundlegende „sozialistische Errungenschaften“ keineswegs abspricht, eintreten konnte. Die KPI umgeht schlicht die zentralen Fragen, inwiefern die Staaten des Ostblocks sozialistisch sind und was unverwechselbare Charakteristika des Sozialismus sind. Sie rekurriert lediglich auf „Schäden, die durch die Befolgung eines einzigen Modells — des sowjetischen Modells — in den Ländern Osteuropas verursacht wurden“. Überhaupt sei es falsch, die „Idee des Sozialismus ... als Modell“ zu nehmen und „nicht als ein(en) historischen Prozeß" — diese nebulöse Formulierung verrät immerhin, daß die KPI weiterhin in den Kategorien des Marxschen „Prophetismus“ denkt Sie konstatiert den Beginn einer neuen, dritten Phase in der Entwicklung des Sozialismus, nachdem die zweite Phase, die „ihren Ausgang mit der Oktoberrevolution genommen hat, ihre Schubkraft erschöpft hat". Damit ist die Kritik an der UnterwerfungOsteuropas 1945 bis 1948 — hier ist nur von den damaligen Diskussionen der Kommunisten über die nationalen Eigenarten der Volksdemokratien in diesen Jahren die Rede, nicht von der Art ihrer Etablierung — oder der Revolution von 1917 eben ausgeschlossen! Als „tiefgreifende Analyse“ wird vom „größten revolutionären Ereignis in unserem Zeitalter“ berichtet, das den Kampf der Arbeiter und unterdrückten Völker „zur Erlangung von mehr Freiheit und Emanzipation“ beflügelt habe. Wie bislang verschweigt die KPI den staatsstreichartigen Charakter der Machtergreifung der Sowjets, die die erste demokratische Regierung Rußlands zu Fall brachte. Der Frage, inwieweit die durchweg katastrophale Wirtschaftspolitik vor und nach der Neuen ökonomischen Politik (NÖP) (1921— 1928) in der Logik sozialistischen Wirtschaftens lag, wird mit dem Hinweis auf die „Entartungen in der Stalinistischen Periode“ ausgewichen. Wurde denn bis 1924 der reine Sozialismus in der UdSSR verwirklicht?

Kurz, die Kritik an der UdSSR wird historisch unterfangen durch das Bekenntnis zur gemeinsamen Identität. Wenn die Staaten des Ostens den Sozialismus tatsächlich diskreditiert haben, also nicht sozialistisch sind (und waren), müßte die KPI den endgültigen Trennungsstrich ziehen, indem sie sich von ihnen mit einer präzisen Definition ihres „Sozialismus“ abgrenzt. Es fehlt an dieser Definition und an der Trennung, zu der Selbstkritik gehört, wie wir sie ohne das Pathos des Renegaten etwa in der Autobiographie Kopelews finden. Die wirkliche Trennung vom sowjetischen Sozialismus müßte zur Folge haben — wie der parteilose Eurokommunist Fernando Claudin zu Recht bemerkt —, daß die Beziehungen der KPI zu den kommunistischen Parteien des Ostens sich von denen zu den konservativen Parteien des Westens nicht prinzipiell unterschieden. Davon ist die KPI noch weit entfernt.

Indem die KPI ihr auszuweichen versucht, trifft sie die Entscheidung. Die engen Vorstellungen einer proletarischen Avantgarde-Partei hat sie zwar abgestreift, ohne jedoch grundsätzlich die manichäische Weltbetrachtung aufzugeben: Ihr „neuer Internationalismus“ verbindet sie „mit allen sozialistischen, revolutionären und fortschrittlichen Kräften in der Welt". Diese Welt sieht sich aufgeteilt in die kapitalistischen Länder des Westens, die der dritten Welt und die „Länder sozialistischen Typs“. Die Frontstellung jenseits aller Kritik wird erkennbar.

Zwar ist es mit dem Sozialismus, der von der russischen Revolution seinen Ausgang nahm, nicht mehr weit her und auch der Kapitalismus (einer Analyse gerade der italienischen Verhältnisse, für die viele Verstaatlichungen typisch sind, stünde es gut an, korrekt von einer gemischten Wirtschaft zu sprechen) kann die Widersprüche, die „das Schicksal der menschlichen Zivilisation“ in Frage stellen, nicht mehr überwinden, aber der Schluß wäre verfehlt, „daß sich die Möglichkeit für den Sozialismus verschlechtert hätte", daß er gescheitert sei — wie der Kapitalismus. Nein, als Konsequenz dieses nur scheinbaren Scheiterns stellt die KPI heraus, „daß das Bedürfnis nach dem Sozialismus als eine objektive Notwendigkeit, als historisches Bedürfnis auftaucht". Die KPI will der UdSSR, deren Modell seine Grenzen erreicht habe, die Fackel des Sozialismus aus der Hand nehmen, denn jetzt ist „der Fortschritt des Sozialismus ...den Ideen und den Errungenschaften der Demokratie und des Sozialismus in den entwickelten kapitalistischen Ländern ... anvertraut".

Von den Kategorien marxistischer Geschichtsdeutung und Prophetie rückt die KPI also nicht ab: Sie dekretiert objektive Notwendigkeiten und historische Bedürfnisse, die sie auf ihren „dritten Weg" weisen, einen „neuen Weg zum Sozialismus", der als zugleich vorgegebene und unbestimmte Größe sich jedem definitorischen Zugriff entzieht. Er gerät zum Dogma: „Wir wußten nicht, was der Sozialismus ist, aber wir hatten gelernt, was er nicht sein sollte.“ Weitere Nationalisierungen sieht das Programm der KPI nicht vor; sie will bestrebt sein, Wirtschaft und Gesellschaft besser, humaner zu organisieren. Politik soll vergesellschaftet werden. Man will „einer realen Disziplin zum Fortschritt verhelfen, die dem enormen Risiko gesellschaftlicher Desintegration und korporativer Zersplitterung ... zu begegnen in der Lage ist“ Der Zweifel ist begründet, daß wir uns damit auf dem Weg in eine formierte Gesellschaft befinden, in der die liberalen Freiheiten in Gefahr geraten. Konkret wird dieses Sozialismusprojekt nur, wenn die „bürgerlichen“ Freiheiten beschrieben und beschworen werden! Ein sozialistisches Modell der Verteilung der Einkommen existiert auch in Italien nicht.

Es wird also keineswegs, wie es den Anschein hat, aus der doppelten Negation des sowjetischen Sozialismus und des Kapitalismus ein neuer Ausgangspunkt gewonnen, vielmehr wird die Negation eines bestimmten Modells vom Sozialismus durch das gemeinsame Bekenntnis zum Sozialismus jeder Grundsätzlichkeit entkleidet. Das mutet grotesk an, wenn doch der Fortschritt des Sozialismus ausgerechnet in den kapitalistischen Ländern vonstatten gehen soll. Die doppelte Negation erweist sich als ungleichgewichtig, und damit geraten die zahlreichen Äußerungen, man verfolge einen weder anti-amerikanischen noch anti-sowjetischen Kurs, in ein neues Licht. Milovan Djilas nannte dies einen „mystifizierenden Parallelismus" zwischen den beiden Großmächten, der nur geeignet sei, den „sowjetischen Expansionismus zu ermutigen" (II Giornale Nuovo, 4. 5. 1980). Wenn die KPI Italien notfalls gegen eine sowjetische Invasion verteidigen will, so ist dies sicherlich ehrlich gemeint. Aber sind diese Kommunisten nicht genauso ehrlich davon überzeugt, daß dieser Fall nie eintreten wird?

Die KPI hat stets betont, daß sie die demokratischen und liberalen Werte und Freiheiten zu respektieren gedenke und ihre Mißachtung in sozialistischen Staaten verurteile. Sie mußte jetzt einräumen, daß eine Synthese dieser Freiheiten mit einer sozialistischen Staats-und Gesellschaftsform bislang nirgends gelungen ist. Als Grund für ihre Entscheidung, sich dennoch in die Tradition des Sozialismus als dessen dritten Phase einzureihen und sich von der Sozialdemokratie abzugrenzen, muß die alte Geschichtsmetaphysik herhalten, die den Eingeweihten stets Macht über die Unwissenden gab.

Berlinguer schätzt sich heute glücklich, in jenem kleinen Teil der Welt zu leben, in dem die freiheitlich-liberale Tradition das staatliche und gesellschaftliche Leben bestimmt. Das ist ihm und seiner Partei freilich nicht Grund genug, dieser liberalen Tradition und den durch sie verkörperten Werten Vorrang vor einer unbekannten Form des in seinen realen Formen hinlänglich bekannten Sozialismus zu geben. Die prophetische Gewißheit über die Etappen der Geschichte, wenn auch nicht über deren Ziel, ist unvereinbar mit der für freiheitliche Staaten charakteristischen Offenheit des politischen Kampfes um Mehrheiten, deren Entscheidungen durch neue Mehrheiten korrigiert werden können müssen.

Nein, es ist den italienischen Kommunisten, die es mit ihrer Kritik am Osten ernst meinen, nicht gelungen, über den Schatten ihres „Glaubenswillens" (Solschenizyn) zu springen. Ihre Sozialismuskritik erreicht noch (?) immer nicht die analytische Schärfe, die sie bei östlichen Dissidenten gewinnen kann. Die KPI löst „den theoretischen Knäuel des Verhältnisses zwischen der repräsentativen Demokratie, ihrer Verwendung durch die Arbeiterklasse und der sozialistischen Perspektive“ nicht Sie will durchaus den Wechsel der Mehrheiten respektieren, favorisiert aber deutlich die Bildung eines großen Blocks, der de facto jede Opposition marginalisieren müßte Jetzt droht ihr Bemühen, Widersprüchliches mit aller Kraft zusammenzuzwingen, den historischen Kompromiß gleichzeitig mit DC und KPdSU zu finden, einige Genossen zu überanstrengen; erste Anzeichen, daß sich auch in der KPI „Afghanen“ formieren, sind schwach, aber deutlich.

Franco Rodano, Theoretiker der Partei und wegen seiner Unabhängigkeit wichtiger als Cossuta, hat öffentlich die antisowjetische Resolution des ZK mit Nachdruck kritisiert: Die KPI solle sich nicht zu einer Geisel der Sozialdemokratie machen. In der traditionsverhafteten kommunistischen Basis, von der sich die jungen Intellektuellen als Funktionäre ein gutes Stück entfernt haben, werden stalinistische Bekenntnisse laut. Obwohl Berlinguer sie als Einzelfälle abtun will, mußte er einräumen, daß Gruppen in der Partei „beabsichtigen, die Spaltung der Partei zu organisieren" („Spiegel“ 9/1982, S. 134). Nur „ein paar Dutzend“ Partei-genossen seien ausgetreten. Das Bemühen, die innerparteiliche Krise herunterzuspielen, ist das beste Indiz für ihre Virulenz. Dennoch ist eine Spaltung der Partei unwahrscheinlich, denn die autoritäre Führung weiß sich des Apparates sicher. Nicht auszuschließen ist, daß Enttäuschte abwandern — wie zu Beginn der siebziger Jahre bereits viele, vor allem jugendliche Kommunisten sich nach links orientiert hatten. Noch hat sich die Parteiführung alle Wege offengehalten. „Wir jedenfalls wollen mit Moskau nicht brechen" (Berlinguer). Noch will die KPI öffenbar kommunistisch bleiben — nach eigener, höchst undeutlicher Facon. Denn sie glaubt zu wissen, daß dem Sozialismus die Zukunft gehört, da sich ihr histori-scher Fortschritt „unabhängig von ...dem freien Wechsel von Mehrheiten und Minderheiten" vollzieht

IV. Kommunisten in der Regierungsverantwortung — Die KPF: „II change, il change, et pourtant, non rien n'est change"

Ganz im Gegensatz zu der im Grunde gradlinigen Entwicklung der KPI hat die KPF in den letzten Jahren einen atemberaubenden Zickzackkurs verfolgt. Ihr Parteisekretär Georges Marchais war 1969/70 als Mann Moskaus zum Nachfolger Waldeck-Rochets bestellt worden, der 1964 den Altstalinisten Thorez abgelöst und anschließend begonnen hatte, die Partei vorsichtig von der bedingungslosen Vasallen-treue gegenüber Moskau zu lösen. Derselbe Marchais verblüffte Partei und Bevölkerung gleichermaßen, als er einen Monat vor dem „eurokommunistischen“ XXII. Parteitag 1976 ohne jede parteiinterne Diskussion die Streichung der Diktatur des Proletariats aus dem Programm der Partei im Fernsehen ankündigte Er hatte nach dem Tod der zwei Stalinisten Duclos und Frachon den Kurs der Öffnung, den er mit dem gemeinsamen Regierungsprogramm der Linken (1972) einer z. T. widerwilligen Parteiführung abgetrotzt hatte, mit Energie betrieben: Im Mai 1975 war eine „Erklärung der Freiheit" veröffentlicht worden und im November desselben Jahres kam die berühmte und überschätzte gemeinsame Erklärung von KPI und KPF zustande Kurz nach dem Parteitag brachten die Kommunalwahlen im März 1976 einen überraschenden Sieg für die Linksunion, die danach in der Mehrzahl der französischen Kommunen die Bürgermeister stellte. Der Konflikt mit Moskau verschärfte sich, als Marchais am 22. Februar 1977 mit dem sowjetischen Dissidenten Amalrik zusammen im französischen Fernsehen auftrat und Menschenrechtsverletzungen im Osten anklagte, über zwei Jahre lag sein letzter Besuch in der Sowjetunion zurück; den Parteitag der KPdSU hatte er boykottiert. Seine nächte Visite sollte im Januar 1980 stattfinden und ihm die Gelegenheit geben, von Moskau aus im französischen Fernsehen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan als Akt internationaler Solidarität zu verteidigen.

Am Beispiel der KPF ist leicht zu illustrieren, daß die dezidiert verfochtene Autonomie einer kommunistischen Partei weder Schlüsse auf ihr Verhältnis zu Moskau noch auf ihre innere Liberalität erlaubt: Die KPF hatte seit jeher mit dem Problem zu kämpfen, daß die außenpolitischen Optionen der UdSSR mit den eigenen kollidierten. Bereits 1923 beharrte sie auf ihrer eigenen Einschätzung der Rheinland-Besetzung. 1965 unterdrückte sie während des Wahlkampfes in ihrer Presse die Verlautbarungen von TASS zugunsten von de Gaulle und mit großem Unwillen betrachtete sie 1974 die offene Parteinahme zugunsten Giscards; 1981 war sie wohl mit dem Herzen dabei. In gewisser Hinsicht ist die Position der KPF im Westen der kommunistischen Partei Rumäniens im Osten vergleichbar.

Dieser Vergleich gilt auch im Blick auf die innerparteilichen Strukturen. Die „Ex du PC" bestätigen ohne jeden Vorbehalt die Vermutungen der Beobachter: Innerparteiliche Demokratie wird nur sporadisch in Form organisierter Debatten zugelassen, wenn die Parteiführung sich des Druckes der Basis nicht anders zu erwehren können glaubt Timmermann hat die KPF in einer Zeit, als sie sich anschickte, ihre Mitgliederzahlen über die Millionengrenze zu treiben, als „Kaderpartei mit Massenbasis" beschrieben. Vor die Wahl gestellt, haben die Kommunisten nicht gezögert, die Masse der Erhaltung eines schlagkräftigen und ideologisch zuverlässigen Kaders zu opfern. Philippe Robrieux schätzt die Zahl der Mitglieder heute auf 150 000 bis 200 000 gegenüber den 1982 annoncierten 710 138 Die kontinuierlich rückläufige Auflagenstärke der kommunistischen Presse ist ein gutes Indiz für den Zustand einer Partei, die sich nach der Wahlschlappe in der Regierung und auf ganzer Linie auf dem Rückzug • befindet. Umfragen geben ihr heute nach den 15% von 1981 nur noch 10 bis 12% der Wählerstimmen, was durch die Ergebnisse der Kantonalwahlen im März bestätigt wurde Für die Intelligenz, die ihr einst scharenweise und meist blind nachlief, hat sie jede Attraktivität eingebüßt. Entblößt von Masse und Geist treten „die Strukturen, die Methoden des Denkens und der Oganisation, die den Stalinismus hervorgebracht haben“, wieder sichtbar zutage

Die KPF hatte in die Linksunion aus einer Position der Stärke eingewilligt: Ihren 20 % der Stimmen standen 1968 16, 5 % für die Sozialisten gegenüber. Ein Jahr später erhielt Duclos bei der Präsidentschaftswahl für die KPF 21, 5%, während sich Deferre für die Sozialisten mit 5 % begnügen mußte. 1973 hatte die neu formierte Sozialistische Partei (PS) mit Mitterrand fast gleichgezogen (20, 8 % : 21, 4 %), 1978 das Kräfteverhältnis umgekehrt (22, 6% : 20, 6 %), um 1981 die Kommunisten auf den niedrigsten Stand seit 1936 zu drücken 6 % : 16, 2 %). Es liegt auf der Hand und wird nur von der KPF bestritten, daß sie, um dieser katastrophalen Entwicklung zu steuern, die Linksunion 1977 aufkündigte und so 1978 den möglichen Sieg der Linken verhinderte, der sie nämlich nur als zweiten Sieger gesehen hätte. Der Zorn der Linken galt ihr, deren Politbüro die Schuld für die Wahlniederlage den Sozialisten zuschob. Widerstand formierte sich auch in den Reihen der Partei. Elleinstein und Althusser standen mit ihren Artikelserien in „Le Monde“ keineswegs allein. Aus Aix-en-Provence kam etwa der „Brief der Dreihundert“, der die Diskussion und die Analyse der Niederlage verlangte.

Der Parteiapparat Überstand diese Belastungsprobe unbeschädigt; die Dissidenten wurden marginalisiert, ohne daß man sie mit schädlicher Publizität hätte ausstoßen müssen. Auf dem XXIII. Parteitag 1979 war Marchais unangefochten Herr der Partei, konnte zur allgemeinen Überraschung seinen Rivalen Roland Leroy (Chef von LHumanit) aus dem Sekretariat verdrängen und eine Resolution einstimmig verabschieden lassen, in der für die sozialistischen Staaten festgestellt wird: „leur bilan est globalement positif" 36). Nach der Niederlage im Sommer 1981 hatten 30 Kommunisten, unter ihnen Henri Fiszbin, seit 1979 Mitglied des ZK und mächtiger Chef der Pariser Verbände der KPF, die „rencontres communistes" gegründet. Wie 1978 wurden sie des „fractionisme“, der „activite de tendance" bezichtigt und aus der Partei gedrängt, deren ZK schlicht feststellte, sie hätten sich selber aus der Partei entfernt Auch eine Anzeigenkampagne mehrerer Hundert Kommunisten (LM, 10. 10. 1981), die aufgeworfenen Fragen offen auf dem Parteitag zu diskutieren, brachte die Parteiführung nicht von ihrem Kurs ab — ohne Rücksicht auf die hoffnungslose Situation. Welches Kalkül mag sie bewegen?

Die Zeit der Liberalisierung hat die Partei die Führungsrolle innerhalb der Linken und viele Wählerstimmen gekostet. Ihren Parteiapparat, der sie anderen Parteien an Effizienz und Organisationsfähigkeit überlegen sein läßt, hat sie jedoch über diese Jahre unbeschädigt hin-wegretten können. Dessen Orthodoxie prägt das Profil einer Partei, die — das darf man nicht vergessen — in den ersten zehn Nachkriegsjahren trotz — oder eben: wegen — ihrer eindeutig pro-sowjetischen Orientierung die besten Wahlergebnisse ihrer Geschichte erzielte. Der Parteiapparat ist für den Bestand der Partei lebensnotwendig; auf ihn, die kommunalen Pfründe und die Gewerkschaft CGT wird die KPF weiterhin ihre künftige Strategie aufbauen. So nimmt es nicht wunder, daß sie konsequent und ohne jede Einschränkung am demokratischen Zentralismus festhält, „der das auf organisatorische Ebene (übersetzt), was für leninistische Identität schon immer der zentrale Punkt war, nämlich den Glauben an die kommunistische Überlegenheit“

Die KPF betrachtet sich als „Trägerin der Interessen der werktätigen Massen in ihrer Gesamtheit, ja selbst des Interesses der Nation" „Der führende Einfluß einer Vorhutpartei" gehört zu den drei „universellen Prinzipien des Sozialismus" die alle Sozialisten über die den nationalen Gegebenheiten angepaßten unterschiedlichen Sozialismusmodelle hinweg einen. Es sind ferner die Kollektivierung der „großen Produktions-und Austausch-mittel" und die Planung und Demokratisierung des ganzen nationalen Lebens. Diese Maximen der marxistischen „Vulgata" beseelen alle Sozialisten mit „gleicher Leidenschaft des Sozialismus". Gleichwohl hatte man 1976 einstimmig die „Diktatur des Proletariats" aus dem Programm gestrichen, „weil sie nicht die Realität unserer Politik .. " abdecke — und weil sie negative Assoziationen wecke. Diese neue Realität zeichne sich insbesondere dadurch aus, daß man „auf der Grundlage freier, durch allgemeine Wahlen zum Ausdruck gebrachter Entscheidungen“ zusammen mit allen Werktätigen die Gesellschaft umgestaltet und „die demokratischen Entscheidungen des Volkes ... respektieren" will. Man muß, so erläutert Marchais diese Verklausulierung eines entscheidenden Gedankens, davon „überzeugt sein, daß sich bei jeder Etappe die politische und arithmetische Mehrheit decken müssen". Die KPF grenzt sich damit gegen die sowjetische Auffassung ab, allein die „politische Mehrheit" sei ausschlaggebend. Gleichzeitig wertet sie die Organe der repräsentativen Demokratie wieder auf, nachdem sie 1968 unterstrichen hatte, „daß das entscheidende für den Über-gang ... zum Sozialismus der Kampf der Volksmassen ist“ Genau auf diese alte Taktik der Doppelstrategie, die Timmermann „außerparlamentarische Mobilisierung“

nennt greift die KPF seit 1978 verstärkt zurück: über ihren Transmissionsriemen CGT, deren Führung und Kader von Kommunisten beherrscht werden. „Es reicht nicht", schreibt Marchais in seinem Buch „Parlons franchement", „eine Mehrheit zu gewinnen. Wenn man nicht die Massen gegen das große Kapital mobilisiert, muß man vor dessen Forderung kapitulieren ..," Und die Massen zu organisieren hat die KPF schon immer verstanden;

der PS hat dagegen auch heute noch eine vergleichsweise schwache Organisationsstruktur. Es spricht also alles dafür, daß man den Verzicht auf die Diktatur des Proletariats nicht überschätzen sollte. Stärker noch als das der KPI ist das Denken der KPF den orthodoxen Kategorien des Marx'schen Prophetismus verhaftet. Georges Marchais hat „eine klare Vorstellung vom Lauf der Geschichte, von den erreichbaren Zielen, von den Mitteln, die dazu eingesetzt werden müssen, und von den Etappen, die dabei zu durchschreiten sind" Natürlich ist für die KPF Klassenkampf eine grundlegende Realität unserer Gesellschaft. Der Verzicht auf die Diktatur des Proletariats bleibt also ohne jede Auswirkung auf die Ideologie der Partei, die keinem wichtigen Axiom der marxistischen Weitsicht 1976 abschwören wollte, so daß Etienne Balibar mit seinem Plädoyer für die Beibehaltung des Begriffs, der unabhängig von der jeweiligen Staatsform als Gegenstück zur Diktatur der Bourgeoisie, die die KPF ja nicht leugnen wolle, systematisch unentbehrlich sei, die Logik durchaus auf seiner Seite hatte

Um ideologische Logik und Konsistenz kümmerte sich die KPF in ihrem Kampf gegen den PS in den vergangenen Jahren freilich wenig. Im September 1981 eröffnete sie ihren Wahlkampf mit einem Eklat: Sie zog bei den Senatswahlen in verschiedenen Departements ihre Kandidaten nicht im zweiten Wahlgang zurück und verhalf damit der Rechten zum Sieg über die gespaltene Linke. Eine Karikatur in Le Monde zeigte Marchais und Giscard Arm in Arm: „ich zähle noch auf Sie für die Präsidentschaftswahlen" flüstert der Präsident dem Kommunisten zu. Im Oktober 1981 läßt Marchais sich zum „candidat anti-Giscard" nominieren, um dann vor allem gegen „le Consensus ä trois" zwischen Giscard, Chirac und Mitterrand zu polemisieren (LM, 15. 1. 1982). „Die reale Gefahr besteht darin, morgen Mitterrand, wenn er die Hände frei hat, mit der Rechten regieren zu sehen" (LM, 25. 3. 1981). über seine Empfehlung für den zweiten Wahlgang, in dem aller Voraussicht nach zwischen Giscard und Mitterrand die Entscheidung fallen mußte, hüllt er sich in Schweigen, während er implizit Giscard in die Hände arbeitet. Vorsorglich hatte der Fraktionsvorsitzende der KPF in der Nationalversammlung, Ballanger, schon erklärt, er würde keinen „atlantischen Sozialisten" wählen, womit er nur Mitterrand meinen konnte (LM, 10. 10. 1980). Die bereits erwähnten Redakteure von LHumanit 6 wußten dann zu berichten, daß die Geschäftsleitung nicht gezögert habe, für die „revolutionäre" Stimmabgabe für Giscard zu werben (LM, 21. 1. 1982).

Auch vor dem Appell an rassistische Instinkte schrecken Teile der KPF bei ihrem Kampf um Wählerstimmen nicht zurück: Ein kommunistischer Bürgermeister machte gegen den hohen Anteil von Ausländern in seiner Kommune mobil, und andernorts wurde eine marokkanische Familie unbegründet öffentlich des Drogenschmuggels bezichtigt (LM, 10. 2. 1981). Unverhohlen spielte sich die Partei als Garant für Ruhe und Ordnung auf Aber alle Schachzüge halfen nichts: Mitterrands Sozialisten fegten mit ihrer komfortablen absoluten Mehrheit die bisherige Mehrheit mitsamt den Kommunisten hinweg. „Das ist ein großer Sieg für mich und meine Partei ... Die Kommunistische Partei hat ihren Teil für den heutigen Sieg beigesteuert..", kommentierte Marchais, der sich auf die neue Situation blitzschnell eingestellt hatte und auf die Beteiligung kommunistischer Minister an der Regierung Mauroy drang (LM, 30. 6. 1981). Plötzlich wurde das Unmögliche möglich. Am 25. Juni 1981 konnte das Regierungsabkommen zwischen PS und PC unterzeichnet werden: Beide Parteien sprechen sich darin „für den Rückzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan und die

Beendigung aller äußeren Einmischungen" aus — was auch die Meinung der UdSSR sei, wie Marchais sofort erläuterte. Sie „nehmen Kenntnis von der durch die Verträge von Camp David geschaffenen Situation" — was zu nichts verpflichtet. Sie „hoffen (endlich), daß das polnische Volk selber den Prozeß der wirtschaftlichen, sozialen und demokratischen Erneuerung zu einem guten Ende führt" — was die polnische Militärregierung ja gerade versuche

Der PS hat der KPF nur ein wichtiges, nachgerade selbstverständliches Eingeständnis abgehandelt: Es gilt das Prinzip der gouvernementalen Solidarität, dem nur Mitglieder der Regierung unterliegen. Die KPF hatte offen erklärt, daß die Taktik von 1936, sich nicht an der Regierung zu beteiligen und die Sozialisten parlamentarisch zu unterstützen, verfehlt war und somit für 1981 kein Vorbild sein könne. Durch die Beteiligung an der im Taumel der Begeisterung gebildeten zweiten Regierung Mauroy konnte sie nur gewinnen, solange der PS ihr mit seiner absoluten Mehrheit nicht unannehmbare Forderungen stellte. Das war mit dem Abkommen vom 23. Juni 1981 nicht der Fall. Vier Kommunisten, unter ihnen als ministre d'Etat Charles Fitermann, der noch im Oktober 1981 „le caractre incertain et politicien du PS" und ihre „Flucht nach rechts" kritisiert hatte (LM, 12. /13. 10. 1980), wurden Minister und ließen die KPF am Ansehen der Regierung „des Wechsels" und „des Volkes" teilhaben, ohne daß sie ihre innere Distanz zum Koalitionspartner hätte aufgeben müssen: „le P. C. est un parti au gouvernement, pas un parti du gouvernement" formulierte der Chefredakteur von LHumanit, Roland Leroy, treffend Die Basis für „la remonte de l'influence du parti" war geschaffen und eine Strategie auf drei Ebenen zeichnete sich ab: In der Regierung, als Avantgarde-Partei und mittels der CGT will die KPF das verlorene Terrain zurückgewinnen.

Mitterrand haben unterschiedliche Gründe bewogen, die Kommunisten in seine Regierung aufzunehmen. Die andernfalls drohende Gefahr einer Opposition von rechts und links, der Druck des CERES-Flügels seiner Partei und der Mythos der vereinigten Linken dürften den Ausschlag gegeben haben. Sollte jene bekannte Hoffnung eine Rolle gespielt haben, durch Entgegenkommen lasse sich eine gewisse Liberalisierung des Kommunismus för-dem, dann muß der PS diese Hoffnung zumindest vorläufig aufgeben.

In der Parteitagsresolution, die die KPF-Spitze Anfang Oktober 1981 vorgelegt hatte, damit sie in der Partei diskutiert werde, waren die Worte der Selbstkritik gut versteckt. Die Partei dachte gar nicht daran, sich von der Politik zu distanzieren, die sie vom Bruch der Links-union zum Wahldebakel von 1981 geführt hatte (LHumanit, 13. 10. 1981). Die vorgetragene „Selbstkritik" (LM, 11. 11. 1981) nahm eine überraschende Wendung: Die Partei hatte sich, so hieß es, 1956 „verspätet" der Aufgabe zugewandt, eine sozialistische Perspektive für Frankreich zu entwickeln, die dessen Gegebenheiten berücksichtigte statt sich starr am sowjetischen Modell zu orientieren. Diese „strategische Verspätung" habe zur Konfusion über die Ziele der Partei geführt, da diese „nicht rechtzeitig und präzise den französischen Sozialismus definiert" habe Es wäre also kurzsichtig, die Wurzel des Stimmenrückgangs in der Politik der letzten Jahre zu suchen, hier kulminiere vielmehr eine Entwicklung, die 1958 begonnen habe. 1977 habe die Partei das einzig Richtige getan, als sie nicht vor dem rechtslastigen PS kapitulierte, sondern sich entschloß, den „debat de mässe" zu führen, der verhindert habe, daß die Linke sich 1981 — wie der PS 1977 — in der „sozialdemokratischen Sackgasse" verrennt Mit den Worten Guy Hermiers, Mitglied des Politbüros: „Gerade deswegen, weil wir 1977 den Mut hatten, so zu handeln, wurde 1981 möglich .. (LM, 9. 2. 1982). Deshalb muß auch die Kritik am „gemeinsamen Regierungsprogramm" von 1972 aufrechterhalten werden, das eine Etappe auf dem Weg zu einem „unzureichend definierten Ziel" vorgeschlagen habe; indem sie sich darauf einließ, habe die KPF die Unterschiede zum PS „verwischt" und ihm so „große Teile der Volksbewegung zugetrieben" (LM, 4. 2. 1982/Marchais). Die Einschränkung, damit sei nicht die Linksunion als solche, sondern nur bestimmte Formen der Union gemeint, ändert an dem gezielten Affront gegenüber dem PS nichts.

Um einer verfehlten Analyse der Schwächen der Partei nicht Vorschub zu leisten, verliert die Resolution über die Zeit seit 1977 nur wenige Worte. Daß Kommunisten an der Regierung beteiligt sind, wird eher beiläufig erwähnt, und die heftigen Ausfälle gegen Bourgeoisie und Patronat — übrigens zu einer Zeit, in der sich die Regierung um das Vertrauen der Wirtschaft bemüht — lassen Zweifel aufkommen, ob es den berühmten „Wechsel“

überhaupt gegeben hat.

Das gibt den Hintergrund für die erste Doppelstrategie der KPF ab. Sie wird nicht müde zu betonen, daß die Regierung ohne die Unterstützung durch ein „mouvement populaire"

den Wechsel nicht vollziehen könne. Auch kommunistische Minister können nach Fitermann nicht die „Initiative von Millionen von Männern und Frauen" ersetzen (LM 6. 2. 1982); die KPF bietet sich an, bei dieser „mobilisation populaire indispensable" nach Kräften zu helfen. Deshalb sei das Regierungsabkommen so gehalten, daß es „Platz läßt für die Intervention der Arbeiter, ... ohne ihnen ein Korsett anzulegen" (LM, 5. 2. 1982). Alles wäre verloren, wenn der mouvement populaire beschränkt würde. In der Koalition müsse es Herausforderung (dfi ambitieux!) und Wettstreit zwischen den beiden Partnern geben. Die Massen, die den Wechsel beschleunigen sollen, pflegt die KPF über die CGT zu mobilisieren, in der mitzuarbeiten während des Parteitages den Delegierten stets von neuem eingehämmert wird. Schon früher hat die Partei diesen Transmissionsriemen gegen die sozialistische Regierung angespannt. 1980 hatte sie den CGT-Chef Seguy, ehemaliges Politbüromitglied, der die Gewerkschaft vorsichtig zu einer gewissen Selbständigkeit und Unabhängigkeit von der KPF zu führen versucht hatte, de facto entmachtet; im Juni 1982 gab er sein Amt an den Kommunisten Krasucki ab. Zwar sind die Mitgliederzahlen und Wahlergebnisse auch der CGT rückläufig, weil viele Gewerkschaftler mit der bedingungslosen Treue zur KPF nicht einverstanden sind — auch hier formieren sich Dissidenten —, aber sie ist immer noch die größte französische Gewerkschaft, fest in kommunistischer Hand und an keine Regierungssolidarität gebunden Es war sicher kein Zufall, daß sie demonstrativ alle Polen-Demonstrationen boykottierte und Krasucki kurz vor dem Parteitag einen heftigen Streit mit dem Arbeitsminister vom Zaun brach, in dem ihm Sainyon sofort sekundierte. Auch ge- gen einen sozialistischen Minister — so hieß die Botschaft — setzt sich die KPF für die Interessen der Arbeiter ein. „Die Sozialisten haben die Macht durch die Stimmzettel. Wir dagegen verfügen über die Arme in den Betrieben, um die gesellschaftliche Veränderung voranzutreiben. In den Betrieben, die verstaatlicht werden, gibt es ein Machtvakuum. Wir müssen es ausfüllen." Ende Januar demonstrierte die CGT, wie solche „Operationen des direkten Protestes" „pour imposer le changement" (LM, 5. 2. 1982) aussehen können: Zwei Rundfunksender und eine Provinzzeitung wurden besetzt; ein Kamera-team, das eine Demonstration gegen Czyrek, den Leiter der polnischen Delegation beim Parteitag, filmen wollte, wurde tätlich angegriffen. Diese Taktik des begrenzten Konflikts verfolgte die CGT den ganzen Sommer hindurch: Sie rief insbesondere in nationalisierten Unternehmen Streiks aus und propagierte im September/Oktober eine Kampagne gegen die Autoritätspolitik der Regierung, die allerdings nicht die erhoffte Unterstützung der Massen fand.

Die zweite Doppelstrategie unterscheidet zwischen Partei und Regierungsmitgliedern. Außenpolitisch unterstützt die KPF die Friedensbewegung und deren Aktionen gegen den NATO-Doppelbeschluß, den auch die Regierung Mitterrand verteidigt. Einen Tag nach der Demonstration am 10. Oktober 1982 in Bonn gab sich die sonst eher deutschland-feindliche LHumanit deutschtümelnd: „Am Samstag hat das humanistische Deutschland in Bonn seine Stimme erhoben." Der War-schauer Militärcoup und der Falkland-Konflikt räumten dann die letzten Zweifel darüber aus, daß Regierung und KPF in der Beurteilung der internationalen Verhältnisse unterschiedlicher Meinung sind. Ein klärendes Gespräch über die Haltung gegenüber der polnischen Militärjunta im Januar zwischen PS und KPF brachte nur eine Bestätigung der Differenzen und Divergenzen.

Der Parteitag bestätigte im Februar die außen-politische Linie der Parteiführung einstimmig. Vor den sorgfältig ausgewählten 2006 Delegierten werden Rechenschaftsbericht und zukünftiges Programm nicht separat zur Abstimmung gestellt, sondern amalgamiert Die Ehrentribüne war gut besetzt, die KPdSU schickte Tschernenko, und erstmals seit 1961 waren auch die Chinesen vertreten, denen eine Delegation der KPF im Herbst einen Gegenbesuch abstattete. Herzlichen Beifall gab es für die polnische Delegation. Beifall erhielt auch Marchais, als er feststellte, daß am authentisch sozialistischen Charakter der Staaten des Ostens kein Zweifel bestünde: Sie „sind ein Stützpunkt für die Befreiungskämpfe auf der ganzen Welt". Sicher, ein einheitliches Modell des Sozialismus wird wieder zugunsten des Sozialismus in den Farben Frankreichs verworfen; aber es gilt das Urteil des XXIII. Parteitags: Die Bilanz der kommunistischen Staaten ist positiv. Und — ein Seitenhieb auf die KPI — „diversit" dürfe nicht mit „division" verwechselt werden (LM, 5. 2. 1982)

Mit dem wirtschaftspolitischen Kurswechsel der Regierung Mauroy im Sommer des Jahres ist die Stellung der KPF schwieriger geworden. Auch wenn die Regierung nicht gegen allen Augenschein die Kontinuität ihrer Politik betonte, würde ein Austritt aus der Regierung den Kommunisten von vielen ihrer wenigen Wähler als Verrat angekreidet werden, zumal der PS den Koalitionspartner sichtlich zu schonen bemüht ist. Andererseits scheint die Parteiführung noch immer mit nicht unerheblichem Widerstand gegen die Regierungsbeteiligung aus den Reihen des eigenen Apparates rechnen zu müssen, dem es immer weniger gelingt, die „Basis" zu mobilisieren und motivieren. „Vtrans du PC" hatten sich bereits mit einem „Manifeste du 22 Juin 1981" zu Wort gemeldet, in dem jede Regierungsbeteiligung als „collaboration des classes" verurteilt wurde. Mancherorts zeigte man sich irritiert über den „Revisionismus“ der Parteilinie: „Si le socialisme n’est plus ä lordre du jour, qu'on nous le dise" (B. Lengell, L'Express, 9. 7. 1982). Georges Marchais ging indirekt auf diese Vorwürfe ein, als er sich vor Pariser Funktionären mit solchen „interrogations" und „incomprhensions" auseinandersetzte (LHumanit, 21. 4. 1982).

Den Sommer über ließ die Partei keine Gelegenheit ungenützt, die Grenzen der Freiheit abzutasten, die ihr die Regierungssolidarität läßt. Ein wachsendes Unbehagen an der Situation ist unverkennbar. Mit der gewohnten revolutionären Rhetorik profilieren sich CGT und KPF als Garanten einer Linksregierung, die ohne sie dem Druck der Reaktion nachge45 ben würde. „Was wollen wir?" fragte Marchais vor dem Kongreß des Mouvement de la jeunesse communiste (MJCF): „Die Revolution machen!" Gleichzeitig wies der Generalsekretär des MJCF darauf hin, daß Parteienpluralismus nicht notwendig zur Demokratie gehöre (LM 4. 6. 1982).

Hatte Marchais anläßlich des ersten Jahrestages der Linksregierung schon erklärt, deren Finanz-und Beschäftigungspolitik rufe „die größte Enttäuschung" hervor (LM, 29. 5. 1982), warnte Andr Lajoinie, Fraktionsführer der KPF, am 4. Oktober 1982 das ZK seiner Partei, daß wegen der schwachen Position der KPF in der Regierung nur die „massive Intervention der Arbeiter die Linksorientierung der Regierung erhalten (könne)... In der Praxis verstößt die Regierung gegen ihre Wahlversprechen". Die gemeinsame Wirtschaftspolitik wird also wegen ihrer „Geschenke" für die „Patrons" heftig und öffentlich kritisiert — „une erreur conomique et une faute politique" nannte sie Krasucki (LM, 18. 6. 1982) —, aber dennoch im Parlament gebilligt. Erstmals gab der kommunistische Gesundheitsminister Ralite im Oktober zu verstehen, daß die kommunistischen Minister im Kabinett in Fragen der Sozialpolitik überstimmt worden seien.

Deutlich ist das Bemühen, trotz der Regierungsbeteiligung wie früher die Stimmen der Unzufriedenen zu gewinnen. Als Tribun der Benachteiligten möchte die KPF erscheinen, wobei sie es sorgsam vermeidet, eigene konkrete wirtschaftspolitische Alternativen zu entwickeln.

Die Aufmerksamkeit der Partei richtet sich vorerst auf die Kommunalwahlen im März 1983, bei denen die seit 1976 errungenen Positionen verteidigt werden sollen — auch gegen den sozialistischen Koalitionspartner, der wegen der jüngsten Erfolge vielerorts die Führung der gemeinsamen Listen beansprucht. Obwohl sich das Kräfteverhältnis auf der Linken fast überall ins Gegenteil verkehrt hat, kämpft die KPF in den Verhandlungen mit dem PS verbissen um ihrer Position, denn die Kommunen sind zu Bastionen der Partei geworden, die ihr große organisatorische, politische und finanzielle Vorteile sichern. Die im ganzen überaus verständnisvolle Haltung der Sozialisten kommt der KPF auch hier trotz lokaler Konflikte zugute. Der PS weiß, wie sehr eine einigermaßen loyale KPF und CGT das Regieren erleichtert. Die eigene Mehrheit ist im übrigen solide genug, um notfalls auch ohne den unbeständigen Koalitionspartner auszukommen. Dessen durchaus fragliche Eigenständigkeit wird behauptet: ..... mais je pose comme postulat l’indpandance des communistes francais par rapport ä la politique 6trangöre sovitique" (Parlamentspräsident Louis Mermaz)

So spricht alles dafür, daß die sozialistisch-kommunistische Regierung noch einige Zeit im Amt bleiben wird, denn Mitterrand ist offenbar geneigt, die innen-und außenpolitischen Differenzen in der Koalition zu akzeptieren, der KPF Regierungsbeteiligung und Opposition zugleich zu ermöglichen. Die Indizien dafür, daß in der KPF intensiv über das baldige Ende der Ära Marchais nachgedacht wird, sollten trotz ihrer Plausibilität nicht überschätzt werden. Vor 1985, dem Jahr der nächsten Parlamentswahlen und des XXV. Kongresses der KPF, sind abrupte Kursänderungen der Partei kaum zu erwarten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. R. Aron, Plädoyer für das dekadente Europa, Berlin 1978, S. 79.

  2. In: Le Monde Diplomatique, 2/1982, S. 9. Auch H. Weber erwartete noch vor dem 13. 12. 1981 einen neuen Aufschwung des Eurokommunismus (Euro-kommunismus II, in: Deutschland Archiv 1981, S. 1203).

  3. In: M. Steinkühler, Eurokommunismus im Widerspruch, Köln 1977, S. 390.

  4. F. Barbieri, II Giornale Nuovo, 1. 3. 1977.

  5. W. Leonhard, Eurokommunismus — Herausforderung an Ost und West, München 1978.

  6. Herder-Korrespondenz, 1977, S. 464 ff.

  7. H. König, Der rote Marsch auf Rom — Entstehung und Ausbreitung des Eurokommunismus, Stuttgart 1978, S. 223. Das hat einen ganz einfachen Grund: Die Korrespondenten der kommunistischen Parteizeitungen werden in sozialistischen Staaten von den Bruderparteien bezahlt. Vgl. M. Goldring & Y. Quils, Sous le marteau la plume, Paris 1980.

  8. H. Timmermann, Innerparteiliche und internationale Probleme im Eurokommunismus, in: M. Spieker (Hrsg.), Der Eurokommunismus — Demokratie oder Diktatur?, Stuttgart 1979, S. 81.

  9. A. a. O. (Anm. 5), S. 272.

  10. Le Monde, 13. 2. 1982, S. 4 (künftig abgekürzt:

  11. P. Ingrao, in: FAZ, 22. 12. 1981.

  12. A chi fa paura l’eurocomunismo, Fierenze 1977,

  13. Bei: M. Steinkühler, a. a. O. (Anm. 3), S. 165.

  14. LM, 30. 11. /1. 12. 1980, S. 3; 29. 11. 1980, S. 6.

  15. B. Lazitch, in: LExpress Nr. 1452 (12. 5. 1979).

  16. FAZ, 3. 10. 1979; F. Bondy, Eurokommunismus — die Sache und das Wort, in: Merkur 1977, S. 1038.

  17. H. Timmermann, Die Eurokommunisten und der Westen, in: Deutschland Archiv, 1979, S. 637.

  18. P. Hässner, Die internationale Dimension, in: H. Timmermann (Hrsg.), Die kommunistischen Parteien Südeuropas. Länderstudien und Queranalysen, Baden-Baden 1979, S. 543, 532, 535 f.

  19. H. König, a. a. O. (Anm. 7), S. 297; vgl. die Umfrageergebnisse S. 224 und in Le Monde Diplomatique, 2/82, S. 10.

  20. Le tesi e lo Statuto approvati dal XV Congresso del pci, Roma 1979, S. 52.

  21. Hier zitiert nach Frankfurter Rundschau, 27. 1. 82, S. 14 f.

  22. R. Aron hatte die zwei Seiten des Marxismus in seinem Buch Plädoyer für das dekadente Europa (Anm. 1) so formuliert: Marx verbindet „eine vernichtende Analyse des Kapitalismus ... mit einer sozialistischen, prophetischen Utopie ... Die Mystifizierung hat mit Marx selbst begonnen, als er seinen Prophetismus Wissenschaft taufte“ (S. 123). „Dogmatischer" und „kritischer Gebrauch" des Marxismus schaffen jene schwer erträgliche Situation, daß „dieselbe Lehre ... zur Kritik des Westens und zur Rechtfertigung des sowjetischen Systems" dient (S. 97).

  23. In: Le Monde Diplomatique, 2/1982, S. 10.

  24. Elleinstein, in: Le Monde, 5. 2. 1982, S. 2.

  25. F. Scianna, in: Le Monde Diplomatique, 2/1982, S. 10

  26. Wie soll dies breite Bündnis, fragt L. Gruppi, je die Macht verlieren, „wenn im Kampf gegen das Monopolkapital ... Veränderungen in den Klassen-verhältnissen erzielt worden sind?", aus: L. Gruppi, über Demokratie und Sozialismus, in: J. Bischoff und J. Kreimer (Hrsg.), Sozialismus in Italien, Berlin 1977, S. 150. Diese Argumentation ist für den „orthodoxen“ Marxismus-Leninismus typisch: Das Volk, dessen Vertreter die Macht übernommen haben, kann nicht sich selbst Opposition machen, Vgl.den DKP-Theoretiker J. Reusch, Pluralismus und Klassenkampf, Frankfurt/Main 1982, S. 82 ff, 89ff.

  27. S. Segre, in: H. Timmermann (Hrsg.), Eurokommunismus. Fakten, Analysen, Interviews, Frankfurt 1978, S. 182 f. Ähnlich argumentierte auch das gemeinsame Programm von PS und KPF 1972: Eine „demokratische Regierung" (sic) würde sich dem negativen Wählervotum beugen, sei sich aber zugleich sicher, daß dies wegen des „immer stärker werdenden Vertrauens der Werktätigen" nicht nötig sein werde. W. Goldschmidt, Das gemeinsame Regierungsprogramm der Sozialisten und Kommunisten in Frankreich, Köln 1972, S. 51; vgl. G. Marchais, Die demokratische Herausforderung, Frankfurt 1974, S. 123.

  28. A. Kriegel, Commentary 1976, S. 41.

  29. LM, 9. 1. 1976; J. Elleinstein, Ils vous trompent, Camarades, Paris 1981, S. 86.

  30. M. Steinkühler, a. a. O. (Anm. 3), S. 275 ff.

  31. L'Express Nr. 1493, S. 34 ff.; Le Monde Diplomatique 2/1982. Im ZK etwa wird „keine Kritik an der Direktion geduldet" (Fiszbin, in: L’Express Nr. 1498, S. 44).

  32. In: Festschrift für R. Löwenthal, Sozialismus in Theorie und Praxis, Berlin 1978, S. 747.

  33. Ph. Robrieux, Histoire interne du PC 1972 — 1982, Paris 1982, S. 502 ff. Die große Differenz ist mit unterschiedlichen Manipulationen der Parteiführung zu erklären, die keine präzise Definition eines Mitgliedes kennt. So können zu Beginn eines Jahres die Unterorganisationen aufgefordert werden, Mitgliedskarten in großer Zahl anzufordern, die zu einem großen Teil nicht ausgegeben werden können. Dennoch geht die Zahl der angeforderten Karten als Mitgliederzahl in die Statistiken ein. Oder man schickt die jährlich zu erneuernde (und zu bezahlende) Karte allen alten Mitgliedern zu — mögen sie auch inzwischen verstorben, verzogen oder ausgetreten sein. Statistisch werden die versandten Karten, nicht die gekauften Marken erfaßt. Wir haben es in den offiziellen Statistiken also mit „politischen Zahlen" zu tun. Realistische Schätzungen orientieren sich am Verkauf der Parteipresse, verstreuten Angaben und den Unterlagen, über die Dissidenten verfügen.

  34. FAZ 15. 2. 1982, S. 12; 15 Redakteure des Partei-blattes LHumanite, denen aus politischen Gründen gekündigt wurde, beziffern die Auflage des Blattes auf lediglich 80 000 (LM, 21. 1. 1982, S. 8).

  35. Das schrieb Francois Mitterrand 1979 in: LExpress, 14. 1. 1979, S. 44.

  36. France Nouvelle, 9. — 15. 6. 1979. Die für Frankreich angestrebte Veränderung habe man sich nicht als „Bruch wie die Oktoberrevolution, vielmehr als einen Prozeß eines Bruches, eine Folge von Massen-kämpfen vorzustellen“. (LHumanit, 10. 5. 1979).

  37. LM, 11. /12. 10. 1981, S. 5; so wurde auch Elleinstein — satzungswidrig — vor die Tür gesetzt (FAZ, 7. 1. 1980), LM, 10. 10. 1981.

  38. R Tiersky, Das Problem des demokratischen Zentralismus, in: H. Timmermann (Hrsg.), a. a. O. (Anm. 18), S. 437.

  39. Manifest von Champigny (1968) bei M. Steinkühler, a. a. O. (Anm. 3), S. 133.

  40. Ebd., S. 190. Vgl. auch S. 136 und S. 151.

  41. Ebd., S. 190, 191, 184, 188 und 150. Natürlich nimmt auch die KPF an, daß die Mehrheit der Wähler sie nicht wieder in die Opposition schicken würde.

  42. H. Timmermann, a. a. O. (Anm. 8), S. 80f.

  43. LExpress, 21. 10. 1978, S. 97.

  44. G. Marchais, Die demokratische Herausforderung, S. 177.

  45. Sur la dictatur du Proletariat, Paris 1976.

  46. Vgl. die Gesetzesinitiativen der KPF, die auf ein Blockwartsystem zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zielen, in: L’Express, 28. 2. 1981, S. 31.

  47. LM, 25. 6. 1981, S. 11.

  48. L Express, 12. 2. 1982, S. 33.

  49. Marchais bei der Eröffnung des Parteitages: LM, 4. 2. 1982, S. 34.

  50. R. Auched, Sekretär der Föderation Pas-de-Calais, LM, 6. 2. 1982, S. 8.

  51. R. Tiersky, Die französischen Kommunisten in ihrer Gesellschaft, in: a. a. O. (Anm. 18), S. 115; LExpress, 12. 2. 1982, S. 31. J. Kergoat analysiert die Statistiken der CGT in: LM, 8. 6. 1982. Auch hier sind die offiziellen Angaben weit von der Realität entfernt. Wichtig ist die Beobachtung, daß die CGT vor allem unter ihrer traditionellen Klientel Anhang verliert und besonders stark in kleinen Betrieben verankert ist.

  52. G. Gay, FAZ, 2. 2. 1982.

  53. Ober die Selektionsmechanismen im Vorfeld des Parteitages berichtet P. Jarreau in: LM vom 27. 1. 1982; über die Zusammensetzung der Delegierten informiert die kleine Schrift der Partei La composition sociale et les activits professionelles. Ihr ist zu entnehmen, daß 482 Delegierte im weitesten Sinne Angestellte der Partei sind, 80 % haben einen Kurs auf einer Parteischule absolviert, 42 % sind nach 1973 eingetreten.

  54. J. -F. Revel behauptet in seinem jüngsten Buch (La grace de l’tat, Paris 1982, S. 189), Moskau habe den Kurswechsel an die Seite Mitterrands zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen angeordnet. Er nennt für diese Behauptung keine Quelle, und so müssen wir sie als Vermutung nehmen, gegen die die interne Anti-Mitterrand-Kampagne vor dem zweiten Wahlgang anzuführen wäre, überzeugend ist hingegen der Nachweis Montaldos in seinem Buch Les screts de la banque soviötique en France, Paris 1979, daß die KPF finanziell von Moskau abhängig ist. Dank eines Dokumentenfundes konnte er die Verflechtungen rekonstruieren.

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Andreas Meier, geb. 1954; Studium der Geschichte, evangelischen Theologie, Judaistik und Griechisch in Erlangen, Wien, Bochum, Lausanne und Göttingen; nach den Examina als Referent in der politischen Bildung tätig und mit der Anfertigung einer Dissertation aus dem Bereich der Kirchengeschichte beschäftigt. Verschiedene Veröffentlichungen zu theologischen und hochschulpolitischen Themen; u. a.: Bildungspolitik in gesellschaftlicher Funktion, in: Thomas Walter (Hrsg.), Gewerkschaften und Demokratie — Analysen zum DGB-Grundsatzprogramm, 1982; Student und Studienreform, in: EWH Rheinland-Pfalz (Hrsg.), Studienreform gestern — heute — morgen, Festschrift für F. Fippinger, 1982; Luther — Eine einführende Skizze (im Druck).