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Brasilien: Internationale Integration und nationale Desintegration | APuZ 46/1982 | bpb.de

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APuZ 46/1982 Zentralamerika im Umbruch - Brasilien: Internationale Integration und nationale Desintegration Die Falkland_Affäre — ein Einzelfall?

Brasilien: Internationale Integration und nationale Desintegration

Hartmut Sangmeister

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Kaum ein anderes Land der Dritten Welt kann für die letzten beiden Entwicklungsdekaden eine solche beeindruckende ökonomische Erfolgsbilanz aufweisen wie Brasilien. Zu Beginn der achtziger Jahre werden die Schwachstellen des „Modells“ Brasilien jedoch immer deutlicher erkennbar: eine massive Auslandsverschuldung, eine starke Abhängigkeit von Erdölimporten und vor allem eine krasse soziale Unausgewogenheit. Den starken Einkommensdisparitäten entsprechen ausgeprägte regionale Disparitäten, wobei insbesondere die Nordostregion als . Armenhaus" Brasiliens gilt. Die verschiedenen Regionalentwicklungsprogramme der brasilianischen Zentralregierung (z. B. SUDENE, DNOCS) haben an diesem Zustand kaum etwas zu ändern vermocht. Eine Industrialisierungspolitik um (fast) jeden Preis hat zu einer typisch dualen Situation geführt, bei der einerseits ein hochtechnisierter, international wettbewerbsfähiger Kern von Industrien existiert, während andererseits die übrigen Produktionsbereiche in archaischen Produktionsverhältnissen verharren. Der Dualismus der Wirtschaftsstrukturen findet seine Entsprechung in einer dualen Gesellschaftsstruktur. Der interne Fragmentierungsprozeß der brasilianischen Gesellschaft läßt sich am deutlichsten in den großen urbanen Agglomerationsgebieten studieren. Auch das politische System Brasiliens ist von offenkundigen Widersprüchen geprägt. Diese Widersprüche müssen sowohl im Zusammenhang mit dem Prozeß der weltweiten Ausdehnung des kapitalistischen Systems als auch vor dem Hintergrund der kolonialen und postkolonialen Geschichte Brasiliens analysiert werden. Inwieweit das gegenwärtige Militärregime den Status quo aufrechterhalten kann, hängt davon ab, ob ihm seine Verbündeten aus nationaler Großindustrie und multinationalen Konzernen die Allianz nicht aufkündigen.

I. ökonomischer Status quo und Entwicklungsperspektiven

Vergleicht man Brasilien mit den übrigen Ländern der Dritten Welt, so zeigen die verfügbaren statistischen Daten erstaunliche wirtschaftliche Erfolge des „Modells" Brasilien. Trotz der rapiden Bevölkerungszunahme war das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf in Brasilien beeindruckend und erreichte im Durchschnitt der letzten 15 Jahre 5, 7% jährlich. Mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) von umgerechnet 230 Mrd. US-Dollar im Jahre 1980 war Brasilien die zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das brasilianische Pro-Kopf-Einkommen betrug 1980 umgerechnet etwa 1 940 US-Dollar, womit Brasilien in den internationalen Klassifikationen den reicheren Entwicklungsländern — den sogenannten Schwellenländern — zugeordnet wird.

Kaum ein anderes Land der Dritten Welt kann eine solche beeindruckende ökonomische Erfolgsbilanz für die letzten beiden Entwicklungsdekaden aufweisen wie Brasilien. Dieser wirtschaftliche Erfolg wird einer Entwicklungsstrategie zugeschrieben, die sich, insbesondere seit dem Militärputsch von 1964, mit bemerkenswerter Kontinuität an die wirtschaftspolitischen Erfahrungen und Empfehlungen westlicher Industrieländer anlehnte.

Unbestreitbare wirtschaftliche Wachstumserfolge, verbunden mit der Gewißheit, über ein gewaltiges Reservoir natürlicher Ressourcen zu verfügen, veranlaßten die brasilianische Regierung, ihre Wirtschaftsplanung zu Beginn der siebziger Jahre unter die optimistischen Leitworte zu stellen: „Desenvolvimento e grandeza: o Brasil como potöncia emergente" („Entwicklung und Größe: Brasilien als aufstrebende Wirtschaftsmacht"). Von dem Szenario einer großartigen, aber leider höchst ungewissen Zukunft ist zu Beginn der achtziger Jahre allerdings nicht mehr allzu viel übrig geblieben. Deutlich wird hingegen immer mehr, daß die erhofften wirtschaftlichen Erträge dieser Zukunft in steigendem Maße schon jetzt an die ausländischen Gläubiger verpfändet werden

Damit ist ein wichtiger Schwachpunkt der brasilianischen Entwicklung angesprochen: die massive Auslandsverschuldung, deren Bedienung im Jahre 1980 bereits 60 % der Exporterlöse erforderte. Ein weiterer Schwachpunkt ist die relativ schleppende Erschließung heimischer Energiequellen in der Vergangenheit und die nahezu ausschließliche Ausrichtung des Transportwesens auf den Straßenverkehr, was ständig steigende Erdölimporte zur Folge hatte, um den im Zuge des Wirtschaftswachstums zunehmenden Energie-und Transport-bedarf zu befriedigen. Dieses ölabhängige Wirtschaftswachstum konnte nach dem ölpreisschock von 1973 nur um den Preis weiter steigender Auslandsverschuldung und einer sich drastisch beschleunigenden Inflationsrate aufrechterhalten werden. Auch in den nächsten Jahren wird Brasilien weiterhin stark von Ölimporten abhängig bleiben und auf einen kontinuierlichen Zufluß von Auslandskapital angewiesen sein.

Das wohl gravierendste Problem des brasilianischen Wirtschaftsmodells ist aber seine soziale Unausgewogenheit. Ein großer Teil der brasilianischen Bevölkerung ist von Unterernährung, hoher Kindersterblichkeit und einem Mangel an öffentlichen Basisdienstleistungen (wie Erziehung, Gesundheitswesen, Wasserversorgung) betroffen Die Ungleichheit der brasilianischen Einkommensverteilung gehört wahrscheinlich zu den krassesten der Welt. Obwohl detaillierte statistische Angaben nicht verfügbar sind lassen Schätzungen den Schluß zu, daß in den letzten 20 Jahren den wohlhabendsten 10 % der Familien die

Hälfte des Nationaleinkommens zugeflossen ist, während die ärmsten 40 % deutlich weniger als 10 % des Nationaleinkommens erhielten

II. Süd-Nord-Gefälle

Kennzeichnend für die brasilianische Entwicklung sind aber nicht nur starke Einkommensdisparitäten, sondern auch ausgeprägte Unterschiede der durchschnittlichen Lebensbedingungen in den verschiedenen Landesteilen. Wäre z. B.der brasilianische Nordosten, der die neun ärmsten Bundesstaaten umfaßt ein souveräner Staat, dann würde er nach den sozio-ökonomischen Kriterien der UNO zu den LLDC's, den ärmsten Ländern der Welt, gerechnet.

In den Bundesstaaten des Nordostens geboren zu werden, bedeutet für den Durchschnittsbürger, Zeit seines Lebens an chronischem Kalorienmangel zu leiden, mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % keine reguläre Grundschulausbildung zu erhalten, mit der selben Wahrscheinlichkeit keinen bezahlten Dauerarbeitsplatz zu finden und schließlich 20 Jahre früher zu sterben als der Durchschnittsbürger von Säo Paulo, der dem selben Geburtsjahrgang angehört Der Nordosten Brasiliens, wo etwa 30 % der brasilianischen Gesamtbevölkerung leben, hat nur einen Anteil von 10 % am Nationaleinkommen; das regionale Pro-Kopf-Einkommen erreicht ca. ein Drittel des nationalen Pro-Kopf-Einkommens. Vergleicht man diese Daten aus dem Jahre 1978 mit den entsprechenden Vergleichswerten für das Jahr 1959, dann zeigt sich eine deutliche Verschlechterung der relativen Position der Nordostregion: 1959 hatte der Anteil am Volkseinkommen, bei etwa gleichem Bevölkerungsanteil, noch knapp 15 % betragen und das regionale Pro-Kopf-Einkommen erreichte immerhin noch ca 45 % des nationalen Pro-Kopf-Einkommens

Diese negative wirtschaftliche Bilanz ergibt sich für den Nordosten, obwohl seit mehr als 20 Jahren eine eigenständige Behörde existiert, der die gezielte wirtschaftliche Entwicklung der Region übertragen ist: die SUDENE (Superintendäncia do Desenvolvimento do Nordeste), die 1959 gegründet worden war, um die regionale Entwicklung der neun nordöstlichen Bundesstaaten mittels einer eigenständigen Entwicklungsstrategie voranzutreiben. Die Forderung eines Sonderstatus für den Nordosten im Rahmen der nationalen Entwicklungsplanung ergab sich aus dem Befund, daß die wirtschaftliche Rückständigkeit des Gebietes zum einen durch natürliche Faktoren, wie die unregelmäßigen Niederschläge im semiariden Hinterland und dem relativen Mangel an nutzbarem Ackerland, bedingt war, zum anderen aber auch durch die tradierten Strukturen mit überwiegender Subsistenzlandwirtschaft und extremer Einkommens-konzentration in einzelnen agrarischen Produktionszweigen (insbesondere der Zuckerwirtschaft). Zu diesen strukturellen Mängeln kamen widersprüchliche Auswirkungen der nationalen Industrialisierungspolitik der vierziger und fünfziger Jahre hinzu, die das ohnehin schon prekäre Wirtschaftsprofil der Nordostregion weiter deformierten.

Eine Antwort der brasilianischen Zentralregierung auf diese Situation, die auch zu einer beträchtlichen politischen Destabilisierung zu führen drohte, war die Schaffung der SUDENE. Direkt dem Präsidenten der Republik unterstellt und mit eigenen Finanzierungsmitteln ausgestattet, sollte die SUDENE eine Verschärfung des interregionalen Entwicklungsgefälles verhindern, mit dem Ziel, die unkontrollierte Landflucht zu bremsen und den regionalen Binnenmarkt aufnahmefähiger zu machen, um so die sozialen, kulturel-len und politischen Spannungen zu mindern, die sich aus den extremen Unterschieden der Lebensbedingungen zwischen dem Nordosten und den übrigen Landesteilen, besonders dem Süden, ergaben.

In den mehr als 20 Jahren ihres bisherigen Bestehens wurde der SUDENE und ihrer Aufgabe von allen Zentralregierungen stets Priorität eingeräumt — zumindest rhetorisch. In der Praxis sah dies allerdings häufig anders aus. Vor allem nach dem Staatsstreich von 1964 erhielt ein ehrgeiziges Industrialisierungsprogramm nationalen Vorrang, hinter dem der Wunsch nach einem Brasilien als Großmacht des lateinamerikanischen Subkontinents stand. Einer ausschließlich ökonomischen Logik folgend lag es auf der Hand, daß sich dieses Industrialisierungsprogramm leichter und schneller im ohnehin schon weiter entwickelten Süden des Landes realisieren lassen würde, was die Zentralregierung veranlaßte, ihre finanzielle Förderung der verschiedenen Regionalentwicklungsprogramme umzustrukturieren. Waren 1962 der SUDENE noch 100 % der durch steuerliche Anreize und Subventionen für Entwicklungsprojekte landesweit zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zugeflossen, so verringerte sich dieser Anteil bis zum Jahre 1977 auf 21 % — zugunsten von Förderungsmaßnahmen der Regierung in anderen Regionen bzw. in bestimmten prioritären Wirtschaftszweigen.

Eine rigide Kritik der bisherigen SUDENE-Po-litik sieht denn als einziges Resultat auch nur ein pompöses Verwaltungsgebäude in Recife (der Hauptstadt des nordöstlichen Bundes-staates Pernambuco), mit einem Archiv voller Pläne, Expertisen und Programme für die Regionalentwicklung des Nordostens. Gewiß ist diese Kritik überzogen, aber nicht leugnen läßt sich der Tatbestand, daß das ursprüngliche Ziel der SUDENE, zumindest eine weitere Verschlechterung der relativen sozio-ökonomischen Position des Nordostens zu verhindern, verfehlt wurde. Zwar sprechen verschiedene Faktoren dafür, daß ohne die Aktivitäten der SUDENE die wirtschaftliche und soziale Lage des Nordostens heute noch schlimmer wäre. Aber trotzdem ist nach den Gründen zu fragen, warum ein regionales Entwicklungsprogramm, das vor mehr als 20 Jahren mit viel Ehrgeiz und beachtlichen finanziellen Mitteln eingeleitet wurde, nur relativ bescheidene Ergebnisse zu liefern vermochte.

Als einer dieser Gründe erscheint die lange Zeit vorherrschende Entwicklungsphilosophie einer ökonomischen Dynamisierung mittels der Schaffung moderner industrieller Enklaven, von denen positive Durchsickerungsund Nachahmungseffekte für die regionale Wirtschaft erhofft wurden. Bewertungskriterien der Projektprüfung und Besonderheiten des Finanzierungsmechanismus benachteiligten aber in der Regel die regional ansässigen, meist kleinen und mittleren Unternehmen und begünstigten de facto multinationale Konzerne und große nationale Unternehmen aus dem Süden Brasiliens, die die SUDENE-Förde-rung dazu verwendeten, Produktionsanlagen mit modernsten, kapitalintensiven Techniken im Nordosten zu errichten, ihre Entschei-dungs-und Verwaltungszentren aber außerhalb der Region beließen Auf diese Weise wurde die Abhängigkeit des Nordostens noch verstärkt, denn der Süden des Landes trat jetzt nicht nur als Lieferant der Maschinen und Halbfertigfabrikate für die neuerrichteten Produktionsanlagen auf, sondern in der Regel auch als Abnehmer der Fertigprodukte, für die der Regionalmarkt des Nordostens nur eine sehr begrenzte Aufnahmefähigkeit besitzt. Weitgehend unberücksichtigt blieben bei dieser Art von Industrialisierungspolitik hingegen die Frage der Nutzung regional verfügbarer Rohstoffe und des riesigen Arbeitskräfteüberschusses sowie die Möglichkeit einer Verbindung zu regionalen Unternehmern, die als Transmissionsriemen der erwünschten Nachahmungseffekte hätten dienen können. Seit der kontrollierten Redemokratisierung des brasilianischen Regimes lassen sich die Probleme des Nordostens wieder offener diskutieren. Dabei wird deutlich, daß die wirtschaftliche und soziale Misere der Region nicht als isoliertes Phänomen verstanden werden darf, sondern die regionalen Disparitäten der Lebensbedingungen sind — ebenso wie die krassen sozialen Disparitäten, die sich hinter den statistischen Angaben über die extreme Einkommenskonzentration verbergen — Konsequenzen des brasilianischen Entwicklungsmodells. Der vielzitierte Vergleich, wonach So Paulo die Lokomotive sei, die 24 leere Waggons zu ziehen habe (nämlich die übrigen Bundesstaaten und Territorien Brasiliens), enthält nur einen Teil der Realität. Wahr ist auch, daß — um bei der zuvor beschriebenen Metapher zu bleiben — die Lokomotive Brennstoff benötigt den sie den mitgeführten Waggons entnimmt Und so sind nicht zuletzt auch die armen Bundesstaaten des Nordostens die Geber bei diesem innerbrasilianischen Ressourcentransfer. Nicht ohne Grund ist daher zur Kennzeichnung der Beziehung zwischen dem peripheren Nordosten und dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes, das mit den Namen der Städte S*o Paula Rio de Janeiro. Belo Horizonte umschrieben wird, der Begriff des „internen Kolonialismus" verwendet worden

Die Neuorientierung der brasilianischen Wirtschaftspolitik, die sich seit einiger Zeit abzuzeichnen beginnt räumt der Landwirtschaft wieder mehr Bedeutung ein. Für den noch immer vorwe end agrarisch orientierten Nordosten kann dies eine neue Chance bedeuten. Da an eine Lösung der politisch heiklen Frage einer Bodenreform aber vorerst nicht zu denken ist andererseits eine Umwandlung der bestehenden, relativ unproduktiven Fazendawirtschaft in eine moderne Agroindustrie kaum einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung der sozialen Strukturprobleme versprechen kann, wird jetzt als neues Denkmodell für die regionale Entwicklung die integrierte ländliche Entwicklung* diskutiert'

Dieses Konzept das seit etwa 1975 vor allem von der Weltbank propagiert wird zielt auf eine Produktions-und Produkt rung des Agrarsektors bei gleichzeitiger Integration der armen Landbevvölkerung.deren Situation sich bei den agroindustriellen Projekten der Vergangenheit häufig eher ver. schlechten als werbewert hatte. Eine Politik der integrierten ländlichen Entwicklung soll erreichen daß Modernisierung sich nicht nur auf einzelne Enklaven beschränkt sondern daß bislang brachliegende Ressourcen im weitesten Sinne mobilisiert werden und sich die allgemeinen Lebensbedingungen der ländlieben Bevlkerung durch Schaffung angemessener Infrastrukturen verbessern, inwieweit die zwischenzeitlich in Angriff genommenen Programme zur Förderung einer integrierten ländlichen Entwicklung des Nordostens (wie z. B. POLONORDESTE — „Programa de Desenvolvimento de Äreas Integradas do Nordeste") auch tatsächlich Aussicht auf Erfolg haben. läßt sich derzeit aber noch kaum absehen.

III. Ein Entwicklungsprogramm für den Nordosten

Ein anderer Versuch, die wirtschaftlich und sozial prekäre Situation der brasilianischen Nordostregion zu verbessern, sind die regionalen Entwicklungsprojekte des „Departa-mento Nacional de Obras Contra as Secas" (DNOCS).

Das Aktionsgebiet des DNOCS im „Polygon der Trockenheit“ umfaßt mit etwa einer Million Quadratkilometer zwei Drittel des brasilianischen Nordostens. Etwa 15 Millionen Einwohner leben in diesem semiariden Gebiet, in dem die ohnehin niedrigen durchschnittlichen Niederschlagsmengen (800 mm) zu 70— 80 % während nur drei bis vier Monaten des Jahres fallen und in periodisch auftretenden Dürre-jahren fast gänzlich ausbleiben. Zu diesem klimatischen Phänomen kommen eine relativ unfruchtbare Bodenbeschaffenheit sowie eine Agrarstruktur, die durch das Nebeneinander von weitgehend unproduktiven Latifundien und kleinstbäuerlicher Subsistenzlandwirtschaft bei fast allgemeiner Unkenntnis moder-ner Agrartechniken gekennzeichnet ist. Die wirtschaftliche und soziale Misere insbesondere der besitzlosen Landarbeiter und der Kleinstbauern wird vor allem während der Dürrejahre deutlicher sichtbar, wenn mit Notstandsprogrammen der Regierung versucht wird, die sozialen Spannungen einzudämmen, um dem Exodus der „flagelados" (wörtlich „die Geschlagenen") in die Städte der Küstenzone Einhalt zu gebieten.

Prognosen des „Centro Tecnico Aeroespacial" des brasilianischen Luftfahrtministeriums sehen für die Zeit bis 1985 erneut ein schwerwiegendes Defizit der jährlichen Niederschlags-mengen im Nordosten voraus. Begonnen hat dieser neue Dürrezyklus bereits im Jahre 1979, mit gravierenden Verlusten für die regionale Landwirtschaft — eine Situation, die sich 1981, dein dritten aufeinanderfolgenden Dürrejahr, dramatisch verschärft hat. Vor diesem Hintergrund gilt den Aktivitäten des DNOCS besondere Aufmerksamkeit. Bereits im Jahre 1909 gegründet, wurde diesem Organ der brasilianischen Zentralregierung die Aufgabe übertragen, vorbeugende Maßnahmen gegen die Auswirkungen der zyklisch wiederkehrenden Dürreperioden im nordöstlichen Landesteil durchzuführen. Bis in die fünfziger Jahre hinein entwickelte sich die Tätigkeit des DNOCS allerdings nur sehr zögernd, mit dem Schwerpunkt auf Notstandsmaßnahmen und öffentlichen Arbeitsbeschaffungsprogrammen während akuter Trockenperioden. An längerfristigen vorbeugenden Maßnahmen beschränkte man sich auf den Bau von Stauseen (die sogenannte hydraulische Lösung) und komplementärer Infrastruktureinrichtungen. Erst 1971, nachdem ein Jahr zuvor eine erneute katastrophale Dürre die Unzulänglichkeit aller bisherigen Maßnahmen zur sozioökonomischen Stabilisierung der Region deutlich gemacht hatte, wurde ein Mehrjahresplan für ein ehrgeiziges Irrigationsprogramm im Nordosten vorgelegt Der quantitative Rahmen für dieses Mehrjahresprogramm war recht weit gesteckt worden: Bis zum Jahre 1980 sollten ca. 100 000 ha Land bewässert und ca. 90 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden; bis 1992 ist gar die Bewässerung von 450 000 ha Land vorgesehen.

Ein Vergleich der bisher erzielten Ergebnisse mit den ursprünglichen Intentionen des Irrigationsprogramms läßt allerdings erhebliche Zweifel an der Effizienz des DNOCS und an der Rentabilität der von ihm betriebenen Irrigationspolitik aufkommen Bis Juni 1979 standen erst 13 500 Hektar mit funktionierendem Bewässerungssystem zur Verfügung, weitere 21 000 ha befanden sich in der Vorbereitungsphase. In den insgesamt 43 Bewässerungsprojekten, die das DNOCS zu diesem Zeitpunkt unterhielt, waren 2 782 Bauernfamilien angesiedelt worden

Die nachhaltigste Kritik an der Politik des DNOCS richtet sich gegen die Arbeitsplatz-vernichtung als unvorhergesehene — aber keineswegs unvorhersehbare — Folge der Irrigationsprojekte: Denn der Beginn eines Projektes geht zunächst mit der Enteignung und Vertreibung der an Ort und Stelle Vorhände-* nen Landwirtschaft einher, während erst in einer nachfolgenden Phase die Neuansiedlung ausgewählter (oft ortsfremder) „colonos" erfolgt. Da die Planung der Projekte regelmäßig für die Einführung kapitalintensiver Produktionstechniken optiert, liegt die Zahl der neu-geschaffenen Arbeitsplätze erheblich unter der Zahl der zuvor vernichteten. Die Kosten je neu geschaffenem Arbeitsplatz sind in den Irrigationsprojekten des DNOCS mit ca. 14 000 US-Dollar zwar wesentlich niedriger als die eines industriellen Arbeitsplatzes im Nordosten (ca. 27 000 US-Dollar), aber im Vergleich zu den Investitionskosten je landwirtschaftlichem Arbeitsplatz in anderen Regionen Brasiliens erscheint’die Schaffung von Arbeitsplätzen via Bewässerungsprojekte außerordentlich kostspielig Als mindestens ebenso problematisch sind die relativ hohen Investitionskosten je Irrigationshektar zu beurteilen. Neben Planungsmängeln und innerbehördlichen . Versickerungseffekten“, die die Projekte verteuern, sind zusätzliche Investitionen erforderlich, um die ausgeprägte Versalzungstendenz der regionalen Böden unter Kontrolle zu bringen. In die betriebswirtschaftliche Gewinn-und Verlustrechnung der einzelnen Bewässerungsprojekte, so wie sie von dem DNOCS vorgelegt wird, gehen die Kosten der Projektplanung und’-einrichtung, d. h. die Kosten des Anlagekapitals, allerdings nicht ein, sondern lediglich die laufenden Kosten der Betriebsführung.

Die unter solchen wenig realistischen Annahmen rechnerisch ermittelten Einkommen der „colonos" sind gewiß deutlich höher als das Durchschnittseinkommen der übrigen ländlichen Bevölkerung außerhalb der Projekte. Das jährliche Familieneinkommen in allen 43 Bewässerungsprojekten wird von dem DNOCS (1977) mit ca. 1 400 US-Dollar angegeben, was etwa dem doppelten regionalen Mindestlohn bei ganzjähriger Beschäftigung entspricht. Allerdings zeigen sich erhebliche Einkommens-unterschiede von Projekt zu Projekt und eine starke Tendenz zur Einkommenskonzentration innerhalb der einzelnen Projekte. Entscheidend für das wirtschaftliche Ergebnis, das in den Projekten erzielt wird, ist dabei offensichtlich die Fähigkeit, sich durch eine angemessene Produktionsund Vermarktungsstrategie mit den regionalen Verarbeitungsindustrien zu verbinden. Dabei kommt den Projekten unter Wettbewerbsgesichtspunkten zugute, daß sie ihre Produkte im Prinzip preisgünstiger anbieten können, da die Nichtberücksichtigung der Anlagekosten in der betriebswirtschaftlichen Kalkulation de facto auf eine staatliche Subventionierung hinausläuft.

Eine nur betriebswirtschaftlich orientierte Betrachtungsweise der DNOCS-Projekte würde jedoch die Frage offen lassen, warum ein Regime wie das brasilianische, das sich erklärter-maßen an den Grundprinzipien des kapitalistischen Systems orientiert, in der Praxis eine regionale Entwicklungspolitik betreibt, deren ökonomische Zweckmäßigkeit im Falle der Irrigationsprojekte des DNOCS zweifelhaft ist. Diese Frage läßt sich jedoch beantworten, wenn man das Problem in einem gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang betrachtet.

Wohl kaum durch Zufall begann die brasilianische Regierung das Irrigationsprogramm erst ab 1971 in großem Maßstab in Angriff zu nehmen, d. h. zu einem Zeitpunkt, als das brasilianische „Wirtschaftswunder" sich sichtbar seinem Ende zuneigte und die Expansionsmöglichkeiten des Privatkapitals an Grenzen stießen. In dieser Situation, in der eine weitere Expansion nicht mehr wie zuvor von einer Ausweitung der Exporte, insbesondere industrieller Produkte, getragen werden konnte, kam nur eine interne Lösung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Frage. Für diese interne Lösung bot und bietet sich auch heute die Ausweitung des privatkapitalistischen Akkumulationsprozesses auf den Agrarsektor an.

Konkret bedeutet dies die räumliche Ausdehnung der kapitalistischen Wirtschaftsform in „unterentwickelte" Regionen. Aber die Verwirklichung dieser Expansionsstrategie in Form der Einpflanzung agroindustrieller Komplexe setzt Investitionen in einem Umfange voraus, der für das nationale Privatkapital nicht ohne weiteres realisierbar ist oder zu dessen Finanzierung nicht ohne weiteres Bereitschaft besteht. Erst durch entsprechende staatliche Vorleistungen, wie z. B. die Errichtung einer hinreichenden materiellen Infrastruktur, die Gewährung von Subventionen, Krediten, Steuererleichterungen etc. wird die Expansion des kapitalistischen Wirtschaftsprozesses in bislang auf archaischen Reproduktionsformen verharrenden Regionen und/oder Sektoren ermöglicht. Eine solche Betrachtungsweise erlaubt es, die unter kosten-rechnerischen Gesichtspunkten problematischen Irrigationsprojekte des DNOCS als eine Form staatlichen Handelns zu interpretieren, das zwar die Erhöhung des regionalen Wohlstandsniveaus zum allgemeinen Ziel haben mag, dessen konkreter Inhalt aber ein Wert-transfer ist vom öffentlichen Sektor zu demjenigen Privatkapital, das sich an dem Prozeß der regionalen Integration in das moderne kapitalistische Wirtschaftssystem aktiv beteiligt.

Unter diesen Gesichtspunkten erscheint die Verknüpfung der Irrigationsprojekte mit der im Entstehen begriffenen regionalen Agroindustrie (z. B. im Rahmen des Alkohol-Programms der brasilianischen Regierung zur Erdölsubstitution) eine naheliegende Lösung, um die Rentabilität der Projekte sicherzustellen. Damit werden aber lediglich moderne Produktionsenklaven geschaffen, die weder den regionalen Überschuß landwirtschaftlicher Arbeitskräfte absorbieren, noch die Grundbedürfnisse breiter Schichten der ländlichen Bevölkerung besser zu befriedigen helfen.

IV. Industrialisierungspolitik

Sucht man nach einer Erklärung für die ungleichgewichtige Regionalentwicklung in Brasilien, wie sie zuvor am Beispiel der Nordostregion beschrieben wurde, dann bietet sich ein Ansatz an, der die Dominanz-Dependenz-Beziehung zwischen dem brasilianischen Wirtschaftszentrum im Süden des Landes und der Nordostregion als eine Widerspiegelung der Einbeziehung Brasiliens in das kapitalistische Weltwirtschaftssystem interpretiert. Dieses System ist ebenfalls durch stark asymmetrische Beziehungen zwischen den dominierenden westlichen Industrieländern und den dependenten Entwicklungsländern der südliB chen Hemisphäre geprägt. Unter diesen Bedingungen ist den Entwicklungsländern nur eine abhängige Reproduktion möglich, d. h. eine wirtschaftliche Entwicklung unter den Bedingungen und im Interesse der Industrieländer Eine solche abhängige Reproduktion vollzieht sich heute in der Regel nicht mehr auf Grund direkter (militärischer) Interventionen oder direkten Drucks der ausländischen Interessenten, sondern durch eine Verbindung der jeweiligen nationalen Eliten in den Entwicklungsländern mit den Interessen der kapitalistischen Expansion. Konkret geschieht dies in der Form, daß das nordamerikanische oder westeuropäische Vorbild von der politischen Führung der Entwicklungsländer zum nationalen Ziel der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung erklärt wird.

In Brasilien wurde das Ziel, eine „moderne" Volkswirtschaft zu schaffen, mit dem Anspruch und der Aufforderung verbunden, durch ökonomische Erfolge die nationale Größe und Bedeutung zu beweisen und Brasiliens Rolle als Großmacht des südamerikanischen Subkontinents zu untermauern.

Nach der Krise Anfang der sechziger Jahre und nach der Aufschwungperiode 1965/67, während der die neuen Machthaber Brasiliens tiefgreifende strukturelle Maßnahmen in Angriff genommen hatten, trat die brasilianische Volkswirtschaft in eine Konsolidierungsphase ein, die an die Entwicklungstendenzen anknüpfte, wie sie sich seit der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre abzuzeichnen begonnen hatten Kennzeichnend für diese Epoche war vor allem das Bestreben, hohe Wachstumsraten des Sozialprodukts beizubehalten, wofür sich insbesondere eine forcierte Expansion der Konsumgüterindustrie anbot. In der Tat konnten in den Jahren 1967— 1973 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts von ca. 10% erreicht werden. Für das Zustandekommen dieses, im internationalen Vergleich sehr günstigen Ergebnisses lassen sich verschiedene Faktoren nennen:

— das Vorhandensein zuvor nicht ausgelasteter Kapazitäten in der Konsumgüterindustrie; — der massive Zustrom ausländischen Kapitals, der durch entsprechende staatliche Maßnahmen begünstigt wurde;

— eine internationale Konjunktur, die für die brasilianische Wirtschaft in verschiedener Hinsicht äußerst günstig war;

— die politische Garantie, daß das brasilianische „Modell" einer starken Einkommenskonzentration zugunsten der Unternehmer aufrechterhalten würde;

— eine streng kontrollierte staatliche Lohnpolitik, verbunden mit einer polizeistaatlichen Repression gewerkschaftlicher Aktivitäten. Das brasilianische „Wirtschaftswunder", das unter diesen Voraussetzungen gegen Ende der sechziger Jahre seinen Höhepunkt erreichte, barg jedoch von Anfang an in sich selbst den Keim einer Krise, die früher oder später zum Ausbruch kommen mußte. Die von dem ehemaligen brasilianischen Wirtschaftsminister Simonsen geprägte Formel, wonach das Zusammenwirken von Marktwirtschaft, Sparsamkeit und Vertrauen („mercado — poupanca — confianca") das brasilianische „Wirtschaftswunder" ermöglicht hätte, verlor schon bald an Glaubwürdigkeit. Denn diese Art von „Wirtschaftswunder" ging an der großen Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung vorbei, vor allem als Folge der Politik eines faktischen Lohnstopps sowie wegen der totalen Vernachlässigung des landwirtschaftlichen Sektors, der 1960 (wie auch heute noch) für über die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung die ökonomische Basis bildete. Der Verzicht der Regierung auf eine Politik der Modernisierung des Agrarsektors läßt sich mit deren Erwartung erklären, daß die Eroberung ausländischer Märkte'durch nicht-traditionelle Exportprodukte (wozu auch einige Agrarprodukte gehören) ausreichen würde, um die notwendige Dynamisierung der nationalen Volkswirtschaft zu garantieren

Eine weitere, schwerwiegende Hypothek lastete zudem von Anfang an auf dem brasilianischen „Wirtschaftswunder": das Fehlen eines funktionsfähigen nationalen Kapitalmarktes. Zwar hatte es nicht an Versuchen gefehlt, einen solchen nationalen Kapitalmarkt zu schaffen, der Inlandsersparnis und Kapitalbedarf für Investitionszwecke zusammenführen würde; aber es zeigte sich sehr bald, daß das Kapitalmarktgeschehen einen ausschließlich spekulativen Charakter behielt, was schließlich zu dem Börsenkrach von 1971 maßgeblich beitrug. Um die von der Regierung gewünschten hohen Investitionsraten sicherzustellen, deren Finanzierung aber durch die mangelnde Funktionsfähigkeit des nationalen Kapitalmarktes nicht gewährleistet war, bot sich das Ausweichen auf den internationalen Kapitalmarkt an — allerdings um den Preis einer zunehmenden Entnationalisierung der brasilianischen Wirtschaft. Eine weitere Konsequenz dieser zunehmenden Inanspruchnahme von Auslandskapital war das rapide Wachstum der Auslandsverschuldung, sowohl in Form von Staatsanleihen als auch in Form privater Anleihen, die vor allem von den in Brasilien tätigen multinationalen Konzernen gegeben wurden, da diesen der Zugang zu den internationalen Finanzmärkten am ehesten möglich war.

Angesichts des ausgeprägten Ungleichgewichtes zwischen Konsumgüter-und Investitionsgüterindustrie hatte die Wachstumsstrategie, die hauptsächlich auf einer Expansion der Konsumgüterindustrie beruhte, zwangsläufig eine steigende Importnachfrage nach Investitionsgütern zur Folge, was wiederum zur Vergrößerung des Zahlungsbilanzdefizits beitrug. Die Zahlungsbilanzschwierigkeiten rührten aber nicht nur von der defizitären Handelsbilanz her, sondern wurden auch von den ständig steigenden Verpflichtungen für die Bedienung der Auslandsschuld genährt. Der ölpreisschock von 1973 und die nachfolgenden Turbulenzen des Weltwirtschaftssystems brachten schließlich die schon lange schwelende Krise der brasilianischen Wirtschaft zum Ausbruch. Von einem brasilianischen „Wirtschaftswunder" zu sprechen war zumindest in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre kaum noch gerechtfertigt, obwohl die Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts noch immer deutlich über dem internationalen Durchschnitt lagen.

Parallel zu der krisenhaften wirtschaftlichen Entwicklung — in gewisser Hinsicht auch von dieser bedingt — verstärkten sich die sozialen und politischen Spannungen. Die dramatische Beschleunigung der Inflation seit 1978 und die damit verbundene weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen breiter Bevölkerungskreise ließen immer mehr soziale Spannungsherde in immer mehr Regionen und Wirtschaftszweigen entstehen. Diese krisenhafte innerbrasilianische Entwicklung wurde noch verschärft durch die negativen Auswirkungen, die sich aus den Unsicherheiten und Unwägbarkeiten der weltwirtschaftlichen Rezession ergeben. Zum Ausdruck kommen konnte die wachsende Unzufriedenheit der benachteiligten Bevölkerungsgruppen allerdings nur in dem Maße, in dem es einzelnen Gruppen der Bevölkerung, und insbesondere den Arbeitern, möglich wurde, sich wieder zu organisieren und zu artikulieren.

Die Regierung des Präsidenten Figuereido, der im März 1979 sein Amt angetreten hat, versucht der problematischen Wirtschaftsentwicklung mit einer weiteren politischen Öffnung des Regimes zu begegnen, was jedoch auch ernsthafte Konsequenzen für die Fort-führbarkeit des brasilianischen Wirtschaftsmodells der letzten fünfzehn Jahre mit sich bringen kann. Allerdings hat es die Regierung bislang vermieden, die Leitlinien ihrer künftigen Wirtschaftspolitik eindeutig zu formulieren; auch der neue Dritte Nationale Entwicklungsplan spiegelt diese Unbestimmtheit wider, indem er sich auf eine eher kasuistische Aufzählung von Einzelmaßnahmen beschränkt, die zudem überwiegend als mehr konjunkturpolitisch orientierte Instrumente einzustufen sind.

Angesichts der ständigen Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage sah sich die Regierung Figuereido bald zum Handeln gezwungen. Mit einem im Dezember 1979 verkündeten Bündel wirtschaftspolitischer Maßnahmen sollte versucht werden, ungerechtfertigte Inflationsgewinne abzuschöpfen, die Inflationsrate bereits im Jahre 1980 um die Hälfte zu reduzieren, die Auslandsverschuldung neu zu ordnen und das Defizit in der Handelsbilanz abzubauen. Mit diesem „Dezemberpaket" wurde erneut versucht, einige der strukturellen Probleme anzugehen, die die Entwicklung der brasilianischen Volkswirtschaft behindern. Die Grundsätze des brasilianischen Wirtschaftsmodells, wie es nach 1964 entwickelt worden war, blieben jedoch im wesentlichen unverändert gültig. Dazu gehören u. a.der Grundsatz der Aufrechterhaltung hoher Wachstumsraten in der Konsumgüterindustrie, die starke Exportorientierung der Wirtschaft, die Aufrechterhaltung der Einkommenskonzentration, die Begünstigung ausländischen Kapitals und — damit einhergehend — die wachsende Außenabhängigkeit der brasilianischen Volkswirtschaft.

Zusammenfassend läßt sich die brasilianische Wirtschaftspolitik — und dies gilt in gewissem Maße auch für die Wirtschaftspolitik der Regierungen vor 1964 — als eine Industrialisierungspolitik um (fast) jeden Preis bezeichB nen. Bei der Durchführung von Entwicklungsprojekten wurde auf die jeweils neuesten verfügbaren Technologien zurückgegriffen, unabhängig von deren Einpassung in die vorhandenen Strukturen; Priorität erhielten kapitalintensive Industriezweige mit hohem technologischen Standard, wie z. B. die Petrochemie, der Flugzeugbau, die Rüstungsindustrie und — in jüngster Zeit — die Kernkraftindustrie. Diese forcierte Industrialisierungspolitik hat Brasilien inzwischen zum größten Warenexporteur innerhalb der Gruppe der Entwicklungsländer (ohne OPEC-Länder) werden lassen.

Eine ähnliche Entwicklung wie im Industrie-sektor, wenn auch mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung, zeichnet sich in der Landwirtschaft ab: das Entstehen hochmechanisierter Agroindustrien, die meist exportorientiert sind und vielfach multinationalen Konzernen gehören. Dabei wird häufig eine extensive Produktionsweise angewandt, die mit ihrem großen Landbedarf die traditionelle Subsistenzlandwirtschaft verdrängt und damit Arbeitsplätze vernichtet sowie die weitere Verelendung der ländlichen Bevölkerung fördert — so wie auch die „erfolgreiche" Industrialisierung für ungelernte Arbeiter, die den Hauptteil des brasilianischen Erwerbstätigen-potentials ausmachen, nur relativ wenige Arbeitsplätze geschaffen hat.

Als Ergebnis der brasilianischen Entwicklung der letzten 20 bis 30 Jahre läßt sich heute eine typisch duale Situation konstatieren Auf der einen Seite existiert ein hochtechnisierter, international wettbewerbsfähiger Kern von Industrien (meist mit starken direkten oder indirekten Verbindungen zu multinationalen Konzernen), d. h. ein Produktionsbereich, der in das internationale kapitalistische Wirtschaftssystem voll integriert ist. Dem stehen die übrigen Produktionsbereiche gegenüber, die in archaischen Produktionsverhältnissen verharren — wie z. B. die Subsistenzlandwirtschaft — oder vorindustrielle Produktionsweisen zur Befriedigung der Bedürfnisse einer von industriellen Konsummustern geprägten Gesellschaft anwenden, wie z. B. weite Teile des Handwerks, insbesondere in den Städten

V. Gesellschaftliche Fragmentation

Der Dualismus der Wirtschaftsstrukturen findet seine Entsprechung in einer dualen Gesellschaftsstruktur. Mit dem hochindustrialisierten, international integrierten Kernbereich der brasilianischen Wirtschaft verbunden ist eine nationale Elite, deren herausragendes Kennzeichen es ist, die gleichen Konsumstrukturen zu haben wie die führenden Schichten in den USA und in Westeuropa, d. h. an einer international „homogenisierten" Kultur und Lebensweise teilzuhaben, die sich im Konsum der gleichen Bestseller-Literatur, Filme und Fernsehprogramme, in der Art sich zu kleiden, das familiäre und gesellschaftliche Leben zu organisieren, die Häuser einzurichten sowie in vergleichbaren Tendenzen in der Architektur und im Städtebau ausdrückt Dieser minoritären nationalen Elite, der es aufgrund ihres Einkommens möglich ist, an Konsummustern mit internationalem Standard zu partizipieren, ist auch die führende Technobürokratie des Staatsapparates (einschließlich der militärischen Führung) zuzurechnen. Dem international integrierten Gesellschaftssegment gegenüber steht die Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung, die keinen Zugang zu ausreichendem und stabilem Einkommen hat. Gleichwohl orientiert sich aber diese Bevölkerung an dem Konsumvorbild der herrschenden Klasse, wobei Fernsehen und Rundfunk (die vorwiegend privat betrieben werden) wichtige Vehikel zur Verbreitung der Konsummuster der Eliten sind. Dieser Demonstrationseffekt bleibt nicht ohne Folgen: er führt zu Verzerrungen und irrationalen Elementen in der Nachfragestruktur, und zwar nicht nur im privaten Konsumbereich, sondern auch bei der Verwendung öffentlicher und privater Investitionsmittel. Am deutlichsten läßt sich dieses Phänomen einer fortschreitenden internationalen Integration der brasilianischen Führungsschicht einerseits und der gleichzeitigen Desintegration der übrigen Gesellschaftssegmente andererseits in den großen Städten wie Säo Paulo, Rio de Janeiro und Recife studieren Die Vorherrschaft einer relativ kleinen Anzahl riesiger Städte, in denen sich die ökonomische, soziale, administrative und kulturelle Infrastruktur verdichtet hat, bei gleichzeitiger Verarmung und Verödung des ländlichen „interior", ist ein weiteres, dramatisches Zeichen für die interne Fragmentation, die in Brasilien stattgefunden hat und immer noch stattfindet. In den großen brasilianischen Städten wird dieser Fragmentierungsprozeß auf bestürzende Weise deutlich sichtbar. Ein breiter Armutsgürtel zieht sich um diese Städte, in dem die marginalisierte, unterprivilegierte Randgruppenbevölkerung lebt; daran schließen sich die Fabrikviertel an, die zugleich die Wohnviertel des urbanen Proletariats bilden, und schließ-lich der städtische Kernbereich mit den Handels-und Verwaltungszentren, wo auch die untere Mittelklasse ihre Wohnung hat. Von diesen Bereichen deutlich abgegrenzt sind die ausgewählten Viertel, in denen die Angehörigen der mittleren und oberen Einkommensklassen wohnen und in denen sowohl die öffentlichen als auch die privaten Ausgaben für Luxusgüter und Dienstleistungen am höchsten sind — und in denen die Bevölkerungsdichte am niedrigsten ist

Der interne Fragmentierungsprozeß bewirkt eine rigide Trennung zwischen solchen wirtschaftlichen Tätigkeiten, gesellschaftlichen Gruppen und Regionen, die dominierend und „fortschrittlich" sind, und solchen, die „zurückgeblieben", marginalisiert und abhängig sind. Die gesellschaftliche Fragmentierung führt damit zu einer Verstärkung institutioneller Konflikte, aber auch zu willkürlichen Formen des sozialen Verhaltens als Folge unterschiedlicher Wertevorstellungen und Lebens-stile

VI. Politisches System und strukturelle Gewalt

Das, was zuvor unter primär sozio-ökonomischen Gesichtspunkten beschrieben wurde, kann natürlich nicht losgelöst von dem politischen System Brasiliens gesehen werden. Dabei gilt, daß die Analyse des politischen Systems einerseits nicht unabhängig von dem Prozeß der weltweiten Ausdehnung des kapitalistischen Systems erfolgen kann und andererseits vor dem Hintergrund der kolonialen und postkolonialen Geschichte Brasiliens geschehen muß.

Für das Verständnis dieser Geschichte ist von Bedeutung, daß die formale Loslösung Brasiliens von Portugal im Jahre 1822 nicht das Endergebnis des Freiheitskampfes einer Nation war, sondern der vorläufige Endpunkt einer Auseinandersetzung verschiedener Fraktionen der herrschenden Klasse des Landes. In der neuen Nation Brasilien, die 1822 formal begründet wurde, blieben die Strukturmerkmale dominant, die die drei vorausgegangenen Jahrhunderte der Kolonialherrschaft geprägt hatten, nämlich

— der in relativ wenigen Händen konzentrierte Großgrundbesitz; — eine agrarische Monokultur (Kaffee, Zuk-

ker), die für den Export bestimmt war und externe Abhängigkeit bedeutete;

— Sklaverei und sklavereiähnliche Arbeitsverhältnisse, die das Leben einer sehr großen Zahl von Menschen bestimmten.

Das politische System des Kaiserreichs wie • auch das der 1889 ausgerufenen Republik war geprägt von Auseinandersetzungen zwischen der traditionellen Agraroligarchie, die ihre Macht auf riesigen Landbesitz und Sklaven stützte, und der aufsteigenden Großbourgeoisie, die in Brasilien die spezielle Form einer Agrarbourgeoisie hatte, zusammengesetzt im wesentlichen aus den Kaffeebaronen des Süd-westens und den Besitzern der Zuckerfabriken des Nordostens. Diese Fraktion der herrschenden Klasse, die sich für die Übernahme der kapitalistischen Produktionsweise entschieden hatte, prägte bis zur Revolution von 1930 die Politik der Republik. In diese Ära fällt gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch die Abschaffung der Sklaverei, allerdings weniger aus humanitären Gründen, sondern weil Sklavenarbeit den Produktivitätsansprüchen kapitalistischer Produktionsweisen nicht gerecht wird und deshalb durch Lohnarbeit ersetzt werden muß In die Periode der „Repüblica oligärquica" oder der „Repüblica dos fazendei-ros" fällt auch die endgültige Verschiebung des politischen und ökonomischen Machtzentrums vom Nordosten zum Südwesten mit Säo Paulo und Rio de Janeiro als dominierenden Städten.

Unverändert blieb hingegen das traditionelle Grundmuster des politischen Systems: der Ausschluß der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit von der politischen Entscheidung und die nahezu ausschließliche politische Willensbildung, auch auf lokaler Ebene, durch die Großgrundbesitzer, die in der Regel zugleich auch führende Positionen in der Staatsverwaltung oder der Armee innehatten; geradezu typisch hierfür ist die vielfach auch heute noch verwendete Bezeichnung des Großgrundbesitzers als „coronel".

Das System des traditionellen „coronelismo" verlor jedoch an Effizienz, als seine ökonomische Basis (insbesondere die Kaffeewirtschaft) durch die Turbulenzen des Weltwirtschaftssystems im Ersten Weltkrieg und der nachfolgenden Weltwirtschaftskrise entscheidend geschwächt wurde. Die Krise der Weltwirtschaft und die damit einhergehende Krise des Kaffees in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts schufen — paradoxerweise — die Voraussetzungen für den Aufbau einer nationalen brasilianischen Industrie, insbesondere einer Konsumgüterindustrie Damit einher ging die Entstehung einer neuen Unternehmerklasse und einer neuen Mittelschicht. Für diese neuen, aufstrebenden Klassen war in dem politischen System der alten Republik aber keine Teilhabe vorgesehen. Erst die Revolution von 1930 brachte dem aufstrebenden industriellen Unternehmertum und der mit ihm verbündeten städtischen Mittelklasse die notwendige politische Macht, um einen Industrialisierungsprozeß nach europäisch-nordamerikanischem Muster einzuleiten.

Dieser Prozeß wurde auch im „Estado Novo“, der Diktatur von Getülio Vargas (1937— 1945), fortgeführt. Politisch bedeutsam war dabei, daß die „questo social“, d. h. die Verelendung der Massen, erstmals als politische Frage anerkannt und nicht als „questäo da pollcia" abgetan wurde. Der „Estado Novo" schuf eine Sozialgesetzgebung (die übrigens im wesentlichen bis heute gilt), die den städtischen Arbeitermassen gewisse soziale Mindestansprüche garantiert, die aber auch die gewerkschaftliche Organisation der staatlichen Kontrolle unterstellt

Mit dem Ende der Vargas-Diktatur begann nach dem Zweiten Weltkrieg eine knapp zwanzigjährige Epoche populistischer Regierungen, die eine bewußte Politik der beschleunigten Industrialisierung Brasiliens betrieben und damit die Unterstützung der städtischen Bourgeoisie fanden. Gleichzeitig mußten diese Regierungen aber auch wegen ihres populistischen Anspruchs Zugeständnisse gegenüber den städtischen Arbeitern und der Mittel-klasse machen, so daß ein Widerspruch zwischen der Notwendigkeit einer beschleunigten Kapitalakkumulation einerseits zur Forcierung des Industrialisierungsprozesses und einer Einkommensumverteilungspolitik andererseits bestand. Sichtbare Symptome dieses ungelösten Widerspruchs waren die rapide sich beschleunigende Inflation und die sich dramatisch verstärkende Tendenz eines allgemeinen Wirtschaftskollapses. Politisch äußerte sich dieser Widerspruch in einer zunehmenden Radikalisierung und Polarisierung der politischen Parteien, was jedoch zumindest zeitweise durch die machtkonzentrierende Konstruktion der brasilianischen Präsidialverfassung überdeckt werden konnte.

Gelöst wurde schließlich der sich verschärfende Widerspruch durch den Militärputsch von 1964. Seit der Machtübernahme des Militärs hat die politische Herrschaftsstruktur Brasiliens einschneidende Änderungen erfahren, insbesondere eine außerordentlich starke Konzentration der Entscheidungen bei der Zentralregierung. Diese Machtzentralisierung erlaubte es, zumindest in der ersten Dekade des Militärregimes, das Wirtschaftswachstum erheblich zu beschleunigen und die Inflation zurückzudrängen. Die Mittel für diese „Erfol-ge“ waren eine rigide Lohnkontrolle und eine massive Beteiligung ausländischen Kapitals, sowohl in der Form direkter Investitionen als auch in der Form der Auslandsverschuldung.

Die politische Absicherung dieser Strategie erfolgte durch eine brutale Repression aller opponierenden Kräfte sowie durch die Bildung einer Allianz zwischen Staatsführung (Militär und Technobürokratie des Staatsapparates), Unternehmern der nationalen Großindustrie und multinationalen Konzernen

Inzwischen ist jedoch die ökonomische Logik der brasilianischen Entwicklungsstrategie obsolet geworden, nicht zuletzt auch infolge einer veränderten weltwirtschaftlichen Konstellation; das Regime zehrt von den „Erfolgen" der Vergangenheit. Versuche einer vorsichtigen politischen Lockerung des Regimes sind innerhalb der Herrschaftsschicht nicht unumstritten, da jegliche Lockerung dazu führt, daß sich der grundlegende Widerspruch der brasilianischen Politik manifestiert: eine Industrialisierungspolitik nach westlichem Vorbild zu betreiben, ohne jedoch die institutioneilen Mechanismen dieses Vorbildes zu übernehmen, die die politische und ökonomische Partizipation der Bevölkerungsmehrheit regeln. Die Streiks der Metallarbeiter in der Automobilindustrie von Säo Paulo vom Frühjahr 1980 und 1981 wie auch die wiederholten landesweiten Streiks der Studenten und Professoren sind Ausdruck dieses manifesten Widerspruchs. Ein weiterer Widerspruch, der das politische System Brasiliens seit 1964 prägt, ist der Widerspruch zwischen der Forderung der Militärs und der mit ihnen verbündeten Technobürokratie nach „eficincia" und „seguranca" (Sicherheit) gegenüber den tradierten Formen der politischen Kultur, die u. a. von Korruption und „clientelismo" bestimmt sind überkommene Verhaltensweisen der politischen Elite Brasiliens, verbunden mit der zuvor beschriebenen gesellschaftlichen Desintegration, fördern die Verselbständigung der Führungsschicht. Dies erklärt bis zu einem gewissen Grade die Zweckmäßigkeit des politischen Systems auch unter den veränderten, aktuellen Bedingungen, da auf diese Weise auch widersprüchliche Kompromisse zwischen Beteiligung und Repression ermöglicht werden, ohne die Herrschaft der etablierten Eliten ernsthaft zu gefährden Berücksichtigt man ferner, daß die Manipulation der großen Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung mit recht simplen politischen Ideologien derzeit noch relativ einfach erscheint (was durch den jahrhundertelangen Ausschluß von der politischen Willensbildung erklärt werden kann), dann mag es nicht verwundern, daß das Militärregime den Status quo aufrechterhalten kann, solange es die Artikulation konkurrierender politischer Ansprüche zu verhindern weiß — und solange ihm seine Verbündeten aus nationaler Großindustrie und multinationalen Konzernen nicht die Allianz aufkündigen, weil die wachsenden Widersprüche des brasilianischen Entwicklungsmodells deren ökonomische Interessen zu gefährden drohen

Fussnoten

Fußnoten

  1. Alle in diesem Beitrag genannten Statistischen Daten sind — soweit nicht andere Quellen ausdrücklich angegeben — entnommen aus: World Bank, World Development Report 1981, Washington 1981.

  2. Repüblica Federativa do Brasil, II Plano Nacional do Desenvolvimento Econömico, Brasilia 1974.

  3. Vgl. H. Sangmeister, O Brasil como potöncia emergente. A economia brasileira no contexto in-ternacional. Uma anlise comparativa (Textos para DiscussSo Nr. 27) Universidade Federal do Cear/CAEN, Fortaleza 1979.

  4. P. T. Knight, R. Morn et al., Brazil. Human resour-ces special report (A World Bank Country Study), Washington 1979.

  5. G. P. Pfeffermann und R. Webb, The distribution of income in Brazil (World Bank Staff Working Paper No. 356), Washington 1979.

  6. P. T. Knight und R. Morän, Die Armen im Wachstumsprozeß: Der Fall Brasilien, in: Finanzierung & Entwicklung, 18 (1981), Nr. 4, S. 23.

  7. Die Nordostregion umfaßt in der Abgrenzung des Institute Brasileiro de Geografia e Estatistica (IBGE) die folgenden Bundesstaaten: Maranho, Piaui, Cearä, Rio Grande do Norte, Paraiba, Pernambuco, Alagoas, Sergipe, Bahia.

  8. H. Sangmeister, Desenvolvimento rural integrado para o Nordeste. 20 anos da politica de desenvolvimento regional no Nordeste do Brasil, in: D + C De-sarrollo y Cooperacin, No. 6 (1981), p. 20.

  9. O. E. Reboucas, Desenvolvimento do Nordeste: diagnöstico e sugestöes de politicas — Relatörio sintese, in: Revista Econömica do Nordeste, 10 (1979), No. 2, pp. 189— 430.

  10. U. Sandmeyer, Wahl der industriellen Technologie in Entwicklungsländern. Theoretische Grundlagen und Darstellung am Beispiel des Nordostens Brasiliens (Lateinamerikanisches Institut an der Hochschule St Gallen für Wirtschaftsund Sozial-wissenschaften), Diessenhofen 1976, S. 197 ff.

  11. Y. Chalout, Estado, acumulao e colonialismo interno, Petröpolis 1978.

  12. O.de Carvalho, Desenvolvimento rural integrado: nova estrategia para a reduo da pobreza no campo, in: Revista Econömica do Nordeste, 10 (1979), Nr. 2, pp 411— 494.

  13. World Bank, Rural development (Sector Policy Paper), Washington 1975.

  14. Dieses Kapitel ist eine leicht gekürzte und veränderte Version von H. Sangmeister, Bewässerung — ein teurer Umweg zum Kapitalismus? Probleme der Irrigationspolitik im semiariden Nordostbrasilien, in: E + Z Entwicklung und Zusammenarbeit, 22 (1981), Nr. 9, S. 12— 13.

  15. GEIDA, Programa plurianual de irrigacäo, Brasilia 1971.

  16. G. M. Gomes, A politica de irrigacäo no Nordeste: intenes e resultados, in: Pesquisa e Planeja-mento Econömico, 9 (1979), No. 2, pp. 411— 446.

  17. MINTER/SUDENE, Relatörio sintetico sobre programa de irrigacäo no Nordeste, 2° trimestre de 1979, Recife 1979.

  18. I. M. Aued, Projetos de irrigacäo no Nordeste: fonte de riqueza e misria, in: Encontro Realidade Nordestina. Universidade Federal da Paraiba/Mestrados Sociologia — Economia, Campina Grande 1980, pp. 24— 40.

  19. A F. Bottrall, Comparative study of the management and Organization of irrigation projects (World Bank Staff Working Papier No. 458), Washington

  20. Vgl. hierzu D. Senghaas (Hrsg.), Imperialismus und strukturelle Gewalt. Analysen über abhängige Reproduktion, Frankfurt am Main 1973.

  21. A. Fishlow, Algumas reflexes sobre a politica econömica brasileira aps 1964, Estudos CEBRAP 7, Säo Paulo 1974, pp. 5— 65.

  22. O. Denysard und J. Sayad, O plano estrategico de desenvolvimento (1968— 1970), in: B. M. Lafer (Ed.), Planejamento no Brasil, Säo Paulo 1975, pp. 91— 110.

  23. Vgl. M. C.de Andrade. Agricultura: crescimente e pobreza, in: Cincia & Tröpico, 7 (1979), No. 1, pp. 5— 20.

  24. Zur Kritik an der Dualismus-These vgl. F.de Oliveira, A economia brasileira: critica ä razäo dualista, Selees CEBRAP 1, Säo Paulo 19773.

  25. P. R. Souza, Emprego e renda na „pequena produ-cao" urbana no Brasil, in: (Institute de Pesquisas Eco-nömicas IPE) Estudos Econömicos, 11 (1981), No. 1, pp. 57— 82.

  26. Vgl. O. Sunkel, Transnationale kapitalistische Integration und nationale Desintegration: Der Fall Lateinamerika. in: D. Senghaas (Hrsg.), Imperialismus und strukturelle Gewalt. Analysen über abhängige Reproduktion, Frankfurt am Main 1973, S. 258 bis 315.

  27. Vgl. M. T. Katzman, Cities and frontiers in Brazil: Regional dimensions of economic development, Massachusetts 1977.

  28. O. Sunkel, a. a. O., S. 270.

  29. Vgl. hierzu Organisation for Economic Co-Opera-tion and Development, Interfutures: Facing the future. Mastering the probable and managing the unpredictable, Paris 1979, pp. 99ff.

  30. F. Alencar, L. Carpi und M. V. Ribeiro, Histöria da sociedade brasileira, Rio de Janeiro 1979, p. 104.

  31. Vgl. hierzu R. M. dos Santos, Resistöncia e superao do escravismo na provincia de Säo Paulo (1885 bis 1888), (Srie Ensaios Econömicos, vol. 5) Instituto de Pesquisas Econömicas, Säo Paulo 1980.

  32. F. Alencar, L. Carpi und M. V. Ribeiro, a. a. O., pp. 192— 227.

  33. A. Ferreira, Consideracöes sobre o desenvolvimento brasileiro: dos anos trinta aos anos sessenta (Textos para Discussäo No. 21) Universidade Federal do Cearä/CAEN, Fortaleza 1979.

  34. F. Alencar, L. Carpi und M. V. Ribeiro, a. a. O., pp. 262 ff.

  35. Vgl. hierzu T. dos Santos, Imperialismo e corporaes multinacionais, Rio de Janeiro 1977. — S. Hymer, Empresas multinacionais: a internacionalizacao do Capital, Rio de Janeiro 1978.

  36. M. Wöhlcke, Grundzüge der politischen Kultur Brasiliens, in: Berichte zur Entwicklung in Spanien, Portugal und Lateinamerika, 3 (1978), Heft 16, S. 2_ 12.

  37. M. Wöhlcke, a. a. O., S. 8.

  38. Vgl. hierzu F. H. Cardoso, Brasilien: Die Widersprüche der assoziierten Entwicklung, in: A. R. Sonntag (Hrsg.), Lateinamerika: Faschismus oder Revolution, Berlin 1974. S. 32— 62.

Weitere Inhalte

Hartmut Sangmeister, Dr. rer. pol., Dipl. -Volkswirt, geb. 1945; 1979— 1981 Gastprofessur für Volkswirtschaftslehre an der Universidad Federal do Cear in Fortaleza/Brasilien; derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für international vergleichende Wirtschafts-und Sozialstatistik der Universität Heidelberg. Veröffentlichungen u. a.: Die wirtschaftliche Entwicklung eines Randgebietes im Zeitalter der Industrialisierung, Wiesenbach 1976; zus. mit G. Menges, Europäische Wirtschaftskunde, Frankfurt 1977; Aufsätze über internationale Wirtschafts-und Sozialstatistik sowie über entwicklungspolitische Probleme.