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Die Alternativpresse — ein Modell für Gegenöffentlichkeit und seine Grenzen | APuZ 45/1982 | bpb.de

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APuZ 45/1982 Weithin im Getto: Die Presse der Verbände. Die Gewerkschaften und die Kirchen — zwei Großgruppen mit publizistischen Sorgen Die Alternativpresse — ein Modell für Gegenöffentlichkeit und seine Grenzen

Die Alternativpresse — ein Modell für Gegenöffentlichkeit und seine Grenzen

Wolfgang Beywl

/ 33 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Als Ausdruck der Alternativbewegung ist die lokale Alternativpresse zu einer nicht mehr übersehbaren Erscheinung in der Presselandschaft der Bundesrepublik geworden. Gemeinsam ist den alternativen Zeitungen und Zeitschriften das Ziel, „Gegenöffentlichkeit" herzustellen. Insbesondere wollen sie Nachrichten und Meinungen verbreiten, die in der etablierten Presse nicht oder zu wenig berücksichtigt werden. „Gegenöffentlichkeit" ist ein zentraler Begriff verschiedener politischer Oppositionsströmungen, die eine gemeinsame Wurzel in der Studentenbewegung der späten sechziger Jahre haben. Die Entstehung der Alternativpresse wird beginnend mit dem Zerfall der studentischen Gegenöffentlichkeit nachgezeichnet. Das in der Studentenbewegung entwik-kelte Konzept der Gegenöffentlichkeit wird dann ab Mitte der siebziger Jahre wieder aufgenommen im „alternativen Kommunikationsmodell" der „Volksblätter", „Stadtund Statt-zeitungen" sowie „Scene-Blätter". Dieses Modell reflektiert die basisdemokratischen Ansprüche der Bürgerinitiativen-und Alternativbewegung und versucht, sie in eine laienhaft handhabbare, betroffenen-orientierte Publizistik umzusetzen. Die Alternativpublizistik ist heute in einer konzeptionellen Krise; für die aktiven Basisinitiativen steht die Wichtigkeit der kleinen Medien in Frage. Hingegen expandieren die — teilweise aus den Alternativzeitungen hervorgegangenen — „Stadtmagazine" und „Stadtillustrierten". Während die vorangegangenen Differenzierungsprozesse der Gegenöffentlichkeit auf politische Veränderungen der sozialen Bewegungen zurückgingen, ist der neueste Polarisierungsprozeß zwischen kleinen und großen Alternativmedien ökonomisch bedingt. Ist mit der Anpassung der Stadtmagazine an die Markterfordernisse die Grenzlinie des „Alternativen" überschritten? Welche Tendenzen einer politischen und journalistischen Umorientierung sind absehbar?

„Stadtblätter: Springer kapituliert" lautet die Überschrift einer kleinen Meldung der Rubrik „Szene" im „Spiegel" vom 25. Februar 1982. Die „lokale Alternativpresse" hat sich ein die Millionengrenze überschreitendes Leserpublikum erobert, das für Konkurrenzprodukte kommerzieller Verlagshäuser nicht zugänglich ist. Der Springer-Konzern mußte mit der „Hamburger Piste" und der „Berliner Illustrierten" den kostspieligen Versuch einstellen, verlagseigene, kulturelle Magazine auf dem großstädtischen Leser-und Anzeigenmarkt zu plazieren. Marktführer der „lokalen Alternativpresse" sind — sowohl was die Umsätze als auch die Auflagen betrifft — die ca. 30 „Stadtmagazine", eben jene Blätter, die den lokalen Pressemonopolen ein Dorn im Auge sind. Aus der Perspektive lokaler Kommunikationsforschung zumindest ebenso interessant sind die ca. 170 „Stadt-" und „Stattblätter", „Volksblätter" oder „Alternativzeitungen", die sich durch ein geringeres Anzeigenaufkommen und einfachere Machart von den größtenteils mit Vier-Farb-Umschlägen versehenen „Stadtmagazinen" unterscheiden. Die bundesdeutsche Alternativpresse hat sich als eigenständiger Bereich neben der etablierten Tages-, Wochen-, und Monatspresse entwickelt. Dies ist eine für Europa einmalige Erscheinung; in keinem anderen Land bietet sich ein vergleichbar vielfäl. tiges Bild nichtkommerzieller, partei-und verbandsunabhängiger Zeitungen. Diese bundes-republikanische Besonderheit hat ihre Wurzeln in der politischen Kultur der Studenten-bewegung und deren „Entmischung" in den siebziger Jahren.

Die in diesem Beitrag zentral interessierende „lokale Alternativpresse" befindet sich in einem andauernden Polarisierungsprozeß, in dem sich die auflagenstarken Stadtmagazine und die kleineren Alternativzeitungen auseinanderentwickeln. Angesichts dieser Situation soll die Frage beantwortet werden, ob das Fernhalten der großen Verlagshäuser aus einem Teilbereich der lokalen Kommunikation auf die erfolgreiche Einrichtung einer „Gegenöffentlichkeit" der oppositionellen Medien hinweist, oder ob die mit der Polarisierung drohende Verdrängung der kleinen Alternativmedien gerade das Gegenteil, die Integration der alternativen Medien in den Markt anzeigt.

I. Die Macht der Medien

Die Erfahrung der eigenen Ohnmacht gegenüber den großen Medien war Ausgangspunkt der studentischen „Gegenöffentlichkeit“ von Mitte bis Ende der sechziger Jahre. Aus Dutzenden von Beispielen seien drei Ereignisse der Jahre 1967/68 herausgegriffen, die diese These verdeutlichen; sie waren gleichzeitig prägend für den weiteren Verlauf der „Studentenrevolte" und ihre Entmischung in die verschiedensten Stränge.

— Am 6. April 1967, dem 21. Jahr des Vietnam-Krieges, besuchte der amerikanische Vizepräsident Hubert Humphrey Berlin. Schon 1964 hatte der SDS eine intensive Aufklärungskampagne über die „Verbrechen der

USA in Vietnam" geführt; Berlins Zeitungsverleger begegneten der studentischen Anklage Weihnachten 1965 in ihrer „Freiheitsglockenaktion" durch die „Behauptung, Berlins Freiheit werde in Vietnam verteidigt" -Am Vorabend des Humphrey-Besuches wurden in einer Berliner Kommune mehrere Personen verhaftet, „während sie Rauchkerzen herstellten und Mehl und Pudding in Plastikbeutel füllten". In der BILD-Zeitung wurde das verhinderte „Pudding-Attentat" dramatisiert: „Ge-plant: Bombenanschlag auf US-Vizepräsidenten" Uwe Bergmann schrieb dazu weiter in dem 1968 gemeinsam mit Dutschke, Rabehl und Lefvre herausgegebenen Buch „Rebellion der Studenten": „Die Falschmeldung und ihre Verbreitung durch die Presse kann nicht als Zufall angesehen werden"; er stimmte der Stellungnahme des Allgemeinen Studentenausschusses der Freien Universität Berlin zu, daß die Polizei die Gelegenheit benütze, „durch bewußte Irreführung gegen die oppositionelle Minderheit aufzuwiegeln"

_ Dies war nicht der erste Fall, in dem die Studenten den Massenmedien bewußte Manipulation im Verein mit den verantwortlichen Politikern und der Polizei unterstellten; eines der ersten Beispiele war die Berichterstattung über die Proteste gegen den Besuch des kongolesischen Ministerpräsidenten Tschombö Der als „Kollaboration" bezeichnete Vorgang wiederholte sich ein weiteres Mal auf dramatische Weise anläßlich des Schah-Besuches im Juni 1967. In einem durch die „Springerpresse" geschürten angespannten Klima zwischen Studentenbewegung und größeren Teilen der West-Berliner Bevölkerung wurde am Abend des 2. Juni der Student Benno Ohnesorg auf seiner ersten Demonstration von einem Polizisten getötet. Friedrich Mager und Ulrich Spinnarke, damals Redakteure beim Bayerischen Rundfunk, urteilten über die Rolle der Zeitungen des Springer-Konzerns: „Es steht fest, daß die Springer-Zeitungen in Berlin mit beigetragen haben zum Tode Benno Ohnesorgs. Sie haben ...den Wust von Ressentiments und Vorurteilen, die zum Teil unbewußt bei der Berliner Bevölkerung gegenüber den Studenten vorhanden waren, geschickt an die Oberfläche gespült . ..

— „ Februar 1968. Die Bildzeitung erscheint mit der Überschrift . Stoppt den Terror der Jung-Roten jetzt!'In dem Artikel ist ein Foto von Rudi Dutschke abgebildet. Im Text heißt es: , Man darf über das, was zur Zeit geschieht, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Und man darf auch nicht die ganze Drecksarbeit der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen.'" 7) Am 11. April wurde Dutschke durch einen Attentäter lebensgefährlich angeschossen. Die studentische Öffentlichkeit reagierte betroffen und lastete den Springer-Zeitungen die Hauptverantwortung für das Attentat an.

Die Osterunruhen 1968 in mehreren Städten der Bundesrepublik, die sich gegen Einrichtungen des Springer-Konzerns richteten, waren die Gegenreaktionen der Studenten. In Berlin endete eine Demonstration vor dem „Springer-Hochhaus" in einer blutigen Auseinandersetzung zwischen ca. 1 000 Studenten und Jugendlichen und einem starken Polizei-aufgebot. Die in dieser Nacht brennenden Zeitungstransporter symbolisierten die kollektive Wut gegen die „Manipulationsmacht der bürgerlichen Medien". Die auf die Osterunruhen folgende, verstärkte Repression gegen die Studentenorganisationen, die sich häufenden Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen, die um sich greifende Kriminalisierung und Abdrängung von Splittergruppen in den „bewaffneten Untergrund" waren wichtige Faktoren im Prozeß der Spaltung der Bewegung in militante und nicht-militante Fraktionen. Die traumatische Bewältigung dieser politischen Spaltung zieht sich lange Jahre durch die Gegen-und Alternativpresse, insbesondere durch die beiden Frankfurter Publikationen „ID" und " Pflasterstrand", die „Göttinger Stadtzeitung" („Mescalero-Affaire") und „die tageszeitung". Das an den drei Beispielen aufgezeigte direkte oder vermittelte „Erleben" der großen Macht der „Bewußtseinsindustrie" wurde begleitet durch kritische Analysen zur Funktion der Massenmedien im Kapitalismus und insbesondere zur Pressekonzentration Herbert Marcuse, Vertreter der „kritischen Theorie" und Inspirator der studentischen Theoretiker, betonte 1964 in seinem Buch „Der eindimensionale Mensch" die Eignung der Massenmedien als Herrschaftsinstrument für eine neue Form sozialer Kontrolle Rudi Dutschke sah in der 1966 geschlossenen „Großen Koalition" zwischen SPD und CDU eine neue Form der Klassenherrschaft, deren Ziel, die „Niederhaltung der Massen", unter anderem durch den Einsatz der Manipulationszentren „von Augstein und Springer" erreicht werden sollte

Aus der Kombination der — hier nur angedeuteten — Medien-und Ideologiekritik der „kritischen Theorie" und der Erfahrung der Ein-wirkungsmöglichkeiten der Massenmedien auf die politischen Auseinandersetzungen resultierte die besondere Stellung von Öffentlichkeit und Massenkommunikation im Denken und in der Praxis der Studentenbewegung. Die Forderung nach der „Enteignung Springers", verbunden mit dem Versuch, diesen größten deutschen Pressekonzern einer demokratischen Kontrolle zu unterwerfen stand im Zentrum der Protestaktionen. Dieser Pressegigant war seit 1965, als die West-Berli. ner Zeitungsverleger eine pro-amerikanische Vietnam-Kampagne starteten ein Haupt, kontrahent der Studentenbewegung. Dies zeigte sich auch in der Gründung der Anti-Springer-Komitees in mehreren Großstädten der Bundesrepublik. Die „Zerschlagung des Konzerns" wurde gelegentlich als mittelfristi. ges Hauptziel der Studentenrebellion bezeichnet: Rabehl sah in der Forderung „Enteignet Springer" den Versuch, „einen Stoß in das Zentrum der antidemokratischen Macht zu führen" Dutschke äußerte in der Diskussion mit Marcuse seine Hoffnung, über diese Forderung weite Teile der Bevölkerung zu erreichen und „aus der Minderheit tendenziell eine Majorität zu machen"

II. Die Gegenöffentlichkeit der Studentenbewegung

Das Konzept „Gegenöffentlichkeit" wurde mit seiner theoretischen Fundierung in Oskar Negts und Alexander Kluges Buch „Öffentlichkeit und Erfahrung" (1972) zu einem Schlüsselbegriff oppositioneller Medienpraxis und Publizistik. In der antiautoritären Studentenbewegung bezeichnet er die Ganzheit direkter, provokativer Aktionen und ihres Wir-kungs-und Vermittlungszusammenhangs in der Öffentlichkeit. Aus dieser Perspektive waren die Aktionen der Studenten Versuche, Mißstände, Unterdrückung und Herrschafts-Zusammenhänge,die aus der etablierten Öffentlichkeit weitgehend ausgeblendet waren, durch direkte Aktionen erfahrbar oder nachvollziehbar zu machen. Dies schien den Beteiligten möglich durch Institutsbesetzungen, Sit-in's, Teach-in's, phantasievolle Happenings und karnevalistische Demonstrationen. Besonders in der Thematisierung von weltpolitischen Konflikten (z. B. Vietnam, Iran, Südamerika) wurde der provokative Charakter von Aktionen für unabdingbar gehalten; in diesem Rahmen wurden auch Notwendigkeit und Grenzen von Gewaltanwendung thematisiert; gelegentlich, wie z. B. bei den Blockaden der Zeitungsauslieferung von Springer, ging der Widerstand über gewaltfreie Methoden hinaus.

Negt und Kluge beschreiben die Zielsetzung einer solchen Gegenöffentlichkeit der Studenten wie folgt: „Sie wollten Erfahrungen, Lebenszusammenhänge, geschichtliche Gegenwart ... in einen öffentlichen Diskussionszusammenhang bringen, der die formale Offent, lichkeit hintertreibt.“ Dieses Ziel konnte ansatzweise für bestimmte Zeitabschnitte der spaten sechziger Jahre realisiert werden. Die liberale „bürgerliche Presse", z. B. die „Frankfurter Rundschau", die „Süddeutsche Zeitung", „Die Zeit" oder „Der Spiegel", griffen den moralisch fundierten, in seiner Zielrichtung gegen Unrecht und Unmenschlichkeit als legitim anerkannten Protest auf. Es entstand langsam jenes freundliche „Reformklima", welches die Regierungsübernahme durch die sozial-liberale Koalition und den Wahlsieg Willy Brandts ermöglichte. Mehr als ein Jahrzehnt danach schreibt Oskar Negt über diese „erste Phase der Gegenöffentlichkeit": „Das Veröffentlichen von unterdrückten Nachrichten richtete sich damals noch an relativ intakte gesellschaftliche Institutionen. Demonstrationen und Teach-in’s waren im buchstäblichen Sinne Gegenoffentlichkeit."

Negts emphatische Hervorhebung der damals angeblich eher funktionsfähigen öffentlichen Meinungsbildung ist sicher diskussionsbedürftig, insbesondere, da der empirische Gehalt der Aussage unklar ist. Festzuhalten ist jedoch die in vielen Publikationen und Manifestationen der damaligen Zeit durchscheinende Gewißheit des Erfolgs. Optimismus und Handlungszuversicht sind die Klammer, die politische Aktionen und Gegenöffentlichkeit zusammenheften; diese erlebte Ganzheit begründete die später immer wieder beschworene „studentische Gegenöffentlichkeit".

So einheitlich wie bei Negt skizziert stellte sich die „Gegenöffentlichkeit der Studenten" nicht dar. Der 2. Juni 1967 bedeutete bereits einen tiefen Einschnitt in die Hoffnung auf eine aufwärtsführende sozialistisch-humanistische Gesellschaftsentwicklung Empörung und Verzweiflung klingen durch Bernd Rabehls Worte: ..... Nach den Vorfällen vor der Oper schütteten nicht nur die Gazetten ihre Verleumdungen über die Studenten, auch die demokratiebeflissenen Parlamentarier wetteiferten im Verdrehen von Tatsachen und in der übelsten Hetze mit den Redakteuren ... Unter dieser extremen Bedrohung unternahmen die Studenten eine verzweifelte Anstrengung, die Wand des Hasses zwischen sich und der Bevölkerung zu durchbrechen, indem sie sich mit Tausenden von Flugblättern an diese Bevölkerung wandten und so eine populistische Gegenöffentlichkeit schufen, die der jahrelangen Manipulation von Seiten der Springer-Presse begegnen sollte."

Hier werden tiefe Zweifel an der Funktionsfähigkeit der demokratischen Öffentlichkeit deutlich. Der SDS erklärte nach dem Tod Ohnesorgs: „Der Verlauf der Protestaktionen zeigt; daß der politische Protest mehr und mehr darauf verwiesen ist, sich selbst die Mittel zu schaffen, mit dem breitere Bevölkerungsgruppen informiert und aufgeklärt werden können."

Das Auseinanderfallen von Aktion und Veröffentlichung kennzeichnet eine wichtige Etappe im Verfallsprozeß der antiautoritären Studentenbewegung. Das Bewußtsein, daß die direkte Aktion zur Ausbreitung der Bewegung nicht genügt, daß hierfür eine gesonderte Öffentlichkeitsarbeit nötig ist, bewirkte eine Neudefinition politischer Strategien und förderte die Ausdifferenzierung verschiedener Richtungen. Schon in der Blütezeit der Studentenbewegung kam es zu einer Ausdifferenzierung von Strömungen, die auch in eigenen Medien ihren Ausdruck fand. Dieser „Entmischungsprozeß", der sich auch heute in der Differenzierung der Alternativpresse niederschlägt, sei nachfolgend als Übergang zur „alternativen Öffentlichkeit" ab Mitte der siebziger Jahre skizziert.

III. Entmischung und Zersplitterung der „Gegenöffentlichkeit"

Von „Entmischung" der Gegenöffentlichkeit zu sprechen, unterstellt den gemeinsamen Ausgangspunkt, die Aufspaltung des Ganzen in verschiedene Teile. Dieses Bild ist einerseits falsch gewählt, da es von Beginn an unterschiedliche und teilweise entgegengesetzte Stränge in der Studentenbewegung gab. Andererseits bezeichnet es zutreffend den fortschreitenden Fraktionierungsprozeß. Beide Aspekte sollen im folgenden veranschaulicht werden.

Thomas Daun, dessen vordringliches Interesse im übrigen der literarischen Alternativpresse gilt, unterscheidet in der Medienszene der sechziger Jahre zwei Genres: „... die politischen Zeitschriften einer Gegenpresse: Fizz, Agit 883, Ca ira, Radikalinsky, Extra-Dienst ..", und die weniger verbreitete deutsche „Underground-Presse", deren Schwerpunkt im ästhetisch-kulturellen Bereich lag. Eine für die damalige Zeit einmalige Verbindung von Kultur und Politik versuchte die Zeitschrift „Song", die ab Heft 6/1968 den Untertitel „deutsche Underground-Zeitschrift" führte Bis auf wenige derartige Ausnahmeerscheinungen wurde der Begriff „Underground“ — im Unterschied zu den USA — in der Bundesrepublik mit unpolitischen, kulturellen Inhalten besetzt. „Undergroundliteratur wurde als ästhetische Innovation rezipiert und gab Anlaß zu literaturkritischen Kontroversen." Zwischen der ästhetisch-literarischen, künstlerischen Medienpraxis einerseits und der politischen „Gegenpresse" andererseits bildete sich eine Trennung heraus, die erst Ende der siebziger Jahre — zuerst in den Zeitschriften der Frauenbewegung — durchbrochen wurde.

Die mit „Gegenpresse" bezeichneten Blätter wiesen von Beginn an eine große Heterogenität in ihrer politischen Ausrichtung auf, die sich mit der Auflösung der Studentenbewegung verstärkte. Ein bemerkenswerter Vorläufer der späteren „Gegenpresse" war die 1964 gegründete Zeitschrift „Anschlag" der „Subversiven Aktion", in der die utopisch-anarchistische Strömung (z. B. Kunzelmann) mit der marxistisch-linkssozialistischen (Dutschke/Rabehl) zusammenarbeitete Die beiden dominierenden Strömungen waren die anarchistisehe, repräsentiert durch „Linkeck" oder „Agit 883", und die linkssozialistische, der der Berliner Extra-Dienst und — bis zu ihrer Integration in die KPD-Linie — die „Rote Presse Kor-

respondenz" zuzurechnen waren.

„Linkeck", deren Name als Wortspiel aus „Rechteck" entwickelt war, entstand 1967 als Alternative zu den „Oberbaum-Blättern", die vielen Lesern „zu brav" waren. Die bis 1969 erscheinende Zeitung verband eine provozierende Gestaltung mit radikalen Inhalten. Verbreitet war sie in der Berliner politischen Sub-

Kultur: „Linkeck erscheint monatlich. Jahres-

abo 9, 50. Schüler, Studenten, Jungarbeiter, Gammler bekommen Sonderrabatt ..."

„Agit 883" entstand aus einem ähnlichen subkulturellen Milieu als „linksradikale Kneipen-zeitung", als „Zeitung des Berliner Untergrundes und seiner Sub-Kultur". Bereits 1968 wurden gehäuft Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen durchgeführt. Waren es bei Linkeck vorwiegend pornographische Abbildungen und Texte, die Anlaß dazu gaben, so wurde die Staatsgewalt bei „ 883" durch deren radikale politische Position herausgefordert:

„Erfolgsmeldungen von Bombenlegern erschienen regelmäßig und täuschten einen militanten Untergrund im breiten Maßstab vor." 1970, nach einer weiteren Annäherung ‘an die „Stadtguerilla", wurde „ 883" verboten.

Ähnlich erging es späteren Nachfolgern dieses Blattes, etwa dem „Info Berliner undogmatischer Gruppen" („Info-BuG")

Die bisher genannten spontaneistischen bzw.

anarchistischen Medien unterschieden sich von den nachfolgend am Beispiel des „Berliner Extra-Dienstes“ (ED) beschriebenen linkssozialistischen, in ihrer Politik häufig gewerkschaftsorientierten Medien nicht nur durch die politische Strategie und Zielsetzung. Auch in der formalen Gestaltung gab es Unterschiede: Auf der einen Seite ein jeweils neu konzipiertes, häufig unübersichtliches, chaotisches Layout, Wortspielereien und provozierende Comics, auf der anderen Seite Spalten und Ressortaufteilung, standardisierte Satztypen für die übersichtlichen Kopfzeilen, Inhaltsverzeichnisse, korrekte Rechtschreibung usw.

pfe Vorgeschichte des am 20. Mai 1967 erstmals erschienenen „Berliner Extra-Dienstes" ist die Geschichte der studentischen Gegenöffentlichkeit in Kurzfassung: 1966 konnte der Spiegel-Herausgeber Augstein für die Unterstützung einer „linken Publikation für Berlin" gewonnen werden, „um die von der dominanten Springer-Presse geprägten Meinungsstrukturen innerhalb der Bevölkerung aufzubrechen oder gar zu durchbrechen" Die projektierte „Heute" wurde vor der O-Nummer gestoppt. Die beteiligten Redakteure beschlossen daraufhin, in eigener Regie das „Berliner Extra-Blatt“ herauszugeben. Zwischen dem 12. Februar und dem 13. Mai 1967 erschienen 14 Nummern dieser Wochenzeitung (Auflage durchschnittlich 40 000). In der letzten Nummer wurde als ein Grund für das Scheitern die verfehlte Gesamtkonzeption genannt. Der Versuch mißlang,..... weil die Diskrepanz zwischen Form-, BILD'-Stil-und Inhalt — linke Themen, Gesellschaftskritik — zu groß, der Widerspruch offenbar nicht überwindbar war"

Der erste und bis heute letzte Versuch, ein Gegenmedium zur Boulevard-Presse zu schaffen, war gescheitert. Nachfolgeprojekt war der „Extra-Dienst“, ein zweimal pro Woche erscheinendes, ca. 5 000 Abonnenten erreichendes Blatt im DIN A 5 Format. Anfangs war der „Extra-Dienst" ein Forum der Diskussion und Information (über Themen wie Dritte Welt, Wirtschaftspolitik, Gewerkschaften ...) und Meinungsbildung für einen großen Teil der (West-Berliner) Linken. Unter anderem bedingt durch die politische Auseinandersetzung um die sowjetische Intervention in der SSR verschlechterte sich seit Mitte 1968 das Verhältnis der ED-Redaktion zu den „Antiautoritären". Anfang 1969 kam es zum offenen Bruch: Mitglieder des „Republikanischen Clubs", damals Sammelbecken der APO und des SDS, riefen zur Abbestellung des „ExtraDienstes" auf. Ca. 500 von 4 000 Abonnenten sprangen daraufhin ab zur neu gegründeten „Rote Presse Korrespondenz", die später Richtungsorgan im Umfeld der „K-Gruppen" wurde. Die Integrationskraft des „Extra-Dienstes" schrumpfte weiter mit dem 1977 vollzogenen Ausschluß seines Redakteurs Charly Guggo-mos aus der SPD.

Eine neue Phase begann am 22. September 1978. An diesem Tag erschien die erste Null-Nummer der Tageszeitung „Die Neue", die aus dem zuletzt in einer Auflage von 7 500 verkauften ED hervorgegangen war. Es folgte ein dreijähriger Kampf um den linken Lesermarkt gegen die nahezu gleichzeitig gegründete linksradikale „tageszeitung" (taz). Die Konkurrenz beider Tagesmedien war eine Neuauflage der Spaltung des SDS in die organisatorisch-marxistische und die spontaneistisch-anarchistische Linie. Dieses Mal setzte sich die anti-traditionale, „alternative" Linie durch: Die „taz" machte das Rennen mit heute ca. 40 000 verkauften Exemplaren; „die Neue" erscheint seit Jahresanfang 1982 als Wochenzeitung.

Das hervorstechende Merkmal dieser jetzt 15 Jahre währenden Geschichte vom „ExtraBlatt" über den „Extra-Dienst" zur „Neuen" ist die Aufsplitterung des politischen Bezugsfeldes: Zuerst Aufgabe des Konzeptes, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen; danach Ab-spaltung der Antiautoritären, kurze Zeit später der maoistischen und marxistisch-leninistischen Organisationen und schließlich die Lösung der bestehenden Bindungen durch die SPD. Die Fragmentierung der Studentenbewegung fand so ihren Niederschlag in der Ausdifferenzierung von politischen Richtungsmedien, die jeweils nur eine beschränkte politische Teilöffentlichkeit erreichten. Manchmal wurde sogar umgekehrt die Identität der politischen Gruppen erst durch das Medium konstituiert

Aus der Studentenbewegung als 1967/68 noch ganzheitlichem, „die gesamte Bundesrepublik erfassenden Phänomen ... mit sozialpsychologischer Eigendynamik" war eine kaum überschaubare Vielfalt von politischen Organisationen, Sekten und Subkulturen entstanden. Die „Bewegung" war in konkurrierende Politorganisationen transformiert, von denen sich anarchistische und spontaneistische Subkulturen abgewendet hatten. Die „Gegenöffent-lichkeit" zerfiel in organisationsinterne bzw. subkulturelle Teilöffentlichkeiten Diesem Zerfallsprozeß zugrunde liegt die kollektive Unmöglichkeit bzw. Unfähigkeit, „ .. einen Bewußtseinsstand auch dann aufrechtzuerhalten, wenn der Bruch zwischen diesem Bewußtsein und der realen Praxis physisch und psychisch unerträglich geworden ist" Das wachsende Bewußtsein von den begrenzten Möglichkeiten einer gesellschaftsverändern-den „Gegenöffentlichkeit" führte unter anderem zu verschärftem Kampf der verschiedenen „revolutionären" Linien untereinander Der Außendruck wirkte nicht mehr solidari. sierend, wie in der Zeit der Anti-Springer-Kampagnen, sondern führte über die psychi-sehe Destabilisierung der Beteiligten und politische Fraktionierung zur Frontenbildung im Innern der Bewegung und schließlich zu deren Zersplitterung.

IV. Der Bruch mit der organisationsgebundenen Gegenpresse

In der bisherigen Darstellung wurde ein weiter Bereich der linksoppositionellen Gegen-presse ausgelassen: die organisationsgebundenen (durch Parteien, Verbände oder ihnen nahestehende bzw. ähnliche Organisationen) und die innerhalb von Institutionen (Schule, Hochschule oder Betrieb) herausgegebenen Zeitungen und Zeitschriften. Von diesen gab es bereits 1970 einige hundert Publikationen. Hierzu gehörten u. a. die linken Studentenzeitungen (z. B.der Berliner „FU-Spiegel"), die Blätter der Humanistischen Union (z. B. „Vorgänge" aus München) und die dem orthodoxen „Traditionalistenflügel" nahestehenden Blätter (z. B. die Kölner „Facit" und die „Deutsche Volkszeitung" aus Düsseldorf

Sowohl die institutionen-wie die organisationsgebundenen Publikationen zählen nicht zur Alternativpresse der späten siebziger Jahre. Der Prozeß des Auseinanderfallens von organisationsgebundenen Medien und „Gegenpresse" bzw. „Alternativpresse" verlief in zwei Schritten: Zunächst wurden die Publikationen der Moskau-bzw. Peking-orientierten, als „orthodox" oder „traditionalistisch" bezeichneten Organistionen, später all jene Zeitungen nicht mehr zur unabhängigen Oppositionspresse gerechnet, die von Parteien oder Organisationen herausgegeben werden. Diese „Organisationsfeindlichkeit" kennzeichnet die „Alternativkultur", die der „instrumenteilen Politik der Organisationsvariante" eine „authentische Politik der Emanzipationsvariante" entgegenzusetzen sucht Die beiden Etappen, die von der zwar intern differenzierten, aber nach außen geschlossen wirkenden studentischen Gegenöffentlichkeit hin zur Alternativpresse der heutigen Zeit führen, werden nachfolgend dargestellt.

Die erste Etappe begann 1968 mit dem Ausschluß von fünf dem „Traditionalistenflügel" angehörenden Mitgliedern aus dem SDS. Dieser Flügel formierte sich in der Folgezeit zum Moskauorientierten „Marxistischen Studentenbund Spartakus" Etwa parallel verlief die Gründung der „K-Gruppen" (u. a.: die „Kommunistische Partei Deutschlands/Aufbauorgani-sation", der „Kommunistische Bund" und der „Kommunistische Bund Westdeutschland" pie „linksunabhängige Presse" grenzte sich gegen diese als abhängig bezeichneten Richtungsorgane der „orthodoxen" Organisationen ab. Peter van Spall nannte 1973 in den Vorbemerkungen zur „Übersicht deutschsprachiger Periodika der unabhängigen sozialistischen Linken" als inhaltliches Aufnahmekriterium „ideologische Unabhängigkeit von den marxistisch-leninistischen Richtungen des offiziellen Kommunismus chinesischer oder russischer Observanz .. linksunabhängig sind nach diesem politischen Auswahlkriterium alle Gruppen und Organisationen, die die marxistischen Theorien aufgrund der neueren polit-ökonomischen Entwicklungstendenzen kritisch reflektieren und deshalb im Gegensatz zu den Stamokap-Konvergenztheoretikern die Diktatur des Proletariats nicht mit einer Diktatur der Bürokratie in einer . klassenlosen’ industriellen Gesellschaft verwechseln"

Von den insgesamt 187 — der Definition genügenden — in dieser Übersicht aufgeführten Publikationen lassen sich 80% eindeutig als organisationsgebunden identifizieren. Hiervon gehören die meisten in den „linkssozialistischen", den „reform-oder rätekommunistischen", den „trotzkistischen" oder in den Bereich des „Sozialistischen Büros“ (in dessen „Verlag 2000" die Übersicht erschienen ist). Außerdem sind darunter 30 Juso-oder „linkssozialdemokratische" Publikationen und einige Zeitungen der „Deutschen Jungdemokraten“ und des „DGB" sowie acht „innerkirchliche" Oppositionsblätter.

Wie aus dieser Aufzählung deutlich wird, wurde die „linksunabhängige Presse" der frühen siebziger Jahre überwiegend von Organisationen innerhalb eines relativ breiten, aber abgegrenzten politischen Spektrums getragen. Bis 1973/74 gab es kaum organisationsungebundene Blätter in dieser Szene.

Die „Alternativpresse" entwickelte ihr Selbstverständnis in der Zeit nach 1974 und hat als Identität stiftende Gemeinsamkeit die Ablehnung jeglicher partei-und verbandsmäßiger Organisierung. In der Einladung zum ersten Treffen der Alternativpresse am 8. Mai 1976 hieß es: „Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von laufenden Zeitungsprojekten und Zeitungsinitiativen in der BRD, die versuchen, eine Politik von links unten zu vermitteln und sich bewußt nicht als Sprachrohr irgendwelcher Organisationen oder Parteien verstehen."

Als Einlader zu diesem Treffen traten der „Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten", der „Aachener Klenkes" und das „Kölner Volksblatt" auf Der im Juli 1973 gegründete, bis 1981 wöchentlich erschienene „Informationsdienst" (mit den Schwerpunkten Stadtguerilla, Randgruppen, Repression, Dritte Welt, Knast und Psychiatrie) lehnte den Führungsanspruch der linken Kaderpublikationen explizit ab: „Wir wollen keinen linken Journalismus aufbauen. Laßt die Betroffenen sprechen. Gebt den Aktiven das Wort, nicht den Journalisten." Zentraler Kritikpunkt der Alternativmedien an der „Stellvertreter-Politik" der Organisationen und ihrem Journalismus ist die vorgebliche Instrumentalisierung von Betroffenen-Interessen. Dieser Vorwurf wird auch den von ihrem Anspruch her basisorientierten, meist stadtteilbezogenen Veröffentlichungen aus dem Umfeld von SPD und DKP gemacht. Die Kritik an der parteiorientierten Stadtteilpresse wird untermauert durch Forschungsergebnisse, die eine häufige Unterordnung der basisdemokratischen Zielsetzung unter die wahlpolitischen Interessen der Parteien feststellen

Dieser hier allgemein geschilderte Differenzierungsprozeß wird im nachfolgenden Kapitel an Beispielen aus der lokalen bzw. sublokalen Publizistik veranschaulicht.

V. Vom Scheitern der Stadtteilmedien zur Krise des „Betroffenenjournalismus"

Bereits in der Auflösungsphase der APO wurde versucht, den Zerfall der Gegenöffentlichkeit durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit in Betrieben und Stadtteilen zu kompensieren. „Der studentische Plan, Betriebs-und Branchenzeitungen als konstitutive Momente von Gegenöffentlichkeit zu schaffen, wies bereits die bestimmte Richtung einer politischen Arbeit der Studenten im Klassenkampf der Arbeiter." Diese in West-Berlin als „Basisbewegung" bezeichnete und insbesondere auf den Stadtteil ausgerichtete Entwicklung wurde unterbrochen durch das geschilderte Aufleben der Organisationsansätze.

Ein erwähnenswertes Beispiel für die Medien-arbeit dieser Stadtteilgruppen ist die „Märki-sche-Viertel-Zeitung" Die „MVZ" wurde 1969 gegründet. Bis zu ihrer Einstellung Ende 1973 erschienen ca. 30 Ausgaben. Die aus einem studentischen Projekt hervorgegangene Zeitung hatte einen aufklärerischen und aktivierenden Anspruch; sie wollte „die Bewohner bei ihrer Interessenlage und Bedürfnisstruktur abholen, so konservativ oder auch har-monistisch diese auch sein mag" Der anfangs praktizierte Gemeinwesenarbeitsansatz schlug 1971/72 um in eine Strategie der politischen Agitation mit dem Ziel, eine sozialistische Orientierung der im Märkischen Viertel arbeitenden Initiativen zu erreichen. Der lokale Bezug der Zeitung ließ in dieser Übergangszeit nach und Themen der „großen Politik" nahmen zu, wobei gleichzeitig eine Annäherung an die Organisationsansätze der damaligen Zeit feststellbar war Werner Brauk-mann, der 1976 die erste wissenschaftliche Arbeit zur Alternativpresse schrieb kritisierte aus der Perspektive des authentischen Medienverständnisses das Kommunikationsmodell der „MVZ": Ausgehend von der „Manipulationsthese" (deren Grundlage die oben geschilderten Auseinandersetzungen mit der Springer-Presse waren), habe die „MVZ" die „Medienwirkung als . Einbahnstraße " begriffen. Sie habe damit „die systemkonforme Bevölkerung als Produkt einer Bewußtseinsmanipulation durch u. a. die herrschende Presse" gesehen Der zweite Hauptkritikpunkt besteht in der Funktionalisierung der Zeitung für eine sozialistische Politik: „Sie machten die Zeitung zu einem Organ der Politik."

Die Alternative zum kritisierten „instrumentalen Medienverständnis" ist ein „authentisches Medienverständnis" Kernbestandteile dieses alternativen Kommunikationsmodells sind die Aufhebung der Rollentrennung zwischen Kommunikator und Rezipienten sowie die ausschließliche Bestimmung der Medieninhalte durch die „unverfälschten Interessen der Betroffenen"

Dieser Anspruch ist den ca. 250 alternativen Medien die inzwischen auf lokaler bzw. sublokaler Ebene ihr Leserpublikum suchen, gemeinsam. Voraussetzung für die Umsetzung dieses Anspruches ist ein Netz von Bürgerinitiativen und Gegeninstitutionen: Stadtteilinitiativen, Umweltschutz-und Anti-AKW-In-itiativen, Buchläden, Cafs und Kneipen, Kommunikationszentren, alternative Bildungsstätten usw. Die „Alternativpresse" hat eine doppelte Funktion für dieses Netz von Gruppen und Gegeninstitutionen: Einerseits stellt sie einen Kommunikationszusammenhang zwischen den Institutionen und über sie hinaus in der Leserschaft her, andererseits dient sie als Werbeträger für die sozialen und politischen Ideen der Gruppen und Projekte und auch für die angebotenen Dienstleistungen und Produkte von Alternativbetrieben. Unterscheidbar sind zwei Formen der Einlösung eines „alternativen Kommunikationsmodells": die der „subkulturellen Teilöffentlichkeit" und die der „Initiativen-Offentlichkeit". Per erste, auch mit Bezeichnungen wie „Scene-Presse" oder „Sponti-Zeitungen" belegte Strang sei hier nur kurz angesprochen. Ähnlich wie die „literarische Alternativpresse" wird hier „aus der Szene für die Szene geschrieben" In den großen Städten erreichen diese Blätter dank eines engmaschigen Netzes subkultureller Institutionen und Gruppierungen bis zu 10 000 Leser. Beispiele sind die Berliner „Radikal" und der Frankfurter „Pflasterstrand", beide 1976/77 gegründet. Sie sind der „politischen Gegenpresse" der Studentenbewegung sowohl in der inhaltlichen Zielsetzung wie in der formalen Gestaltung ähnlich. Übergänge zur „Initiativenöffentlichkeit" stellen Zeitungen wie das Münchener „Blatt“ (schon 1973 gegründet!) oder die Hamburger „Große Freiheit" dar.

Zielsetzung der „Initiativen-Offentlichkeit" ist, im Gegensatz zu den „Scene-Blättern“, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen Älteste und in der Umsetzung des basisdemokratischen Anspruches konsequenteste Form der „Initiativen-Offentlichkeit" sind die „Volksblätter"

Kern des Volksblatt-Konzepts ist die „Betroffenenberichterstattung" auf lokaler Ebene. Die Erstellung und Verbreitung der Zeitung wird als Dienstleistung für die aktiven Initiativen angesehen, nicht als eigenständige journalistische Leistung.

So fungierte Mitte der siebziger Jahre das „Kölner Volksblatt" als Mitteilungsorgan der damals ca. 30 Kölner Initiativen, die den Aufbau des Blattes aktiv unterstützt hatten. Die meisten Beiträge waren von den Initiativen selbst erstellte Reportagen, die durch die „Schlußredaktion" des Volksblattes nur leicht oder gar nicht überarbeitet wurden. Anfangs bediente sich das Blatt darüber hinaus auch des Tonband-Journalismus. Bürger, die durch Mißstände betroffen waren oder bestimmte Anliegen hatten, wurden durch einen Mitarbeiter des Volksblatts interviewt, das Gespräch wurde aufgezeichnet und weitgehend unverändert abgedruckt. Das Ziel beider Vorgehensweisen war: „Die Betroffenen sollen sich im Volksblatt wiederfinden." Die Zielsetzung der Blätter mit den Untertiteln „Bürgerinitiativen informieren", „Zeitung Aachener Bürgerinitiativen" oder „Initiativen aus Arbeitersiedlungen berichten" war, die arbeitenden Initiativen zu verbinden und die Betroffenen zu Wort kommen zu lassen. Die Bescheidung auf diese dienende Funktion und die häufig streng durchgehaltene Beschränkung auf lokale Themen ist ein Reflex auf die elitäre und von konkreten Erfahrungen abgehobene Politik der „K-Gruppen". Oftmals waren die Gründer von Alternativzeitungen Polit-Aktivisten, die für sich und die betroffenen gesellschaftlichen Gruppen nach neuen, befriedigenden und erfolgversprechenden Arbeitsfeldern suchten. Die in die wachsende Initiativenbewegung gesetzte Hoffnung war so groß, daß ihre Unterstützung durch eine dienstleistende Medienarbeit lohnend schien Eine ganzheitliche „Gegenöffentlichkeit", in der eine Bürgerinitiativenbewegung in breite Teile der Bevölkerung hineinwirken konnte, bahnte sich offenbar an. Die Zeitung sollte in diesem Prozeß als „Transmissionsriemen" fungieren, als zusätzliches, aber nicht eingenständiges Element im Prozeß der Gegenöffentlichkeit.

Zu den Blättern, die sich zeitweilig als „Volksblattbewegung" begriffen, schrieb Braukmann 1976, deren Selbstverständnis durchaus widerspiegelnd: „Eine linke Öffentlichkeit gibt es schon länger. Die untersuchte junge Lokalpublizistik hat nun den Durchbruch in andere Leserschichten geschafft." War dies bereits damals eine optimistische Einschätzung (denn aus der Auflagenhöhe läßt sich berechnen, daß die „Volksblätter" maximal 3 % der Wohnbevölkerung vor Ort als Leser gewinnen konnten so erweist sich der prognostische Wert der Aussage als gering. Der „Betroffenenjournalismus", der als Versuch der Anknüpfung an die studentische Gegenöffentlichkeit begriffen werden kann, indem er authentische Lebensinteressen in einer größeren Öffentlichkeit hat geltend machen wollen, ist heute, nach fünf teilweise erfolgreichen Jahren, in einer tiefen Krise

Diese Krise drückt sich aus in der Einstellung von Zeitungen (z. B.dem „Bochumer Volks-blatt", „Wat löppt" aus Wuppertal) oder in einer Umstellung der Konzeption, die sich unter anderem im Streichen der Untertitel, die auf die Sprachrohr-Funktion hinwiesen, bemerkbar macht (wie beim „Kölner Volksblatt" und dem Aachener „Klenkes"). Als einziges Blatt konnte das „Ruhrvolksblatt" der Idee treu bleiben, allerdings um den Preis der Begrenzung der Leserschaft auf die Mitglieder der Arbeiterinitiativen und die unmittelbar betroffenen Bewohner.

Mit in die Krise hineingezogen werden die Mischformen zwischen Volksblatt und Szene-Zeitungen, oftmals als „Stadtblätter" bezeichnet. Eingestellt wurden z. B. die „Passauer kleine Zeitung", „Klartext" in Essen und die „Fuldaer Stadtzeitung". Das einstmals zweiwöchentlich in einer Auflage von 15 000 Exemplaren erscheinende „Blatt“ steht vor dem finanziellen Ruin, ebenso wie das „Kölner Volksblatt", dessen Druckauflage binnen dreier Jahre auf knapp 5 000 Exemplaren halbiert wurde. Selbst die „Szene-Blätter" haben zu kämpfen. So erwägt der Frankfurter „Pflasterstrand", seine langjährig benutzte Alternativdruckerei zu wechseln, um die Druckkosten zu senken. Eine weitere Phase oppositioneller Öffentlichkeit geht zu Ende und weicht neuen Ansätzen, die mit „Professionalisierung" und „journalistischer Qualifizierung", teilweise mit „Kommerzialisierung" und vielleicht sogar mit der Rückkehr zu einer parteipolitischen Orientierung zu bezeichnen sind.

VI. Hintergründe und Tendenzen einer Neuorientierung der Alternativpresse

Die Hintergründe für die Krise der „authentischen Alternativpresse" sind in zwei Bereichen zu suchen: Im Wandel der politisch-sozialen Bewegung, deren Ausdruck Initiativen-und Szene-Medien sind, und in der Verände-rung der ökonomischen Bedingungen der Produktion und des Vertriebs von Alternativmedien. Seit 1980 werden in den Selbstverständnis-

Diskussionen der Alternativpresse Stimmen laut, die Unzufriedenheit mit der politischen Anbindung und Wirksamkeit von lokalen Alternativmedien in den Bürgerinitiativen und sonstigen Gruppen der linken und alternativen Szene zum Ausdruck bringen:

— Die Initiativen verstehen die Volks-und Stadtblätter immer weniger als „ihre" Zeitung; sie werden zunehmend in den lokalen Tages-medien, z. T. sogar in kommerziellen Anzeigenblättern berücksichtigt, und auch die Stadtmagazine scheinen wegen ihrer hohen Auflage besser geeignet, die Anliegen von Bürgerinitiativen öffentlich zu machen.

— Der Basiskonsens der Initiativen ist brüchig geworden. Insbesondere wird die Wirksamkeit des allein außerparlamentarischen Protestes von Betroffenen bezweifelt. Die zunehmende Distanzierung von der SPD trägt außerdem dazu bei, daß „Bunte" bzw. „Alternative" Wahllisten und ökologische Parteien (insbeBsondere GAZ, „Die Grünen") sowie neue Links-parteien („Demokratische Sozialisten") gegründet werden. Diese Wahlbündnisse und neuen Parteien entwickeln besonders dort, wo sie — begünstigt durch eine breite Bürgerinitiativenbewegung — bereits in die Parlamente eingezogen sind, eigene Medien (besonders in Berlin und Hamburg)

_ Die Bewegung hat wichtige Teilziele erreicht (z. B. die Verlangsamung des Autobahn-baus oder die Verkehrsberuhigung in den Städten), sieht sich andererseits jedoch in einer aussichtslosen Position, z. B. in der Auseinandersetzung um die Kernenergie, wo in den letzten beiden Jahren Gerichte letztinstanzlich den Bau bzw. Weiterbau von Atom-anlagen genehmigt haben. Andererseits erstarkt die „Friedensbewegung", die über die an unmittelbarer Betroffenheit ansetzende Politik hinausgeht, insofern sie an militär-und außenpolitischen Problemlagen ansetzt.

— Nicht nur die Friedensbewegung, auch die Umweltschutzbewegung, die Frauenbewegung und viele andere Gruppierungen haben sich zur Koordinierung ihrer Zielsetzungen und zur Darstellung ihrer politischen Anliegen eigene Medien geschaffen

Alternativmedien und aktive Basisbewegungen entwickeln sich auseinander. Dort, wo spezialisierte Gruppenmedien oder Stadtmagazine erscheinen, werden Stadt(t) zeitung und Volksblätter zunehmend als verzichtbar angesehen. In den Redaktionen kommt es zu Motivationsproblemen der Mitarbeiter — und die Auflagen sinken. Die Wichtigkeit der kleinen Alternativmedien, die mit dem Konzept des Betroffenenjournalismus arbeiten, steht gegenwärtig in Frage

Das „Kölner Volksblatt“ die Zeitung, welche das Konzept des „Betroffenenjournalismus" geprägt hat, sucht unter diesen Bedingungen nach einem neuen Verhältnis zu den Selbstorganisationen an der Basis: „Das Volksblatt und seine Redaktion muß gegenüber diesen Gruppen autonom werden, eine eigenständige politische Publizistik vertreten und nicht länger die im Medium selbst liegenden . handwerklichen’ Bedingungen vernachlässigen."

Diese Position ist nicht unumstritten; in der lokalen Alternativpresse setzt sie sich jedoch zunehmend durch. Im „Knipperdolling", dem 1975 gegründeten „Münsteraner Generalanzweifler", wurden 1980 unter dem Stichwort „Krise des Knipperdolling" zwei konkurrierende Lösungsvorschläge präsentiert, die kurz gefaßt auf die Formel „subkulturell versus bürgernah" zu bringen sind. „Die . bürgernahe'Position behauptet, (es) sei wichtig, Berichte aus linker Subkultur in Grenzen zu halten und . bürgernäher'zu werden, d. h., Hintergrundinformationen zum lokalen Geschehen zu bringen, Nachrichten, die in der Tagespresse sonst nicht zu finden sind, und andere Interpretationen lokaler Politik; dies setze eine Erweiterung unseres Themenspektrums, kontinuierliche Berichterstattung zu lokalpolitischen Themen und eine Verbreiterung des Leserkreises voraus, die nur durch die Effektivierung unserer Arbeitsformen (beispielsweise mehr . Büro-diener’) zu realisieren seien."

Inzwischen hat der „Knipperdolling" mit einem Münsteraner Veranstaltungskalender fusioniert und erscheint mit auf 10 000 Exemplare erhöhter Auflage 14tägig im Magazin-Format (DIN A 4) als „Münsteraner Stadtblatt". Ähn-lieh verfuhr das „Bremer Blatt“, dem das Magazin-Format ebenfalls erfolgsträchtiger schien und deshalb im September 1980 zur Konzeption der Stadtillustrierten wechselte. Selbst im Frankfurter „Pflasterstrand" ist der Unmittelbarkeitsjargon der vergangenen Jahre umstritten: „Wir haben die Frage nach der journalistischen Arbeit einfach aus dem Blatt herausgehalten. Wir sind eine Zeitschrift der Debatte und der Schreibtischtäter, wir wissen auch nicht, wie wir mit Journalismus umgehen können.“

Das vormalige Qualitätsmerkmal der Alternativpresse, „laienhafte und demokratische Produktionsweise", wird heute kritisch eingeschätzt. Es entsteht ein verstärktes Bedürfnis nach Qualifizierung in journalistischen und technischen Fähigkeiten besonders bei denjenigen Redaktionsmitgliedern, die mit abgeschlossener Berufsausbildung in sozialwissenschaftlichen, pädagogischen und philologischen Fächern bei dem anhaltenden Arbeitsplatzmangel eine langfristige Tätigkeit suchen. „Qualifizierung" bedeutet häufig auch „Professionalisierung". Bisher beschränkte sich die Mitarbeit in Alternativzeitungen auf unbezahlte Tätigkeit; in Ausnahmefällen wurden „Bürodiener" beschäftigt, die die Ausführung technischer Arbeiten zu gewährleisten hatten. Heute beschäftigen ca. 20 % der lokalen Alternativzeitungen meist einen oder zwei festangestellte Mitarbeiter, die auch redaktionell arbeiten Sehr weit fortentwickelt ist das Konzept des professionellen Journalismus bei den jungen Wochenzeitungen. Die „Kieler Rundschau", durch Spenden eines weiten liberalen, linken und alternativen Unterstützerkreises vorfinanziert, erscheint bereits im dritten Jahrgang. Dieses ca. 20 Seiten starke Blatt im Zeitungsformat ähnelt seinem lokalen Konkurrenten, den „Kieler Nachrichten", mehr als dem inzwischen eingestellten, alternativen Monatsblatt „Spoekenkieker". Ein ähnliches Konzept wie die „KR" verfolgt die „Hamburger Rundschau", während sich die hannoveraner " Na Na" in ihren Gestaltungsprinzipien mehr an die Alternativpresse anlehnt. Spätestens hier mag sich die Frage nach der Dehnbarkeit des Begriffes „Alternativpresse" stellen: Ist mit der Hinwendung zum professionellen Journalismus die Grenze zur etablierten Tages-und Wochenpresse überschritten? Denn neben der Unabhängigkeit von Organisationen ist die ökonomische Unabhängigkeit das entscheidende Merkmal der Alternativpresse. Insbesondere bedeutet dies Unabhängigkeit vom Anzeigenmarkt und von Gewinninteressen der Kapitalgeber für die Zeitungsproduktion

Eine Grenzüberschreitung hin zur „Kommerzialisierung" wird den „Stadtmagazinen" von den kleinen Alternativmedien vorgeworfen. Diese ca. 30 Magazine erscheinen nahezu ausschließlich in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern, drucken bis zu 90 000 Exemplare pro Monat (der Mittelwert liegt bei ca. 17 000 Exemplaren) und verkaufen pro Monat fast eine halbe Million Hefte Damit verkaufen sie etwa doppelt so viel wie die übrige lokale Alternativpresse mit insgesamt ca. 170 Titeln zusammen.

„Den vielen kleinen Redaktionen, die eine Zeitung mit durchschnittlich 2 000 Exemplaren Druckauflage, 28 DINA 4-Seiten zum Preis von ca. 1, 00 DM verkaufen, stehen wenige große Stadtmagazine gegenüber, die die zehnfache Durchschnittsauflage haben und ihr ca. 90 Seiten dickes Heft für durchschnittlich 2, 00 DM verkaufen."

Dieser Polarisierungsprozeß, der auch als „Pressekonzentration" im alternativen Medienbereich bezeichnet werden kann, ist vielfach auch ein ökonomischer Konkurrenzkampf: sowohl untereinander — die Stadtmagazine sind zu zwei konkurrierenden Anzeigenverbünden zusammengeschlossen — als auch gegenüber den kleinen Stadtzeitungen. Da die Magazine wegen ihrer hohen Auflage attraktive Werbemedien sind, wechseln lokale Anzeigenkunden der Stadtzeitungen zu der großen Konkurrenz, über die sie ihr Zielpubli-kum wesentlich besser erreichen. Der Anteil der Anzeigeneinnahmen an den Gesamteinnahmen liegt bei den Stadtmagazinen bei durchschnittlich ca. 75 %, während der Durchschnittswert bei den Stadtzeitungen bei höchstens 25% anzusetzen ist Das Münchner „Blatt", Mitbegründer des Anzeigenverbundes „SPP" („Scene-Programm-Press"), dann aber wegen politischer Bedenken ausgetreten, schrieb im August 1982: „Der Ausstieg aus der alternativen Werbeagentur SPP ... ist eine der Hauptursachen für die Finanz-Misere ... Es ermöglichte der Münchner Stadtzeitung die Entstehung in der heutigen Dimension.“ Während die (teil-) kommerziellen Stadtmagazine expandieren, stecken die kleinen Alternativmedien in der Krise und suchen nach neuen Orientierungen. Diese deuten sich an im Konzept der zu ca. 50 % anzeigeabhängigen Stadtillustrierten", denen die Bonner „De Schnüss", die „Münsteraner Stadtzeitung" und das „Bremer Blatt" zuzurechnen sind Weiterhin erfolgreich arbeitet das „Bielefelder Stadtblatt", eine im Zeitungsformat in einer Auflage von 5 000 verkaufte, weitgehend anzeigenunabhängige Stadtzeitung. Gemeinsam ist den genannten Blättern ein gegenüber ihren Vorgängern höherer Grad journalistischer Qualifizierung und Professionalisierung.

Andererseits schreitet die Expansion des Bereiches der „Stadtmagazine" fort, bedingt unter anderem durch das Ziel der Werbeagenturen und Anzeigenverbünde, die weißen Flecken im Verbreitungsgebiet der Magazine abzudecken. Hieran wird der Unterschied zu den vorangegangenen Differenzierungsprozessen der oppositionellen Medien deutlich: Dieses Mal ist die Aufspaltung ökonomisch bedingt und vollzieht sich unabhängig von Interessen der politisch aktiven Basis. Das Auseinander-treten von Medium und Politik ist die andere Seite des Kommerzialisierungsprozesses, in dem konzeptionelle Entscheidungen zunehmend am Anzeigen-und Lesermarkt orientiert werden. Viel spricht für die Einschätzung, daß mit den „Stadtmagazinen" ein neuer, interessanter und das lokale politische und kulturelle Leben aktivierender Bereich von Publizistik entsteht. Andererseits stellt sich die Frage, ob mit dem Einlassen auf die Zwänge, die aus der Marktorientierung der Magazine resultieren, Abschied vom Konzept der Gegenöffentlichkeit genommen wird.

In den nicht-kommerziellen, kleineren Alternativzeitungen, den Stadt-und Stattzeitungen, den Stadtillustrierten und den Scene-Zeitungen steht die mediale Antwort auf die Veränderungsprozesse an der Basis noch aus. Vielleicht ist die gegenwärtige Umbruchsphase der Gegenöffentlichkeit mit „Verpuppung" richtig bezeichnet: Noch ist nicht erkennbar, in welcher Gestalt basisorientierte Medienarbeit fortgeführt wird, sobald sich die neuen elektronischen Medien in die Struktur der lokalen Kommunikation einlagern und andererseits die Themen traditionaler Politik wie Massenarbeitslosigkeit, Sozialabbau und Friedenssicherung noch stärker in den Vordergrund sozialer und politischer Auseinandersetzungen treten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Uwe Bergmann, Rudi Dutschke, Wolfgang Lefevre, Bernd Rabehl, Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition, Reinbek 1968, S. 19.

  2. Ebenda, S. 27.

  3. Ebenda.

  4. Ebenda, S. 64.

  5. „Die Saat der Radikalen geht auf" — Schlagzeile der „Welt“ vom 12. 7. 1967; vgl. auch die zitierten Passagen in: Friedrich Mager, Ulrich Spinnarke, Was wollen die Studenten?, Frankfurt 19682, S. 44 ff., und die Monographie von Heinz Grossmann und Oskar Negt, Die Auferstehung der Gewalt, Springerblok-kade und politische Reaktion in der Bundesrepublik, Frankfurt 1968.

  6. Mager/Spinnarke a. a. O., S. 45.

  7. Rudi Dutschke, Mein langer Marsch. Reden, Schriften und Tagebücher aus zwanzig Jahren, Reinbek 1980, S. 229. Heinrich Albertz, zum Zeitpunkt des Attentats Regierender Bürgermeister von Berlin, schrieb im Nachruf auf Rudi Dutschke, der 11 Jahre später an den Spätfolgen der Schußverletzung ums Leben kam: „Ein toter Dutschke ist ein guter Dutschke. Dieser zynische Satz muß sich jedem aufdrängen, der die Nachrufe auf den Tod dieses so sehr geliebten Mannes in den Konzernblättern und manchen anderen Kommentaren liest und weiß, wer ihn damals zu Tode hetzte." Zitat aus: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 6. 1. 1980.

  8. 1966 wies das Bundeskartellamt darauf hin, daß „ein Unternehmen (der Springer-Konzern; Hervor-hebung und Einschub durch den Verfasser) über marktbeherrschende Stellungen auf den Märkten für überregionale Straßenverkaufszeitungen und für überregionale Sonntagszeitungen verfügt"; zit nach Urs Jaeggi, Kapital und Arbeit, Frankfurt 1973, S. 498. Vgl. als Zeitdokument: Walter J. Schütz, Die Zeitungsdichte in der Bundesrepublik Deutschland 1967/69 und die Zunahme der Ein-Zeitungs-Kreise seit 1954, in: Publizistik, Heft 3/1969, S. 311- 323.

  9. Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Neuwied 1968®, S. 28 f.

  10. Bergmann u. a„ a. a. O., S. 88. Diese allgemeine Kritik wurde für die BILD-Zeitung durch eine Projektgruppe der „Kritischen Universität“ konkretisiert In einer psychoanalytisch fundierten Inhalts-analyse wiesen sie den Gebrauch autoritärer Identifikations- und Aggressionsmuster zur Bindung der (vorwiegend kleinbürgerlichen) Leser an die BILD-Zeitung nach; vgl. Margareth Kukuck, Student und Klassenkampf. Studentenbewegung in der BRD seit 1967, Hamburg 1974, S. 124.

  11. Bergmann u. a., a. a. O„ S. 162.

  12. Ebenda, S. 174.

  13. Zitiert nach Nikolaus J. Ryschkowsky, Die linke Linke, München 1968, S. 80. S. auch Bergmann u. a, a. a. O., S. 82. Die verkaufte Auflage der Springer-Tageszeitungen verringerte sich von 5, 48 Mio. Ex. (1966) auf 4, 44 Mio. Ex. (1970); Jörg Aufermann, Bernd-Peter Lange, Axel Zerdick, Pressekonzentration in der BRD, in: Jörg Aufermann, Hans Bohrmann, Rolf Sülzer, Gesellschaftliche Kommunikation und Information, Bd. 1, Frankfurt 1973, S. 278.

  14. Oskar Negt, Alexander Kluge, Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit, Frankfurt 19786, S. 151.

  15. „Gibt es eine Krise des linken Journalismus?" (Ein Gespräch mit Oskar Negt), in: „die tageszeitung" v. 29. 4. 1982, S. 9.

  16. Peter Mosler hat die Bedeutung des Todesschusses vom 2. 6. 1967 für die politische Sozialisation vieler Aktivisten biographisch nachgezeichnet. Vielfach war dieses Ereignis prägend für die weitere Lebensgeschichte der Betroffenen. Vgl. Peter Mosler, Was wir wollten, was wir wurden. Studentenrevolte — Zehn Jahre danach, Reinbek 1977.

  17. Bergmann u. a., a. a. O., S. 173.

  18. „Niederlage oder Erfolg der Protestaktion". Erklärung des SDS, Juni 1967, zit. nach Karl Freydorf, Neuer Roter Katechismus, München 1968, S. 129.

  19. Thomas Daun, 13 Jahre Alternativpresse, in: 6. Mainzer Minipressen Messe Katalog, Mainz 1981 (ohne Seitenzählung).

  20. Ebenda.

  21. Vgl. Dutschke 1980, a. a. O. (Anm. 7), S. 211, S. 142.

  22. Mosler, a. a. O. (Anm. 16), S. 36.

  23. Ebenda, S. 23.

  24. Vgl. die Broschüre der betroffenen Agit-Drucke-rei: Das Urteil vom Agit-Prozeß, Berlin o. J. (1979).

  25. Michael Meissner, „Unsere Organisation sind unsere Leser". „Berliner EXTRA-Dienst": Beschreibung einer Ausnahme, in: Medium, Heft 4/1977,

  26. Ebenda, S. 5.

  27. Der „Kommunistische Bund Westdeutschland", neben KPD/KSV und MSB-Spartakus lange Zeit drittgrößte überregionale Studentenorganisation der Bundesrepublik Deutschland, entstand 1973 als Sammelbewegung um die Zeitschrift „Neues Rotes Forum". Seine Entstehungsgeschichte läßt sich parallel zu der Entwicklung der Zeitung verfolgen, die aus der 1968 gegründeten Heidelberger Studenten-zeitung „forum academicum" hervorgegangen ist. Vgl. Kukuck, a. a. O. (Anm. 10), S. 136 ff.

  28. Christian Krause, Detlef Lehnert, Klaus-Jürgen Scherer, Zwischen Revolution und Resignation? Alternativkultur, politische Grundströmungen und Hochschulaktivitäten in der Studentenschaft, Bonn 1980, S. 30.

  29. Vgl. zum Begriff der „partikularen Gegenöffentlichkeit": Wolfgang Beywl und Hartmut Brombach, Kritische Anmerkungen zur Theorie der Alternativ-presse, in: Publizistik, Heft 4/1982 (im Erscheinen), Kap. 2. 3. 2.

  30. Negt/Kluge, a. a. O. (Anm. 14), S. 160.

  31. Dieses aggressive Klima besteht fort und manifestiert sich z. B. in Anschlägen auf das Büro der Berliner „tageszeitung" und, wie im Fall der Libanon-Berichterstattung geschehen, auf die Wohnung eines „taz" -Redakteurs. Die Auseinandersetzungen sind dokumentiert in verschiedenen Ausgaben der „taz", Juni/Juli 1982.

  32. Eine 25 Titel umfassende Liste ist in Ryschkowsky, a. a. O. (Anm. 13), S. 95, abgedruckt.

  33. Daun, a. a. O. (Anm. 19), verfährt so, indem er unter der „politischen Gegenpresse" der sechziger Jahre ausschließlich verbandsunabhängige Zeitungen aufzählt und die organisationsgebundenen wegläßt. Wie aus den nachfolgenden Bemerkungen zur „linksunabhängigen Presse” hervorgeht, entspricht

  34. Vgl. dazu Beywl/Brombach, a. a. O. (Anm. 29) Kap. 2. 4.

  35. Dieses Gegensatzpaar ist expliziert in Wolfgang Kraushaar (Hrsg.), Autonomie oder Getto? Kontroversen über die Alternativbewegung, Frankfurt 1978, S. 15 ff., S. 187 ff.

  36. Vgl. Kukuck, a. a. O. (Anm. 10), S. 165 ff.

  37. Ebenda, S. 97 ff.

  38. Peter van Spall, Übersicht deutschsprachiger Periodika der unabhängigen sozialistischen Linken, Offenbach 1973, 2. Umschlagseite; darin wird den „unabhängig kommunistischen" und den „neomaoistischen" Periodika noch ein gewisser Toleranzraum zugemessen; so sind z. B. aufgeführt: „Unser Weg", Zeitschrift des Kommunistischen Bundes, und „Neues Rotes Forum, Zentralorgan der Kommunistischen Gruppe, NRF" (vgl. auch Anm. 27).

  39. Vgl. ID, Nr. 124 v. 8. 5. 1976.

  40. Vgl. das Protokoll des ersten Treffens der Alternativzeitungen in: Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten (ID), Nr. 138/139 vom 21. 8. 1976.

  41. Aus einem Flugblatt des ID des Jahres 1973.

  42. Vgl.den Sammelband von Otfried Jarren (Hrsg.), Stadtteilzeitungen und lokale Kommunikation, München 1980.

  43. Bergmann u. a., a. a. O. (Anm. 1), S. 175.

  44. Autorengruppe „Märkische Viertel Zeitung", Stadtteilzeitung, Reinbek 1974.

  45. Ebenda, S. 64.

  46. Werner Braukmann, Auch: Eine Zeitung „von oben', in: Medien, Heft 3/1978, S. 37 ff.

  47. Werner Braukmann, Alternativen der Lokal-presse in der Bundesrepublik seit Ende der 60er Jahre (Wiss. Hausarbeit, Universität Marburg, un-veröff.), 1976.

  48. Braukmann 1978, a. a. O., S. 40.

  49. Ebenda, S. 41.

  50. Zum Begriff des „instrumentalen Medienverständnisses" vgl. Frank Böckelmann, Theorie der Massenkommunikation. Das System hergestellter Öffentlichkeit, Frankfurt 1975, S. 223; zum Begriff des „alternativen Kommunikationsmodells" vgl. Beywl/Brombach, a. a. O. (Anm. 29), Kap. 2. 3.

  51. Vgl. dazu ausführlich Claus Eurich, Kommunikative Partizipation und partizipative Kommunikationsforschung, Frankfurt 1980.

  52. Einen jeweils aktuellen Überblick über diese Zeitungen gibt das jährlich erscheinende „Riesengroße Verzeichnis Aller Alternativzeitungen", hrsg. von der „ArbeitsGruppe AlternativPresse", Postfach 13 11, Bonn. Als neueste Ausgabe ist erschienen: AgAp (Hrsg.), Extraausgabe 1982, Bonn 1982.

  53. Vgl. dazu die ca. 25 Stadt-und Stattbücher, deren erstes 1979 in Berlin erschienen ist; eine Bezugsliste ist in AgAp 1982, a. a. O., S. 36 abgedruckt.

  54. Hadayatullah Hübsch, Alternative Öffentlichkeit. Freiräume der Information und Kommunikation, Frankfurt 1980, S. 99. Eine Dokumentation der Abkapselung kleiner „In-Kreise" mit hoher Kommunikationsdichte ist der Reader von Günther Emig, Peter Engel, Christoph Schubert, Die Alternativ-presse. Kontroversen, Polemiken, Dokumente, Ellwangen 1980 (vgl. auch Anm. 29).

  55. Auf dem 2. Treffen der Alternativen Presse (Oktober 1976 in Kassel) entstand eine „... Front zwischen Volksblättern auf der einen, Szene-Blättern auf der anderen Seite...". Den „Volksblättern" wurde u. a. Berührungsangst mit einem explizit linken Politikverständnis vorgeworfen. Auf dem nachfolgenden Treffen (Jan. 1977 in Hannover) fehlten mehrere nordrhein-westfälische Volksblätter; vgl. ID, Nr. 149 v. 30. 10. 1976.

  56. Als wichtigste seien genannt (mit Gründungsdaten in Klammern): „Kölner Volksblatt" (1974), „Klenkes“, Aachen (1975), „Ruhr-Volksblatt" (1975).

  57. Kölner Volksblatt, Nr. 2/1975, S. 2.

  58. Die Entstehungsgeschichte verschiedener Alternativzeitungen belegt diese These; vgl. Franz Brüseke, Hans-Martin Große-Oetringhaus, Blätter von unten. Alternativzeitungen in der Bundesrepublik, Offenbach 1981 („Knipperdolling", Münster); Uschi Patermann, Marion Kretz, Martin Schmidt-Roßleben, „De Schnüss — Stattzeitung in Bonn", Bonn 1981 (unveröff.); Braukmann 1976, a. a. O. (Anm. 47), (verschiedene Blätter).

  59. Braukmann 1976, a. a. O., S. 199; vgl. auch Braukmann 1978, S. 33.

  60. Vgl. Wolfgang Beywl, Lokale Alternativpresse. Situation und Perspektiven der Weiterentwicklung; in; AgAp (Hrsg.), Die Andere Bundespressekonferenz. Dokumentation, Bonn 1980.

  61. Anachronistisch mutet angesichts dieser Einschätzung der Versuch der ca. 30 „Freien Radios" in der Bundesrepublik an. Diese illegal sendenden „Schwarzsender" wollen den basisdemokratischen Betroffenenjournalismus wiederbeleben, indem sie, dem Brechtschen Ideal der Nutzung des Rundfunks als Kommunikationsapparat folgend, den Hörern und Hörerinnen die Produktion der Sendungen überlassen wollen: „Der Dialog zwischen Gruppen oder einzelnen mit Hilfe eines bestimmten Mediums — hier des Rundfunks — setzt die gleichberechtigte Verfügbarkeit für alle Beteiligten voraus. Jeder, jede Gruppe muß senden können, und darf nicht auf Zuhören festgelegt werden“. In: Christoph Busch, Freundeskreis Freie Radios Münster (Hrsg.), Was Sie schon immer über Freie Radios wissen wollten, aber nie zu fragen wagten!, S. 71. Fraglich ist, ob die Andersartigkeit des Mediums (Rundfunk) es rechtfertigt, auf die Aufarbeitung der Erfahrungen mit dem Betroffenenjournalismus der „Volksblätter" zu verzichten.

  62. Die Anzahl der von „alternativen" und „bunten Listen" bzw.der von den „Grünen" herausgegebenen Zeitungen ist gegenwärtig nicht abschätzbar, steigt jedoch an. Beispiele sind der „Stachel" aus Berlin oder die Kölner Stadtteilzeitung „Nippes alternativ". Bemerkenswert ist die Fusion der Trierer unabhängigen Alternativzeitung „Katz" mit der parteigebundenen „Grün". Seit dem bundesweiten Kongreß „Alternativen in der Kommunalpolitik" wird die Frage kontrovers diskutiert, „ob eine listengebundene oder unabhängige Zeitung sinnvoll bzw. erfolgreicher sei" (vgl.: Bunte Liste Bielefeld [Hrsg. ], Dokumentation, Bielefeld 1981, S. 50 f.). Das „Kölner Volksblatt" stellte mit Erstaunen fest, daß 42, 5% seiner Leser eine Wahlpräferenz für die „Grünen" äußern. In: Kölner Volksblatt betr.: Leserumfrage, Nr. 9/82, S. 22.

  63. In AgAp 1982, a. a. O. (Anm. 52), sind 41 Frauen-zeitungen, 31 Umweltzeitungen und die ersten 7 „Friedens-und Anti-Kriegs-Zeitungen" aufgeführt.

  64. Die geschilderte Entwicklung trifft insbesondere auf die Alternativzeitungen zu, die bereits mehrere Jahre bestehen und Auflagen von mehr als 2 000 Exemplaren haben; diese bekommen bei Sinken der Auflagenzahlen finanzielle Probleme, da der Büro-betrieb Fixkosten verursacht, die durch Verkaufeinnahmen finanziert werden müssen. Die kleineren Zeitungen mit Auflagen um die 1 000 Exemplare, häufig ohne eigene Büroräume und mit sehr geringen Produktionskosten, sind davon nicht betroffen. Da weiterhin unverdrossen neue Zeitungen gegründet werden, kommt es zu dem paradoxen Ergebnis, daß trotz „Krise des Betroffenenjournalismus" und der Einstellung einiger größerer Blätter die Gesamtzahl der alternativen Lokalblätter zunimmt; jeweils aktuelle Daten sind den „Riesengroßen Verzeichnissen der Alternativpresse" (AgAp 1981, AgAp 1982) zu entnehmen.

  65. Kölner Volksblatt, Nr. 22/81, S. 5.

  66. „Selbstdarstellung: Krise des Knipperdolling", in: Knipperdolling, Nr. 3/1980.

  67. Mathias vom „Pflasterstrand" in: „Die Wiederkehr des Immergleichen — über Betroffenenjournalismus und die Folgen", in: Network Medien-Magazin, Nr. 1/1982, S. 27.

  68. Genauere Angaben im unveröffentlichten Bericht von Hartmut Brombach, Strukturdaten der Alternativpresse 1981, Bonn 1982 (AgAp-Arbeitspapier); vgl. auch Anm. 71.

  69. Vgl. zu den Definitionskriterien ausführlich Beywl/Brombach, a. a. O.

  70. Vgl. die umfangreiche Arbeit von Kurt Waichler, Stadtmagazine als Bestandteil der lokalen Kommunikation (wiss. Hausarbeit, unveröff.), Münster

  71. Wolfgang Beywl, Lokale Alternativpresse. Eine erste Bestandsaufnahme, in: Media Perspektiven, Heft 3/1982, S. 189. Die Schlußfolgerungen von Waichler, a. a. O., sind mit dieser Studie nicht unmittelbar vergleichbar, da jeweils unterschiedliche Definitions-und Abgrenzungskriterien angelegt werden.

  72. Vgl. Achim Meyer, Zur Anzeigendiskussion in der Alternativpresse. Die Geschichte der Anzeigen-verbünde, in: AgAp 1980, a. a. O. (Anm. 60), S. 46— 47.

  73. Damit ist die Anzeigenabhängigkeit der Finanzierungsgrundlage von Stadtmagazinen ebenso hoch wie die von Tageszeitungen. Vgl. Jochen Noll, Die Deutsche Tagespresse. Ihre wirtschaftliche und redaktionelle Struktur, Frankfurt 1977, S. 16.

  74. Die „Münchner Stadtzeitung", von der Cultura Verlags GmbH & Co KG herausgegeben, wird professionell erstellt; sie ist aus der wirtschaftlichen Initiative einer Einzelperson hervorgegangen, was schon im Entstehungsprozeß den Unterschied zu kollektiven Gründungen der Stadtzeitungen (auch einiger Stadtmagazine) deutlich macht. Das 126 Seiten starke Monatsmagazin hat mit einer Druckauflage von 15 000 Exemplaren das einstmals ebenso auflagenstarke „Blatt" (zweimal wöchentlich, ca. 68 S.) überholt; vgl. Blatt, Nr. 229 vom 20. 8. 1982,

  75. Dieses Stadium erweist sich jedoch vielleicht als kurzes Verweilen auf dem Weg zum großen Stadt-magazin; das „Bremer Blatt", eine aus dem Volks-blatt-Konzept entwickelte Illustrierte, schreibt in seiner September-Ausgabe 1982: „Unwiderruflich haben wir beschlossen, Schluß zu machen: Rund 50 Seiten BREMER BLATT jeden Monat sind uns zu wenig. Wir haben „Stoff" für mehr! Deshalb wird die nächste Ausgabe auch doppelt so stark: rund hundert ganze Seiten ... dazu der dickste Programmkalender, den diese Stadt je gesehen hat.“

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Wolfgang Beywl, M. A., geb 1954; Studium der Sozial-und Erziehungswissenschaften in Bonn; seit 1977 aktionsforscherisch im Bereich der Protest-und Alternativbewegung tätig; bereitet mit dem „Bonner Institut für Demokratieforschung" ein Weiterbildungsprojekt im Bereich bürgernaher Medienarbeit vor. Veröffentlichung u. a.: (mit Wilfried Nelles) Bürgerinitiativen und Selbshilfegru-pen, in: M. Irie (Hrsg.), Handbuch der Psychologie, Bd. 13. 2. Marktpsychologie, Göttingen 1982 (im Erscheinen).