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Die Folgevereinbarungen zum Grundlagenvertrag | APuZ 40/1982 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 40/1982 Artikel 1 Der Innerdeutsche Handel — ein Güteraustausch im Spannungsfeld von Politik und Wirtschaft Die Folgevereinbarungen zum Grundlagenvertrag

Die Folgevereinbarungen zum Grundlagenvertrag

Gottfried Zieger

/ 32 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Zehn Jahre nach Abschluß des Grundlagenvertrages am 21. Dezember 1972 kann an eine Analyse der Vertragspolitik gedacht werden. Da der Grundlagenvertrag selbst nur einen Rahmen für die Entwicklung der deutsch-deutschen Beziehungen gesetzt hat, ist der Blick auf die vorgesehenen Folgeverträge zu richten. Die nach wie vor bestehende besatzungsrechtliche Komponente der Deutschlandfrage wird deutlich bei der Arbeit der Grenzkommission. Diese vermag keine Grenzlinie einvernehmlich festzulegen, sondern ist in ihrem Auftrag darauf beschränkt, die zwischen den Besatzungszonen in Deutschland von den Siegermächten vereinbarte Grenzlinie festzustellen und zu markieren. Die Kommission hat Nachbarschaftsfragen geregelt, wie etwa die Trinkwasserversorgung im Grenzbereich. Der Ausbau der Sperrsysteme und Selbstschußanlagen auf der DDR-Seite ist trotzdem weitergegangen. Soweit die Markierung des Grenzverlaufs bisher noch nicht erfolgen konnte (ca. 100 km Elbe, Warme Bode), muß eine Einigung auf der Grundlage der besatzungsrechtlichen Gebrauchsgrenze gesucht werden. Auf dem Gebiet des Gesundheitswesens konnte 1974 eine befriedigende Vereinbarung erzielt werden. Bei der Regelung der Sportbeziehungen, gleichfalls 1974, hat das Streben der DDR nach Internationalisierung der deutsch-deutschen Sportbegegnungen hingegen einen größeren Aufschwung der Begegnungsmöglichkeiten verhindert. Der schon vor dem Grundlagenvertrag abgeschlossene Verkehrsvertrag vom Mai 1972 hat auf Straße, Schiene und Wasserweg nützliche Regelungen „in Anlehnung" an die zwischenstaatlichen Gepflogenheiten gebracht. Insgesamt ist der Reiseverkehr von West nach Ost beträchtlich, umgekehrt aber nur sehr bescheiden angewachsen. Die drastische Erhöhung des Mindestumtauschsatzes seit Oktober 1980 hat zu starken Einbußen an Begegnungsmöglichkeiten zwischen Deutschen in der DDR und in Berlin (Ost) geführt. Vereinbarungen über Haftung bei Unfällen im Kraftfahrzeugverkehr und über die Pauschalierung der Straßenbenutzungsgebühr bieten Anreize zu Fahrten in das andere Deutschland. Verbesserungen im Berlin-Verkehr mit beträchtlichen Geldleistungen der Bundesregierung kommen den Reisenden zwischen beiden deutschen Staaten zugute. Das Postabkommen von 1976 hat innerdeutsche Besonderheiten beibehalten; von westdeutscher Seite ist der Post-und Fernmeldeverkehr Inlandsverkehr geblieben. Schwierigkeiten sind freilich weiter vorhanden. Im Bereich des gegenseitigen Bezuges von Büchern, Zeitschriften, Rundfunk-und Fernsehproduktionen haben die ideologischen Positionen der DDR-Regierung wenig erbracht. Die vereinbarten Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten sind von der DDR einseitig beschnitten worden. Der Abschluß eines Abkommens über kulturelle Zusammenarbeit, über Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik und im Bereich des Rechtsverkehrs kam aus politischen Gründen bisher nicht zustande. Das gilt auch für den Umweltschutz. Der nichtkommerzielle Zahlungsund Verrechnungsverkehr hat zu gewissen Fortschritten auch bei dem Transfer von Summen in Ost-West-Richtung geführt. Insgesamt ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Den beträchtlichen Fortschritten steht die Tatsache gegenüber, daß sich bisher vieles nur durch massive Geldzahlungen der Bundesrepublik Deutschland hat bewegen lassen. Eine echte „Normalisierung" ist nicht in Sicht

Zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Grundlagenvertrages zwischen den beiden deutschen Staaten am 21. Dezember 1972 kann man der Frage nachgehen, inwieweit sich die mit dem Vertragsabschluß verbundenen Erwartungen verwirklicht haben und welche Pobleme aufgetreten sind. Der Vertrag selbst beschränkt sich auf Grundsatzerklärungen von politisch-rechtlichem Charakter in insgesamt zehn Artikeln. Seine inhaltlichen Aussagen werden nur dann unmißverständlich erfaßt, wenn man die Gesamtstruktur dieses Vertragswerkes von der Präambel über den Wortlaut des Textes, die Zusatzprotokolle und Protokollvermerke bis zu den begleitenden Briefen und Erläuterungen einbezieht. Vor allem muß stets bedacht werden, daß es sich bei dem Grundlagenvertrag nicht um ein Abkommen handelt, das zwischen zwei souveränen Staaten aus eigener Machtvollkommenheit abgeschlossen worden ist, wie man es offiziell im anderen deutschen Staate gern darstellt. Vielmehr ist der Grundlagenvertrag Bestandteil eines ganzen Vertragspaketes, in dem die Ostpolitik der Bundesregierung ihren juristischen Ausdruck gefunden hat.

Die als sogenanntes Bahr-Papier bekannten Leitsätze in denen die Positionen der im Herbst 1969 neu etablierten Bundesregierung für die Verhandlungen mit der Sowjetunion skizziert worden sind, enthalten eine Vorwegnahme der Grenzklauseln in den Verträgen mit Polen und und der DDR (Ziff. 2), insbesondere aber in den Absichtserklärungen (Ziff. 6, 7) die Grundelemente der späteren deutsch-deutschen Absprache. Vor allem aber hat schon das Bahr-Papier der besonderen besatzungsrechtlichenLage in Deutschland Rechnung tragen müssen. Die Nichtberührungsklausel im Bahr-Papier (Ziff. 4) findet sich ausformuliert in allen Ostverträgen, auch im Grundlagenvertrag Sie stellt klar (Art. 9), daß sämtliche Vertragsaussagen unter dem Vorrang der „sie betreffenden zweiseitigen und mehrseitigen internationalen Verträge 7) die Grundelemente der späteren deutsch-deutschen Absprache. Vor allem aber hat schon das Bahr-Papier der besonderen besatzungsrechtlichenLage in Deutschland Rechnung tragen müssen. Die Nichtberührungsklausel im Bahr-Papier (Ziff. 4) findet sich ausformuliert in allen Ostverträgen, auch im Grundlagenvertrag 3). Sie stellt klar (Art. 9), daß sämtliche Vertragsaussagen unter dem Vorrang der „sie betreffenden zweiseitigen und mehrseitigen internationalen Verträge und Vereinbarungen" stehen, insbesondere also unter der fortdauernden Gesamtverantwortung der Alliierten für Deutschland als Ganzes und ihrer besatzungsrechtlichen Absprachen und Vereinbarungen. Der dem Grundlagenvertrag beigefügte Briefwechsel der beiden deutschen Staaten mit den Vier Mächten, in dem die fortbestehenden Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten auch diesen gegenüber bekräftigt worden sind 4), macht vollends deutlich, wie begrenzt sich der Verhandlungsspielraum der „zwei Staaten in Deutschland" in dieser das deutsche Problem betreffenden Vereinbarung darstellt; alle Verhandlungsphasen der Ostverträge sind eng mit den Alliierten abgestimmt worden 5).

Ohne diesen aus dem Besatzungsrecht abgeleiteten Rahmen der weiterhin präsenten Verantwortung der Vier Mächte in Deutschland lassen sich die deutsch-deutschen Verhandlungsmöglichkeiten nicht richtig einschätzen. So stellt sich beispielsweise das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin vom 3. September 1971 6) als ein reines Besatzungsabkommen dar, das zur Entschärfung des Konfliktherdes um Berlin zwischen den USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion abgeschlossen worden ist. Das am 17. Dezember 1971 zwischen beiden deutschen Staaten unterzeichnete Transitabkommen hat das alliierte Vier-Mächte-Abkommen nicht etwa zu einem alliiert-deutschen Sechs-Mächte-Vertrag werden lassen. Die deutsch-deutsche Transitvereinbarung ist vielmehr eine rechtlich unselbständige Ausfüllungsvereinbarung, die auf Weisungen der Vier Mächte zurückgeht Diese Transitvereinbarung zählt also nicht zu den Folgevereinbarungen zum Grundlagenvertrag und muß darum aus der Betrachtung ausscheiden. Der besatzungsrechtlich vorgegebene Rahmen wird auch für die Folgevereinbarungen sichtbar, wenn wir uns der Arbeit der Grenzkommission zuwenden. Ihr Regelungsauftrag ergibt sich aus dem Zusatzprotokoll zu Art. 3 des Grundlagenvertrages. Die Kommission hat nämlich folgenden Auftrag: „Sie wird die Markierung der zwischen den beiden Staaten bestehenden Grenze überprüfen und, soweit erforderlich, erneuern oder ergänzen sowie die erforderlichen Dokumentationen über den Grenzverlauf erarbeiten. Gleichermaßen wird sie zur Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme, zum Beispiel der Wasserwirtschaft, der Energieversorgung und der Schadensbekämpfung, beitragen“. Von der Überprüfung nicht des Grenzverlaufs, sondern der Markierung wird gesprochen. Das ist nicht zufällig. Diese Formulierung beruht auf der Tatsache, daß die Grenzlinie zwischen beiden deutschen Staaten aus der Demarkationslinie hervorgegangen ist, die zwischen den Besatzungszonen in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs vereinbart worden ist In der Erklärung zum Protokoll über die Aufgaben der Grenzkommission durch die beiden Delegationsleiter ist klargestellt worden, daß bei der Markierung auch solche Änderungen der Grenzen der Besatzungszonen zu beachten sind, die aufgrund örtlicher Besonderheiten damals von den Besatzungsmächten verfügt worden sind Eine Änderung dieser besatzungsrechtlich fixierten Grenzlinie würde auf eine konstitutive Grenzvereinbarung hinauslaufen. Das ist aber ausgeschlossen denn es über-stiege die durch den Fortbestand der Vier-Mächte-Rechte in Deutschland den deutschen Behörden gewährten Befugnisse Der Souveränitätsmangel beider deutscher Staaten wird gerade in der Grenzfrage offensichtlich und unterscheidet diese Grenzfeststellung von üblichen anderen völkerrechtlichen Grenzvereinbarungen, bei denen die Partner den Spielraum zu (konstitutiven) Neufestlegungen der Grenzlinie haben

Diese Grenzkommission, in der die Bundesrepublik Deutschland mit den zuständigen Bundesressorts und Vertretern der vier an die DDR grenzenden Bundesländer mit DDR-Vertretern zusammenarbeitet, hat ihre Tätigkeit weitgehend abgeschlossen. Am 29. November 1978 wurde zwischen beiden Regierungen ein Protokoll über die Markierung und über die Regelung bestimmter Fragen im Grenzbereich unterzeichnet Vorausgegangen waren Vereinbarungen über einige Teilbereiche des Markierungsauftrages, insbesondere über den Fischfang in der Lübecker Bucht über die Trinkwasserversorgung der Stadt Duderstadt über Grundsätze zur Schadensbekämpfung an der Grenze und eine ganze Reihe sonstiger Vereinbarungen Sie enthalten alle nur Zahlungspflichten für die westdeutsche Seite und keine Absicherung gegen höhere Forderungen der DDR-Regierung Insgesamt gesehen läßt sich die Arbeit der Grenzkommission positiv bewerten. Sie ist als Beleg dafür angesehen worden, daß sich beide deutsche Staaten auch in strittigen schwierigen Fragen verständigen können Auch hat die Grenzkommission zur Vermeidung und Beilegung von Grenzzwischenfällen beitragen können Die Klarstellung des Grenzverlaufs hat in verschiedenen konkreten Fällen zu größerer Sicherheit geführt Auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft und der Schadensbekämpfung sind wieder Kontakte geknüpft worden, die ein lange Zeit bestehendes Vakuum ausfüllen. Allerdings hat dies alles nichts daran ändern können, daß die insgesamt fast 1 400 km lange Grenzlinie nach Abschluß des Grundlagenvertrages auf der DDR-Seite in verstärktem Maße durch Sperrsysteme und Selbstschußautomaten abgeriegelt worden ist. Da diese Sperrzäune und Metall-gitter oft nicht auf der markierten Grenzlinie, sondern eingerückt auf DDR-Gebiet stehen, ergeben sich nach Abschluß der Markierungsarbeiten immer wieder Konfliktfälle, da selbst das versehentliche Betreten von DDR-Territorium als Grenzverletzung angesehen wird. Die generelle Abgrenzungspolitik hat dazu geführt, daß von den an der Grenze neu geschaffenen Kontaktmöglichkeiten seitens der DDR-Organe höchst zurückhaltend Gebrauch gemacht wird.

Unerfüllt ist die Arbeit der Grenzkommission im Harz, an der Warmen Bode (etwa 1, 2 km), und vor allem an der Elbe zwischen Schnakkenburg und Lauenburg (etwa 95 km) Die Schwierigkeit der Markierung der Grenzlinie an der Elbe ergibt sich aus der Tatsache, daß die der alliierten Abmachung zugrunde gelegten Grenzen zwischen Mecklenburg, der Provinz Hannover und der Provinz Sachsen die Elbe mehrfach schneiden; das gilt vor allem für den Neuhauser Streifen auf der Ostseite der Elbe, der zu Hannover gehört. Die britische und die sowjetische Besatzungsmacht haben sich damals arrangiert, die Demarkationslinie zwischen beiden Besatzungszonen an der Elbe nicht durch derart übergreifende Gebiets-teile zu komplizieren. Auf der Elbe selbst hat vorzugsweise die britische Besatzungsmacht Herrschaftsgewalt ausgeübt; später hat auch die DDR eine Präsenz auf der Elbe gezeigt. Die Bundesregierung beharrt — gestützt von den beteiligten Ländern — darauf, die markierende Grenzlinie am Ostufer (Streichlinie der Buhnenköpfe) zu ziehen, wohingegen die DDR die Mitte der Schiffahrtsrinne (Talweg) als Grenze fordert Gerade das Drängen auf Festlegung dieser Grenzlinie entspringt wohl der Absicht, damit eine konstitutive Grenzregelung herbeizuführen, um auf diese Weise einen „Souveränitäts" -Nachweis für die DDR zu führen Da nach der dargestellten Lage insoweit kein konfliktfreier Handlungsspielraum besteht, muß die Bundesregierung derartige Ansinnen zurückweisen. Solange keine ein-vernehmliche Feststellung der besatzungsrechtlichen „Gebrauchsgrenze" möglich ist, signalisiert die unmarkierte Elbegrenze fast symbolisch die „offene deutsche Frage". — Durch deutsch-deutsche Absprachen ist sichergestellt, daß bis zu einer Einigung beide Seiten Schwierigkeiten in diesem Grenzabschnitt vermeiden werden

Von den übrigen in dem Grundlagenvertrag und dem Zusatzprotokoll vorgesehenen Folgevereinbarungen hat sich der Abschluß eines Abkommens über eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens als unkompliziert erwiesen. Das Abkommen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens konnte deshalb als erste Folgevereinbarung am 25. April 1974 unterzeichnet werden Gerade für den erwarteten Anstieg des Besuchs-und Reiseverkehrs stellte die wechselseitige gesundheitliche Versorgung eine wesentliche Frage dar. Jeder in das Gebiet des anderen Partners Einreisende hat während seines Aufenthaltes Anspruch auf ambulante oder stationäre Hilfe bei akuten Erkrankungen. Die Versorgung mit Arzneimitteln, Brillen, orthopädischen Hilfsmitteln usw. ist in derselben Weise geregelt. Bei schweren Erkrankungen findet der Krankentransport bis zur Grenze statt, unter Einschaltung der Leitungen des Deutschen Roten Kreuzes in beiden Ländern; in Ausnahmefällen kann der Krankenwagen die Grenze auch passieren. Bei lebensbedrohlichen Erkrankungen und bei Todesfällen „wirken die Abkommenspartner im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf hin, daß eine ärztliche Mitteilung entsprechend der im jeweiligen Staat üblichen Art und Weise sowie eine Mitteilung an die Ständige Vertretung erfolgt“ Eine solche schwerfällige Praxis der Benachrichtigung der Angehörigen entspricht der aus dem Vertragstext erkennbaren Tendenz, die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen der „international üblichen Praxis" anzupassen Auch der im Abkommen vorgesehene Informationsaustausch zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bedarf der Vereinbarung durch die zuständigen Ministerien. Auf dem Gebiet der Bekämpfung des Drogen-, Rauschmittel-und sonstigen Suchtmißbrauchs ist gleichfalls eine Zusammenarbeit, insbesondere in Form von Informationen, festgelegt worden. Das Mitführen von Arzneimitteln für den persönlichen Bedarf im grenzüberschreitenden Reiseverkehr hat in dem Abkommen nunmehr eine Rechtsgrundlage gefunden. Durch die Ernennung von Beauftragten beider deutscher Regierungen sollen Schwierigkeiten bei der Durchführung des Abkommens ausgeräumt werden. Ausdrücklich vorgesehen ist die Ausdehnung des Gesundheitsabkommens auf Berlin (West).

Wenig später, am 8. Mai 1974, ist in Vollzug des Grundlagenvertrages eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Sportbund (DSB) und dem Deutschen Turn-und Sportbund der DDR (DTSB) geschlossen worden Diese Regelung der Sportbeziehungen ist also nicht zwischen staatlichen Stellen, sondern zwischen den zuständigen Dachverbänden geschehen. Zwei politische Probleme hatten die Entwicklung der deutsch-deutschen Sportbe-Ziehungen gehemmt Die DDR hatte darauf bestanden, die im Verkehr mit anderen Staaten üblichen Kontakte herzustellen, wohingegen die Bundesrepublik Deutschland bewußt versucht hatte, zwischen deutsch-deutschen und internationalen Wettkämpfen zu unterscheiden. Andererseits lag der DDR-Staats-führung daran, ihre These von der „selbständigen politischen Einheit Westberlin" auch im Sport durchzusetzen. Demgegenüber legte man in Westdeutschland und Berlin (West) Wert darauf, die Sportler in einer gemeinsamen Mannschaft auftreten zu lassen. Als Ergebnis hat man sich in dem Protokoll geeinigt, jährlich einen Plan über die Durchführung von Sportveranstaltungen zu vereinbaren, der von beauftragten Vertretern beider Sportorganisationen ausgearbeitet wird und der Bestätigung durch den Präsidenten des DSB und den Präsidenten des DTSB bedarf Im übrigen hat sich die DDR-Seite mit ihrem Verlangen nach Zugrundelegung der internationalen Regeln durchgesetzt. In dem Kommunique über die Vereinbarung zwischen dem DSB und dem DTSB vom 8. Mai 1974 hat auch die westdeutsche Seite ausdrücklich erklärt, „in ihren Beziehungen die anerkannten Grundsätze des internationalen Sports, der gegenseitigen Achtung und Anerkennung, der Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung zu respektieren" über die Einbeziehung der Sportler von Berlin (West) ist in dem Kommu-niqu nichts vermerkt; erst in Ziff. 2 des Protokolls findet sich die Kompromißformel, die „sportlichen Beziehungen entsprechend den Bestimmungen und Gepflogenheiten des Internationalen Olympischen Komitees und der internationalen Sportorganisation und, was Berlin (West) betrifft, auch in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Viermächteabkommens vom 3. September 1971" zu regeln. Für den gegenseitigen Sportverkehr gilt der Grundsatz, daß die Kosten der Reise von dem Gast, die Kosten der Unterkunft und Beköstigung einschließlich eines Taschengeldes von der gastgebenden Seite getragen werden.

Gleichwohl ist man im Bundesgebiet mit dem Stand des Erreichten nicht zufrieden Man wünscht sich eine bessere Ausschöpfung der beiderseitigen Möglichkeiten, insbesondere die Einbeziehung mittlerer und kleinerer Vereine. Bisher dominiert das Interesse der DDR, die Zahl der Begegnungen auf einen möglichst kleinen Kreis von Hochleistungssportlern zu begrenzen. Bei den jährlichen Vereinbarungen über den „Plan über die Durchführung von Sportveranstaltungen" ist von der DDR-Seite nur ein Bruchteil der Wettkampfange-bote des DSB aufgegriffen worden Vor allem aber bestand die Verhandlungskommission des DTSB auf der Hereinnahme multilateraler Wettkämpfe internationaler Prägung in den deutsch-deutschen Veranstaltungsplan, um den internationalen Charakter des deutsch-deutschen Sportverkehrs herauszukehren. Der Präsident des DSB sprach deshalb bei Abschluß der Vereinbarung für das Jahr 1978 von einer „Bilanz des Mangels und des Mißvergnügens" Angesichts der intensiven Pflege des Sports und des hohen Grades der Organisation auf sportlichem Gebiet muß die geringe Zahl der sportlichen Wettkämpfe in den deutsch-deutschen Beziehungen enttäuschen. Der Bewegungsspielraum der Gäste aus dem anderen deutschen Staat wird von dessen Sportfunktionären so kontrolliert, daß bei Sportwettkämpfen die Substanz für persönliche Begegnungen außerordentlich begrenzt ist. Insofern zeigen sich letztlich doch deutliche deutsch-deutsche Besonderheiten gegenüber dem üblichen Sportverkehr über staatliche Grenzen hinaus.

Auf dem Gebiet des Verkehrswesens konnte der Grundlagenvertrag sich darauf beschränken, eine Erweiterung und Vertiefung der mit dem Verkehrsvertrag vom 26. Mai 1972 begonnenen Zusammenarbeit vorzusehen. Die deutsch-deutschen Verhandlungen zum Abschluß des die Vier-Mächte-Vereinbarung über Berlin ergänzenden Transitabkommens hatten Anlaß gegeben, noch vor Aufnahme der Gespräche über den Abschluß eines Grundlagenvertrages in Erörterungen einzutreten, die dem allgemeinen Verkehr zwischen beiden deutschen Staaten galten -Die DDR erkannte in dieser Materie die politische Chance, mit der Bundesrepublik Deutschland den ersten Staatsvertrag zu schließen und damit als gleichberechtigter Staat anerkannt zu werden. Die zuvor unterzeichnete, von den Besatzungsmächten veranlaßte Transitvereinbarung war in diesem Sinne kein Staatsvertrag gewesen. Das Interesse auf westdeutscher Seite ging allgemein dahin, Reiseerleichterungen in Deutschland zu schaffen, ohne die von der DDR verlangte völkerrechtliche Anerkennung zu vollziehen

Der Verkehrsvertragvom 26. Mai 1972 dessen rascher Abschluß — so ist vermutet worden — die parlamentarische Debatte um die Ostverträge günstig beeinflussen sollte, regelt den Verkehr auf Straße, Schiene und Wasserwegen Nicht erfaßt sind der Luftverkehr und der Berlin-Verkehr; beides wegen der alliierten Vereinbarungen und Vorrechte. In diesem Vertrag ist es der DDR nicht gelungen, ihren Standpunkt voll durchzusetzen und die vertraglichen Regelungen nach dem internationalen Modell auszugestalten. Der Vertrag spricht vielmehr davon, den Verkehr entsprechend der üblichen internationalen Praxis, also nur in Anlehnung an die internationalen Gepflogenheiten, „auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und Nichtdiskriminierung in größtmöglichem Umfang zu gewähren, zu erleichtern und möglichst zweckmäßig zu gestalten" Diese Bestimmung hätte von der Bundesregierung herangezogen werden können, um der gezielten Drosselung des Reiseverkehrs zwischen beiden Staaten durch die Verdoppelung (Vervierfachung für die Berliner) des Mindestumtauschbetrages im Oktober 1980 entgegenzutreten. Dies um so mehr, als zu dem Komplex des Verkehrsvertrages ein zum Vertragsbestandteil gewordener Briefwechsel gehört, in dem die DDR-Regierung verbindlich erklärt hat, daß es „im Ergebnis der Inkraftsetzung des Verkehrsvertrages ... zu Reiseerleichterungen im Verkehr zwischen den beiden Staaten über das bisher übliche Maß kommen" wird. Die Höhe der Geldumtauschquote belief sich damals auf 13, — DM für Deutsche aus dem Bundesgebiet und auf 6, 50 DM für Deutsche in Berlin. Der Verkehrsvertrag entspricht weithin dem Verlangen der DDR-Regierung, alle deutsch-deutschen Beziehungen formalisiert völkerrechtlich zu regeln sowie Wesentliches selbst innerstaatlich bis aufs kleinste zu reglementieren. Es darf aus ihrer Sicht keinen spontanen Reiseverkehr geben. Alles bedarf der vorherigen Anmeldung und Erlaubnis. Selbst die Anschriften der zu besuchenden Verwandten usw. müssen vor der Einreise bekanntgegeben werden. Die Einreise ist nur an bestimmten Kontrollstellen statthaft. Bei jeder Ein-und Ausreise sind umständliche Formalien zu erfüllen, wie es sie sonst im freien Reiseverkehr nicht gibt. Welchem starken Bedürfnis diese zustande gebrachte Regelung gleichwohl entgegenkam, ergibt sich aus den Zahlen der westdeutschen Reisenden in die DDR und nach Berlin (Ost). Im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des Verkehrsvertrages (am 17. Oktober 1972) stieg diese Zahl von 1, 4 auf 2, 3 Millionen, d. h. um 60% Nachdem diese Zahlen im Jahre 1978 einen Höhepunkt mit fast 3, 2 Millionen erreicht hatten sind sie — vor allem wegen der drastischen Erhöhung des Mindestumtausches — im Jahre 1981 auf 2, 1 Millionen zurückgegangen Die Einreisemöglichkeiten für Westdeutsche sind durch das Inkrafttreten des Verkehrsvertrages erweitert worden. Während zuvor im allgemeinen nur Verwandte ersten und zweiten Grades jährlich einmal bis zu 4 Wochen besucht werden konnten (neben den immer möglich gewesenen Reisen aus geschäftlichen Gründen, etwa zur Leipziger Messe und auf Einladung amtlicher Stellen dürfen seit der Geltung des Verkehsvertrages Deutsche aus dem Bundesgebiet, sofern ein entsprechender Antrag von DDR-Bürgern vorliegt, Verwandte und Bekannte jährlich mehrmals bis zur Dauer von insgesamt 30 Tagen in der DDR besuchen Besuche in der DDR sind ebenfalls möglich aufgrund von Einladungen von Institutionen und Organisationen aus kommerziellem, kulturellem, sportlichem oder religiösem Anlaß. Touristische Reisen können auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen Reisebüros der Bundesrepublik Deutschland und der Generaldirektion des Reisebüros der DDR unternommen werden

Durch das Inkrafttreten des Grundlagenvertrages (21. Juni 1973) sind zusätzlich vier Grenzübergangsstellen für den Personenverkehr auf der Straße geöffnet worden Das hat vor allem Bedeutung für den grenznahen Verkehr. In der Form eines Briefwechsels sind gewisse Erleichterungen für eine Familienzusammenführung Verbesserungen des nichtkommerziellen Verkehrs sowie des grenzüberschreitenden Geschenk-und Päckchenverkehrs festgelegt worden. Zugleich sind die Voraussetzungen für Tagesaufenthalte im grenznahen Bereich der DDR für grenznahe Bewohner der Bundesrepublik Deutschland bestimmt worden Danach haben die Bewohner von 56 an der Grenze zur DDR gelegenen Stadt-und Landkreisen die Möglichkeit zu Tagesbesuchen in 54 auf der DDR-Seite befindlichen Kreisen. Diese Aufenthalte werden auf das 30-Tage-Jahreskon-tingent angerechnet. Von dieser der DDR-Führung mühsam abgerungenen Möglichkeit haben in den Jahren seit 1975 jährlich etwa 450 000 Reisende Gebrauch gemacht. Die massive Hochsetzung der Mindestgeldumtausch-Pflicht hat sich fast im Sinne einer Halbierung dieser Zahlen ausgewirkt Weitaus weniger Resultate hat die Vertrags-politik der Bundesregierung für Reisen von Deutschen aus der DDR 'm die Bundesrepublik Deutschland erbracht. Bei aller administrativ abgesicherten „Großzügigkeit" der Staatsführung der DDR für Einreisen in die DDR, hat sie sich höchst verschlossen gezeigt, ihren Bürgern (soweit es sich nicht um Funktionäre handelt) eine besuchsweise Ausreise in das Bundesgebiet zu erlauben. Offensichtlich steht da-hinter die Sorge, Bevölkerungsverluste zu erleiden. Die Rentnerreisen aus der DDR stehen in keinem Zusammenhang mit dem Grundlagenvertrag. Sie gehen vielmehr auf eine einseitige Gewährung seitens der DDR-Regierung zurück, die offiziell als Folge eines Gesprächs zwischen Ulbricht und dem thüringer Landesbischof Mitzenheim am 18. August 1964 angesehen wird Die Zahl der von dieser Möglichkeit Gebrauch machenden Rentner ist seit 1965 mit 1 Million bis 1, 3 Millionen Personen jährlich etwa gleichgeblieben

Am Tage des Inkrafttretens des Verkehrsvertrages hat der Ministerrat der DDR auch Personen unterhalb des Rentenalters die Möglichkeit eingeräumt, in dringenden Familienangelegenheiten (Geburten, Eheschließungen, lebensgefährlichen Erkrankungen und Sterbefällen) bis zu 30 Tagen im Jahr in nichtsozialistische Staaten, vor allem also in die Bundesrepublik Deutschland mit Berlin (West), zu reisen Die Begrenzung dieses Personenkreises auf Großeltern, Eltern, Kinder und Geschwister ist mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrages etwas erweitert worden Weitere Änderungen sind Anfang 1982 verfügt worden Reiseerleichterungen haben sich ferner dadurch ergeben, daß die DDR-Regierung ihren Staatsbürgerschaftsanspruch für die Deutschen, die ohne Genehmigung das Gebiet der DDR verlassen haben, schrittweise zurückgenommen hat Das ermöglicht diesem Personenkreis, Anträge auf Einreise in die DDR und nach Berlin (Ost) zu stellen. In keinem dieser Fälle besteht für den DDR-Deutschen ein Anspruch auf Reisegenehmigung; es handelt sich stets um eine Ermessensentscheidung der DDR-Behörden.

Für den Reiseverkehr in den anderen deutschen Staat mit dem Kraftfahrzeug ist es wesentlich, daß auch Haftung und Betreuung bei Unfällen geregelt sind. Das ist durch eine Vereinbarung des Bundesministers der Justiz mit dem Finanzminister der DDR über den Ausgleich von Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen geschehen, die durch eine Übereinkunft zwischen den beiden Versicherungsträgern, dem HUK-Verband und der Staatlichen Versicherung der DDR konkretisiert worden ist. Grundsätzlich richtet sich der Umfang des Versicherungsschutzes nach den Rechtsvorschriften und Versicherungsbedingungen, die am Unfallort maßgebend sind; ist der Versicherungsschutz am Wohnsitz des Schädigers höher, so ist dieser maßgebend Da der Versicherungsschutz sich zwischen beiden deutschen Staaten zum Teil erheblich unterscheidet, wird der Westdeutsche, der einen Autounfall in der DDR erleidet, von einem Schädiger aus der DDR geringere Entschädigungsleistungen erhalten, als er sie im Bundesgebiet erlangen würde, so wie im umgekehrten Falle der Schädigung eines DDR-Deutschen durch einen Westdeutschen in der DDR ersterer eine höhere, westdeutschem Recht entsprechende Leistung erhielte. In dem ersten Fall ist eine Härteregelung vorgesehen (etwa für die Höhe des Schmerzensgeldes), die von der zuständigen Versicherung, in dem erwähnten Falle also von dem HUK-Verband, zu übernehmen wäre, über die gegenseitigen Pflichtleistungen wird laufend zwischen den Dachverbänden abgerechnet.

Zum Thema der Verbesserung des Verkehrs zwischen den Menschen in Deutschland zählt die Vereinbarung zwischen beiden deutschen Staaten über die Pauschalabgeltung von Straßenbenutzungsgebühren vom 31. Oktober 1979’ Eingeführt hatte die DDR-Regierung Straßenbenutzungsgebühren im Jahre 1951 und sie vier Jahre später erhöht. Erst als der Bundesgesetzgeber darauf reagierte und durch das Kraftfahrzeugsteuergesetz von 1979 eine Rechtsgrundlage geschaffen hatte, DDR-Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet und Berlin (West) zur Kraftfahrzeugsteuer heranzuziehen, erreichte die Bundesregierung, daß die DDR auf die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für westdeutsche Lastkraftwagen und Omnibusse verzichtete. Als Gegenleistung wird im Bundesgebiet keine Kraftfahrzeugsteuer für Lastkraftwagen und Omnibusse aus der DDR erhoben. Es ist der westdeutschen Seite nicht gelungen, den Verkehr mit Pkw in dieses Befreiungsabkommen einzubeziehen, weil weitaus mehr Pkw aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR fahren als umgekehrt Dafür hat sich die Bundesregierung verpflichtet, von 1980 an bis zum Jahre 1989 jährlich eine Pauschalabgeltung für Straßenbenutzungsgebühren für Pkw in Höhe von 50 Millionen DM zu entrichten. Das bedeutet für die Betroffenen eine erfreuliche Entlastung und Vereinfachung. Es bleibt indessen die Frage offen, warum bei Abschluß dieser Vereinbarung keine vertragliche Festlegung erzielt worden ist, daß — gleichsam als Geschäftsgrundlage dieses Übereinkommens — von dem bisherigen Umfang der Kraftfahrzeugbenutzung bei Reisen in die DDR ausgegangen wird. Die Möglichkeit der Kraftfahrzeugbenutzung beruht bislang auf keiner vertraglichen Grundlage, sondern liegt ausschließlich im Ermessen der DDR-Führung. Der beträchtliche Rückgang im Pkw-Reiseverkehr nach der drastischen Erhöhung des Mindestumtauschsatzes im Oktober 1980 zeigt, daß diese Frage nicht nur theoretischer Natur ist. Der Berlin-Verkehr ist in diese Regelung nicht einbezogen.

In diesem Zusammenhang kann auf die Absprachen verwiesen werden, die zwischen beiden deutschen Regierungen über Verbesserungen im Berlin-Verkehr zustande gekommen sind. Eine Vereinbarung vom 19. Dezember 1975 bezog sich auf den Ausbau der Autobahn Helmstedt—Berlin’ die Bundesregierung übernahm 65% der Gesamtkosten (= 259, 5 Mio. DM) und weitere 51 Millionen zur Beschleunigung des Eisenbahnverkehrs nach Berlin. Am 16. November 1978 konnte eine weitere Vereinbarung über den Bau der Autobahn Hamburg—Berlin abgeschlossen werden Die Bundesregierung stellt dafür einen Betrag von 1, 2 Mrd. DM bereit. Dabei sollte nicht übersehen werden, daß ein ganzes Stück dieser Strecke (Berlin—Wittstock) als Teil der DDR-Autobahn nach Rostock bereits in Ausführung begriffen war. Erwähnt werden soll noch das derzeit letzte Übereinkommen vom 30. April 1980 welches sich auf den Autobahn-Neubau bzw. -Ausbau bei Wartha und Eisenach bezieht, gleichfalls auf DDR-Gebiet. Dafür entrichtet die Bundesrepublik Deutschland einen Betrag von 268 Millionen DM, neben weiteren Maßnahmen für die Eisenbahn. Alle diese inzwischen weitgehend verwirklichten Projekte kommen über den Berlin-Verkehr hinaus den Verbindungen der Deutschen im geteilten Deutschland zugute. Ungewöhnlich bleibt die Tatsache, daß die Bundesrepublik den Bau und Ausbau von Straßen usw. in der DDR zum Teil finanziert und für die Benutzung abermals Gebühren zu entrichten hat.

Der Abschluß eines Post-und Fernmeldeabkommens zählt gleichfalls zu dem Katalog der im Grundlagenvertrag geplanten Folgeverträge. Die Bedeutsamkeit dieser Materie hatte schon vor Abschluß des Grundlagenvertrages zu Kontakten und Gesprächen zwischen beiden Staaten in Deutschland geführt Dem Verlangen der Bundesrepublik Deutschland nach einem großzügigen und unbehinderten Nachrichtenverkehr gerade zur Stärkung der menschlichen Bindungen stand das Anliegen der DDR gegenüber, die Schleusen im Zuge ihrer allgemeinen Abgrenzungspolitik nur bedingt zu öffnen und ihre Forderung, internationale Grundsätze auf die deutsch-deutschen Beziehungen auch in diesem Punkte zu über-nehmen. Im Zusatzprotokoll hat man sich dann dahin geeinigt, ein Post-und Fernmeldeabkommen zwar auf der Grundlage der Satzung des Weltpostvereins und des Internationalen Fernmeldevertrages zu schließen, aber „die bestehenden Vereinbarungen und die für beide Seiten vorteilhaften Verfahren" weiterhin gelten zu lassen. Maßgebend ist heute das Postabkommen vom 30. März 1976 das nach dreijährigen Verhandlungen zustande gekommen ist. Die vereinbarten Regelungen gestatten es, den Post-und Fernmeldeverkehr vom Bundesgebiet und Berlin (West) aus mit der DDR und Berlin (Ost) als Inlandsverkehr zu behandeln und damit den verfassungsrechtlichen Geboten gerecht zu werden. So werden von der Bundesrepublik Deutschland keine Auslandsgebühren erhoben, auf Zollinhaltserklärungen wird beiderseits verzichtet, ebenso auf den Austausch internationaler Formalitäten. Für die pauschale Abrechnung der gegenseitigen Leistungen hat man sich an die schon früher (1970/71) abgesprochenen Regelungen gehalten Für Sendungen in das jeweils andere Vertragsgebiet findet eine Kennzeichnung der Postleitzahlen nach der Herkunftsbezeichnung im Kraftfahrzeugverkehr statt, für Sendungen in das Bundesgebiet und nach Berlin (West) also mit einem „D", für Postsendungen in die DDR und nach Berlin (Ost) mit einem „DDR". Auf diese Weise ist auch Berlin (West) mit unter dem „D" erfaßt. In der DDR hat man es freilich nicht aufgegeben, die Vereinbarung in diesem Punkte zu unterlaufen Auch beim Telefonverkehr sind Schwierigkeiten ersichtlich geblieben. In dem Protokoll vom 30. September 1971 hatte sich die DDR-Seite verpflichtet, den vollautomatischen Fernsprechverkehr bis zum 31. Dezember 1974 schrittweise aufzunehmen und die dafür erforderlichen Leitungen zu schalten. Doch waren Ende 1978 erst 77% der Gespräche vom Bundesgebiet und 97% der Gespräche von Berlin (West) mit Teilnehmern in der DDR und in Berlin (Ost) vollautomatisiert Die mehrfaehe Zusage im Abkommen vom 30. März 1976, den Post-und Fernmeldeverkehr „so einfach und zweckmäßig wie möglich" zu gestalten wurde nicht stets erfüllt. Die Laufzeit der Briefe ist nach wie vor beträchtlich, die Verlustquote sehr hoch Vor allem dort, wo der vollautomatische Fernsprechverkehr eingeführt worden ist, verhindern funktionsgestörte (blind belegte) Leitungen die Chance einer Verbindung zum Teil in ungewöhnlichem Maße. Der Telefonverkehr in ost-westlicher Richtung kennt, vielfach noch handvermittelt, stundenlange Wartezeiten, selbst für dringende Gespräche; von dem 5-Sterne-Hotel „Merkur" in Leipzig konnte man noch im Sommer dieses Jahres zwar alle größeren Orte in Westund Osteuropa im Selbstwählverkehr erreichen, nicht aber im Bundesgebiet. Insofern ist das „Normalisierungsprogramm" des Grundvertrages auf diesem Gebiet noch längst nicht erreicht. Der Betrag der Pauschalabgeltung für die Leistungen der Deutschen Bundespost an die Postverwaltung der DDR ist von 30 Millionen DM jährlich für den Zeitraum von 1977 bis 1982 auf 85 Millionen her-aufgesetzt worden.

Die Versendung von Büchern und Schallplatten auf dem Postwege nach drüben bereitet nach wie vor besondere Probleme Der Auftrag des Grundlagenvertrages gilt auch dem Ziel, „den gegenseitigen Bezug von Büchern, Zeitschriften, Rundfunk-und Fernsehproduktionenzu erweitern" • Auf diesem Gebiet gibt es außerhalb staatlicher Verträge manche literarischen Beziehungen, die mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden Der Buchhandel ist Gegenstand des Innerdeutschen Handels, der aus diesem Beitrag ausgeklammert worden ist. Die vielfältigen Kontakte im Bereich von Film, Fernsehen und Zeitschriften vollziehen sich im nichtstaatlichen Rahmen; sie bedürften einer gesonderten Darstellung.

Auch die übrigen Materien können nur stichwortartig berührt werden. So wie schon auf dem Gebiet von Publikationen, Presse und Medien die ideologischen Schwierigkeiten eine Öffnung der DDR verhindern, sind die Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten in der DDR restriktiv geblieben. Ein Briefwechsel vom 8. November 1972 hat die Basis geschaffen für die Aufnahme der Tätigkeit von 19 westdeutschen Korrespondenten von Presse und Medien in Berlin (Ost) und der DDR, zu denen sogenannte Reisekorrespondenten für besondere Anlässe treten. Auf dieser Grundlage hat sich die Berichterstattung aus dem anderen deutschen Staat entschieden verbessert. Doch zeigen die Ausweisung des Spiegel-Korrespondenten Mettke im Dezember 1975, des ARD-Fernsehkorrespondenten Loewe im Dezember 1976 und die Schließung des Büros des Spiegels in Berlin (Ost) Anfang 1978 die unüberwindbar scheinenden Schwierigkeiten und die unerfüllt gebliebenen Erwartungen, die sich gerade auf diesem Gebiete an den Abschluß des Grundlagenvertrages geknüpft hatten Durch Rechtsvorschriften hat die DDR-Regierung diese Verpflichtungen weitgehend relativiert

Seit Ende 1973 ist das vorgesehene Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit Gegenstand von Verhandlungen Einer der Hinderungsgründe für das Vorankommen der Gespräche ist die Forderung der DDR auf Herausgabe von Kulturgütern der Stiftung Preußi-ger Kulturbesitz. Die DDR-Führung versucht diesem Verlangen Nachdruck durch Erlaß einer gesetzlichen Vorschrift zu geben, in der „auch museale Objekte und Sammlungen", die verlagert worden sind, als Volkseigentum in Anspruch genommen werden Die Überwindung dieser Schwierigkeiten ist jetzt aus dem Bundeskanzleramt signalisiert worden Bisher sind nur staatliche Absprachen über einzelne kulturelle Projekte zustande gekommen, wie z. B. eine westdeutsche Ausstellung „Fotografie in Wissenschaft und Technik" 1977 in Berlin (Ost), eine entsprechende Ausstellung der DDR zwei Jahre später in Köln und derzeit eine Architekturausstellung aus dem Bundesgebiet in Berlin (Ost). Ähnlich steht es mit der Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik Hier haben die Verhandlungen gleichfalls Ende 1973 eingesetzt. Vor allem ist es dem Vernehmen nach die Weigerung der DDR-Regierung, Berlin (West) in einen diesbezüglichen Vertrag mit einzubeziehen, die ein Übereinkommen bisher verhindert hat. Es wird vermutet, daß erst ein entsprechendes Abkommen mit der UdSSR, das diese Hürde übersteigt, den Weg auch zu einem deutsch-deutschen Abkommen freimachen wird. Die persönlichen wissenschaftlichen Kontakte auf nichtstaatlicher Ebene sind schwierig geblieben.

Das im Grundlagenvertrag vorgesehene Abkommen über den Rechtsverkehr bildet seit dem August 1973 Gegenstand von Verhandlungen der beiden zentralen Justizministerien Ein Abschluß dieser Gespräche ist derzeit nicht in Sicht. Der Bundesrepublik Deutschland geht es darum, den traditionell bestehenden Direktverkehr der Gerichte und Behörden in Gang zu halten und aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten herauszubringen. In diesem Sinne hat sie die Formulierung in dem Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag durchgesetzt, daß der Rechtsverkehr „im Interesse der Rechtsuchenden" vertraglich „so einfach und zweckmäßig wie möglich zu regeln" ist. Die DDR-Regierung möchte auch hier die Einschaltung der zentralen staatlichen Stellen, um den internationalen Charakter der Rechts-und Amtshilfe zu unterstreichen. Als Komplikation erweisen sich ferner die Unterschiede der beiden Rechtsordnungen. Es werden beiderseits Ersuchen um Amts-und Rechtshilfe nur durchgeführt, wenn diese nicht der eigenen Ordnung widersprechen („ordre public"). Immerhin ist seit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrages der Rechtshilfeverkehr derzeit auf vertragsloser Grundlage wieder in Gang gebracht worden, es bestehen indes noch genügend Hindernisse und Hemmnisse

Das Thema des Umweltschutzes wird gerade mit Bezug auf das deutsch-deutsche Ver-hältnis viel in der Öffentlichkeit diskutiert Auch hier haben die seit Ende 1973 stattfindenden laufenden Verhandlungen keine grundsätzlichen Annäherungen gebracht. Die Errichtung des Umweltbundesamtes in Berlin (West) im Jahre 1974 hatte zu einer Unterbrechung der Verhandlungen geführt Im Vordergrund stehen Probleme der Gewässerverunreinigungen, wie insbesondere die Belastung der Werra durch Kaliabwässer aus der DDR, und der Luftverschmutzung. Hier müßte sich die DDR nach ihrem eigenen Selbstverständnis an den internationalen Grundsätzen der Solidarität und gegenseitigen Rücksichtnahme messen lassen, entstandene Schäden zu ersetzen und künftigem Schadenseintritt vorzubeugen. Jedenfalls ist national und international das Verursacherprinzip voll anerkannt, das die Verantwortlichkeit demjenigen zuweist, der die Umweltschädigungen hervorgerufen hat

Der nichtkommerzielle Zahlungs-und Verrechnungsverkehr bildet den letzten Gegenstand, über den nach dem Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag „im Interesse der beteiligten Menschen" Verhandlungen aufgenommen und kurzfristig zu „Vereinbarungen unter sozialen Gesichtspunkten" geführt werden sollten Die im innerdeutschen Handel geltenden Transfer-Regelungen beziehen sich auf den kommerziellen Zahlungsverkehr. Es bedurfte darum der Schaffung von Möglichkeiten auch für private Zahlungen, mit denen Unterhaltsleistungen, Mietzinsverpflichtungen, Grabpflegekosten und sonstige Verbindlichkeiten reguliert werden können. Wegen der Dringlichkeit dieses Verhandlungsauftrages ist es bereits am 25. April 1974 zwischen den Finanzministern beider deutschen Staaten zu zwei Vereinbarungen gekommen Der Vertrag über den Transfer von Unterhaltszahlungenmit Protokollvermerken und einer Vereinbarung zwischen der Deutschen Bundesbank und der Staatsbank der DDR ist an die Stelle des früheren Verrechnungsverfahrens der Jugendämter getreten und ermöglicht es nunmehr, familienrechtlich begründete Unterhaltszahlungen und Schadensersatzzahlungen für Personenschäden aus gesetzlichen Haft-pflichten im Verrechnungswege über die Zentralbanken abzuwickeln. Dabei wird von einem Kursverhältnis 1 : 1 zwischen DM und Mark der DDR ausgegangen. Die Vereinbarung über den Transfer von Sperrguthaben sieht vor, daß auf der Grundlage der Gegenseitigkeit monatliche Beträge bis zu 200, — DM/M aus Sperrguthaben an den Kontoinhaber überwiesen werden können. Voraussetzung ist allerdings, daß der Kontoinhaber vorwiegend von Altersversorgung, Invalidenrente, Sozialhilfe oder Waisenrente lebt. Nicht zugelassen zu dem Transfer hat die DDR-Regierung Guthaben aus Grundstückserträgen und aus den zwangsverwalteten Guthaben von Flüchtlingen in der DDR. Da die gegenseitigen Überweisungen sich ausgleichen müssen, muß dieses Transferverfahren rasch an Grenzen stoßen, zumal DDR-Deutsche in viel geringerem Maße von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben als hier lebende Deutsche. Bis zum Ende des Jahres 1978 sind insgesamt 42 Millionen in beide Richtungen ausgezahlt worden. Um den Überhang an überweisungswünschen auf der westdeutschen Seite abzubauen, mußte von der Deutschen Bundesbank eine Annahmesperre für Transferaufträge ausgesprochen werden. Im Protokoll vom 16. November 1978 erklärte sich die DDR bereit, von 1979 bis 1982 jährlich 50 Millionen DM zusätzlich zur Verfügung zu stellen; eine Abmachung, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vereinbarung über die Verbesserungen im Berlin-Verkehr (Autobahn Berlin— Hamburg, Transitwasserstraßen, Teltow-Kanal) und die beträchtliche Erhöhung der jährlichen Transitpauschale bis zum Jahre 1989 auf 525 Millionen DM steht. In den Verhandlungen um die Verlängerung des Swings in Höhe von 850 Millionen hat sich die DDR-Regierung am 18. Juni dieses Jahres bereit gefunden, für den nichtkommerziellen Zahlungsverkehr in den Jahren 1983— 1985 jeweils 60 Millionen DM auf das Verrechnungskonto einzuzahlen, um damit die Transfermöglichkeiten zu erweitern

Versucht man eine Bilanz der bisherigen Bemühungen um die Durchführung des Grundla-genvertrages in Gestalt seiner Folgevereinbarungen zu ziehen, so ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Die positiven Seiten überwiegen, wenn man an die Resultate denkt, die bei den menschlichen Begegnungen und Kontakten in den letzten zehn Jahren wieder möglich geworden sind. Manches mag heute schon fast selbstverständlich scheinen. Der hier nicht zum Thema gehörende Innerdeutsche Handel ist gewiß das sichtbarste und ausgeprägteste Bindeglied, das beide Staaten in Deutschland in einer Sondersituation zusammenführt und das der westdeutschen Öffentlichkeit oft deutlicher gegenwärtig ist als den Deutschen im anderen deutschen Staat. Die starke Inanspruchnahme der gebotenen Reisemöglichkeiten in die DDR und nach Berlin (Ost) ist das zweite stabilisierende Element in den deutsch-deutschen Beziehungen seit Abschluß des Grundlagenvertrages. Eindrucksvoll ist die in die Millionen gehende Zahl von Reisenden, die aus verwandtschaftlichem oder touristischem Anlaß Land und Leute jenseits von Elbe und Werra aufsuchen. Die übrigen Folgevereinbarungen ranken sich mehr oder weniger um dieses zentrale Thema der Pflege menschlicher Kontakte als Zeichen nationaler Verbundenheit. Das gilt für die Erleichterungen der Modalitäten des Verkehrs ebenso wie für die gesundheitliche Absicherung während einer solchen Reise, nicht minder auch für den Post-und Telefonverkehr, finanzielle Probleme und den Bereich des kulturell-sportlichen Austausches. Ein negativer Bilanzposten bleibt die Erkenntnis, daß diese Reisemöglichkeiten nur zu einem kleinen Bruchteil auch den Menschen im anderen Deutschland bisher zugute gekommen sind.

Dem steht gegenüber das Streben der DDR-Regierung, alles in den deutsch-deutschen Beziehungen fest unter Kontrolle zu halten. Wer das erste Mal in die DDR einreist, sieht sich auch heute noch einer solchen Formalisierung und Bürokratisierung der Kontrollen gegenüber, wie er dies im internationalen Reiseverkehr des freizügigen Teils der Welt nicht kennt. Die unnachgiebige Forderung nach einem internationalen Charakter der deutsch-deutschen Beziehungen seitens der DDR bildet ein weiteres Kennzeichen der vorliegenden Vereinbarungen, um die von der Bundesregierung betonte besondere Nähe der deutsch-deutschen Relation zu konterkarieren. Der dabei vielfach in Erscheinung tretende Perfektionismus mancher Regelung wird jedoch geradezu zu einem Kriterium für das Besondere dieser deutsch-deutschen Beziehungen, wenn auch in einem anderen Sinne als im Jahre 1969, als der Begriff der „besonderen deutschen Beziehungen" von der Bundesregierung geprägt wurde.

Die DDR-Regierung hat — verständlicherweise — bei den Verhandlungen zur Durchführung des Grundlagenvertrages Wert darauf gelegt, als gleichberechtigter Partner anerkannt zu werden. Das hat sie aber nicht daran gehindert, Materien, die den Kernbereich der deutsch-deutschen Beziehungen ausmachen, von einer vertraglichen Bindung bewußt freizuhalten. Sie hat sich volle Handlungsfreiheit für entscheidende Positionen zu wahren gewußt: durch die Art und Weise der Grenzabfertigung, durch die Möglichkeit zu willkürlicher Erhöhung und Neueinführung von Gebühren bedient sie nach eigenem Ermessen die Schleuse für alle Kontakte zwischen den Menschen im geteilten Deutschland. Daß zwischen Staaten mit verschiedener Gesellschaftsstruktur andere Lösungen möglich sind, zeigt das Beispiel der (alliierten) Berlin-Vereinbarung und der dabei gewonnenen relativen Freizügigkeit. Auch für die deutsch-deutschen „Koexistenz" -Probleme liegt wohl der Schlüssel bei der sowjetischen Schutzmacht der DDR.

Eine ganze Reihe von Materien ist bisher nicht geregelt worden. Es bedarf in diesen Bereichen besonderer Beharrlichkeit, die andere Seite auf ihre Verpflichtungen zu einer passablen Lösung der im Katalog des Grundlagenvertrages aufgelisteten Probleme immer wieder hinzuweisen. Die bisherigen Erfolge bei der Vereinbarung mancher deutsch-deutschen Regelung stehen sichtbar unter der Erkenntnis, daß mit handfesten Devisenleistungen etwas zu bewegen ist. In einem gewissen Sinne mag dies bei Abwägung der gegenseitigen Interessen verständlich sein, doch sollte nachdrücklich dem Eindruck entgegengewirkt werden, daß sich die deutsch-deutschen Beziehungen in Richtung auf ein (einseitiges) Subsidien-Verhältnis für Staat und Wirtschaft der DDR entwickeln. Auch dürfen Essentialia der Rechtslage Deutschlands unter keinen Umständen für Fortschritte bei den Folgevereinbarungen in Frage gezogen werden.

In den Vertragswerken finden sich viele Aussagen über „gute Nachbarschaft" und „Normalisierung der Beziehungen". Das darf nie darüber hinwegtäuschen, daß es eine echte Normalisierung letztlich solange nicht geben kann, als die deutsche Frage als nationales Problem ungelöst und offen ist.

Fussnoten

Fußnoten

  1. BGBl. 1973 II, S. 423.

  2. Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung (Bulletin), 1970, S. 1060.

  3. Vgl. Blumenwitz, Die Unberührtheitsklausel in der Deutschlandpolitik, Festschrift (FS) Friedrich Berber, 1973, S. 83

  4. Beilage zum BAnz. Nr. 174 vom 15. September 1972, S. 44.

  5. A a. O„ S. 7.

  6. Vgl. Ziff. 3 der Anlage I und Ziff. 5 der Anlage III zum Vier-Mächte-Abkommen („zwischen den zuständigen deutschen Behörden" abzuschließen).

  7. Londoner Protokoll betreffend die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von Groß-Berlin vom 12. September 1944 mit Ergänzungsvereinbarung vom 14. November 1944 und Ergänzungsabkommen vom 26. Juli 1945. Texte in deutscher Übersetzung in der vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen herausgegebenen Veröffentlichung: Die Grenzkommission. Eine Dokumentation über Grundlagen und Tätigkeit, 2. Aufl. 1979 (Dokumentation), S. 7— 9.

  8. A a. O., S. 13.

  9. Ziff. 1 Abs. 2 dieser Umschreibung des Markierungsauftrages lautet: „Soweit örtlich die Grenze von diesen Festlegungen aufgrund späterer Vereinbarungen der damaligen Besatzungsmächte abweicht, wird ihr genauer Verlauf durch die Kommission an Ort und Stelle unter Beiziehung aller Unterlagen festgelegt umd markiert". Hierzu die vom Bundesminister des Innern herausgegebene Broschüre: Betrifft: 6 Jahre Grenzkommission mit der DDR, o. J., S. 24, mit dem Hinweis, daß zwischen den Besatzungsmächten Vereinbarungen über die Demarkationslinie in schriftlicher und nicht-schriftlicher Weise zustandegekommen sind.

  10. So ausdrücklich Pagel, Die Arbeit der Grenzkommission, in: Deutschland Archiv 1980, S. 22.

  11. Nass, Das Protokoll über die innerdeutsche Grenze, in: Europa Archiv 1979, S. 19(20).

  12. Zieger, Rechtsfragen zum Regierungsprotokoll über die innerdeutsche Grenze, in: Deutschland Ar-chiv 1980, S. 29(32).

  13. Text: Dokumentation (Anm. 9), S. 14.

  14. Vom 29. Juni 1974, ebd., S. 21.

  15. Vom 3. Februar 1976, ebd., S. 22.

  16. Vom 20. September 1979, ebd., S. 33.

  17. VgL die Übersicht in dem Gemeinsamen Bericht der Grenzkommission über ihre Arbeit in der Zeit vom 31. Januar 1973 bis zum 26. Oktober 1978, ebd.,

  18. Zieger (Anm. 14), S. 37. Beispielsweise ist die jährliche Pauschalzahlung für die Wasserentnahme aus der Eckertalsperre von 100 000, — DM inzwischen auf 240 000, — DM heraufgesetzt worden. Die Stadt Duderstadt hat für Trinkwasserversorgung aus dem DDR-Gebiet statt ursprünglich vereinbarter 4 200, — DM jetzt 7 900, — DM zu entrichten.

  19. Bruns, Deutsch-deutsche Beziehungen, 3. Aufl. 1982, S. 78.

  20. Nass (Anm. 13), S. 28.

  21. Vgl. die Beispiele bei Pagel (Anm. 12), S. 24.

  22. Ziff. 2 Abs. 4 des Berichts (Fn. 19). Hierzu Nass (Anm. 13), S. 24; Pagel (Anm. 12), S. 27.

  23. Ebd.; Zieger (Anm. 14), S. 35; Rauschning, Die Grenzlinie im Verlauf der Elbe, in: FS Eberhard Menzel, 1975, S. 429. Vgl. auch die Feststellung von Claus-Einar Langen: „Schukow und Montgomery waren über die Elbgrenze einig”, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. Juli 1982.

  24. Schon bei der Unterzeichnung des Grenzprotokolls am 29. November 1978 hat der Leiter der DDR-Delegation in der Grenzkommission in einem Interview auf die Frage nach der völkerrechtlichen Bewertung des Grenzprotokolls erklärt: „Die DDR ist ein souveräner Staat und die BRD nimmt das für sich auch in Anspruch. Folglich haben Vereinbarungen zwischen ihnen den Charakter zwischenstaatlicher, völkerrechtlicher Verträge." Er hat hinzugefügt, „die dokumentierte Übereinstimmung über den Verlauf der Grenze ist zweifellos ein Schritt, der die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten fördert Er bekräftigt, daß mit der Entstehung von zwei souveränen Staaten, der DDR und der BRD, an die Stelle der ehemaligen Demarkationslinie zwischen Besatzungszonen eine Grenze zwischen Staaten trat". Interview: Zum Grenzprotokoll DDR-BRD, in: Deutsche Außenpolitik 1979, Heft 2, S. 40 (41, 44).

  25. Pagel (Anm. 12), S. 28. Art 23 des Verkehrsvertrages zwischen beiden Staaten in Deutschland vom 26. Mai 1972, BGBL II, S. 1450, besagt, daß die Vertragspartner auf dem Stück der Elbe, an der die Grenzlinie bisher nicht markiert werden konnte, „einen reibungslosen Binnenschiffsverkehr" gewährleisten.

  26. BGBl. 1975, IIS. 1731. Dazu Dolezal, Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten, in: DDR Handbuch, 2. Aufl. 1979, S. 198 (205).

  27. Art. 3 Abs. 3.

  28. Art 1 letzter

  29. Text: Zehn Jahre Deutschlandpolitik, 1980 (Bericht), S. 270.

  30. Hierzu Zündorf, Die Ostverträge, 1979, S. 256.

  31. Ziff. 1 des Protokolls.

  32. Text: Bericht (Anm. 31), S. 270.

  33. Dolezal (Anm. 28), S. 208.

  34. Der Plan für das Jahr 1974 findet sich in: Bericht (Anm. S. 271.

  35. Hierzu Knecht, Sport, in: DDR-Handbuch (Anm. 28), S. 1011, 1020.

  36. Ebd.

  37. Zahlen und Zahlenvergleiche finden sich in dem vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen herausgegebenen Heft: Zahlenspiegel. Bundesrepublik Deutschland/Deutsche Demokratische Republik — Ein Vergleich, 1978, S. 81, 85.

  38. Siehe Anm. 27.

  39. über die Ausgangsposition und den Ablauf der Verhandlungen orientiert Zündorf (Anm. 32), S. 202, 210.

  40. Bericht (Anm. 31), S. 39.

  41. Siehe Anm. 27.

  42. Zündorf (Anm. 32), S. 202.

  43. Der allgemeine Personennahverkehr mit Seepassagierschiffen und Binnenschiffen ist nicht zugelassen worden, Bericht (Anm. 31), S. 39.

  44. Art 1, Ziff. 2.

  45. Anordnung über die Durchführung eines verbindlichen Mindestumtausches von Zahlungsmitteln vom 9. Oktober 1980, GBl. DDR I, S. 291.

  46. BGBl. 1972 II, S. 1456.

  47. Zündorf (Anm. 32), S. 208.

  48. Ebd s 209

  49. Dolezal (Anm. 28), S. 202.

  50. Archiv der Gegenwart vom 20. Januar 1982, S. 25. 261 A

  51. Hierzu und zum folgenden Dolezal (Anm. 28), S. 201.

  52. Briefwechsel, siehe Anm. 48.

  53. Dolezal (Anm. 28), S. 201.

  54. Briefwechsel vom 21. Dezember 1972 zur Öffnung weiterer Grenzübergangsstellen, BGBl. 1973 II, S. 428.

  55. Ebd., S. 427.

  56. Beschränkt auf die Zusammenführung von Ehegatten und den Umzug von Eltern/Großeltern, die von ihren Kindern/Enkeln betreut werden müssen. In besonderen Ausnahmefällen Genehmigung der Eheschließung.

  57. U. a. Erhöhung der Einfuhrhöchstmenge von 500 auf 1000 g Kaffee im grenzüberschreitenden Reiseverkehr.

  58. Beispielsweise Erhöhung der Ausfuhrfreigrenze für Geschenksendungen von 30 Mark auf 100 Mark der DDR.

  59. Für den grenzüberschreitenden Transitverkehr ist durch diesen Briefwechsel die Möglichkeit zur Unterbrechung der Transitreisen bei Buchung entsprechender Leistungen des Reisebüros der DDR geschaffen worden.

  60. Zündorf (Anm. 32), S. 304.

  61. Dolezal (Anm. 28), S. 202, Archiv der Gegenwart vom 20. Januar 1982, S. 25261 A: von 480 000 im Jahre 1978 auf 280 000 im Jahre 1981.

  62. SBZ von A bis Z, 9. Aufl. 1965, Stichwort „Rentnerreisen".

  63. Vgl. die Übersicht bei Dolezal (Anm. 28), S. 203. 1981 ist ein Anstieg auf über 1, 5 Millionen zu verzeichnen, Archiv der Gegenwart vom 20. Januar 1982, S. 25261 A.

  64. Anordnung über Regelungen im Reiseverkehr von Bürgern der DDR vom 17. Oktober 1972, GBl. DDR II, S. 653, geändert durch Anordnung Nr. 2 vom 14. Juni 1973, GBl. DDR I, S. 269 (60-, 65-und 70jähri-ges Ehejubiläum).

  65. Durch die oben erwähnten Erläuterungen zum Briefwechsel zur Familienzusammenführung usw. (Anm. 57) sind auch Halbgeschwister antragsberechtigt; die dringenden Familienangelegenheiten sind auf Silberne und Goldene Hochzeit ausgedehnt worden.

  66. Nach einer Mitteilung des DDR-Innenministeriums können Reisen in dringenden Familienangelegenheiten auch bei Jugendweihen, Konfirmationen, Erstkommunionen sowie bei weiteren Ehejubiläen und hohen Geburtstagen genehmigt werden, Archiv der Gegenwart vom 12. Februar 1982, S. 25321 A Durch diese Änderungen wird im Ergebnis wohl erreicht werden, daß die Reisen in dringenden Familienangelegenheiten, die 1978 bei 48 659, 1980 bei 40 450 und 1981 bei 36 667 gelegen hatten, also ständig zurückgegangen sind, wieder zu der ursprünglichen Zahl zurückkommen werden, vgl. Archiv der Gegenwart vom 18. Juni 1982, S. 25714 B Ziff. 4 (25716).

  67. Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsbürgerschaft vom 16. Oktober 1972, GBl. DDR I, S. 265 (Verlassen der DDR vor dem 1. Januar 1972); Verordnung zu Fragen der Staatsbürgerschaft der DDR vom 21. Juni 1982, GBl. DDR I, S. 418 (Verlassen vor dem 1. Januar 1981).

  68. Vom 26. April 1972, Bundesanzeiger Nr. 124 vom 7. Juli 1973.

  69. Vom 10. Mai 1973, ebd. Diese Vereinbarung schließt auch Leistungen der Ersten Hilfe bei Unfällen mit ein.

  70. Art. 4 der HUK-Vereinbarung.

  71. Bulletin vom 31. Oktober 1979, S. 1234.

  72. VO vom 6. September 1951, GBl. DDR 1951, S. 865.

  73. Vom 1. Februar 1979, BGBl. I, S. 132.

  74. Dabei wäre allerdings in Rechnung zu stellen gewesen, daß die Zahl der LKW, die aus der DDR ins Bundesgebiet kommen, unverhältnismäßig größer ist als umgekehrt, weil vielfach die Waren-Lieferungen beider Seiten im innerdeutschen Handel von DDR-Fahrzeugen transportiert werden.

  75. Rückgang im Reiseverkehr Bundesrepublik-DDR Januar—August 1981: 23, 8%, grenznaher Verkehr 32, 5%, Berlin (West) -Berlin (Ost) 52, 2%, Archiv der Gegenwart vom 13. Oktober 1981, S. 24980 C.

  76. Bulletin vom 22. Dezember 1975, S. 1434.

  77. Bulletin vom 17. November 1978, S. 1248.

  78. Bulletin vom 30. April 1980, S. 387.

  79. Hierzu Dolezal (Anm. 28), S. 207; Bericht (Anm. 31), S. 33.

  80. Zündorf (Anm. 32), S. 251.

  81. BGBl. II, S. 634.

  82. Bericht (Anm. 31), S. 35. Das hat die DDR-Seite nicht hindern können, ihrerseits im deutsch-deutschen Post-und Telefonverkehr Auslandsgebühren zu verlangen, Zollinhaltserklärungen sind vertraglich aber auch hier ausgeschlossen.

  83. Anfrage BTAbg. Dr. Riedl, BT-Drucksache 8/66 in der Fragestunde vom 28. Januar 1977, S. 14. Antwort in den Protokollen des BT 8/12 vom 4. Februar 1977, S. 547 A—C.

  84. Bulletin vom 2. Oktober 1971, S. 1521.

  85. Bericht (Anm. 31), S. 36.

  86. Art. 9 Abs. 1. Vgl. auch Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 1.

  87. 1978 sind knapp 23 000 Paketsendungen in die DDR als verloren gemeldet worden. Dolezal (Anm. 28), S. 208.

  88. Ebd.

  89. Ziff. 10 des Zusatzprotokolls.

  90. Vgl. hierzu Bericht (Anm. 31), S. 61, 64, 67.

  91. BT-Drucksache 7/153.

  92. Hierzu Zündorf (Anm. 32), S. 298; Dolezal (Anm. 28), S. 204.

  93. Durchführungsbestimmung zur VO über die Tätigkeit von Publikationsorganen anderer Staaten und deren Korrespondenten in der DDR vom 11. April 1979; GBl. DDR I, S. 81.

  94. Hierzu Zündorf (Anm. 32), S. 257; Dolezal (Anm. 28), S. 206; Bericht (Anm. 31), S. 50.

  95. § 1 Abs. 2 der VO über den Staatlichen Museumsfonds der DDR vom 12. April 1978, GBl. DDR I, S. 165.

  96. Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14. September 1982.

  97. Dazu Zündorf (Anm. 32), S. 257; Dolezal (Anm. 28), S. 206; Bericht (Anm. 31), S. 51, 63.

  98. Hierzu Dolezal (Anm. 28), S. 205; Zündorf (Anm. 32). S. 254; Bericht (Anm. 31), S. 51.

  99. Für die Bundesrepublik Deutschland gilt noch heute das Gesetz über die innerdeutsche Rechts-und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 1953, BGBl. I, S. 16, i. d. F. vom 18. Oktober 1974, BGBl. I, S. 2445.

  100. Vgl. hierzu Dolezal (Anm. 28), S. 206; Zündorf (Anm. 32), S. 252; Bericht (Anm. 31), S. 50.

  101. Es ist nicht sicher, ob die DDR-Behörden diese Verantwortlichkeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, wie sie auch der Grundvertrag bekräftigt, in der gebotenen Weise zur Kenntnis nehmen. Zweifel sind angebracht, weil das neue Wassergesetz der DDR vom 2. Juli 1982, GBl. DDR I, S. 467, zwar bemerkenswerte Grundsätze mit Sanktionen für die Reinhaltung der Gewässer gebracht hat, aber es nicht sicher ist, ob diese auch für die Werra gelten. Denn diese fehlt in dem Elbe, Saale, Oder u. a. zusammenfassenden Katalog der pflegebedürftigen Gewässer.

  102. Näheres bei Dolezal (Anm. 28), S. 206; Zündorf (Anm. 32), S. 250-, Bericht (Anm. 31), S. 32.

  103. BGBl. II, S. 622, 624.

  104. Bulletin, S. 1255.

  105. Archiv der Gegenwart vom 18. Juni 1982,

Weitere Inhalte

Gottfried Zieger, Dr. jur., geb. 1924 in Dresden; Professor für Völkerrecht, Staatsrecht, Recht der Europäischen Gemeinschaften und Internationales Wirtschaftsrecht; Direktor des Instituts für Völkerrecht der Universität Göttingen. Veröffentlichungen u. a.: Alliierte Kriegskonferenzen 1941— 1942, 1964; Die Teheran-Konferenz 1943, 1967; Das Staatsbürgerschaftsgesetz der DDR. Seine Auswirkungen auf die Rechtsordnung der Bundesrepublik, 1969; Die Staatsangehörigkeit im geteilten Deutschland, 1971; Die Verfassungsänderung in der DDR 1974, 1974; Die Rechtslage Deutschlands nach dem Grundvertrag, 1974; Die offene deutsche Frage, 1979; Individuum und politisches System in der DDR, 1979; Die deutsche Frage in den Vereinten Nationen, 1981.