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Die Außenpolitik der Regierung Reagan im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel | APuZ 13/1982 | bpb.de

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APuZ 13/1982 Die Außenpolitik der Regierung Reagan im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel Das deutsch-amerikanische Verhältnis aus heutiger Sicht Neuanfang zwischen Deutschen und Amerikanern

Die Außenpolitik der Regierung Reagan im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel

Christian Hacke

/ 57 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Forderung der Reagan-Administration nach Wandel und Erneuerung der amerikanischen Außenpolitik hat grundsätzliche und aktuelle Bedeutung. Grundsätzlich, weil zu Beginn einer neuen Administration jeder Präsident die politischen Ziele weniger unter dem Aspekt von Kontinuität, sondern unter der Möglichkeit des epochalen Neubeginns sieht. Die aktuelle Begründung für die Forderung nach politischem Wandel der Reagan-Administration liegt in der derzeitigen Beurteilung der Entwicklung von Amerikas Stellung in der Welt im Verlaufe der siebziger Jahre, die aus amerikanischer Sicht als ein Jahrzehnt amerikanischen Machtverfalls und Prestigeverlustes angesehen werden. Der Verfasser hingegen kommt zu dem Ergebnis, daß die Außenpolitik der USA in den siebziger Jahren inhaltlich und wertungsmäßig nicht als Ganzes gesehen werden darf, sondern in zwei sehr unterschiedliche Hälften auseinanderfällt In der ersten Hälfte der siebziger Jahre entwickelten die USA unter Präsident Nixon eine brillante Außenpolitik, basierend auf einer überzeugenden Politik der Stärke und einem respektablen Entspannungsprimat gegenüber der Sowjetunion. Die Außenpolitik der Carter-Administration hingegen ist in ihrer Bilanz überwiegend negativ. Mittels einer näheren Betrachtung der bisherigen Lateinamerika-, Mittelost-und EuropaPolitik der Reagan-Administration versucht der Verfasser aufzuzeigen, in welchem Umfang nicht nur der Anspruch auf Wandel, sondern auch Kontinuitätsmerkmale in der Außenpolitik der Reagan-Administration erkennbar werden. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß bei einer neuen Betonung der militärischen Stärke dem gemeinsamen westlichen Konzept der siamesischen Zwillinge — der Verbindung von Sicherheit und Entspannung — Gefahr droht. Auf der anderen Seite versucht der Verfasser nachzuzeichnen, daß gerade in der Debatte der vergangenen Monate über die europäische Sicherheit die Reagan-Administration energische und realistische Anstrengungen gemacht hat, um vor einer Vernachlässigung der Sicherheitskomponente in der Politik des Westens zu warnen.

I. Einleitung: Das Problem von Kontinuität und Wandel

Die Forderung der Reagan-Administration nach Wandel und Erneuerung der amerikanischen Politik hat grundsätzliche und aktuelle Bedeutung. Grundsätzlich, weil zu Beginn einer neuen Administration jeder Präsident die politischen Ziele weniger unter dem Aspekt von Kontinuität, sondern unter der Möglichkeit des epochalen Neubeginns sieht.

So haben wir uns daran gewöhnt, die amerikanische Politik nach den Jahren der Präsidentenwechsel zu unterteilen. Ausdruck dieses außenpolitischen Anspruchs und präsidentieller Ambitionen bilden die außenpolitischen Doktrinen. Die Truman-Doktrin bildete 1947 die Grundlage für die amerikanische Eindämmungspolitik (Containment) im Zeichen des Kalten Krieges. Sie wurde ersetzt durch die Doktrin des „Roll Back" und durch die der Massiven Vergeltung" unter Präsident Eisenhower, gefolgt von John F. Kennedys Doktrin der „Neuen Grenze". Lyndon B. Johnson konnte und wollte vielleicht als einziger Präsident der Nachkriegszeit keine außenpolitische Doktrin entwickeln, obwohl seine Konzeption der „Great Society“ auch außenpolitische Implikationen aufwies. Die Nixon-Doktrin und die von Präsident Carter stehen ganz in dieser amerikanischen Tradition, umfassende außenpolitische Konzepte vorzulegen.

Die in jüngster Zeit immer nachdrücklicher geäußerte Aufforderung an Präsident Reagan, endlich ein umfassendes außenpolitisches Konzept vorzulegen, entspricht diesem weit Verbreiteten Denken.

Die Jahresringe demokratischer Gesellschaften treten in den USA bei den Präsidenten-wahlen im Vergleich zu den westeuropäischen Demokratien viel deutlicher hervor, weil der Aufruf zu epochalem Neubeginn auch mit einem spezifisch amerikanischen Selbstver3 ständnis erklärt werden kann: Die schwer regierbare amerikanische Republik, die ja vielfach einem Bund sehr selbstbewußter Staaten ähnelt, empfindet ihre Wahlen spektakulärer als Wahlen in Westeuropa; die amerikanische Nation wird sich bei Präsidentenwahlen stets aufs neue ihrer Identität bewußt. Mit der Präsidentenwahl gründet sie sich, überspitzt formuliert, immer wieder aufs neue. Die Be-

INHALT I. Einleitung: Das Problem von Kontinuität und Wandel II. Das Konzept des strategischen Konsenses 1. Die Reagan-Administration und Lateinamerika 2. Die Nahost-Politik der Reagan-Administration 3. Das Problem der Waffenlieferungen III. Die Beziehungen zur Sowjetunion IV. Die Beziehungen zu Westeuropa 1. Die siamesischen Zwillinge: Sicherheit und Entspannung 2. Das westliche Bündnis und die Polen-Krise 3. Das Problem der Wirtschaftsbeziehungen mit kommunistischen Staaten 4. Bündnis-Solidarität in Gefahr schwörung der Ideale der Gründungsväter und des amerikanischen Traumes von Freiheit, Wohlstand und Größe ist also Ausdruck des steten Willens zum Neubeginn und zugleich tief verwurzeltes Kontinuitätsmerkmal. Wie seine Vorgänger versteht sich auch Ronald Reagan als Stafettenläufer von Demokratie und Freiheit, wenn er am 26. Januar 1982 in seiner Botschaft an den Kongreß erklärte: „Vor 120 Jahren hat der größte unserer Präsidenten in diesem Hohen Hause seine zweite Botschaft über die Lage der Nation vorgetragen: , Wir könnten der Geschichte nicht entkommen', so warnte Abraham Lincoln. , Wir in diesem Kongreß und in dieser Administration werden trotz unserer selbst in Erinnerung bleiben'. Die . Bewährungsprobe, die wir bestehen müssen, wird uns bis zur letzten Generation zur Ehre oder Unehre gereichen'."

Präsident Reagan hat bisher kein außenpolitisches Konzept vorgelegt. Aber ist es nicht nur eine Frage der Zeit, bis er aufgrund von konzeptionellen Überlegungen oder aufgrund plötzlicher außenpolitischer Krisen gezwungen wird, ein solches vorzulegen, das, ob er will oder nicht, vom Zeitgeist der öffentlichen Meinung zu einer Reagan-Doktrin stilisiert wird?

Die aktuelle Begründung für die Forderung nach politischem Wandel liegt in der derzeitigen Beurteilung der Entwicklung von Amerikas Stellung in der Welt im Verlaufe der siebziger Jahre, die von der Reagan-Administration und auch von großen Teilen der Bevölkerung als ein Jahrzehnt amerikanischen Macht-verfalls und Prestigeverlustes angesehen werden: „Vietnam und Watergate haben zur amerikanischen Passivität beigetragen, der Rüstungskontrollprozeß hat Amerikas Sicherheit vermindert, die Entspannung hat den amerikanischen Interessen im ganzen nicht gedient und das Tempo sowjetischer Aufrüstung und Machtausdehnung beschleunigt. Das Vertrauen Amerikas in sich selbst wurde erschüttert, die amerikanische Führung zauderte." Man kann aber zu dem Ergebnis kommen, daß die Außenpolitik der USA in den siebziger Jahren inhaltlich und wertungsmäßig nicht als Ganzes gesehen werden darf, sondern in zwei sehr unterschiedliche Hälften auseinander-fällt. In der ersten Hälfte der siebziger Jahre unter Präsident Nixon entwickelten die USA eine brillante Außenpolitik, basierend auf einer überzeugenden Politik der Stärke und einem respektablen Entspannungsprimat gegenüber der Sowjetunion. Bis . 1974 entwickelte die Nixon-Administration ein umfassendes strukturelles Entspannungsmodell mit dem Versuch, die Großmachtrivalität durch Abmachungen mit der Sowjetunion in ein begrenztes gegenseitiges Interesse zur Kooperation zu führen. Das war bis zu einem gewissen Grade auch gelungen. Herausragendes Element dieser Außenpolitik war die Berechenbarkeit der amerikanischen Positionen in entscheidenden Grundfragen. Diese Berechenbarkeit amerikanischer Außenpolitik war seit Beginn der Carter-Administration nicht mehr gegeben.

Bis 1973/74 waren die Vereinigten Staaten außerdem in der Lage, die Sowjetunion mit einer Politik der Stärke und mit einem kalkulierten Element der Unberechenbarkeit von Eingriffen in Krisenzonen abzuhalten. Amerikanische Entspannungspolitik zu jener Zeit war realistisch und basierte auf dem Konzept daß Sicherheit und Entspannung wie Siamesische Zwillinge untrennbar miteinander verbunden waren. Diese Politik war eine risikobereite, für den Gegner kalkulierbare Krisendiplomatie unter dem Primat der Interessenverknüpfung. Es ist bedeutsam und bedauerlich, daß die Regierung Reagan bisher bei der Suche nach einer außenpolitischen Philosophie nicht auf die konzeptionellen Grundüberlegungen ihrer republikanischen Vorgängerin eingegangen ist Die weitgehende Fehleinschätzung des Erfolges der Außenpolitik der Nixon-Administration durch die amerikanische Öffentlichkeit wie durch die Reagan-Administration hat zu einer tiefen Konfusion über Ziele und Mittel der gegenwärtigen amerikanischen Außenpolitik beigetragen.

Der Anspruch auf außenpolitischen Wandel wird, so gesehen, von der Reagan-Administration in einem viel umfassenderen Umfang gestellt, als dies bei den vorangegangenen Administrationen der Fall war, weil jene sich überwiegend in die Tradition ihrer jeweiligen demokratischen oder republikanischen Vorgängerinnen stellten.

Verständlich und einsichtig ist die Forderung der neuen Administration nach außenpolitischem Wandel im Vergleich zur Außenpolitik der Carter-Administration. Die Widersprüchlichkeiten, die sich in der Vernachlässigung der Ost-West-Konflikt-Dimension und einer neuen Betonung der Nord-Süd-Dimension niederschlugen, der neue außenpolitische Mo-ralismus, der gegen die Sowjetunion den Antikommunismus wiederbeleben ließ, die Forderung nach einer neuen Transparenz der außenpolitischen Entscheidungsprozesse, die dazu führte, daß es immer schwieriger wurde festzustellen, wer in welcher Angelegenheit und mit welchem Umfang von Autorität außenpolitische Stellungnahmen in der Carter-Administration abgab, eine gefährliche Vernachlässigung der Notwendigkeiten der Sicherheitspolitik sowie eine neue antinukleare Theologie in der Carter-Politik führten rasch zu Machtverfall und Autoritätsverlust der USA im Weltsystem. Abgesehen von den beachtenswerten Erfolgen der Verhandlungsdiplomatie im Nahen Osten, die zu Camp David führten, und den begrenzten politischen Erfolgen des Menschenrechtskonzepts in der Dritten und Vierten Welt (das insgesamt je-doch doppelbödig wirken mußte, weil Men-schenrechtspostulate vom Primat des amerikanischen Interesses z. B. in Süd-Korea, den Philippinen und bei manchen afrikanischen und lateinamerikanischen Staaten erdrückt wurden) ist die außenpolitische Bilanz der Carter-Jahre niederschmetternd.

Wenn dieser knappe Überblick mit Konzentration auf den kardinalen Bruch des amerikanischen Konzepts der siebziger Jahre richtig sein sollte, dann stellt sich die Frage, warum Präsident Reagan seine Außenpolitik bisher nicht in die Tradition seines republikanischen Vorgängers Nixon gestellt hat. Vietnam und Watergate scheinen den Schlüssel hierfür zu bilden. Doch Vietnam war das Erbe der demokratischen Präsidenten Kennedy und Johnson.

ixon mußte einen Krieg ehrenvoll zu Ende ringen, der sich nicht durch eine positive nationale Leitidee rechtfertigen ließ, sondern le-

dglich mit dem Ziel der Wiederherstellung er innen-und außenpolitischen Handlungs-

tsiheit geführt wurde. Vielleicht liegt schon ein Grund der Distanz Reagans zu Nixon; hir dotte Reagan doch als Sympathisant von Barry 7 water in den sechziger Jahren keinen kweifel gelassen, daß die USA den Vietnam-

8 siegreich beenden müßten

Die tiefe Kluft zwischen einem aufgeklärten Konservatismus in der Außenpolitik, wie ihn Nixon und Kissinger repräsentiert haben, und dem ideologischen Konservatismus, wie ihn Ronald Reagan, sein neuer Beraterstab im Weißen Haus und der Verteidigungsminister Caspar Weinberger repräsentieren, scheinen bis heute unüberbrückbar zu bleiben. Solange es aber Ronald Reagan nicht gelingen wird, ein Mindestmaß der außenpolitischen Philosophie seines republikanischen Vorgängers Nixon zu übernehmen, solange wird sein Versuch, die neue Außenpolitik auf einen breiten innenpolitischen Konsens aufzubauen, vermutlich problematisch bleiben. Eine offene, faire und vor allem selbstkritische Analyse dieser Jahre ist die Voraussetzung für den politischen Erfolg von Ronald Reagan.

Das Problem Watergate bildet den zweiten zentralen Faktor.

Im moralischen Sog von Watergate vergrößerte der Kongreß seine Rechte gegenüber der Exekutive und beschnitt die außenpolitische Macht des Präsidenten. Die moralische Antriebskraft in der amerikanischen Außenpolitik, früher Attribut eines globalen Antikommunismus, wurde nun zum Argument für außenpolitischen Rückzug und bildete den Auslöser für den Angriff nordvietnamesischer Truppen in Süd-Vietnam im April 1975. NordVietnam erkannte die Chance, die ihm der Kongreß durch die Beschneidung der militärischen und wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen für Süd-Vietnam bot. Nicht eine leichtsinnige Entspannungspolitik von Nixon und Kissinger, wie viele in der Reagan-Administration glauben machen möchten, sondern ein moralistisch-neoisolationistischer Trend im Kongreß unterspülte die außenpolitischen Anstrengungen und Leistungen der vorangegangenen Jahre.

Watergate symbolisiert eine tragische Entwicklung: Nixon, der außenpolitisch mit nüchternem, de-ideologisiertem Machtkalkül die Widersprüchlichkeiten in der kommunistischen Welt für die Interessen der USA nutzbar machte, wurde innenpolitisch von seiner Kommunismusfurcht eingeholt. Es ist Nixons Tragik, daß er Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mißachtete und daß seine glänzend durchgeführte außenpolitische konservative Reform nicht durch eine entsprechende innenpolitische Reform ergänzt wurde.

So gesehen hat auch Watergate dazu beigetragen, daß auf dem Präsidentenwappen in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ein amerikanischer Adler ohne Köcher, die Flügel und Krallen beschnitten, erschien. Watergate symbolisiert aber auch einen neuen Maßstab von politischem Puritanismus, wie ihn Carter treffend personifizierte und mit dem die USA sich die Seele von Watergate und Vietnam reinzuwaschen versuchte. Das mag innenpolitisch heilsam gewesen sein, in der Außenpolitik waren die Folgen katastrophal.

Auf diesem Hintergrund ist Reagans Distanz zu Carter verständlich: die Distanz zur Nixon-Administration verweist aber auf den zentralen Konflikt innerhalb der Reagan-Administration, die von Anfang an zwei Seelen in ihrer Brust trägt, wie Theo Sommer zu Recht betont: „Die eine ist die der kalifornischen Konservativen, die andere die der internationalen Konservativen."

Während das Außenministerium unter Leitung von Alexander Haig in der Formulierung der Außenpolitik Traditionslinien zur NixonÄra, wenn auch vorsichtig, zu ziehen bemüht ist, personifizieren Verteidigungsminister Weinberger und vor allem der Beraterstab des Präsidenten im Weißen Haus einen neuen Primat militärischer Stärke, bei dem das Entspannungsprofil, das in den vergangenen Jahren amerikanischer Außenpolitik immer schemenhafter wurde, fast gänzlich zu verschwinden droht. Natürlich darf dabei nicht übersehen werden, daß die Sowjetunion in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ihre Rüstungsanstrengungen in alarmierender Weise erhöht und direkt oder durch Stellvertreter ihren außenpolitischen Machtbereich auszudehnen versucht hat.

Eine Darstellung der gegenwärtigen bedrohlichen internationalen Situation muß aber auch die Frage nach den Ursachen für diese Machtverschiebung selbstkritisch und damit auch selbstbewußt formulieren. Es bleibt abzuwarten, ob hinter der Rhetorik einer neuen selbstbewußten Außenpolitik mit der Forderung nach verstärkter Aufrüstung auch ein difte-renzierterer Prozeß von Selbstanalyse stattfindet, bei dem die politische Macht des Gegners weder dämonisiert noch bagatellisiert wird.

Zu welcher Einschätzung ist die Reagan-Administration im Bereich der Großmachtrivalität zur Sowjetunion gelangt? Welches Maß an Einheit ist notwendig, und welchen Grad von Pluralität kann das Atlantische Bündnis tolerieren? Westeuropäische Regierungen und breite Strömungen in der Öffentlichkeit Westeuropas stehen den neuen außenpolitischen Überlegungen der Reagan-Administration mit Zurückhaltung gegenüber. Die Phase der Entspannung hat für Westeuropa Fortschritte gebracht: Öffnung der Grenzen, ein gewisses, wenn auch überwiegend einseitiges Maß an Freizügigkeit, Umsiedlung und intensive wissenschaftliche Kooperation, Verbesserungen im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, für Millionen von Menschen spürbare Verbesserungen im Rahmen der Ostverträge, des Viermächte-Abkommens über Berlin und im Rahmen des Grund-vertrages. Gleichwohl ist die Frage berechtigt, ob Europa bei aller Würdigung der regionalen Verbesserungen, in der europäischen Dimension des Ost-West-Konfliktes nicht von einem neuen Provinzialismus befallen ist. Wachsende Pazifismus-und Neutralismustendenzen in der Öffentlichkeit und in wichtigen politischen Parteien, eine offenkundige Aushöhlung der Vertragselemente der Entspannungspolitik durch die kommunistischen Staaten und insgesamt eine neue Dimension der Stagnation scheinen von vielen Westeuropäern übersehen zu werden. Hat nicht die sowjetische Verantwortung für die Einsetzung einer Militärregierung in Polen, der Beginn von Massenverhaftungen, die Aussetzung aller gesellschaftspolitischen Fortschritte auch in Europa Entspannung zu einer Chimäre werden lassen? Ist nicht unser Blick für Ostpolitik und Dtente zunehmend durch Melancholie getrübt und zeigt nicht eher die Reagan-Administration einen neuen und notwendigen Realismus?

Wie im Bereich der Großmachtrivalität, so zeigt sich auch im Rahmen der Atlantischen Allianz, daß die Einschätzung der weltpolit sehen Lage durch die USA und die Westeuro päer weniger ein Problem des Entweder-Oder darstellt, sondern vielmehr in der Nuancierung Unterschiede aufweist Dagegen scheint die Reagan-Administration mit ihrer Neigung, Konflikte und Solidarität mit starkem Pinselstrich zu zeichnen, das Gefühl für Nuancierungen bisweilen zu verlieren. Nicht jede ostpolitische Initiative der Westeuropäer kann unter Neutralismusverdacht, nicht jede öffentliche Demonstration unter Pazifismusverdacht gestellt werden oder als Ergebnis kommunistischer Unterwanderung gewertet werden. Wenn alle Konflikte auf das amerikanisch-sowjetische Verhältnis zugeschnitten werden, droht der amerikanischen Außenpolitik die Gefahr der Dogmatisierung.

Daß sich hinter den rhetorischen Ritualen von Stärke und Rüstung innerhalb der Reagan-Administration durchaus differenzierte Ansätze verbergen, macht diese Rhetorik in gewissem Sinne tragisch. Der Beobachter der amerikanischen Außenpolitik sollte zwar diese Rhetorik nicht leicht nehmen, aber er sollte ebenso genau die konkreten politischen Leistungen der Administration im Verlauf des ersten Jahres beachten. Dann werden sich manche Vorurteile relativieren.

II. Das Konzept des strategischen Konsenses

Wachsende internationale Unordnung, größere westliche Verwundbarkeit, wachsende militärische Macht der Sowjetunion haben nach Auffassung der neuen Administration zu Terrorismus, Subversion und Eroberung geführt: „Die Ideale und die Sicherheit demokratischer Gesellschaften stehen unter Beschuß.“ Ein neuer strategischer Konsens tut not: . Alle diese Fragen können positiv beantwortet werden, wenn die amerikanische Außenpolitik ein Gespür für die amerikanischen Ideale und die Veränderungen im strategischen Umfeld hat. Präsident Reagan ist der Überzeugung, daß der Schlüssel zum Erfolg darin liegt, die Dinge strategisch anzugehen.''

Dieser neue strategische Primat ist zu einem zentralen Bestandteil der Außenpolitik, zu-mindestens der außenpolitischen Rhetorik des ersten Jahres der Reagan-Administration geworden. Nach Jahren „strategischer Passivität" wollen die USA eine neue Aktivität zeigen.

eiche globalen Implikationen und Ziele ste-

en hinter diesem Strategiekonzept?

Gingen Nixon und Kissinger von der Entwick-Ung eines pentagonalen Systems aus, beste-

end aus dem Bündnisdreieck USA-Westeu-

DPa-Japan und dem Großmachtdreieck USA-China-Sowjetunion, so wird nun der Pri-mat der Balance, den Nixon und Kissinger mit militärischen, ökonomischen und vor allem diplomatischen Mitteln aufrechtzuerhalten suchten, in den Hintergrund gedrängt. Ein neuer Unilateralismus und eine Neubetonung der Intensität der Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion, die durch die neuen Rüstungsanstrengungen und durch ein neues machtpolitisches Ausschreiten der Sowjetunion weltweit verursacht worden sind, dominieren die amerikanischen Überlegungen.

Die vernachlässigte Nord-Süd-Konfliktebene wird weniger wirtschaftspolitisch, nach Maßgabe der Verteilung der Ressourcen und der Ungleichgewichte von Armut und Reichtum gesehen, sondern als ein Krisenbogen, der das konfliktgeladene Großmachtverhältnis nun weltumspannend widerspiegelt. Dieser Krisenbogen beginnt in Mittelamerika, führt über die Karibik quer über den afrikanischen Kontinent, über den Mittleren Osten und die Golf-region nach Südwestasien und über Afghanistan zum Fernen Osten bis nach China.

Das Konzept des strategischen Konsenses zum Management dieser Krisen basiert auf Überlegungen, die der nationale Sicherheitsberater der Carter-Administration, Brzezinski, 1978 anstellte er verweist somit auf Konti-nuitätsmerkmale: Sicherung der westlichen Interessen angesichts der verstärkten Rohstoffabhängigkeiten, Lösung regionaler Krisen, wie im Nahen Osten und in Mittelamerika, und Eindämmung des direkten oder indirekten sowjetischen Einflusses weltweit.

1. Die Reagan-Administration und Lateinamerika

Der wachsende sowjetische Einfluß in Zentral-amerika über den „sowjetischen Stellvertreter" Kuba bildet hier die Hauptsorge der Vereinigten Staaten. Guatemala, Nicaragua und El Salvador stellen die derzeitigen Hauptprobleme dar. Ziel der amerikanischen Maßnahmen in bezug auf El Salvador ist „eine Verringerung der Gewalt und der Instabilität..., um einen friedlichen Übergang zu einer aus Wahlen hervorgegangenen Regierung zu erleichtern"

Nach amerikanischer Auffassung bestehen in El Salvador zwei Probleme: „Das eine besteht darin, alles nur Mögliche zu tun, um den politischen Prozeß im Lande zu unterstützen — das Streben nach sozialer Gerechtigkeit, durch Maßnahmen im Sinne der Entwicklung — binnenwirtschaftliches Wachstum, politische Verbesserungen, die den Aufbau einer Gesellschaft ermöglichen, und zweitens, dieser Prozeß (kann) nicht unter Sicherheitsbedingungen vonstatten gehen, die von außen geschaffen werden, in erster Linie durch Kuba, das mehr als genug dafür von der Sowjetunion erhält. Wir meinen, daß wir auch diese Sicherheitsbedingungen angehen müssen."

Das amerikanische Engagement in El Salvador stößt in wachsendem Maße auf Kritik in den USA selbst. Ein Teil der furchtbaren Auswirkungen des Bürgerkrieges in El Salvador geht auf das Konto der rechtsextremen Todeskommandos, die von der Regierung Duarte nicht kontrolliert werden können. Man fragt sich in den USA ob in den drei oben genannten Ländern — heute eine der explosivsten Regionen des Erdballs — Chancen verpaßt worden sind, um mit wirtschaftlichen, sozialen und politischen Reformen rechtzeitig Änderungen zu schaffen, um somit revolutionäre Veränderungen von vornherein zu verhindern. Die Reagan-Administration versucht durch Entsendung von Militärberatern, Waffenlieferungen und finanzieller Unterstützung in El Salvador und anderswo einen Sieg der Aufständischen zu vereiteln. Gleichwohl vermögen die Regierungstruppen bei materieller und zahlenmäßiger Überlegenheit den Gegner nicht zu schlagen. In den USA und in Westeuropa fragt man sich, ob die amerikanische Regierung in El Salvador nicht mit Kompromiß und Diplomatie sowie ökonomischer Hilfe mehr erreichen könnte. Schon jetzt befürchtet man, daß die USA bei wachsendem Engagement ein Desaster wie in Vietnam heraufbeschwören könnten.

Es mag zwar sein, daß es auf der von den USA unterstützten Seite mehr gute und demokratische Politiker gibt als auf der anderen, aber es fehlen die wirklich über jeden Zweifel erhabenen demokratischen Politiker. Zweideutigkeit erzeugt aber seit Vietnam eine außenpolitische und moralische Stimmungslage, die die Amerikaner verwirrt, weil es schwerfällt, die Guten und die Bösen zu unterscheiden. So wirken die Versuche der Reagan-Administration künstlich, mit Hilfe einer klaren SchwarzWeiß-Schraffierung die Aufständischen als von Kuba und Moskau abhängige Kommunisten zu kennzeichnen und dagegen eine positive Alternative mit dem Ziel der Wiederherstellung demokratischer und gerechter Verhältnisse aufzustellen.

Gleichzeitig operiert die Regierung Reagan mit unzulänglichen historischen Vergleichen: El Salvador drohe sich zu einem anderen Nicaragua zu entwickeln, wobei jenes Nicaragua wiederum bereits zu einem anderen Kuba geworden zu sein scheine. Auch Guatemala befinde sich schon auf dem Weg El Salvadors. Die von der amerikanischen Regierung mit Nachdruck vorgetragene Domino-Theorie beinhaltet die Gefahr, daß die USA die nationalen Aspirationen der Aufständischen verkennen und zunehmend gezwungen werden, auf politische Kräfte zu setzen, die den Weg zur Demokratie eher behindert und Menschenrechte unterdrückt haben.

Zur Zeit ist nicht zu vermuten, daß die Reagan-Administration angesichts so vieler Zweile und Unklarheiten beschließen könnte, eigene Kampftruppen nach El Salvador zu entsenden, um eine schwankende Regierung zu retten. Ob in El Salvador und in Guatemala und Nicaragua derart wichtige strategische Interessen der Vereinigten Staaten auf dem Spiel stehen, wie Außenminister Haig mehrfach dargelegt hat, scheint auch in der Administration selbst unterschiedlich beurteilt zu werden. Bisher gibt es keine klare Aussage des amerikanischen Präsidenten, wie die weiteren Schritte der amerikanischen Politik in Zentralamerika, insbesondere in El Salvador, aussehen werden. Nur in dem Maße, in dem die Reagan-Administration die Bedeutung des Ost-West-Konfliktes für die mittelamerikanische Region reduzieren wird, gleichzeitig aber die sozialen und ökonomischen und politischen Probleme der einzelnen Länder auf ihren spezifisch historischen Hintergrund zu analysieren bereit ist, wächst für die USA die Chance, eine glaubwürdige und erfolgreiche Maklerposition zu gewinnen.

Die Ungewißheit über die Weiterentwicklung in El Salvador, Guatemala und in Nicaragua stellt die Reagan-Administration vor schwere Entscheidungen. Ziel ist die Beseitigung des kubanischen „Krebsgeschwürs" in der Region, die Vermeidung eines Bürgerkrieges in Guatemala, die Neutralisierung des revolutionären Regimes in Nicaragua und freie Wahlen in El Salvador.

Falls Nicaragua sich unter dem Sandinista-Re-gime eindeutig auf Kuba stützen sollte und zu einer Drehscheibe marxistisch-revolutionären Einflusses in Mittelamerika würde, entstünde für die USA auf Dauer eine so prekäre Situation, daß die Option für militärische Operationen auftauchen könnte. Gleichzeitig zwingt die elementare Verletzung der Menschenrechte in den meisten mittelamerikanischen Staaten die Regierung Reagan zur Zurückhaltung gegenüber den Militärregimes. Die Ent-

" icklung in Nicaragua zeigt, daß seit dem turz des Somoza-Regimes nicht politischer ortschritt und Pluralismus, nicht ökonomi-scher Aufstieg, sondern totalitäre Verhärtung im Innern, staatliche Willkür, Schwarzmarkt und Kapitalflucht, gärende Unzufriedenheit der Arbeitslosigkeit, eine Inflationsrate von p 50% sowie Unterdrückung und Willkür Hatz gegriffen haben.

In seiner Rede vom 24. Februar 1982 vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) legte Präsident Reagan ein Konzept für die amerikanische Lateinamerika-Politik vor, die aus folgenden Komponenten bestehen soll:

1. Die USA werden im Haushaltsjahr 1982 zusätzlich 350 Mill. Dollar für Soforthilfe bereitstellen. El Salvador soll 100 Millionen, das von Wirtschaftskrisen geschüttelte Costa Rica und Jamaica sollen eine ähnlich hohe Summe erhalten. Den Rest erhalten die zehn karibischen Staaten, wobei Kuba, die Karibik-Insel Grenada und Nicaragua ausgeschlossen bleiben. 2. Für zwölf Jahre sollen die amerikanischen Einfuhrzölle auf karibisch-mittelamerikanische Produkte ganz entfallen, wobei zu berücksichtigen ist, daß zur Zeit 87 % dieser Exporte zollfrei in die Vereinigten Staaten versandt werden.

3. Steuerliche Erleichterungen und Anreize sollen amerikanische Firmen zu Investitionen in Zentralamerika und der Karibik veranlassen. Ferner bietet die Reagan-Administration technische Hilfe, Ausbildungsförderung und bilaterale Investitionsabkommen an.

4. Die amerikanische Waffenhilfe wird um 60 Millionen Dollar erhöht, in erster Linie für El Salvador (15 Millionen), wobei 1982 bereits aus einem Notprogramm Waffen und Material im Werte von 55 Millionen nach El Salvador geflossen sind.

Bei der Verkündung dieses Konzepts wurde erkennbar, daß die Reagan-Administration in Stil und Diktion sich in die Tradition demokratischer Präsidenten wie F. D. Roosevelt und J. F. Kennedy stellt: „Vor etwa 20 Jahren hat John F. Kennedy das Wesentliche unserer einzigartigen Aufgabe erfaßt, als er sagte, daß es Sache der neuen Welt sei, zu zeigen, daß die unerfüllten Wünsche und Hoffnungen des Menschen auf wirtschaftlichen Fortschritt und soziale Gerechtigkeit am besten durch freie Menschen erreicht werden können, die in einem Rahmen demokratischer Institutionen arbeiten.“

Aber wo Kennedy in seiner Allianz für den Fortschritt staatliche Initiativen betonte, setzt Reagan primär auf die Kräfte des freien Marktes und der privaten ökonomischen Initiativen. Präsident Reagan betont, daß die Wirtschaftshilfe der USA die militärische Unterstützung für Staaten in Lateinamerika um ein Fünffaches übersteigt. Gleichzeitig lehnt Reagan eine politische Verhandlungslösung in El Salvador ab. Nicht der Kompromiß, sondern die Niederlage der Guerilla wird gesucht.

Aus der Sicht der Reagan-Administration stellen die Sowjetunion, Kuba und Nicaragua die zentrale Bedrohung in Mittelamerika dar: „Seit 1978 trainiert, bewaffnet und dirigiert Havanna die Extremisten des Guerilla-Krieges und der Wirtschaftssabotage als Teil einer Kampagne, die Unruhe in Mittelamerika und in der Karibik auszunutzen. Ziel ist, marxistisch-leninistische Diktaturen im Stile Kubas zu errichten. Im vergangenen Jahr erhielt Kuba 66 000 Tonnen Kriegsmaterial aus der Sowjetunion — mehr als in jedem anderen Jahr seit der Raketenkrise des Jahres 1962. Im vorigen Monat brachte das Eintreffen zusätzlicher, hochtechnisierter MIG-23-Flugzeuge Kuba ein Arsenal von mehr als 200 sowjetischen Kampfflugzeugen — weit mehr als die Bestände an Militärflugzeugen aller anderen Länder des Karibischen Beckens zusammengenommen. Seit nahezu 2 Jahren dient Nicaragua als Plattform für geheime militärische Operationen, über Nicaragua werden Waffen an die Guerilla in El Salvador und Guatemala geschmuggelt.“

Weiterhin deutete der amerikanische Präsident in dieser Rede an, daß die USA wenn nötig, der kommunistischen Bedrohung in der Karibik mit entsprechenden Mitteln begegnen werde: „Unsere Freunde und unsere Gegner sollten verstehen, daß wir alles, was klug und notwendig ist, tun werden, um Frieden und Sicherheit im karibischen Raum sicherzustellen.“

Ob die amerikanische Politik in Zentralamerika eine neue kooperative Vision verwirklichen oder neue, alptraumartige Verstrickungen bringen wird, läßt sich derzeit nicht vorhersagen. Fest steht, daß die Reagan-Administration entschlossen ist, revolutionäre Umwälzungen von links in einer Sphäre, die sie seit Jahrhunderten traditionell dem eigenen Einfluß zuordnet, nicht zulassen wird.

Insgesamt läßt sich nach Ablauf des ersten Jahres feststellen, daß die Lateinamerika-Politik der neuen Administration auf folgenden Überlegungen beruht:

1. Bei einer militanten Rhetorik, die militärische Optionen nicht ausschließt, setzt die Reagan-Administration vorrangig auf ökonomische Hilfe und Intensivierung der Beziehungen. 2. Im Vergleich zur Carter-Administration ist die Reagan-Regierung weniger bereit die Menschenrechte durch öffentliche Stellungnahmen in Lateinamerika zu unterstützen.

Gleichzeitig wird die Forderung nach Verwirklichung der Menschenrechte bei den amerikafreundlichen Diktaturen zurückhaltend erhoben, während fehlende Menschenrechte bei kommunistischen Diktaturen öffentlich angeprangert werden.

3. Die Regierung Reagan ist daran interessiert, die Beziehungen zu den Militärdiktaturen in Lateinamerika weiter auszubauen.

4. Traditionelle Sicherheitsüberlegungen und Antikommunismus bilden die zentralen Leitlinien der Lateinamerika-Politik der Reagan-Administration. 5. Die Eigeninteressen der USA finden eine stärkere Betonung; die Sicherung der strategischen und ökonomischen Interessen sind dabei vorrangig.

6. Die Hauptbelastung für die Region sieht die Regierung Reagan weniger in den spezifischen sozialen Problemen der einzelnen Staaten, sondern vielmehr im kommunistischen Bazillus, der durch die Sowjetunion, durch die Stellvertreter Kuba und Nicaragua, in die Region getragen werden

Es kann kein Zweifel bestehen, daß durch eine undifferenzierte Menschenrechtspolitik der Carter-Administration, durch jahrzehntelange Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Probleme der lateinamerikanischen Staaten, aber auch durch eine Vernachlässigung der subversiven Tätigkeit von Kuba unterstützter Guerillas in Lateinamerika nun die Reagan-Administration diesen Herausforderangen mit verstärkter Aufmerksamkeit zu begegnen sucht. Das Ergebnis ihrer Bemühungen um strategischen Konsens ist bei den lateinamerikanischen Staaten bisher zwiespältig geblieben; hinzu kommt, daß den USA selbst eine neue innenpolitische Polarisierung in dieser Frage droht

2. Die Nahost-Politik der Reagan-Administration

Beim Blick zurück auf die siebziger Jahre wird das Problem von Kontinuität und Wandel auch bei der Nahost-Politik der Reagan-Administration deutlich.

Nach Ausbruch des Yom-Kippur-Krieges im Oktober 1973 wurde dieser als Chance für die amerikanische Nahost-Politik gesehen. Für Kissinger war die militärische Auseinandersetzung zwischen den arabischen Staaten und Israel eine Art Schmelztiegel, in dessen Hitze die gegensätzlichen Positionen und Widerstände bis zu einem gewissen Grad durch eine kluge amerikanische Diplomatie eingeschmolzen werden konnten.

Ägypten wurde nach Ausbruch des Krieges zumweiteren zentralen Adressaten der amerikanischen Nahost-Politik, wobei diese neue Priorität die amerikanisch-israelischen Beziehungen in ein verändertes Licht rückte. Dadurch, daß die Sowjetunion diplomatisch völlig in den Hintergrund gerückt wurde, erlangten die USA eine exklusive Maklerrolle, ohne jedoch gleichzeitig in Antisowjetismus oder Antikommunismus zu verfallen. Eindämmung durch Diplomatie, so könnte man das Konzept Von Nixon und Kissinger im Nahen Osten umschreiben. Darüber hinaus versuchte Kissinger, unter Einsatz von ökonomischen Mitteln und bei zurückhaltendem Gebrauch von Wafenlieferungen die verfeindeten Parteien an en Verhandlungstisch zu bringen.

Mit Kissingers Schritt-für-Schritt-Diplomatie " urde eine militärische Eindämmung des Konfliktes sowie eine dgyptisch-israelischen Politische Eindämmung des sowjetischen Ein-

uSses in wesentlichen Teilen der Nahost-Re-8ion erreicht.

Kissinger nutzte Waffenlieferungen sowohl Ur die Wahrung der Interessen der USA als auch unter Berücksichtigung der regionalen Konfliktursachen. Vorrangig war nicht Absolutheit, sondern Relativität der Sicherheit für alle Beteiligten: Weder die Ägypter noch die Israelis waren voll zufrieden, aber beide Seiten wußten, daß jeder für sich keine bessere Alternative hätte vorlegen können, die für beide akzeptabel gewesen wäre. Dieses Konzept der relativen Sicherheit konnte auch nur relativ erfolgreich sein, denn die tiefen historischen und religiösen Spannungen im Nahen Osten bildeten zugleich die Grenzen für einen rationalen Gebrauch der Macht und für eine Friedensregelung

Die Nahost-Politik der Carter-Administration hatte versucht, auf Kissingers Konzept aufbauend einen umfassenden Frieden zu erreichen. Aufgrund der unüberbrückbaren Gegensätze gelang ihr jedoch nur eine Fortsetzung des ägyptisch-israelischen Friedensprozesses einschließlich des Rückzuges israelischer Truppen aus dem Sinai. Ein umfassendes Rahmenprogramm für einen Frieden zwischen Israel und den übrigen arabischen Staaten konnte bis zum Ende der Carter-Administration nicht erreicht werden. So entstand die Frage, wie und ob die Reagan-Administration dieses Problem lösen würde.

Das erste Jahr der Reagan-Administration hat bereits gezeigt, daß weniger Kontinuität, sondern vielmehr das Element des Wandels herausragendes Erkenntnismerkmal der neuen Nahost-Politik zu werden scheint:

— Im Unterschied zu ihren Vorgängerinnen sieht die Reagan-Administration die Hauptbedrohung für den Frieden im Nahen Osten weniger im arabisch-israelischen Konflikt und in der Palästinenser-Frage, sondern vielmehr auf dem Hintergrund der neuen Machtausdehnung der Sowjetunion am Horn von Afrika und in Afghanistan. Die Reagan-Administration sieht „den Mittleren Osten einschließlich des Persischen Golfes als Teil einer weiter gespannten politisch-strategischen Szenerie an, wobei diese Region durch die Türkei, Pakistan und das Horn von Afrika begrenzt wird, und (betrachtet) sie als eine strategische Einheit... * Es ist daher nötig, die arabisch-israelische Frage und andere regionale Streitfragen in einem strategischen Gesamtrahmen zu behandeln, der die umfassende Bedrohung durch den sowjetischen Expansionismus erkennt und darauf reagiert."

— Angesichts dieser neuen gefährlichen Expansionsbereitschaft der Sowjetunion verliert nach Auffassung der Reagan-Administration der arabisch-israelische Konflikt an Bedeutung, da er in seiner wesentlichen ägyptisch-israelischen Dimension schon durch Camp David eingekapselt worden ist. Der weiterführenden Problematik in der Palästinenser-Frage, der israelischen Präsenz auf der Westbank, im Gaza-Streifen und in Jerusalem mißt die Reagan-Administration verminderte Bedeutung zu.

— Wandel deutet sich auch in der Frage nach dem Instrument der Waffenlieferungen an, die unter Präsident Reagan sehr viel bereitwilliger in die Staaten des Nahen Ostens vorgenommen werden.

Hauptsäulen für das Konzept des strategischen Konsenses bilden die Länder Israel, Ägypten und Saudi-Arabien, die als strategisches Bollwerk gegen den sowjetischen Einfluß im Nahen Osten aufgebaut werden und bei anti-sowjetischer Ausrichtung die Stabilität im Nahen Osten und den Einfluß der USA garantieren sollen.

Während es Nixon, Ford und Carter verstanden, die Eindämmung primär als politisches Konzept ohne antisowjetische Spitze im Nahen Osten durchzusetzen, die akuten Konfliktherde in der Region selbst einzudämmen und darüber hinaus die USA wesentlich am Aufbau einer regionalen Friedensstruktur Schritt für Schritt mit einer zugleich umfassenden Friedensperspektive zu beteiligen, behandelt die Reagan-Administration sowohl den Camp-David-Friedensprozeß als auch arabische Friedensinitiativen, wie den Fahd-Plan, mit großzügiger Nachlässigkeit. Sie bemüht sich statt dessen um einen strategischen Konsens, der alle brisanten Konfliktformationen im Nahen Osten und der Golf-Region einzu-ebnen droht und sie vorrangig auf die Supermachtsebene transformiert. Das komplizierte innerarabische und arabisch-israelische Machtbalancesystem wird dabei vernachlässigt.

Dabei gilt es zu berücksichtigen, daß auf dem Hintergrund des Debakels im Iran und der Invasion sowjetischer Truppen in Afghanistan schon die Carter-Administration eine entscheidende Ergänzung in ihrer Nah-und Mittelost-Politik eingeleitet hatte, die die vorangegangenen Intentionen des Camp-David-Prozesses in Frage stellte. Der Aufbau einer schnellen Eingreifreserve, die Forderung nach amerikanischer Militärpräsenz im Nahen Osten und in der Golf-Region, ein neues Netz von Militärstützpunkten der USA wie es nun von der Reagan-Administration verstärkt gefordert wird, verweisen also auch auf Kontinuitätsmerkmale. Hinzu kommt die neue Bedrohung durch den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan, welche die amerikanische Präsenz in dieser Region an Bedeutung gewinnen läßt. _ Die amerikanischen Bemühungen um strategischen Konsens im Nahen Osten und in der Golf-Region haben bisher lediglich dazu geführt, daß die USA in Oman, Kenia und Somalia Abkommen erreichen konnten, die die Nutzung und Verbesserung bestimmter Luft-und Marinestützpunkte erlauben. Zusätzlich hat Ägypten angeboten, den Amerikanern Zugang zu einigen seiner militärischen Einrichtungen zu gewähren. Hinzu kommt, daß die Reagan-Administration eine neue Entschlossenheit signalisiert, Krisen und Niederlagen, wie sie in der Vergangenheit eingetreten waren, nicht mehr zuzulassen: „Die USA werden nicht zulassen, daß in Saudi-Arabien eine Lage wie im Iran entsteht. ” Hierbei taucht die Frage auf, ob die wirkliche Gefahr in der Region und in den einzelnen, mit den USA befreundeten Scheichtümern in einer sowjetischen militärischen Bedrohung besteht oder ob, wie das Beispiel Iran gezeigt hat, die Bedrohung von innenpolitischen, reformerischen, radikalen oder fundamentalistischen religiösen Strömungen und Gruppierungen ausgeht'Sind es nicht im Prinzip ähnliche neue Kräfte im Nahen Osten, die den Schah stürzten, Sadat ermordeten, in Saudi-Arabien die heilige Moschee besetzten und die nun auch in Syrien an Einfluß gewinnen?

Wirkt nicht das Palästinenser-Problem radikalisierender und konfliktschaffender in der arabischen Welt als eine angebliche militärische Bedrohung durch die Sowjetunion? Sind es nicht Extremisten von links und rechts, die durch Subversion und Terror die Scheichtümer und Königshäuser bedrohen könnten? Sieht nicht Saudi-Arabiens Führung Israel als Bedrohung für die Sicherheit des Königreiches, besonders seitdem Israel, wie z. B. beim Angriff auf den irakischen Nuklearreaktor in Bagdad, gezeigt hat, daß es seine Waffen zur Wahrung des eigenen Interesses auch einzusetzen gewillt ist?

Der Antikommunismus des saudischen Herrscherhauses hindert dieses Land an einer Schaukelpolitik gegenüber den USA und der Sowjetunion nach dem Vorbild von Nasser.

Doch seit der Vorlage des Fahd-Planes ist deutlich geworden, daß Saudi-Arabien eine aktivere Rolle im Nahen Osten zu spielen bereit ist. Im Fahd-Plan vom 7. August 1980 hatte Saudi-Arabien die USA aufgefordert, die fast unbegrenzte militärische Unterstützung für Israel einzustellen. Saudi-Arabien lehnt ein besonderes strategisches Verhältnis zwischen den USA und Israel ab und fordert die Reagan-Administration auf, die PLO anzuerkennen, keinen Stillstand an der arabisch-israelischen Verhandlungsfront zuzulassen und Druck auf Israel auszuüben

In dem Maße, in dem Saudi-Arabien eine aktivere und vermittelnde Rolle im Nahen Osten übernehmen will, wird es sich den Forderungen der USA die das Konzept des strategisehen Konsenses impliziert, widersetzen, denn nur bei Distanz zu den USA wird die Makler-

rolle der Saudis bei den arabischen Nachbarn glaubwürdig bleiben.

Die Reagan-Administration konnte bisher im Nahen Osten keine politischen Prioritäten deutlich machen. Einmal erscheint Ägypten als wichtigster Bundesgenosse, einmal Israel als stabilster Stützpfeiler, dann Jordanien zentral für den weiteren Friedensprozeß und zum Schluß Saudi-Arabien als unersetzlicher Partner. Gleichzeitig haben alle diese Staaten ihre Bedenken gegenüber dem Konzept des strategischen Konsenses angemeldet.

Aus israelischer Sicht birgt die enge Verbindung der USA mit Ägypten und Saudi-Arabien die Gefahr in sich, Israel zu entscheidenden Zugeständnissen in Sachen PLO, Westbank und Gaza zu zwingen. Der ägyptische Präsident Mubarak ist bemüht, den von Präsident Sadat tief geschaufelten Graben gegenüber der arabischen Ablehnungsfront vorsichtig wieder zuzuschütten. Er sieht eine zu enge Anlehnung an die USA als Gefahr für seine Bemühungen, Ägypten wieder in das arabische Lager zurückzuführen. Saudi-Arabien befürchtet, bei einer zu engen Anlehnung an die USA seine zentrale Maklerrolle innerhalb des arabischen Systems zu verlieren und gleichzeitig fundamentalistische Oppositionsströmungen im eigenen Land zu ermutigen. So scheint das Konzept der Reagan-Administration den Interessen der beiden wichtigsten arabischen Staaten zu widersprechen. Insgesamt macht der Fahd-Plan deutlich, daß nun Saudi-Arabien stellvertretend für die gemäßigten arabischen Staaten die diplomatische Lücke, die durch die Unsicherheiten der Reagan-Administration eingetreten sind, zu füllen und gleichzeitig die regionalen Probleme in regionale Verantwortung zu nehmen sucht. Saudi-Arabien scheint zwar weiterhin nicht bereit zu sein, militärisch in etwaige Auseinandersetzungen einzugreifen, aber neben der Ölwaffe und seiner finanzpolitischen Stärke zeigt es eine neue diplomatische Initiative im Nahen Osten, die, wie die wesentlichen Punkte des Fahd-Planes zeigen, für die amerikanische Position durchaus diskussionswürdig ist, weil es die gemäßigten Kräfte im arabischen Lager stärken will.

Hier stellt sich die kardinale Frage, ob die USA nicht gut beraten wären, statt der Chimäre einer sowjetischen Bedrohung im Nahen Osten sich der brennenden politischen Probleme anzunehmen, um einen diplomatischen und politischen Konsens mit den arabischen Führungsmächten Saudi-Arabien und Ägyp13 ten herzustellen und so, auf lange Sicht, vielleicht doch noch Israel für Kompromißlösungen gewinnen zu können.

Die Reagan-Administration hat der Sowjetunion deutlich signalisiert, daß sie sowjetische Übergriffe in der Nahostregion und einen Anschlag auf die Energielebenslinien des Westens nicht tolerieren würde. Das ist gut so. Aber ebenso wichtig ist es, daß die Reagan-Administration ein klares, überzeugendes politisches Konzept für den Nahen Osten entwickelt, das entweder auf der Basis der Kontinuität den Friedensvertrag von Camp David fortsetzt oder diesen auf der Grundlage des Fahd-Planes und weiterer Konsultationen ersetzt bzw. weiterentwickelt.

Eine Gefahr im Konzept des strategischen Konsenses liegt darin, daß die ohnehin starken Bindungen der arabischen Ablehnungsfront an Moskau noch intensiver geknüpft werden. So könnte dieses Konzept ungewollt eine amerikanisch-sowjetische Polarisierung, eine innerarabische Polarisierung und zugleich einen verstärkten Druck von beiden Seiten auf die gemäßigten Staaten — Libanon, Jordanien und Saudi-Arabien —, die im Polarisationsfeld der beiden Supermächte und durch innenpolitische Unruhen neuen Zerreißproben ausgesetzt werden könnten, mit bewirken. Eine verstärkte Anti-Israel-Haltung, wachsender Anti-Amerikanismus, Fundamentalismus und Nationalismus könnten eine Symbiose mit sowjetisch-arabisch-progressistischen Strömungen eingehen.

Das Nahost-Konzept der Reagan-Administration — einer strategischen Aufreihung arabischer Schlüsselstaaten zusammen mit Israel — krankt daran, daß die USA die arabische Wirklichkeit und die Dringlichkeit des arabisch-israelischen Friedensprozesses nicht mit der nötigen Differenziertheit begreifen. So haben Außenminister Haig und Verteidigungsminister Weinberger auf ihren Reisen in den Nahen Osten deutlich erkennen müssen:

1. Außer Ägypten und dem Oman ist kein arabischer Staat bereit, sich in einen strategischen Abwehrgürtel einzureihen, geplante Stützpunkte für die schnelle Eingreifreserve oder andere Möglichkeiten einzuräumen oder sich gar festzulegen, im Ernstfall sowjetischen Vordringens in Richtung Golf diesen amerikanischen Forderungen zu entsprechen.

2. Die arabischen Regierungen im Nahen und Mittleren Osten erklärten der amerikanischen Regierung, daß sie in subversiven Umtrieben und in innenpolitischen Revolutionsprozessen eine größere Gefahr für die Stabilität der Region sehen als in einer aggressiven Außen-und Sicherheitspolitik der Sowjetunion. 3. Dabei fürchten die Herrscher dieser Länder, daß ein offenes und intensives Zusammengehen mit den USA gerade den umstürzlerischen Kräften im Innern Auftrieb geben könnte.

4. Die Propagierung des Kampfes gegen Israel bleibt nach wie vor das geeignetste Mittel der arabischen Regierungen, breite Bevölkerungsschichten für sich zu gewinnen, um von anderen Problemen abzulenken.

5. In diesem Zusammenhang gelten die USA nach wie vor bei den Massen als Protektor des jüdischen Staates und seiner Politik. Die arabischen Staaten stellen auch weiterhin den jüdischen Staat als Basis des Westens zur Wahrung seiner kolonialistischen Interessen im Nahen Osten hin.

6. Die Zurückhaltung Saudi-Arabiens und der anderen Scheichtümer am Golf gegenüber dem Konzept des strategischen Konsenses ist auch durch die Besorgnis begründet, daß eine militärische Präsenz der USA ggf. von den USA genutzt werden könnte, eine dem Westen zusagende Erdölpolitik gegenüber den produzierenden Staaten im Krisenfall zu erzwingen, anstatt die Ölreserven vor anderen Übergriffen zu schützen. An amerikanischen Andeutungen im Fall einer für die westliche Wirtschaft ruinösen Produktionsdrosselung hat es ja seit Herbst 1973 nicht gefehlt.

Das Konzept des strategischen Konsenses der Reagan-Administration beinhaltet jedoch auch positive Elemente:

1. Araber, aber auch Westeuropäer, neigen zu der Annahme, daß mit einer Regelung der Palästinenser-Frage automatisch alle anderen Probleme in der Region gelöst seien. Aber die Entwicklung im Iran, in Afghanistan und der irakisch-iranische Krieg haben deutlich gemacht, daß es in der Region bedeutende andere Gefahrenherde gibt. 2. Es darf nicht übersehen werden, daß nicht nur Militärhilfe, sondern ein hohes Maß an Wirtschaftshilfe von den USA geleistet wird. Mit diesem Element der Wirtschaftshilfe versuchen die USA die Wirtschaftsprobleme in der Region mit zu lösen.

3. Es ist unübersehbar, daß seit Camp David sich die Gesamtlage im Nahen Osten nicht verbessert hat. Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß der Friedensprozeß in der Region vermutlich erst dann in eine neue Phase treten kann, wenn die PLO ihre inneren Probleme zu lösen bereit ist bzw. wenn die PLO die Existenzrechte Israels öffentlich anerkennt. 4. Die Nahost-Politik der Reagan-Administration besteht nicht nur aus öffentlicher Rhetorik und verteidigungspolitischen Maßnahmen im Rahmen des strategischen Konsenses, sondern auch in einer Fülle von bilateralen Geheimkontakten und Verhandlungen mit den verschiedenen Konfliktparteien im Nahen Osten. Die Krise im Libanon und die Krise im syrisch-israelischen Verhältnis ist nicht zuletzt durch den amerikanischen Sonderbotschafter Habib beigelegt worden.

Insgesamt gesehen gehen von dem Konzept des strategischen Konsenses zwei kontraproduktive Wirkungen aus: Nach wie vor besteht die Hauptbedrohung aus arabischer Sicht in der Politik Israels: Besetzung der Gebiete nach dem 1967-Krieg, Nichtanerkennung der Palästinenser-Problematik, interventionistische Politik Israels im Libanon, ständige israelische Übergriffe, Verletzung arabischen Luftraums, Luftangriff auf das Reaktorzentrum in Bagdad. Diese israelische Bedrohung wird aus arabischer Sicht durch die geplante neue strategische Verknüpfung zwischen Israel und den USA verstärkt und wirkt damit kontraproduktiv: nicht die Sowjetunion wird damit abgeschreckt, sondern vielmehr die arabischen Staaten, deren politische Zustimmung es zu gewinnen gilt.

Auf der anderen Seite wird das bilaterale Verhältnis zwischen den USA und Israel in dem Maße problematisch, in dem die USA ihr stra-tegisches Konzept der Exklusivität mit Israel entkleiden und auf Ägypten und Saudi-Ara-hen ausdehnen, wie z. B. durch die Lieferung es AWACS-Systems an Saudi-Arabien.

Im übrigen minimalisiert die Reagan-Administration die wirkliche und mögliche Stärke der USA im Nahen und Mittleren Osten und überhöht die des Gegners. Das Messen der militärischen Sicherheit ausschließlich mit Zahlen übersieht die relativ starke diplomatische, politische und ökonomische Macht der USA in der Region, die dank einer brillanten Nahostpolitik der siebziger Jahre von Nixon, Kissinger, Ford und Carter aufgebaut werden konnte. Nur geographisch und militärisch hat die Sowjetunion einen Vorteil, aber trotz dieser beiden Handicaps haben die USA eine gute Ausgangsposition in einer Region, in der die Doktrin des Marxismus-Leninismus relativ geringe Attraktivität besitzt, wenn die USA sich diplomatisch und ökonomisch um eine Maklerrolle glaubwürdig bemühen, eine Politik der Abschreckung und Eindämmung nicht lautstark verkünden, sondern gelassen und flexibel anwenden.

In Erinnerung an sowjetische Erfahrungen in Ägypten, Somalia und im Sudan, aber auch an die amerikanische Erfahrung im Iran scheint eine distanzierte, d. h. eine maritime Militär-präsenz der USA sinnvoll zu sein. Direkte militärische Präsens der USA würde eher das hervorrufen, was derzeit die Reagan-Administration vermeiden will: wachsenden sowjetischen Einfluß und wachsenden Anti-Amerikanismus.

Die gegenwärtige Unentschlossenheit der amerikanischen Nahost-Politik spiegelt den Mangel an innerer Geschlossenheit wider. Während Außenminister Haig das Konzept des strategischen Konsenses vorrangig auf die Verbesserung der amerikanisch-israelischen Beziehungen abstellt (so war er z. B. gegen den Verkauf des AWACS-Systems an Saudi-Arabien), betont Verteidigungsminister Weinberger die arabische Variante des Konzepts des strategischen Konsenses. Bei seiner Reise in den Nahen Osten im Februar 1982 umging Weinberger Israel, zumal er den Angriff auf den irakischen Nuklearreaktor im Juni 1981 heftig kritisiert und konsequente Sanktionen gegenüber Israel gefordert hatte.

Drei Gründe sprechen dafür, daß das Konzept des strategischen Konsenses in Zukunft stärker von einer pro-arabischen Intensität geprägt sein wird: 1. In der Reagan-Administration teilt eine starke Gruppe die Auffassung, daß die arabischen Staaten zu diesem Konzept mehr beisteuern können als Israel.

2. Falls es gelingen sollte, die arabischen Staaten für dieses Konzept zu gewinnen, würde der Druck auf Israel für Konzessionen auf der Westbank und im Gaza-Streifen größer werden.

3. Die Geschichte der amerikanisch-israelischen Beziehungen hat gezeigt, daß Israel sehr selbstbewußt seine Sicherheitsprobleme ohne Konsultation mit den USA regelt, wenn dies im eigenen Sicherheitsinteresse liegt.

Die Unsicherheiten der amerikanischen Nahostpolitik, wie sie durch die unterschiedlichen Positionen des Außen-und Verteidigungsministers markiert werden, verweisen auf ein zentrales Manko der Außenpolitik der Reagan-Administration insgesamt: Der Präsident selbst hatte ursprünglich angekündigt, Unklarheiten in der amerikanischen Außenpolitik, wie sie unter der Carter-Administration aufgetreten waren, abzustellen. Die Bilanz des ersten Jahres der Reagan-Administration zeigt, daß hier nicht Wandel, sondern Kontinuität zur Carter-Administration das herausragende Merkmal geblieben ist.

Wenn die Reagan-Administration die Wege der Geheimdiplomatie, die Weisheit einer zurückhaltenden Militärpräsenz und eine Beschränkung der Waffenlieferungen einschlägt, sich zugleich um ein überparteiliches politisches Maklerprofil bemüht, dann wird die Nahostpolitik der USA wieder an Schwungkraft gewinnen. Die USA müssen auch im Nahen Osten wieder lernen, als politische Großmacht zu handeln, und nicht als militärischer Gigant. Dann kann das Erbe eines erfolgreichen Jahrzehnts amerikanischer Nahostpolitik, wie von Nixon/Ford/Kissinger/Carter aufgebaut, weiterentwickelt werden.

3. Das Problem der Waffenlieferungen

Zum bevorzugten Mittel für die Errichtung eines globalen strategischen Konsenses sind Waffenlieferungen geworden. Während der ersten drei Monate seit Regierungsantritt bot die Reagan-Administration bereits Waffen und andere militärische Hilfe in Höhe von 15 Mrd. Dollar weltweit an Nach einem Jahr Waffenhilfe hat sich der Eindruck verstärkt, als ob diese Methode zum entscheidenden „außenpolitischen Zahlungsmittel" der Reagan-Administration geworden sei: Saudi-Arabien, Israel, Jordanien, Marokko, Pakistan und andere Staaten in der Dritten und Vierten Welt haben in einem bisher unerreichten Maße amerikanische Waffen erhalten.

Der Waffentransfer wird von der Reagan-Administration als effektive Maßnahme angesehen, die Verteidigungsbereitschaft befreundeter Staaten zu verbessern, Allianzen zu stär-I ken und insgesamt das militärische Abschrek-, kungspotential gegenüber möglichen kommunistischen Bedrohungen zu vergrößern. Nukleare Schwellenmächte wie Israel, Pakistan und Brasilien sollen gleichzeitig ihre Nuklearambitionen aufgeben und statt dessen durch großzügige Hilfe der USA ihre konventionellen Streitkräfte ausbauen. Während die Carter-Administration den Waffentransfer von Menschenrechtsüberlegungen und von der Idee der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen abhängig gemacht hatte, scheint die Reagan-Administration den ersten Vorbehalt gelockert zu haben, wie die Waffenlieferungen an Pakistan, Brasilien und andere Staaten zeigen. Der Waffentransfer ist damit zum Hauptinstrument der militärischen Komponente der Eindämmungsstrategie der Reagan-Administration geworden. Während die Waffenlieferungen unter Carter überaus restriktiv und widersprüchlich gehandhabt wurden, so werden sie nun unter Reagan überaus großzügig bereitgestellt. Das mag der amerikanischen Rüstungsindustrie zugute kommen, international und regional gesehen verstärkt diese Politik jedoch den Rüstungswettlauf. Wurden in den vergangenen Jahren bisher Waffen zweiter Wahl in die Dritte und Vierte Welt von beiden Supermächten geliefert, so haben sie sich nun entschlossen, neue hochwertige Waffensysteme für diejenigen Länder bereitzustellen, die eigentlich viel dringlicher ihre sozialen und wirtschaftlichen Probleme lösen müßten. Zudem wächst die Gefahr, daß diese Waffen nicht für die Verteidigung im eines Sinne antikommunistischen und strate-gischen Konsenses, wie von der Reagan-Administration beabsichtigt, sondern unter regionalpolitischen Überlegungen vielleicht als Angriffswaffen genutzt werden. Die USA verstärken damit nicht ihren Einfluß und ihre Kontrollmöglichkeiten, sondern vermindern diese. Das Beispiel Iran hat außerdem gezeigt, daß die zentralen innenpolitischen Probleme durch Waffenlieferungen nicht gelöst, sondern erschwert werden. So besteht die Gefahr, daß durch großzügige Waffentransfers in alle Welt der strategische Konsens nicht erreicht wird, die USA aber sich zum Supermarkt für Waffen degradieren und an politischem Einfluß zur Lösung der regionalen Konflikte verlieren könnten.

Das einzige Land, das anscheinend großen Wert auf einen antisowjetischen strategischen Konsens mit den USA legt, ist die VR China. Hier scheinen die Fronten nun überraschenderweise vertauscht: Während die Chinesen eine Lockerung der Handelsbeschränkungen für gewerbliche sowie potentiell militärisch nutzbare Technologie wünschen, scheint die Reagan-Administration beim Waffenverkauf an die VR China Zurückhaltung zu zeigen, gleichzeitig jedoch das Konzept des strategischen Konsenses mit China unter der Zielsetzung einer antisowjetischen Spitze vertiefen zu wollen Die VR China unterstützt im Konzept des strategischen Konsenses die amerikanischen Bestrebungen, den Einfluß der Sowjetunion in Afghanistan und Kamputschea zu verringern bzw. zu verdrängen.

Insgesamt haben die Beziehungen zur VR China während des ersten Jahres der Reagan-Administration an Problematik gewonnen: Die Bereitschaft der USA, Waffenlieferungen nach Taiwan auszudehnen, belasten die Beziehungen zur VR China zunehmend. Im Unterschied zu seinen Vorgängern Nixon und Carter betont Reagan eine neue politische Distanz zur Volksrepublik und die Notwendigkeit engerer Beziehungen zu Taiwan, während Außenminister Haig die strategische Bedeutung der Volksrepublik für Amerikas Sicherheit betont und stärkere Distanz zu Taiwan beibehalten möchte. Die VR-China-Politik der Administration Reagan ist somit gespalten, auch wenn sie offiziell zum Shanghai-Kommuniquö vom Februar 1972 steht. Erst die weitere Entwicklung wird zeigen, ob die Reagan-Administration bereit ist, die China-Politik der Nixon-Administration, die den außenpolitischen Spielraum der USA revolutionär verändert und verbreitert hatte, aktiv fortzusetzen.

Insgesamt gesehen ist das Konzept des strategischen Konsenses Ausdruck einer neuen Betonung militärischer Stärke der Vereinigten Staaten unter antisowjetischer Spitze in der Weltpolitik. Es muß zweifellos auf dem Hintergrund der fatalen Rückschläge in der amerikanischen Außenpolitik gesehen werden, wie sie seit Mitte der siebziger Jahre eingetreten waren. So gesehen, bildet die neue Betonung der militärischen Stärke eine wichtige Komponente zur Wiederherstellung der außenpolitischen Stärke der USA.

III, Die Beziehungen zur Sowjetunion

Die verstärkte Bereitschaft und Fähigkeit der Sowjetunion, in die Beziehungen zu Staaten, Vorwiegend in der Dritten und Vierten Welt, direkt, wie im Fall Afghanistan, oder indirekt, durch Stellvertreter wie Kuba, in Angola, El Salvador und Nicaragua, mit Gewalt einzu-greifen, war Ursache für Enttäuschung und Frustration über die Entspannungspolitik der slebziger Jahre. Der sowjetische Versuch, bei der Revolution im Iran den Anti-Amerikanis-mus zu schüren und für die eigenen Interessen auszunutzen, hat den wachsenden Unmut der Amerikaner weiter gesteigert. Die sowjetische Invasion in Afghanistan und die indirekte Intervention der Sowjetunion in Polen seit Dezember 1981 haben eine starke antisowjetische Stimmung bewirkt. Die Enttäuschung über mangelhafte außenpolitische Zurückhaltung der Sowjetunion, die in den Augen vieler Amerikaner die Kodifizierungsversuche in den amerikanisch-sowjetischen Beziehungen der frühen siebziger Jahre zu wertlosem Papier degradiert hat, bildet einen zentralen Faktor für die Entschlossenheit, durch Neubetonung eigener politischer und militärischer Stärke die außenpolitische Macht der Sowjetunion in Zukunft einzudämmen.

Die Neuregelungen der Beziehungen zur Sowjetunion bildet deshalb das Hauptanliegen, denn Ziel der sowjetischen Außenpolitik ist nach Auffassung der Reagan-Administration „die Förderung der Gewalttätigkeit als Instrument des Wandels ... Moskau unterstützt weiterhin den Terrorismus und den Stellvertreterkrieg.“

Insgesamt gesehen geht die Politik der Reagan-Administration gegenüber der Sowjetunion von folgenden Überlegungen aus:

1. Wiederherstellung der militärischen Balance; 2. Eindämmung der sowjetischen Expansionsbemühungen; 3. Verhandlungen mit der Sowjetunion nur auf der Grundlage der Position der Stärke;

4. Aufrüttelung der politischen Lethargie in den USA und bei den Alliierten

Zu keiner Zeit entwickelte die Sowjetunion ein derart gigantisches Rüstungsprogramm wie zu Zeiten der Entspannung. Deshalb sieht sich die Reagan-Administration im Zugzwang, Amerika gewaltig aufzurüsten. Rund 183 Mrd. Dollar geben die USA 1982 für Verteidigung aus, 225 Mrd. sollen es im nächsten Haushalt sein, und bis 1986 will Präsident Reagan insgesamt 1, 6 Billionen Dollar für Rüstung ausgeben. Deshalb müssen die Sozialleistungen radikal vermindert werden, und gleichzeitig wird 1982 das Budgetdefizit mindestens 100 Mrd. Dollar und im nächsten Jahr vermutlich das Anderhalbfache betragen. Abgesehen von der Frage nach dem militärischen und vor allem politischen Nutzen dieses gigantischen Rüstungsprogramms stellt sich die Frage, ob militärische Stärke nicht auf ein brüchiges gesellschaftliches Fundament gestellt wird, weil der Faktor der innenpolitischen sozialen Stabilität dabei außerordentlich strapaziert wird. Nicht übersehen werden darf allerdings, daß die neue Administration, wenn auch sehr zögerlich und auf Drängen der Westeuropäer, gleichwohl auf die Frage der Rüstungskontrolle eingegangen ist. Als Außenminister Haig in einer ersten programmatischen Rede am 14. Juli 1981 Grundsätze der amerikanischen Rüstungspolitik formulierte, wurde deutlich, daß die neue Administration die Rüstungskontrollpolitik mit veränderten Akzenten führen würde. Als erstes möchte Haig die Rüstungskontrolle, die in den siebziger Jahren als Teil der Politik der Entspannung zu hohe Erwartungen geweckt und unbefriedigende Ergebnisse gebracht hatte, nun dem Primat der Sicherheitspolitik zuordnen: „Rüstungskontrollanstrengungen werden ein Instrument und nicht Ersatz einer zusammenhängenden verbündeten Sicherheitspolitik sein."

Weiter betonte Haig, daß Rüstungskontrolle die Sicherheit wirklich erhöhen, also der gesamte Kontext des weltweiten sowjetischen Verhaltens mit berücksichtigt werden müsse. Mit diesem Prinzip der Verknüpfung greift Haig einen zentralen Gedanken der Nixon-Kissinger-Administration wieder auf, der von der Carter-Administration bei den SALT-II-Verhandlungen vernachlässigt wurde. Im Verlauf der Polen-Krise im Winter 1981/82 hat Haig allerdings wieder Abstand von diesem Prinzip der Verknüpfung bei der Rüstungskontrolle genommen, als er erklärte, daß den amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen in Genf über nukleare Mittelstreckenraketen eine besondere Bedeutung zukomme Die Forderung nach absoluter Sicherheit, so hatte schon Kissinger erklärt, kann nur zu absoluter Unsicherheit der anderen führen und ist deshalb unannehmbar. Es ist daher nicht ohne Tragik für den Rüstungskontrollprozeß gewesen, als z. B. SALT II vom amerikanischen Senat weniger wegen Bedenken gegenüber dem Vertrag selbst nicht ratifiziert wurde, sondern weil das gesamte politische Klima in den amerikanisch-sowjetischen Beziehungen sich rapide verschlechtert hatte Aber die Nicht-ratifizierung durch den Senat, gemeint als ernste Mahnung zur außenpolitischen Zurückhal tung an die Sowjetunion, wurde von dieser mißachtet. Nur wenige Monate später marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Am 18. November 1981 legte Präsident Reagan den amerikanischen Vorschlag für die am 30. November 1981 begonnenen amerikanischen Verhandlungen über die nuklearen Mittelstreckenraketen vor Nachdem die Bemühungen der NATO ohne Erfolg geblieben waren, die Sowjetunion in ihrem Rüstungsverhalten zur Zurückhaltung zu bewege November 1981 begonnenen amerikanischen Verhandlungen über die nuklearen Mittelstreckenraketen vor 25). Nachdem die Bemühungen der NATO ohne Erfolg geblieben waren, die Sowjetunion in ihrem Rüstungsverhalten zur Zurückhaltung zu bewegen, war im Dezember 1979 der NATO-Doppelbeschluß gefaßt worden, neue Mittelstrekkenraketen — Cruise Missile und Pershing II — in Mitteleuropa zu stationieren für den Fall, daß die Rüstungsverhandlungen über Begrenzung in Genf erfolglos bleiben sollten. Dieses Vorgehen in der Rüstungskontrolle ist neu: Wurden bisher vorhandene Waffensysteme begrenzt oder verringert, so soll nun der Entwicklungs-und Stationierungsprozeß gar nicht erst vollzogen, sondern darüber verhandelt werden.

Zu Recht sorgt sich die amerikanische Administration über eine Verschiebung im politischen Gesamtklima Westeuropas: „Die amerikanische Präsenz in Westeuropa wird als eine unnatürliche, historische Verirrung dargestellt, während sowjetische Hegemonie über Osteuropa und die Einmischung in westeuropäische Verteidigungspolitik als ein natürliches sowjetisches Recht angesehen werden. Die Sowjetunion setzt somit voraus, daß Westeuropa mehr Verständnis für die Probleme der sowjetischen Sicherheit haben sollte als die Sowjetunion es für die Sicherheit Westeuropas hat“ 26)

Mit der sogenannten Null-Option, die Präsident Reagan am 18. November 1981 vorschlug und die in der vorbereitenden Sonderbera-tungsgruppe der NATO in enger Abstimmung mit den westeuropäischen Verbündeten ent-

wickelt wurde, sollte den Kritikern der Wind aus den Segeln genommen werden.

Auch die Sowjetunion tritt für eine Null-Op-ton ein, aber beide Seiten verstehen darunter etwas gänzlich anderes: die USA sehen die Er-fordernisse zur Nachrüstung in Europa nur dann als hinfällig an, wenn die Sowjetunion alle Mittelstreckenraketen (SS 4, SS 5, SS 20)

abbaut. Dabei gilt es zu berücksichtigen, daß das sowjetische Territorium durch chinesische, britische und französische Nuklearpotentiale ebenfalls erreicht werden kann. Die Sowjetunion hingegen schreibt die Null anders: Breschnew hat vage angedeutet, daß bei nicht erfolgender Nachrüstung des Westens die Sowjetunion „einen gewissen Teil ihrer Nuklearwaffen mittlerer Reichweite in Europa einseitig reduzieren würde" 27).

So enthält das sowjetische Angebot nach amerikanischer Auffassung „ein Moratorium auf höchst unterschiedlichem Niveau" und „den Anspruch, daß sie ein Recht sowohl auf nukleare als auch auf konventionelle Überlegenheit in Europa habe. Die Sowjetunion besteht darauf, daß Westeuropa kein Recht habe, die -amerikanische Stärke zu Hilfe zu rufen, um die sowjetische Macht und den geographischen Vorteil der Sowjetunion auszugleichen. Das ist die Botschaft hinter dem Moratorium. Genau wie alle anderen Formen unterbewußter Werbung schlägt sie langsam und unmerklich ihre Wurzeln.“ 28)

Die Fragwürdigkeit der sowjetischen Position zeigt sich darin, daß die Sowjetunion schon 1980, als erst ein kleiner Teil der SS 20 gefechtsbereit war, vom Bestehen eines Gleichgewichts sprach und jetzt so tun möchte, als hätten die seither hinzugekommenen über 100 SS 20 mit mehr als 300 Sprengköpfen keine Bedeutung.

Abgesehen davon, daß im nuklearen Mittelstreckenbereich die Sowjetunion derzeit einen überwältigenden Vorsprung besitzt, der zwischen 4 : 1 und 6 : 1 liegt 29), ist zu berücksichtigen, daß bei den jetzigen Verhandlungen die neue Raketengeneration der Sowjetunion, SS 21, SS 22, SS 23, deren Reichweiten zwischen 120 und 1000 km liegen und die doppelt so zielsicher sind, noch nicht erfaßt werden 30).

Die neue amerikanische Entschlossenheit, Rüstungskontrolle dem Primat der Sicherheits-politik klar zuzuordnen, ist wichtig angesichts der neuen Intensität in der innenpolitischen Diskussion über die Probleme der Sicherheitspolitik. Eine Anti-Nuklear-Theologie, die sich seit Mitte der siebziger Jahre in weiten Kreisen der Bevölkerung im Protest gegen Kernkraftwerke niederschlug, wurde intensiviert durch die Opposition gegen die Neutronenwaffe, die eine gefährliche Entwicklung in Westeuropa und in den USA gegen Ende der siebziger Jahre signalisierte: Beschlossen wurde von den Politikern nicht mehr, was sicherheitspolitisch sinnvoll, sondern was innenpolitisch durchsetzbar schien. Natürlich bringt die Existenz der Kernwaffen tiefgreifende moralische, politische und strategische Probleme mit sich. Aber es war das größte Versäumnis der Politiker der zweiten Hälfte der siebziger Jahre, daß, wie R. Burt zu Recht betont, „die Regierungen auf beiden Seiten des Atlantiks den neuen Generationen von Amerikanern und Europäern nicht in ausreichendem Maße klargemacht haben, inwieweit das Atlantische Bündnis auch weiterhin eine Vision Europas bietet, die im Einklang mit seinen Sicherheitserfordernissen und seinen politischen Werten steht"

Es wurde versäumt, der Einseitigkeit und Uninformiertheit in der allgemeinen Sicherheitsdebatte energisch entgegenzutreten. Z. B. wenn das sowjetische Argument, daß die neuen Pershing-II-Raketen eine unannehmbare Bedrohung für die Sowjetunion darstellen, weil sie die Vorwarnzeit auf 5 Minuten verkürzen, in der innenpolitischen Diskussion aufgegriffen wurde — wer hat dann danach gefragt, daß seit Jahren die Vorwarnzeit für uns vor einer potentiellen sowjetischen Rakete nur noch in Sekunden zu messen ist?

Auch im strategischen Bereich versucht die Reagan-Administration, die Sicherheit durch ein intensiviertes Rüstungsprogramm zu verbessern, um das „Fenster der strategischen Verwundbarkeit“ zu schließen Dieses Programm spiegelt ebenfalls Kontinuität und Wandel wider. Es zeigt, daß eine Politik der Stärke wesentlich vom Stand und von der Be-reitschaft der Streitkräfte abhängt, aber ohne den Willen zum Einsatz zur blassen Rhetorik zerschmilzt. Dieser Schrumpfungsprozeß von der Politik zur Rhetorik der Stärke wurde bei Präsident Carter deutlich.

Angesichts der Frage, wie eine realistische Einschätzung der sowjetischen Macht aussehen könnte, zeigt sich, daß die Reagan-Administration im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen ein differenziertes wie auch ein real-widersprüchliches Bild der Sowjetunion zeichnet. So vertritt Außenminister Haig die Auffassung, daß die Sowjetunion außen-und verteidigungspolitisch Ambitionen hege, die den Westen bedrohen, diese zugleich aber zu einer ernsten Belastung der sowjetischen Wirtschaft werden können. Haig zieht daraus die Schlußfolgerung, daß dies dazu dienen könne, entweder die sowjetische Führung zu überzeugen, daß der Zeitpunkt gekommen sei, sich nach innen zu wenden und Bedürfnisse ihrer Bevölkerung zu decken, oder aber sie werden weiterhin versuchen, durch riskante Unternehmungen außerhalb des sowjetischen Gebiets von diesen Fehlschlägen abzulenken. Hier wird ein neuer Realismus der USA im Verhältnis zur Sowjetunion deutlich: Die Nixon-Kissinger-Administration versuchte eine Neuordnung der Beziehungen unter dem Primat der Deideologisierung, was bedeutete, daß nur das außenpolitische Verhalten der Sowjetunion analysiert wurde. Die Vernachlässigung der innenpolitischen Determinanten und Strukturen in der Entwicklung des Sowjetsystems trug dieser Administration deshalb gerade in den USA den Vorwurf des Machiavellismus ein. Die Reagan-Administration dagegen kommt zu dem Ergebnis, daß der sowjetische Einfluß-und Herrschaftsbereich außerordentlich labil sei und daß der Westen z. B. bei wirtschaftspolitischen Schwächen der Sowjetunion wie anderer kommunistischer Staaten oder bei Krisenentwicklungen wie z. B. jetzt in Polen nicht mit Rücksichtnahme oder Hilfeleistung reagieren sollte.

Das zweite Element des neuen außenpolitt sche Realismus gegenüber der Sowjetunion besteht in der Korrektur der irrigen Annahme, daß die Sowjetunion parallel zur Auffassung der USA eine Entspannungs-und Militärdoktrin entwickelt habe, die den Forderungen von Nixon und Kissinger nach Parität, Genügsam keit und außenpolitischer Selbstbeschränkung entsprechen würde: „Die Doktrin der Vereinigten Staaten und der NATO bezüglich des Einsatzes von Kernwaffen und damit unsere Ziele in Rüstungskontrollverhandlungen unterscheiden sich völlig von denen der Sowjetunion.“

Reaktionen auf die systematischen Rüstungsanstrengungen der Sowjetunion, die darauf abgestellt sind, in Regionen, die historisch nicht zur Einflußsphäre der Sowjetunion gehörten, einzugreifen, bilden den dritten Punkt der Neuüberlegungen der Reagan-Administration.

Das neo-realistische Eindämmungskonzept der Reagan-Administration für die achtziger Jahre wird im Unterschied zu dem der fünfziger Jahre mit geringerem Rückgriff auf die ideologische Komponente, doch unter stärkerer Berücksichtigung des militärischen Aspekts wirksam werden, während Nixon und Kissinger in den siebziger Jahren sich um eine politische Interpretation der Eindämmungsdoktrin bemühten. Kontinuität in der Zielsetzung, aber Wandel bei der Wahl der Mittel und Methoden für die Eindämmung der Sowjetunion kennzeichnen die neue Position der Reagan-Administration.

IV. Die Beziehungen zu Westeuropa

1. Die siamesischen Zwillinge: Sicherheit und Entspannung

Auf der Grundlage des Harmel-Berichts von 1967 entwickelten Westeuropa und die USA im Rahmen der Atlantischen Allianz ein Konzept, das die Elemente der Sicherheit und Entspannung eng miteinander verknüpfte Bei der Pauschalkritik der Reagan-Administration an der westlichen Sicherheits-und Entspannungspolitik der siebziger Jahre wird übersehen, daß bis 1974 entscheidende Verbesserungen im amerikanisch-sowjetischen Entspannungsprozeß eintraten. Amerikanische und westeuropäische Entspannungspolitik hatten grundsätzlichen Konsens.

Ein neuer Moralismus in der amerikanischen Außenpolitik, der sich z. B. darin niederschlug, die für die Sowjetunion dringlichen Handels-hagen mit den Fragen der Menschenrechte öffentlich und ultimativ zu verknüpfen, der Zu-

sammenbruch der Präsidenten-Autorität wie auch Kürzungen in wirtschaftspolitischen Hilfeprogrammen durch den Kongreß hatten ge-2eigt, daß innenpolitische Schwäche die Au-Denpolitik der USA behinderte und zugleich die Sowjetunion und ihre Stellvertreter zu neuer politischer Aggressivität ermutigte.

Anders stellte sich die Situation in Europa: Die Westeuropäer konnten bis heute in ihren Beziehungen zu den Staaten Osteuropas ein gewisses Maß an Entspannungselementen entwickeln und aufrechterhalten, wenngleich auch seit Mitte der siebziger Jahre unübersehbar ist, daß die kommunistischen Regierungen durch eine Politik der Abgrenzung oder durch Nichtbeachtung der vertraglichen Grundlagen das Wesen der Entspannung unterminieren.

Wie zu Beginn der siebziger Jahre, so stehen wir heute — zehn Jahre später — vor einer neuen Grundsatzdebatte bei der Frage, wie und unter welcher Zielsetzung die Beziehungen zu den Staaten kommunistischer Prägung ausgebaut werden sollen. Der Slogan, daß es keine Alternative zur Entspannung gäbe, ist genauso fehl am Platze wie die Auffassung, daß die Entspannung nichts gebracht habe. Es ist die Tragik der Entspannungspolitik der siebziger Jahre, daß sie die Notwendigkeiten der Sicherheitspolitik zunehmend in den Hintergrund der Überlegungen schob und daß demzufolge generell in der öffentlichen Meinung des Westens sich die Auffassung verbreitete, als ob Sicherheit und Entspannung Gegensätze seien. Zu Recht hat die Reagan-Administration darauf verwiesen, daß die Sowjetunion militärische Aufrüstung niemals als Gegensatz zum Entspannungskonzept, son21 dem ganz im Gegenteil als integralen Bestand der Entspannung versteht; diese Tatsache sollte Berücksichtigung in der derzeitigen innenpolitischen Kontroverse finden, in der Neutralismus, Anti-Amerikanismus und schwindende Bereitschaft zur Notwendigkeit einer überzeugenden und sinnvoll begründeten Sicherheitspolitik an Einfluß gewonnen haben.

Andererseits sind Kritik und Konfusion in Westeuropa gegenüber der Außenpolitik der Reagan-Administration in dem Maße angewachsen, in dem der Eindruck entstand, als ob die Reagan-Administration die siamesischen Zwillinge Sicherheit und Entspannung trennen würde, wobei die Entspannung schon zu Grabe getragen worden, Sicherheit also all ihrer entspannungspolitischen Implikationen beraubt und damit zu einer massiven Rüstungspolitik degeneriert sei.

Solche Sicht der Dinge ist jedoch vorschnell. Wer die Reden und Stellungnahmen des Präsidenten und der Verantwortlichen in der neuen Administration vorurteilsfrei analysiert, stellt zweifelsohne Zurückhaltung gegenüber einer bisweilen zu optimistischen Interpretation der Entspannung fest. Umrißartig läßt sich aber erkennen, daß die Reagan-Administration im Begriff ist, ein neues, realistisches Entspannungskonzept zu entwickeln, das, bis auf Auslassung des Namens selbst, auf manchen Elementen der siebziger Jahre aufbaut, wie die Rede Präsident Reagans vom 20. November 1981 zeigte. Die Forderung nach außenpolitischer Zurückhaltung, nach Einhaltung eines globalen und regionalen Gleichgewichts, das Prinzip der Interdependenz der Ereignisse, die Bereitschaft zur Rüstungskontrolle, die Forderung nach Menschenrechten und Freizügigkeit, nach nationaler Souveränität und Nichteinmischung verweisen auf Kontinuitätsmerkmale.

Bei der Kritik an der Rhetorik der Stärke der Reagan-Administration wird vielfach vergessen, daß bisher jede amerikanische Administration zu Beginn von der Sowjetunion gewissermaßen getestet worden ist. Es ist in Vergessenheit geraten, daß während der ersten Jahre der Nixon-Kissinger-Administration von 1969 bis 1971 entspannungspolitische Erfolge völlig ausblieben. Erst infolge langwieriger Verhandlungen und insbesondere erst nach einer glaubwürdigen Entschlossenheit der USA sowjetischen Versuchen der außenpolitischen Einflußnahme entschieden zu widerstehen, wurden erste Verhandlungserfolge erzielt Umgekehrt hat das schnelle, ja großzügige Entgegenkommen der Carter-Administration z. B. bei SALT dokumentiert, daß die Sowjetunion eine solche Haltung nicht honoriert sondern als Schwäche auslegt.

Unter diesem Aspekt ist es verständlich, daß die Reagan-Administration Eindämmung als Grundelement der Entspannung betont. Denn die sowjetische Interventionsbereitschaft zeigt, daß sie nicht nur nicht gewillt ist, in Osteuropa die rigide Unterdrückung zu erleichtern, sondern zugleich auch über den traditionellen Einflußrahmen hinaus direkt, wie in Afghanistan, militärisch einzugreifen bereit ist und auch durch Stellvertreter in Regionen, die bisher von sowjetischem Einfluß frei geblieben sind, nun Einfluß sucht — wie in Lateinamerika. Angesichts dieses Verhaltens der Sowjetunion erscheint der Reagan-Administration die in Europa verbreitete Forderung nach Aufrechterhaltung der Entspannung vielfach als eine magische Beschwörungsformel, die den realen Bedingungen nicht mehr entspricht. Die Aushöhlung des Entspannungskonzepts durch die Sowjetunion, nachsichtig von den Westeuropäern beobachtet, schwächt nach Auffassung der Reagan-Administration die entspannungspolitischen Kodifizierungsversuche, die die USA selbst in den siebziger Jahren mit aufgebaut haben.

2. Das westliche Bündnis und die Polen-Krise

Die Polen-Krise muß unter drei Aspekten gesehen werden: als Krise der Ost-West-Beziehungen, als Ausdruck der unterschiedlichen Einschätzungen innerhalb des westlichen Bündnisses über die Kernfragen von Sicherheit und Entspannung und vor allem als tiefe Krise des Kommunismus.

Während der siebziger Jahre war Osteuropa die vernachlässigte Region der Dötente-PoUtik der USA Die sogenannte Sonnenfeldt-Doktrin war Ausdruck dieser Vernachlässigung unterschiedlicher historischer und Dieses Dilemma des Westens hinsichtlich einer realistischen Einschätzung östlicher Vorgänge kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die politische Krise in Polen in der politischer Gegebenheiten in und zwischen den Staaten Osteuropas. Unterstaatssekretär Eagleburger und der stellvertretende Außenminister Stoessel personifizieren den Willen in der Reagan-Administration zu einer neuen, realistischen Politik der USA gegenüber Osteuropa, die den Faktoren der Differenzierung Rechnung zu tragen sucht.

Im Sommer 1981 betonte Eagleburger den wachsenden Druck der Sowjetunion auf Osteuropa, wobei die Sowjetunion gleichzeitig »auf die unverhülltesten Taktiken der Einschüchterung zurückgriff, um die Ereignisse in Polen zu beeinflussen" Dabei verwies Eagleburger auf das zentrale Dilemma der westlichen Politik: „Die sowjetische Führung (hat) in den letzten Jahren wenig Rücksicht auf die Fähigkeit und/oder den Willen des Westens genommen, wirkungsvoll auf diese Herausforderung zu reagieren, und selbst, wenn der Westen reagiert hat, so hat er dies zu oft ohne Zusammenhang und echte Glaubwürdigkeit getan."

Die Reagan-Administration und die westeuropäischen Regierungen wurden bei der Beurteilung der Entwicklung in Polen von Stereotypen beeinflußt, die sich an ähnlichen Krisen-entwicklungen der fünfziger und sechziger Jahre orientiert hatten. Die polnischen Reformbemühungen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wurden vom Westen zu Beginn mit Faszination, Sympathie und zugleich mit großer Beklemmung beobachtet. Nicht ob, sondern wann die Sowjetunion den Erneuerungsprozeß in Polen stoppen würde, war die entscheidende Frage.

Dabei fällt auf, wie sehr wir in einer Perzeption der Alternativen des Alles oder Nichts gefangen geblieben sind, die durch die Ereig-

nisse der vergangenen vier Jahrzehnte in Osteuropa geprägt worden ist. Wir hatten uns daran gewöhnt, daß bei revolutionären Bewegungen in kommunistischen Staaten die auf-

begehrenden Menschen alles wagten und dabei alles verloren. Die traurige Geschichte der Demokratisierungs-und Freiheitsbewegun-

gen in kommunistischen Staaten Mitteleuro-pas hatte gezeigt, daß revolutionäre, eruptive Versuche im Stil klassischer Revolutionen unter den Bedingungen des Nuklearzeitalters und der totalen Beherrschung durch die nationalen Kommunisten und durch die Sowjetunion unmöglich geworden waren.

Dabei schälte sich ein pragmatisches Gesetz für Reformen heraus, die nach Maßgabe der Breschnew-Doktrin von der Sowjetunion in Mittel-und Osteuropa begrenzt toleriert wurden: Kommunistische Staaten versuchten entweder, ihre Außenpolitik nationaler und unabhängiger von der Führungsmacht Sowjetunion zu gestalten, wie im Falle Rumänien, wobei gleichzeitig aber gewährleistet werden mußte, daß der Primat der Kommunistischen Partei und Ideologie aufrechterhalten wurde. Andere Staaten, wie z. B. Ungarn, zeigten erfolgreich, daß innenpolitische, insbesondere Wirtschaftsreformen in gewissem Maße möglich sind, solange sich der außenpolitische Kurs des Landes strikt nach Maßgabe der Sowjetunion ausrichtet.

Die machtpolitische Raffinesse der Sowjetunion bestand bei der Verhängung des Kriegs-rechtes am 13. Dezember 1981 darin, mit Hilfe polnischer Militärs und Politiker den Eindruck zu erwecken, daß diese selbst die Unterdrückung in die Hand nahmen und damit die Entscheidung als polnische Angelegenheit erklärten. Indem die Sowjetunion Polen zwang, Polen zu unterdrücken, hatte sie sämtliche Risiken, wie z. B. einen Volksaufstand oder andere für sie gefährliche Entwicklungen, unterlaufen können. Der Nationalstolz der polnischen Armee -wurde dadurch befriedigt, daß ihr die Arbeit der Massenverhaftung, wie 1970, erspart blieb, und daß das Kriegsrecht zur nationalen Ehrenpflicht erklärt wurde.

Die westeuropäischen Regierungen, gebannt auf die einzige Alternative — sowjetischer Einmarsch: ja oder nein? — blickend, waren angesichts der sich zuspitzenden kritischen Situation in Polen unfähig zu reagieren, weil dritte oder vierte Alternativen sowjetischen Verhaltens nicht oder zu spät einkalkuliert worden waren. Krise des kommunistischen Systems besteht. Die ideologische Zersplitterung und der machtpolitische Verfall, die Invasion sowjetischer Truppen in Afghanistan und die wachsenden wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten in allen kommunistischen Staaten markieren Tendenzen, die das ausmachen, was Außenminister Haig als den historischen Niedergang der Sowjetunion umschrieben hat.

3. Das Problem der Wirtschaftsbeziehungen mit kommunistischen Staaten

Die Reagan-Administration versucht, durch wirtschaftlichen Druck die Sowjetunion zur Mäßigung zu bewegen: Das Ende des Kriegs-rechts und der Unterdrückung, die Freilassung der Gefangenen und die Wiederherstellung der in der Schlußakte von Helsinki verbrieften Rechte sind die Ziele mit Blick auf Polen.

Im Verlauf der amerikanisch-westeuropäischen und amerikanisch-deutschen Konsultationen beim Besuch des Bundeskanzlers im Januar 1982 in Washington wurde deutlich, daß Reagan und Schmidt zu verstärkten gemeinsamen Einschätzungen gekommen sind. Die Bundesregierung rückte von ihrer anfänglichen Position ab, und die Reagan-Administration respektierte, daß die westeuropäischen Staaten, insbesondere die Bundesrepublik, von einer anderen Basis aus operieren, was die Auswirkungen von wirtschaftlichen Maßnahmen angeht, die sie gegenüber der Sowjetunion ergreifen könnten.

Die engen Wirtschaftsbeziehungen der Bundesrepublik zur Sowjetunion, die durch das Röhren-/Erdgas-Geschäft weiter langfristig vertieft werden, könnten bei Neuüberlegungen in der Reagan-Administration auch als Anreiz für Verbesserungen der Beziehungen zwischen den USA und der Sowjetunion dienen — so die Auffassung westeuropäischer Politiker. Strafmaßnahmen und Sanktionen hingegen würden nicht die Probleme in Osteuropa, wie z. B. in Polen, lösen, sondern diese potentiell eher verstärken. Hinzu käme, daß Sanktionen im Fall Polen zu einem späteren Zeitpunkt von der Sowjetunion gegenüber dem Westen als Vorwand für eine Unterbrechung der wirtschaftlichen Vereinbarungen dienen könnte — für den Fall, daß nicht Sowjet-Interessen, sondern die der westlichen Staaten auf dem Spiel stehen, wie z. B. bei späteren Erdgas-Lieferungen

Unmittelbar nach der Verhängung des Kriegs-rechts in Polen hat die Reagan-Administration durch eine Reihe von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen den Versuch unternommen, die sowjetische und die polnische Regierung unter Druck zu setzen. Die Blockierung des Verkaufs amerikanischer Ausrüstungen für die geplante Erdgas-Pipeline Sibirien-Westeuropa ist das Kernstück der Maßnahmen gegenüber der Sowjetunion.

Von Anfang an hat die Regierung Reagan ihre westeuropäischen Partner wissen lassen, daß sie im Einklang mit der politisch-militärischen Stärkung des westlichen Bündnisses und dem Ziel der Eindämmung des sowjetischen Expansionismus auch die Wirtschaftsbeziehungen mit der Sowjetunion in verstärktem Maße nach sicherheitspolitischen Überlegungen auszurichten trachte. Dabei richtete sie ihren Blick bis zur Machtübernahme der Militärs in Polen vor allem auf den Transfer hochtechnologischer Güter, deren konstanter Zustrom die zunehmende Veralterung der sowjetischen Industrie wettmache. Vor dem Hintergrund der Diskussion über Sanktionen gegen Polen und die Sowjetunion hat die Reagan-Administration noch nachdrücklicher die Frage nach dem politischen Effekt der Wirtschaftsbeziehungen zu kommunistischen Staaten gestellt. Dabei geht es u. a. um die beiden Fragen, ob die Kredite des Westens der Sowjetunion erlauben, mehr Mittel für den Ausbau des militärischen Potentials abzuzweigen, und ob ein beträchtlicher Teil der Schulden Polens in Höhe von 27 Mrd. Dollar gegenüber dem Westen nicht ihren Ursprung in dem ausbeuterischen Charakter des Handels osteuropäischer Staaten mit der Sowjetunion haben

Die Verfechter eines harten außenpolitischen Kurses in Sachen Sanktionen innerhalb der Reagan-Administration suchen außerdem eine Antwort auf die Frage, ob die wirtschaftlichen Verflechtungen Westeuropas — und die Kredite spielen dabei eine Schlüsselrolle — schon in einem solchen Maße fortgediehen sind, daß sie die politische Entscheidungskraft der Westeuropäer hemmen. Bei dieser Frage ist natürlich auch die Glaubwürdigkeit der Sanktionspolitik der Administration Reagan auf dem Prüfstand, weil sonst die Kluft zwischen Worten und Taten beträchtlich wäre. Die Beteuerung von Außenminister Haig, Amerika werde, solange die Unterdrückung in Polen anhalte, mit der Sowjetunion und Polen nicht „business as usual" betreiben, hält den Realitäten kaum stand, da die Reagan-Administration bisher den Handel nur begrenzt als Sanktionselement zu nutzen bereit ist, noch nicht aber das Finanzierungsinstrument des Handels, die Kredite, eingeschränkt hat. Die wirtschaftliche Achillesferse der Sowjetunion, die amerikanischen Weizenlieferungen, sind von der Reagan-Administration unangetastet geblieben.

Die Lösung des Dilemmas kann nicht darin liegen, den Osthandel einer neuen rigiden Gesamtstrategie in den Ost-West-Beziehungen zuzuordnen. Seit der Verhängung des Kriegs-rechts in Polen scheint es, als ob in der amerikanischen Führung die Kluft zwischen pragmatischen und ideologischen Konservativen neu aufgebrochen ist: Während Außenminister Haig seine Politik auf Aufhebung des Kriegsrechts, Wiederherstellung des politischen und ökonomischen Status quo ante ausrichtet, setzen Verteidigungsminister Weinberger und andere auf militärischen und ökonomischen Druck. Die NATO-Formel: Verteidigung undEntspannung, mit dem Harmel-Bericht von 1967 verbindliche und gemeinsame Politik der NATO-Partner, bleibt also innerhalb der Reagan-Administration umstritten.

4. Bündnis-Solidarität in Gefahr

Zu Recht hebt der amerikanische Botschafter in der Bundesrepublik, Burns, hervor, daß es bei der Diskussion um den Nachrüstungsbeschluß nicht nur um die Raktenarsenale, sondern vielmehr um das politische Selbstver-ständnis Europas geht. Die Krise im Bündnis reflektiert so gesehen eine Krise der Wertvorstellungen in der westlichen Welt: „Die Freiheit, die Amerikaner und Europäer so hoch schätzen, die Möglichkeit, unser Schicksal selbst zu bestimmen, die demokratischen Institutionen, die bei uns gut gediehen sind, die Gesetze, die uns als einzelne beschützt haben — das alles ist unser kostbares Erbe. Diese Dinge müssen mit höchster Sorgfalt gepflegt werden ... Ich bin der Meinung, daß das Vertrauen in die Ziele der Vereinigten Staaten und des Atlantischen Bündnisses nicht voll wiederhergestellt sein wird, solange nicht die Bürger in unseren Ländern, die die Werte unserer demokratischen Lebensform mißachten, lernen oder wieder entdecken, daß diese Werte Schutz verdienen."

In Westeuropa wird vermutlich die Bereitschaft der Reagan-Administration unterschätzt, nicht nur gegenüber der Sowjetunion härter vorzugehen, sondern, wenn nötig, dies auch allein zu tun, falls die Verbündeten in Westeuropa weiterhin in dem alten Entspannungsoptimismus der frühen siebziger Jahre verharren sollten Die Rede von Burns verweist auch auf ein Problem zwischen den Generationen: Hat die erwachsene Generation in den vergangenen zehn Jahren es nicht versäumt, den Jüngeren deutlich zu machen, daß das Erbe der westlichen Welt nicht nur auf Geld, Technologie und Raketen alleine beruht? Wenn die Jüngeren weiterhin von der Lebenswürdigkeit unserer Gesellschaftsform nicht nachhaltig überzeugt werden können, wenn zugelassen wird, daß westlich-demokratische Lebensform zu ökonomischer Supermarktmentalität degeneriert, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die jüngere Generation die westliche Zivilisation mit plattem Materialismus verwechselt. Besondere Verantwortung kommt hierbei den Pädagogen und Wissenschaftlern in den Sozialdisziplinen zu. Hat nicht eine ganze Generation von Sozial-und Politikwissenschaftlern unter Ver-nachlässigung der Wertfragen allein der Chimäre einer wertfreien Kritikfähigkeit gehuldigt? Westeuropa und schon gar nicht die Bundesrepublik können aus dem Ost-West-Konflikt stillschweigend durch Neutralität oder einseitige Abrüstung aussteigen. Diese Haltung ist naiv und parasitär zugleich: „Während wir im Stillen mit dem amerikanischen Interesse rechnen, unsere Freiheit zu beschützen, ohne daß wir dabei mithelfen, erwägen wir kaum den Widerspruch einer parasitären Taktik, die durch egoistische Absonderung diejenige Macht schwächt, auf deren Stärke sie sich gleichzeitig verläßt — erwägen nicht, daß listiges Schaukeln zur Dummheit wird, wenn dadurch das tiefliegende Boot zu kentern droht, in dem wir als freies Volk mit allen anderen freien Völkern gemeinsam sitzen."

Die moralisierende Schnitzeljagd, die mit Vietnam begann und von vielen mit Blick auf die Dritte und Vierte Welt auch heute noch geführt wird, hat ihre ursprünglich aufrüttelnde Funktion längst verloren Schon bald wurde deutlich, daß sie einseitig antiamerikanisch geführt wird. Als die Kommunisten in Vietnam, Kambodscha und anderswo die Bevölkerung unter brutale Kontrolle brachten, Gegner und Unschuldige bestenfalls in Arbeitslagern verhungern ließen, wenn sie nicht sofort abgeschlachtet wurden, da war von Protesten der alten Vietnam-Gegner nichts mehr zu hören. Der neuen Sensibilität der soge-nannten Nuklear-Generation ist offenkundig bei ihrer Konzentration auf „Euroshima" entgangen, daß nicht nur weltweit, sondern wenige Kilometer vor unserer Haustür, wie z. B. in Polen, eine neue Form der Unterdrückung praktiziert wird.

Gesinnungsethik, so hatte Max Weber schon lange erkannt, ist kein Fiaker, den beliebig halten lassen kann, um nach Befinden ein-oder auszusteigen. Oder steht hinter dem diffusen, narzißtischen und sich selbst bemitleidenden Moralismus in der Bundesrepublik nicht im Kern der Wunsch nach einem schwa-chen Amerika, das sich zunehmend außenpolitisch erschöpft?

Was unter anderen Umständen lediglich ein Koordinationsproblem der Regierungen hätte sein können, ist vor diesem prekären Hintergrund Anlaß zu Zweifeln in der Reagan-Administration geworden, ob die politische Führung der Bundesrepublik, ein großer Teil der Bevölkerung und ein Teil des Parteiengefüges auf längere Sicht die gleichen Interessen wie die USA verfolgen. Gleichzeitig sehen sich die USA im Bereich der Wirtschaftspolitik durch das Gas-/Röhren-Geschäft in ihrem Führungsanspruch bedroht, da die Bundesrepublik mit der Sowjetunion über die Bedenken der Reagan-Administration hinweg eine neue Intensität der Beziehungen und Abhängigkeiten eingegangen ist.

Neben den potentiellen Konfliktlinien, die der politische Kurs der Reagan-Administration im Verhältnis zu Westeuropa in sich birgt — Forderung nach Aufstockung des Verteidigungsetats, Forderung nach Einordnung des Osthandels nach Maßgabe der amerikanischen Politik, Forderung nach stärkerer Unterstützung der USA durch Westeuropa bei Krisen außerhalb des NATO-Bereiches —, gilt es zu berücksichtigen, daß die Reagan-Administration auf eindrucksvolle und unpopuläre Weise deutlich gemacht hat, daß Entspannungspolitik nicht zum Sklaven der öffentlichen Meinung werden darf, die ja häufig eher dem Wünschenswerten und dem Gefühl folgt, das um so stärker ist, je mehr Leidenschaft und Unsicherheit hinzukommen. Die westlichen Staaten müssen vor allem die innenpolitischen Auswirkungen von Sicherheit und Entspannung berücksichtigen. Politische Führung heißt ja nicht nur Einigung nach Maßgabe des geringsten politischen Nenners auf einen Kompromiß, sondern auch die Bereitschaft, in lebenswichtigen Fragen Entscheidungen notfalls gegen die öffentliche zu treffen. Dazu gehören heute die kardinalen Fragen der Sicherheitspolitik.

Eine überzeugende Politik der Stärke und der Entspannung bedarf jedoch auch der Diplomatie. Es kann also nicht nur um die Erhöhung der Rüstung gehen, wichtig ist die Wiederherstellung des Primats der Politik, dessen Hauptinstrument die Diplomatie darstellt; in der Reagan-Administration personifiziert durch Nietze, Ikl und Haig sowie durch Eagleburger und Stoessel. Dieser Primat der Diplomatie muß garantieren, daß weder steriler Moralismus noch Rüstung allein sinnvolle Politik, ausmachen. Nicht Kreuzzugsgeist und öffentlicher Schlagabtausch von Propagandapositionen, nicht die Alternative zwischen Recht und Unrecht, sondern politische und rhetorische Klugheit ist gefordert. Die Außenpolitik der Reagan-Administration wird in den USA und in Westeuropa dann auf Zuspruch stoßen und die innenpolitischen Grundlagen der Bündnis-solidarität auf beiden Seiten des Atlantiks festigen können, wenn sie das Konzept von Sicherheit und Entspannung langfristig ausgewogen verfolgt.

Man kann zu dem Ergebnis kommen, daß eine realistische Entspannungspolitik für das kommende Jahrzehnt nur über den Weg neuer sicherheitspolitischer Entschlossenheit möglich sein wird. Um auf den einleitenden Gedanken zurückzukommen: Die Reagan-Administration muß sich erkennbar in die außenpolitische Tradition des Republikaners Richard Nixon stellen. Erst wenn die Reagan-Administration akzeptiert, daß Präsident Nixon die Außenpolitik der USA revolutionierte, indem er den Versuch unternahm, sie dauerhaft, berechenbar und gleichgewichtig auf die Säulen Sicherheit und Entspannung zu stellen, wird sie bei der Suche nach einer eigenen außenpolitischen Philosophie fündig werden. Watergate reduzierte Nixons Außenpolitik zum Torso, auf dem aber weiter aufgebaut werden kann. Watergate bewirkte außerdem, daß Nixon selber seinen Versuch zerstörte, die amerikanische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß Amerika nicht ständig zwischen Überengagement und Neo-Isolationismus schwanken kann, sondern eine dauerhafte und verantwortungsvolle Rolle weltweit übernommen hat. Hier liegt die bisher weitgehend übersehene Tragik von Watergate. Erst wenn die Reagan-Administration dieses Kontinuitätsproblem lösen, die außenpolitischen Verdienste der Nixon/Kissinger-Jahre würdigen wird und, darauf aufbauend, eine außenpolitische Philosophie entwickelt, wird sie die eigenen inneren Spannungen überwinden können. Erst dann wird sie Kontinuität und Wandel sinnvoll verbinden können zu einem Konzept, in dem es das Erfolgreiche zu bewahren gilt und zugleich auch der Wandel als Chance begriffen werden kann.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zit. nach: Amerika-Dienst, 26. 11. 1981, S. 20.

  2. Außenminister Alexander Haig, Rede am 24. 4. 1981, zit. nach: Amerika-Dienst, 29. 4. 1981,

  3. Staatssekretär Richard Burt, Arms and the Man, Pres rick Smith u. a. (Hrsg.), Reagan, the Man, the " Tesident, New York 1980, 5. 84 f.

  4. Zit. nach: Die Zeit, 6. 11. 1981, S. 3.

  5. Haig, a. a. 0. s. 3.

  6. AmuSenminister Haig. Rede am 11. 8. 1981, in: Amerika-Dienst, 19. 8. 198lt s. 5.

  7. New York Times, 21. 12. 1978, siehe auch: George Lenczowski, The Arc of Crisis, in: Foreign Affairs, Spring 1979, S. 796— 820.

  8. Staatssekretär Stoessel, Erklärung vom 18. 3. 1981, in: Amerika-Dienst, 25. 3. 1981, S. 1.

  9. Außenminister Haig, Erklärung vom 28. 8. 1981, in: Amerika-Dienst, 2. 9. 1981, S. 2.

  10. Präsident Reagan, Rede vor der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), 24. 2. 1982, in: Amerika-Dienst, 24. 2. 1982, S. 2.

  11. Ebda.

  12. Ebda.

  13. Vgl. Paul E. Sigmund, The U. S. and Latin Amer ca, in: Foreign Affairs, America and the World, 19 New York 1982, S. 629— 657.

  14. Vgl. Christian Hacke, Die Spannungen im Nahen Osten, in: Die Internationale Politik 1975/76, Jahrbuch des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (Hrsg.), München 1981, S. 185— 108.

  15. Staatssekretär R. Burt, Rede vom 23. 3. 1981, in: Amerika-Dienst, 1. 4. 1981; vgl. auch: Wilfried von Bredow, Rudolf-Horst Brocke, Das außenpolitische Konzept der Reagan-Administration, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 32/81, S. 23 f.

  16. So Präsident Reagan, zit. nach: NYT 12. 10. 1981.

  17. Zur Bedeutung des Fahd-Planes siehe: Wilhelm Aordt Ein saudischer Plan für den Nahost-Frieden, Ki FAZ, 1. 10. 1981, S. 11; Andreas Kohlschütter, punmernisse im Königshaus. Reagan und der mnd-Plan, in: Die Zeit, 13. 11. 1981, S. 7; Theo Som7er,, Werben für den Fahd-Plan, in: Die Zeit, 1111 1981, S. 7; Neue Zürcher Zeitung, 11. 8. 1981, 3110, 1981 und 11. 11. 1981.

  18. Andrew J. Pierre, The Global Politics of Arms Sales, Princeton, New Jersey 1982, S. 65 ff.

  19. Vgl Pressekonferenz des amerikanischen Ausenministers Haig in Peking, 16. 6. 1981, in: Europa Archiv 19/81, 5124516. K'

  20. Außenminister Haig, Rede am 24. 4. 1981, in: Ämerika-Dienst, 29. 4. 1981, S. 6.

  21. Vgl. William Hyland, U. S. -Soviet Relations, in: Foreign Affairs, America and the World 1981, a. a. O., S. 527.

  22. Hierzu und im folgenden siehe: Außenminister Haig, Rede vom 14. 7. 1981, in: Europa-Archiv, 15/811 D 393 ff

  23. Vgl. NZZ, 9. 1. 1982. nr

  24. Vgl. hierzu Henry Kissingers AusführungenIE dem Senat im Rahmen der Anhörungen uoe SALT II, in: Die Zeit, 3. 8. 1979, S. 9.

  25. Präsident Reagan, Rede vom 18. 11. 1981, in: Euro-P-Archiv 24/81, 654— 660.

  26. Vgl. Josef Joffe (Hrsg.), Friede ohne Waffen? Der Streit um die Nachrüstung, München 1981, S. 106 f.

  27. Staatssekretär Burt, Rede am 23. 9. 1981, in: Europa-Archiv 21/81, D 574.

  28. Vgl. hierzu: Präsident Reagan, Erklärung vom 2. 10. 1981 zum Programm für die strategischen Streitkräfte, in: Europa-Archiv 22/81, D 590 ff.

  29. So Walt Rostow, Rede am 6. 10. 1981 vor der Reutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in snnin:. Amerika-Dienst, 7. 1°. 1981, S. 12.

  30. »Militärische Sicherheit und eine Politik der Entpannung stellen keinen Widerspruch, sondern ® gegenseitige Ergänzung dar.“ Harmel-Bericht (m i 14. 12. 1967, abgedr. in: Klaus von Schubert Da 88-1 Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Käi schl and, Dokumentation 1945— 1977, Teil I, Köln 1978, S. 363.

  31. Staatssekretär für Europäische Angelegenhei-sn L Eagleburger, Erklärung vom 10. 6. 1981, in: amerika-ienst, 16. 6. 1981, S. 5.

  32. Ebda

  33. Vgl. hierzu ausführlich: Hanns W. Maull, Erdgas und wirtschaftliche Sicherheit, Arbeitspapier Nr 1 des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschat für Auswärtige Politik, Bonn, Juli 1981.

  34. „Die gegenwärtige Krise (in Polen) resultiert aus dem ungerechten Handelsaustausch mit der Sow]«union. Er schafft eine Situation, die beinahe einer talen Ausraubung unseres Landes gleichkommt 50 der polnische Wirtschaftsexperte Marian Rajski. t nach: Die Zeit, 19. 2. 1982, S. 27; vgl. ebenfalls: Neue Zürcher Zeitung, 31. 12. 1981.

  35. Botschafter Arthur Burns, Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, 1. 12. 1981, in: Europa-Archiv 24/81, D 665.

  36. „Das amerikanische Volk bringt materielle und persönliche Opfer, indem es rund 350000 amerikanische Soldaten in Europa unterhält. Sie sind hier stationiert, um die Erhaltung des Friedens zu gewährleisten, damit in unseren westlichen Gesellschaften die demokratische Lebensform erhalten werden kann. Sie werden nicht bleiben, wenn sie nicht willkommen sind.“ Botschafter Burns, ebda..

  37. Ludwig Dehio, Deutsche Politik an der Wegegabel, in: ders., Deutschland und die Weltpolitik im 20. Jahrhundert, München 1955, S. 153.

  38. Vgl. hierzu Christian Hacke, Drift nach Osten, in: Die politische Meinung, April 1981, S. 22— 37.

Weitere Inhalte

Christian Hacke, Dr. phil., geb. 1943, seit 1980 Professor für Politikwissenschaft/Internationale Politik an der Hochschule der Bundeswehr Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Die Ost-und Deutschlandpolitik der CDU/CSU. Wege und Irrwege der Opposition seit 1969, Köln 1975; J. B. Gradl, Stets auf der Suche. Reden, Äußerungen und Aufsätze zur Deutschlandpolitik (Hrsg.), Köln 1979; Buchbeiträge und Zeitschriftenaufsätze zu Fragen der amerikanischen und deutschen Außenpolitik, zum Stand der Ost-West-Beziehungen und zum Nahost-Konflikt.