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Der Bundesrat und die europäische Integration. Mitwirkung bei der nationalen und gemeinschaftlichen Willensbildung | APuZ 12/1982 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 12/1982 Zum 25. Jahrestag der Unterzeichnung der Rom-Verträge. Betrachtungen eines Zeitzeugen Der Bundesrat und die europäische Integration. Mitwirkung bei der nationalen und gemeinschaftlichen Willensbildung Zur Politischen Ökonomie der Beziehungen zwischen dem RGW und der EWG

Der Bundesrat und die europäische Integration. Mitwirkung bei der nationalen und gemeinschaftlichen Willensbildung

Günter Jaspert

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Zusammenfassung

Die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) haben im weiten Umfang nationale Gesetzgebungskompetenzen der Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft übertragen. Da in der EG die Gesetzgebung im wesentlichen durch den Rat, d. h. durch Vertreter der Regierungen ausgeübt wird, ergibt sich daraus eine Beeinträchtigung der für die Machtkontrolle in der Demokratie wesentlichen horizontalen Gewaltenteilung zwischen der legislativen und der exekutiven Gewalt. In der Bundesrepublik Deutschland, einem föderativen Staat, kommt eine Einschränkung auch der sogenannten vertikalen Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern hinzu, weil für den Bereich der Gemeinschaftsgesetzgebung die Mitwirkungsrechte der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes gemäß Artikel 50 des Grundgesetzes ersatzlos entfallen sind. Der Bundesrat hat es daher von Anfang an für erforderlich gehalten, ein Mitwirkungsrecht im Rahmen der nationalen Willensbildung für europäische Entscheidungen zu haben. Seine intensiven Bemühungen, dieses Ziel zu verwirklichen, hatten jedoch nur zum Teil Erfolg. Gemäß Artikel 2 des Ratifikationsgesetzes zu den Gründungsverträgen sind Bundestag und Bundesrat — im allgemeinen vor der Beschlußfassung des EG-Rates — von der Bundesregierung zu unterrichten. Nach Einsetzung eines besonderen Ausschusses für Fragen der Europäischen Gemeinschaften hat sich der Bundesrat mit Erfolg bemüht, die Rechte aus dieser Regelung nicht nur voll zu nutzen, sondern darüber hinaus auf eine echte Zusammenarbeit mit der Bundesregierung bei der Vorbereitung der Beratungen des EG-Rates hinzuwirken. Daneben haben die Länder in Verhandlungen mit der Bundesregierung ein Beteiligungs-Verfahren entwickelt, das sich auf die Fälle erstreckt, in denen durch Vorhaben der EG die ausschließliche Gesetzgebung der Länder betroffen ist oder wesentliche Länderinteressen berührt werden. Die Mitwirkung des Bundesrates an der Willensbildung im Gemeinschaftsbereich erstreckt sich auf unmittelbare Kontakte zur EG-Kommission und neuerdings vor allem auf eine Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament.

I. Die Eingriffe der Europäischen Gemeinschaften in die Gesetzgebungskompetenz des Bundesrates und in die föderative Struktur der Bundesrepublik Deutschland

Mit dem Inkrafttreten der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sind in weitem Umfang nationale Gesetzgebungskompetenzen der Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft übertragen worden. Die Auswirkungen zeigen sich am deutlichsten in Bereichen, in denen Rat und Kommission Gemeinschaftsentscheidungen durch Verordnungen treffen können, die gemäß Artikel 189 Abs. 2 EWG-Vertrag (EWGV) ohne Mitwirkung der nationalen Legislativen in jedem Mitglied-staat unmittelbar gelten. Als Beispiele seien das Recht des gemeinsamen Agrarmarkts, das Verkehrsrecht, das Zoll-und das Wettbewerbsrecht genannt.

Aber auch soweit die Gemeinschaft auf den Erlaß von Richtlinien beschränkt ist, was zum Beispiel im Recht der Freizügigkeit, der Niederlassung und des freien Dienstleistungsverkehrs, des Kapitalverkehrs, des Umweltschutzes und des Steuerrechts zutrifft, wo gemäß Artikel 100 EWGV die Harmonisierung von Rechtsvorschriften erfolgt, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken, ist der nationalen Gesetzgebung die materielle Gestaltungsbefugnis weitgehend entzogen. Arti-

189 Abs. 3 EWGV beschränkt die Regeungskompetenz der Richtlinie zwar auf das zu erreichende Ziel, während die Wahl der Form und der Mittel den Mitgliedstaaten überlassen bleibt. Die Praxis hat jedoch gezeigt, daß 6 der großen Unterschiedlichkeit der natio-

den Ausgangspositionen eine Harmonisie-

ung oft nur erreicht werden kann, wenn die etneinschaftsregelungen auch im Rahmen er Richtlinie weit in die Einzelheiten gehen.

Aer nationale Gesetzgeber hat daher für die n sfrhrung der in der Gemeinschaft getroffeen Grundentscheidungen häufig kaum noch Penraum: In vielen Fällen vollzieht er sogar nur die Überleitung gesetzlicher Regelungen in einer Art notariellem Akt

Von der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Gemeinschaft ist in der Bundesrepublik Deutschland vor allem die Gesetzgebung des Bundes betroffen, das heißt in erster Linie der Deutsche Bundestag und der Bundesrat. Da die legislative Gewalt in der Gemeinschaft im wesentlichen nicht durch das Europäische Parlament, sondern vom Rat ausgeübt wird, der sich'ausschließlich aus Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammensetzt, hat sich damit eine erhebliche Kompetenzverlagerung von der Gesetzgebung auf die Regierung und damit eine Beeinträchtigung der sogenannten horizontalen Gewaltenteilung zwischen der legislativen und der exekutiven Gewalt ergeben, die für die Kontrolle der Machtausübung in der parlamentarischen Demokratie von grundlegender Bedeutung ist.

Anders als für die Mitgliedstaaten mit unitarischer Staatsform ergibt sich aus der Tatsache, daß die gesetzgebenden Entscheidungen des Rates von Regierungsvertretern getroffen werden, für die Bundesrepublik Deutschland — als einem föderativen Staat — noch eine weitere Einschränkung des Systems der Ge-waltenteilung, nämlich der sogenannten vertikalen Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern. Die Vertretung des Gesamtstaates in den Organen der Europäischen Gemeinschaft steht allein dem Bund zu Artikel 50 des Grundgesetzes, wonach die Länder bei der Gesetzgebung des Bundes über den Bundesrat mitwirken, ist damit für den Bereich der Gemeinschaftsgesetzgebung ersatzlos entfallen. Die Machtverschiebung von der Legislative auf die Exekutive bedeutet daher in unserer föderativen Staatsstruktur gleichzeitig auch eine Machtverschiebung von den Gliedstaaten auf den Zentralstaat.

Neben dem Verlust der Gesetzgebungskompetenz des Bundes haben auch die Länder legislative Einbußen hinnehmen müssen und zwar insbesondere in den Bereichen Berufsausbildung, Berufsrecht, Verkehrswirtschaft (Hafenverkehrswirtschaft), Strukturpolitik (Subventionsverbot) sowie der Rechtsangleichung zum Beispiel im Umweltschutz (Gewässerschutz), im Baurecht und im Steuerrecht

Die Einschränkungen der legislativen Zuständigkeiten der Länder beeinträchtigen den Bundesrat als Gesetzgebungsorgan des Bundes nicht. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß sie zu einer Verminderung eventueller Möglichkeiten der Ausweitung seiner Mitwirkungsrechte geführt haben. Sowohl in der Zeit der Weimarer Republik als auch seit Inkrafttreten des Grundgesetzes haben sich Gesetzeskompetenzen von den Gliedstaaten auf den Zentralstaat verlagert, und zwar mit der Folge, daß an die Stelle der den Ländern verlorengegangenen legislativen Gewalt die Beteiligung der Landesregierungen an der Gesetzgebung des Zentralstaates getreten ist In den Gesetzgebungsbereichen der Länder, die auf die Gemeinschaft übertragen worden sind — und wenn überhaupt, dann wäre eventuell in diesen Bereichen eine Verlagerung auf den Bund in Betracht gekommen —, konnte und kann eine solche sachliche Ausweitung der Mitwirkungsrechte des Bundesrates nicht mehr erfolgen

II. Die Bestrebungen des Bundesrates um eine Gesetzesregelung zur Sicherung seiner Mitwirkung in der nationalen Willensbildung

Mit der heute unstreitigen Feststellung, daß die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Rat der Gemeinschaften allein der Bundesregierung zusteht, ist nichts darüber gesagt, in welcher Weise deren Willensbildung zu erfolgen hat, die den Abstimmungen dort vorausgeht. Mit dem Recht, nach außen als Vertreterin des Gesamtstaates zu handeln, ist nicht zwangsläufig die Befugnis verbunden, den Inhalt dieses Handelns selbst zu bestimmen

Aus den dargelegten Kompetenzeinbußen des Bundesrates und der Länder wird verständlich, daß der Bundesrat — im Gegensatz übrigens zum Deutschen Bundestag — von Anfang an eine möglichst weitgehende Beteiligung im Rahmen des Willensbildungsprozesses für die Entscheidungen der Gemeinschaften zu erreichen versucht hat.

Schon im ersten Durchgang des Gesetzgebungsverfahrens zur Ratifizierung des EGKS-Vertrages erklärte der Berichterstatter des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Ministerpräsident Arnold (Nordrhein-Westfalen), in der 61. Sitzung des Bundesrates vom 27. Juli 1951, es bestehe die Gefahr, daß die Länder von der Mitwirkung ausgeschlossen und „zu reinen Verwaltungseinheiten herabgedrückt" würden. Bei der Zustimmung zum Montan-Vertrag gehe es daher „um die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesrates als gesetzgebende Körperschaft überhaupt" Bundeskanzler Adenauer erkannte in seiner Erwiderung das Anliegen des Bundesrates grundsätzlich an, wollte dessen Regelung jedoch nicht im Ratifikationsgesetz, sondern in einem der später erforderlich werdenden Durchführungsgesetze vornehmen

In der Stellungnahme, die der Bundesrat gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes zu dem Gesetzentwurf beschlossen hat, heißt es zu dieser Frage: „Außerdem wird verlangt, daß bei der Willensbildung der deutschen Stellen im Rahmen des Schuman-Plans die Mitwirkung des Bundesrates vor der Ratifizierung im Gesetz sichergestellt wird

Vor der Beratung im zweiten Durchgang gab es in der 66. Sitzung des Bundesrates einen Gesetzesantrag Nordrhein-Westfalens zur Ergänzung des Ratifikationsgesetzes der die Mitwirkung der Länder vor der Erteilung von Weisungen an den Vertreter der Bundesregierung im Rat über einen besonderen, vom Bundesrat zu bestellenden Länderausschuß vorsah, einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung mit dem Zusatz „von Eilfällen abgesehen" und eine inhaltlich mit dem Regierungsentwurf übereinstimmende Gesetzesinitiative der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag

Der Initiativantrag Nordrhein-Westfalens wurde vom Bundesrat an den Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten überwiesen, jedoch dort nach Eingang des Regierungsentwurfs nicht weiter behandelt Der Regierungsentwurf hingegen wurde im Hinblick auf den Entwurf der CDU/CSU-Fraktion von der Bundesregierung zurückgezogen. Die CDU/CSU-Initiative fand im Bundestag schließlich mit 184 gegen 188 Stimmen bei zwei Enthaltungen keine Mehrheit

Bei der Beratung des Ratifikationsgesetzes zum EGKS-Vertrag im zweiten Durchgang des Gesetzgebungsverfahrens hat der Bundeskanzler in der 22. Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten zu dieser Frage eine Erklärung abgegeben. Mit Bezug darauf »ahm der Bundesrat in seiner 77. Sitzung vom 1; Februar 1952 folgende Entschließung an:

Der ^undesrat nimmt Kenntnis von der Erklarung des Herrn Bundeskanzlers, daß die Bundesregierung das Verlangen des Bundes rates nach einer Mitwirkung bei der Willensbildung der deutschen Stellen im Rahmen des Schuman-Plans als berechtigt anerkennt und demgemäß bereit ist, einen Unterausschuß des Auswärtigen Ausschusses des Bundesrates laufend über die Vorgänge in der weiteren Entwicklung und Durchführung des Vertragswerks zu unterrichten sowie zu Fragen, bei denen einzelne Länder besonders beteiligt sind, diese Länder besonders zu hören."

Das Bemühen, die Mitwirkungsrechte des Bundesrates bzw.der Länder bei der Willensbildung der Bundesregierung gesetzlich sicherzustellen, war damit zunächst gescheitert.

Das Ratifizierungsgesetz zum EGKS-Vertrag bedurfte nicht der Zustimmung des Bundesrates. Für die Durchsetzung einer im Rahmen dieses Gesetzes festgelegten Mitwirkung war offenbar die Ausgangsposition zu schwach. Die Gelegenheit, das erstrebte Ziel dennoch zu erreichen, ergab sich bei der Ratifikation des Gesetzes zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft, für dessen Zustandekommen die Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 84 Absatz 1 und 105 Absatz 3 des Grundgesetzes erforderlich war.

In der 176. Sitzung des Bundesrates vom 3. Mai 1957 forderte der Bundesrat in seiner gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes beschlossenen Stellungnahme, in das Zustimmungsgesetz einen Artikel 2 b mit folgendem Wortlaut einzufügen: „In Ausführung des Artikels 31 Abs. 2 und Artikel 53 des Grundgesetzes werden Weisungen an den nach Artikel 146 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie den nach Artikel 116 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft zu entsendenden Vertreter der Bundesrepublik durch die Bundesregierung nach Beratung mit dem Bundesrat erteilt.“

Die Bundesregierung lehnte in ihrer Gegenäußerung diese Forderung ab. In der Begründung heißt es unter anderem: . Artikel 53 verpflichtet die Bundesregierung, den Bundesrat über die Führung der Geschäfte auf dem laufenden zu halten, nicht jedoch, die von ihr zu treffenden einzelnen Entscheidungen vorher mit dem Bundesrat zu beraten. Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß sie bereit ist, im Rahmen ihrer Informationspflicht gemäß

Artikel 53 des Grundgesetzes den Bundesrat insbesondere über die Arbeiten der Europäischen Gemeinschaften im weitesten Umfang zu unterrichten.“

Nach ausführlichen Erörterungen im Bundestag 5. Juli 1957 wurde am schließlich die jetzige Fassung des Artikels 2 des Zustimmungsgesetzes (ZustG) angenommen, wonach die Bundesregierung den Bundestag und den Bundesrat über die Entwicklungen im Rat der Europäischen Gemeinschaften laufend zu unterrichten hat. Soweit durch den Beschluß des Rates innerdeutsche Gesetze erforderlich werden oder in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltendes Recht geschaffen wird, soll die Unterrichtung vor der Beschlußfassung des Rates erfolgen.

Der Bundesrat stimmte dem Gesetz nach den Beratungen im zweiten Durchgang des Gesetzgebungsverfahrens in seiner 181. Sitzung vom 22. Juli 1957 einstimmig zu, nachdem ein Antrag Nordrhein-Westfalens auf Anrufung des Vermittlungsausschusses u. a. mit dem Ziel, Artikel 2 ZustG in der Weise zu ändern, daß die vorgesehene Unterrichtung nicht nur vor Beschlußfassung im Rat, sondern bereits vor der Erteilung von Weisungen an das deutsche Ratsmitglied erfolgen müsse, keine Mehrheit gefunden hatte

Auf die im Rahmen des Ratifikationsverfahrens erhobene weitere Forderung, eine angemessene Beteiligung des Bundesrates im Europäischen Parlament sicherzustellen, wird im späteren Zusammenhang einzugehen sein.

III. Die Unterrichtung gemäß Artikel 2 des Zustimmungsgesetzes in der Praxis des Bundesrates

1. Die Einsetzung des heutigen Ausschusses für Fragen der Europäischen Gemeinschaften und die politische Information gemäß Artikel 2 ZustG Entsprechend seinen Bemühungen um eine Mitwirkung bei der nationalen Willensbildung zur Vorbereitung der Beratungen und Entscheidungen des Rates hat sich der Bundesrat von Anfang an sehr eingehend mit Fragen der europäischen Integration befaßt und sich darum bemüht, die Regelung des Artikels 2 ZustG nicht nur voll zu nutzen, sondern darüber hinaus auf eine echte Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Bundesrat bei der Vorbereitung der Beratungen des EG-Rates hinzuwirken.

Die Aktivitäten in diesem Bereich begannen mit der Einsetzung eines besonderen Ausschusses. Am 24. September 1957 wies der bayerische Ministerpräsident in einem Brief an die Regierungschefs der übrigen Länder darauf hin, daß die mit der EWG und der damals geplanten Freihandelszone zusammenhängenden Fragen einer ständigen eingehenden Beobachtung und Behandlung durch die Länder bedürfen. Diese Überlegung lasse es empfehlenswert erscheinen, ein fachlich ausgerichtetes Gremium zu bilden, in dem alle Länder vertreten sein sollten. Als Organisationsform schlug er entweder einen selbständigen, außerhalb des Bundesrates stehenden Länderausschuß, einen Arbeitskreis der Wirtschaftsministerkonferenz, einen ständigen Unterausschuß des Wirtschaftsausschusses oder einen gemeinsamen Unterausschuß des Wirtschaftsausschusses und des Agrarausschusses des Bundesrates vor.

In den Antworten auf diesen Brief setzte sich die Mehrheit der Regierungschefs für die Bildung eines besonderen Beratungsgremiums des Bundesrates ein. Dementsprechend beschloß der Bundesrat in seiner 186. Sitzung vom 20. Dezember 1957

die Einsetzung des „Sonderausschusses Gemeinsamer Markt und Freihandelszone". Zum Vorsitzenden wurde gleichzeitig der bayerische Ministerpräsident Dr. Seidel gewählt Aufgabe des Ausschusses, der in der 289. Sitzung des Bundesrates vom 26. November 1965 in „Ausschuß für Fragen der Europäischen Gemeinschaften" umbenannt wurde sollte sein, die Wünsche der Länder im Bereich der beginnenden europäl-sehen Integration gegenüber der Bundesregierung und, wie der Vorsitzende zu Beginn der 1. Sitzung am 23. Januar 1958 betonte, auch gegenüber den Gremien des Gemeinsamen Marktes zum Ausdruck zu bringen und für den Bundesrat die Informationen der Bundesregierung gemäß Artikel 2 ZustG entgegenzunehmen. Staatssekretär Professor Dr. Hall-stein — zu diesem Zeitpunkt schon zum Präsidenten der EG-Kommission berufen — berichtete kurz vor seinem Amtsantritt dort über die ersten Beratungen der Gemeinschaftsorgane, insbesondere auch über die erste Sitzung der Kommission.

Auch in der Folgezeit stand die politische Information ganz eindeutig im Mittelpunkt der Ausschußtätigkeit. Während in der Anfangs-ph'ase jedoch die Bundesregierung über Einzelheiten jeder Ratstagung berichtete, entwikkelte sich später eine Konzentrierung auf besonders bedeutsame Fragen.

Zu den regelmäßigen Berichterstattern zählte neben Bundesministern und Beamten der fachlich betroffenen Ressorts auch der Beobachter der Länder bei den Europäischen Gemeinschaften, dessen Benennung auf eine Verabredung der Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg mit Bundes-außenminister von Brentano aus dem Jahr 1956 zurückgeht, wonach ein Beobachter eines Vorberatungen dieser Länder an den internen der deutschen Delegation bei den Brüsseler Vertragsverhandlungen teilnehmen konnte, über die Teilnahme eines Beobachters auch an den Verhandlungen zur ergebnislosen Gründung einer großen europäischen Freihandelszone in den Jahren 1958/59 wurde, nachdem Bundeswirtschaftsminister Professor Dr. Erhard der Tätigkeit eines Beobachters der Länder bei den Europäischen Gemeinschaften zugestimmt hatte, aus dieservorübergehenden eine dauerhafte Einrichtung

Bei den Informationen über die jeweils aktuellen Fragen der Europapolitik ist in zunehmendem Maße deutlich geworden, daß die Schwäche des Informationssystems in der Schwierig-I üegt, für die Unterrichtung eine politische Präsenz zu gewinnen, und zwar in erster Linie äuf der Seite des Bundesrates, dem sich die Bundesregierung, wie die Erfahrung deutlich “ igt anpaßt. Die gleiche Entwicklung von der einahme von Politikern zu der von Beamten Kigte sich auch in anderen Ausschüssen des undesrates, so daß daraus nicht auf eine „Europamüdigkeit" der Mitglieder des Ausschus^es Beschlossen werden kann.

I Aufgrund einer Initiative des gegenwärtigen Vorsitzenden des EG-Ausschusses, Minister Hasselmann (Niedersachsen), sollen die Informationen auf der politischen Ebene wieder stärker in den Vordergrund treten. Als erster Schritt in diese Richtung hat am 5. Februar 1982 unter Beteiligung von Mitgliedern des Europäischen Parlaments eine politische Sitzung mit einem einleitenden Bericht von Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff stattgefunden.

Im Zusammenhang mit der Frage der politischen Information sind auch die Sitzungen des EG-Ausschusses in Brüssel vom 5. bis 7. Mai 1976 und vom 21. bis 23. November 1979 zu nennen, bei denen neben Abteilungsleitern und Generaldirektoren der einzelnen, die Länder besonders interessierenden Bereiche auch die deutschen Mitglieder der Kommission zu Berichten und Gesprächen zur Verfügung standen. Bei einer Sitzung in Straßburg erörterte der Ausschuß in der Zeit vom 10. bis 12. Oktober 1978 mit deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments Probleme der gemeinschaftlichen Wirtschafts-und Agrarpolitik. Neben dem EG-Ausschuß haben sich auch andere Ausschüsse des Bundesrates der aus ihrer Sicht wichtigen europapolitischen Probleme sich So befaßt z. B.der Agrarausschuß einmal im Jahr in politischer Besetzung unter Beteiligung der Spitze des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Grundsatzfragen der Agrarpolitik. europäischen

2. Die Beratung von Vorlagen der Europäischen Gemeinschaften und von Berichten der Bundesregierung über die Integration

Insgesamt hat sich im Laufe der Zeit der Schwerpunkt der Tätigkeit des EG-Ausschusses jedoch von der politischen Information der Anfangsjahre auf die Beratungen der inzwischen sehr zahlreichen EG-Vorlagen verschoben.

Die Bundesregierung leitet dem Bundesrat in weiter Auslegung der Kriterien des Artikels 2 Satz 2 ZustG sämtliche Vorschläge der Kommission für Verordnungen und Richtlinien des Rates — in aller Regel unmittelbar nach Eingang bei ihr — zu. Sie hat darüber hinaus auch sonstige Vorlagen der Kommission an den Rat wie Memoranden, Berichte, Programme und Empfehlungen in das Unterrichtungsverfah-B ren einbezogen, wenn diese nach Auffassung des federführenden Ressorts als politisch bedeutsam angesehen werden oder die Anhörung des Europäischen Parlaments vorgesehen ist Einzelheiten über das Zustellungsverfahren sind von den Ressorts der Bundesregierung in einer interministeriellen Vereinbarung vom 6. September 1963 geregelt worden

Die Zahl der auf diese Weise zugestellten Vorlagen hat seit den Anfangsjahren ständig in sehr großem Maße zugenommen. Während im Jahre 1960 nur insgesamt fünf Vorlagen beim Bundesrat eingingen, waren es 1965: 95, 1970: 171, 1975: 199 und 1981: 420. Als Folge dieses erheblichen Anstiegs der Zustellungen werden auf Vorschläge des EG-Ausschusses in der 74. Sitzung vom 17. Oktober 1968 und in der 146. Sitzung vom Oktober 1976 nicht mehr alle EG-Vorlagen umgedruckt. Soweit deren Verabschiedung durch den Rat bereits erfolgt ist oder nach den jeweils vom Sekretär des EG-Ausschusses zu treffenden Feststellungen so unmittelbar bevorsteht, daß eine rechtzeitige Beratung in den Ausschüssen und im Plenum des Bundesrates nicht mehr erfolgen kann, sowie bei den sehr zahlreichen Vorlagen aus dem Zollbereich nach Entscheidung durch das berichterstattende Land Hamburg unterbleiben die Umdrucke und damit auch die Beratungen über die Vorlagen zunächst vorläufig. Das Ausschußbüro teilt den Ländern über die Mitglieder des EG-Ausschusses mit, welche Vorlagen dieser Art eingegangen sind. Soweit in einer jeweils festgesetzten Frist kein besonderer Antrag eingeht, gilt dieses als Bestätigung der Vorentscheidung.

Beim Deutschen Bundestag ist im Jahre 1977 eine Regelung getroffen worden, die in § 93 der neuen Geschäftsordnung des Bundestages vom Juli 1980 niedergelegt ist 28). Danach überweist der Bundestag im Benehmen mit dem Ältestenrat alle EG-Vorlagen an die zuständigen Ausschüsse. Ihre Titel werden in eine Sammelübersicht aufgenommen, die als Bundestags-Drucksache verteilt wird. Eine EG-Vorlage wird nur dann umgedruckt, wenn der federführende Ausschuß einen über die Kenntnisnahme hinausgehenden Beschluß empfiehlt

Vom Bundesrat sind im Jahr 1980 135 EG-Vorlagen umgedruckt worden; zu 75 davon hat der Bundesrat Stellungnahmen beschlossen. Der Bundestag hat 49 Vorlagen umgedruckt und dazu Stellung genommen.

Die für den Umdruck bestimmten Vorlagen weist der Präsident oder in seinem Auftrag der Direktor des Bundesrates den von der Sache im Einzelfall betroffenen Ausschüssen zu. Federführend ist stets der EG-Ausschuß. Wie sich aus einem Briefwechsel des Vorsitzenden des EG-Ausschusses, Ministerpräsident Dr. Seidel, mit den Vorsitzenden der Fachausschüsse und vor allem aus einem daraufhin folgenden Plenarbeschluß ergibt, wurde dem EG-Ausschuß in den Anfangsjahren eine echte Federführung in dem Sinne übertragen, daß nur er berechtigt sein sollte, Empfehlungen an den Bundesrat zu richten. Der Präsident des Bundesrates führte dazu in der 201. Sitzung vom 6. Februar 1959 folgendes aus:

Aus Gründen der Geschäftsvereinfachung halte ich es nicht für zweckmäßig, daß die Feststellung der gemäß Artikel 2 Satz 2 des oben erwähnten Gesetzes erfolgten Unterrichtung ständig in der Vollversammlung erfolgt, fch empfehle vielmehr, in der Weise zu verfahren, daß die Unterrichtungin derRegelin dem federführenden Ausschuß vorgenommen wird und daß die Vollversammlung nur dann hierüber berät, wenn der federführende Ausschuß eine Beschlußfassung der Vollversammlung empfiehlt. Werden Einwendungen erhobenl Das ist nicht derFall. Dann darfich feststellen, daß künftig so verfahren wird."

Die Entwicklung in der Praxis ist indessen anders verlaufen. Bei den damals nur vereinzelt zu beratenden Vorlagen konnte zunächst Übereinstimmung unter den Ausschüssen erzielt werden. Als später abweichende Auffassungen auftraten, sind — entsprechend der Geschäftsordnungsregelung über die Beratungen aller übrigen Vorlagen in den Ausschüssen — die Empfehlungen aller Ausschüsse dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt worden, unabhängig davon, ob der federführende Ausschuß eine Stellungnahme des Bundesrates für erforderlich hielt oder nicht.

Der EG-Ausschuß sieht seine besondere Aufgabe darin:

— EG-Vorlagen auch unter integrationspolitischen Gesichtspunkten zu beraten. Auf diese Weise soll erreicht werden, daß neben den deutschen Belangen auch die Möglichkeiten eines Kompromisses bei den Verhandlungen in Brüssel und somit das politische Ziel der europäischen Integration gesehen werden; — die Koordinierung aller Ausschußempfehlungen für das Plenum vorzubereiten, um die Beratungen und Abstimmungen in den Kabinetten der Länder sowie im Plenum des Bundesrates zu erleichtern.

Der ersten Aufgabe kommt der Ausschuß nach, indem er sich mit den Empfehlungen der beteiligten Ausschüsse unter dem o. a. Gesichtspunkt befaßt, sie ganz oder zum Teil übernimmt, sie ergänzt bzw. ihnen nicht beitritt oder widerspricht.

Besondere Schwierigkeiten haben sich dabei gegen Ende der sechziger Jahre mit Empfehlungen des Rechtsausschusses ergeben, der aufgrund einer nach Auffassung des EG-Ausschusses zu restriktiven Auslegung des EWGV zu Ergebnissen kam, die dem Bundesrat den Vorwurf der „Gemeinschaftsferne" ein-trugen Der EG-Ausschuß hat in seiner 59. Sitzung vom 30. März 1967 vorgeschlagen, eine Gemeinsame Kommission aus je vier Mitgliedern des EG-Ausschusses und des Rechtsausschusses zu bilden, die sich darum bemühen sollte, die bei der Auslegung des EWGV aufgetretenen widersprüchlichen Auffassungen auszuräumen. Der Rechtsausschuß hat diesem Vorschlag in seiner 316. Sitzung vom 19. April 1967 zugestimmt.

Die Gemeinsame Kommission ist unter Beteiligung der Bundesregierung mehrfach zusammengetreten. Die Beratungen über eine Reihe von rechtlichen Fragen haben zu Empfehlungen geführt, die jeweils von beiden Ausschüssen angenommen werden konnten. Zum Teil hat der Rechtsausschuß auf seine Einwendungen verzichtet, zum Teil konnte durch zu-

sammenfassende Grundsatzbeschlüsse die ständige Wiederholung bekannter Rechtsauflassungen beendet werden, zum Beispiel Drucksache 408/76 (Beschluß), 458/68 (Beschluß), Erwiderung der Bundesregierung: Drucksache 572/69.

für die Erfüllung der integrationspolitischen Aufgabe des Ausschusses ist die Teilnahme des Beobachters der Länder bei den EG an den itzungen von besonderem Wert. Durch seine • litteilungen werden in vielen Fällen die all-

gsmeine Verhandlungssituation im Rat sowie le Interessenlage der übrigen Mitgliedstaa-

en deutlich, womit es den Ausschußmitglie-dem erleichtert wird, realitätsnahe Stellungnahmen zu erarbeiten.

Die Verwirklichung der zweiten Aufgabe des Ausschusses — die Koordinierung der Ausschußempfehlungen für das Plenum — hat sich in der Praxis zuweilen als schwierig erwiesen, weil die beteiligten Ausschüsse ihre Empfehlungen von der Konzeption und der Formulierung her sehr unterschiedlich anlegen, so daß selbst dann, wenn keine sachlichen Widersprüche vorliegen, ein Aneinanderreihen zu einer systematisch und stilistisch in sich geschlossenen Gesamtkonzeption ohne Änderungen kaum möglich ist. Der Präsident des Bundesrates hat dem EG-Ausschuß daher im Jahr 1975 — nach Anhörung der übrigen Ausschüsse — die Ermächtigung erteilt, „den Wortlaut der Empfehlungen redaktionell an die von ihm zu erarbeitende Gesamtkonzeption anzupassen".

Bei der Bewertung der Mitwirkung des EG-Ausschusses im Bereich der Beratungen von Vorlagen, die dem Bundesrat gemäß Artikel 2 ZustG zugestellt werden, ist zuweilen, vor allem aus dem Kreis der im übrigen beteiligten Ausschüsse, die Auffassung zu hören, daß die Beratungsergebnisse des EG-Ausschusses sich im wesentlichen auf Kenntnisnahme oder auf durchaus entbehrliche Beitritte zu den Sachempfehlungen anderer Ausschüsse beschränkten. Die Beurteilung ist in dieser allgemeinen Form sicher unberechtigt, sie enthält aber — vom Ergebnis her gesehen — für einen Teil der Beratungen eine richtige Erkenntnis, die den EG-Ausschuß selbst schon mehrfach beschäftigt hat.

Tatsächlich ist die Tätigkeit des Ausschusses von Anfang an von Überlegungen über seine Funktion und von Verbesserungsvorschlägen für seine Arbeitsweise begleitet worden. Eine in der 118. Sitzung vom 4. Oktober 1973 hierzu eingesetzte Arbeitsgruppe hat nach Beratungen unter Mitwirkung des damaligen stellvertretenden Ausschußvorsitzenden Senator Willms (Bremen) u. a. vorgeschlagen, in Zukunft im Bundesrat nach Vorberatung durch den EG-Ausschuß auch über die halbjährlichen Integrationsberichte der Bundesregierung zu beraten, die seit dem 1. Januar 1967 bis zu dieser Zeit nur dem Bundestag zugestellt worden waren.

Die Berichte, die von der Bundesregierung jeweils für die Monate April bis September und Oktober bis März erstattet werden, enthalten in Teil I eine allgemeine Darstellung der deutschen Europapolitik mit einer zusammenfas-senden Würdigung sowie Darlegungen über besondere Schwerpunkte der Entwicklung, während in Teil II die Verhandlungen und Beschlüsse des Berichtszeitraums aus den einzelnen Teilbereichen der Integration detailliert dargestellt und erläutert werden. Seit dem Berichtszeitraum Oktober 1973 bis März 1974 werden die Berichte auch dem Bundesrat zugestellt und dort ausschließlich dem EG-Ausschuß zugewiesen. Der Ausschuß hat sich von Anfang an sehr eingehend mit diesen Berichten beschäftigt Dabei hat sich die Möglichkeit ergeben, bei den Beratungen mit den Vertretern der Bundesregierung — auch unabhängig von Zusammenhängen mit konkreten Einzelvorschlägen — die Wünsche und Vorstellungen der Länder zu den Entwicklungen in den verschiedenen Teilbereichen der Gemeinschaftspolitik zum Ausdruck zu bringen. Die besonderen Anliegen der Mitglieder des Ausschusses werden vielfach mit den Stellungnahmen der Vertreter der Bundesregierung dazu zu Protokoll genommen, so daß die Empfehlungen an den Bundesrat in den meisten Fällen „Kenntnisnahme" lautet und eine Beratung im Plenum gemäß § 35 GOBR nicht erfolgt. In fünf Fällen hat jedoch der Bundesrat auf Empfehlung des EG-Ausschusses Stellungnahmen beschlossen, und zwar nach Berichterstattungen des Ausschußvorsitzenden und in der 501. Sitzung vom 26. Juni 1981 nach einer europapolitischen Aussprache

Ausführliche Aussprachen gibt es im Plenum des Bundesrates im übrigen zu EG-Vorlagen selten. Ausnahmen bilden die gelegentlich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften erstellten allgemeinen Berichte über Initiativen zur Fortentwicklung der Integration, wie zum Beispiel der sogenannte Werner-Bericht und der Tindemans-Bericht sowie der Bericht der Kommission zu dem Mandat vom 30. Mai 1980

Zur Fortentwicklung der Integrationsberichte hat der Bundesrat auf Empfehlung des EG-Ausschussesin seiner 469. Sitzung vom 17. Februar 1979 eine Stellungnahme beschlossen, in der er zum Ausdruck bringt, daß es ihm erforderlich erscheine, durch eine Ausweitung der Berichterstattung rechtzeitig mehr Informationen auch über Entwicklungstendenzen im Gemeinschaftsbereich zu erhalten, auf deren Grundlage die Meinungsbildung in den betroffenen Ressorts der Landesregierungen und im Bundesrat zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen könne

3 . Bewertung der Beratungen über EG-Vorlagen im Bundesrat

Die Bewertung der Behandlung von EG-Vorlagen in den Ausschüssen des Bundesrates ist übereinstimmend positiv. Sasse führt zu Beginn seiner Abhandlungen dazu aus: „Während der Laie zu der Annahme neigen wird, Bundesrat und europäische Integration hätten wenig miteinander zu schaffen, hat sich der Eingeweihte an die Genauigkeit gewöhnt, mit der gerade hier seit mehr als anderthalb Jahrzehnten Aufbau und Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften — namentlich der stellvertretend gewordenen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — kritisch verfolgt werden. Als Mittler und Vermittler der partikularen Standpunkte der Länder im Willensbildungsprozeß des Bundes bleibt der Bundesrat stets in jener ihm eigenen Doppelposition, ist zugleich Wahrer von Regionalautonomie und Teil der gesamtstaatlichen Legislative."

Birke schildert die Beratungen der Bundesratsausschüsse und die bei wichtigen Vorlagen erfolgenden Vorbereitungen durch die Arbeitskreise der EG-Referenten der Landwirtschafts-, Wirtschafts-oder Verkehrsreferenten der Länder und führt sodann aus: „Bei dieser gründlichen, bis in die jeweiligen EWG-Referate der Länderministerien hineingreifenden Prozedur kann der Bundesrat zu den Kommissionsvorschlägen insbesondere insofern fundiert Stellung nehmen, als die praktische Durchführung des zukünftigen Ratsbeschlusses innerhalb der deutschen Rechtsordnung in Frage steht. Auch gegenüber der Rechtsetzung in den Europäischen Gemeinschaften bewährt sich so die — im innerstaatlichen Bereich allgemein anerkannte — Stärke des Bundesrates, die Verwaltungserfahrung der Länder zur Geltung zu bringen." Morawitz, der an den Beratungen der Ausschüsse über EG-Vorlagen als Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft häufig teilnimmt, äußert sich zu dieser Frage wie folgt: „Das Verfahren ist häufig als ineffizient kritisiert worden, aber eher vom Bundestag, als vom Bundesrat. Im Bundestag hat insbesondere der SPD-Fraktionsvorsitzende Wehner beklagt, daß keine eingehende Diskussion der EG-Vorlagen stattfindet. Die Lage ist anders beim Bundesrat. Die EG-Vorlagen werden in den zuständigen Ausschüssen des Bundesrates, insbesondere im EG-Ausschuß, in Anwesenheit von Vertretern der zuständigen Bundesressorts eingehend beraten."

Oetting schließlich kommt — ebenfalls im Vergleich der Beratungsverfahren von Bundestag und Bundesrat — zu folgendem Ergebnis: „Das geschilderte Übergewicht der Regierung in den Ausschußberatungen läßt sich allerdings nur im Bundestag, nicht aber auch im Bundesrat beobachten; denn hier steht dem Sachverstand der Bundesbeamten der zusammengefaßte Sachverstand der Länderverwaltungen gegenüber. Jeder der dem Bundesrat zugeleiteten Entwürfe zu Gemeinschaftsakten durchläuft innerhalb der Bundesländer das für die Bundesregierung geschilderte Verfahren in annähernd gleicher Weise, ehe er in die Ausschußberatungen des Bundesrates gelangt. Der Bundesrat ist dadurch häufig in der Lage, den Vorstellungen der Bundesregierung mit einer sehr dezidierten Auffassung zu den sachlichen wie den institutioneilen Fragen der Gemeinschaftsakte entgegenzutreten und Alternativen anzubieten."

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, aus welchem Grund die Ausschüsse des Bundesrates über EG-Vorlagen, die dem Bundesrat gemäß Artikel 2 ZustG lediglich zur Unterrichtung zugeleitet werden, so eingehend beraten. Und aus welchem Grund richtet der Bundesrat Stellungnahmen an die Bundesregierung, die im Rahmen dieses Verfahrens nicht vorgesehen sind und mit denen die Bundesregierung nicht zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet werden kann?

Zur ersten Frage ist festzustellen, daß Arti-

kel ZustG nur der formale Ausgangspunkt für die Behandlung von Integrationsfragen in Bundestag und Bundesrat ist Für den Bundesrat bringt diese Bestimmung ohnehin gegenüber Artikel 53 Satz 3 des Grundgesetzes, wonach er von der Bundesregierung über die Führung der Geschäfte auf dem laufenden zu halten ist, keine materielle Ausweitung der Informationspflicht, sondern allenfalls eine formelle Konkretisierung. Die Bundesregierung hat jedoch schon im Rahmen der Ratifikationsberatungen im Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten des Bundesrates erklärt, sie fasse die Unterrichtung nach Artikel 2 ZustG dahin auf, daß mit ihr auch ein sachlicher Meinungsaustausch verbunden sein solle Tatsächlich hat sich im Laufe der Jahre aus der Unterrichtungspflicht in den Ausschüssen des Bundesrates nicht nur ein Meinungsaustausch, sondern eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern entwickelt, die — das wird dort immer wieder bestätigt — auch für die Bundesregierung im Rahmen der Vorbereitungen für die Beratungen in Brüssel von Nutzen ist

Ein wesentlicher Teil der Mitwirkung des Bundesrates im EG-Bereich erfolgt nicht erst durch die Stellungnahmen des Bundesrates, sondern in den fachlichen Erörterungen und zuweilen Auseinandersetzungen mit den Vertretern der Bundesregierung, die im allgemeinen auch die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen des EG-Rates führen. In vielen Fällen können diese schon in den Ausschußberatungen erklären, daß sie den Vorstellungen des Ausschusses oder einzelner Länder zustimmen und sie bei den Verhandlungen im Brüssel vertreten werden. Entsprechend eines internen Hinweises des Bundesratspräsidenten an die Vorsitzenden der Ausschüsse soll in solchen Fällen und auch bei weniger bedeutsamen Änderungs-und Ergänzungswünschen lediglich ein entsprechender Vermerk in der Ausschußniederschrift erfolgen und von einer Empfehlung an den Bundesrat abgesehen werden.

Demgegenüber soll die Stellungnahme des Bundesrates grundsätzlichen und politischen Anliegen vorbehalten werden, was in der Praxis allerdings schwer durchzusetzen ist.

Wenngleich es sich bei der Mitwirkung von Bundestag und Bundesrat im Prozeß der nationalen Willensbildung weitgehend um eine beratende Tätigkeit handelt, so wäre es doch verfehlt, die Stellungnahmen allgemein als völlig unverbindlich zu bezeichnen. Oetting weist mit Recht darauf hin, daß die Bundesratsbeschlüsse nicht nur die Stellungnahme des Bundesorgans repräsentieren, sondern in ihnen auch die Auffassung der Länder zu den Gemeinschaftsakten zum Ausdruck kommt. Diese jedoch muß die Bundesregierung insbesondere im Bereich der ausschließlichen Länderkompetenzen unter dem Gesichtspunkt bundesfreundlichen Verhaltens beachten, der sie verpflichtet, nach besten Kräften zu versuchen, ein Einvernehmen mit den Ländern herbeizuführen. In seinem Schreiben vom 19. September 1979 an den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz hat der Bundeskanzler im Rahmen von Verhandlungen über ein besonderes Länderverfahren im EG-Bereich, auf das an späterer Stelle noch zurückzukommen sein wird, ausdrücklich betont, „daß bei EG-Vorlagen, soweit sie ganz oder in einzelnen Bestimmungen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen oder ihre wesentlichen Interessen berühren, Bund und Länder aufgrund des wechselseitigen Treueverhältnisses zu einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet sind"

Zu berücksichtigen hat die Bundesregierung bei der Bewertung der Stellungnahmen des Bundesrates im übrigen auch, daß die verwaltungsmäßige Durchführung der Gemeinschaftsakte weitgehend den Ländern obliegt. Insofern können die Stellungnahmen des Bundesrates für die Bundesregierung weitergehende Auswirkungen haben als die des Bundestages; es darf jedoch nicht verkannt werden, daß demgegenüber die Beschlüsse des Bundestages politisch ein größeres Gewicht haben. Ein Minister, der in den Verhandlungen des Rates darüber hinweggeht, muß damit rechnen, daß dieses für ihn politische Nachteile bringen könnte. Er wird daher die Stellungnahmen des Bundestages nicht ohne weiteres außer acht lassen, auch wenn kaum damit zu rechnen ist, daß eine unbeachtete Stellungnahme zu einem Mißtrauensvotum gegen den Bundeskanzler führen könnte. Immerhin hat der frühere Bundesminister Höcherl auf eine Anfrage im Bundestag eine Stellungnahme des Bundestages zu einer EG-Vorlage wohl sehr weitgehend als „etwas Ähnliches wie einen Prozeßauftrag für einen Anwalt" bezeichnet

Wenn die politische Verbindlichkeit von Bundestagsstellungnahmen zu EG-Vorlagen so hoch anzusetzen ist, so kann der Bundesrat mit Genugtuung feststellen, daß er weitgehend Anteil daran hat, weil der Bundestag sich in vielen Fällen seinen Überlegungen und Anliegen anschließt. Birke hat sich die Mühe gegeben, dieses bis zum Erscheinen seiner Abhandlung im Jahre 1973 an zahlreichen Beispielen nachzuweisen. Seine Feststellungen treffen auch für den Zeitraum danach bis heute zu, wobei in den meisten Fällen auf die Übereinstimmung mit dem Bundesrat oder — falls bei den Beratungen der Plenarbeschluß noch nicht vorlag — auf Ausschußempfehlungen hingewiesen wird und nur in Einzelfällen Formulierungen des Bundesrates ohne einen solchen Hinweis übernommen werden

Wie im einzelnen noch darzustellen sein wird, bemüht sich der Bundesrat gegenwärtig, seine Stellungnahmen auch in die Beratungen des Europäischen Parlaments einzuführen, um auf diese Weise — vor allem über die deutschen Mitglieder und Berichterstatter — Einfluß auch auf die Willensbildung im gemeinschaftlichen Bereich zu gewinnen.

IV. Bestrebungen zur Verbesserung des Verfahrens nach Artikel 2 ZuStG

Der Vorsitzende des EG-Ausschusses, Minister Hasselmann, hat in der 469. Sitzung des Bundesrates vom 17. Februar 1979 darauf hingewiesen, daß das Verfahren nach Artikel 2 ZustG noch nicht in allen Punkten zufriedenstellend sei. Er hat angeregt, auf der Grundlage von Vorstellungen, die dazu in den hauptsächlich an der Beratung von EG-Vorla-gen beteiligten Ausschüssen entwickelt werden könnten, Verbesserungen herbeizuführen. Der Präsident des Bundesrates hat daraufhin an alle Ausschußvorsitzenden geschrieben and gebeten, Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten. Auf der Grundlage dieser weitgehend übereinstimmenden Vorschläge ist mit der Bundesregierung verhandelt worden Die Bundesregierung hat sich nach mehreren Verhandlungen bereit erklärt: 1. im Zuleitungsschreiben differenzierter als bisher auf die für die Beratung zur Verfügung stehende Zeit, insbesondere aber auf eine besondere Eilbedürftigkeit hinzuweisen, damit der Bundesrat sich darauf einstellen kann und mit seinen Stellungnahmen nicht zu spät kommt;

2. die „Kontaktpflege" zum Bundesrat sowohl vor der Beratung der Ausschüsse als auch nach der abschließenden Beratung des Bundesrates, wie sie in der erwähnten interministeriellen Vereinbarung aus dem Jahre 1963 zwar vorgesehen war, jedoch nur unzulänglich praktiziert wurde, zu verbessern. Vor der Beratung der Ausschüsse verständigen sich bei sich abzeichnenden wesentlichen Änderungen der zugeleiteten EG-Vorlagen und in der Zeitplanung der Ausschußsekretär oder der Berichterstatter und das federführende Ressort der Bundesregierung über den letzten Verhandlungsstand und darüber, welche EG-Dokumente der Beratung zugrunde zu legen sind; im übrigen erfolgt die Information in den Ausschüssen; es wird noch einmal hervorgehoben, daß die Vertreter der Ressorts in den Ausschußsitzungen anwesend sein sollen.

Nach Abschluß der Beratungen des Bundesrates erfolgt eine weitere Unterrichtung — über die bisherige Praxis hinaus —, wenn die an die Bundesregierung gerichtete Empfehlung den Wunsch nach weiterer Unterrichtung enthält. Sollte die ursprünglich zugeleitete EG-Vorlage durch einen in wesentlichen Teilen ändernden neuen Entwurf der Kommission ersetzt werden, so erfolgt dessen Zuleitung an den Bundesrat. Bei wesentlichen Änderungen im Verlauf der Beratungen des Rates über die ursprüngliche Vorlage unterrichtet das federführende Ressort den Sekretär des Ausschusses oder den Berichterstatter;

3. durch das federführende Ressort den Bundesrat davon zu unterrichten, ob und inwieweit seine Stellungnahme bei der Beschlußfassung des Rates Berücksichtigung gefunden hat, falls diese Stellungnahme den Wunsch nach einem solchen Bericht enthalten hat. Der Bericht kann in schriftlicher oder mündlicher Form erfolgen.

Weitere Verbesserungen betreffen das interne Beratungsverfahren des Bundesrates. So sollen vor allem Vertagungen in den Ausschüssen, wie bisher des öfteren mit der Begründung geschehen, daß die Bundesregierung sich zu der Vorlage noch keine Meinung gebildet habe, unterbleiben, weil die Stellungnahmen des Bundesrates im Stadium der Meinungsbildung mehr Aussicht auf Erfolg haben als nach Abschluß der Überlegungen in den Ressorts und nach erfolgten Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung.

V. Das neue Länderverfahren für eine unmittelbare Zusammenarbeit von Bund und Ländern im EG-Bereich

Die Länder haben nach Verhandlungen mit der Bundesregierung, die in der Zeit vom 15. November 1977 bis zum 28. April 1980 stattgefunden haben, ein neues Verfahren zur ^mittelbaren Zusammenarbeit mit der Bundesregierung entwickelt, das sich auf die Fälle erstreckt, in denen durch Vorhaben der EG die ausschließliche Gesetzgebung der Länder betroffen ist oder wesentliche Interessen der Länder berührt werden. Das Verfahren richtet sich vor allem auf die Unterrichtung durch die Bundesregierung und die sich anschließende Meinungsbildung auf Länderseite bei Vorha-ben der EG-Kommission vor Zustellung an den Rat. Um Überschneidungen mit den Beratungen des Bundesrates zu vermeiden, soll es enden, sobald die entsprechende EG-Vorlage dem Bundesrat zugestellt wird, es sei denn, ein Land wünsche ausnahmsweise auch danach die Fortführung.

Zur Begründung dieser Abweichung vom Bundesratsverfahren, das nach den zuvor dargelegten Verbesserungsvorschlägen der Ausschüsse ebenfalls auf Informationen über Vorhaben der Kommission ausgedehnt werden sollte, wird vor allem geltend gemacht, daß die besondere Rechtsstellung aus dem Verfassungsgrundsatz des bundestreuen Verhaltens nicht dem Bundesrat, sondern den Ländern zu-stehe.

Auf Einzelheiten über die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern braucht in die-sem Zusammenhang nicht eingegangen zu werden. Insoweit wird auf die ausführliche Darstellung vor Morawitz Bezug genommen. Der Bundeskanzler hat in dem bereits erwähnten Schreiben vom 19. September 1979 an den Vorsitzenden der Ministerpräsidenten-konferenz auf der Grundlage des Verfassungsgrundsatzes des bundestreuen Verhaltens erklärt, daß 1.der Bund die Länder rechtzeitig und umfassend über die Vorhaben der EG unterrichten wird;

2. soweit EG-Vorhaben ganz oder in einzelnen Bestimmungen innerstaatlich in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen würden, die Länder die Möglichkeit erhalten, ihren Standpunkt eingehend und umfassend darzustellen, und der Bund sich bemüht, mit den Ländern zu einem ein-vernehmlichen Standpunkt zu gelangen und diesen im Laufe der Verhandlungen soweit wie möglich einzubringen und durchzusetzen.

Der Bund wird, so heißt es weiter, vom Standpunkt der Länder nur aus zwingenden außen-und integrationspolitischen Gründen abweichen und auf Verlangen in den Beratungsgremien der Kommission und des Rates zwei Vertreter der Länder hinzuziehen, soweit ihm dieses möglich ist;

3. bei EG-Vorhaben, die wesentliche Interessen der Länder berühren, die Bundesregierung bereit sei, die Länder anzuhören und die sich aus dem föderativen Aufbau der Bundesrepublik ergebenden Verpflichtungen zu beachten, insbesondere auch, wenn finanzielle Interessen der Länder berührt werden;

4. Koordinierungsabsprachen, die außerhalb der Zuständigkeit der EG, aber im Rahmen ihrer Organe oder im Zusammenhang mit Beschlüssen ihrer Organe über Vorhaben getroffen werden, die innerstaatlich in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallen oder ihre wesentlichen Interessen berühren, ebenfalls nach den Grundsätzen der Ziffern 1 bis 3 behandelt werden sollen.

Alle diese Zusagen sind, wie dargelegt, auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens gestützt. Es kann kein Zweifel bestehen, daß die Rechte aus diesem Grundsatz den Ländern zustehen und nicht dem Bundesrat. Das hindert jedoch nicht daran, und davon geht die Literatur zu dieser Frage einhellig aus daß diese Rechte über den Bundesrat geltend gemacht werden können. In erster Linie wohl um eine Doppelgleisigkeit und die damit verbundene Doppelarbeit zu vermeiden, hat der Vertreter der Bundesregierung in den Erörterungen über die Reform des Verfahrens nach Artikel 2 ZustG erklärt, daß die vom Bundeskanzler gegebenen Zusicherungen auch dann verwirklicht würden, wenn das Verfahren von den Ländern über den Bundesrat durchgeführt werde.

In der Tat ist bei den jetzigen Verfahren die Gefahr der Doppelgleisigkeit und voneinander abweichender Stellungnahmen zu ein und derselben Frage gegeben, weil bei der Meinungsbildung im Rahmen des Länderverfahrens jedes Land eine Stimme hat, während es im Bundesrat gemäß Artikel 51 Absatz 2 des Grundgesetzes eine unterschiedliche Stimmgewichtung gibt, die sich nach der Einwohnerzahl der Länder richtet.

Entgegen den Erwartungen hat sich ergeben, daß den Ländern bisher nur eine geringe Zahl von Vorlagen in dem neuen Verfahren zugeleitet worden ist. Bei einigen dieser Vorlagen sind die Beratungen dort solange zurückgestellt worden, bis deren Zustellung an den Bundesrat erfolgte. Die nur geringfügige Zeitverzögerung wurde bewußt in Kauf genommen, um Doppelberatungen zu vermeiden. Es ist zu erwarten, daß im Verlauf der zweijährigen Erprobungsphase des neuen Länderverfahrens deutlich wird, daß eine Zersplitterung in der Mitwirkung der Länder im Bereich der EG vermieden werden sollte. Danach wird darüber zu reden sein, ob nicht diese Mitwirkung am zweckmäßigsten und — wegen der größeren Einwirkungsmöglichkeiten, wie dargelegt auch über den Bundestag und eventuell auch über das Europäische Parlament — auch am wirkungsvollsten einheitlich über den Bundesrat erfolgen sollte. >>VI. Die Mitwirkung des Bundesrates bei der Willensbildung im Gemeinschaftsbereich

1. Bundesrat und EG-Kommission In anderem Zusammenhang ist schon dargelegtworden, daß in der ersten Sitzung des Sonderausschusses Gemeinsamer Markt und Freihandelszone vom 23. Januar 1958 der zu dieser Zeit bereits zum Präsidenten der Kommission ernannte Staatssekretär Professor Dr. Hallstein kurz vor seinem Amtsantritt in Brüssel die Mitglieder des Ausschusses ermuntert hat, zur Erfüllung der Anliegen der Länder, soweit es an der Kommission liege, möglichst unmittelbar Kontakt nach Brüssel zu suchen. Bereits in der fünften Sitzung des Ausschusses vom 5. Februar 1959 wird jedoch vom Länderbeobachter berichtet, der Bundeswirtschaftsminister habe sich bei der Besprechung dieser Frage während der Wirtschaftsministerkonferenz in Berlin sehr reserviert verhalten. Reserviert ist die Haltung der Bundesregierung insoweit auch in der Folgezeit geblieben.

Dennoch hat eine Reihe von unmittelbaren Kontakten zwischen dem Bundesrat und der EG-Kommission unter Beteiligung von Vertretern der Bundesregierung stattgefunden. Am 18. und 19. Mai 1967 hat die Gemeinsame Kommission von EG-Ausschuß und Rechtsausschuß in Brüssel eine Reihe von streitigen Rechtsfragen mit Vertretern des Juristischen Dienstes der Kommission erörtert, am 31. Januar 1969 berichtete der Vizepräsident und für Landwirtschaft zuständige Kommissar Mansholt dem Agrarausschuß und dem EG-Ausschuß über den umstrittenen „MansholtPlan" zur Reform der gemeinsamen Agrarpolitik und — wie bereits erwähnt — war der EG-Ausschuß in der Zeit vom 5. bis 7. Mai 1976 und vom 21. bis 23. November 1979 zu Sitzungen in Brüssel, um mit den deutschen Kommissionsmitgliedern sowie Abteilungsleitern und Generaldirektoren der Kommission aktuelle Fragen aus den die Länder interessierenden Bereichen der Gemeinschaftspolitik zu erortern. Es hat sich dabei gezeigt, daß durch ei-uen fachlichen Meinungsaustausch zu einer Reihe konkreter Fragen und Anliegen das gegenseitige Verständnis gefördert, Anregungen gegeben und persönliche Kontakte geschaffen werden konnten, die für die weitere Arbeit der in den Ländern mit EG-Fragen befaßten Abteiungsleiter und Referenten von Nutzen sind. — 8

Diese unmittelbaren Kontakte sollen fortgeführt werden. Der Agrarausschuß, der Finanzausschuß und der Ausschuß für Verkehr und Post des Bundesrates planen Sitzungen unter Beteiligung von Mitgliedern der Kommission in Brüssel oder Straßburg, und auch der EG-Ausschuß hat eine weitere Sitzung bei der Kommission in Aussicht genommen.

2. Bundesrat und Europäisches Parlament

Die Bestrebungen zur Schaffung von Verbindungen zwischen dem Bundesrat und dem Europäischen Parlament sind im Zusammenhang mit der allgemeinen Diskussion über die Beziehungen der nationalen Parlamente zum Europäischen Parlament zu sehen. Diese Diskussion wird seit fast zwei Jahrzehnten geführt. Erst mit der Direktwahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments hat die Frage jedoch eine wirkliche Aktualität gewonnen, vor allem weil abzusehen war, daß durch eine unmittelbare Wahl das Doppelmandat im Europäischen Parlament und in den nationalen Parlamenten immer seltener werden und vielleicht auf Dauer sogar ganz verschwinden würde. Mit dem Verzicht auf das Doppelmandat wird jedoch auf der persönlichen Ebene eine wichtige Verbindungslinie zwischen den Parlamenten unterbrochen, die durch eine institutionell strukturierte Verbindung ersetzt werden soll.

Die damit zusammenhängenden Fragen sind vor allem im Rahmen der Konferenzen der Präsidenten der Parlamentarischen Versammlungen Westeuropas behandelt worden an denen für die Bundesrepublik Deutschland der Präsident des Deutschen Bundestages und der Präsident des Bundesrates teilgenommen haben. Diese Konferenzen haben zu einer stärkeren Konkretisierung der früher allgemeineren Diskussion geführt. So wurden auf der Bonner Konferenz des Jahres 1976 in dem Bericht Spenale und auf der Konferenz von Madrid im Jahre 1980 in dem Bericht Poher detaillierte Vorschläge gemacht, wie die Kontakte auf Fraktions-bzw. Ausschußebene — etwa durch gemeinsame Sitzungen und Begegnungen der Berichterstatter sowie einen Informationsaustausch — verbessert werden könnten. Während der Präsidentenkonferenz von Rom im Jahre 1975 wurde im Schlußkom-munique die Einrichtung besonderer Europaausschüsse gefordert.

Eine Konferenz der Präsidenten der Parlamente der EG-Staaten und des Europäischen Parlaments hat sich am 3. /4. Juli 1981 ebenfalls mit diesem Thema befaßt Als gemeinsamer Nenner wird in dem Schlußkommuniquö dieser Luxemburger Sitzung die Nützlichkeit einer Zusammenarbeit auf Ausschußebene und eines umfassenden Informationsaustauschs hervorgehoben.

Das Europäische Parlament selbst hat nach ausführlicher Beratung in seinem Politischen Ausschuß in der Sitzungswoche vom 6. bis 10. Juli 1981 in Straßburg seine Haltung zu diesem Komplex festgelegt. Im Rahmen einer Debatte über die institutioneile Fortentwicklung der Gemeinschaft hat es eine „Entschließung zu den Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten“ gefaßt, die auf einen Bericht des Abgeordneten Diligent zurückgeht. Besonderes Gewicht wird in der Entschließung auf die Entwicklung ständiger und organischer Beziehungen zwischen den verschiedenen Parlamenten und auf die Entwicklung neuer Informationskanäle gelegt. Hier werden vor allem enge Kontakte zwischen den Vorsitzenden und den Berichterstattern der europäischen und nationalen Parlamentsausschüsse erwogen, die ad hoc zur Behandlung aktueller Themen vermittelt werden sollen. Wichtig scheint auch der Vorschlag, den europäischen Parlamentariern die Möglichkeit einzuräumen, von dem Plenum und den Ausschüssen der nationalen Parlamente in bestimmten Fragen gehört zu werden. Die Entschließung hebt auch die Wichtigkeit eines wechselseitigen Informationstausches auch auf administrativer Ebene hervor.

Engere Beziehungen zwischen den Parlamenten können durch mehr Informationen zum gegenseitigen Verständnis beitragen und damit eine Polarisierung vermeiden helfen. Diese Einschätzung findet sich auch in dem Diligent-Bericht, wo es heißt: „Die stärkere politische

Autorität des Europäischen Parlaments infolge seiner Direktwahl kann gegebenenfalls zu Konflikten oder Rivalitäten mit den nationalen Parlamenten, ja sogar zu einer Blockierung führen, was zu vermeiden ist. Dahersind enge Beziehungen zwischen der europäischen parlamentarischen Institution und den nationalen parlamentarischen Institutionen erlorderlich.“

Auch die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Simone Veil, hat die möglichen Gefahren einer Rivalität gesehen. In einer Rede vor dem Bundesrat am 21. März 1980 hat sie ausgeführt: „Die Direktwahl hat die Frage der Beziehungen zwischen den nationalen gesetzgeberischen Körperschaften und dem Europäischen Parlament neu gestellt.... Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente haben nicht unbedingt die gleichen, sie haben eigene Aufgaben ... Das Europäische Parlament hat das sehr wohl verstanden und bemüht sich zu zeigen, daß wir und Sie komplementär und nicht Rivalen sind... Ich darf für das Europäische Parlament sagen, daß es alles aufbieten wird, was in seiner Macht steht, um zu einerZusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten zu kommen, die so offen und so aktiv ist wie nur möglich.“

Die erste Initiative zur Zusammenarbeit mit, oder besser: im Europäischen Parlament war für den Bundesrat das Bemühen, eigene Mitglieder dorthin zu entsenden. In seiner Stellungnahme gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes zum Ratifizierungsgesetz zu den Römischen Verträgen hat der Bundesrat vorgeschlagen, daß von den 36 deutschen Abgeordneten der Versammlung 25 durch den Bundestag und elf durch den Bundesrat ernannt werden sollten Der Bundestag hat diese Anregung nicht aufgegriffen und das Ratifikationsgesetz ohne eine Bestimmung über die Wahl der Abgeordneten verabschiedet. Nach Auffassung des Bundestages sollte diese Frage grundsätzlich diskutiert werden und nach dem Zustimmungsverfahren in einem besonderen Gesetz, auf Grund dessen die Entsendung der Delegierten erfolgen sollte, geregelt werden Im Bundesrat hat daraufhin im zweiten Durchgang des Gesetzgebungsverfahrens Nordrhein-Westfalen die Anrufung des Vermittlungsausschusses beantragt mit dem Ziel, dem bereits vorher „mit so großer Entschlossenheit verkündeten Willen auf Beteiligung an der Gemeinsamen Versammlung Geltung zu verschaffen“ Nachdem die Bundesregierung durch den Bundesratsminister vor dem Plenum des Bundesrates erklärt hatte, sie werde einen Gesetzentwurf vorlegen und das Anliegen des Bundesrates berücksichtigen fand der nordrhein-westfälische Antrag keine Mehrheit und der Bundesrat stimmte dem Gesetz einstimmig zu.

In Erfüllung ihrer Zusage hat die Bundesregierung dem Bundesrat Ende 1957 auch einen entsprechenden Gesetzentwurf zugeleitet, nach dem der Bundestag 30 und der Bundesrat sechs Mitglieder der Versammlung bestellen sollten Der Bundestag hat indessen schon vor der Beratung des Entwurfs beschlossen, aus seiner Mitte sämtliche 36 Abgeordnete als deutsche Vertreter in das Europäische Parlament zu entsenden. Die Bundesregierung bezeichnete dieses als eine „provisorische Regelung" und hielt an ihrem Entwurf fest der aber im Bundestag nicht weiter behandelt und mit Ablauf der dritten Legislaturperiode entsprechend dem Grundsatz der Diskontinuität hinfällig wurde.

Eine Bundesratsinitiative auf Antrag Bayerns mit sachlich gleichlautendem Inhalt wurde im Dezember 1965 von der Bundesregierung mit einer befürwortenden Stellungnahme dem Bundestag zugeleitet Auch dieser Entwurf wurde im Bundestag trotz wiederholter Mahnungen des Bundesrates nicht behandelt; er wurde mit Ende der 5. Legislaturperiode ebenfalls als Folge der Diskontinuität hinfällig. 'Die Bemühungen um eine direkte Präsenz im Europäischen Parlament wurden im Anschluß daran nicht fortgesetzt, wohl in dem Bewußtsein, daß die Direktwahl des Europäischen Parlaments das Problem in absehbarer Zeit lösen werde. Aus dem gleichen Grund erscheint es heute auch wenig sinnvoll, die Auseinandersetzung über diese Frage fortzuführen; erwähnenswert erscheint aber doch, daß in dieser Auseinandersetzung die herrschende Meinung auf Seiten des Bundesrates stand

Der Bundesrat — auf diese Weise von der Mitarbeit im Europäischen Parlament ausgeschlossen — bemühte sich schon vor der Direktwahl um eine Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament. Im Herbst 1978 war der Ausschuß für Fragen der Europäischen Gemeinschaften zu einer Sitzung beim Europäischen Parlament in Straßburg zusammengetreten. Nach einem umfassenden Meinungsaustausch mit dem Präsidium und mit den deutschen Abgeordneten über Fachfragen aus verschiedenen Bereichen der Integration war der beiderseitige Wille zu einer engeren Zusammenarbeit bekräftigt worden. Der damalige Präsident des Europäischen Parlaments, Emilio Colombo, betonte, daß die Gemeinschaft nicht nur durch die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten gefördert werde, sondern daß sich dies durch gute Beziehungen auf der Ebene der Regionen und der Bundesländer ergänzen müsse. Konkrete Maßnahmen der Zusammenarbeit wurden bei dieser ersten Ausschußsitzung im Hinblick auf die bevorstehende Direktwahl noch nicht vereinbart.

Nachdem das direktgewählte Parlament im Sommer 1979 seine Arbeit aufgenommen hatte und die ersten Anlaufschwierigkeiten überwunden waren, wurde die Verbindung wieder aufgenommen. Im März 1980 stattete die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Simone Veil, der Bundesrepublik Deutschland einen offiziellen Besuch ab. In einer vielbeachteten Rede vor dem Bundesrat hat sie sich engagiert für eine offene und aktive Zusammenarbeit beider Häuser ausgesprochen. Gleichzeitig hat sie die positive Einstellung des Bundesrats zum Europäischen Parlament gewürdigt Dem Besuch in Bonn folgten im Juni 1980 Informationsgespräche einer Delegation des Ständigen Beirats des Bundesrates während einer Plenarsitzungswoche des Europäischen Parlaments in Straßburg. Es wurde dabei vereinbart, die Kontakte unbürokratisch und pragmatisch fortzuführen.

Am 5. Februar 1982 haben erstmals Mitglieder des Europäischen Parlaments an einer politischen Sitzung des Ausschusses für Fragen der Europäischen Gemeinschaften in Bonn teilgenommen. Der Bundesrat hat in einer Stellungnahme zur Entschließung des Europäischen Parlaments betreffend die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten in seiner 509. Sitzung vom 5. März 1982 zum Ausdruck gebracht, daß er entschlossen ist, die begonnenen politischen Kontakte fortzuführen

Um die für die gegenseitigen Kontakte und für den Austausch von Informationen erforderli-chen Aufgaben erfüllen zu können, ist im Sekretariat des Bundesrates, beim Büro des Ausschusses für Fragen der Europäischen Gemeinschaften, eine Verbindungsstelle zum Europäischen Parlament eingerichtet worden. Diese Verbindungsstelle ist Ansprechpartner für alle den Bundesrat betreffenden Fragen und steht sowohl den einzelnen Europaabgeordneten als auch dem Generalsekretariat des Europäischen Parlaments zur Verfügung. Aufgabe dieser Stelle ist es, an Hand der vom Europäischen Parlament übermittelten Dokumente, Bulletins und Sitzungsprotokolle die gemeinsamen Beratungspunkte beider Häuser und die beteiligten Ausschüsse festzustellen und den deutschen Abgeordneten in den betreffenden Ausschüssen die vom Bundesrat beschlossenen Stellungnahmen dazu sobald wie möglich zuzuleiten. Bei Vorlagen, deren Beratungen sich im Bundesrat länger hinziehen, werden im Sinne einer möglichst frühzeitigen Information vorab bereits die Empfehlungen der Fachausschüsse übermittelt. In der Anfangsphase dieses Verfahrens sind in etwa einem halben Jahr bereits zu ca. 60 EG-Vorlagen Bundesratsbeschlüsse bzw. Ausschußempfehlungen an die fachlich betroffenen deutschen Abgeordneten im Europäischen Parlament übermittelt worden. Aus verschiedenen Reaktionen, Anfragen und Nachforderungen ist bekannt, daß die Mitglieder des Europäischen Parlaments dieses als eine nützliche Hilfe für ihre Arbeit ansehen, vor allem, wenn sie die Aufgabe des Berichterstatters in einem Ausschuß wahrzunehmen haben.

Auf der anderen Seite informiert die Verbindungsstelle die Mitglieder des Bundesrats über die Beschlüsse des Europäischen Parlaments und die Berichte und Entschließungsempfehlungen der Ausschüsse. Diese Information fließt jedoch spärlicher, da in der Regel die Beratungen im Bundesrat bereits abgeschlossen sind, wenn das Europäische Parlament Entschließungen faßt. Aber auch hier umfaßt die Information nicht nur Beschlüsse zu Kommissionsvorschlägen, sondern auch andere Unterlagen, die für den Bundesrat bzw. die Länder voraussichtlich von Interesse sein werden. Der Ausschuß für Fragen der Europäischen Gemeinschaften wird von der Verbindungsstelle in seinen Sitzungen regelmäßig über die vorhergehende Sitzungswoche des Europäischen Parlaments unterrichtet. Eine weitere Aufgabe der Verbindungsstelle ist es, Kontakte zwischen Mitgliedern des Bundesrates und Abgeordneten des Europäischen Parlaments herzustellen und Begegnungen vorzubereiten. Die z. B. von dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments, dem Abgeordneten Seefeld, ergriffene Initiative für eine künftige Zusammenarbeit mit den Verkehrsausschüssen der nationalen Parlamente ist vom Bundesratsausschuß für Verkehr und Post einmütig begrüßt worden und soll im Jahr 1982 zu einem Zusammentreffen führen. Geplant ist auch eine Begegnung des Finanzausschusses des Bundes-rates mit Abgeordneten des Haushaltsausschusses des Europäischen Parlaments, um ein Informationsgespräch vor allem über die Entschließung des Europäischen Parlaments zu den eigenen Mitteln der Gemeinschaft zu führen.

Die vielfältigen, auf eine enge Zusammenarbeit gerichteten Aktivitäten des Bundesrates sollen für beide Seiten, vor allem für das gemeinsame Ziel der europäischen Integration, von Nutzen sein. Für den Bundesrat ergibt sich damit aber auch die Möglichkeit, seine Stellungnahmen, die an die Bundesregierung zur Berücksichtigung bei den Ratsverhandlungen gerichtet sind, in die Beratungen des Europäischen Parlaments einzuführen, um dort „Verbündete“ zu finden, die dem Rat die Anliegen und Argumente auch von der europäischen Seite her nahebringen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ch. Sasse, Bundesrat und Europäische Gemeinschaft, in: Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft, Darmstadt 1974, S. 338. Zu diesem Thema auch: E. Birke, Die deutschen Bundesländer in den Europäischen Gemeinschaften, Schriften zum öffentlichen Recht, Band 228, Berlin 1973, S. 23; R. Morawitz, Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei Vorhaben der Europäischen Gemeinschaft, Bonn 1981, S. 9f.; K. Oberthür, Die Bundesländer im Entscheidungsprozeß der EG, in: Integration 11/78, S. 60; U. Oetting, Bundestag und Bundesrat im Willensbildungsprozeß der Europäischen Gemeinschaften, Berlin 1973, S. 19.

  2. H. P. Ipsen, Als Bundesstaat in der Gemeinschaft, in: Probleme des Europäischen Rechts, Festschrift für Walter Hallstein, Frankfurt 1966, S. 253; Ch. Sasse, Gutachten zum Ersuchen des Tribunale Biella an EuGH vom 18. 9. 1973, EuGH 30. 4. 1974, 155/73, S. 409 ff.

  3. Die Frage der Integrationskompetenz des Bundes gemäß Artikel 24 Abs. 1 GG, ob der Bund auch Hoheitsrechte der Länder auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen kann, wird in der Literatur allgemein bejaht; vgl. Birke, a. a. O, S. 88 ff, mit zahlreichen Hinweisen.

  4. Birke, a. a. O, S. 17 ff.; Ipsen, a. a. O, S. 256 ff.; Morawitz, a. a. O, S. 10/11; Oberthür, a. a. O, S. 58, und Oetting, a. a. O, S. 21.

  5. R. Smend, Verfassung und Verfassungsrecht 1928, Staatsrechtliche Abhandlungen und andere Aufsätze, Berlin 1955, S. 269f.

  6. H. Laufer, Das Föderative System der Bundesrepublik Deutschland, München 1977, S. 138 f.

  7. Birke, a. a. O, S. 33.

  8. Sasse, Gutachen, a. a. O., S. 409 f. ,.

  9. Sasse, Bundesrat und Europäische Gemeinsena a. a. O., S. 337; Birke. a. a. O., S. 46; Oetting, a. a-" S. 22; Oberthür, a. a. O., S. 59.

  10. Sitzungsbericht, S. 445 (C).

  11. Sitzungsbericht, s-447 (D).

  12. ER-Drucksache 470/51 (Beschluß), Ziffer 5.

  13. 66. Sitzung des Bundesrates vom 6. September. BT 1952, S. 33 (A); vgl. im einzelnen dazu Oetting, a. a. O., S. 24f.

  14. Sitzungsbericht S. 608 (A), BR-Drucksache 03l/51.

  15. BR-Drucksache 775/51.

  16. ET-Drucksache 1/2951.

  17. Sitzungsbericht, S. 33, Ziffer VI.

  18. BR-Drucksache 146/57 (Beschluß).

  19. BT-Drucksache 11/3440, S. V.

  20. Sten. Ber. II S. 13314 (C) ff.

  21. Sitzungsbericht, S. 745 (A) f.

  22. Sitzungsbericht, S. 855 (B). .

  23. Vorsitzende des EG-Ausschusses: 1958— 1900 MP Dr. Seidel (Bayern), 1960— 1962 MP Dr. h. c. Kissinger (Baden-Württemberg), 1962— 1966 MP P Meyers (Nordrhein-Westfalen), 1966— 196® M. Kühn (Nordrhein-Westfalen), 1968— 1969 MP Dr Diederichs (Niedersachsen), 1969— 1970 Minister Möller (Niedersachsen), 1970— 1973 Minister Greu. lieh (Niedersachsen), 1973— 1976 Minister Heimann (Niedersachsen), ab 1976 Minister Hasse mann (Niedersachsen).

  24. Sitzungsbericht, S. 242 (B).

  25. Oberthür, a. a. O„ S. 62.

  26. Morawitz, a. a. O., S. 28.

  27. Morawitz, a. a. O„ S. 28 und Anlage IV.

  28. BGBl. I vom 15. August 1980, S. 1237.

  29. H. Ferdinand, Die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7/81,

  30. Oetting, a. a. O„ S. 138.

  31. Vgl. zu diesen Rechtsproblemen im einzelnen Der j Deutsche Bundesrat zur Rechtssetzung S. EWG, in: EuR 1967, S. 217ff„ und EuR 1969, 5 121 ff sehr ausführlich auch Oetting, a. a. O„

  32. Morawitz, a. a. O., S. 31.

  33. Gemäß § 35 GOBR gelten bei Vorlagen, die dem Bundesrat lediglich zur Kenntnisnahme zugeleitet werden, die Empfehlungen der Ausschüsse, der Bundesrat möge von der Vorlage Kenntnis nehmen, als Stellungnahme des Bundesrates, sofern bis zur nächsten Sitzung des Bundesrates kein Land den Antrag auf Behandlung dieser Vorlage stellt.

  34. BR-Drucksache 325/74 (Beschluß), 632/76 (Beschluß), 212/78 (Beschluß), 496/78 (Beschluß), 182/81 (Beschluß).

  35. Sitzungsbericht, S. 217 (A) f.

  36. 359. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 287 (B) f. 439. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 399 (A) f.

  37. 505. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 376 (A) f.

  38. BR-Drucksache 496/78 (Beschluß).

  39. Sasse, Bundesrat und Europäische Gemen schäft, a. a. O., S. 335.

  40. Birke, a. a. O., S. 44.

  41. Morawitz, a. a. O-S. 27 f.

  42. Setting, a. a. O„ S. 63 f.

  43. Sasse, Bundesrat und Europäische Gemeinschäft, a. a. O„ S. 335.

  44. Vgl. 181. Sitzung des Bundesrates vom 19. Juli 1957, Sitzungsbericht, S. 745 (C).

  45. Minister Hasselmann, 469. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 39 (A), 50 (D); Birke, a. a. O., S. 45.

  46. Oetting, a. a. O., S. 146 f.

  47. BVerfG 12, S. 205ff.

  48. Morawitz, a. a. O„ Anhang V, S. 102.

  49. BT-Drucksache V/1943, Nr. 38, Oetting, a. a. 0., S. 146.

  50. Birke, a. a. O., S. 46.

  51. Z. B. BT-Drucksachen 8/3198, 8/3704, 8/3705, 9/239, 9/525, 9/605.

  52. Z. B. BT-Drucksachen 9/325, 9/512.

  53. Z. B. BT-Drucksachen 9/209, 9/212.

  54. Sitzungsbericht, S. 39 (A), 50 (D).

  55. Vgf. im einzelnen Morawitz, a. a. O., S. 36 f.

  56. Ebd., S. 57ff.

  57. Ebd., Anlage V, S. 102 ff.

  58. Birke, a. a. O„ S. 147; Ipsen, a. a. O., S. 254 f.; Oetting, a. a. O., S. 14f.; Sasse, Bundesrat und Europäische Gemeinschaft, a. a. O., S. 340.

  59. Niederschrift, S 3.

  60. Niederschrift, S. 7.

  61. Vgl. im einzelnen Ferdinand, a. a. O., S. 22 ff.

  62. EP-Dok. 1-206/81, BR-Drucksache 331/81.

  63. EP-Dok. 1-206/81, S. 9f.

  64. 484. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 87 (A), 118(A).

  65. BR-Drucksache 146/57.

  66. Schriftlicher Bericht des dritten Sonderausschusses Gemeinsamer Markt/Euratom des Bundestages; Drucksache 2/3660, S. 13 und Sten. Ber. vom 5. Juli 1957, S. 13317f.

  67. Siemsen, Minister für Bundesangelegenheiten (Nordrhein-Westfalen), 1981. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 745.

  68. 181. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 745 f.

  69. BR-Drucksache 467/57

  70. 189. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 28.

  71. BR-Drucksache 453/65, Sitzungsberichte, 283. eitzung. S. 129ff„ 286. Sitzung. S. 197 ff., 288. Sitzung, a. 230ff.

  72. 301. Sitzung BR, Sitzungsbericht, S. 228; 303. Sit-zung, S. 270; 308. Sitzung, S. 61; 315. Sitzung, S. 224.

  73. Ipsen, a. a. O„ S. 255; Oetting, a. a. O., S. 177 f.;

  74. Vgl. Anmerkung 64.

  75. BR-Drucksache 331/82 (Beschluß).

  76. EP-Dok. 1-772/80, BR-Drucksache 190/81.

Weitere Inhalte

Günter Jaspert, geb. 1931 in Dortmund; 1952 bis 1957 Studium der Rechtswissenschaften und „political Science" in Bonn, Marburg und an der University of Arkansas; 1962 Assessor-examen in Düsseldorf; seit 1963 im Sekretariat des Bundesrates in Bonn; Sekretär der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten, für Fragen der Europäischen Gemeinschaften, für innerdeutsche Beziehungen und für Verteidigung; Leiter der Verbindungsstelle des Bundesrates zum Europäischen Parlament.