Wohnungsbau und Wohnungsbaupolitik in der Bundesrepublik Deutschland
Uwe Wullkopf
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Zusammenfassung
Es gibt heute im Bundesgebiet ca. 14 Mio. Mietwohnungen und 9, 5 Mio. Eigenheime. Von den Mietwohnungen wurden knapp 5 Mio. bis 1948 errichtet; von den danach gebauten Wohnungen sind etwa 4 Mio. Sozialmietwohnungen. Dieser Wohnungsbestand reicht im großen und ganzen aus, um alle Haushalte mit Wohnungen zu versorgen. Allerdings gibt es noch sogar zunehmend Versorgungsengpässe auf einigen Teilmärkten, vor allem in Ballungsgebieten auf Märkten für Bezieher niedriger Einkommen. Auf diesen Engpaßmärkten besteht das Angebot vor allem aus Altbaumietwohnungen und Sozialmietwohnungen. Diese Wohnungen sind häufig für eine angemessene Wohnungsversorgung großer Familien zu klein. Besonders alte Menschen und Ausländer leben vielfach auch noch in zu schlecht ausgestatteten Wohnungen. Zunehmend in den Vordergrund rückt darüber hinaus das Problem der zu hohen Mietbelastung bei unteren Einkommensschichten. Je niedriger das Einkommen eines Haushalts ist, desto höher ist der Durchschnitt seiner Mietbelastung: Bezieher höchster Einkommen zahlen im Schnitt weniger als 10 %, Bezieher niedrigster Einkommen mehr als 25 % ihres Nettoeinkommens für die Miete. Wohngeld vermag untragbare Mietbelastungen nur teilweise aufzufangen. Da in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Haushalte noch wachsen wird und insbesondere auf Gruppen wie Rentner, Arbeitslose und Ausländer besondere Wohnungsprobleme zukommen werden, müssen die Parteien wohnungspolitische Konzeptionen entwickeln, die einerseits das vorhandene Subventionsvolumen von ca. 20 Mrd. DM jährlich gezielt dort für Neubauanreize einsetzen, wo die Marktengpässe und Versorgungsdisparitäten besonders groß sind. Andererseits muß der Disparitätsabbau hauptsächlich durch eine Wohnungsbestandspolitik erfolgen, bei der insbesondere der Sozialwohnungsbestand, aber auch die Altbaumietwohnungen gezielt für sozialpolitische Ziele nutzbar gemacht werden.
I. Entwicklung des Wohnungsbaus seit dem Kriege
Grundlagen Im Zweiten Weltkrieg war knapp ein Viertel des Wohnungsbestandes im Bundesgebiet zerstört worden; die Großstädte waren davon besonders betroffen 1) -Außerdem mußten während der ersten zehn Nachkriegsjahre ca. 12. 5 Mio. Flüchtlinge untergebracht werden Diesen konnten in den Großstädten am ehesten Arbeitsplätze geschaffen werden. So war schon damals in den Großstädten die Wohnungsnot am größten, und es mußten so rasch wie möglich Mietwohnungen gebaut werden. An Eigentumsbildung oder marktmäßige Errichtung von Mietwohnungen in großem Umfange war nicht zu denken: Der Kapitalmarkt lag nahezu brach; die wenigen vorhandenen Kapita Mio. Flüchtlinge untergebracht werden 2). Diesen konnten in den Großstädten am ehesten Arbeitsplätze geschaffen werden. So war schon damals in den Großstädten die Wohnungsnot am größten, und es mußten so rasch wie möglich Mietwohnungen gebaut werden. An Eigentumsbildung oder marktmäßige Errichtung von Mietwohnungen in großem Umfange war nicht zu denken: Der Kapitalmarkt lag nahezu brach; die wenigen vorhandenen Kapitalmarktmittel fanden attraktivere Anlagemöglichkeiten in der Industrie und im Handel. Ein rascher Wiederaufbau auf rein marktwirtschaftlicher Grundlage (z. B. nach dem „klassischen Finanzierungsschema": 60% I. Hypothek, 20 % II. Hypothek, 20 % Eigenkapital 3)) kam daher nicht in Frage.
Abbildung 4
Abbildung 2: Anteil der Eigentümerwohnungen an allen im sozialen Wohnungsbau geförderten Wohnungen
Abbildung 2: Anteil der Eigentümerwohnungen an allen im sozialen Wohnungsbau geförderten Wohnungen
Nachdem 1949 schon die Länder ein intensives Förderungssystem entwickelt hatten, wurde mit dem I. Wohnungsbaugesetz (WoBauG) vom 24. 4. 1950 (BGBl S. 83) bundes-einheitlich ein Rahmen für die Wohnungsbau-förderung gesetzt. Dieser Rahmen wurde dann von den Bundesländern durch Förderungsrichtlinien ausgefüllt. Nach § 1 dieses Gesetzes i. d. F. vom 25. 8. 1953 (BGBl I S. 1047) wurde der Wohnungsbau als öffentliche Aufgabe definiert: „Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände haben den Wohnungsbau unter besonderer Bevorzugung des Baues von Wohnungen, die nach Größe, Ausstattung und Miete (Belastung) für die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet sind (sozialer Wohnungsbau), als vordringliche Aufgabe zu fördern .. .
Abbildung 5
Sozialwohnungen -
fehlbelegt Von den 5, 1 Millionen Sozialwohnungen sind: 1, 1 Millionen Eigenheim-Wohnungen davon fehlbelegt*: *dh. Einkommensgrenzen um mehr als 20% überschritten 460000
Sozialwohnungen -
fehlbelegt Von den 5, 1 Millionen Sozialwohnungen sind: 1, 1 Millionen Eigenheim-Wohnungen davon fehlbelegt*: *dh. Einkommensgrenzen um mehr als 20% überschritten 460000
Insgesamt wurden drei Arten des Wohnungsbaus unterschieden:
Abbildung 6
Öffentlich geförderter Wohnungsbau Steuerbegünstigter Wohnungsbau Rechtliche Definition (1. Förderungsweg) = Sozialer Wohnungsbau im engeren Sinne mit Zusatz-förderung (2. Förderungsweg) Freifinanzierter Wohnungsbau ohne direkte Förderung Subventionstechnische Definition Sozialer Wohnungsbau Freifinanzierter Wohnungsbau
Öffentlich geförderter Wohnungsbau Steuerbegünstigter Wohnungsbau Rechtliche Definition (1. Förderungsweg) = Sozialer Wohnungsbau im engeren Sinne mit Zusatz-förderung (2. Förderungsweg) Freifinanzierter Wohnungsbau ohne direkte Förderung Subventionstechnische Definition Sozialer Wohnungsbau Freifinanzierter Wohnungsbau
Der öffentlich geförderte Wohnungsbau (also der soziale Wohnungsbau im engeren Sinne) erhielt einen hohen Betrag an öffentlichen Darlehen; es ergab sich zunächst, in den fünfziger Jahren, etwa folgendes Finanzierungsschema: Erste Hypothek: 25 bis 30 % der Gesamtkosten, öffentliche Darlehen: 45 bis 50 % der Gesamtkosten, Eigenkapital und sonstige Mittel der Restfinanzierung: 20 bis 30 % der Gesamtkosten 4).
Abbildung 8
Einkommensklasse in DM 3 000 u. mehr insgesamt v. H. 16, 6 23, 0 Steuervergünstigungen Mill.
DM 407 360 214 484 20, 3 100, 0 DM v. H. 5, 5 DM 8 31 14 Vergünstigungen DM 126 737 v. H. 8, 4 3 371') 100, 0 Durchschn. Forderungsbetrag DM 511 675 893 477 Tabelle 3: Verteilung der Vergünstigungen für Eigentümer auf Einkommensklassen im Jahr 1972 unter 800 800-1 200 1 200-1 600 1 600-2 000 2 000-2 500 2 500-3 000 Eigentümer-haushalte 1 000 1 170 1 623 1 442 1 071 766 375 616 20, 4 15, 2 10, 8 5, 3 8, 7 7 064'陼
Einkommensklasse in DM 3 000 u. mehr insgesamt v. H. 16, 6 23, 0 Steuervergünstigungen Mill.
DM 407 360 214 484 20, 3 100, 0 DM v. H. 5, 5 DM 8 31 14 Vergünstigungen DM 126 737 v. H. 8, 4 3 371') 100, 0 Durchschn. Forderungsbetrag DM 511 675 893 477 Tabelle 3: Verteilung der Vergünstigungen für Eigentümer auf Einkommensklassen im Jahr 1972 unter 800 800-1 200 1 200-1 600 1 600-2 000 2 000-2 500 2 500-3 000 Eigentümer-haushalte 1 000 1 170 1 623 1 442 1 071 766 375 616 20, 4 15, 2 10, 8 5, 3 8, 7 7 064'陼
Der „Preis" für diese starke öffentliche Subventionierung bestand für die Bauherren darin, daß sie dafür auch eine Reihe von Bindungen eingehen mußten:
Abbildung 9
Wohnungen in Mio (ohne landwirtschaftliche, leer-stehende u. Freizeitwohnungen)
Insgesamt 21, 4 Mio 6, 1 unter 14 Jahre Altersstruktur
Wohnungen in Mio (ohne landwirtschaftliche, leer-stehende u. Freizeitwohnungen)
Insgesamt 21, 4 Mio 6, 1 unter 14 Jahre Altersstruktur
— Belegungsbindungen bei der Besetzung der Wohnungen (Wohnraumbewirtschaftung), — Mietpreisbindungen (Prinzip der Kosten-miete, im einzelnen definiert in einer Berechnungsverordnung 5)), — verstärkter Kündigungsschutz, — planungsmäßige, bauwirtschaftliche und bautechnische Bestimmungen (z. B. hinsichtlich der Größe und Ausstattung der Wohnungen) bei der Errichtung der Wohnungen. Diese Bindungen waren beim steuerbegünstigten Wohnungsbau erheblich lockerer: zehnjährige Grundsteuervergünstigungen, (länderweise) Grundsteuerbefreiungen und Gebührenbefreiungen wurden gewährt, wenn bestimmte Wohnflächengrenzen nicht überschritten wurden.
Abbildung 10
Hilfen fürs Wohnen Ende 1978 gab es 1, 5 Millionen Wohngeldempfänger Rentner, Arbeit-Sozialhilfe-
Hilfen fürs Wohnen Ende 1978 gab es 1, 5 Millionen Wohngeldempfänger Rentner, Arbeit-Sozialhilfe-
Beim freifinanzierten Wohnungsbau waren schließlich lediglich erhöhte Abschreibungen nach § 7b Einkommensteuergesetz (EStG) möglich; es gab keine besonderen Bindungen. 2. Die Entwicklung des öffentlich geförderten (sozialen) Wohnungsbaus In § 1 des WoBauG war in der Fassung von 1950 das Ziel gesetzt worden, von 1951 bis 1956 1, 8 Mio. Wohnungen zu errichten. Dieses Ziel wurde in der Fassung von 1953 auf 2 Mio. Wohnungen erhöht. Der tatsächliche Erfolg übertraf diese Zielsetzung bei weitem: von 1951 bis einschl. 1956 wurden 3, 1 Mio. Wohnungen errichtet, darunter 1, 8 Mio. öffentlich geförderte Sozialwohnungen. Für diese Sozial-wohnungen bestand eine Belegungsbindung: wohnberechtigt (bei Einzug) waren alle Versicherungspflichtigen (und nicht Versicherungspflichtige, deren Jahreseinkommen die Versicherungspflichtgrenze in der Rentenversicherung der Angestellten nicht überstieg), vorzugsweise aber Vertriebene und Kriegssachgeschädigte. Beim I. WoBauG stand die Beseitigung der Wohnungsnot durch den möglichst schnellen Bau von möglichst vielen Wohnungen im Vordergrund. In der Folgezeit änderten sich die Adressaten der Förderung, das Finanzierungsschema und auch die Gesamtbeurteilung der Wohnungspolitik als öffentliche Aufgabe. Im II. WoBauG vom 27. 6. 1956 (BGBl I S. 523) wurde von der Zielsetzung eines allgemeinen Wohnungsbaus für jedermann insofern abgewichen, als Prioritäten gesetzt wurden zugunsten von Familienheimen (eigentumspolitische Komponente) und Wohnungen für Personen mit geringem Einkommen (sozialpolitische Komponente).
Abbildung 11
Wohnungsbau
Wohnungsbau
Der Staat sah sich also nicht mehr für den Wohnungsbau insgesamt verantwortlich, sondern für die Durchsetzung eigentumspolitischer und sozialpolitischer Ziele im Wohnungsbau. Der sozialpolitischen Komponente wurde später auch durch das Wohngeld Rechnung getragen. Im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus kam ihr neben der Mietbegrenzung vor allem dadurch Bedeutung zu, daß ja die Belegungsbindung bestand und der Staat Einkommens-grenzen setzte, damit die Sozialwohnungen den Beziehern niedriger Einkommen Vorbehalten blieben. Erstmals 1957 wurden von der Versicherungspflicht abweichende, niedrigere Einkommensgrenzen eingeführt.
Vergleicht man die Einkommensgrenze eines Vier-Personen-Haushalts für die Wohnberechtigung im sozialen Wohnungsbau mit dem jeweiligen Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushaltsbruttoeinkommen aus den Wirtschaftsrechnungen des Statistischen Bundesamtes, ist im Zeitverlauf ein relatives Absinken der Einkommensgrenzen erkennbar, also auch der Versuch, den Sozialwohnungsbestand zunehmend für wirklich Einkommens-schwächere vorzuhalten:
Mit dem Erstarken des Kapitalmarktes wurde auch die Subventionsstruktur geändert. Wurden Anfang der fünfziger Jahre hauptsächlich direkte Darlehen (Kapitalsubventionen) gewährt, so wurden ab Mitte der fünfziger Jahre zunehmend solche Subventionen gewährt, die die Belastungen verringerten, die aus den Kapitalmarktzinsen resultieren (Ertragssubventionen oder „objektbezogene Beihilfen"). Die ursprüngliche Kostenmiete wich damit zunehmend von der sogenannten „Bewilligungsmiete" ab. Die Kostenmiete setzt sich zusammen aus den Kapitalkosten (Zinsen und Tilgung auf Fremdkapital sowie Eigenkapitalverzinsung) und den Bewirtschaftungskosten. Wenn beispielsweise die Kapitalkosten DM 16, — pro m 2 und Monat betragen und die Bewirtschaftungskosten DM 4, —, macht die Kostenmiete DM 20, — aus. Durch objektbezogene Beihilfen kann nun die Kostenmiete auf einen für den Mieter als tragbar angesehenen Satz heruntersubventioniert werden, auf die Bewilligungsmiete. Ist diese in unserem Beispiel DM 6, —, betrüge die objektbezogene Beihilfe DM 14, —. Diese Subventionsumstellung hatte eine Reihe von Auswirkungen. Zunächst wurde der Staatshaushalt kurzfristig entlastet: Die Kapitalsubventionen wurden damals nämlich sofort im Jahr ihrer Gewährung als Ausgaben verbucht, während bei den objektbezogenen Beihilfen nur der in jedem Jahr anfallende zinssenkende Subventionsbetrag im Staatshaushalt zu Buche schlug. Allerdings entstanden mit der neuen Subventionsform Ausgabe-verpflichtungen für viele Folgejahre (Verpflichtungsermächtigungen), was den Staatshaushalt auf lange Sicht dann sehr stark band. Man dachte damals, daß man nur noch wenige Jahre zu fördern brauchte, bis ein ausgeglichener Wohnungsmarkt hergestellt sei und weitere Subventionen sich erübrigten. So schrieb der damalige Wohnungsbauminister Paul Lücke im Jahre 1959: „Ende dieses Jahres wird der Wohnungsbestand an 14 Mio. heranreichen. Der Wohnungsfehlbestand betrug 1959 noch 1, 5 Mio. Wohnungen, also noch gut 10% des gesamten Wohnungsbestandes." Heute haben wir mehr als 24 Mio. Wohnungen, und immer noch wird von Wohnungsnot gesprochen. Schon damals wurde also nicht ausreichend zwischen den einzelnen Wohnungsteilmärkten unterschieden, wurden die Versorgungsengpässe bei den Beziehern niedriger Einkommen und in den Ballungsgebieten in einen Topf geworfen mit der guten Versorgungslage der Besserverdienenden. Und so konnte Lücke schon damals für Mietanhebungen, Überführung von Sozialmietwohnungen auf den Markt und Liberalisierung der Wohnungswirtschaft plädieren. Außerdem rechnete man damals mit starkem Wachstum der Haushaltseinkommen, so daß man von vornherein die objektbezogenen Beihilfen auf Laufzeiten begrenzte, die bei weitem nicht die Laufzeiten der entsprechenden Baudarlehen erreichten
Die Begrenzung der Laufzeiten der objektbezogenen Beihilfen und ihr stufenweiser Abbau im Zeitverlauf führte zu Sprunghaften Mietsteigerungen bei den Sozialwohnungen, die besonders in den 1970er Jahren zum Politikum wurden, als das Einkommenswachstum nachgelassen hatte: Zwar wurde die Förderung gerade für den Mietwohnungsbau nur zu einem Teil auf die objektbezogenen Beihilfen umgestellt, aber selbst diese Teilumstellung hatte die Wirkung, daß die Mietpreissteigerung aufgrund des Abbaus der objektbezogenen Beihilfen zu untragbaren Mietbelastungen führten; zumal die Einkommen in den siebziger Jahren nicht in der erwartet hohen Rate stiegen, während gleichzeitig die Nebenkosten erheblich schneller wuchsen als vorher. Außerdem ergaben sich durch dieses Förderungssystem erhebliche Mietverzerrungen im Sozialwohnungsbestand: Die Miethöhe richtete sich nach den Kapitalmarktzinsen und den Förderungsbedigungen zur Bewilligungs-und Bauzeit und korrelierte deswegen weder mit dem Wohnwert der Wohnungen noch mit der ortsüblichen Vergleichsmiete. Häufig sind beispielsweise ältere Sozialwohnungen, die Anfang der siebziger Jahre errichtet und bei denen die Subventionen schon teilweise abgebaut wurden, teurer als qualitativ evtl, noch bessere Wohnungen neuerer Baujahrgänge. Andersherum sind alte Sozialwohnungen aus den sechziger Jahren wegen der niedrigen Herstellungskosten oft wesentlich billiger als neue.
Schließlich aber wurden die öffentlichen Haushalte durch die Verpflichtungsermächtigungen aus der Vergangenheit immer stärker belastet, so daß immer weniger Mittel zur Förderung der Neubautätigkeit zur Verfügung standen. Andererseits wollte man mit dem „Erstarken" des Marktes einen wachsenden Teil der Wohnungsproduktion auch bewußt dem Markt selbst überlassen.
Abbildung 1 verdeutlicht, daß die Zahl der neu fertiggestellten Sozialwohnungen absolut immer geringer wurde. Wurden in den fünfziger Jahren noch 250 000— 300 000 Sozialwohnungen errichtet, waren es 1980 nur noch 50 000 im ersten (und 50 000 im zweiten) Förderungsweg. Aber auch der relative Anteil der Sozial-wohnungen an allen fertiggestellten Wohnun-gen schrumpfte von fast 70% Anfang der siebziger Jahre auf knapp 30% heute.
In den siebziger Jahren sank die Bedeutung des Sozialen Wohnungsbaus im engeren Sinne (erster Förderungsweg) so weit ab, daß schließlich drei Viertel der Wohnungen im Rahmen von Sonderprogrammen gefördert wurden. Das verdeutlicht die Tabelle 2:
Neue Sozialwohnungen werden also hauptsächlich noch für besondere Problemgruppen gebaut; ein weiteres Motiv ist heute die Errichtung von Ersatzwohnungen, die infolge von Abrissen und Umsetzungen bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen notwendig werden. Jedenfalls dient der Bau von Sozial-wohnungen keineswegs mehr der Wohnungsversorgung von „breiten Schichten der Bevölkerung", wie es das II. WoBauG eigentlich noch vorsieht.
Insbesondere wurden Sozialmietwohnungen immer weniger gebaut; der Anteil der Eigentümerwohnungen dagegen nahm besonders in den siebziger Jahren ständig zu (vgl. Abb. 2).
Insgesamt gibt es heute ca. 4, 0 Mio. Sozialmietwohnungen und ca. 1, 1 Mio. Sozialeigenheime 1978 war der Sozialmietwohnungsbe-stand wie folgt auf Bauherrengruppen aufgeteilt: Gemeinnützige Wohnungsunternehmen und Heimstätten 58, 1 % private Bauherren 31, 1 % Organe der staatlichen Wohnungspolitik einschließlich Gemeinden, Gemeindeverbände und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts 3, 2% freie Wohnungsunternehmen 3, 1% sonstige Bauherren 4, 5% (Quelle: Wohnungsstichprobe 1978.)
Die Mietvorteile (die ja wegen der erwähnten Mietverzerrungen sehr stark streuen) der Sozialmieten gegenüber vergleichbaren Mieten nicht preisgebundener Wohnungen sind in älteren Baujahrgängen (1949— 1963) höher als in neueren. In älteren Wohnungen in Stadtregionen betragen die Mietvorteile etwa 1, — DM pro m 2 Wohnfläche im Monat; in ländlichen Regionen sind die Mietvorteile der Sozialwohnungen dagegen kaum nennenswert
Die politische Brisanz dieses Problems liegt nun darin, daß in den Sozialwohnungen keineswegs die Einkommenschwächsten wohnen, sondern es wird sogar angenommen, daß am 1. 1. 1983 der Anteil der Sozialmieterhaushalte, der die Einkommensgrenzen des II. Wohnungsbaugesetzes um mehr als 20 % (Toleranzgrenze) übersteigt, bei 30 % liegen wird und der der Sozial-Eigentümerhaushalte bei 42 % Dabei ist zu bedenken, daß die Einkommensgrenze so hoch gewählt ist, daß über die Hälfte (1980 die Hälfte, vgl. Tabelle 1) aller Haushalte berechtigt ist, eine Sozialwohnung zu beziehen. Hinzu kommt, daß die Haushalte, die zu den oberen Einkommensklassen zählen, also die „Fehlbeleger", überpropprtional hohe Mietvorteile zu besitzen scheinen 3. Der zweite Förderungsweg Die Zielsetzung des Lücke-Plans, die Wohnupgswirtschaft in die Marktwirtschaft zu überführen, sollte auch dadurch erreicht werden, daß man den steuerbegünstigten Wohnungsbau attraktiver zu machen suchte. Das geschah einmal durch die Einführung der „weißen Kreise", also die Aufgabe der allgemeinen Mietpreiskontrollen dort, wo die Wohnungsmärkte weniger angespannt waren, und damit verbunden die Anhebung des Mietpreisniveaus. Zum anderen wollte man den steuerbegünstigten Wohnungsbau aber auch mit objektbezogenen Beihilfen fördern. Diese Förderung wurde 1966 eingeführt und heißt „Zweiter Förderungsweg". Charakteristisch für diese Förderung ist, daß die Einkommensgrenzen für die Berechtigten um 40 % über denen der ursprünglichen Förderung des Sozialen Wohnungsbaus (1. Förderungsweg) liegen. Wir haben seither also folgende Arten des Wohnungsbaus:
Wenn über den öffentlichen Haushalt und über Subventionen gesprochen wird, wird der zweite Förderungsweg oft mit in den Begriff „Sozialer Wohnungsbau" einbezogen.
Der Anteil des ersten Förderungsweges ist im Laufe der Zeit immer weiter zugunsten des zweiten Förderungsweges zurückgegangen, und zwar von ca. 90 % im Jahre 1966 auf 48 % im Jahre 1980.
Eigentlich sollte mit dem zweiten Förderungsweg nicht vornehmlich der Eigenheimbau, sondern auch der steuerbegünstigte Mietwohnungsbau gefördert werden. Dies wurde auch in den ersten Jahren nach der Einführung dieser Subventionsart erreicht. Nun zeigte sich aber in der Praxis, daß die mietpreisdämpfenden Wirkungen der Beihilfen recht gering waren und der sprunghafte Subventionsabbau in Verbindung mit den Einkommensgrenzen den Bauherren recht riskant erschien. Somit kamen die Mittel des zweiten Förderungsweges mehr und mehr dem Eigenheimbau zugute, und der Anteil des Baus von Mietwohnungen im zweiten Förderungsweg ging rapide zurück. 4. Die Entwicklung des Baus von freifinanzierten und steuerbegünstigten Mietwohnungen Mitte der sechziger Jahre wurden außerhalb des Sozialen Wohnungsbaus jährlich etwa 150 000 Wohnungen in Drei-und Mehrfamilienhäusern fertiggestellt, in der Boomphase um 1973 erhöhte sich diese Zahl auf etwa 300 000, um dann ab 1974 drastisch zu sinken — heute bewegt sich die jährliche Fertigstellungszahl dieser Wohnungen um die 70 000 (wovon ca. 50 000 vermietet werden).
Diese starken Schwankungen im Bau neuer, nicht preisgebundener Mietwohnungen lassen sich im wesentlichen mit Schwankungen in der Anfangsrentabilität bei der Erstvermietung der Wohnungen erklären. Zwar wurde im Mietwohnungsbau noch selten mit der bei der Erstvermietung erzielbaren Miete sogleich eine volle Deckung der laufenden Aufwendungen (Kapitalkosten und Bewirtschaftungskosten) erreicht. Die Rentabilität ergab sich schon immer erst langfristig mit den Mietsteigerungen und den Wertsteigerungen des Gebäudes. Aber Anfang der siebziger Jahre waren durch die Anfangsmieten noch ca. 70 % der Aufwendungen abzudecken (bei einer Finanzierung mit einem Fremdkapitalanteil von 75 %) Bei normalen Mietpreissteigerungen war die Schwelle zur Rentabilität nach ca. 10 bis 15 Jahren erreicht, und nach ca. 30— 40 Jahren würde die Rentabilität höher sein als bei alternativen Anlagen, zumal, wenn ausgeprägte inflationäre Einflüsse hinzukämen und den Sachwert der Immobilie steigen ließen. Dieser Satz des Verhältnisses zwischen Anfangsmieten und Deckung der laufenden Aufwendungen sank nun bis Mitte der siebziger Jahre auf 55 Jahren erreicht, und nach ca. 30— 40 Jahren würde die Rentabilität höher sein als bei alternativen Anlagen, zumal, wenn ausgeprägte inflationäre Einflüsse hinzukämen und den Sachwert der Immobilie steigen ließen. Dieser Satz des Verhältnisses zwischen Anfangsmieten und Deckung der laufenden Aufwendungen sank nun bis Mitte der siebziger Jahre auf 55 %, erhöhte sich dann vorübergehend auf 65% und lag 1981 gar bei knapp 50 % 13).
Wie läßt sich dieses Absinken der Rentabilität erklären? Hier werden vielfach steigende Bodenpreise genannt. Die Kaufwerte für baureifes Land stiegen in der Tat von DM 30, 74 im Jahre 1970 auf DM 82, 01 im Jahre 1980 14). Doch darf dieser Faktor in seinem Einfluß auf die Preis-und Mietentwicklung im Mietwohnungsbau nicht überschätzt werden: die Grundstückskosten machen nur etwa 10 % der Herstellungskosten im Mietwohnungsbau aus 15).
Wichtiger sind schon die Baukosten. Diese Kosten sind in den letzten Jahrzehnten besonders stark gestiegen. Das lag einerseits daran, daß die Größe und die Qualität der Wohnungen laufend zugenommen hatten. Aber abgesehen davon stiegen auch die Baukosten etwa doppelt so stark wie die Preise für die Lebens-haltung. Die folgende Abbildung zeigt diese Entwicklung. Kein Wunder also, daß die Herstellungskosten einer Wohnung um 1950 bei etwa 11 000 DM lagen 1980 dagegen bei etwa 230 000 DM (Wohnung in Mehrfamilienhäusern 170 000 DM, in Einfamilienhäusern 280 000 DM) Noch empfindlicher als auf Bau-und Bodenkosten reagiert die Rentabilität des Mietwohnungsbaus aber auf Zinssteigerungen und Steigerungen in den Bewirtschaftungskosten. Steigen die Zinsen um 1 %, müßten die Mieten pro m 2 und Monat um etwa DM 2 steigen, um die gleiche Rentabilität zu gewährleisten. Bei den hohen Kapital-marktzinsen, wie sie 1981 gefordert wurden, ist an einen rentablen Mietwohnungsbau einfach nicht zu denken. Kostenmieten von DM 20 bis 30 pro m 2 und Monat werden vom größten Teil der Haushalte auch in absehbarer Zeit nicht tragbar sein. Alternative Anlagen, etwa in Staatsanleihen, versprechen dem Kapitalan-(in Tausend) Anstieg der Lebenshaltungskosten Anstieg der Sozialmieten 5801 Anstieg der Baupreise leger vom ersten Tag an eine hohe Rentabilität.
Nur bei außerordentlich hohen Inflations-, Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstumserwartungen könnte der Mietwohnungsbau längerfristig „konkurrenzfähig" werden und eine marktübliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals erbringen. Dafür sind die Aussichten jedoch schlechter denn je; kaum jemand rechnet damit, daß in absehbarer Zukunft die Real-einkommen in dem Ausmaß steigen werden wie in den siebziger Jahren. Da auch nicht mit einem wesentlichen Bevölkerungswachstum in der Bundesrepublik gerechnet werden kann, ist sogar das Vermietungsrisiko heute höher als früher.
Oft wird in den Mieterschutzbestimmungen die Ursache für die geringen Aussichten für anhaltende Mietsteigerungen gesehen. Die Erfahrungen mit diesem Gesetz zeigen jedoch, daß die Regelungen durchaus Mietsteigerungen zulassen. Im übrigen ist die Rentabilität im älteren Bestand durchaus gegeben'9).
Daß überhaupt noch steuerbegünstigter Mietwohnungsbau stattfindet, ist im wesentlichen den erheblichen Steuervorteilen zu verdanken, die gut Verdienende in den ersten Jahren nach Errichtung der Wohnungen ausnutzen können (z. B. im „Bauherrenmodell
Unter sozialpolitischen Aspekten ist zu bedenken, daß neu errichtete, nicht preisgebundene Mietwohnungen nicht direkt einkommens-schwächeren Schichten zugute kommen. 1978 lagen die Durchschnittsmieten bei den nach 1948 errichteten, nicht preisgebundenen Wohnungen mit 365 DM um knapp 50 % höher als bei den bis 1948 errichteten Wohnungen, wo die Miete 247 DM betrug
So kommen von den etwa 14 Mio. Mietwohnungen, die wir im Bundesgebiet haben, für untere Einkommensschichten im wesentlichen die knapp 5 Millionen in Frage, die bis 1948 errichtet worden waren, und die 4 Mio. Sozialmietwohnungen. 5. Die Entwicklung des Eigenheimbaus Die Zahl der fertiggestellten Eigenheime (Gebäude mit einer Wohnung bzw. zwei Wohnungen) war im Zeitverlauf stets viel konstanter als die Zahl der Geschoßwohnungen. Seit Anfang der sechziger Jahre wurden jährlich etwa knapp 200 000 Eigenheime neu errichtet, und diese konstante Zahl machte auch die Einbrüche in der Wohnungsbautätigkeit in den siebziger Jahren nicht mit
Das mag angesichts der rasanten Baukostensteigerungen erstaunen. Jedoch stiegen die Baukosten bis 1979 nur unwesentlich schneller als die Nettojahreseinkommen durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer: 1968 mußte dieser Arbeitnehmer 9, Imai sein Jahreseinkommen sparen, um die Kosten eines Einfamilienhauses decken zu können (ohne Grundstück), 1979: 9, 8mal
Dennoch litten gerade untere und mittlere Einkommensschichten zunehmend unter der Zinsentwicklung. Die dadurch entstehenden Lasten sind zumal deswegen nicht mehr tragbar, weil zwar die Eigentumslösung längerfristig gesehen in der Vergangenheit für Wohnungen von gleicher Qualität fast immer günstiger war als die Mietlösung; jedoch forderte und fordert der Eigenheimbau in den ersten Jahren nach Fertigstellung vom Bauherren erhebliche Opfer an Konsumverzicht; starke Zinsschwankungen lassen die Annuitätsleistungen (Zins und Tilgung) in Hochzinsphasen enorm in die Höhe schnellen.
Bausparen könnte diese Risiken mindern, vorausgesetzt allerdings, daß das Bausparvolumen insgesamt nicht zurückgeht — dann nämlich verlängern sich die Ansparfristen bis zur Auszahlung der Darlehen und die Belastung der Bauherren in der Anfangsphase nach Fertigstellung steigt für den Bausparer noch anstatt zu sinken.
Der Staat hat mit seinem Förderungssystem bisher nicht bei den unteren und mittleren Einkommensschichten angesetzt, sondern im wesentlichen Steuervergünstigungen gewährt, die Bezieher höchster Einkommen am meisten begünstigten. 1972 (neuere Daten liegen leider noch nicht vor) entfiel bei einem durchschnittlichen Forderungsbetrag pro Haushalt von DM 477 auf die Haushalte in der obersten Einkommensklasse durchschnittlich mehr als das Achtfache des Subventionsbetra-ges, der an die Haushalte der untersten Einkommensklasse ging. Die folgende Tabelle zeigt die Verteilungswirkungen im einzelnen auf:
Kein Wunder, daß die Eigentumsbildung angesichts dieser Politik zunehmend eine Sache für höhere Einkommensschichten geworden ist: die Eigentumsquote — also der Anteil der Eigentümerwohnungen an allen Wohnungen — der 20 % Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen sank von 29, 3 % im Jahre 1965 auf 25, 7 % im Jahre 1978; die Eigentumsquote der 20 % Haushalte mit dem höchsten Einkommen stieg dagegen von 45, 1 % im Jahre 1965 auf 54, 1 % im Jahre 1978
Insgesamt lag die Eigentumsquote 1978 bei 38 %. Der Bestand an Eigentümerwohnungen beträgt heute ca. 9, 5 Millionen; davon waren ca. 3, 5 Millionen bis 1948 errichtet worden
II. Die jetzige Lage auf den Wohnungsmärkten
Abbildung 2
Abbildung 2
Abbildung 2
1. Veränderte ökonomische Rahmenbedingungen Die öffentlichen Mittel sind knapp geworden. Die Zunahme der Staatsverschuldung soll gebremst werden. Mit den vorhandenen Mitteln soll das Zahlungsbilanzgleichgewicht wieder hergestellt, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gestärkt und das Erdöl durch andere Energiearten ersetzt werden. Dem Wohnungsbau wird vom Staat angesichts dieser Probleme eine geringere Priorität zugemessen als in der Nachkriegszeit.
Jedoch könnte verstärkter Wohnungsbau wirksam zum Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen. Die Wohnungsbausubventionen könnten sich durch höhere Steuereinnahmen und niedrigere Staatszuschüsse zur Arbeitslosenversicherung wieder amortisieren, zumal wenn man den „Multiplikatoreffekt" höherer
Wohnungsproduktion auf andere Wirtschaftsbereiche mit berechnet. Unklar ist dabei allerdings, ob langfristig überhaupt noch sehr viel mehr Wohnungen gebraucht werden und für wen und durch wen die neuen Wohnungen gebaut werden sollten.
In dieser etwas widersprüchlichen Situation stimmen alle drei im Bundestag vertretenen Parteien darin überein, daß die Rolle des Staates in der Wohnungspolitik darauf zu reduzieren sei, — bestimmte sozialpolitisch motivierte Maßnahmen zu treffen, damit die Disparitäten in* der Wohnungsversorgung zwischen den sozialen Gruppen nicht zu groß würden, und — Anreize auf dem Kapitalmarkt zu schaffen, damit ausreichend Mittel für den Wohnungsbau vorhanden seien. 2. Disparitäten in der Wohnungsversorgung Gerade große Familien sind immer noch mit Wohnraum unterversorgt. Der Gesetzgeber hat hier als Maßstab der Wohnraumversorgung die Bedarfsnorm des § 39 des II. Wohnungsbaugesetzes formuliert: jedes Haushaltsmitglied soll über wenigstens ein Zimmer (Küche oder Kochnische nicht mitgerechnet) verfügen. Nach dieser Norm waren 1978 in der Bundesrepublik rund drei Mio. Haushalte der Wohnungsinhaberhaushalte) mit (13% Wohnraum unterversorgt Die Unterversorgung nimmt mit der Zahl der Haushaltsmitglieder überproportional zu. Der Anteil der unterversorgten Haushalte ist bei den Vierpersonenhaushalten mehr doppelt und als bei den Haushalten mit fünf und mehr Personen sogar fast viermal so hoch wie im Durchschnitt aller Haushalte. Dabei sind Mieterhaushalte stärker von der Wohnungsunterversorgung betroffen als Eigentümerhaushalte. Besonders kraß ist das Ausmaß der Unterversorgung bei den Bewohnern von Sozialmietwohnungen sowie bei ausländischen Familien.
Bei den Sozialmietern und bei den Ausländern waren jeweils ca. 90 % der Großhaushalte mit fünf und mehr Personen unzureichend mit Wohnungen ausgestattet. Während Deutsche und Ausländer zusammen bei den Großhaushalten durchschnittlich über 116 m 2 verfügten, lag die durchschnittliche Flächenversorgung der ausländischen Großhaushalte allein lediglich bei 77 m 2.
Auf den ersten Blick scheint die größere Versorgungsdisparität bei den Ausländern vielleicht nicht ein wohnungspolitisches Problem zu sein; man muß aber auch bedenken, daß sichere Zukunftserwartungen für die Ausländer nicht nur eine höhere Wohnungsnachfrage auslösen würden, sondern eine bessere Wohnungsversorgung der Ausländer auch deren Zukunftserwartungen stabilisieren und Diskriminierungen abbauen können.
Die Messung der Versorgungsdisparitäten in der Wohnungsausstattung ist etwas schwieriger. Sozusagen auf unterstem Niveau gibt es Normen über Wohnungsmißstände in Wohnungsaufsichtsgesetzen. Höhere Standards lassen sich etwa ableiten aus dem Katalog förderungswürdiger Tatbestände im Modernisierungs-und Energieeinsparungsgesetz. Häufig wird auch die — statistisch einfacher meßbare — Ausstattung mit Sammelheizung, Bad/Dusche und WC herangezogen.
Legt man dieses Maß der Ausstattungsqualität zugrunde, so waren 1978 im Bundesgebiet noch 13, 7 % der Wohnungen ohne Bad und/oder ohne WC aussgestattet. Dabei waren kleinere Haushalte schlechter ausgestattet als große: 22, 7 % der Einpersonenhaushalte lebten in Wohnungen ohne Bad. Während also wohnflächenmäßig gerade die großen Haushalte unterversorgt waren, waren umgekehrt ausstattungsmäßig die kleinen (dabei insbesondere solche, deren Haushaltsvorstand 65 Jahre und älter war) Haushalte schlechter versorgt als der Durchschnitt Die Wohnungen ohne Bad werden hauptsächlich von besonders Einkommensschwachen bewohnt. Die Ausländer waren nicht nur flächenmäßig, sondern auch ausstattungsmäßig sehr viel schlechter versorgt als die Deutschen: 35, 1 % der Ausländer lebten 1978 in Wohnungen ohne Bad und/oder WC und nur 38, 1 % in Wohnungen mit Bad und Sammelheizung
Das Hauptproblem der Wohnungspolitik sind gegenwärtig aber untragbare Mietbelastungen. Als Mietbelastungsquote wird das Verhältnis zwischen Miete und Haushaltseinkommen bezeichnet. Für alle Einkommensgruppen liegt die Mietbelastungsquote bei 14 %. Diese Quote gilt jedoch nicht für alle Einkommensklassen gleichermaßen: vielmehr ist die Mietbelastungsquote bei den Haushalten mit ge-ringsten Einkommen extrem hoch: Die ca. 240 000 Mieterhaushalte in der Bundesrepublik, die 1978 ein Einkommen von weniger als 450 DM monatlich angaben, zahlten durchschnittlich ca. 34 % ihres Einkommens für Miete. Die ca. 430 000 Mieterhaushalte, die zwischen 450 und 600 DM zur Verfügung hatten, gaben immerhin noch durchschnittlich 27, 6 % ihres Einkommens für die Miete aus. Und die ca. 800 000 Haushalte, die zwischen 600 und 800 DM angaben, zahlten 22, 7 % ihres Einkommens für die Miete. In den neun Einkommensklassen ab einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 2 000 DM lag die durchschnittliche Mietbelastung demgegenüber jeweils unter dem Gesamtdurchschnitt von 14 %, ab 4 000 DM lag sie unter 10 %. Geht man einmal von der recht rigorosen Norm aus, die Mietbelastung solle nicht mehr als 25 % eines Einkommens betragen, so waren 1978 im Bundesgebiet 17 % der Hauptmieter-haushalte zu stark belastet. Heute dürfte diese Quote eher höher liegen.
Bei den Ausländern wird die Schlechterversorgung nach Flächen und Ausstattung allerdings auch mit einer geringeren Mietbelastung „vergolten": nur 10, 8 % der ausländischen Hauptmieterhaushalte waren nach der 25 %-Norm zu stark belastet. Bei den Haushalten mit einem Haushaltsvorstand von 65 und mehr Jahren war der Anteil der zu stark Belasteten dagegen überproportional hoch: er betrug 22 % gegenüber 16 % bei den übrigen (jüngeren) Haushalten. Ganz schlecht geht es, was die Mietbelastung betrifft, Haushalten mit einem weiblichen Haushaltsvorstand von 65 und mehr Jahren: 30 % dieser Haushalte waren 1978 zu stark belastet. Eine besondere Problemgruppe stellen ferner sogenannte unvollständige Familien mit Kindern dar, deren % dieser Haushalte waren 1978 zu stark belastet. Eine besondere Problemgruppe stellen ferner sogenannte unvollständige Familien mit Kindern dar, deren Zah rasch zunimmt und 1978 auf ca. eine halbe Million angewachsen war: 40% (1972 lediglich 25 %) waren nach der 25 %-Norm zu stark belastet. Im Laufe der siebziger Jahre stark verschlechtert hatte sich schließlich auch die Mietbelastung der Haushalte mit einem Haushaltsvorstand von unter 30 Jahren: 21 % dieser Haushalte waren zu stark belastet gegenüber nur 13% im Jahre 1972 29).
> Man muß bei der Beurteilung dieser Mietbelastungsquoten allerdings berücksichtigen, daß das Wohngeld die Belastung teilweise senkt. In seiner gegenwärtigen Ausgestaltung reduziert das Wohngeld jedoch die tatsächliche Belastung nicht überall auf tragbare Maße.
Was die regionalen Disparitäten in der Wohnungsversorgung betrifft, so war die Wohnflächenversorgung in ländlichen Regionen zwar mit 3 m 2 pro Person etwa gleich gut wie in hochverdichteten Regionen (31, 6 m 2); pro Haushalt betrachtet waren allerdings die Wohnungen in den ländlichen Regionen bei jeder Haushaltsgröße etwas größer als in den hoch verdichteten Regionen. Umgekehrt, nämlich zugunsten der Verdichtungsgebiete, gab es Versorgungsdisparitäten zwischen Stadt und Land in der Ausstattung der Wohnungen 30).
Das eigentliche Problem der Ballungsgebiete liegt aber im zu geringen Bestand an billigen Wohnungen. Die Zahl der einkommensschwachen Wohnungssuchenden nimmt in den Ballungsgebieten laufend zu, wobei besonders junge Haushalte, Rentner und Unterstützungsempfänger betroffen sind. In Frankfurt am Main beispielsweise erhöhte sich von Anfang 1975 bis Ende 1978 die Zahl der Wohnungssuchenden von 8 400 um 140% auf 20 000 31). Die Länge der „Warteschlangen" vor den Wohnungsämtern nimmt so bedrohliche Ausmaße an, daß man in der Tat wieder von einer neuen Wohnungsnot sprechen kann. Dementsprechend verwundert es nicht, daß schon 1978 in allen Baualtersklassen die m 2-Miete in Hamburg und München über dem Bundesdurchschnitt lag; gerade diese Mietpreise dürften inzwischen noch erheblich überdurchschnittlich weiter angestiegen sein
Bei der bisherigen Disparitätenanalyse handelt es sich lediglich um eine Analyse des Nachholbedarfs: Wie viele Wohnungen welcher Größe und Ausstattung hätten wir 1978 zusätzlich haben müssen, damit der Normbedarf gedeckt gewesen wäre, und wie hätten die Mietpreise sein müssen?
Eine durchdachte Wohnungspolitik muß darüber hinaus aber auch den Neubedarf berücksichtigen, also den Bedarf, der sich ergibt infolge von Bevölkerungs-und Haushaltsprognosen. Der Neubedarf kann sicher vielfach auf dem Markt selbst gedeckt werden, aber wegen der Besonderheiten des Wohnungsmarktes hat der Staat hier auch eine Investitionsanreizfunktion, die neben die sozialpolitische Funktion des Disparitätenausgleichs tritt. Beim Neubedarf wird nun von vielen folgende These vertreten:
Da von 1965 bis 1980 die Geburtenrate erheblich abgenommen habe, sei etwa ab Anfang bis Mitte der neunziger Jahre, wenn diese Gruppen ins Alter kommen, wo sie eigene Haushalte gründen, mit einer erheblichen Abnahme der Haushaltsneugründungen zu rechnen. Somit seien Investitionen in den Wohnungsbau Fehlinvestitionen, da langfristig der vorhandene Wohnungsbestand durchaus ausreiche. Diese These leidet genau wie die These vom ausgeglichenen Wohnungsmarkt unter einer unzulässigen Pauschalierung der erwarteten Entwicklung für die Zukunft. Drei Aspekte sollen hier besonders herausgegriffen werden: a) Der „Altenberg“: Das Verhältnis von Personen im Rentenalter zu Personen im Erwerbsalter beträgt zur Zeit 1 : 3. In fünfzig Jahren wird dieses Verhältnis 2: 3 betragen Das Verhältnis der Alten zu den Erwerbsfähigen wird also ganz anders aussehen als heute. Bisher gingen die Theorien über großräumige Bevölkerungswanderungen von der These aus, die Bevölkerung wandere tendenziell zu den Orten, wo geeignete Arbeitsplätze, Berufsbildungsmöglichkeiten und höhere Verdienstmöglichkeiten geboten würden.
Wenn knapp die Hälfte der Haushalte aus Rentnern und Pensionären besteht, spielen aber ganz andere Faktoren eine Rolle: Der Wohnwert und der Freizeitwert rücken in den Vordergrund; schon in den siebziger Jahren erlebten die USA dramatische Wanderungsbewegungen aus dem „frost belt" des Nordostens in den „sun belt” des Südwestens. Bei einigermaßen stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen würden unter diesen Voraussetzungen München, Freiburg, das Alpenvorland, der Schwarzwald immer Wohnungsknappheit behalten. Zwar dürften die Renten ihr jetziges Wachstumsniveau relativ verlieren, aber viele unter den Alten werden auch über Vermögensreserven verfügen. Dabei stellt sich dann die Frage, wie die Alten der Gesellschaft künftig leben werden oder sollen.
Lehnt man die großen . Sterbefabriken'ab und setzt sich statt dessen für eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips ein, so könnten sich für den Staat Wohnungssubventionen an Familien lohnen, die sich verpflichten, dafür ihre Eltern mit zu versorgen; das ist nicht nur humaner, sondern es könnte billiger sein als Altenheime mit immensen Folgekosten.
b) Die Arbeitslosenquote: Eine Zunahme der Arbeitslosenquote in den achtziger Jahren wurde von den großen Wirtschaftsforschungsinstituten schon seit mehreren Jahren vorhergesagt Insbesondere werden es Jugendliche ohne Hauptschulabschluß und ohne abgeschlossene Berufsausbildung immer schwerer haben, einen dauerhaften Arbeitsplatz zu bekommen. Unklar ist, ob der für die neunziger Jahre erwartete Rückgang des Arbeitskräfte-angebots die Arbeitslosigkeit aller beseitigen wird. Denkbar ist auch die dauerhafte Herausbildung eines Arbeitsmarktes, auf dem ein Teil der Erwerbspersonen stets potentiell arbeitslos bleibt und bei dem der Anteil der informellen Arbeit, der Schwarzarbeit usw., höher ist als heute. Diese Prozesse könnten wohnungsund siedlungsstrukturell in einer verstärkten sozialen Segregation ihren Niederschlag finden, vielleicht auch in der Verslumung von Stadtquartieren und der Verarmung bestimmter Regionen.
c) Der Ausländeranteil: Die Ausländerpolitik wird zur Zeit sehr kontrovers erörtert. Aber selbst, wenn dem Ausländerzustrom im großen und ganzen Einhalt geboten würde, würden Eheschließungen und Kinderzahl der Ausländer ein Ansteigen ihres Anteils an der Bevölkerung bewirken. Für Frankfurt etwa wird prognostiziert, daß selbst bei gegebener Ausländerpolitik der Ausländeranteil bis zum Jahr 2 000 von zur Zeit 21, 4 % auf knapp 50 % steigen werde Die Integration der Ausländer ist zwar hauptsächlich ein Problem der Bildungs-und Arbeitsmarktpolitik, aber die Wohnungspolitik könnte gewiß auch in der Ausländerfrage eine wichtige Rolle spielen, es sei denn, wir nähmen Entwicklungen wie im New Yorker Stadtteil Bronx in Kauf, wo sich der Staat einschließlich Polizei und Wohnungspolitik aus bestimmten Stadtteilen einfach herauszieht und diese Stadtteile samt ihrer Bewohnerschaft schlicht verkommen läßt. 3. Investitionsanreize Es handelt sich bei der Wohnung um ein langlebiges Wirtschaftsgut. Die Baukosten verdoppeln sich alle sieben bis acht Jahre. Die älteren Mietwohnungen, deren Herstellungskosten niedrig waren und bei denen die Hypotheken bereits getilgt sind, können schon bei einem relativ niedrigen Mietpreis Gewinn abwerfen.
Demgegenüber liegen — wie wir oben sahen — typischerweise die Aufwendungen für die Mietwohnung in den ersten ca. zehn bis fünfzehn Jahren nach ihrer Errichtung— zur Zeit vielleicht sogar noch länger — über den Erlösen. Eine Rentabilität des Gutes Mietwohnung ergibt sich somit erst bei einer langfristigen Kalkulation. Bei hohen Zinssätzen und kurzfristigen Zeithorizonten der Investoren sowie bei unsicheren Zukunftserwartungen, wie sie bezeichnend für die Gegenwart sind, leidet die Investititonsneigung in den Wohnungsbau ganz unvermeidlich.
Ähnlich in der Eigenheimförderung: Die hohe Anfangsbelastung hindert gerade junge Familien mit mittlerem Einkommen am Eigentums-erwerb, selbst wenn das Eigentum langfristig für diese Familie auch wirtschaftlich vorteilhafter ist als die Mietwohnung. Hier hat der Staat in den letzten Jahren völlig falsche Akzente gesetzt: er hat vor allem die gut verdienenden Eigentümer subventioniert. Im Bundesbauministerium wird der Anteil der Mitnehmereffekte bei den Steuervergünstigungen nach § 7b Einkommensteuergesetz auf 90 bis 95% geschätzt; diese 90 bis 95 % der Bauherren und Erwerber hätten auch ohne Förderung Eigentum erworben. Außerdem ist die Eigentumsförderung in den siebziger Jahren großenteils in ländliche Räume geflossen und nicht in Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf
Darüber hinaus wurden, besonders durch die Ausweitung der Steuervergünstigungen nach § 7b und durch die Modernisierungs-und Energiesparförderung, gerade Einkommens-starke zu sehr ermuntert, statt neu zu bauen ihre zusätzliche Wohnungsnachfrage im Bestand zu befriedigen. Die Akzente hätten statt dessen auf der Neubauförderung liegen müssen. Stark kontrovers, auch zwischen den politischen Parteien, wird zur Zeit die Frage erörtert, welche Investitionsanreize für den Staat, d. h. für den Arbeitsmarkt wie für. die Mieter, am effizientesten seien.
Die eine Richtung meint, da die öffentlichen Kassen leer seien, solle man vor allem die Gelder privater Investoren in den Wohnungsmarkt lenken und damit auch zugleich die Baukonjunktur anreizen; das könne am besten geschehen durch Gewährung zusätzlicher Steuervergünstigungen für den Mietwohnungsbau und — vor allem — für den Eigenheimbau. Die andere Richtung will die Disparitäten direkter beseitigen, insbesondere durch Wiederbelebung des Sozialen Mietwohnungsbaus, aber auch durch gezielte Eigentumsförderung zugunsten von mittleren Einkommensschich-ten unter Vermeidung von Mitnehmereffekten. Zwar ist dieser Ansatz zielgerichteter, er erfordert aber auch einen wesentlich höheren Einsatz an öffentlichen Mitteln pro Wohneinheit.
Welche der beiden Richtungen wirklich die besseren Resultate bringen würde, hängt z. T. wohl von ordnungspolitischen Grundsatzentscheidungen ab, z. T. aber auch von der Wirksamkeit des „Sickereffekts": Werden durch die aufgrund von Steuervergünstigungen zugunsten von Einkommensstarken zusätzlich errichteten Wohnungen „Umzugsketten" so initiiert, daß sich auch rasch die Versorgungslage der Einkommensschwachen verbessert, oder besteht der Wohnungsgesamtmarkt aus einer Vielzahl voneinander mehr oder weniger unabhängiger regionaler und sozialer Teil-märkte,so daß etwa eine Vermehrung des Wohnungsangebots auf einem Teilmarkt für Einkommensstarke auf dem Lande nicht zur Beseitigung der Wohnungsnot etwa von Studenten oder Ausländern in Großstädten beiträgt?
Die Antworten durch theoretische und empirische Analysen sind keineswegs eindeutig Vieles deutet allerdings darauf hin, daß Anfang der achtziger Jahre die „Teilmarkttheorie" stärker zu belegen ist als im Jahrzehnt davor; offensichtliche Indizien dafür sind die zunehmenden Warteschlangen vor den Wohnungsämtern und das Phänomen der Haus-besetzungen. Vieles spricht also für eine gewisse Wiederbelebung des Sozialen Wohnungsbaus. Ist dieser aber noch finanzierbar?
III. Wohnungspolitik am Ende?
Abbildung 3
Aussiedler und Zuwanderer aus der DDR Schwerbehinderte Ausländische Arbeitnehmer Quellen: Bundesbaublatt, H. 12 (1980) und H. 12 (1981). 1978 10 844 3 314 9 684 297 1979 1980 954 ... » — Tabelle 2: Von dem gesamten Förderungsvolumen waren jeweils zweckgebunden für: Wohnungen für: Kinderreiche Familien Junge Ehepaare Ältere Personen Sonstige Gruppen 1977 11 198 3 543 8 654 8 697 2 385 805 377 10 000 2 114 1 199 9 581 4 419 9 684 10 632 1 971 684 547 9 070 3 660 8 769 12 536 2 241 812
Aussiedler und Zuwanderer aus der DDR Schwerbehinderte Ausländische Arbeitnehmer Quellen: Bundesbaublatt, H. 12 (1980) und H. 12 (1981). 1978 10 844 3 314 9 684 297 1979 1980 954 ... » — Tabelle 2: Von dem gesamten Förderungsvolumen waren jeweils zweckgebunden für: Wohnungen für: Kinderreiche Familien Junge Ehepaare Ältere Personen Sonstige Gruppen 1977 11 198 3 543 8 654 8 697 2 385 805 377 10 000 2 114 1 199 9 581 4 419 9 684 10 632 1 971 684 547 9 070 3 660 8 769 12 536 2 241 812
Angesichts der knappen öffentlichen Mittel kann die öffentliche Hand ihr Subventionsvolumen, das zur Zeit noch ca. 20 Mrd. DM jährlich ausmacht, nicht mehr gießkannenmäßig verteilen. Betrachtet man die Struktur dieses Subventionsvolumens, so zielen gegenwärtig ca. drei Viertel dieser Mittel auf Wohnungseigentum, während nur die restlichen 25 % direkt den Mieterhaushalten zugute kommen, die immerhin über 60 % aller Haushalte umfassen. Die größten Anteile am jährlichen Förderungsvolumen haben heute nach Schätzungen des IFO-Instituts die Breiche — sozialer Wohnungsbau mit ca. 28 %, — erhöhte Abschreibung nach § 7b EStG mit ca. 26 %, — Wohngeld mit ca. 15 % und — Bausparförderung mit ebenfalls ca.
15 %
Am wenigsten umstritten ist dabei noch das Wohngeld. Es erfüllt eine wichtige sozialpolitische Funktion wenngleich es die Mietbelastung der unteren Einkommensschichten lediglich um etwa ein Drittel senkt. Auch gehen vom Wohngeld wenigstens unmittelbar keine Investitionsanreize für den Neubau aus.
Das bisherige System der Steuervergünstigungen zur Eigentumsförderung läßt sich nicht anders als Verschwendung öffentlicher Gelder bezeichnen, wenn es tatsächlich 90— 95 % „Mitnehmereffekte" beinhaltet, wie vom Bundesbauministerium postuliert.
Die Bausparförderung hat gute Wirkungen, nur sollten gerade einkommensschwächere junge Haushalte und große Familien besonders begünstigt werden.
Der traditionelle soziale Wohnungsbau birgt, wie wir sahen, viele Ungerechtigkeiten wie Mietverzerrungen und Fehlbelegungen, obwohl er in der Lage wäre, auf den Teilmärkten Erleichterungen zu schaffen, auf denen die Versorgungsdisparitäten noch besonders groß sind. Auf jeden Fall ist das notwendige Subventionsvolumen pro Neubauwohnung doch recht hoch.
Angesichts dessen macht sich gerade auf Bundesebene zur Zeit eine eher resignative Haltung breit: vom Wohngeld abgesehen, wird wenigstens mittelfristig ein Rückzug aus der Wohnungspolitik angestrebt. Diese Rückzugs-absichten erhalten durch Kompetenzprobleme bei der „Mischfinanzierung" der Wohnungsbausubventionen zwischen Bund und Ländern noch weitere Nahrung. Die Verlagerung der Wohnungspolitik auf die untere Ebene wäre zwar insofern plausibel, als die Probleme von Gemeinde zu Gemeinde ganz unterschiedlich ausgesprägt sind. Im Gegensatz zur Nachkriegszeit, wo es darauf ankam, überall so viele Wohnungen wie möglich zu errichten, sind die Wohnungsprobleme heute sehr vielfältig und reichen von der Beseitigung sozialer Diskriminierung über den Denkmalschutz bis zum Management von Bauland-knappheit. Die Kommunen könnten also am ehesten die Ineffizienz des „Gießkannenprinzips" überwinden und die Mittel so einsetzen, daß sie direkt an den jeweiligen Engpässen wirken.
Allerdings mangelt es den Gemeinden zur Zeit — an ausreichenden aktuellen Daten für eine umfassende Lageanalyse; der Bund besitzt da auf seiner Ebene mit der IvH-Wohnungsstichprobe eine bessere Datengrundlage;
— an der Verfügungsmöglichkeit über nicht allzu eng zweckgebundene Finanzmittel, die jeweils der Problemlage entsprechend würden eingesetzt werden können;
— an der Kenntnis über die Wirkungsweise alternativer Maßnahmen und vor allem an einer wohnungspolitischen Gesamtkonzeption; — an den institutioneilen Voraussetzungen innerhalb der Verwaltung, so daß die wohnungspolitischen Strategien in der Praxis nicht durchgeführt werden könnten.
Kurz-und mittelfristig wäre ein Rückzug des Bundes aus der Wohnungspolitik also nicht sinnvoll; auf jeden Fall bleibt eine Rahmenfinanzierung „von oben" unerläßlich. Künftige Förderungssysteme im sozialen Wohnungsbau müssen so gestaltet werden, daß Mietverzerrungen vermieden werden und Mietvorteile gezielt sozial Schwachen zufließen. Die Erlöse aus der Wegnahme der Mietvorteile höherer Einkommensschichten müßten Finanzierung Neubaus -zur des herangezo gen werden. Das Institut Wohnen und Umwelt hat in diesem Zusammenhang einen Vorschlag für einen „lastengerechten Wohnungsbau" entwickelt
Klar ist auch, daß der notwendige Abbau in den Disparitäten nicht nur und noch nicht einmal hauptsächlich durch Wohnungsneubau erfolgen kann — das wäre für den Staat viel zu teuer —, sondern auch und hauptsächlich durch eine Wohnungsbestandspolitik. Am naheliegendsten ist dabei eine neue Politik des Sozialwohnungsbestandes, weil hier der Staat den Bau wesentlich (schon) finanziert hat und dieser Bestand den Preis-und Belegungsbindungen im Prinzip schon unterliegt. Allerdings werden die Lösungen zur Zeit auch kontrovers gesehen. Einige meinen, man solle den Mietwohnungsmarkt möglichst vereinheitlichen und deshalb den Bestand zumindest der privaten und sonstigen Bauherren und der freien Unternehmen aus den Bindungen befreien, indem man die Eigentümer zur vorzeitigen Ablösung der öffentlichen Darlehen — z. B. durch Zinsanhebungen — anreizt die Gelder könnte man zur Aufstockung des Subventionsvolumens für den Neubau nutzen.
Andere dagegen argumentieren, daß die vorzeitige Ablösung der Darlehen eine einseitige Bevorzugung der Bauherren darstelle, denen der Staat dann in der Anfangsphase nach Errichtung der Wohnungen das Verlustrisiko genommen habe, die erst später sich entwikkelnden Mietvorteile könnte der Eigentümer nun selbst erzielen; es komme vielmehr darauf an, die Wohnungen so lange wie möglich in den Bindungen zu halten, weil dann erst Mietvorteile gegenüber marktmäßig angebotenen Wohnungen zur Geltung kommen und für sozialpolitische Ziele nutzbar gemacht werden könnten
Eine Möglichkeit für Vermieter, die Bindungsvorschriften sowie die Nachwirkungsfrist — die bei vorzeitiger Rückzahlung der öffentlichen Darlehen die Bindungswirkungen in einigen Gebieten verlängert — zu umgehen, ist die Umwandlung der Sozialmietwohnungen: denn im Kaufpreis können die zukünftigen Marktmieten (oder, bei Gemeinnützigen, der Wiederbeschaffungspreis) schon sofort realisiert werden und zudem noch vom Erwerber Steuervorteile bei Kauf (§ 7 b EStG), Modernisierung Instandsetzung. Hinzu kommt, daß viele ältere Sozialmietwohnungen nicht ausreichend instandgehalten worden waren und die dafür vorgesehenen Pauschalen im Rahmen der „Kostenmiete" praktisch über Jahrzehnte hin wie ein Gewinn verwendet worden waren. Bevor die Mängel sichtbar werden und aufwendige Renovierungen anstehen, lohnt sich ein Verkauf besonders.
Wohnungspolitisch drohen aber Umwandlungen von Miet-in Eigentumswohnungen das Angebot an preiswerten Mietwohnungen zu verteuern und zu verknappen. Hinzu kommt, daß trotz aller Beteuerungen der Vermieter die Umwandlung von Miet-in Eigentumswohnungen fast immer zu erheblichen Verdrängungen der angestammten Mieter führt: besonders verdrängungsgefährdet sind untere Sozialschichten, ältere Menschen und ausländische Arbeitnehmer. Diese Mieter kennen ihre Rechte auch vielfach zu ungenügend. Und wenn Mieter kaufen, dann zeigt die Erfahrung, daß viele von ihnen den Kaufentschluß bei gründlichen Überlegungen und weniger Außendruck nicht getroffen hätten
Damit ist zu den Zielen des sozialen Wohnungsbaus neben der Angebotsausweitung zugunsten breiter Schichten der Bevölkerung zunehmend das Ziel der Erhaltung des Sozialwohnungsbestandes insbesondere für sozial benachteiligte Gruppen getreten. Das gilt insbesondere angesichts der neuen Wohnungsnot in den Städten, für Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf in denen die Erhaltung und der Ausbau des Bestandes an Sozial-mietwohnungen m. E. die geeignetste und fiskalisch langfristig günstigste Strategie ist, um sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen auf Dauer akzeptable Wohnverhältnisse zu sichern. Die Weichen für die künftige Wohnungspolitik werden gegenwärtig gestellt. Die Richtung und der Umfang der künftigen Maßnahmen werden zunehmend von den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hände diktiert. Ein „Ei des Kolumbus" zur Lösung der wohnungspolitischen Probleme wird wohl niemandem einfallen; doch kann die Lösung weder in der Subventionierung nahezu aller Bevölkerungsgruppen nach dem „Gießkannenprinzip“ noch in der uneingeschränkten Über-führung der Wohnungswirtschaft in die Marktwirtschaft ohne soziale Absicherungen liegen.
Uwe Wullkopf, Dr. rer. pol., geb. 1940 in Hamburg; Studium der Volkswirtschaftslehre in Hamburg; zunächst wissenschaftliche Tätigkeit an der University of California in Berkeley und Los Angeles und anschließend in Genf bei der UNO im Bereich Stadt-und Regionalforschung; seit 1974 wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts Wohnen und Umwelt in Darmstadt, einer Forschungseinrichtung des Landes Hessen und der Stadt Darmstadt. Verfasser zahlreicher Bücher und Aufsätze auf den Gebieten der Wohnungswirtschaft, der Stadt-und Regionalplanung und der Umweltpolitik.
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