Haben wir wieder eine Wohnungsnot? Die Situation am Wohnungsmarkt
Dietmar Görgmaier
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Zusammenfassung
Die Probleme des Wohnraummangels sind besonders in den Großstädten, aber vereinzelt auch in Mittelstädten in der letzten Zeit akut geworden. Die spektakulären Hausbesetzungen vor allem im Jahr 1981 haben gezeigt, daß die öffentlichen Verwaltungen der Problematik der Wohnungsnot und der leerstehenden Häuser bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Häufig wurden erst in den letzten Monaten die leerstehenden Häuser ermittelt und überprüft. Die vorliegende Untersuchung zeigt, daß das vorhandene Instrumentarium zur Behebung des Wohnraummangels häufig städtebaulich und nicht wohnungswirtschaftlich orientiert ist. Es muß daher im einzelnen überprüft werden, ob hier durch Rechtsänderungen eine Verbesserung erreicht werden kann (z. B. unter bestimmten Voraussetzungen befristete Mietverträge, vorübergehende Nutzung leerstehender Wohnungen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Nutzungsverhältnisse). Weiter werden in dem Beitrag eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten unterbreitet, die von der besseren Koordinierung kommunaler Entwicklungs- und Erneuerungsstrategien über den Wohnungsbau aktivierende Maßnahmen (Sozialpfandbrief, Entgegenwirken der Fehlbelegung von Sozialwohnungen) bis zur kurzfristigen und nachhaltigen Verbesserung des Wohnungsangebots in Verdichtungsräumen reichen. Aber auch das Zurückschrauben der Wohnraumansprüche in weiten Kreisen der Bevölkerung sowie ein höherer Solidarbeitrag durch die ältere Generation, nämlich Wohnraum zu vermieten, könnten zur Linderung der Wohnungsnot in bestimmten Ballungsräumen beitragen. Insgesamt ist festzustellen, daß man von einer Wohnungsnot nur in bestimmten Großstädten sprechen kann, von der Berlin, Hamburg, München und Stuttgart besonders betroffen sind.
Geänderte Verhaltensmuster in der Bevölkerung Monate-oder gar jahrelang leerstehende Häuser in oft noch hervorragendem baulichen Zustand haben vor zehn Jahren allenfalls die kommunalen Baureferate gestört. In einer regen Neubautätigkeit und Baulandausweisung in den sechziger und siebziger Jahren war in breiten Bevölkerungskreisen und kommunalen Ämtern wenig Interesse an alter Bausubstanz vorhanden. Die Situation hat sich Ende der siebziger Jahre geändert:
— Einmal stieg im Zeichen der Nostalgiewelle das Interesse an historischer Bausubstanz und Ornamentik im allgemeinen, die Beliebtheit der Jugendstilhäuser, neoklassizistischer-und neobarocker Stadthäuser im besonderen. — Zum anderen richtete sich das Interesse einkommensstarker Bevölkerungsschichten auf die Kerne der Großstädte, die früher eher verlassen wurden, was zur berühmt-berüchtigten Monostruktur der Innenstädte (Geschäfte, Banken) geführt hatte. Die Nachfrage nach historisch-liebenswert gewordener Bausubstanz stieg aber auch bei der Jugend. Viele sehnten und sehnen sich nach einem Wohnumfeld und einem Milieu mit stärkeren Identifikationsmöglichkeiten, als dies in den oft monotonen Neubaugebieten möglich ist Angesichts dieser geänderten Verhaltensmuster und des jetzt seit drei Jahren in manchen Städten ansteigenden Wohnraummangels wurden leerstehende und noch dazu in der Wertschätzung gestiegene historische Stadt-häuser zu einem Ärgernis. Weil leerstehende Häuser in manchen Stadtkernen keine Seltenheit sind, nützten Hausbesetzer die allgemeine Stimmung und den Mißmut vieler Wohnungssuchenden für ihre spektakulären Aktionen aus, um auf eine Wohnungsnot hinzuweisen.
Abbildung 16
Mieten und Einkommen Anstieg 1975 -1980 in (Bundesdurchschnitt)
Nettoverdienste der Altbauwohnungen Arbeitnehmer au 1ammm Sozialwohnungen + 30J Neubau-wohnungen (freifinanziert) 22, 7 asa
Mieten und Einkommen Anstieg 1975 -1980 in (Bundesdurchschnitt)
Nettoverdienste der Altbauwohnungen Arbeitnehmer au 1ammm Sozialwohnungen + 30J Neubau-wohnungen (freifinanziert) 22, 7 asa
Absehbare tatsächliche Wohnungsmängel in den Städten Nun stellt sich die berechtigte Frage: Haben wir, gemessen an der Einwohner-Wohnflächen-Relation, objektiv eine Wohnungsnot? Die Frage, so gestellt, läßt sich mit ja und mit nein beantworten: Es gibt mit Sicherheit keine Wohnungsnot wie nach dem Zweiten Weltkrieg, als z. B. 1950 jeder 3. Haushalt über keine eigene Wohnung verfügte. Heute gibt es den Wohnungsmarkt, wie er in der sechziger Jahren bestand, nicht mehr. Es gibt dafür Teil-märkte, — also Gebiete mit ausgeglichener Wohnversorg Haushalt über keine eigene Wohnung verfügte. Heute gibt es den Wohnungsmarkt, wie er in der sechziger Jahren bestand, nicht mehr. Es gibt dafür Teil-märkte, — also Gebiete mit ausgeglichener Wohnversorgung beispielsweise im ländlichen Raum, in den Mittelzentren und meisten Oberzentren; — Gebiete, in denen für bestimmte, finanziell schlechter gestellte Bevölkerungsgruppen wie kinderreiche Familien, Teile der Studentenschaft, ältere Menschen und ausländische Arbeitnehmer nur schwer eine erschwingliche Wohnung zu Dies bekommen ist.
Abbildung 17
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ist meist in den Verdichtungsgebieten der Fall. Freilich gibt es auch in den Verdichtungsgebieten für doppelverdienende Ehepaare ohne Kinder und einkommensstarke Bevölkerungsgruppen auf dem Wohnungsmarkt problemlos eine gute Wohnung, sehen wir von der extremen Situation des Wohnraummangels in München und Berlin einmal ab.
In den Verdichtungsgebieten bestimmt eine gegenläufige Entwicklung von Angebot und Nachfrage die Entwicklung: Die Zahl der Wohnungssuchenden steigt, das Angebot preisgünstiger Altbauwohnungen nimmt ständig ab 1). Hinzu kommt, daß die Auftragsvergabe an das Bauhauptgewerbe seit 1980 durch einen spürbaren konjunkturellen Rückgang gekennzeichnet ist. 1980 wurden um ca. 10% weniger Aufträge vergeben als 1979. Die Entwicklung im Ausbaugewerbe ist dagegen wegen der großen Bedeutung der Altbauerneuerung und Energieeinsparung günstiger verlaufen. Hohe Zinsen, horrend hohe Baulandpreise (1979 lag der durchschnittliche Preis für baureifes Land im Bundesgebiet bei 69, 09 DM/m‘ 1980 bereits * 7, 89 DM/m 2) und Baukosten ließen die Wohnungsbauinvestitionen auch 1981 um etwa 4% abnehmen 3). Wurden 1980 noch 380 000 Wohnungen fertiggestellt, waren es 1981 nur mehr 350 000 Wohnungen 1973, im Jahr der ersten Energiekrise, waren noch 710 000 Wohnungen gebaut worden Von 1970 bis 1979 wurden im Bundesgebiet rund 5 Mio. Wohnungen gebaut, während die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um etwa 1 Mio. abnahm Das heißt: Die Wohnungsversorgung hat sich gegenüber 1970 um 25 % verbessert.
Auf den ersten Blick scheint es übertrieben, von einer Wohnungsnot zu sprechen. In der Tat: Man kann denn auch allenfalls von einer partiellen Wohnungsnot in einigen Verdichtungsgebieten und Universitätsstädten sprechen. Zum Thema „Wohnungsnot in den Großstädten“, das seit Wochen mit zunehmender Heftigkeit diskutiert wird, hat das Wohnungsbauministerium (BMBau) in der Beantwortung der Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion »Wohnungsmarktlage in den Großstädten" folgendes herausgefunden:
Die Zahl der fertiggestellten Neubauwohnungen ist von 1975 bis 1978 in den Verdichtungsgebieten um 36 %, im gesamten Bundesgebiet aber nur um 16% zurückgegangen Der Rückgang der Wohnungsproduktion ist also eindeutig zu Lasten der städtischen Wohnungsmärkte gegangen. Allerdings konnte die Wohnungsnachfrage bis in das Jahr 1979 hinein noch in gewissem Umfang aus restlichen Überschußbeständen gedeckt werden, die durch die weit über die Nachfrage hinausgehende Bautätigkeit der Jahre 1972 bis 1974 entstanden waren.
Die GEWOS-Analyse Die Antwort auf die Kleine Anfrage (BT-Drs. 9/341), eine bereits 1976 abgeschlossene regionale Wohnungsmarktanalyse in zehn Großstädten sowie eine von der Gesellschaft für Wohnungs-und Siedlungswesen (GEWOS) in Zusammenarbeit mit dem BMBau, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte-und Gemeindebund durchgeführte Analyse der Warteschlangen vor den Wohnugsämtern sind die derzeit einzigen greifbaren Datenunterlagen für eine quantitative Ermittlung „echter Wohnungsnotstände“ oder nur scheinbarer Wohnungsnot. Die gestellte Frage, ob — gemessen an Einwohnerzahl, Wohnungsneubau und Belegungsdichte pro Wohneinheit — heute eine Wohnungsnot herrscht, ist daher nicht eindeutig zu beantworten. Die oft in der Presse genannte Zahl von einem rechnerischen Fehlbestand an Wohnungen im Bundesgebiet in der Größenordnung von 500 000 bis 800 000 Wohnungen ist sicher nicht richtigl Einziger jüngster Datenanhaltspunkt ist die GEWOS-Analyse der Warteschlangen vor den Wohnungsämtern. Denn das quantitative Verhältnis von Haushalten zu vorhandenen Wohnungen kann nicht angegeben werden, weil es noch keine laufende Fortschreibung der in der letzten Volkszählung von 1970 ermittelten Zahl der Privathaushalte gibt Für den Wohnungsbestand gibt es zwar eine Fortschreibung der in der letzten Gebäude-und Wohnungszählung (1968) ermittelten Wohnungszahlen. Da jedoch im Rahmen der Fortschreibung nur ein Teil erfaßt werden kann, entfernt sich das Bild, das die statistischen Daten vermitteln, mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der letzten Totalzählung immer weiter von der Realität.
In keiner Stadt wird außerdem die Gesamtzahl der Wohnungssuchenden erfaßt. Dies gilt vor allem für die große Zahl der Wohnungssuchenden, die sich eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt suchen. Die nach der GEWOS-Analyse aus einzelnen Städten bekannten Daten über die Warteschlangen vor den Wohnungsämtern beziehen sich auf verschiedene Typen von Dringlichkeitsfällen Typ A = Warteschlangen beim Amt für Wohnungswesen ohne Kennzeichnung von Wohnungsstand oder Dringlichkeit durch die Bewerber.
Typ B = Warteschlangen mit Registrierung der Bewerber um eine Wohnung mit Dringlichkeit oder anerkannter Notstandsdringlichkeit.
Typ C = Warteschlangen aus registrierten und als Dringlichkeitsfälle anerkannten Bewerbern. Nach der GEWOS-Analyse in fünf Großstädten (Frankfurt, Köln, Bielefeld, Paderborn, Mannheim) haben besonders Ein-und Zweipersonenhaushalte Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche. In Frankfurt z. B. sind knapp 70 % der vorgemerkten Wohnungssuchenden Ein-und Zweipersonenhaushalte. Knapp die Hälfte davon sind Leute, die 30 Jahre alt oder jünger sind. In München entfallen 22% der Dringlichkeitsfälle auf junge Familien
Aus der Antwort auf die Kleine Anfrage geht weiterhin hervor, daß sich die Kostenmieten im sozialen Wohnungsbau immer weiter von den Marktmieten entfernen. Das bedeutet, daß der Staat zunehmend mehr Mittel aufwenden muß, um die davoneilenden Kostenmieten auf die Sozialmieten herunter zu subventionieren. Die Bundesregierung gibt die Gesamtproduktionskosten je qm Wohnfläche im sozialen Wohnungsbau mit 2 500— 3 000 DM an. Bei dem derzeitigen Zinsniveau von rund 10, 5% effektiv errechnete das BMBau Kostenmieten, die mit 21 bis 25 DM je qm doppelt so hoch sind wie die am Markt orientierten Vergleichsmieten (12— 15 DM/qm).
In allen Baualtersklassen liegt die Miete pro Quadratmeter in den genannten Großstädten über dem Bundesdurchschnitt. Auffallend ist darüber hinaus, daß die Miete in schlecht ausgestatteten Altbauwohnungen in Großstädten relativ hoch ist: Während sie im Bundesgebiet im Durchschnitt 2, 97 DM beträgt, liegt sie in München bei 3, 35 DM und in Hamburg bei 3, 83 DM.
Weitere Kennzeichen des Wohnungsmangels Weiter geht aus der Antwort des BMBau auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion als besonders markantes Kennzeichen der derzeitigen Situation am Wohnungsmarkt in den Ballungsgebieten hervor:
— Dramatischer Rückgang des Mietwohnbaus; Versicherungen ziehen sich vom Wohnungsmarkt zurück;
— hoher Fehlbestand an Wohnungen für sozial Schwache;
— hohe Fehlbelegung (20— 40%) in Sozial-wohnungen; — Verfall der Altbauten. Gründe: Schlechte Rendite, schlechtes Wohnumfeld (Verkehr); — 49 % aller Miethaushalte mit drei Kindern sind unterversorgt;
— 59 % aller Miethaushalte mit vier und mehr Kindern sind unterversorgt.
Die Gründe für die Wohnungsnot in den Innenstadt-und Stadtrandgebieten
Abbildung 12
So wohnen die Mieter Von je 100 Mieter-Haushalten wohnen in: Sozial IIIITIIEI 28 "
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Der wachsende Flächenanspruch großer Bevölkerungsteile Der steigende Wohnflächenanspruch der Bundesbürger — nicht unzutreffend als „Wohlstandseffekt" bezeichnet — schlägt wiederum auf jene zurück, die gegenüber der Angebots-situation am Wohnungsmarkt ohnehin stark benachteiligt sind Die statistische Verbesserung der Wohnungsversorgung ist etwa zu vier Fünftel den Bürgern zugute gekommen, deren stetig gestiegenes Einkommen den hohen Standard der Neubauwohnungen maßgeblich bestimmt hat.
Woher kommt nun dieser wachsende Flächen-anspruch? Viele Faktoren wirken hier wiederum zusammen. Es soll versucht werden, einige wichtige Gründe herauszufinden.
Noch in den sechziger Jahren waren fast alle Funktionen des Familienlebens auf die Woh-nung konzentriert und vor allem in der Heizungsperiode auf nur wenige Räume. Oft wphnten zwei oder drei Generationen in einem Haushalt. Dann kam es immer mehr zur Funktionstrennung, die von Sozialforschern, Pädagogen und Architekten befürwortet wurde: Essen, Schlafen, Freizeit, eigenes Kinderzimmer usw. Die Funktionstrennung war aber mit einem immer höheren Flächenverbrauch verbunden. Die Motorisierung brachte zusätzliche Mobilität in Form von Zweitwohnbesitz. Möbelindustrie und Wohn-Zeitschriften haben die Funktionstrennung ebenfalls beeinflußt. Hinzu kommen — im Gegensatz etwa zur mediterranen Gesellschaft — das Abstandsdenken zum Nachbarn und der Trend zum Abkapseln in der eigenen geräumigen Wohnung.
Geburtenstarke Jahrgänge drängen auf den Wohnungsmarkt Aber nicht nur höhere Flächenansprüche, wachsender Wohlstand und Isolierung unseres internen Lebensraumes tragen zur Entwicklung unserer Wohnungsnot bei, sondern auch die Tatsache, daß in den nächsten Jahren geburtenstarke Jahrgänge volljährig werden und damit in das „Seibständigenalter" vorrükken Junge Menschen lösen sich heute mit 18 Jahren vom Elternhaus und beanspruchen dann sofort eine Wohnung, wenn möglich so-gar eine abgeschlossene eigene Wohnung (Ein-Zimmerwohnung). Verhaltensmuster und Wohlstandsdenken der Erwachsenen färben hierbei zweifelsohne auf die Jugend ab Hier wird eine Entwicklung sichtbar, die den betroffenen Kommunalpolitikern großes Kopfzerbrechen bereitet. Denn durch den Fortzug aus der elterlichen Wohnung wird ja nicht Wohnraum dadurch frei, daß die Eltern den Wohnraum an Studenten oder Auszubildende vermieten, sondern er wird von ihnen und den noch zu Hause verbleibenden Kindern selbst weitergenutzt.
Die rasche Zunahme der Scheidungen trägt ebenfalls dazu bei, die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu verschärfen: Bezug einer Ein-oder Zweizimmerwohnung durch den weichenden Ehepartner. Vor allem am Problem der ausziehenden Kinder und der zurückbleibenden Familienangehörigen wird deutlich, daß vor allem die Bautechniken neu überdacht werden müssen. Dies wird heute schon ein immer dringenderes Problem, da zusätzlicher Bauboden immer seltener wird. Wie knapp Bauboden mittlerweile geworden ist und noch wird, signalisiert nicht nur der hohe Preis von 400 bis 600 DM/qm im Raum München und Oberbayern — eines Raumes, der wegen seines hohen Freizeitwertes, seiner guten Dienstleistungen und zahlreicher Wachstumsbranchen aus dem ganzen Bundesgebiet besonders nachgefragt wird.
Ausmaß und Gründe für leerstehende Wohnungen in den Großstädten Die Zahl der leerstehenden Wohnungen ist nicht bekannt. Wie die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag zur Frage 12 darlegt liegen jedoch für die einzelnen Länder Angaben über den Grund und die Dauer des Leerstehens von Wohnungen vor, die auf der 1 %-Wohnungsstichprobe 78 beruhen (vgl. Tabelle 2).
Zum Leerstehen von Wohnungen kommt es aus verschiedenen Gründen Oft handelt es sich um kurzfristige oder langfristige Leer-stände — bei Einzug der Nachfolgebewohner;
— kurz bevor die Wohnungen gerade modernisiert bzw. ihre Modernisierung konkret geplant oder terminiert ist; — vor allem bei beabsichtigtem Abriß etwa infolge von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen oder wegen des Baus von Infrastruktureinrichtungen; — infolge der Erwartung einer höheren Rendite durch den Neubau nach Abriß oder durch öffentlich geförderte umfassende Modernisierungen; — bei ungesicherter Finanzierung einer Baumaßnahme nach Erteilung der Abrißgenehmigung; — bei Verzögerung der Umsetzung einzelner Mieter in ein anderes, teilweise schon leerstehendes Gebäude wegen mangelnder Ersatz-wohnungen; — bei Nichterteilen einer Abrißgenehmigung trotz bereits erfolgter Räumung;
— infolge Änderung der Planung einer Gemeinde; — infolge Nichtbereitstellung oder Verzögerung öffentlicher Fördermittel;
— bei spekulativen Verkaufserwartungen. Der Bericht des Bundesbauministers „Wohnungs-und städtebaupolitische Hintergründe von Hausbesetzungen" beziffert die leerstehenden Wohnungen im Bundesgebiet ungefähr auf 10 000, davon etwa 7 200 in Stadterneuerungsgebieten. Neben der besonders gespannten Lage in Berlin wurden Häuser in etwa 20 Städten des Bundesgebietes besetzt. Darunter sind Großstädte, wie Frankfurt, München, Stuttgart, Köln, Nürnberg, Fürth, Freiburg, Münster und Göttingen sowie mittlere und kleinere Städte und Gemeinden wie Detmold, Herford, Marburg, Esslingen, Kirchheim/Teck und Memmingen
Besonders schlimm ist die Lage in Berlin (West). Nach dem „Bericht einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe des Senats" vom 15. 1. 1981 sind von den 585 000 Altbauwohnungen in Berlin über 300 000 Wohnungen aufgrund ihrer schlechten Bausubstanz modernisierungsbedürftig. Die Investitionsbereitschaft der Eigentümer — so der Bericht — sei aufgrund der häufig hohen Investitionssummen und aufgrund mangelnder Rentabilität der Investitionen sehr niedrig. Wenn Eigentümer aber investieren, ziehen sie renditeträchtige, durchgreifende Modernisierungsinvestitionen vor. Nach vorliegenden Informationen führen die hiermit verbundenen „Blockentkernungen" zu einem jährlichen Verlust von 3 000 Wohnungen durch Abriß. Dieser Verlust an preiswerten Wohnungen durch Abriß oder Modernisierung wird auf dem Berliner Wohnungsmarkt wegen der außerordentlich geringen Neubautätigkeit kaum ausgeglichen. In den Städten des Bundesgebietes kommt es jedoch erfreuerlicherweise mehr und mehr zur Umorientierung in der Sanierungspolitik: Statt Abriß und Flächensanierung, sprich Kahlschlag, geht man jetzt weitgehend zur „erhaltenden Stadterneuerung" oder „Haus für Haus-Sanierung" über.
Instrumente und Wege zur Beilegung der Krise
Abbildung 13
Abbildung 13
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Wenn man eine Art Bilanz der hier vorgenommenen Untersuchung über die Wohnungsraumsituation ziehen will, so könnte man grob zu folgendem Resümee gelangen: Nicht Wohnraum, sondern billige Wohnungen sind ^aPP- Schon die hier aufgezeigten wenigen Beispiele zeigen, wie differenziert die Situation betrachtet werden muß. In Anbetracht des akuten Wohnungsengpasses insbesondere in den Ballungsräumen sollte alles versucht " erden, leerstehende und vor allem zusätzliche Wohnungen wieder dem Markt zuzuführen. Aber wie?
Mit einem Verfechten der reinen marktwirtSchaftlichen Position auf der einen und dem iredlen Wunsch nach totaler sozialer Absicherung auf der anderen Seite sind die komplizarten Probleme nicht zu lösen. Zwar gibt das estehende gesetzliche Instrumentarium den emeinden ausreichend Mittel in die Hand, ein Leerstehen von Wohnungen zu verhindern. Aber ausschließlich dirigistische Bestimmungen und Zwangsmaßnahmen — das sei gleich vorweg gesagt — sind wohl der falsche Weg, Eigentümer zur Vermietung ihrer Wohnungen anzuhalten. Was wir dagegen brauchen, ist ein stufenweises, in seinen Zielprojekten und Maßnahmekatalogen sorgfältig aufeinander abgestimmtes Gesamtkonzept, das sowohl die Wiederbelebung der Marktkräfte herbeiführt als auch die Beachtung der sozialen Komponenten bei der Wohnungsversorgung sicherstellt.
Zunächst soll kurz aufgezeigt werden, welche . Handlungsmöglichkeiten nach dem Städte-bau-und Wohnungsrecht für die Gemeinden bereits bestehen. Danach sollen Lösungsmodelle bzw. konkrete Vorschläge zur langfristigen Beseitigung des partiellen Wohnungsmangels unterbreitet werden.
Wenden wir uns zuerst dem Instrumentarium zu, mit dem den unterschiedlichen Ursachen des Leerstehens von Wohnungen und damit den Anlässen von Hausbesetzungen begegnet werden kann.
Möglichkeiten zur Verhinderung des Leerstehens von Wohnraum Zweckentfremdungsverordnung Das Leerstehenlassen von Wohnungen ist eine Zweckentfremdung, die nach Art. 6 des Mietrechtsverbesserungsgesetzes vom 4. 11. 1971 in den von den Landesregierungen bestimmten Gemeinden der Genehmigung bedarf. Von dieser gesetzlichen Ermächtigung hat die überwiegende Zahl der Länder bis auf Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Saarland Gebrauch gemacht.
Als Zwangsmaßnahme zur Beseitigung einer Zweckentfremdung ist ein Bußgeld bis zu einer Höhe von 20 000 DM zugelassen. Die Frage, ob — über die Verhängung eines Bußgeldes hinaus — das Gebot, die Wohnung als Wohnraum wieder zu nutzen, verfügt und damit auch durchgesetztwerden kann, hat inzwischen der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 12. 1980 — 6 S 722/80 — bejaht. Das Innenministerium in Stuttgart wird dieses Urteil zum Anlaß nehmen, um die Gemeinden nochmals auf diese Möglichkeit hinzuweisen 17).
Beratung durch die jeweilige Stadt Anknüpfend an die oben getroffene Feststellung, wonach in ausgewiesenen Stadterneuerungsgebieten Woh allenfalls kurzfristige -nungsleerstände festzustellen sind, läßt sich verallgemeinernd festhalten, daß ein Weg zur Vermeidung problematischer Leerstände darin besteht, daß die jeweilige Stadt sich planend, beratend und betreuend der Innenstadt-gebiete annimmt, in denen aufgrund der schlechten Gebäudesubstanz, der Bevölkerungsstruktur oder der Immissionsbelastung Leerstände entstehen können.
Den Kommunen erwächst hier eine zusätzliche Aufgabe: Es genügt nicht mehr, allein durch Bebauungspläne eine geordnete und sinnvolle städtebauliche Entwicklung vorzuzeichnen; geboten ist in kritischen innerstädtischen Quartieren — oft ganz unabhängig von der Bauleitplanung — ein kommunales Tätigwerden. Das Erfordernis eines aktiven Engagements ist aus den förmlichen Stadterneuerungsverfahren bekannt. Dieses Engagement der Städte sollte aber — wie die Entwicklung zeigt — über die geförderten und in Gesetz und Richtlinien umschriebenen Stadterneuerungsmaßnahmen ausgedehnt werden, um Wohnungsleerstände und andere Fehlentwicklungen zu minimieren.
Die Innenministerien können hierbei die Städte bei der Bewältigung dieser nach Art und Umfang relativ neuen Aufgabe beraten und unterstützen, indem z. B. unter Einschaltung der Verwaltungs-und Wirtschaftsakademien und in Zusammenarbeit mit dem Städtetag sowie dem Gemeindetag jährlich mehrere Fortbildungsveranstaltungen angeboten werden, in denen rechtliche, finanzielle und praktische Durchführungsprobleme unter Einbeziehung der im Antrag genannten Rechtsinstrumente erörtert werden.
Darüber hinaus gibt es die Instrumente des Bauaufsichtsrechts und Wohnungsaufsichtsrechts, das Modernisierungs-und Instandsetzungsgebot, die Möglichkeit von der Erhaltungssatzung nach dem Bundesbaugesetz sowie das Verkaufsrecht nach dem BBauG. Diese Instrumente anzuwenden, ist oft schwierig, weil jede gegebene Situation wiederum nur individuell lösbar erscheint und die Gesetze somit schlecht anwendbar sind.
Vorschläge für die Linderung der Wohnraumbeschaffungsprobleme in den Ballungsräumen Zur Belebung der vorhin angesprochenen Marktkräfte bei der Wohnraumversorgung sind mehrere Maßnahmen erforderlich. Die erforderliche Kurskorrektur nach diesem „Sowohl-als-auch-Prinzip" muß folgende Ziele in Auge haben:
— Mehr Entfaltungschancen für die marktwirtschaftlichen Kräfte durch Schaffung vernünftiger, unbürokratischer und langfristig berechenbarer Rahmenbedingungen;
— mehr Hilfe zur Selbsthilfe im Sinne einer verbesserten Eigentumsförderung;
— mehr soziale Treffsicherheit durch eine zielgruppenorientierte Mischung aus Objekt und Subjektförderung;
— eine auf städtebauliche und siedlungsstrukturelle Erfordernisse ausgerichtete Mobilisierung von Baulandreserven, die das vor handene bodenrechtliche Instrumentarium durch Anwendung auf die vorhandenen Möglichkeiten der Siedlungsstrukturen konsequent nützt.
Die Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Verhältnissen kann im Grunde nur in der Aufhebung des unpraktikablen Vergleichsmietensystems bestehen. In ihrem „Kommentar zu den mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz“ kommen die Professoren Dr. Volker Emmerich (Bielefeld) und Professor Dr. Jürgen Sonnenschein (Kiel) zu der Schlußfolgerung, es wäre besser gewesen, der Gesetzgeber hätte 1975, anstatt das mißglückte Erste Wohnraumkündigungsschutzgesetz zu verlängern, die Mietzinsbildung wieder ganz dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen, dafür aber die inflatorischen Tendenzen energisch bekämpft und vor allem alles getan, um das Angebot an Mietwohnungen zu vermehren: „Die bloße Verwaltung des Mangels hat noch nie dazu geführt, daß auch nur eine einzige Wohnung auf den Markt kommt.“
Praktikables Mieterhöhungsverfahren nötig In der Wohnungsversorgung bestehen reund zielgruppenbezogene Engpässe, obwohl der Wohnungsmarkt an sich statistisch ausgeglichen ist. Andererseits stehen derzeit in großer Zahl Wohnungen leer — sei es als Zweitwohnungen für das eventuelle Studium der Kinder für spätere Zeit vorgehalten (in München ca. 20% Zweitwohnungen) oder zum übernachten für auswärts Wohnende 2 B. nach einem Theaterbesuch in der Großstadt Wohnungen also in Reservehaltung — oder fehlbelegt. Der frei finanzierte Miet-Wohnbau ist zum Erliegen gekommen. Der private Eigenwohnbau, derzeit die einzige Konjunkturstütze im Wohnungsbau, kann die Bau-und Bedarfspreissteigerungen nur noch schwer verkraften. Daher ist es notwendig, durch einen stufenweisen Übergang in eine sozial abgesicherte Wohnungswirtschaft die taatsquote im Wohnungsbau zu senken. Hierzu sind die Verbesserung des Investitionsklimas uncj die Rendite im Mietwohnbau unverzichtbar. Folgende Maßnahmen stehen bereits in der Diskussion oder sind denkbar: Ann die Stelle des Vergleichsmietensystems sollte die Einführung eines für Mieter und Vermieter nicht mit unzumutbaren Risi-Ken behaftetes Mieterhöhungsverfahren treten, das es dem Vermieter ermöglicht, aufgrund freier vertraglicher Vereinbarungen die jeweilige Marktmiete für seine Wohnung zu erzielen, die er nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers auch erzielen darf. Dabei muß es zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens aber genügen, wenn der Vermieter eine auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und auf die Erfordernisse des Mietobjekts bezogene Grundlage gibt, die nicht abwegig ist und die im Streitfall einer richterlichen Nachprüfung standhält — Es kommt hinzu, daß dem sozialen Frieden zwischen Mietern und Vermietern durch die jetzige Regelung schon allein deswegen nicht gedient ist, weil die Fristen des Gesetzes den Vermieter geradezu zur Klageerhebung zwingen. Den juristischen Erwägungen, die dieser Konstruktion des Gesetzes zugrunde liegen, stehen nicht nur die Mietparteien zunehmend verständnislos gegenüber. Den Erfordernissen eines auf Partnerschaft gerichteten Mietrechts wird das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz ebenfalls in keiner Weise gerecht.
Von einem Verzicht auf das Vergleichsmietenprinzip ist keineswegs eine besonders starke Steigerung der Mieten zu befürchten. Die Bundesregierung hat selbst immer wieder die Auffassung vertreten, vor allem die Marktsituation bremse die Aufwärtsentwicklung der Mieten. Wenn das so ist, kann die Aufhebung des jetzigen Mietanhebungsverfahrens aber nicht bedeuten, daß damit ein untragbares Risiko für die Mieter verbunden ist. Auf der anderen Seite kann es nach übereinstimmender Meinung in der Wohnungswirtschaft keinen Zweifel daran geben, daß dem Vermieter durch das Mietrecht praktisch die Chance verwehrt wird, die wirklich marktgerechte Miete auch nur suchen zu können. Genau dies aber muß gewährleistet sein, wenn sich private Anleger wieder dem Gedanken zuwenden wollen, Geld in den Bau von Wohnungen für andere zu stecken.
— Konzentration der Förderung neuer Sozial-wohnungen auf kinderreiche Familien, Allein-erziehende, Schwerbehinderte, Spätaussiedler und ältere Menschen, die nur schwer in der Lage sind, sich am Markt zu zumutbaren Preisen mit Wohnraum zu versorgen.
— Kombination der Möglichkeiten für steuerpflichtige Bauherren (Bauherrenmodell) mit öffentlichen Wohnungsbaufördermitteln unter Beibehaltung der Bindungen des sozialen Wohnungsbaus.
Die Diskussion in den Parteien, Gegensatz Bundesregierung — Opposition Unbestritten ist in der derzeitigen Diskussion, auch unter den politischen Parteien, der Mi-B sere am Wohnungsmarkt durch eine stärkere Hinwendung zum Markt zu begegnen. So ist es nicht verwunderlich, daß die Vorschläge der Bundesregierung in vielen Details denen der Opposition im Bundestag ähneln, wenn sie auch in ihrer Grundkonzeption mehr dem Staat als dem Markt vertraut Dennoch bestehen Differenzen zwischen der CDU/CSU und FDP einerseits und der SPD andererseits. Während die Bundesregierung 60 000 neue Wohnungen über ein Sofortprogramm bauen lassen möchte — wobei die Finanzierung angesichts der angespannten Haushaltslage und der starken öffentlichen Verschuldung völlig fraglich ist —, befürworten die Union und die FDP vor allem die — Erhöhung der degressiven Abschreibung für Wohngebäude in der ersten 12jährigen Absetzungsperiode von 3, 5 auf 5% (Bayr. Staatsregierung: auf 8% in den ersten 4 Jahren);
— eine Verdoppelung der Abschreibungshöchstbeträge nach § 7b EStG in der Weise, daß Ehegatten mit mindestens einem Kind die ihnen für insgesamt zwei Objekte zustehenden Höchstbeträge auf ein Objekt konzentrieren können;
— eine Beseitigung der Stichtagsgrenzen für die Förderung von Ausbauten und Erweiterungen nach § 7b Abs. 2 EStG und Einführung einer Fristenregelung, wonach Ausbau und Erweiterungen dann begünstigt sind, wenn seit der Anschaffung und Fertigstellung des Gebäudes mindestens acht Jahre vergangen sind;
— eine Erhöhung des kinderbedingten Prämiensatzes bei der Wohnungsbauprämie um einen Prozentpunkt für jedes Kind.
Die degressive Abschreibung von 3, 5% auf 5% ist auch ein Gesetzesinitiativ-Vorhaben der Bundesregierung Mit dem wohnungspolitischen Gesetzespaket beschloß die Bundesregierung u. a. auch die Einführung der „Staffelmiete“, die von den Verbänden der Wohnungswirtschaft und des Kreditgewerbes begrüßt wird. Dieser Schritt allein reicht jedoch nach Auffassung dieser Verbände nicht aus, um das gestörte Investitionsklima nachhaltig zu verbessern. Sie sprechen sich daher für die Staffelmiete nicht nur für Neubau, sondern auch für den Wohnungsbestand aus. Der Deutsche Mieterbund befürchtet dagegen, daß mit der Zulassung periodischer Mietsteigerungen das Vergleichsmietenprinzip umgangen wird.
Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen Das Bonner Institut für Städtebau und Wohnungswirtschaft plädiert für eine Rückkehr zur Vertragsmiete, die in Anlehnung an das Erbbaurecht erhöht werden soll Im Bundesrat hat das Land Berlin eine von allen Parteien des Abgeordnetenhauses getragene Gesetzesinitiative ergriffen, den Mieterschutz für bestimmte Personengruppen in Mietwohnungen, die in Eigentumswohnungen umgewandelt werden sollen, zu verstärken Was in Berlin besonders dringlich geworden sei, meinte der Senator für Bau-und Wohnungswesen, treffe auch auf die großstädtischen Ballungsräume im Bundesgebiet zu. Den Mietern müsse die Angst genommen werden, durch eine Eigenbedarfskündigung des Wohnungseigentümers aus der Wohnung verdrängt zu werden. Dem widersprach der rheinland-pfälzische Finanzminister Gaddum im Bundesrat Er bezweifelte, daß der vorgeschlagene Weg die Probleme lösen werde, vielmehr verschärfe er sie. Auch die Hauseigentümer wie die Banken haben gegen die Berliner Bundes-rats-Initiative Bedenken. Damit — so meinen sie — werde der Eigentumsbegriff ausgehöhlt; sie argumentieren, daß mit einem derartigen Pauschalschutz der Mieter ohne Rücksicht auf deren finanzielle Verhältnisse eine neue Art von Fehlbelegung geschaffen werde
Die Bundesregierung hat mittlerweile beschlossen — wie übrigens in der Regierungserklärung auch angekündigt —, den Mietern die Möglichkeit einzuräumen, mit Hilfe von Bausparverträgen ihre eigenen Wohnungen zu modernisieren. + Lösungsvorschläge gegen die Fehlbelegung von Sozialwohnungen Am heftigsten umstritten ist unter den Parteien die Lösung des Fehlbelegungsproblems von Sozialwohnungen, in denen mittlerweile gut verdienende Mieter ohne Entwicklung einer Sozialverpflichtung ihres Gewissens wohnen. Innerhalb der Koalition denkt man an eine Fehlbelegungsabgabe auf Sozialwohnungen. Die Opposition wiederum schreckt der gewaltige Verwaltungsaufwand, der damit verbunden wäre.
In der Tat wäre nach einhelliger Auffassung wegen der angespannten Haushaltslage und der hohen Staatsquote eine Fehlbelegungsabgabe die schlechteste Lösung Sie wäre eine Art Zusatzsteuer und schon deshalb abzulehnen, weil die öffentlichen Kassen damit wieder ein bißchen mehr vom privaten Sektor für ihre Zwecke abzweigten. Der soziale Wohnungsbau bedarf vielmehr einer grundlegenden Änderung: Wie wäre es, wenn wir den Grundsatz des lebenslänglichen Sozialschutzes aufgäben und zu einer Sozialmiete auf Zeit kämen? Jeder Sozialmieter könnte nur eine bestimmte Zeitspanne von beispielsweise fünf oder zehn Jahren mit der verbilligten Miete rechnen. Danach läuft der Sozialtarif automatisch aus. Der Mieter hat die Wahl, sich auf dem freien Markt eine Wohnung zu suchen oder in der Sozialwohnung zu bleiben, dann aber die Marktmiete zu zahlen. Besteht die soziale Bedürftigkeit auch nach dem Zeitablauf weiter, kann der Mieter eine Verlängerung des Sozialtarifs beantragen. Praktisch liefe das nur auf eine Umkehrung der Beweislage hin: Nicht der Staat muß Einkommensprüfungen vornehmen, um seine Fehlbelegungsabgabe einzuziehen, sondern der Mieter muß, wenn er den automatisch auslaufenden Sozialtarif behalten will, unter Darlegung seiner Einkommens-und Familienverhältnisse einen Verlängerungsantrag stellen.
Die dadurch entstehende Unruhe auf dem Markt für Sozialwohnungen ist erwünscht. Sie führt auch nicht zu existentiellen Notlagen, weil die sozial Schwachen weiterhin ihren Sozialtarif behalten dürfen. Wohl aber kämen aus dieser Unruhe beträchtliche Impulse für den Wohnungsbau. Und wir hätten die Gewißheit, daß den Sozialtarif für Wohnungen dann wirklich nur noch wirklich Bedürftige in Anspruch nähmen.
Vorschlag Sozialpfandbrief Um den Sozialwohnungsbau zu beleben wurde die Einführung des Sozialpfandbriefs erneut in die Diskussion gebracht. Zur Finanzierung des Sozialwohnungsbaus müssen beträchtliche Mittel aufgebracht werden. Der Sozialpfandbrief mit zehn bis fünfzehn Jahren Laufzeit könnte dazu ein wichtiges Finanzierungsinstrument sein: Einmal würden hier Mittel mobil gemacht, die die öffentliche Hand am geringsten belasten würde. Durch die wesentlich kürzere Laufzeit gegenüber früheren Pfandbriefen mit 30— 35 Jahren Laufzeit ergibt sich eine höhere Effektivität.
Bei einer 80 qm großen Wohnung, die ca. 200 000 DM kostet und zu 80% mit Fremdkapital finanziert wird, errechnet sich bei 5, 5% Zins für den Sozialpfandbrief eine monatliche Belastung für Kapitaldienst und Bewirtschaftungskosten von 14, 83 DM je qm, wogegen es bei einer heute üblichen Fremdkapitalverzinsung von 11 % runde 24 DM sind. Setzt man die beschäftigungspolitischen Effekte des Sozialpfandbriefes in die Rechnung ein und vergleicht man sie mit den Einbußen für den Fiskus, so fällt die Modellrechnung für den Fiskus unter dem Strich positiv aus.
Zusammenfassung
Abbildung 14
Tabelle 1: Wohnungssuchende in einigen Großstädten und Gemeinden Stadt Hamburg München Köln Frankfurt Nürnberg Bielefeld Mannheim Velbert Ratingen Herten Fellbach Seelze Paderborn Coesfeld Typ der Warteschlange C B B B A C C B B B B A A A Stichtag 30. 6. 1980 30. 9. 1980 31. 3. 1980 31. 12. 1979 31. 12. 1979 31. 12. 1979 30. 6. 1980 31. 8. 1980 8. 7. 1980 1. 4. 1980 30. 4. 1980 1. 10. 1980 31. 7. 1980 31. 7. 1980 Länge der Warteschlange 41 138 16 219 15 849 ca. 20 500 5 257 4 350 6 500 1 700 940 712 250 277ﶍ?
Tabelle 1: Wohnungssuchende in einigen Großstädten und Gemeinden Stadt Hamburg München Köln Frankfurt Nürnberg Bielefeld Mannheim Velbert Ratingen Herten Fellbach Seelze Paderborn Coesfeld Typ der Warteschlange C B B B A C C B B B B A A A Stichtag 30. 6. 1980 30. 9. 1980 31. 3. 1980 31. 12. 1979 31. 12. 1979 31. 12. 1979 30. 6. 1980 31. 8. 1980 8. 7. 1980 1. 4. 1980 30. 4. 1980 1. 10. 1980 31. 7. 1980 31. 7. 1980 Länge der Warteschlange 41 138 16 219 15 849 ca. 20 500 5 257 4 350 6 500 1 700 940 712 250 277ﶍ?
ie Probleme des Wohnraummangels sind besonders in den Großstädten evident. Lösungsinsätze sind in der Diskussion, der Handngsspielraum der öffentlichen Hände — was dte Neufinanzierung von zusätzlichen Wohnauprojekten großen Stils angeht — jedoch genng Der Bauboden ist ebenfalls in dem Aus-„ nicht mehr vorhanden. Die ärgsten Versdumnisse können allerdings durch Ausbau-und ahmen der Speicher in Wohnblöcken r Einfamilienhäusern sowie durch zügige au ückenschließung in Angriff genommen sden. Dazu müßten baurechtliche Vor-Schriften geändert werden. Neben den steuerrechtlichen Maßnahmen zur Anreizschaffung, der Einführung der Staffelmiete und Förderung des sozialen Wohnungsbaus sind zwei wesentliche Faktoren unerläßlich, soll die Wohnraumversorgung in den Verdichtungsgebieten sich bessern:
— Einmal müssen wir, wie unsere Vorfahren auch, bereit sein, mehr Einkommen für die Miete auszugeben. Der Sachverständigenrat fordert in seinem Jahresgutachten 1980 zu Recht, daß „auch für die Wohnung im Prinzip gelten soll, für ein Gut zu bezahlen, was es kostet und es bereitzustellen". Nur ungern lassen sich die von wohlfeilen Wahlkampfparolen (das Wohnen sei ein „Gut besonderer Art") verführten Betroffenen daran erinnern, daß beispielsweise unsere Großeltern in der viel zitierten und von den meisten Mitbürgern zum Maßstab aller Dinge erklärten „guten alten Zeit“ durchweg ein Viertel ihres monatlichen Nettoeinkommens für den Mietzins erübrigen mußten.
Demgegenüber nimmt sich die unlängst vom Statistischen Bundesamt für heute errechnete durchschnittliche Mietbelastung von unter 15 Prozent des Monatseinkommens noch geradezu bescheiden aus. Es soll und kann keineswegs in Abrede gestellt werden, daß es jenseits der genannten Durchschnittsbelastung hier und da mietwucherische Exzesse gibt, die jedoch von Mietern wie auch Vermietern gleichermaßen an den Pranger gestellt werden. Aber vielleicht trägt der Hinweis einer angesichts der Lohn-und Gehaltssteigerungen gegenüber früher nahezu halbierten durchschnittlichen Mietbelastung dazu bei, die von klassenkämpferischen Parolen begleitete gegenwärtige Diskussion um Wohhraum und Mietaufwand wieder auf den Boden sachlicher Wertvorstellungen zurückzuführen. — Zum anderen müssen wir mit dem Bauboden geizen: Eine Vielfalt von verschiedenen lockeren Siedlungseinheiten, die untereinander in keiner Beziehung stehen, können wir uns nicht mehr leisten. Das Recht leistet leider bei uns dieser unguten Zersiedlung noch Hilfe: Durch Baustaffel und Bauordnung werden zwar Richtlinien zur Einhaltung des Umgebungscharakters gesetzt, doch sehen die Länderbauordnungen Abstandsflächen vor, die zur Grundstücksgrenze des Nachbarhauses eingehalten werden müssen. Anstatt die Gebäude untereinander in Beziehung zu bringen, werden sie flächenaufwendig auseinandergesetzt. Die Gestaltung des Einzelhauses erfolgt außer der festgelegten Höhe und Nutzungsziffern nach den Nachbarschaftsabständen. Eine schematisch definierte Festsetzung der Abstandsflächen zum Nachbarn bestimmt also unsere Bebauungspläne, ohne einer qualitativen räumlichen Zuordnung unter flächensparenden Aspekten Rechnung zu tragen. Nach dieser Wertorientierung ist ein Bebauungsplan dann gut, wenn alle Abstandsflächen korrekt eingehalten sind. Was Wunder, wenn gerade durch dieses flächenaufwendige Bebauen in der Vergangenheit Bauboden zu großzügig geopfert wurde.
Dieser Gedankengang und die Intention zu einem flächensparenden Bauen begegnen sich hier in der Möglichkeit der Kombination von Atriumbauweise mit preisgünstiger Gestaltung. Will ein junges Paar in den Genuß eines eigenen Heimes gelangen, muß es aus Kosten-gründen ein einfaches Haus sein. Es kann dann getauscht werden gegen ein größeres, wenn später die Kinder größer sind, und es kann noch einmal getauscht werden gegen ein kleineres, bequemeres, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Das totale Engagement einer Familie bis zum Lebensende nach dem „Burgdenken" macht Wunschänderungen, die notwendigerweise im Laufe der Zeit gehegt werden, im allgemeinen unerfüllbar; denn ein junges Ehepaar kann nicht ein Haus unter dem Motto kaufen: „Wenn wir einmal Kinder haben, müssen wir mehrere Räume haben“ und später: „Wenn die Kinder aus dem Haus sind, wollen wir nicht mehr ein so großes Haus."
Dieser Zustand führt zwangsläufig dazu, daß der Gedanke, ein Haus habe Generationen zu überdauern, überprüft werden sollte. Hand in Hand mit einer flexiblen Fertigbauweise muß der Trend zur Flächeneinsparung im Umland der Städte und Dörfer endlich in das Bewußtsein der verantwortlichen Kommunalpolitiker Eingang finden, soll Boden nicht mehr und mehr unwiederbringlich verschwinden. Um neue Lösungen zu flexibleren, den verschiedenen Generationsbedürfnissen adäquaten und landschaftsschonenden Bauweisen zu finden, könnten Wettbewerbe für Bauten hoher Wohndichte mit Mitteln der öffentlichen Hand unterstützt werden.
Alle diese Vorschläge sind nicht von heute auf morgen zu realisieren. Aber wir müssen damit beginnen, die Probleme anzupacken, bevor sie uns in noch stärkerem Maße als bisher einholen.
Wir haben zwar nicht generell eine Wohnungsnot, aber partiell in einigen Ballungsräumen. Dort sind Hausbesetzungen als Signal der Unzufriedenheit von Teilen der Jugend und als eine Herausforderung für Bund, Länder und Gemeinden zu sehen. Das Problem darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Nicht nur die öffentlichen Hände können einen beträchtlichen Teil zur Problemlösung in den Ballungsräumen beisteuern, sondern auch die Bevölkerung selbst Mehr Bescheidenheit bei den Wohnraumwünschen auf der einen Seite — vor allem unter der Jugend — und ein höherer solidarischer Beitrag durch die ältere Generation sind jetzt erforderlich. Viele alleinstehende oder ältere Menschen könnten — nachdem die Kinder aus dem Haus sind und eigene Haushalte gegründet haben — durchaus Wohnraum vermieten und damit zur Entlastung auf dem bedrängten Wohnungsmarkt beitragen. Wenn wir wieder mehr gegenseitiges Entgegenkommen und Gespräch statt Abkapseln zwischen den teilweise entfremdeten Generationen praktizieren und alle Beteiligten sich Mühe geben, braucht die derzeitige Engpaßsituation auf dem Wohnungsmarkt der großen Städte nicht unsere demokratische Ordnung zu erschüttern.
Dietmar Görgmaier, M. A, Dr. phil., Dr. rer. pol., geb. 1942 in Elbing/Ostpr.; seit 1979 im Bayer. Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr. Veröffentlichungen u. a.: Staatliche und kommunale Freizeitpolitik, Bd. 22 der Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, Baden-Baden 1979; Bodenrecht (zusammen mit Otmar Bernhard), Heft D 14 der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1980; Bauliches Erbe — Brücke in die Zukunft, Reihe Elementar der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 1982.
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