Nach einer methodischen Vorüberlegung, wie das Thema zu interpretieren sei, wird unter Verwendung von Ergebnissen der noch jungen Nikolausforschung das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen dem Nikolaus und der politischen Bildung nachgezeichnet Dabei fällt u. a. neues Licht auf die Ursprünge der Polit-Didaktik, während andererseits deutlich wird, daß es den Nikolaus — als monolithisches Phänomen — nicht gibt. Der „Gesamtnikolaus" ist vielmehr in (mindestens) drei Figuren aufzuspalten: den historischen Bischof von Myra, den Weihnachtsmann und den Struwwelpeter-Nikolaus. Sie alle sind auf je spezifische Weise — wenn auch eher kontrapunktisch als vorbildlich — von beträchtlicher Bedeutung für die politische Bildungsarbeit. Als Quintessenz des Berichts über Gemeinsamkeiten und Unterschiede ergibt sich — überspitzt formuliert —, daß der Nikolaus (als Weihnachtsmann) und die politische Bildung durch den Schlüsselbegriff des Schlittens eng miteinander verbunden sind, wobei es jedoch nur dem Nikolaus vergönnt ist, sich dieses Fuhr-werkes in aktiver Weise zu bedienen, während der passivische Part der politischen Bildung zufällt. Abgeschlossen wird der kurze Forschungsbericht mit einigen didaktischen Hinweisen auf die anzustrebenden Lernziele.
Präsident: Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Dr. N. N. auf.
N. N. (XYZ 2): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die neueste Beilage zur Wochen-zeitung DAS PARLAMENT, „Aus Politik und Zeitgeschichte“, B 49/81, eine Thematik behandelt, die nicht nur nicht in die Kompetenzen der Bundeszentrale für politische Bildung fällt, sondern vor allem eindeutig gegen Artikel 4 Absatz 1 und GG in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 GG gerichtet ist?
Abbildung 6
Direktor Schultheiß
Direktor Schultheiß
Parlamentarischer Staatssekretär: Herr Kollege Dr. N. N., der Bundesregierung ist der Inhalt der von Ihnen zitierten Abhandlung bekannt. Die Bundesregierung teilt jedoch nicht Ihre Auffassung, eine derartige Themenstellung läge außerhalb der Kompetenzen der Bundeszentrale für politische Bildung. Laut Erlaß des Bundesministers des Innern über die Bundeszentrale vom 21. Juni 1974 hat die Bundeszentrale die Aufgabe, durch Maßnahmen der politischen Bildung im deutschen Volk das Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewußtsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken.
Abbildung 7
Direktor Dr. Langguth
Direktor Dr. Langguth
Die Arbeit der Bundeszentrale ist bestimmt durch die schnell wechselnden Herausforderungen, denen sich unser demokratisches System stellen muß. Wechselnde Sachanforderungen und wechselnde Adressaten fordern Flexibilität in der Setzung thematischer Schwerpunkte und der Anwendung angemessener Methoden. Wirkung und Erfolg der Bundeszentrale hängen nicht zuletzt davon ab, wie vorausschauend und schnell sie auf solche Herausforderungen reagiert. Die Beachtung der Pluralität von Ideen, Anschauungen und Gestaltungsprogrammen anerkennt die Verschiedenheit der Menschen und Gruppen mit ihrem Recht auf Selbstverwirklichung und Interessenwahrnehmung, wie sie durch die Meinungs- (Art. 5 GG) und Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG) abgesichert ist.
Insofern sieht die Bundesregierung bei der gelegentlichen Anwendung unkonventioneller Methoden im Bereiche der politischen Bildung keinen verfassungswidrigen Angriff auf die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses.
Präsidenten^ Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. N. N.
N. N. (XYZ): Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß die von einem Leitenden Beamten verfaßten und in der Beilage veröffentlichten Verse in ausgesprochen destruktiver Manier Ziele, Methoden und Praktiken der politischen Bildung ins Lächerliche ziehen?
Parlamentarischer Staatssekretär: Herr Kollege Dr. N. N., ich bin der Auffassung, daß selbst Beamten eine kritische Reflexion der von ihnen umzusetzenden Ziele nicht verwehrt werden sollte. Dies gilt natürlich in erhöhtem Maße für Methoden und Praktiken, die ja bekanntlich nie unumstritten sein können.
Im übrigen — und dies gilt nicht nur für Beamte — entbindet die Beteiligung an politischer Bildung durchaus nicht von der unter Umständen vom einzelnen Bürger — ob zu Recht oder zu Unrecht, sei dahingestellt — als notwendig empfundenen Möglichkeit, sich gelegentlich eigene Gedanken zu machen. Präsident: E\ne weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. N. N.
N. N.: Herr Präsident, meine Damen und Herren, halten Sie es für mit der Geschäftsordnung und dem Ansehen des Hauses vereinbar, wenn diese fingierte mündliche Anfrage in der „Beilage" zum „Parlament" erscheint und auch noch vorab veröffentlicht wird? Präsident Stücklen: Abgeordneter N. N., das war keine Zusatzfrage. Ich darf Sie bitten, Ihre Anfrage schriftlich an das Präsidium zu richten. Schluß jetzt!
Frage:
Herr Dahlhaus, was halten Sie als einer der drei Direktoren bei der Bundeszentrale für politische Bildung und als Liberaler vom Nikolaus?
Direktor Dahlhaus:
Leider vermisse ich in der angekündigten Ausgabe der „Beilage" einen Artikel, der darauf hinweist, daß der Nikolaus, wie viele bedeutsame Figuren der abendländischen Kulturgeschichte, ein Liberaler war. Ich werde zu gegebener Zeit noch einmal darauf zurückkommen. Ansonsten wünsche ich allen Mitarbeitern unseres Hauses und allen Lesern der Beilage ein frohes Nikolausfest!
Frage:
Herr Schultheiß, was halten Sie als geschäftsführender Direktor der BpB vom Nikolaus?
Direktor Schultheiß:
Laut Erlaß des BMI über die Bundeszentrale vom 21. 6. 74 ist der geschäftsführende Direktor Dienstvorgesetzter aller Beamten, mit Ausnahme der Mitglieder des Direktoriums, sowie Vorgesetzter aller Angestellten und Arbeiter. Gelegentlich werde ich hier im Hause für eine Art Nikolaus gehalten — man erwartet die Funktion des bonbonbringenden Weihnachtsmannes und fürchtet den zornigen Knecht Ruprecht. Die Bediensteten dieses Hauses sollten sich daran gewöhnen, daß wir eine Behörde sind, in der Funktionserfüllung an erster Stelle steht! Dies gilt selbstverständlich auch für meine Kollegen im Direktorium. Jeder von uns wird gerade von seinen Freunden in Anspruch zu nehmen versucht, und gerade die Abwehr von Freunden im Interesse der Institution ist manchmal — auch menschlich — eher schwer als leicht, sogar für Nikoläuse.
Frage:
Herr Dr. Langguth, worin besteht für Sie der Zusammenhang zwischen politischer Bildung und Nikolaus?
Direktor Dr. Langguth:
Die westlichen Demokratien befinden sich in einer Krise, die nicht zuletzt auf ihren mangelnden Fähigkeiten beruht, ihre grundlegenden Werte inmitten eines stürmischen und sozialen Wandels an die junge Generation weiterzugeben. Der Nikolaus mag hier als positives Beispiel dienen, wie eine solche Vermittlung von Werten bewerkstelligt werden kann. Leider hat die Politik der sozialliberalen Koalition — gerade im Erziehungsbereich — dazu geführt, daß viele junge Eltern verunsichert wurden und aus falsch verstandener emanzipatorischer Pädagogik heraus dieses wichtige und für jedes Kind lehrreiche Symbol abschafften. Die politische Bildung hat hier wichtige Rehabilitationsaufgaben. P. S.:
Nach Drucklegung dieser Interviews erreichten uns noch folgende Ergänzungen:
Direktor Dahlhaus: Halten Sie es wirklich für richtig, von mir eine so viel kürzere Stellungnahme zu veröffentlichen als von Herrn Schultheiß?
Direktor Schultheiß: Was haben Sie damit beabsichtigt, als Sie meine Stellungnahme unter der von Herrn Dahlhaus abdruckten? Direktor Langguth: Sie haben mir in ernsthaftem Ton eine ernsthafte Frage gestellt, die ich ernsthaft beantwortet habe. Ob die „Beilage" der richtige Ort für satirische Auslassungen ist, wage ich zu bezweifeln. Im übrigen darf ich feststellen, daß zwar in einem Teil dieser Ausgabe eine gewisse vordergründig-demonstrative Ausgewogenheit hergestellt wurde, der überwiegende Teil derAutoren aberpolitisch der sozialliberalen Koalition zuneigt.
Die Kehrseite dient dazu, dem Leser klarzumachen, daß Politik von Menschen für Menschen gemacht wird und nicht von einer abstrakten Maschinerie, worauf er ohne Kehrseite nicht gekommen wäre. Wenn Sie auf der Kehrseite etwaige menschliche Züge, vielleicht sogar Schwächen mehr oder weniger hochgestellter Politiker entdecken, soll damit nicht etwa einer Kritik an einzelnen Personen Vorschub geleistet werden. Im Gegenteil dient das Erkennen und Aufzeigen etwaiger Menschlichkeit dem Vermenscheln von Politik und ist somit als ausgesprochen staatstragend zu bezeichnen.
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