Angestellte in Büros und Industrieverwaltungen blieben in der Vergangenheit weitgehend von Rationalisierungen und ihren negativen Auswirkungen, wie sie im industriellen Produktionsbereich abliefen, verschont. Mit der Wirtschaftskrise 1974/75 wurden erstmals in der Geschichte der Nachkriegszeit auch technische und kaufmännische Angestellte massenhaft arbeitslos. Seit diesem Zeitpunkt werden die Veränderungen der Tätigkeiten von Industrieangestellten verstärkt beachtet. Rationalisierungen durch den Einsatz neuer Technologien bedingen eine Veränderung der Berufs-und Sozialstruktur bei Angestellten. Mit dem Einsatz von EDV-Technologien werden Berufs-und Qualifikationsprofile bisher qualifizierter Angestelltenberufe tiefgreifend verändert. An Tätigkeiten von Industriemeistern und Technikern wird exemplarisch aufgezeigt, wie sich diese Veränderungsprozesse in der Arbeitsstruktur, Arbeitssituation und Arbeitsorganisation manifestieren. Beide Berufe sind verstärkt von technisch-organisatorischer Rationalisierung betroffen, wobei die Auswirkungen in einer zunehmend dequalifizierten Arbeit, verbunden mit restriktiver werdenden Arbeitsbedingungen und einem schwindenden Dispositionsspielraum, liegen. Tätigkeiten von Angestellten in Büros und Industrieverwaltungen blieben von diesen Prozessen auch nicht verschont. Der Bürobereich mit bisher geringen Produktivitätssteigerungen stellt ein bedeutendes Rationalisierungspotential und eine der letzten Rationalisierungsreserven für die Unternehmen dar. In einem weiteren Teil wird die Entwicklung der Bürorationalisierung durch Einsatz modernster arbeitstechnischer und -organisatorischer Maßnahmen bis hin zur Programmierten Textverarbeitung dargestellt. Die Folgen der technologischen Umwälzung liegen ähnlich wie bei technischen Angestellten in Dequalifikationsprozessen, einer Spezialisierung und Monotonisierung der Arbeit sowie in einer enormen Leistungsintensivierung, über Grundtendenzen und Folgen von Rationalisierung durch EDV und andere Bürotechniken in Verbindung mit entsprechenden Strategien des Unternehmensmanagements hinaus werden Aussagen über mögliche Konsequenzen für die Betroffenen gemacht. Rationalisierungen und Branchenstrukturveränderungen im sekundären Wirtschaftssektor wirken sich als Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit auf die Betroffenen aus. Frauenarbeitslosigkeit ist eine der gravierendsten Folgen von Bürorationalisierung. Im Schlußteil wird versucht, auch positive Möglichkeiten aufzuzeigen, welche Computer-techniken bei ihrem Einsatz in sich bergen können. Diese Möglichkeiten hätten weitreichende Konsequenzen für die Identifikation des einzelnen mit seiner Arbeit sowie für den Arbeitsmarkt. Grundbedingung dafür wäre eine verstärkte Partizipation der Beschäftigten an Planungs-und Entscheidungsprozessen im Unternehmen und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene.
I. Einleitung
Wenn von Rationalisierung und Automation die Rede ist, denkt man an den Produktionsbereich. Dort ist Rationalisierung, unter anderem mit der Folge der Vernichtung von Arbeitsplätzen, im Zuge einer zunehmend rezessiven Wirtschaftslage nichts Ungewöhnliches. Nicht ungewöhnlich in dem Sinne, daß der Einsatz neuer Technologien mit arbeitstechnischen und -organisatorischen Rationalisierungen, Arbeitsbewertungs-und somit Entlohnungsverfahren einherging.
Für das Gros der Angestellten im Verwaltungs-und Dienstleistungsbereich blieb jahrzehntelang der extreme Rationalisierungsdruck aus. Seit der Wirtschaftskrise 1974/75 jedoch, in der Angestellte zum ersten Mal in der Nachkriegszeit massenhaft arbeitslos wurden, wuchs die Aufmerksamkeit gegenüber dem vermehrten Einsatz neuer EDV-Technologien in den Verwaltungen von Industrie und Banken. Gerade die Anwendung der vielseitig verwendbaren Software-Systeme hat in den letzten Jahren weitreichende und tiefgreifende Veränderungen in den Industrieverwaltungen zur Konsequenz. Nicht nur Arbeitsstrukturen von Beschäftigten, sondern mit ihnen ganze Funktionsbereiche werden verändert. Mit zunehmender Leistungssteigerung und -Verdichtung bei Angestelltentätigkeiten gehen immer mehr Privilegien am Arbeitsplatz verloren, was entsprechende Auswirkungen auf die gesellschaftliche und soziale Stellung von Angestellten hat.
In den weiteren Ausführungen soll die Frage beantwortet werden, in welcher Weise und mit welchen Auswirkungen diese Veränderungsprozesse auf Industrieangestellte eingewirkt haben.
Die Entwicklung der Berufs-und Sozialstruktur von Angestellten ist von verschiedenen Phasen gekennzeichnet deren Merkmale sich jeweils mit dem Grad der Arbeitsteilung in der Angestelltenarbeit bis heute — hin zur Entwertung qualifizierter Tätigkeiten durch Rationalisierungstechnologien — verändern und verändert haben.
Die markantesten Linien dieser Entwicklung sind:
1. Seit der Herausbildung großer Fabrikkontore und Warenhäuser zu Beginn dieses Jahrhunderts stieg der Anteil der Angestellten, gemessen an der Zahl aller Erwerbstätigen, kontinuierlich. Bis zu diesem Zeitpunkt stellten die Kontor-und Handlungsgehilfen eine kleine homogene Gruppe dar, welche sich dem Unternehmer näher, ja als ähnlich geartet fühlten und sich als „Träger wirtschaftlicher Vernunft" bewußt von den Arbeitern in der Gründerzeit abhoben. Der ihnen verwurzelte Karrieregedanke, über eine langjährige Betriebszugehörigkeit und überdurchschnittliche Loyalität zum Unternehmen in Leitungsfunktionen aufzusteigen, reicht bis heute. Erst mit einer zunehmenden Orientierung der Unternehmensleitungen am Niveau formaler Qualifikationen bei der Besetzung betrieblicher Führungspositionen kann seit einigen Jahren eine zunehmende Abkehr von diesem Gratifikations-und Senioritätsprinzip festgestellt werden.
2. Mit der Zunahme der Angestelltenbeschäftigung und dem Auftreten angestellter Massenbelegschaften einher ging eine sukzessive Mechanisierung und Bürokratisierung der Büroorganisation. In dieser Phase, bis Ende der 20er Jahre, wurden Büromaschinen, wie Schreibmaschine und Buchungsmaschine, entwickelt und zum Einsatz gebracht. Mit Hilfe dieser Maschinen gelang es, Verwaltungs-und Buchführungsarbeiten zunehmend zu formalisieren und zu zergliedern. Dadurch wurde es möglich, von einer von Arbeitsteilung bisher verschont gebliebenen Arbeit in den Büros wegzukommen.
Auswirkungen des Einsatzes neuer Arbeitsmittel waren:
— eine enorme Produktivitätssteigerung durch die Formalisierung und Aufsplitterung komplexer in einfachere, Bürotätigkeiten ständig wiederkehrende Arbeiten. bedeutet eine erste Entwertung der bisherigen Angestelltenarbeit; — der verstärkte Einsatz von Frauen als einfache Angestellte für minderbezahlte Tätigkeiten. Der Frauenanteil an der Gesamtzahl der Angestellten nahm im ersten Viertel dieses Jahrhunderts enorm zu und erreichte bis heute mehr als die Hälfte aller angestellten Beschäftigten. Er ist derzeit wieder im Abnehmen begriffen. Die Ursachen dieser Entwicklung werden später aufgezeigt.
3. Mit der Zunahme von Verwaltungsfunktionen verändern sich nicht nur Berufsbilder von Angestellten; es entstehen neue, bezogen auf den funktionalen Einsatz von Angestelltenarbeit im Unternehmen. Durch eine zunehmende Mechanisierung und Zergliederung des Arbeitsprozesses in viele Teilarbeiten verlieren Berufe und Positionen, wie z. B. die des Meisters oder des Buchhalters, an Status, Prestige und Handlungskompetenzen. Dem trägt nicht zuletzt eine Ausweitung der betrieblichen Hierarchien im fortschreitenden Industrialisierungsprozeß und im Gefolge dessen eine zunehmende Akademisierung betrieblicher Leitungspositionen Rechnung. Innerhalb der Angestelltenberufe entwickeln sich schließlich zwei Großgruppen heraus: die der kaufmännischen und die der technischen Angestellten.
In dieser Entwicklung treten vermehrt technische Angestellte auf, welche größtenteils mit der technischen Überwachung des Produktionsablaufs oder in Entwicklungsabteilungen beschäftigt sind.
Ursachen dieser Verschiebung in der Beschäftigungsstruktur bei Industrieangestellten, weg von kaufmännischen und hin zu technischen Angestelltenberufen, sind technische Neuerungen im Produktions-wie industriellen Verwaltungsbereich. Dabei bestimmt das jeweils vorhandene technische Niveau den Anteil technischer Angestellter an der Gesamtbelegschaft der Betriebe.
Durch den relativen wie absoluten Anstieg von Angestellten im sekundären Sektor (produzierendes Gewerbe) 4) im Zeitraum von 1939 bis 1970 hat sich ihr Anteil an allen abhängig Beschäftigten in dieser Zeit etwa verdreifacht. Bemerkenswert ist, daß der Anteil der Angestellten in der verarbeitenden Industrie, vor allem in hochtechnisierten Industriezweigen mit halbautomatischer Produktion und dort, wo komplexe Produkte hergestellt werden, im Zeitraum zwischen 1960 und 1970 eine jährliche Steigerungsrate von 7, 8% erfahren hat.
Diese Entwicklung ist sowohl mit einer Globalverschiebung der Beschäftigungsstruktur zwischen den Wirtschaftsbereichen (Rückgang der Land-und Forstwirtschaft, Ausdehnung in den Bereichen Handel und öffentlicher Dienst) als auch mit Strukturveränderungen innerhalb der Wirtschaftsbereiche (Wachstum des Angestelltenanteils, insbesondere der technischen Angestellten in der Industrie) verknüpft 5).
6. Der technische Fortschritt wirkt unmittelbar auf die Arbeitssituation von Industrieangestellten ein, indem sich ihr Qualifikationsgrad, Arbeitsbelastungen und Dispositionschancen verändern und die Arbeit zum Teil komplexer, zum Teil repetitiver wird. Durch diese Angleichungsprozesse in der Struktur der Arbeit werden zumindest objektiv Differenzen zwischen Arbeitern und Angestellten abgebaut. In der Folge dieses Prozesses entwickelt sich der Angestellte zum angestellten Lohnarbeiter Der Wandel in der Berufsstruktur von Angestellten findet mit dem vermehrten Einsatz von Mikroprozessoren 7) im kaufmännischen und technischen Bereich vorläufig noch kein Ende.
II. Technologische Entwicklung und Rationalisierung in Tätigkeitsbereichen kaufmännischer und technischer Angestellter
Informationstechnologien und EDV-Bürotechniken bieten Unternehmen neue Möglichkeiten, sowohl im Produktionsbereich als auch in Büros und Industrieverwaltungen zu rationalisieren. Das bedeutet, ganze Arbeitsgänge zu formalisieren, zu standardisieren und nicht zuletzt zu automatisieren.
Diese verschärfte Rationalisierung greift unmittelbar in Arbeitsorganisation und in Produktionstechniken ein und verändert weitgehend ganze Berufsbilder und -Strukturen. Die , Neuen Technologien'wirken sich auf die Zahl der Arbeitsplätze, Arbeitsabläufe, den Ort der Arbeitsplätze, auf das Qualifikations-und Einkommensniveau, auf die Arbeitszeit und den Gesundheitszustand der damit konfrontierten Arbeitnehmer aus Es wird sogar direkt in den Persönlichkeitsbereich eines jeden Beschäftigten eingegriffen.
Schon seit Jahren ist im industriellen Fertigungsbereich eine zunehmende Automatisierung menschlicher Arbeit mit Hilfe von Computertechniken festzustellen. So werden vermehrt computerisierte numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen und Bearbeitungszentren eingesetzt. In diesem Zusammenhang wurden auf der Grundlage der Basistechnologie Mikroprozessoren zwei gravierende technische Neuerungen entwickelt: der Industrieroboter, dessen hauptsächliche Anwendungsgebiete in der Maschinenbau-und Automobil-Industrie liegen, sowie das „CAD-System" (Computer aided design) das rechengesteuerte Konstruieren mit den hauptsächlichen Einsatzfeldern im gesamten Konstruktionsund Planungsbereich.
Ablauf-und aufbauorganisatorische Rationalisierungen stehen derzeit in den meisten Unternehmen im Vordergrund. Betrachtet man das Ausmaß der Entwicklung zunächst skizzenhaft, ergibt sich folgendes Bild:
1980 befanden sich ca. 19 000 universelle Computersysteme, 19 000 Prozeßrechner und 108 000 Rechner mittlerer Datentechnik im Einsatz.
Wichtigstes Unternehmensziel auf dem Hintergrund dieses enormen Technologieeinsatzes ist das optimale Zusammenwirken zwischen Mensch und Computer, Mensch-Maschine-Kommunikation genannt, welches letztendlich zur Mechanisierung sowohl geistiger als auch körperlicher Arbeit führt.
Wie sich der Einsatz neuer Technologien auf Berufs-und Qualifikationsstrukturen technischer Angestellter auswirkt, soll im folgenden dargestellt werden. 1. Einflüsse von Technik und Rationalisierung auf Tätigkeiten technischer Angestellter Technische Angestellte sind eine heterogen zusammengesetzte Arbeitnehmergruppe und keine spezifische Berufsgruppe. Nimmt man eine Differenzierung nach dem Bildungsabschluß vor, ergibt sich folgendes Bild:
— Diplomingenieure (auch Naturwissenschaftler, wie Chemiker und Physiker) 9, 1 % — graduierte Ingenieure (FHS-Ingenieure)
24, 1 % — Techniker, Meister, technische Zeichner und sonstige Angestellte 66, 8 % = 100 % = 1, 191 Millionen 12) „Etwa 50 % des gesamten technischen Personals stellen die sonstigen technischen Angestellten. Sie lassen sich nach Ausbildung und beruflicher Erfahrung überwiegend drei Gruppen zuordnen:
— Technische Zeichner, die im allgemeinen nach der Volksschule eine dreijährige Lehre absolviert haben und dann als technische Angestellte, meist in Konstruktionsbüros, beschäftigt waren;
— Meister, die eine Facharbeiterlehre abgeschlossen haben und eine lange Berufserfahrung besitzen; in der Nachkriegszeit verstärkte sich die Tendenz, von den zukünftigen Meistern den erfolgreichen Besuch von soge-nannten Industriemeisterkursen zu verlangen, die als Abendkurse mit einer abschließenden Prüfung vor der Industrie bzw.den Industrie-und Handelskammern organisiert werden;
— technische Angestellte wie Zeitnehmer, Arbeitsvorbereiter und ähnliche, deren Grundqualifikation gleichfalls eine Ausbildung und eine mehr oder minder lange Berufs-erfahrung als Facharbeiter ist, vielfach ergänzt durch mehr oder minder intensive Kurse verschiedenster Art, unter denen wohl die Kurse des REFA-Verbandes für Arbeitsstudien die häufigsten sind."
Dazu kommt noch die Gruppe der Techniker mit etwa 16%, welche auf dem Wege eines mehrsemestrigen Tages-oder Abendstudiums das Technikerdiplom erworben haben.
Durch den Einsatz neuer Techniken in weiten Bereichen der Produktion und deren Überwachung erfolgt der Übergang zur Automation, in deren Folge neue Qualifikationsanforderungen erforderlich werden. Sie unterscheiden sich von denen, die im Rahmen der industriellen Massenfertigung unter hochmechanisierten Fließbandbedingungen gefordert werden
Mit der Einführung von EDV und der Entwicklung von Mikroprozessoren als Basis-oder Schlüsseltechnologie veränderten sich für technische Angestellte im Fertigungsbereich systematisch die Arbeitsvorbereitung und Arbeitsplanung, ja die gesamte Arbeitsorganisation durch Teilung, Standardisierung und Normung der Arbeit, um den Arbeitsprozeß der EDV-Technik anzupassen. D. h. technische Arbeit als zentrale Kategorie umfaßt das Verhältnis von Produktionstechnik und Arbeit. „Technisierung ist also darauf ausgerichtet, durch Einsatz von mehr und besseren Maschinen, technischen Apparaten und Anlagen autonome technische Abläufe zu schaffen, um unmittelbare, konkrete menschliche Arbeit im Marxschen Sinne aufzuheben, so die Organisierung auf die systematische Analysierung und Gestaltung von Arbeits-und Produktionsabläufen, um deren Standardisierung, Transparenz und Prognostizierbarkeit zu erhöhen." Die weitere Darstellung soll exemplarisch zeigen, wie sich die Tätigkeit eines Industriemeisters in der konkreten Arbeitssituation, Arbeitsorganisation und Arbeitsstruktur verändert. Gleiches soll für die Tätigkeiten eines Technikers geschehen. a) Veränderungsprozesse in Arbeitsund Qualifikationsstrukturen von Industriemeistern Einen Meister in der industriellen Produktion kennzeichnete in der Vergangenheit zum einen das nötige Wissen von technischen Ablauf-prozessen, von Maschinen, Materialien, Rohstoffen, zum anderen die Kenntnis von Arbeitsplätzen und Arbeitsstrukturen. Hierzu kamen mehr personenbezogene Aufgaben wie die Kombination und Koordination von Beschäftigten, welche für den produktionsbezogenen Erfolg notwendig waren. Ein Industriemeister war oft durch die innerbetriebliche Weiterbildung und den Besuch einer Meisterschule in diese Position aufgestiegen. Er besaß überwiegend Aufsichts-und Kontrollfunktionen, die genaue Kenntnisse über organisatorische Zu-sammenhänge einer Produktionsabteilung erforderten
Das zur Produktion notwendige Personal reduzierte sich mit dem verstärkten Einsatz von EDV. Damit wurde dem Meister weitgehend das Potential entzogen, auf das seine Fähigkeiten ausgerichtet waren. Der Verlust seiner personenbezogenen Arbeitsaufgaben ging einher mit dem seiner Eingriffsmöglichkeiten, weil die Produktion automatisiert und der Produktionsablauf programmiert und von ihm weg in die Produktionsplanung verlagert wurde. Betriebserfahrung, Kombinations-und Koordinationsfähigkeiten sind nicht mehr gefragt, denn sie bezogen sich auf konventionelle Produktionsmittel und -techniken. Daraus wird deutlich, welche Dominanz die EDV-Technologie und EDV-Funktionen im Arbeitsprozeß besitzen und wie sich die spezielle organisationstechnologische Wirkung der EDV von den konventionellen Produktionsmethoden unterscheidet. Sie bedeutet den Verlust aller klassischen Funktionen, die den Industriemeister ausmachen.
Die traditionelle Lohneingruppierung in eine sich seit langem wandelnde Arbeitsplatzhierarchie ist zwar meist geblieben. Sie deckt sich aber nicht mehr mit der realen Bedeutung der Tätigkeiten. Ebenso ist die Verantwortung für die technische Sicherheit der Arbeitsplätze und der Arbeitenden geblieben. Entstanden ist eine Anpassung des Meisters an Produktionsabläufe und Produktionsmittel durch Leistungskontrolle und Konzentration auf die jeweilige Tätigkeit.
Meister sind oft in Schaltzentralen und in der Produktionssteuerung tätig, wobei dort Koordination und Übersicht in bezug auf Veränderungen des Produktionsprogramms, des Umschaltens von Aggregaten bei Bedarf, Abstraktionsvermögen und das Denken in Zusammenhängen bezogen auf den Teilablauf der Produktion verlangt werden Für diese Anforderungen bringt die traditionelle Ausbildung keine ausreichende Qualifikation, denn in der Regel verfügen Meister nicht über die nötigen technischen Vorkenntnisse Oft mangelt es auch an umfassenden Informationen über prozeßspezifische Fähigkeiten und Kenntnisse, die den Grad der Austauschbarkeit der Arbeitskraft erhöhen, d. h., die Mobilität innerhalb des betrieblichen Einsatzes.
Die in letzter Zeit wieder forcierte betriebliche Ausbildung der Industriemeister bezweckt eine funktionale Austauschbarkeit in bezug auf Arbeitsfelder. Traditionelle Anforderungen an die Tätigkeit eines Meisters wie persönliche Kooperationsformen reduzieren sich auf linienartige, maschinell getragene, relativ unpersönliche. Zentrale Anweisungen und Arbeitsvorgaben bedingen eine weitere Formalisierung und Objektivierung. Dadurch können Anforderungen und Kenntnisse über den arbeitsprozessualen Gesamtzusammenhang an den einzelnen Arbeitsplätzen gering gehalten werden b) Veränderungsprozesse in Arbeits-und Qualifikationsstrukturen von Technikern Techniker zeichneten sich bisher dadurch aus, daß sie nach abgeschlossener Berufsausbildung und — in der Regel — mehrjähriger Berufstätigkeit ihre betrieblichen Erfahrungen und Kenntnisse durch einen dreisemestrigen Technikerlehrgang erweiterten und mit dem Abschlußdiplom einer Technikerschule wieder in den Betrieb kamen. Dort wurden sie in Bereiche der Arbeits-und Produktionsplanung, Arbeitsvorbereitung, Arbeitsbemessung etc. entsprechend ihrer Ausbildung und Qualifikation eingesetzt, welche primär auf praxisbezogenes Anwendungswissen ausgerichtet war. D. h., Techniker sind zu etwa zwei Drittel in ausführenden Positionen ohne Dispositionsspielraum, zu etwa 25% in unteren Leitungspositionen mit einem geringen Dispositionsspielraum und zu etwa 9% in mittleren und höheren Leitungspositionen mit einem weiteren Dispositionsspielraum eingesetzt worden
Vor allem die Investitionsgüterindustrie und die Verbrauchsgüterindustrie wurden von den Anwendungsmethoden der EDV tangiert. Die betroffenen Arbeitskräfte sind solche, welche Produkte herstellen, in denen Mikroprozessoren enthalten sind, solche, die Teile herstellen, die jetzt durch die Anwendung von Mikroprozessoren nicht mehr gebraucht werden, und solche, die mit Geräten arbeiten, in denen Mikroprozessoren enthalten sind Diese Entwicklung bedingte eine zunehmende Speziali-, sierung, die durch eine Weiterqualifizierung, wie den Erwerb von zusätzlichem Wissen oder Spezialkenntnissen, für Techniker notwendig wurde.
Ständige technologisch-organisatorische Rationalisierungen und Umstrukturierungen des Beschäftigungssystems mit ihren wechselnden Qualifikationsanforderungen wurden spezialisierten und anwendungsorientiert ausgebildeten Technikern zum Nachteil. „Je spezieller der Aspekt technologischer Kenntnisse ist, der in der Ausbildung vermittelt wurde, desto eher kann dieses Fachwissen durch technologische Weiterentwicklungen überholt werden." Techniker in der verarbeitenden Industrie stehen durch laufende technologische Neuerungen und Umstrukturierungen in der Produktion und den fertigungsnahen Abteilungen unter einem ständigen Qualifikationszwang. Dabei erfahren gerade auch die Bereiche (wie Konstruktions-und Forschungsabteilungen), die sich gegenüber der Produktion verselbständigt haben, durch technologisch-organisatorische Rationalisierung wie z. B.den Einsatz von Computer Aided Design eine zunehmende Arbeitszergliederung. Für Techniker und graduierte Ingenieure werden dadurch Dispositionsspielräume eingeengt. Be. reits mehr als die Hälfte der Techniker in Arbeitsvorbereitung und REFA-Abteilungen gaben bei Befragungen an, ohne weiteres ersetzt werden zu können
Die Beschäftigungsentwicklung der letzten Jahre wies auf ein überproportionales Ansteigen technischer Angestellter hin Zwischen 1970 und 1976 wurden Techniker durch die Einführung von EDV und durch organisatorische Änderungen ebenfalls ziemlich stark betroffen, lagen aber dennoch weit unter den „Freisetzungsquoten" der übrigen Beschäftigten. Man kann feststellen, daß auch Techniker in verstärktem Maße von technisch-organisatorischer Rationalisierung betroffen sind. Die Auswirkungen liegen in einer zunehmend de-qualifizierten Arbeit, verbunden mit zunehmend restriktiven Arbeitsbedingungen und einem schwindenden Dispositionsspielraum (d. h„ die Arbeitsabläufe werden stärker vorbe-stimmt; damit nimmt die Arbeitsautonomie ab) Die Dispositionsspielräume verlagern sich wie bei Meistertätigkeiten in die Systemanalyse bzw. Programmierung. Der Zwang zur weiteren Spezialisierung birgt die Gefahr einer Reduzierung von Anforderungen und Kenntnissen über den arbeitsprozessualen Zusammenhang in sich. Wie bei Entwicklungstendenzen.der Meistertätigkeit dargestellt wurde, führt der EDV-Einsatz und hier die Software-Entwicklung letztendlich zu einer Veränderung der Qualifikationsstruktur, welche unmittelbar auf die Qualifikationshöhe in Form einer Senkung der durchschnittlichen Qualifikationsstruktur — also von Dequalifizierungstendenzen bei überwiegend ausführenden Tätigkeiten — durchschlägt. Diese Entwicklung, verbunden mit einem entsprechenden „Freisetzungsgrad", welche in letzter Konsequenz Arbeitslosigkeit bedeutet, zeichnet sich gleichermaßen bei rund 50% der Beschäftigten des gesamten technischen Bereichs, den sogenannten „sonstigen technischen Angestellten", ab 2. Einflüsse von Technik und Rationalisierung auf Tätigkeiten kaufmännischer Angestellter Kaufmännische Tätigkeiten nahmen in den letzten Jahren einen zuvor nie gekannten Umfang an. „ 1970 waren von 2, 7 Millionen Industrieangestellten schätzungsweise 50— 60% als kaufmännische Angestellte tätig." Das Verhältnis zwischen Arbeitern und Angestellten in kaufmännischen und technischen Bereichen ist in der Bundesrepublik auf 1, 5: 1 geschrumpft. Zunehmende Bürokratisierung schafft zusätzliche Fixkosten. In der Verwaltung liegt der Anteil der Personalkosten, gemessen an den Gesamtkosten, zwischen 70 und 90%. Nachdem die Arbeitskosten in den letzten Jahren immer höher wurden, gingen die Unternehmen daran, die Fixkosten zu senken, indem sie dieser Entwicklung sowohl vom Lohnniveau als auch von der Kostenstruktur her entgegenzuwirken versuchen Welche Leistungspotentiale im Bürobereich noch ungenutzt sind, zeigt der Vergleich der Produktivitätssteigerung in der Produktion und im Bürobereich: In den letzten siebzig Jahren erfolgten Produktivitätssteigerungen in der Produktion um 1500%, im Bürobereich um 150%
Auf diese Rationalisierungsreserven konzentrieren sich große wie mittlere Unternehmen, da die in der Produktion vorhandenen fast ausgeschöpft sind.
Das Büro der Zukunft wird, wie bereits die bisherige Entwicklung zeigt, papierlos sein. „Neben der EDV sind es Bürotechnologien wie Farbkopierer, Fernkopierer und Mikrofilmtechnik, Textverarbeitung und neue bürobezogene Kommunikationstechnologien wie die Kommunikationsschreibmaschine, die den elektronischen Arbeitsplatz der Zukunft bestimmen werden." Der Arbeitsablauf war bisher stark von kaufmännischen Elementen geprägt und galt als schwierig zu rationalisieren. Angesichts der radikalen Technisierung des einzelnen Büroarbeitsplatzes wie auch ganzer Gruppen von Arbeitsplätzen wird die Kommunikationsmöglichkeit mit Datenbanken, Informationssystemen, Auskunftssystemen usw. wichtigster Bestandteil eines rationalisierten Büroarbeitsplatzes sein
Das Ausmaß einer solchen Technisierung setzt neue Maßstäbe. Die von der Firma Siemens erstellte Studie „Büro 1990" verdeutlicht die vollständig durch EDV organisierten Arbeits-und Abteilungsstrukturen. Der EDV-Einsatz schafft erst die Voraussetzungen, überschaubare, dokumentierte, nach festen Regeln ausgeführte, wiederkehrende, mengenmäßig und zeitlich aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe und Einzelarbeiten, Informationsflüsse und Belege logisch einander zuzuordnen.
Schwerpunkte dieser Entwicklung sind:
— der Ausbau der Unternehmensorganisation.
Dabei ist ein Übergang von zentralen zu Spartenorganisationen, d. h. von der Dezentralisierung von Leistungsfunktionen in Produktion und Industrieverwaltung unter der zentralen Aufsicht einer Geschäftsleitung, zu verzeichnen.
— der Ausbau von Planungs-und Rechnungssystemen;
— der Ausbau von personalwirtschaftlichen Systemen, von Stellen-, Leistungs-und Status-systemen.
Mit der Realisierung dieser Systeme sind Instrumente für das Management von Unternehmen geschaffen, die die Unternehmensorganisation transparenter und steuerbar machen. Vor Realisierung dieser Systeme bedarf es jedoch entsprechender Strategien:
— Zerschneiden der Bürokapazitäten, — Senken spezifischer Bürokosten je Vorgang,
— Senken der Gemeinkosten, — Abbau unproduktiver Kostenarten, — Abbau sogenannter Kostenremanenzen, d. h. überproportional anfallender Kosten bei der Reduzierung der Beschäftigtenzahlen durch Rationalisierung.
Derzeit wichtigster Ansatzpunkt für Produktivitäts-
und Kostenersparnismaßnahmen durch Rationalisierung ist der Bereich der Verwaltung und des Schreibwesens. Dabei wird hauptsächliches Einsatzgerät der Bildschirm-terminal sein. Bis Mitte der 80er Jahre wird mit einer Zunahme der Bürocomputer auf etwa 350 000 gerechnet, wovon etwa eine Million Arbeitsplätze erfaßt werden In der Textverarbeitung findet die Computertechnik in Form der mittleren Datentechnik (MDT) ihr breites Einsatzfeld. MDT-Computer „lassen in der Form direkter Datenverarbeitung nicht nur Eingriffe während des laufenden Verarbeitungsprozesses von selten des Benutzers zu, wodurch Anpassungen an veränderte Bedingungen und Korrekturen erheblich erleichtert werden. Sie vereinfachen auch in sehr vielen Fällen die Datenerfassung durch kontinuierliche manuelle Eingabe per Tastatur, da die Daten nun ... nicht mehr auf spezielle Datenträger (Lochkarten etc.) übertragen werden müssen."
* 3. Entwicklungsstufen der Textverarbeitung — Bedeutung und Auswirkungen auf Büroangestellte
Wie bereits angedeutet, ist wichtigstes und in seiner Variabilität für die Verwirklichung dieser Schwerpunkte sehr ergiebiges Instrumentarium die Textverarbeitung. Sie läßt sich sehr variabel über den Ausbau des Telesystems EDS, computergesteuerte Brieffernübertragung, Textautomaten, Bildschirmgeräte, Terminals einsetzen und ist nicht nur bei Texten der Korrespondenz, sondern auch in der Fakturierung, der Debitoren-und Kreditoren-Buchhaltung, Lohn-und Gehaltsbuchhaltung sowie in Vertriebssystemen anwendbar
Derzeit sind in der Bundesrepublik etwa 5 Millionen Angestellte in der industriellen Verwaltung unmittelbar mit Textverarbeitung beschäftigt, davon etwa zwei Millionen überwiegend weibliche Schreibkräfte an herkömmlichen Schreibmaschinen ausschließlich mit Textverarbeitung und etwa drei Millionen vorwiegend Männer als Sachbearbeiter bzw. Korrespondenten mit Entwürfen und Diktieren von Texten. Diese haben zwischen 30 und 60% mit Textverarbeitung zu tun Textverarbeitung bedeutet eine erhöhte Ausschöpfung der noch nicht genutzten Leistungspotentiale im gesamten Bürobereich (derzeit 60— 65% ausgeschöpft) und ist in verschiedene Organisations-und Automationsstufen gegliedert.
Sie kann definiert werden als in beliebiger Form dokumentiertes Gedankengut, das durch materielle Verfügbarkeit zu Informationen wird. Voraussetzungen sind präzise funktionierende Organisationsstrukturen und sinnvolle Arbeitsabläufe zur optimalen Verarbeitung von Texten
Arbeits-und Einsatzbereiche reichen vom Konzipieren, Diktieren, Stenographieren, Schreiben, Prüfen, Korrigieren, Überarbeiten, Kopieren, Terminieren, Speichern von Daten und Texten, Registrieren bis zum Ablegen. Diese Arbeitsgänge beanspruchen in der herkömmlichen Büroorganisation einen enormen Kosten-und Zeitaufwand. So werden in der bundesdeutschen Wirtschaft jährlich ungefähr 170 Milliarden Mark für Textverarbeitung ausgegeben. Dabei fallen für personalbedingte Kosten wie Gehälter und Sozialleistungen 80%, für Allgemeinkosten 16% und etwa 4% für Büromaschinen an.
Auf dem Hintergrund der Veränderung des Kosten-Leistungsverhältnisses wird Textverarbeitung in vier Stufen eingeführt: gelöst;
2. Stufe: Zentralisierung der Schreibdienste verbunden mit Spezialisierung und Dequalifikation der reinen Schreibkräfte, die in relativ kleiner Zahl zu Administrationssekretärinnen ausgebildet werden;
3. Stufe: Einführung der teilautomatisierten Korrenpondenz;
4. Stufe: Übergang zur vollautomatisierten Korrespondenz in Verbindung mit Sprecheingabe an den Computer; dieser Schritt ist derzeit noch im Entwicklungsstadium
Die ersten zwei Stufen werden durch folgende Zentralisierungsmaßnahmen erreicht:
1. Durch organisatorische Zusammenfassung: Ermittlung des IST-Ablaufs; Zuordnung, Definition und Delegation von Aufgaben. Gleichzeitig erfolgt eine Ordnung der Schreibkräfte nach Arbeitsgebieten in mehrere Schreibzimmer. 2. Durch räumliche Zusammenfassung: Zusammenfassung einzelner Schreibzimmer zu einer Schreibgruppe, wobei auftretende Widerstände bei Betroffenen durch begleitende Maßnahmen wie Informationsgespräche beseitigt werden.
3. Durch Leistungserfassung: Erfassung der Leistung einer jeden Schreibkraft, z. B. durch Zählen der Anschläge u. a. m.
Ein weiteres und wirksames Mittel der Personaleinsatzsteuerung ist die Bildung von Springergruppen mit referatsübergreifenden Qualifikationen oder die Übernahme fremder Arbeiten durch andere Referate und nicht zuletzt die Mindestbesetzung von Referaten
Die Stufen drei und vier werden im Rahmen der Programmierten Textverarbeitung erreicht. 4. Programmierte Textverarbeitung als die derzeit höchste Stufe der Büroautomation Programmierte Textverarbeitung (PTV) ist die automatische Verarbeitung systemisch geordneter Texte mit Hilfe von Speicherschreibmaschinen (Textautomaten), welche es ermöglichen, — generelle Textabschnitte verschiedenen Inhalts für unterschiedliche Sachverhalte auf Textträger zu speichern, — gespeicherte Textabschnitte verschiedenen Inhalts und Sachgebiete beliebig auszuwählen,
— zusätzliche auf den Einzelfall abgestellte Texte einzufügen — und daraus Briefe mit „individueller Aussage" zusammenzustellen.
Notwendige Voraussetzung ist, daß Bünoarbeit formalisierbar und durch Geräte der Datenverarbeitung für Programmierte Textverarbeitung automatisierbar gemacht wird. Formalisierbar heißt: Tätigkeiten werden verändert, vereinfacht.
Automatisierbar heißt: Tätigkeiten werden letztendlich wegrationalisiert.
In Großbetrieben sind ca. 25% aller Bürotätigkeiten automatisierbar und ca. 30% formalisierbar.
In Mittel-und Kleinbetrieben sind ca.
25% automatisierbar und 45% formalisierbar.
Für die öffentliche Verwaltung ergeben sich ungefähr 38% aller Tätigkeiten als automatisierbar und etwa 72% formalisierbar. Daraus resultieren enorme Arbeitszeiteinsparungen (beim Ersteinstaz von EDV 30— 70%, bei vorhandener Datenverarbeitung 8— 25%).
Die Schreibkapazität bei Programmierter Textverarbeitung ist entsprechend hoch. Die Schreibgeschwindigkeit eines Schreibautomaten je nach Fabrikat beträgt 900— 1 800 Anschläge pro Minute. Im Vergleich dazu beherrscht eine Typistin 50— 100 Anschläge die Minute. Bei ausschließlichem Einsatz von Schreibautomaten wird die siebenfache Leistung einer Typistin erreicht.
Der Übergang von Textverarbeitung zu Programmierter Textverarbeitung verlangt eine intensive und aufwendige Vorbereitung und kann durch folgende Schritte realisiert werden:
Es werden L Ansatzpunkte gesucht, d. h. Vorgänge, die zu Schriftwechsel führen, werden systematisch zusammengefaßt und je Vorgang die möglichen Sachverhalte geklärt;
2. Schwerpunkte gesetzt;
T Sachverhalte detailliert und eine Systematik gefunden und optimiert;
4. Texte zugeordnet, d. h. Briefinhalte und Sachbearbeitungssystematik zusammengeführt;
2-Texthandbücher aufgebaut, gegliedert und 2usammengefaßt;
8. Schreibplätze eingerichtet, wobei der Maschinenablauf weitgehend automatisiert ist;
9. Vordrucke schreibgerecht gestaltet
Bei der Programmierung wird in den meisten Fällen ein Doppelverfahren angewandt: das der form-und inhaltsorientierten Programmierung. Dabei werden Textbausteine für den Bedarfsfall vorformuliert und anschließend adressiert und in Texthandbücher zusammengefaßt. Textautomaten auf der Basis von Magnetbändern benötigen je nach System mehrere Sekunden bzw. Minuten, um die erforderlichen Textbausteine je nach Diktatanordnung zu suchen. Um diese Leerzeiten und somit maschinelles und menschliches Leistungspotential voll zu nutzen, wurden zwei Möglichkeiten entwikkelt. Die eine besteht in der zeitlichen Parallelisierung von Selektion und Schreiben, die andere in der Wahl neuer Speicher mit schnelleren Zugriffzeiten. „Letzteres führt zu der Ersetzung der Lochstreifen oder Magnetbänder durch sogenannte Floppy-Disk-Platten oder Magnetplatten, die einen sich höchstens mit Sekundenbereich bewegenden Zugriff erlauben und zudem die Speicherkapazität auf 250 000— 2, 8 Millionen Zeichen pro Datenspeicher erhöhen, während erstere Lösung darin besteht, die Textelemente mit Hilfe von Pufferspeichern jeweils in der Zeit zu selektieren, in der . die Einfügungen eingeschrieben werden.“
Ein weiterer Aspekt ist die Arbeitsgeschwindigkeit der Schreibautomaten. Unter Verwendung von Typenradschreibwerken wurde die Ausgabegeschwindigkeit mit bis zu 7 200 Zeichen pro Minute gegenüber den üblichen Kugelkopfschreibmaschinen vervielfacht
Für die Unternehmen, die die Programmierte Textverarbeitung einsetzen, treten überwiegend Effizienzprobleme auf, aber auch solche des kostendeckenden Einsatzes. Für die kapitalintensive Investition von Programmierter Textverarbeitung muß eine gewisse Betriebsgröße vorhanden sein, damit sie mit ihrer ganzen Variabilität lohnend angewandt werden kann. Bei optimalem Einsatz der modernsten Textautomaten läßt sich die Geschwindigkeit so enorm steigern, daß eine Zeitkosteneinsparung von 83% bis 85% gegenüber konventionellem Schreiben ohne Automaten realistisch erscheint
Diese tiefgreifenden Umstrukturierungsprozesse zielen ebenfalls auf die Einführung neuer Laufbahnstrukturen im rationalisierten Büro-und Verwaltungsbereich ab. Mit der Realisierung eines kooperativen Führungsstils, Teamarbeit und Mitspracherechten der Beschäftigten wird die vorausgegangene de-qualifizierende Spezialisierung aufzuwerten und die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen versucht. Solche harmonisierenden Maßnahmen werden meist unter dem Deckmantel von Arbeitshumanisierung verkauft
Sollten die Prognosen korrekt sein, so sind bis 1985 ca. 24 000 Bürocomputer eingesetzt und die eingangs erwähnten Maßnahmen von Formalisierung und Automatisierung der Büroorganisation bis 1990 realisiert. Dies wird im Angestelltenbereich zu einem nie gekannten „Freisetzungsgrad''führen. Bereits der Einsatz von 000 Textautomaten bewirkt etwa eine Million Arbeitslose Es werden überwiegend Frauen aus den Schreibsälen sein. In dieser Phase kann man von einer radikalen Entfeminisierung des Bürobereichs sprechen.
III. Folgen der Rationalisierungsmaßnahmen für die Qualifikationen und die Arbeit von kaufmännischen und technischen Angestellten
Die Folgen von Rationalisierung durch den Einsatz neuer Techniken lassen sich für kaufmännische Angestellte anhand der entwickelten Textverarbeitung aufzeigen. Ihre Grundstrukturen greifen jedoch genauso in Tätigkeitsbereichen technischer Angestellter, welche analog zur Büro-Textverarbeitung mit Bildschirmterminals in vielen Bereichen arbeiten. Programmierte Textverarbeitung und ihre möglichen Kombinationen bewirken eine verstärkte Arbeitsteilung und zweifelsohne auch einen verstärkten Taylorismus.
Die Folgen und Effekte des Einsatzes von Daten-und Textverarbeitung sind jedoch vielschichtig. Ablauforganisatorische Rationalisierung verändert die Arbeitsplätze, Arbeitsabläufe und Arbeitsinhalte. Sie setzt ein bei Standardisierung und Formalisierung der Arbeitsabläufe und -gegenstände. Durch Programmierte Textverarbeitung werden Arbeitsabläufe und Arbeitsaufträge normiert und eine vollständige Leistungsbewertung und -entlohnung eines jeden Beschäftigten möglich.
Gerade im Bereich des Sachbearbeiters und des Schreibpersonals erfolgt eine Entmischung und Entleerung von Tätigkeiten und eine zunehmende Monotonie wie eine Intensivierung der Arbeit durch Normierung (Textbausteine) und Routinisierung (Texthandbücher). Der Einsatz von Textautomaten erlaubt es, den Kontakt zwischen Sachbearbeiter/Abteilungsleiter usw. und Sekretärin abzubauen, die am Schreibautomaten den normierten Textauftrag erhält und eintippt und dabei zur Assistentin für Textverarbeitung avanciert Die Kenntnis von betriebsinternen und vertraulichen Vorgängen entfällt und damit auch der Status einer Vertrauensperson. Der Großteil der Kommunikation ist auf solche mit dem EDV-System verlagert, denn die Arbeitsplätze an Textautomaten sind in der Regel isoliert. Eine mögliche und naheliegende Folge der zunehmenden Isolierung ist daher die Entsolida-risierung der Beschäftigten.
Des weiteren verlangt Programmierte Textverarbeitung eine zunehmende Spezialisierung. Diese geschieht im Hinblick auf die neuen Arbeitsmittel wie Funktionscomputer, Datensichtgeräte, die gesamte Textprogrammierung und -Verarbeitung. Der Sachbearbeiter im Rechnungs-und Verwaltungsbereich, welcher sich durch eine Lehre und über jahrelange Erfahrungen Sachwissen über komplexe und komplizierte Arbeitsvorgänge erworben hat, muß sich auf Kontroll-und Überwachungsarbeiten umstellen und konzentrieren. Bisherige hochgradige Qualifikationen gehen verloren und werden auf solche reduziert, die ohne Kenntnis der maschineninternen Prozesse sind.
In der derzeitigen Phase der Umstellung von Textverarbeitung auf Programmierte Textverarbeitung bestehen noch Ansprüche und Anforderungen an multifunktionale Qualifikationen von Sachbearbeitern, um organisierte Textverarbeitung und Programmierte Text-Verarbeitung für das jeweilige Unternehmen funktionsgerecht zu machen, insbesondere bei der Erstellung von Textbausteinen und der Wartung von Texthandbüchern.
Die von den Herstellern angepriesenen Vorteile der Programmierten Textverarbeitung wie — beschleunigter Arbeitsablauf (geringere Durchlaufzeiten), — Entlastung des Sachbearbeiters, — Einheitlichkeit in der Sachbearbeitung (Standardisierung), — verbesserte Textqualität, — Verringerung des Schriftgutes, — Steigerung von Quantität und Qualität, — Reduzierung von Verlustzeiten, — höherer Elastizitätsgrad des gesamten Informationsflusses, — Dauergebrauch der Texte u. a. m.
bergen vor allem wirtschaftliche und personalsparende Vorteile für die Unternehmen in sich, wie — optimale Kontrollspanne der Organisationseinheiten, — Zusammenfassung organisatorischer Einheiten, — Zeiitralisierung der Serviceleistungen, — Personal-, Fix-, Gesamtkostenreduzierung, — Produktivitätssteigerungen, — Leistungserfassung und -bewertung
Weitere Folgen sind der Verlust von Status und Privilegien der Angestellten durch Um-setzungen und Qualifikationsveränderungen und Veränderungen der Arbeitsorganisation.
Diese Privilegien gehen durch Reduzierung der Führungsebenen verloren, d. h. Verbesserung des Führungsinstrumentariums der Unternehmen durch Wegfall traditioneller innerbetrieblicher Autoritätsgefüge und -Strukturen im Zuge der Automatisierung.
In der Grundtendenz wirken sich die dargestellten Folgen von Rationalisierung durch EDV und andere Techniken und Maßnahmen auf kaufmännische wie technische Angestellte gleichermaßen aus:
— Rationalisierung heißt in jedem Tätigkeitsbereich Produktivitätssteigerung und Lei-* stungsintensivierung innerhalb des Arbeitstages. — Auf der Basis von EDV-gesteuerten Tätigkeiten wird die Arbeitsorganisation so verändert, daß eine restlose Verausgabung der Arbeitskraft erzwungen werden kann.
— Durch systematische Arbeitsvorbereitung und Arbeitsplanung entsteht eine Leistungsverdichtung bei den einzelnen Tätigkeiten.
— Die Arbeitsgestaltung wird nach dem Fließprinzip ausgerichtet mit der Konsequenz, daß die menschliche Arbeit als Zuarbeit zur EDV-Anlage dient.
Dies wird bewirkt durch den Einsatz verbesserter, komplexer anzuwendender Software und leistungsstärkerer Computer-Peripherie; durch Teilung und Standardisierung der Arbeit wird ihre Normierung erreicht.
Daraus folgt über kurz oder lang eine weitere Spezialisierung der Tätigkeiten, bezogen auf Teilarbeiten, mit einer zunehmenden Austauschbarkeit der Beschäftigten.
In diesem Zusammenhang wird eine Neufestsetzung und Umstrukturierung von Fähigkeiten vollzogen, wie — die Aufhebung von durch die Technik ersetzbaren Fähigkeiten und Qualifikationen, — die Erhöhung von Qualifikationen und Fähigkeiten in eng begrenzten, spezialisierten Sachgebieten, — die gesteigerte Aufmerksamkeit bei der Verrichtung der jeweiligen Teilarbeit, — die Zunahme spezialisierter, jedoch nicht den gesamten Arbeitsablauf erfassender Kenntnisse, — die enorme Zunahme psychischer und physischer Belastungen durch die veränderte Arbeit und den Druck aus der Leistungsintensivierung, resultierend aus der höheren Leistungskapazität der eingeführten Technik.
Dies geschieht z. B. durch eine Erhöhung der SOLL-Daten in der Textverarbeitung, von Büroakkord an Schreibautomaten etc.
Innerbetriebliche Kommunikationsstrukturen werden auf die aus dem Gesamtarbeitsprozeß ausgelagerten reduziert; die verbleibenden Möglichkeiten bestehen aus relativ isolierten Tätigkeiten.
Teilweise tritt eine interessante „Sogwirkung“ bei anspruchsvolleren Tätigkeiten an Bild-41 schirmgeräten gerade in Entwicklungsabteilungen auf. Das bedeutet, daß der Mensch durch die Technik dermaßen fasziniert wird und sich mit der Leistung der Maschine identifiziert, daß er eine weit höhere Arbeitsleistung erbringt, als erwartet wird, und daß die Bereitschaft, einen überdurchschnittlichen Arbeitseinsatz zu erbringen, z. B. Überstunden zu leisten, steigt.
Mit veränderter Arbeitsorganisation und veränderten Arbeitsstrukturen werden neue Entlohnungs-und Arbeitsplatzbewertungsverfahren eingeführt, ähnlich wie sie im Produktionsbereich angewandt werden. Dabei wird nicht die Gesamtqualifikation des einzelnen, sondern die durch den Arbeitsplatz und die spezialisierte Tätigkeit geforderte Qualifikation und Anforderung bewertet. Die Gesamt-qualifikationen verändern sich durch die neustrukturierten und neugegliederten Arbeitsplätze und durch die spezialisierten Tätigkeiten.
Durch die veränderte Abeitsorganisation und den EDV-Einsatz werden neue Systeme im Management eingeführt, denn erst durch die Neustrukturierung werden die komplexen Arbeitsabläufe für das Management transparent. Dies bewirkt die Einführung von Managementinformationssystemen (MIS) und neuen Führungsprinzipien, so daß schnell auf wirtschaftliche und technologische Veränderungen reagiert werden kann.
Wichtiges technisches Instrument ist das computergsteuerte Personalinformationssystem zur präzisen Steuerung und Planung des Personaleinsatzes und -bedarfs.
Daraus resultieren:
— eine massive Kontrolle des gesamten betrieblichen Lebens, eine Personalauslese, innerbetriebliche Umsetzungen auf andere Arbeitsplätze nach dem Belastungsprinzip bis hin zu Entlassungen;
— eine Bedrohung der materiellen Existenz bei neuer Eingruppierung bzw. Abgruppierung. Aus der Planung der optimalen Verwertung des Kapitals entstehen bei den Beschäftigten, vor allem bei der Entwicklung der Arbeitszeit hin zur Nacht-und Schichtarbeit zur Auslastung der Computerkapazitäten, soziale Probleme mit Auswirkungen auf Familie und Freizeit.
Die hier zusammengefaßten Folgen und Auswirkungen von Rationalisierung auf die angestellten Lohnarbeiter verspürten die Betroffenen bisher nur zu einem geringen Teil, und dies erst seit den letzten Jahren partiell und nicht in umfassendem Maße. Viele der Umstrukturierungsprozesse laufen derzeit erst richtig an. Eines aber haben alle Berufsgruppen seit der Rezession 1974/75 gemeinsam durchlebt: eine zunehmende Arbeitsplatzunsicherheit verbunden mit einer materiellen Unsicherheit.
IV. Auswirkungen von Rationalisierungsmaßnahmen und Branchenstrukturveränderungen auf den Arbeitsmarkt von Industrieangestellten ,
Gerade im Beschäftigungsbereich von Industrieangestellten, im sekundären Wirtschaftssektor, wird ein sektoraler Strukturwandel zugunsten des tertiären Sektors deutlich. Dies läßt sich beispielhaft anhand ausgewählter Branchen aufzeigen.
Betrachtet man die Beschäftigungsentwicklung im Angestelltenbereich in der Papier-und Pappeverarbeitung, der Druckindustrie, der Textil-und Bekleidungsindustrie sowie der Nahrungs-und Genußmittelindustrie, ergibt die Verlaufsanalyse der letzten zehn Jahre ein ziemlich homogenes Bild, das sich mit der Gesamtstruktur der Beschäftigung von Angestellten im sekundären Sektor deckt.
Mit einer zeitlichen Verschiebung von drei Jahren war zwischen 1970 und 1973 in diesen fünf Branchen das höchste Beschäftigungsniveau von Angestellten erreicht. Seit 1974 ist ein allgemeiner Arbeitsplatzabbau zu verzeichnen, der von einer branchenbezogenen „Pleitenentwicklung" begleitet wird.
Im Zuge dieser Entwicklung wird eine wachsende Zahl von Angestellten dieses Wirtschaftssektors mit den negativen Auswirkungen des Wirtschaftssystems konfrontiert: Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sind die Folgen Arbeitslosigkeit ist also eine Folge von Rationalisierung, nicht ihr Ziel.
Ansatzpunkte der aktuellen Arbeitslosigkeit liegen bereits in den 60er Jahren. Seitdem ist ein Sinken der Wachstumsraten der Produktion und ein verstärktes Konjunkturtief von Zyklus zu Zyklus zu verzeichnen Die bisher durch eine höhere Beschäftigungssicherheit ausgezeichnete Berufsgruppe der Angestellten erfährt die zunehmende Arbeitslosigkeit in einer langfristigen Krisenentwicklung als Neuerscheinung. Die Phase der offenen langfristigen Arbeitslosigkeit hat nun auch auf die Angestellten übergegriffen. Seit der Wirtschaftskrise 1974/75 sind erstmals massenhaft Angestellte betroffen.
Im September 1974 waren von allen registrierten Arbeitslosen 25% Angestellte, 1975 waren es 33, 8 % (von 1 006 500 Arbeitslosen waren 340 200 Angestellte), 1976 waren es mit 42, 8% (= 383 300) der höchste je festgestellte Anteil an „freigesetzten“ Angestellten, der ebenso hoch lag wie der bei Arbeitern, 1978 waren es 37, 4% (bei 913 034 Arbeitslosen) und im Juli 1981 lag der Anteil arbeitsloser Angestellter bei 36, 6% (= 456 443) bei einer allgemein ansteigenden Arbeitslosigkeit (insgesamt 1 246 164 Arbeitslose)
Im Gegensatz zur Krise 1966/67, in der nur etwa 10% der gesamten Arbeitslosen aus Angestelltenberufen kamen, ist heute jeder dritte Arbeitslose aus diesem Berufsfeld. Die zunehmende Beschäftigungsunsicherheit ist Ausdruck des allgemeinen Anpassungsprozesses an ein gemeinsames Arbeitnehmerschicksal mit den Arbeitern. Die bei Angestellten auftretende zunehmende Massenarbeitslosigkeit — die Zunahme von Angestelltenarbeitslosen um mehr als 230 000 bei einem Gesamtrückgang der erwerbstätigen Angestellten ist ein wichtiges Merkmal, dessen Ursachen im überproportionalen Anteil der aus dem Bildungssystem neu ins Erwerbsleben Eintretenden (in Angestelltenberufe) sowie in den ständigen per Saldo-Statusveränderungen von 50— 60 000 Personen jährlich (Arbeiter werden zu Angestellten) liegen — beweist erneut, daß die Basis die gleiche ist wie die der Arbeiter, nämlich die Lohnabhängigkeit. Dieses grundlegende Element eines jeden Arbeitnehmer-daseins und die aufgezeichneten Auswirkungen dringen nur langsam in das Bewußtsein von angestellten Lohnarbeitern ein und werden noch auf erhebliche Schwierigkeiten in den Mentalitäten und den rudimentär ständischen Bewußtseinsrelikten stoßen. Arbeitslosigkeit wirkt sich geschlechtsspezifisch in der Weise aus, daß Frauen durchgängig die größte Gruppe der arbeitslosen Angestellten stellen. Vergleicht man dazu die Veränderungen der Angestelltenbeschäftigungen nach beruflichen Aufgabenschwerpunkten und der geschlechtsbezogenen Aufteilung zwischen 1961 und 1973 und die Berufspositionen mit der Arbeitslosenstruktur zwischen 1974 und 1977, so stellt man fest, daß a) Frauenarbeitslosigkeit bei Angestellten über die Hälfte der angestellten Arbeitslosen ausmacht b) Frauen in beruflichen Aufgabenschwerpunkten arbeiten, die zwischen 1961 und 1973 den größten Zuwachs bzw. jetzt den größten Rückgang zu verzeichnen hatten.
Ohne Schwierigkeiten lassen sich die Berufsgruppen und die Personengruppe herauslesen, die langfristig in stärkerem Maße Opfer zunehmender Rationalisierungen und technischer Veränderungen sein werden. Es werden überwiegend kaufmännische Angestellte, insbesondere Frauen sein, wobei sich die Entwicklung auf Berufe wie Bürofach-und Büro-hilfskräfte, Kalkulatoren, Buchhalter sowie Ein-und Verkäufer konzentrieren wird. Im September 1980 waren von 315 765 arbeitslosen Angestellten (von insgesamt 822 701 Arbeitslosen) 71 % (= 225 588) Frauen. Dabei werden qualifikatorische Elemente ebenso wenig einen dauerhaften Schutz gegen eine allgemeine „Freisetzung" oder berufliche Abstufung geben können wie es der besondere arbeits-und sozialrechtliche Status von Angestellten vermochte. Ein Vergleich, von angestellten Arbeitslosen aus den wichtigsten Berufsgruppen zwischen den Jahren 1971 und 1975 ergibt folgendes Bild:
Die Zahl der Arbeitslosen im Berufsfeld von Verwaltungs-und Büroberufen stieg von 18 600 auf 145 700 an, bei Warenkaufleuten von 9 100 auf 83 300. Mit gleicher Heftigkeit waren technische Angestelltenberufe betrof-fen. Die Arbeitslosigkeit bei Lagerverwaltern und ähnlichen Berufen stieg von 8 500 auf 57 900 an, bei Technikern von 2 900 auf 23 600 und bei Ingenieuren von 2 500 auf 15 200. Angestellte aus „anderen technischen Berufen“ werden nicht minder betroffen. Die Zahl ihrer Arbeitslosen stieg von 900 auf 14 000 an. Bis heute hat sich das Gesamtbild eher noch ver schlechtert.
Eine Prognose für technisch-wissenschaftliche Berufe wie Ingenieure usw. weist aus, daß bis 1990 jeder dritte Berufsanfänger nach Studien abschluß einer seiner Ausbildung fremden Ar. beit nachgehen muß
V. Ausblick
Die dargestellte Entwicklung mit massiven Veränderungen in Tätigkeitsbereichen kaufmännischer und technischerAngestellter geht weiter. Die Ergebnisse zeigen, daß zwar global die Dimensionen der technischen Anwendungsmöglichkeiten in bezug auf Umstrukturierungen von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten erkannt wurden. In welchem Maße Berufe von ihren Qualifikationen her umstrukturiert werden oder ganz wegfallen, ist bisher nur in Umrissen deutlich geworden. Es besteht ein Trend hin zu einer Polarisierung und Entwertung von Qualifikationen. Mittel-und langfristige Folgen und Auswirkungen von Rationalisierung richten sich nicht allein auf die Arbeits-und Berufsstrukturen mit Arbeitsplatz-abbau und anderen sozialen Gefahren. Massive Veränderungen innerbetrieblicher Kommunikationsmöglichkeiten und der Übergriff auf außerbetriebliche Bereiche zeichnen sich im Zuge einer vermehrten Anwendung von komplexen Informationssystemen ab.
Bei weitem unbekannter als die negativen Auswirkungen sind positive Möglichkeiten, die im Einsatz von Computertechnik liegen können. Der Rückgang gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit und enorme Produktivitätssteigerungen durch den Einsatz von EDV-Technologien bergen Möglichkeiten in sich wie • — Arbeitszeitverkürzungen in den verschiedensten Formen;
— mehr Freizeit, welche für eine qualifizierte betriebliche oder außerbetriebliche Aus-und Weiterbildung genutzt werden könnte;
— über die Möglichkeit der Weiterbildung eine gründlichere Einschätzung der Beschäftigten von Planung und Organisation bis hin zur Sicherheit eines Arbeitsplatzes zu erlernen; — hin zu einer möglichen Mitbestimmung über Betriebs-und Organisationsfragen durch die Beschäftigten;
— durch entsprechende Sachkenntnis die Möglichkeit einer umweit-und ressourcenbe wußten Planung von Produkten und Dienstlei stungen;
— durch einen breiten Dialog zwischen Produ zenten, Anwendern und Beschäftigten an den „neuen Techniken" hin zu einer humaner ausgerichteten Arbeit mit dem Ziel des Abbaus spezifisch berufsbezogener Krankheiten;
— eine Arbeitshumanisierung, wobei Arbeitsbedingungen und Qualifikationsanforderungen weniger restriktiv sind und mehr Kreativität, Autonomie und weniger Routine und Monotonie die Arbeitsinhalte und -abläufe beherrschen; — mit der Möglichkeit der Partizipation dei Beschäftigten an betrieblichen Entscheidungsprozessen auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen ergäben sich Möglichkei: ten einer Mitbestimmung über das Was und Wofür der Produktion bis hin zur Frage des Wie der Produktion, z. B. könnte eine teilweise Selbststeuerung der Arbeit auf Gruppen-odei Abteilungsebene erfolgen.
Fortschritt heißt heute noch primär Verbesse rung der Leistungsfähigkeit der Volkswirt schäft. Fortschritt bei sinnvoll gesteuerten Einsatz aller Rationalisierungstechnologiei könnte auch Gesundheit, Arbeitszufrieden heit, soziale Gerechtigkeit und Selbstentfal tung des einzelnen bedeuten. Die Möglichkei ten sind vorhanden. Jedoch bestimmen die 86 sellschaftlichen Kräfte, wie sie genutzt wel den.
Klaus Eberhard, geb. 1948; Schriftsetzerlehre und Berufspraxis; Zweiter Bildungsweg, Studium von Politikwissenschaft, Soziologie und Öffentlichem Recht in Tübingen; 1980 Magister Artium; nebenamtlicher Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Esslingen, Studiengang Erwachsenenbildung; Sachbearbeiter für Berufsbildung und Sozialpädagogik beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft; derzeit: Sekretär bei der IG Bau-Steine-Erden, Bezirksverband Stuttgart, mit dem Schwerpunkt Angestelltenarbeit.
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