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Außerschulische Jugendbildung Wesen und Aufgaben | APuZ 43/1981 | bpb.de

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APuZ 43/1981 Artikel 1 Außerschulische Jugendbildung Wesen und Aufgaben Die . neue'rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland Politische Hintergründe und gesellschaftliche Folgen Politikdidaktik und „heimlicher Lehrplan"

Außerschulische Jugendbildung Wesen und Aufgaben

Ein Positionspapier von Stephan Eisel, Werner Gran, Hans Palm, Eggert von Petersdorff, Rainer Pelka, Konrad Pflug, Karin Renate Quessel, Herbert Scheffler, Hans Joachim Stahl, Johannes Tessmer Johannes Hans Joachim Stahl Herbert Scheffler Karin Renate Quessel Konrad Pflug Rainer Pelka Eggert von Petersdorff Hans Palm Werner Gran Ein Positionspapier von Stephan Eisel Tessmer

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Zusammenfassung

„Es ist heute allgemeine Praxis, komplexe Problembereiche zunächst einmal einem Institut oder einer Enquetekommission oder einem Forschungsteam zu übertragen. So geschah es jetzt auch mit dem Fragenkomplex . Ursachen für die Jugendunruhen heute. Stets sitzen aber a priori auf der Anklagebank Schule, politische Bildung und außerschulische Jugend-bildung. Da die sogenannten Denkpausen nicht durch totalen Handlungsentzug begleitet werden können, reagiert man auf Unruhen, Protestaktionen und Gewaltakte kurzatmig und vordergründig. In dieser allgemeinen Aufgeregtheit schien es uns geboten, die Position des Bereiches außerschulische Jugendbildung in Wesen und Aufgabe mit Theoretikern und Praktikern dieser Jugendbildung, also mit Persönlichkeiten, die nicht nur über wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch über aktuelle und langjährige Erfahrungen verfügen, umfassend zu diskutieren. Diese Diskussion führte unter uns zu einem Klärungsprozeß, dessen Notwendigkeit und Bedeutung während der Gespräche immer eindringlicher bewußt wurde. Die Fragenkomplexe, die uns vornehmlich beschäftigt haben, wurden dabei erweitert, so daß die vorliegende Arbeit eine Art Kompendium über den gesamten Bereich der außerschulischen Jugendbildung darstellt Eine freiheitliche Staats-und Gesellschaftsordnung will ständig neu erworben werden, erworben durch Einsichtsprozesse, vor allem der in diese Ordnung hineinwachsenden Generation durch eine Rationalität, die Orientierung ermöglicht und Identitätsprobleme wenigstens begrenzt und Hilfen zu einer schnelleren Lösung gibt. Geistige Klärungsprozesse müssen Bereitschaft zum Erkennen von Verantwortung und zur Übernahme von Verantwortung wecken. Pädagogische Konzepte werden heute leider leicht zu politischen Strategien, zumindest vermischen sie sich oft mit ihnen. Die Wirkungen sind deshalb so negativ und unverantwortbar vor den Betroffenen, weil sie sich in den Jahren entfalten, in denen sich das Persönlichkeitsbewußtsein bildet, in den Jahren, in denen die Ablösung von der Familie erfolgt und die Befähigung zu neuen Bindungen entwickelt werden muß. In diesen Jahren der Persönlichkeitswerdung des Heranwachsenden können die pädagogischen Hilfen der außerschulischen Jugendbildung gar nicht hoch genug bewertet werden. Sie stoßen nämlich auf Gegebenheiten, die gegenüber anderen Erziehungs-und Bildungsfeldern in ihrer Komposition einmalig sind. Genannt seien nur die Freiwilligkeit außerhalb der Schule, die personale Bindung, die besonders auf Vertrauen aufbaut, die Kraft des Vorbilds für verantwortetes Handeln. Je komplizierter in einer hochentwickelten Industriegesellschaft, in einer freiheitlichen Staats-und Wirtschaftsordnung die Verständigungs-und die Kontrollprozesse sind, um so gefährlicher wirken sich moralischer Rigorismus, apodiktische Unduldsamkeit, emotionale Aggressivität aus. Nur ein immer wieder gesprochenes und gelebtes Ja zu kontinuierlicher Arbeit kann die Bildung ganzer Subkulturlandschaften verhindern. Wir hoffen, mit diesem Positionspapier einen Beitrag zu einer umfassenden und klärenden geistigen Auseinandersetzung geleistet zu haben." (Aus dem Vorwort zum Positionspapier von Ursula Benedix-Engler, MdB, Leiterin der Arbeitsgruppe)

Reagierend auf aktuelle Herausforderungen ist das Thema „Jugend" einer der Schwerpunkte im derzeitigen Planungsprogramm der Bundeszentrale geworden — und zugleich wohl auch der schwierigste. Sind schon die Auffassungen über die Ursachen der„Jugendunruhen“ höchst unterschiedlich, so erst recht die Vorstellungen über die Verhaltensweisen und Handlungsmöglichkeiten der „Erwachsenen“. In Heft B 39/81 dieser Zeitschrift wurde dies anhand der Stellungnahmen der Generalsekretäre der vier im Bundestag vertretenen Parteien zu einem Arbeitspapieraus dem Bundesministerium fürJugend, Familie und Gesundheit deutlich. Welche Möglichkeiten die politische Bildung hat, mit der Jugend ins Gespräch zu kommen, und welche Zielsetzungen sie dabei verfolgt, soll in dieser Zeitschrift ebenfalls aus unterschiedlicher Sicht vorgestellt werden. Wir beginnen mit einem Positionspapier, das im Rahmen der Politischen Akademie Eichholz der Konrad-Adenauer-Stiftung von der Arbeitsgruppe Politische Bildung/Weiterbildung verfaßt wurde.

Die Redaktion

Einleitung

Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und die Bereitschaft, diese Zukunft mit zu gestalten, spielen für das Denken und Verhalten von Menschen eine wichtige Rolle. Hoffnung bestimmt Erwartungen, Ziele, Entscheidungen und Aktivitäten vor allem junger Menschen. In der außerschulischen Jugendbildung liegt eine Möglichkeit, junge Menschen anzuregen, zu ermutigen und zu befähigen, ihre Hoffnung in Wirklichkeit umzusetzen.

Außerschulische Jugendbildung ist ein eigenständiger Bereich im Bildungswesen. Einerseits der Schule, andererseits der Erwachsenenweiterbildung benachbart und verbunden, zugleich von beiden durch wesentliche Merkmale unterschieden, ist außerschulische Jugendbildung von eigenem Gewicht für die Bildung und Erziehung von Menschen.

Außerschulische Jugendbildung ist eine sinn-Volle und notwendige Ergänzung zu Familie und Schule. Zwar hat sie neben komplementä-ren auch kompensatorische Züge, doch ist sie " eder primär ein Mittel zur Korrektur von sehlern in der Erziehung durch Familie und pshule noch ein Instrument zu deren „Reform".

e außerschulische Jugendbildung erweitert as Blickfeld und den daraus erwachsenden Wirkungsbereich junger Menschen über die Familie hinaus und eröffnet Dimensionen, die für ihr Leben zunehmend bestimmend werden. Außerschulische Jugendbildung unterscheidet sich von der Schule vornehmlich durch Freiwilligkeit der Teilnahme und Beteiligung. Sie öffnet jungen Menschen die Möglichkeit, am Gemeinschaftsleben aufgrund eigener Entscheidung teilzunehmen, neue menschliche Beziehungen zu gewinnen und Solidarität zu erfahren.

Außerschulische Jugendbildung soll zur Fähigkeit und Bereitschaft junger Menschen beitragen, sich selbst und ihrer Umgebung gegenüber verantwortlich zu handeln, die Konsequenzen dieses Handelns zu erkennen und in den Entscheidungen zu berücksichtigen sowie die Vielfalt von Möglichkeiten der individuellen Lebensgestaltung als Ausdruck des Reichtums der gesellschaftlichen Ordnung zu erkennen und zu würdigen.

Zu der durch Familie und Schule vermittelten Grundlage für die Teilnahme des Menschen am kulturellen Leben tritt die berufliche Bildung (in Form von Ausbildung und Fortbildung), die aktive Teilnahme am wirtschaftliB chen Leben ermöglicht, und die politische Bildung als Hilfe und Voraussetzung für die wirksame Beteiligung am öffentlichen politischen und staatlichen Leben.

Erst das Zusammenspiel und die gegenseitige Durchdringung der Bildungs-und Erziehungsbereiche Familie, Schule und außerschulische Jugendbildung und von Feldern wie Persönlichkeitsbildung, berufliche Bildung, politische Bildung und kulturelle Bildung ermöglichen die volle Entfaltung der Personalität des Menschen. Den Inhalt der außerschulischen Jugendbildung sieht die Union orientiert an den Grundwerten Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit.

Freiheit: Im Laufe der Entwicklung junger Menschen vergrößert sich der Raum personaler Selbstbestimmung. Sie erfahren in zunehmendem Maße die Herausforderungen und die Probleme verantwortlichen Handelns in ihren Bedingungen und mit ihren Konsequenzen. Sie sollen erfahren, daß das Recht auf aktive Mitgestaltung ohne die Pflicht, die Last der Folgen und der nicht verwirklichten Alternativen mitzutragen, nicht realisierbar ist. Eine verantwortliche Jugendbildung macht deutlich, daß Freiheit ebenso wie Rechte auch Pflichten begründet, Grenzen setzt, ohne die die Freiheit des einzelnen für den anderen zur Unfreiheit führen kann, daß Freiheit in der Spannung von Individualität und Gemeinschaft verwirklicht wird.

Solidarität: In jungen Menschen wächst das Bewußtsein, daß ihre Existenz auch vom Wohl ihrer Mitbürger und dem der Gemeinschaft abhängt, durch die sie miteinander verbunden sind. Sie lernen, daß die Sorge, die ihnen für ihre Entwicklung zuteil wird, ihre Entsprechung finden muß in der Sorge für diejenigen, die ihrer Hilfe bedürfen.

Gerechtigkeit: Junge Menschen verlangen nach Regeln zur Ordnung des Gemeinschaftslebens, die ihr Bedürfnis nach Gerechtigkeit befriedigen. Außerschulische Jugendbildung hat zur Einsicht beizutragen, daß die Verwirklichung von Gerechtigkeit in der sozialen Wirklichkeit das Werk von Menschen mit all ihren Möglichkeiten und auch ihren Schwächen ist.

Die Union bewertet außerschulische Jugend-bildung danach, welchen Beitrag sie dazu leistet, daßjunge Menschen ihrepersönliche Zukunft in einer freiheitlichen Gesellschaft sehen, die ihre Mitwirkung erwartet und in der sie sich entfalten und verwirklichen können.

I. Jugend in der Bundesrepublik Deutschland

Merkmale der Jugend Jugend als Übergangsphase Jugend ist eine eigenständige Phase zwischen Kindheit und Übernahme rechtlicher und wirtschaftlicher Verantwortung für sich und andere als Erwachsener. Jugend ist unter anderem gekennzeichnet durch:

— Zuwachs an Entscheidungsmöglichkeiten und -erfordernissen mit der Konsequenz der Verantwortlichkeit;

— neue Freiräume zum Erleben und Gestalten; — Ablösung von der Familie und der Autorität der Eltern;

— Entwicklung neuer Beziehungen innerhalb der Familie und Aufbau eigener Sozialbeziehungen über die Familie hinaus;

— schulische und berufliche Lern-und Entscheidungssituationen; — Entwicklung eines eigenen Welt-und Selbstverständnisses.

Auch innerhalb derselben Gesellschaft oder Gruppe werden Menschen zu verschiedenen Zeitpunkten „erwachsen". Die objektiven Merkmale der Jugend entsprechen nicht unbedingt den dominierenden subjektiven Erfahrungen und Einstellungen der Betroffenen. Insofern gehört zur Beschreibung „der Jugend“ der Vorbehalt, daß sie allenfalls als soziologische Kategorie eindeutig ist, als konkrete und lebendige soziale Tatsache dagegen weder festgelegt werden kann noch will.

Jede theoretische und praktische Beschäftigung mit Jugend muß die entwicklungsbedingten Ungenauigkeiten, Vorbehalte und Unberechenbarkeiten berücksichtigen. Dies kommt auch in solchen Einstellungen und Verhaltensweisen zum Ausdruck, die für außerschulische Jugendbildung deshalb von besonderer Bedeutung sind, weil sie in dieser Lebensphase häufig anzutreffen sind bzw. erwartet werden dürfen: Spontaneität, Experimentierfreudigkeit, soziales Engagement, Unbefangenheit, Offenheit, Lernbereitschaft, Skepsis, Radikalität als Erkenntnis-und Handlungsprinzip, Hoffnung, aber auch Orientie rungsmangel, Lethargie, Verhaltensunsicherheit, Konsumorientierung, Resignation. Jugend als Orientierungsphase In der Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsensein lernen Heranwachsende, sich in dem Spannungsfeld der verschiedenen Ansprüche der Familie und der außerfamiliären Institutionen zu bewegen und zu entscheiden. Damit trägt diese Orientierungsphase besonders zur Entfaltung der Person bei. Mit zunehmendem Alter vergrößert sich die Zahl und die Vielfalt der Rollen, wenn der einzelne Jugendliche zusätzlich zur Rolle des Kindes zum Beispiel auch die des Spielkameraden, des Schülers, des Freundes/der Freundin, des Sportvereinmitgliedes, des Auszubildenden, des Berufstätigen oder des Soldaten trägt.

Auch angesichts der Bedeutung außerfamiliärer Institutionen, die Jugendliche durch die Einübung von Rollen auf ihre Mitwirkung in der Gesellschaft vorbereiten, ist die Familie für die Entwicklung der Persönlichkeit unverzichtbar: Die Familie übt soziale Rollen ein und bietet als Stätte des Vertrauens und der Liebe notwendige Geborgenheit. Indem sie diese Funktion wahrnimmt, hilft sie jungen Menschen, den für unsere Gesellschaft typischen Rollenkonflikt zu bewältigen: Einerseits wird von ihnen die Ausfüllung der Rolle wie von Erwachsenen verlangt, andererseits sind aber gleichzeitig Handlungs-und Entscheidungsmöglichkeiten im Vergleich zu Erwachsenen noch eingeschränkt.

Die Sozialisationsfelder der Jugend Die wichtigsten Erprobungsfelder für Identität und Solidarität sind neben der Familie Schule, Freundeskreis und Gruppe. In diesen Feldern suchen und erproben junge Menschen ihre Identität, auch in Beziehung zum Mitmenschen, hier praktizieren und erfahren sie Solidarität. Störungen in diesen wichtigen Lebensräumen gefährden ihre Entwicklung.

Familie Die Familie ist das wichtigste Feld, personale Identität zu finden und zu festigen. Diese Funktion wird gefährdet durch die Entwertung der Ehe, durch die Überbetonung materieller Ansprüche und die dadurch bedingte Berufstätigkeit beider Elternteile, durch unzureichende materielle Basis und den Verlust an Wertschätzung von Familienzusammenhang und Familienbindung. Da die Familie unersetzbar ist, sind andere Formen der Sozialisation als Ersatz für sie nur dann annehmbar, wenn jungen Menschen die eigene Familie fehlt oder wenn sie, trotz aller erdenklichen Unterstützung, zerbrochen ist.

Andere Sozialisationsfelder Schule und Beruf Junge Menschen brauchen auch über die Familie hinaus längerfristige Bindungen an andere Menschen. Sie fanden sie, über Generationen hinweg, in Mitschülern, Lehrern und Ausbildern. Heute führt eine weithin auf einzelne enge Zwecke ausgerichtete Ausbildung dazu, daß Schüler und Auszubildende sich mit ihren Problemen auf sich alleine gestellt sehen und daß dadurch die Begründung, Entwicklung und Bewährung von Freundschaften und die Annahme des Ausbilders als Bezugs-person erschwert wird. Die fortwährende Änderung der Schulorganisation und der Lerninhalte hat darüber hinaus zur Folge, daß die Eltern die Übersicht über den Ausbildungsgang ihrer Kinder und das Vertrauen in das Bildungssystem verlieren und so daran gehindert werde, ihnen bei der Lösung auftretender Probleme zu helfen. Bestrebungen, die Berufsausbildung weiter zu verschulen, die Schulpflicht zu verlängern und das theoretische Lernen zu Lasten der praktischen . Ausbildung unnötig auszuweiten, bedeuten in dieser Situation für viele junge Menschen eher eine Minderung als eine Vermehrung ihrer Chancen.

Freizeit Die außerfamiliäre und außerschulische Freizeit im Freundeskreis ist wichtig für die Ich-Findung und personale Stärkung der Jugendlichen. Kinderfeindlicher Wohnungsbau, begrenzte natürliche Spielmöglichkeit und die Tendenz, sich auf vorgeplante Freizeitangebote zu beschränken, lassen Initiative und Kreativität der Jugendlichen verkümmern. Abenteuer werden beim Fernsehen erlebt, mit dem schon Kinder viele Stunden Einweg-Kommunikation betreiben. Auch damit sind die zunehmenden Schwierigkeiten Jugendlicher zu erklären, Probleme in wechselseitiger Kommunikation mit anderen zu erkennen und durch geeignetes Handeln zu beheben. Die „sprachlose Gesellung" ist nicht nur für Diskotheken, sondern auch für viele Jugendfreizeitstätten typisch.

Die Prozesse der Sozialisation in der Familie sind die wirksamsten und bedeutungsvollsten für die Ausbildung der Personalität des Menschen. Trotz verminderter Arbeitszeit nehmen hier ebenso wie in der schulischen Sozialisation Störungen zu. Die Möglichkeiten im Sozialisationsfeld Freizeit müssen daher sowohl von der Familie als auch von den Jugendlichen selbst aktiver genutzt werden. Diese Bemühungen zu fördern, zu stützen und zu begleiten ist Aufgabe und Chance der außerschulischen Jugendbildung. Die Rolle der Medien Die Medien haben sich in der Vergangenheit immer mehr zu Miterziehern entwickelt. Zu den Medien Buch und Zeitschrift sind Comic-Hefte und das Fernsehen getreten. Die tägliche Zeitdauer der Einwirkung von Medien übersteigt in vielen Fällen die Gesprächszeit der Eltern mit ihren Kindern. Auch die Erziehung zum Umgang mit Medien muß von der Realität ausgehen, also von den Medien, wie sie sind. Medien können Jugendliche positiv und negativ beeinflussen, sie können die Er

Ziehung fördern oder ihr schaden. Medien-konsum von Jugendlichen ist eine mehr oder weniger zufällige Addition divergierender Angebote. Dieser zufällige und divergierende Konsum wird in jeweils unterschiedlichen Konstellationen und Situationen empfangen. Die Wirkungen sind von den Eltern nicht kontrollierbar. Die Medien sind kein Ersatz für Geduld, Liebe und Freundlichkeit. Für Eltern sind sie keine pädagogische Entlastung, sondern eine zusätzliche Aufgabe.

II. Außerschulische Jugendbildung als eigenständiges Bildungs-und Erziehungsfeld

Die Eigenständigkeit der außerschulischen Jugendbildung ist das Ergebnis der gesellschaftlichen Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert. Sie hat sich aus mehreren Strängen heraus entwickelt:

— aus der Initiative gesellschaftlicher Gruppen, die Jugendlichen Hilfe gegeben haben — uneigennützig wie auch in dem Bemühen, für ihre eigenen Leitbilder Begeisterung zu wekken; — aus der Geschichte der Jugendbewegung als einer Zeitphase, in der sich Jugendlichen zum ersten Mal die Chance bot, aus eigener Kraft alternative Lebensformen zur Welt der Erwachsenen zu denken und zu realisieren, und die für das Erscheinungsbild der heute bestehenden Organisationsstruktur der außerschulischen Jugendbildung prägend geworden ist;

— aus der Organisation der Jugendhilfe, die nach dem Ersten Weltkrieg begann und bis in die Gegenwart zunehmend an Bedeutung gewann, wobei sich die Aspekte der Bildung zunehmend verstärkt haben.

Diese Entwicklung findet ihre Begründung in der zunehmenden Differenzierung unserer Gesellschaft. Sie hat eine eigenständige Entwicklungsphase Jugend erst entstehen lassen. Die außerschulische Jugendbildung hat sich dabei als eine Möglichkeit erwiesen, die Entwicklung von Personalität und damit die Gemeinschaftsfähigkeit junger Menschen in dieser Entwicklungshase in besonderer Weise zu fördern.

Die Aufgaben und Schwerpunkte im Arbeitsfeld außerschulischer Jugendbildung wechseln mit den Erfordernissen, die sich im Rahmen gesellschaftlicher Entwicklungen aus den Wünschen, Interessen und Bedürfnissen der Beteiligten ergeben. Ungeachtet solcher unterschiedlichen Entwicklungen wird die Eigenständigkeit der außerschulischen Jugend-bildung bestimmt — von der Freiwilligkeit der Annahme, der Teilnahme und der Beteiligung;

— von jugendgemäßem, zunehmend selbst-verantwortetem Lernen, Erleben und Handeln; — von der Pluralität des Angebots eigenständiger Träger;

— durch die Bildung von Gruppen Gleichaltriger mit gemeinsamen Interessen, Vorstellungen und Zielen;

— von der Flexibilität von Inhalten, Methoden und Formen.

Eine Besonderheit der außerschulischen Jugendbildung ist, daß der Prozeß von der Wahrnehmung der Verantwortung Erwachsener unterstützt wird.

Bei aller Eigenständigkeit dieses Bildungsbereiches ist die Zusammenarbeit außerschulischer Jugendbildung mit anderen Erziehungsund Bildungsbereichen notwendig. Dabei bleibt es nicht aus, daß außerschulische Jugendbildung kompensatorische Aufgaben übernimmt.

III. Verständnis der Jugendbildung

Jugendbildung als Teil der Jugendarbeit Außerschulische Jugendbildung ist wie Gesellung, Aktion und Interessenvertretung Bestandteil der Jugendarbeit Daher ist es erforderlich, Ziele, Aufgaben, und Struktur außerschulischer Jugendbildung auch in dem übergeordneten Zusammenhang von Jugendarbeit zu sehen.

Beschreibung der Jugendarbeit Unter Jugendarbeit werden allgemein alle Veranstaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten verstanden, die neben Familie, Schule und Beruf jungen Menschen behilflich sein wollen, sich auf ihr Leben, ihre Rollen und Aufgaben in der Familie, im Staat, in verschiedenen Gruppen sowie in Politik, Freizeit und Arbeitszeit vorzubereiten, einzustellen und diese Rollen und Aufgaben entsprechend ihrer Fähigkeiten bewußt wahrzunehmen und zu gestalten. Jugendarbeit ist grundsätzlich auf die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft junger Menschen in Gesellschaft ausgerichtet. Sie hat die individuellen Erfahrungen einzelner miteinzubeziehen.

Pluralität im Angebot Es hat immer wieder unterschiedliche Vorstellungen darüber gegeben, wie Zusammenleben am besten zu gestalten sei. Festgelegte Formen dafür ergeben sich weder aus der Natur des Menschen noch aus gesellschaftlichen Prägungen. Auch künftig werden unterschiedliche Vorstellungen über die Gestaltung von Gesellschaft miteinander konkurrieren. Dies ist notwendig, um zu immer besseren Lösungen aktueller, politischer Probleme im Prozeß demokratischer Auseinandersetzung zu gelangen. In unserer Gesellschaft sind die verschiedensten Gruppierungen (Kirchen, Verbände, Ge-

werkschaften, Parteien und andere) am gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß direkt oder indirekt beteiligt. Sie tragen ihre Vorstellungen an junge Menschen heran und hoffen, sie dafür zu gewinnen. Dies geschieht nicht in der unbefragten Übernahme dieser Vorstellungen. Es ist das Recht junger Menschen, sich an Wertsetzungen und -entscheidungen zu beteiligen, Die gesellschaftlichen Gruppierungen sollen junge Menschen befähigen und ermutigen, dieses Recht zu wahren und auszuüben.

Jugendarbeit in dieser Gesellschaft muß in ihren Angeboten, ihren Zielsetzungen, ihren Inhalten, Formen und Methoden die unterschiedlichen Wertvorstellungen und unterschiedlichen politischen Auffassungen berücksichtigen. Das ist nur zu gewährleisten, wenn in der Jugendarbeit verschiedene Träger jungen Menschen Angebote unter Offenlegung ihrer Zielrichtung zur Auswahl unterbreiten. Dabei sind die Träger bei inhaltlichem Pluralismus zur Anerkennung, Wahrung und Ausgestaltung unverzichtbarer Gemeinsamkeiten wie der Menschenrechte und der Grundzüge unserer demokratischen Ordnung verpflichtet.

Im Rahmen dieses Minimalkonsenses . werden diese Grundwerte in ihrem Verhältnis zueinander unterschiedlich gewichtet. Daraus ergibt sich selbstverständlich, daß in der Jugendarbeit wie in anderen Bildungs-und Organisationsbereichen unterschiedliche Ziele verfolgt und verschiedene Prioritäten gesetzt werden können.

Unterschiedliche Ansätze der Jugendarbeit Die unterschiedlichen Konzepte heutiger Jugendarbeit in der Bundesrepublik Deutschland stimmen zumindest verbal darin überein, daß sie den einzelnen jungen Menschen als „Subjekt" und nicht als „Objekt" von Erziehung und Bildung zu erfassen suchen. So weisen die Konzepte der „progressiven", „emanzipatorischen" und „freiheitlich-solidarischen" Jugendarbeit und auch deren Mischformen den jungen Menschen aus, der Jugendarbeit aktiv mitgestaltet und nicht deren Objekt ist.

Neben diesen verbalen Gemeinsamkeiten von Jugendarbeit beinhalten die genannten Konzepte unterschiedliche Ausprägungen und Wertansätze. Kurz zusammenfassen lassen sich die grundsätzlichen Ansätze wie folgt:

„Progressive" Jugendarbeit strebt die Selbstverwirklichung junger Menschen durch Befähigung zur kritischen Betrachtung einer Gesellschaft an, die generell als veränderungsbedürftig dargestellt wird.

„Emanzipatorische“ Jugendarbeit führt den „progressiven“ Ansatz weiter. Sie will die Selbstverwirklichung junger Menschen durch eigenes politisches Handeln erreichen.

„Anti-kapitalistische" Jugendarbeit will die Selbstverwirklichung junger Menschen dadurch erreichen, daß sie ihnen das Bewußtsein ihrer Einordnung in den gesellschaftlichen Prozeß der Verwirklichung einer klassenlosen Gesellschaft vermittelt.

„Freiheitlich-solidarische" Jugendarbeit will zur Selbstverwirklichung als umfassende personale Entfaltung junger Menschen beitragen und durch die Förderung aller ihrer Fähigkeiten und Anlagen einschließlich ihrer Befähigung zur Übernahme von Verantwortung in der Gesellschaft.

Das „progressive“ Konzept von Jugendarbeit will junge Menschen befähigen, ihre Situation zu erkennen und zu beurteilen. Diese Situation wird im wesentlichen als für die Entfaltung der jungen Menschen unzureichend angesehen. Die kritische Auseinandersetzung ist eine wichtige Komponente für die Entfaltung ihrer Eigenständigkeit. „Progressive" Konzepte tendieren zur Überbetonung dieser Komponente. „Emanzipatorische" Konzepte wollen nicht nur die Kritikfähigkeit junger Menschen ausbilden; sie'sprechen ihnen schon früh auch politische Handlungskompetenz zu. Deshalb sucht „emanzipatorische" Jugendarbeit jungen Menschen politische Handlungsfelder zu eröffnen, die ihnen die Gesellschaft angeblich vorenthält. Das Geflecht von Abhängigkeiten und Zwängen soll jungen Menschen im Lernprozeß als einem politischen Prozeß bewußtgemacht werden. Ihnen soll konkrete Hilfe zum Durchschauen und Beseitigen ihrer „gesellschaftlich bedingten Abhängigkeiten" geboten werden. Die Rückbeziehung und Beschränkung von Konflikten, die junge Menschen erleben, auf objektive gesellschaftliche Zwänge • und Widersprüche stellt eine verkürzte Betrachtungsweise dar und läßt die Hilfe zum Entwickeln einer eigenständigen Lebensperspektive nicht ohne weiteres erkennen.

Im „anti-kapitalistischen“ Konzept werden die individuellen Entwicklungen und die sozialen Bezüge junger Menschen nur insoweit anerkannt, wie sie als klar erkennbar von der Klassenlage bestimmt definiert werden. Dieser Ansatz ist eine politische Strategie und kein pädagogisches Konzept.

Das „freiheitlich-solidarische" Konzept will einen Beitrag zur personalen Verwirklichung junger Menschen leisten und sie zur Mitgestaltung der Gesellschaft befähigen. Hier wird von der Einmaligkeit und der unersetzbaren Verantwortlichkeit des einzelnen Menschen ausgegangen, der als Person darauf angewiesen ist, sich in der Gesellschaft zu verwirklichen, seine Identität zu finden und im gesellschaftlichen Prozeß zu wahren sowie im solidarischen Handeln zu entfalten — und somit Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Dabei sind die in Personsein begründeten Anlagen, Fähigkeiten und Eigenschaften sowie der Bezug zur Mit-und Umwelt zu berücksichtigen.

Soll die Hilfe durch Jugendarbeit nicht nur auf dem Bewußtmachen und Aufbereiten von konflikthaften Situationen und eventuell auf Möglichkeiten zur Befreiung von Abhängigkeiten beschränkt werden, so müssen auch Werte und Ziele angeboten und zur Diskussion gestellt werden, die für junge Menschen Antworten auf ihre Sinnfragen darstellen und ihnen Perspektiven für ihr Handeln in der Gesellschaft aufzeigen können. Deshalb ist die „freiheitlich-solidarische“ Jugendarbeit das umfassendste Konzept.

IV. Ziele außerschulischer Jugendbildung

Außerschulische Jugendbildung hat Jugendlichen dabei zu helfen, eigene Positionen durch Orientierung an Werten zu finden und sie zur Mitgestaltung der Gesellschaft zu befähigen. Außerschulische Jugendbildung kann nicht darauf beschränkt sein, Jugendlichen nur noch die und Wahl zwischen Bejahung Ablehnung bestimmter Positionen zu lassen; sie soll sie vielmehr befähigen, in der Vielfalt von möglichen Positionen eigenständig und eigenverantwortlich Standpunkt zu beziehen.

Um dies zu erreichen, muß außerschulische Jugendbildung Selbstbewußtsein und Standfestigkeit des einzelnen Jugendlichen fördern (also seine Personalität stärken), sein Verantwortungsbewußtsein bilden, ihn zu sozialer und politischer Kompetenz befähigen und ihm Werte zur Orientierung anbieten. Stärkung der Personalität, Befähigung zur sozialen Kompetenz und zur Wertorientierung sind nicht trennbar, sondern eng miteinander verwoben: sie bedingen einander. Außerschulische Jugendbildung muß also nicht nur Sachwissen vermitteln, sondern auch Einstellungen und Verhaltensweisen. Daher sind alle Formen und Methoden in der außerschulischen Jugendbildung zu fördern, die jungen Menschen auf der Suche nach dem eigenen Ich helfen.

Stärkung der Personalität Die Suche nach dem eigenen Standort, dessen Durchsetzung und Überprüfung unter Wah-B rung der Rechte anderer, verlangen vom einzelnen Standfestigkeit, Kraft und Ausdauer. Voraussetzung dafür sind Bereitschaft und Fähigkeit, mit den eigenen Begabungen umzugehen, sie auszubauen — aber auch ihre Grenzen zu akzeptieren — und sich für andere einzusetzen. Außerschulische Jugendbildung muß ein solches Selbstbewußtsein fördern; sie hat deshalb zur Vermittlung und Vertiefung von Kenntnissen, Maßstäben, Urteilsfähigkeit, Motivation und Handlungsfähigkeit beizutragen.

Befähigung zu sozialer Kompetenz Der Mensch verwirklicht sich vor allem im Umgang mit seinen Mitmenschen. Die Befähigung dazu ist ein Teil der Stärkung seiner Personalität wie auch eigenständiges Ziel. Zur sozialen Kompetenz gehört, bewußt zuzuhören, Wahrheits-und Gewißheitsansprüche kritisch zu überprüfen, sich artikulieren zu können und kompromißbereit zu sein. Wesentlicher Bestandteil sozialer Kompetenz ist das Bewußtsein, daß Handeln eingebettet ist in Geschichte, d. h. in die Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Es geht deshalb auch um die Bereitschaft und Fähigkeit des jungen Menschen, historische Erfahrungen und kulturelles Erbe aufzunehmen und umzusetzen. Da außerschulische Jugendbildung zur sozialen Kompetenz — und damit auch zur Bejahung der Andersartigkeit des Mitmenschen — befähigen will, vollzieht sie sich vorrangig in der Gemeinschaft.

Befähigung zu politischer Kompetenz Teil sozialer Kompetenz ist politische Kompetenz. Politische Kompetenz ist Voraussetzung für den Umgang mit jenem komplizierten Instrumentarium, das Repräsentanten und Repräsentierte verbindet. Außerschulische Jugendbildung hat den jungen Menschen Angebote und Möglichkeiten zu vermitteln, die Voraussetzungen zur freien Entscheidung über Grad und Richtung politischer Aktivität zu erwerben.

Befähigung zur Orientierung an Grundwerten Außerschulische Jugendbildung hat sich an den Grundwerten Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit zu orientieren. Der Vielfalt von Motivationen, Interessen und Meinungen kann man nicht durch die einseitige Überordnung eines dieser Werte gerecht werden. Außerschulische Jugendbildung hat die Spannung der Grundwerte zueinander zu verdeutlichen, dem einzelnen die Möglichkeit zu geben, dieses Verhältnis für sich selbst zu bestimmen, und die besondere Bedeutung von Toleranz und Kompromiß herauszustellen. Grundwertorientiertes Handeln setzt die Bereitschaft voraus, sich im täglichen Leben für das scheinbar ferne Ziel der immer stärkeren Verwirklichung der Grundwerte einzusetzen. Außerschulische Jugendbildung muß diese Bereitschaft wieder stärker fördern.

V. Inhalte, Methoden und Formen außerschulischer Jugendbildung

Inder außerschulischen Jugendbildung haben sich im wesentlichen folgende Schwerpunkte entwickelt; Persönlichkeitsbildung, soziale Bildung, politische Bildung, kulturelle Bildung und Freizeitgestaltung. Diese Schwerpunkte sind nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern stehen in einem inhaltlichen Zusam-menhang. Sie werden bestimmt von Inhalt und ziel der jeweiligen Aufgabe, weisen aber auch immer Akzente anderer Schwerpunkte mit Persönlichkeitsbildvng vunge Menschen fragen nach Sinn, Ziel und ert des Lebens und ihrer Persönlichkeit. Sie uchen Anerkennung und ihren eigenen andort. Im Hinblick auf die zweckspezifiS en und auf Teilfunktionen beschränkte Rollen des menschlichen Daseins, die Vielzahl von Strukturen und Normensystemen sowie die anscheinend absolute Vorrangigkeit schulischer und beruflicher Ergebnisse ist es für junge Menschen nicht leicht, sich zurechtzufinden. Deshalb muß außerschulische Jugendbildung unterstützend darauf hinwirken, das Bewußtsein Jugendlicher von Personalität zu stärken. Außerschulische Jugendbildung soll dazu beitragen, daß der junge Mensch seine personale Identität erkennt. Sie soll verdeutlichen, daß die zweckrationale Ausrichtung des Lebens allein nicht Erfüllung bringt.

Junge Menschen müssen vielmehr Liebe, Vertrauen und Zuneigung erfahren können und lernen, diese weiterzugeben. So erhält der einzelne in den gesamtgesellschaftlichen Bezügen seine persönliche und unverwechselbare Bedeutung, die ihm Antrieb und Ausrichtung gibt, Leben zu gestalten. Außerschulische Jugendbildung soll auch darauf hinwirken, daß junge Menschen die Familie und die Bedeutung der Familie für ihre Entwicklung schätzen lernen und die ihnen daraus zufließenden Möglichkeiten anerkennen. Außerschulische Jugendbildung soll Jugendliche anhalten, einen persönlichen Beitrag zur Erhaltung und Stärkung der Familie zu leisten, und sie soll junge Menschen schließlich ermutigen und befähigen, selbst eine Familie zu gründen und darin ihre besondere Aufgabe wahrzunehmen.

Zu diesem Teilbereich der außerschulischen Jugendbildung gehört auch die Aufgabe, junge Menschen auf ihre Anlagen und Fähigkeiten zu Kommunikation und Interaktion aufmerksam zu machen und ihnen bei deren Entfaltung zu helfen. Dadurch sollen die Jugendlichen befähigt werden, ihre Auffassungen und Vorstellungen zu äußern und unter Wahrung der Interessen anderer umzusetzen.

In der Entwicklung seiner Personalität ist der einzelne junge Mensch darauf angewiesen, daß er anderen Menschen begegnet, die ihm Vorbild sein können und durch deren Leben deutlich wird, daß ein sinnerfülltes Leben nicht Utopie ist, sondern Realität sein kann. Diese Möglichkeiten können in der außerschulischen Jugendbildung wesentlich dadurch verbessert werden, daß Erwachsene zur Verfügung stehen, die sich aus ihrer Anonymität herausbegeben und das Vertrauen junger Menschen haben.

" Wesentliche Formen der Persönlichkeitsbildung sind persönliche Begegnungen, Möglichkeiten gemeinsamen Erlebens, bei denen junge Menschen Anstöße zur Entdeckung und Entwicklung ihrer Gaben und Fähigkeiten sowie zur Übernahme von Verantwortung erhalten. Unmittelbare Kommunikation, wie sie sich im Gespräch und auch in spielerischer Form darstellt, wird in der außerschulischen Jugendbildung bevorzugt, um Erfahrungen auszutauschen und Erkenntnisse zu vermitteln. Hinzu kommt die Information durch unterschiedliche Medien. Die Möglichkeiten, diese Inhalte umzusetzen, sind vielseitig. Sie werden u. a. in Seminaren, Gesprächsrunden und Geselligkeit erschlossen.

Religiöse Dimension An dieser Stelle kann nur andeutungsweise auf die religiöse Dimension in der außerschulischen Jugendbildung verwiesen werden, soweit sie sich aus einem religiösen Glaubensbekenntnis oder einer konfessionellen Bindung begründet. Dennoch lassen sich in einer Jugendbildung, die den jungen Menschen in seiner Suche nach Identität und Sinn anspricht, die religiösen Fragestellungen nicht ausklammern oder ausschließlich in den privaten Bereich verweisen, für den eine öffentliche Jugendbildung sich nicht zuständig weiß. Wenn die sogenannten Jugendreligionen einen starken Zulauf haben oder die Drogenabhängigkeit auf eine Sinn-und Glaubensleere verweist, treten erzieherische Komponenten ins Blickfeld, die es erforderlich machen, das Phänomen der religiösen Bindung und der Transzendenz überhaupt im Leben eines Menschen anzusprechen.

Im Kontext einer politischen Kultur, in deren Verfassung die Ehrfurcht vor Gott aufgenommen wurde, kann man religiöse Grundüberzeugungen nicht ausklammern. Hier geht es nicht um religiöse Bildung im Sinne einer Hin-führung zum Glauben oder dessen Verkündigung, sondern um die reflektierende Hereinnahme der Religion in das Konzept einer außerschulischen Jugendbildung, sowohl aus Gründen persönlicher Betroffenheit wie auch der politischen Vernunft.

Soziale Bildung Die außerschulische Jugendbildung hat die Chance, jungen Menschen Begegnung zu ermöglichen, bei der sie lernen können, die Fähigkeiten und Schwächen anderer zu achten. Sie können diese erfahren als Wert für sich selbst und als Möglichkeit, anderen zu helfen und sie zu unterstützen. Außerschulische Jugendbildung hat Erfahrungsfelder anzubieten, auf denen erlebt und reflektiert werden kann, daß und wie Menschen aufeinander angewiesen sind und sich gegenseitig mit ihren persönlichen Begabungen und Fähigkeiten ergänzen und unterstützen können. Junge Menschen erfahren dann, wie sehr Sinn und Inhalt des Lebens davon abhängen, daß sie sich anderen Menschen verpflichtet wissen. Jugendliche sollen auf Enttäuschungen vorbereitet werden und Zivilcourage lernen.

Außerschulische Jugendbildung kann Möglichkeiten eröffnen, in denen die Ich-Du-Be Ziehung als Grundlage sozialer Haltung eing übt und bewertet werden kann. Der Wert der Freundschaft ist dabei besonders herauszustellen. Einen besonderen Vorzug bietet dabei die überschaubare Gruppe. Gemeinsame Erlebnisse und Erfolge in Bildungsarbeit, Aktionen bei Fahrten und Freizeiten können das Bewußtsein der Gemeinsamkeit und der Ver antwortlichkeit stärken. Solche Gruppenbildüngen sollen deshalb gefördert werden.

Das schließt offene Formen der außerschulischen Jugendbildung mit geringerem Verbindlichkeitscharakter nicht aus, die junge Menschen in die Verbindlichkeit menschlichen Miteinanders einführen und zur Konfliktbewältigung befähigen.

Die soziale Jugendbildung in Gruppen muß Spannungen, Rückschläge und Konflikte hinnehmen, einbeziehen und bewältigen. Sie soll aber immer darauf gerichtet sein, Geborgenheit und Freude zu vermitteln, das Schöne und Gute aufzeigen und daran Gefallen wecken. Sie soll Kreativität und Spontaneität anregen. Sie soll Möglichkeiten zum Spielen, zum Feiern und zur selbständigen Gestaltung des Freizeitraumes vermitteln.

Außerschulische Jugendbildung muß durch praktische Einübung aufzeigen und ermöglichen, daß junge Menschen über die Bewältigung des eigenen Lebens hinaus durch Verantwortung für andere zur Verwirklichung von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität beitragen und sich selbst darin verwirklicht sehen. Die Möglichkeiten, diese Verpflichtung praktisch umzusetzen, müssen erweitert und gefördert werden. Nachbarschaftshilfe, Kinderbetreuung, Besuchs-und Betreuungsdienste im Rahmen offener und stationärer Hilfen, freiwilliger sozialer Dienst und Integration Behinderter, Hilfen für Spätaussiedler, ausländische Arbeitnehmer und Flüchtlinge, Aktionen zugunsten der Menschenrechte in aller Welt, Arbeit mit sozialen Randgruppen seien als beispielhafte Arbeitsfelder genannt.

Politische Bildung Politische Bildung hat die Aufgabe, — möglichst objektive Informationen über Baktoren und Funktionszusammenhänge politischer Prozesse zu geben;

— die Erkenntnisse des eigenen Standorts im Rahmen der Gesamtgesellschaft zu fördern;

— das politische Problembewußtsein, die politische Urteilsfähigkeit und Urteilsbereitschäft auszubilden;

T die Fähigkeit zu politischem Handeln zu entwickeln;

T das Wesen demokratischer Spielregeln be-" uStzumachen und demokratische Verfah-

ensweisen einzuüben;

gzur Bejahung der Grundwerte der freiheitlchen Demokratie zu führen.

ie politische Kompetenz als Ziel außerschuscher Jugendbildung verlangt umfassende Information. Politische Bildung im Rahmen von außerschulischer Jugendbildung soll deshalb aktuelle politische Ereignisse in ihren geschichtlichen Zusammenhang stellen und sie transparent machen. Die Informationen müssen alle politischen Ebenen und Sachbereiche einbeziehen. Politische Bildung soll Strukturen und Prozesse erkennbar machen und Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für politische Konflikte aufzeigen. Hieraus erwachsen die Grundlagen für eigenes politisches Urteilen und Handeln.

Politische Bildung kann auf ein umfangreiches Angebot an Informationsträgern und Informationsmedien zurückgreifen. Dabei ist eine kritische Auswahl aus dieser umfassenden Information ebenso unerläßlich wie die Adressaten der Information zu befähigen, Informationen und Informationsträger differenziert zu beurteilen. Außerschulische Jugendbildung muß eine Reihe von Möglichkeiten haben, -jungen Menschen politische Bildung auch durch Begegnung und Erfahrung zu vermitteln. Dazu gehören Begegnungen und Gespräche mit Politikern und anderen Repräsentanten und Gruppen ebenso wie internationale Begegnungen, innerdeutsche Begegnungen, Fahrten nach Berlin, an die innerdeutsche Grenze und in die DDR. Diese Möglichkeiten erschöpfen sich nicht in der Unterrichtung über politische, wirtschaftliche und kulturelle Situationen und die Geschichte des jeweiligen Landes oder Gebietes. Durch persönliche Kontakte und den Besuch von historischen Stätten kann das Verständnis für die Andersartigkeit der Menschen in bilateralen Bezügen geweckt und die besondere Lage verdeutlicht werden. Das persönliche Erleben soll die Bereitschaft zu friedlichem Miteinander der Menschen und Völker fördern.

Für die Einübung politischen Handelns und demokratischen Verhaltens bietet die außerschulische Jugendbildung in den eigenen Organisationsstrukturen viele Möglichkeiten. Wichtig ist, daß junge Menschen schrittweise an Aufgaben herangeführt und in der Wahrnehmung von Verantwortung begleitet werden. Die Eröffnung eines Aktionsraumes, der die Fähigkeit junger Menschen nicht ausschöpft oder sie übersteigt, führt zur Über-schätzung der eigenen Möglichkeiten oder zur Resignation und kann deshalb im Rahmen politischer Bildung nicht verantwortet werden. Politische Bildung im Rahmen der außerschulischen Jugendbildung soll zur aktiven Teilnahme an der Bewältigung aktueller Probleme befähigen. Dazu bieten sich vornehmlich Arbeitskreise, Projektgruppen, Seminare an. Kulturelle Bildung Kulturelle Bildung umfaßt das Bemühen, junge Menschen an Kultur heranzuführen, sie schätzen zu lernen und an ihr teilzuhaben. In der außerschulischen Jugendbildung muß diese Aufgabe wieder größere Bedeutung erlangen. Junge Menschen haben es infolge des Konsumangebots der Massenmedien weithin verlernt, sich selbst einen Zugang zu kulturellen Gütern zu verschaffen und Sinn für den kreativen Ausdruck von Sprache, Musik und Gestalten zu entfalten.

In der außerschulischen Jugendbildung sollen solche Formen der Vermittlung bevorzugt werden, die die Vorstellungskraft junger Menschen anregen. Damit kann der Gefahr einer einseitigen Reizüberflutung durch Bilder entgegengewirkt werden. Deshalb soll in der außerschulischen Jugendbildung besonders das Erzählen gepflegt werden, das Spannung und Begeisterung auslöst und die Vorstellungsfähigkeit anregt Die Freude am Lesen, Singen und Musizieren soll auch in unkonventionellen Formen gefördert werden. Darstellendes Spiel und Bewegungsspiele, bei denen passives Zuhören zum aktiven Mitgestalten wird, lassen die schöpferische Ausdrucksfähigkeit sich entwickeln und entfalten. Basteln und Werken mit einer Fülle von unterschiedlichen Materialien bieten dazu ausgezeichnete Ansätze; szenische Darstellung, Rollenspiele, Tanz und Rhythmik vermitteln nicht nur Freude, sondern geben auch den unterschiedlichsten Ausdrucksformen persönlicher Begabung Raum zur Entdeckung und Förderung. Der Rückgriff und der Hinweis auf künstlerische und kulturelle Vorbilder können das Verständnis und die Wertschätzung kultureller Güter erschließen und zur eigenen Tätigkeit anregen.

Freizeitgestaltung Das kommerzielle Angebot zur Gestaltung der Freizeit ist vielfältig ausgeweitet worden. Häufig wird dieses Angebot so selbstverständlich angenommen, daß der verfügbare, der Selbstgestaltung überlassene Raum sehr gering zu sein scheint. Außerschulische Jugend-bildung muß Alternativen entwickeln, die über die Entdeckung persönlicher Kreativität zum gemeinsamen Erleben führen. Unter diesem Aspekt sind Angebote in der außerschulischen Jugendbildung, die sich häufig damit begnügen, dem einzelnen Aufenthaltsmöglichkeit und Gelegenheit zum Spielen und Musik-hören zu geben, kritisch zu beurteilen.

In Jugendheimen soll das freiwillige, aber gemeinsame Tun gefördert werden. Es müssen Anreize gegeben werden für die gemeinsame Freizeitgestaltung von Jugendlichen und Eltern. Dazu bieten sich gesellige Veranstaltungen und Formen der Begegnung an. Das gemeinsame Spiel für Jung und Alt, Tanz, Feste und Feiern müssen als Form der kreativen Freizeitgestaltung neu entdeckt werden. Jugendheime und Spielplätze müssen einladenden und auffordernden Charakter haben. In der größtmöglichen Vielfalt müssen Betätigungsangebote vorgehalten werden. Das gilt auch für Anregungen zur Ferien-und Urlaubs-gestaltung. Der Erlebnisraum für die Familie muß in gleicher Weise wie der für die Gleichaltrigen eröffnet und gefördert werden.

Sport Die Organisationsstruktur im Sportwesen und die Ausweitung der öffentlichen Sportförderung haben aber dazu geführt, daß der Sport sich zunehmend verselbständigt hat und aus den Angeboten außerschulischer Jugendbildung abgewandert ist. Er ist kaum noch integrierter Bestandteil der allgemeinen Jugendarbeit. Der spielerische Sport und die Vielfalt des Breitensports sind in der außerschulischen Jugendbildung zuwenig genutzt. Diese Möglichkeiten müssen für die außerschulische Jugendbildung wieder erschlossen werden. Es ist notwendig, dafür die räumlichen Voraussetzungen zu schaffen. Die Sportstätten sind für die außerschulische Jugendbildung nur selten nutzbar. Die entsprechende Anlage und Umgestaltung von Jugendheimen und die Ausstattung mit entsprechenden Geräten kann die Verbreiterung des Angebotes begünstigen. Es ist notwendig, die spärlichen Freiflächen in den Ballungsräumen als Bolz-und Spielplätze für den spielerischen Sport nutzbar zu machen. Außerschulische Jugendbildung und Aktion Jugend ist die Phase des körperlichen, geistigen und seelischen Wachstums-und Reifeprozesses, in dem der Mensch ein Bild von sich und den anderen erwirbt, das sein Wollen und Denken, seine Einstellung und sein Handeln für das ganze Leben wesentlich bestimmt. Dieser wesentliche Lernabschnitt darf nicht verkürzt werden auf den Erwerb theoretischen Wissens, auch wenn die Schule und die fortschreitende Verschulung der Ausbildung of den Anschein erwecken, als käme es allen oder vornehmlich darauf an. Jede Einseitigkeit des Lernens birgt in diesem Alter große Gefahren für die umfassende Entfaltung des Menschen. Daher sind alle Lernbereiche und alle Lernmethoden so lange und so vielfältig wie möglich für junge Menschen offenzuhalten; nur so haben sie die Chance, ihre Anlagen und Fähigkeiten zu erkennen und zu entfalten.

Besonders wichtig dabei ist, daß die verschiedenen Lernbereiche und -methoden allein nach dem Nutzen für die individuelle und soziale Entwicklung des einzelnen bewertet werden. Unter dieser Rücksicht ist die im Laufe der letzten 150 Jahre entwickelte Hierarchie der Lernbereiche mit der Bevorzugung theoretischer bzw. kognitiver Komponenten zu überprüfen. Eine vorzugsweise theoretisch-wissenschaftliche Ausbildung sagt nichts über die individuelle und gesellschaftliche Qualität der einzelnen. Eine solche Ausbildung darf in unserer demokratischen, differenzierten Industriegesellschaft keine gesellschaftlichen Privilegien bringen.'Der so Ausgebildete hat nicht von vornherein ein Anrecht auf eine bestimmte berufliche Karriere. Er hat sich dem Wettbewerb mit anderen zu stellen. Der Grundsatz der Chancengerechtigkeit gebietet und die wirtschaftliche Notwendigkeit erfordert die gesellschaftliche Gleichrangigkeit der Menschen vergleichbarer theoretischer und praktischer Qualifikationen. Daher sind auch die Wege zum Erwerb dieser Qualifikationen und die Methoden allein unter Zielaspekten zu bewerten.

Außerschulische Jugendbildung, die sich an den Bedürfnissen und Interessen junger Menschen orientiert und auf die optimale Entfaltung der Anlagen und Fähigkeiten zielt, kann sich nicht auf theoretische Lernangebote beschränken. Sie muß darauf bedacht sein, den inneren Zusammenhang und das gegenseitige Bedingen von Bildung, Gesellung, Aktion und Interessenvertretung zu nutzen und dabei Theorie und Praxis miteinander zu verschränken.

In der Kindheit lernt der Mensch zunächst durch Einüben von Tun und Lassen. Später treten die Reflexion der Handlungen und ihre Begründung hinzu. Lernen durch Tun ist eine, nicht nur auf die Entfaltung manueller Fähigkeiten anwendbare, pädagogische Maxime. Sie gilt ebenso für das Einüben sozialer Ver-dntwortlichkeiten. Damit junge Menschen 1er-nen können, die persönlichen und sozialen Aufgaben der Erwachsenen zu bewältigen, brauchen sie besondere Möglichkeiten der Einübung und Erfahrung dieser Verantwortlichkeiten. Jugend-und Sportverbände, schulische und betriebliche Mitwirkungsgremien sind besonders geeignet, erste Erfahrungen zu vermitteln. Gesellschaftliche Gruppen, Verbände, Gewerkschaften und Parteien tragen zum Hineinwachsen junger Menschen in die Gesellschaft bei, wenn sie die jungen Menschen nicht als Objekte der Betreuung oder als Reservoir für die möglichst unreflektierte Tradierung der eigenen Ideen und Strukturen betrachten, sondern ihnen die Chance geben, im Rahmen ihrer wachsenden Kraft Aufgaben zu übernehmen. Von den Erwachsenen, die in Gesellschaft und Staat Verantwortung tragen, ist dabei ein hohes Maß an Toleranz und partnerschaftlichem Verhalten gefordert, das auch die Möglichkeit einschließt, eines Tages im Wettbewerb mit dem „Nachwuchs" um entscheidende Positionen in Gesellschaft und Beruf zu stehen.

Außerschulische Jugendarbeit und praktische Berufsausbildung können jungen Menschen vielerlei Lernfelder für praktisches Tun und Verhalten bieten. Sie reichen von der Förderung des kreativen Geschicks, musischer und sportlicher Betätigung über die Ausbildung manueller Fertigkeiten bis zur sozialen Aktion. Sie tragen zur Selbstverwirklichung des einzelnen im individuellen wie sozialen Leben bei.

Der Grundsatz „Lernen durch Tun" verbindet Bildung mit Aktion. Dabei ist besonderes Augenmerk darauf zu richten, daß alle Aktionen und Betätigungen nicht um ihrer selbst willen und auch nicht ohne Berücksichtigung ihrer Grundlagen, Ziele und möglichen Wirkungen betrieben werden. Verantwortungsbewußte außerschulische Jugendbildung wird daher nicht blinden Aktionismus betreiben, sondern jede Aktion als zu verantwortendes pädagogisches Handeln begreifen, das einen für den einzelnen und die Gemeinschaft erfahrbaren Sinn hat. Seine Elemente werden bewußt gewählt, sein Erfolg oder sein Scheitern mit allen Konsequenzen von den Beteiligten mitgetragen. Dabei muß sich der einzelne auch jederzeit nach der Zielperspektive von Aktionen für das eigene Leben und die Zukunft der Gemeinschaft, nach der Zulässigkeit der Ziele und der Angemessenheit der Methoden befragen lassen.

VI. Freie und öffentliche Träger außerschulischer Jugendbildung

Außerschulische Jugendbildung im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsentfaltung und öffentlichem Interesse Außerschulische Jugendbildung ist im umfassenden Sinne Dienst am Gemeinwohl. Staat und gesellschaftliche Gruppen teilen sich diese Aufgabe. Es ist selbstverständlich, daß das Gemeinwesen bei einem so komplexen und entscheidenden Prozeß wie der Sozialisation der ihn künftig tragenden Generationen ein Interesse an allgemeinverbindlichen und umfassenden Regelungen hat, dabei aber verpflichtet ist, die Persönlichkeits-und Freiheitsrechte der jungen Menschen zu achten und zu wahren.

Der Sozialisationsprozeß des einzelnen berührt Grundwerte und Grundrechte unserer staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung. Insbesondere sind zu nennen:

— die Unantastbarkeit der Würde der Person; — das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit; — die Gleichheit aller vor dem Gesetz;

— die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses; — die Meinungsfreiheit;

— das Erziehungsrecht und die Erziehungspflicht der Eltern;

— die Versammlungs-und Vereinigungsfreiheit. Die folgenden Grundpositionen bilden das öffentlich zu garantierende Bedingungsgefüge der außerschulischen Jugendbildung:

— das Wahlrecht und die Wahlmöglichkeit des einzelnen, die Freiwilligkeit der Annahme, Teilnahme und Beteiligung; _ — das Recht von einzelnen und Gruppen, ihrem Selbstverständnis gemäße Ziele, Inhalte und Formen zu wählen, sich entsprechender . Trägerorganisationen zu bedienen und solche zu bilden;

— die sich aus dem vorrangigen Erziehungsrecht der Eltern ergebenden Mitwirkungsrechte; — das vorrangige Betätigungsrecht gesellschaftlicher Gruppierungen vor dem öffentlicher Institutionen, die Pluralität des Angebotes und die öffentliche Gewährleistung dafür. Im Rahmen dieses Grundgefüges besteht ein ständiges Spannungsverhältnis verschiedener Faktoren: — der relativ rasche Wandel von Interessen und Bedürfnissen Jugendlicher begrenzt die Möglichkeiten langfristiger Planung;

— die Wahrung der Erziehungsrechte der Eltern; — die Gewährleistungs-, Ordnungs-und Förderungsfunktion von Kommunen, Ländern und des Bundes;

— die Autonomie der Träger in der Jugend-bildung; — die Abgrenzung zwischen den Angeboten freier Träger und den Förderungs-und Ergänzungsleistungen der öffentlichen Hand;

— die Notwendigkeit längerfristiger Planung. Das Zusammenwirken dieser Einflüsse und die Rückwirkung von Erziehung, Bildung und Ausbildung auf das Gemeinwesen haben zur Folge, daß dieses Spannungsverhältnis stets in der öffentlichen Diskussion steht und seine konkrete Gestaltung im Interesse der Jugendlichen und der Gesellschaft immer wieder überprüft werden muß. Die Handlungs-und Entscheidungsfreiheit der Jugendlichen, Eltern und freien Trägern der außerschulischen Jugendbildung einerseits und die Leistungsgarantie der öffentlichen Hand andererseits setzen den gesellschaftlichen und politischen Austausch voraus. Im Rahmen der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Grundordnung ist klargestellt, daß dem Staat hier nur die Funktion der Prüfung und Stützung, nicht aber vorrangig der Gestaltung und Trägerschaft selbst zugesprochen ist.

Bedingungen und Grenzen der Subsidiarität Der freiheitliche Staat zeichnet sich durch die Gewährleistung der Handlungsfreiheit vor einzelnen und Gruppen sowie durch die Frei heit von staatlichem Einwirken in bestimmter Lebensbereichen aus. Soweit der einzelne i Gemeinschaft mit anderen seine Anliegen re geln kann, bedarf es dazu keiner staatlichei Maßnahmen. Der Staat hat gegenüber de Freiheit und Verantwortung des einzelnen so wie der Solidargemeinschaften eindeutig Nachrang. Dieses Prinzip der Subsidiaritä (d. h. Recht der kleinen Lebenskreise, Hilfe de Gemeinschaft gegenüber ihren Gliedern, Vei antwortung der Glieder gegenüber der Ge meinschaft) gilt in gesellschaftlichen un staatlichen Bereichen gleicherweise. Die Ter denz, daß übergeordnete Strukturen KomPe tenzen und Mittel zunehmend an sich ziehe und damit Abläufe festschreiben und die Initiative und Kreativität an der Basis hemmen, ist in Großorganisationen ebenso gegeben wie in der Hierarchie der Gebietskörperschaften und ihrer Verwaltungen.

Subsidiarität bedeutet vor allem: Das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zu wahren, die Voraussetzungen für deren eigene Leistungen zu schaffen und sie zu fördern und zu unterstützen.

Pluralität und Subsidiarität sind kennzeichnend für das Verhältnis von freien und öffentlichen Trägern der außerschulischen Jugend-bildung zueinander. Zuordnung und Begrenzung der Betätigung richten sich nach folgenden Kriterien:

-der freie Träger muß seinen Willen zum Engagement in einem bestimmten Bereich klar erkennbar zum Ausdruck bringen;

— ausreichende Leistungsfähigkeit für die Übernahme der Aufgabe muß auf Dauer bestehen, sie kann durch öffentliche Förderung gesichert werden;

— zur Darstellung der jeweiligen Bedürfnis-lage und ihrer Entsprechung bedarf es klarer Zielbestimmung der Aktivitäten freier Träger, diese sollten darüber hinaus auf freiwilliger Basis untereinander abgestimmt werden;

— die Verwirklichung des Prinzips der Nachrangigkeit der öffentlichen Träger ist davon abhängig, daß die freien Träger effizient, solidarisch und im selbständigen Bemühen um einen Grundkonsens tätig sind;

— wenn freie Träger einen festgelegten Bedarf auch nach Aufforderung und Förderungsangebot nicht abdecken, soll diese Aufgabe von öffentlichen Trägern wahrgenommen werden;

— im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungspflicht hat der öffentliche Förderer Defizite festzustellen, durch Kritik und Beratung auf Verbesserungen hinzuwirken und, falls erforderlich, rechtliche Sanktionen zu veranlassen;öffentliche Träger sind zur weltanschaulichen Neutralität und parteipolitischen Ausge-" ogenheit verpflichtet;

-wennauch einzelne Angebote freier und öffentlicher Träger faktisch gelegentlich konkurrieren, so dürfen sie doch prinzipiell nicht in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. ie Gemeinwohlverpflichtung schließt aus, aß es sich bei der Förderung freier Träger nur um einen einbahnigen Vorgang handelt. Im In-fresse aller Betroffenen steht vielmehr der idlog der Träger und ihrer verantwortlichen Mitarbeiter, um im Rahmen einer Grundförderung und Bestandsgarantie, welche die Selbständigkeit der freien Träger und ihre inhaltliche und methodische Vielfalt stärkt, die notwendige Bedarfsbezogenheit und Flexibilität zu sichern. Maß und Art des erforderlichen Angebots an außerschulischer Jugendbildung sind langfristig nicht festschreibbar.

So wenig es Staat und Kommunen zusteht, alle Aktivitäten an sich zu ziehen, so wenig kann es im Sinne der freien Träger sein, sich durch langfristig festgeschriebene Einzelpläne an „goldene Zügel" legen zu lassen. Subsidiarität erfordert deshalb ständig allseitige Bereitschaft zur Klärung der Interessen, Bedürfnisse und Absichten der Betroffenen und ihrer Organisationen mit den öffentlichen Trägern in den dafür vorgesehenen Gremien.

Die zunehmende Professionalisierung auch bei den freien Trägern, notwendig zur Qualifizierung der Arbeit und zur Ausbildung und Betreuung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, darf weder zur Anpassung an öffentliche Zuschußprogramme noch zum inneren Hemmschuh werden, bzw. zum Zwang immer neue „Bedarfsfelder" entwickeln zu müssen.

Letztendlich sichert nur das persönliche ehrenamtliche Engagement in Gruppen, Verbänden und Organisationen die Bedarfsbezogenheit, die Flexibilität und die Offenheit der Arbeit der freien Träger. Von ihr hängt es ab, ob Subsidiarität nur ein formales Prinzip oder gesellschaftliche Wirklichkeit ist.

Der Ordnungskonsens Wenn als öffentliche Aufgabe verstandene außerschulische Jugendbildng nach dem Subsidiaritätsprinzip strukturiert und in ihrem Bestand auch durch die Förderung aus öffentlichen Mitteln abgesichert ist, so setzt dies bei den einzelnen Trägern wie den Kommunen und dem Staat den Konsens über die Grundprinzipien der Ordnung voraus, in der außerschulische Jugendbildung stattfindet.

Der einzelne Träger außerschulischer Jugend-bildung in der Bundesrepublik Deutschland, der sein Bildungsangebot mit öffentlichen Mitteln finanzieren will, muß sich verpflichten, mit seinem Bildungsangebot eine den Zielen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland förderliche Arbeit zu leisten. Das setzt die Anerkennung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie voraus. Da die konstruktive, d. h. kritisch-loyale Mitarbeit am Grundkonsens im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ver-langt ist, ist der Spielraum öffentlich anerkannter außerschulischer Jugendbildung enger als der vom Grundgesetz garantierte Raum der individuellen Meinungsfreiheit. Der einzelne Träger trifft zunächst für sich selbst die Entscheidung darüber, ob sein Angebot innerhalb des Bereiches öffentlich geförderter außerschulischer Jugendbildung angesiedelt sein soll oder nicht. Die notwendige Kehrseite dieser Autonomie der Träger bei der Formulierung ihrer Ziele und Wertgrundlagen ist ggf.der Verzicht auf staatliche Anerkennung und öffentliche Förderung.

Kommunen und Staat als Garanten dieses Systems sind verpflichtet, die Vergabe von Mitteln von der konstruktiven Mitwirkung am Grundkonsens und von der Gewähr für die sachgerechte, wirtschaftliche und zweckmäßige Verwendung der Mittel im voraus abhängig zu machen. Aus diesem Grunde sind von der Förderung ausgeschlossen Maßnahmen, die — für prinzipielle Alternativen zur repräsentativen Demokratie werden; — für Gewalt als Mittel der Meinungs-und Interessendurchsetzung werben;

— in Ziel und Form der Diskriminierungein zelner oder bestimmter Gruppen dienen; — in Didaktik und Methodik so ausgelegt sind, daß die Teilnehmer in ihrer Urteilsfindung beeinträchtigt und zu Aktionen mij braucht werden;

— deren Träger nicht bereit sind, Ziele, In halte und Methoden offenzulegen;

— der Erzielung wirtschaftlicher Vorteile de Trägers dienen oder für die keine ordnungsge mäße Rechnungslegung gewährleistet ist.

Es ist die gemeinsame Aufgabe der einzelne, Träger wie der Kommunen und des Staatei den Mitarbeitern der außerschulischen Ju gendbildung den Zusammenhang zwischen öl fentlicher Förderung und Verfassungskonsen durchschaubar zu machen, diesen»Zusammer hang zu begründen, Zustimmung dazu zuwel ken und zu bestärken.

V II. Pädagogische Mitarbeiter in der außerschulischen Jugendbildung

Notwendigkeit ehrenamtlicher Mitarbeiter in der außerschulischen Jugendbildung Das eigenständige Sozialisationsfeld, das die außerschulische Jugendbildung Jugendlichen in Ergänzung zu der Erziehung in der Familie und in der Schule oder im Beruf anbietet, hat zum wesentlichen Gestaltungsmerkmal, daß Jugendliche an diesen Aufgaben freiwillig teilnehmen und an der Organisation’ der außerschulischen Jugendbildung verantwortlich mitwirken können. Folglich muß die außerschulische Jugendbildung so organisiert sein, daß sie, soweit wie möglich, von den Jugendlichen selbst in ehrenamtlicher Mitarbeit gestaltet werden kann. So wichtig es ist, daß Jugendliche in der und durch die außerschulische Jugendbildung Selbstverantwortung und Selbstorganisation praktizieren, so unerläßlich ist es, daß Erwachsene ehrenamtlich mitarbeiten. Damit die ehrenamtlichen Mitarbeiter ihre Aufgaben in der außerschulischen Jugendbildung erfüllen können, müssen die Träger ausreichende Möglichkeiten der Aus-und Weiterbildung bereitstellen. Im Interesse der Pluralität der außerschulischen Jugendbildung sind trägerspezifische Aus-und Weiterbildungsangebote zu bevorzugen, weil diese die Methoden der Gruppen-und Bildungsarbeit unvermittelter auf die besonderen Wertziel beziehen und auch den Anwendungsbezug ui mittelbarer herstellen können.

Haupt-und nebenamtliche pädagogisc Mitarbeiter als notwendige Ergänzung d ehrenamtlichen Mitarbeiter Haupt-und nebenamtliche Mitarbeiter sir notwendig und haben die ehrenamtlich« Mitarbeiter zu unterstützen. Durch fachlich« Rat und organisatorische Hilfe tragen sie z Kontinuität bei. Die zunehmende Differenz! rung der Organisation der außerschulisch Jugendbildung und die Tendenzen zur Ausb düng einer eigenen Fachlichkeit in der Gru pen-und Bildungsarbeit haben in den letzt Jahren bewirkt, daß vor allem die Zahl c hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeil gewachsen ist. Allein die Anzahl der hau amtlichen Mitarbeiter garantiert jedoch nk ohne weiteres eine Qualitätsverbesserungaußerschulischen Jugendbildung. Die Qual kation der hauptamtlichen Mitarbeiter m ein zentrales Anliegen sein. Forderung nach ihrer Professionalisierung sind bis) noch nicht in die Tat umgesetzt worden-, e Professionalisierung, wie sie in der Schule U Hochschule verwirklicht ist, hat sich inaußerschulischen Jugendbildung bisher ni realisieren lassen. Die für eine Professionalisierung charakteristischen Merkmale _ normierte Ausbildung, — geregelte Laufbahn mit kalkulierbaren Aufstiegschancen, — eigenständige Berufsrolle mit einem vom Arbeitsplatz unabhängigen Sachverstand. lassen sich in der außerschulischen Jugendbildung nicht umsetzen. Gewiß ist das Bemühen der hauptberuflichen Mitarbeiter anzuerkennenund zu unterstützen; angesichts der Flexibilität in der außerschulischen Jugendbildung besteht aber die Gefahr, daß die Professionalisierung in diesem Bereich in Sterilisierung umschlägt. Eine hauptberufliche Tätigkeit in der außerschulischen Jugendbildung ist und soll also auch in Zukunft mehr eine Durchgangsstation als eine Perspektive auf Lebenszeit sein.

Quälifikationen für die hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter Wichtigstes Element zur Klärung des Tätigkeitsbildes von Jugendbildungsreferenten in Jugendbildungsstätten und in Jugendverbänden sowie von Jugendpflegern in Einrichtungen der offenen Jugendarbeit ist eine Verständigung über die Anforderungen. Unerläßlich sind:

— personale Kompetenz, die vornehmlich durch eine eigene, vorhergehende ehrenamtliche Tätigkeit oder eine vergleichbare Mitarbeit in der außerschulischen Jugendbildung ausgewiesen wird;

— fachliche Kompetenz, die oft durch ein abgeschlossenes Studium oder eine andere fach-bezogene Ausbildung nachgewieSen wird;

— methodische Kompetenz, die für die Organisation von Bildungsarbeit und von Gruppen-arbeit unerläßlich ist.

Außerschulische Jugendbildung ist wegen der Vielschichtigkeit und der Verflechtung mit anderen Bereichen der Jugendarbeit jedoch nicht ausschließlich unter diesen Gesichtspunkten zu sehen. -Anforderungen an die Hochschulausbildung f^uptberuflicherpädagogischer Mitarbeiterin der außerschulischen Jugendbildung Öen Hochschulausbildungsgang, der aus-schließlich auf eine pädagogische Tätigkeit in der außerschulischen Jugendbildung vorbereitet, gibt es bisher nicht, und er soll auch nicht geschaffen werden. Die Arbeitsfelder sind zu vielfältig; den pädagogischen Mitarbeitern soll der Übergang zu den anderen Bereichen der Jugendhilfe und zur Weiterbildung offen-stehen.

Eine Hochschulausbildung vermitteln Fachhochschulen, Erziehungswissenschaftliche Hochschulen und Universitäten.

Der Praxisbezug des Studiums ist zu gewährleisten. Erfolgreich kann er nur durch die verantwortliche Mitarbeit der Träger der außerschulischen Jugendbildung erreicht werden, z. B. durch eine praxisbezogene Ausbildung, durch Projektstudium, Lehraufträge für qualifizierte Praktiker der Jugendarbeit, fachlich begleitete Praktika und Mitwirkung bei der Entwicklung der Studienpläne.

Zu vermeiden ist eine Ausbildung, die vorrangig politische Ziele verfolgt und damit die Ausbildung der hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter in der außerschulischen Jugendbildung ideologisiert.

Die Träger der außerschulischen Jugendbildung sollen ihrerseits mehr als bisher bereit sein, an der Ausbildung ihrer künftigen Mitarbeiter mitzuwirken.

Notwendigkeit der Fortbildung der haupt-und nebenberuflichen Mitarbeiter Angesichts der sich wandelnden Aufgaben in der außerschulischen Jugendbildung ist Fortbildung der haupt-und nebenberuflichen pädagogischen Mitarbeiter notwendig. Diese Fortbildung kann aber nur gelingen, wenn ein praxisorientierter Dialog zwischen Trägern der außerschulischen Jugendbildung und Wissenschaftlern stattfindet.

Im Hinblick auf die Pluralität der außerschulischen Jugendbildung treten neben ein ausreichendes Angebot trägerinterner Veranstaltungen solche, die einzelne Träger auf der Grundlage ihrer Wertbezüge offen, auch für Mitarbeiter anderer Träger, anbieten und schließlich solche, die wegen des allgemeinen Charakters vom öffentlichen Träger durchzuführen sind (z. B. Informationsveranstaltungen über Förderung, Verhältnis Ganztagsschule/Jugendarbeit, methodische Fragen etc.).

VIII. Die Verantwortung von Politik für Jugend

Jugend und Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland Im Zuge der Entwicklung junger Menschen formen sich ihre Erwartungen an das Leben, an ihre soziale Umwelt, an die Politik. Diese Erwartungen werden geprägt durch Familie, Gruppentradition, geistige und religiöse Bindung, aber auch durch die Medien, durch den Umgang mit Freunden, Altersgenossen und Berufskollegen.

Je mehr diese Erwartungen Gestalt annehmen, desto mehr spüren junge Menschen deren Distanz zu der sie umgebenden sozialen und politischen Wirklichkeit. Nicht selten erwächst hieraus ein erster Impuls zu gemeinschaftsbezogener politischer Aktivität. Junge Menschen erfahren dabei jedoch auch, daß ihr Bemühen auf vielerlei Schwierigkeiten stößt: — Das öffentliche Leben — vor allem das staatlich-rechtlich geordnete — hat einen Grad von Kompliziertheit und Komplexität erreicht, der es selbst für den überdurchschnittlich interessierten Bürger kaum noch durchschaubar sein läßt.

— Der ständige Wandel in den gesellschaftlichen Bezügen führt zu raschen Verschiebungen der individuellen Interessen und häufigen Änderungen in der Rangfolge der persönlichen Bedürfnisse, so daß sich auch die Erwartungen an das öffentliche Handeln ständig kurzfristig ändern. Die notwendige Stetigkeit und Berechenbarkeit politischer Haltungen wird sichtbar; die Herausbildung identitätsstiftender Traditionen fast unmöglich.

— Der heute schnellere Wandel in der Rangfolge politischer Grundsätze verursacht zusätzliche Unsicherheit in bezug auf politische Einstellungen. Um diese Unsicherheit zu überwinden, wächst die Neigung zur Verabsolutierung partieller Wert-und Zielaspekte.

— Viele Probleme erfordern heute eine großräumige Behandlung und Lösung. Die Schwierigkeit, Vorgänge dieser Art hinreichend zu durchschauen, bestärkt nicht selten die Tendenz — vor allem auch junger Menschen — zum Rückzug auf den räumlich überschaubaren Bereich: Die Attraktivität von örtlichen und regionalen Bürgeraktivitäten wie auch die Renaissance des Heimatbegriffs sind manchmal Ausdruck dieser Tendenz.

Sichtbarer Ausdruck der Mündigkeit eines jungen Menschen als Staatsbürger ist die Erlangung des Wahlrechts. Sein gemeinschaftsbezogenes Handeln erfährt hier eine neue Qualität durch das Element der Verantwortlichkeit im und für das öffentliche und staatliche Leben. War er bis zu diesem Zeitpunkt eher betroffener und umsorgter Adressat öffentlicher Maßnahmen, wird er nun auch zu deren Gestalter.

Die Fähigkeit und die Bereitschaft des jungen Menschen, am öffentlichen Leben teilzunehmen, setzt Vertrautheit mit seiner politischen Umgebung voraus. Eine wichtige Aufgabe auch der außerschulischen Jugendbildung besteht darin, diese Vertrautheit herauszustellen und zu verbessern. Vertrautheit umschließt hier das Wissen um Vorgänge und Zusammenhänge, zugleich aber auch Verständnis für den Sinn dessen, wozu Politik geschieht: nicht um eines abstrakten „Systems" oder absolut gesetzten ideologischen Zieles willen, sondern um die Existenz und Wirkungsfähigkeit des Menschen in seiner sozialen Umgebung zu verbessern. Demokratie erfordert die Fähigkeit der zur Teilnahme an der Entscheidung aufgerufenen Bürger, diese Entscheidung sowohl mit Engagement wie mit sachlicher Kompetenz treffen zu können.

In zunehmendem Maße sind Erwartungen junger Menschen an die Demokratie Erwartungen an die politische Kultur. Mindestens in gleichem Maße wie nach den Zielen und Inhalten beurteilen junge Menschen die Politik nach dem Verfahren und vor allem nach den Formen und dem Stil, in dem Politiker, Verbände, Parteien und die Institutionen des Staates miteinander umgehen. Die — Achtung der Würde des politischen Gegners, — Fairneß im Verhalten, — Aufrichtigkeit, — Übereinstimmung von Aussage und Verhalten, s — Toleranz und Gerechtigkeit, — Bereitschaft, die Argumente des Gegners ernst zu nehmen, sind Kriterien, die für viele junge Menschen die Einstellung zu politischen Institutionen nachhaltig prägen.

Vieles spricht dafür, daß angesichts der Schwierigkeit, das politische System und den politischen Prozeß zu durchschauen, mit ihm „vertraut" zu sein, die Neigung wächst, politische Vorgänge weniger nach ihren Inhalten, sondern überwiegend nach ihrem Grad an Erfüllung der Erwartungen und deren politische Kultur zu beurteilen. Aber jede Verabsolutierung eines Aspektes führt zu Verzerrungen und fehlerhaften Entscheidungen und Einstel-B lungen. Aufgabe der außerschulischen Jugendbildung ist es daher auch, Verständnis dafür zu vermitteln, daß nicht in der maximalen Betonung eines Aspektes, sondern in der optimalen Verknüpfung in der Regel mehrerer verschiedener oder gar gegenläufiger Aspekte das erstrebenswerte Ergebnis gesehen wird. Dies gilt nicht nur für die institutionalisierte außerschulische Jugendbildung, sondern auch für jede auf Jugendliche wirkende politische Handlung.

Jugend und Parteien Die Erwartungen an Parteien Die Funktion der Parteien im politischen System wie im politischen Prozeß wird von jungen Menschen zwiespältig beurteilt. Prinzipiell als notwendiges Instrument der politischen Willensbildung akzeptiert, stößt das Bemühen der Parteien zur Bündelung politischer Meinungen, zur Darstellung politischer Alternativen und zu deren Umsetzung in die parlamentarische Entscheidung vielfach doch auf Vorbehalte. Die Tatsache, daß in der Politik nicht über Wahrheiten entschieden, sondern nach Mehrheiten gesucht wird, ist dem Streben junger Menschen nach „richtigen“ Lösungen zunächst fremd und schwer verständlich. Da sich politische Positionen unvermeidbar in Personen manifestieren, verwischt sich häufig die Grenze zwischen sachlichen Diskussionen um Mehrheitsergebnisse und Machtkämpfe um Einzel-und Gruppeninteressen.

Während prinzipiell die Fähigkeit zum Kompromiß als demokratische Tugend akzeptiert wird, ist der tatsächliche Kompromiß in einer politisch wesentlichen Frage dem Verdacht ausgesetzt, Folge nur taktischen Verhaltens zu sein. Es bhdarf der existenziellen Erfahrung, daß Leben von Menschen miteinander nur durch Kompromisse möglich ist — Kompromisse nicht nur in Sachfragen, sondern auch zwischen den (vielfach idealisierten) Erwartungen an das Leben und der Lebenswirklichkeit. Umfassende politische, gesellschaftliche Mitwirkungs-und Mitgestaltungsmöglichkeit aber auch Verantwortlichkeit und Einstehen für die Folgen einer Entscheidung oder Handlung gegenüber der Öffentlichkeit dies ist durch die praktische Arbeit in einer Partei am ehesten und deutlichsten zu erfahren — mit allen Konsequenzen, die dies für die Beteiligten haben kann. Es ist eine unerläßliche Aufgabe politischer Parteien, dieses Handlungsund Erfahrungsfeld jungen Menschen zu eröffnen und sich ihren Fragen zu stellen. In gleicher Weise haben Parteien die Pflicht, das politische Engagement junger Menschen in anderen Bereichen, in Verbänden, Berufsorganisationen, Kirchen, Gewerkschaften und Mitverantwortungsgremien in Schulen und Betrieb, zu würdigen und zu fördern.

Jugend in Parteien Für die Heranführung junger Menschen an die politische Praxis spielen die Gruppierungen der jungen Mitglieder in den Parteien eine wichtige und nützliche Rolle. Sie sollen in das politische Handeln einführen und Erfahrung im demokratischen Verhalten vermitteln, indem sie ihre Aktivität vornehmlich auf Sachgebiete richten, die den Interessen junger Menschen besonders nahe liegen.

Falsch wäre es, wenn diese Gruppierungen sich und die Formation junger Menschen als Selbstzweck verstünden. Sie würden dann zur gesellschaftlichen Isolierung und zur Abwendung von der repräsentativen Demokratie beitragen, nicht aber an die Politik heranführen. Die Parteien haben gegenüber jungen Mitgliedern die selbstverständliche Verpflichtung, ihnen die praktische Mitarbeit als Teil der politischen Wirklichkeit zu ermöglichen. Schon-räume haben nur dann Wert, wenn sie als Übergangshilfe verstanden und genutzt werden. Neben der Vorbereitung auf die politische Wirkungsmöglichkeit bieten die Gruppen junger Mitglieder zusätzlich Raum für jugendgemäße Aktivitäten und Gesellungsformen. Die Erfahrung unmittelbarer Solidarität, des Vertrauens und der gegenseitigen Hilfe, aber auch gemeinsamer Freizeitgestaltung, sind Beiträge der Jugendgruppen der Parteien zur Entwicklung junger Menschen. Die Jugendgruppen selbst, ihre „Mutterparteien“ und die jungen, zur politischen Bildung und Aktion bereiten Bürger finden hier einen Platz, an dem sich ihre übereinstimmenden Interessen niederschlagen.

Verantwortete Freiheit Junge Menschen erwarten, sich in Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft frei entfalten zu können. In der Spannung zwischen Freiheit und einer Bindung, die Rechte gewährt und Pflichten erfordert, sollen junge Menschen ihren Platz in der Gemeinschaft finden, an dem sie ohne Zwang verantwortlich entscheiden und handeln können. Maßstäbe für ihr Urteil und Beweggrund ihres Handelns sind Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Außerschulische Jugendbildung. Ein Positionspapier von Stephan Eisel, Werner Gran, Hans Palm, Eggert von Petersdorff, Rainer Pelka, Konrad Pflug, Karin Renate Quessel, Herbert Scheffler, Hans Joachim Stahl, Johannes Tessmer im Auftrag der Arbeitsgruppe Politische Bildung/Weiterbildung unter Leitung von Ursula Benedix-Engler, herausgegeben von Dr. Bernhard Gebauer. Die Arbeitsgruppe Politische Bildung/Weiterbildung hat sich 1974 im Rahmen der Akademiearbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung konstituiert. Ihr gehören Praktiker der politischen Erwachsenenbildung, Wissenschaftler, Vertreter von Verbänden und Politiker an. Die Arbeitsgruppe sieht ihre zentrale Aufgabe in der Unterstützung der politischen Bildungsarbeit vorrangig in den freiheitlich-sozial orientierten Bildungsstätten und konzentrierte sich bisher in ihrer Arbeit auf die Schwerpunkte: Zielvorstellungen der politischen Bildung, Realisierbarkeit von Bildungsurlaub, Erarbeitung von Grundsätzen einer praxis-orientierten Ausbildung von Erwachsenenbildnern und Mitwirkung an einem politischen Konzept zur Weiterbildung. Seit 1977 arbeitete sie an einem Positionspapier zur politischen Erwachsenenbildung, das Ende 1978 in „Aus Politik und Zeitgeschichte" (B 48/78) veröffentlicht und auch von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Hanns-Seidel-Stiftung in einer eigenen Publikation herausgegeben wurde. Seit 1979 arbeitet die Gruppe an der Problemanalyse des Verhältnisses von Erwachsenenbildung und Hochschulen, an Grundsatzüberlegungen zur Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik Deutschland und an Grundlagen und Zielprojektionen der außerschulischen Jugendbildung.