Weniger als ein Drittel der Stellungnahme befaßt sich mit dem eigentlichen Thema meines Artikels, d. h.der These, wonach es in der Welternährungsorganisation (FAO) an einer ausreichenden unabhängigen Kontrolle fehlt. Die Stellungnahme der drei FAO-Beamten, welche viele meiner Feststellungen und Argumente mit Schweigen übergeht, widerlegt meine Thesen nicht. Entsprechend dem Gedankengang der „Stellungnahme" gliedere ich meine Replik in drei Abschnitte, wobei ich das „Persönliche" zum Schluß bringe:
I. Das Szenario der FAO im allgemeinen.
II. Die Effizienz-und Erfolgskontrolle im engeren Sinn.
III. „Persönliches".
I. Das Szenario der FAO im allgemeinen 1. In der Stellungnahme wird zum Stichwort Personalpolitik unsubstantiiert die Richtigkeit meiner These bestritten, wonach „mehr und mehr Positionen, die früher von fachlich qualifizierten Kandidaten aus Industrieländern besetzt zu werden pflegten, heute fachlich unzulänglichen Bewerbern aus Entwicklungsländern angeboten werden". Die Herren Kritiker haben diesen Bemerkungen, an denen ich festhalte, nur einen — auf eine Leerformel hinauslaufenden — Satz entgegenzuhalten: „Die Behauptungen halten keiner ernsthaften Prüfung stand. ” Da sie, die — im Gegensatz zu mir — vollen Zugang zu den einschlägigen Statistiken haben, keine Zahlenangaben machen, um mich zu widerlegen, drängt sich der Schluß auf, daß ihr pauschales Bestreiten meiner Thesen in den Statistiken der FAO nicht reflektiert ist
Kritiker, daß die Bundesrepublik in der FAO
personell „zahlreich" vertreten sei?
5. Mit besonderer Schärfe reagieren die Herren Kritiker auf meine Bemerkung, wonach der Generaldirektor „eine praktisch unbe-
schränkte
Verfügungsmacht über Hunderte von Millionen Dollar“ habe. Sie glauben, diese These (an der ich festhalte) schon durch einen globalen Hinweis auf die FAO-Konferenz und auf die „Zweckgebundenheit" der finanziellen Mittel der FAO abtun zu können. So einfach liegen aber die Dinge nicht. Es ist ein Faktum, daß Saouma z. B. im Jahr 1980 nach freiem Ermessenüber Notstandshilfe mit einem Kostenaufwand von etwa 200 Mio. $entschieden hat. Meine diesbezüglichen, ins Detail gehenden Ausführungen werden ebenso ignoriert wie z. B. die im Verwaltungsrat des Welternährungsprogramms geübte scharfe Kritik. (In einer der letzten Sitzungen des Welternährungsprogramms sprach der niederländische Delegierte von „unstrukturierten und konfusen“ Vergabemethoden). Das von den Kritikern erwähnte Stichwort „Zweckbindung" hat für die Notstandshilfe nur sehr beschränkte praktische Bedeutung.
Für die zahlreichen — aus dem ordentlichen und außerordentlichen Haushalt finanzierten — Sonderprogramme der FAO, für die weitere Hunderte von Millionen aufgewendet werden, kann zwar von einer pauschalen Zweckbin-. düng gesprochen werden, aber der Generaldirektor besitzt einen außerordentlich großen — von unabhängigen Prüfern fast nicht kontrollierten — Ermessensspielraum. Die Zweckbindung besagt nämlich z. B. nichts oder nur wenig über den Empfängerkreis, und sie läßt dem Generaldirektor die Freie Entscheidung über die Höhe der im Einzelfall zu leistenden Hilfe 4). 6. Erst recht sind in dem von Saouma geschaffenen, aus dem ordentlichen Haushalt finanzierten
Technischen Kooperationsprogramm
(TCP) der Willkür, ja dem Mißbrauch kaum Grenzen gesetzt. Meinen bezüglich des TCP gemachten und konkret belegten Aussagen und Kommentaren weichen die drei Kritiker, von denen einer als Abteilungsleiter die direkte Verantwortung für das TCP trägt, völlig aus. Bezeichnenderweise dementieren auch sie nicht, daß unter dem TCP, welches nur kurzfristige und eilbedürftige Projekte finanzieren darf, z. B. einige Mercedes-Personen-kraftwagen geliefert worden sind
Die interne Evaluierung kann eine externe, d. h. unabhängige Evaluierung nicht ersetzen, gleichgültig ob es sich um Projekte oder Programme handelt Die Kritiker unterstreichen die Bedeutung der jährlichen „tripartite re-views", an welchen Geldgeber, Empfänger und durchführende Organisation — d. h. die FAO _ beteiligt sind. Wie gesagt, handelt es sich auch dabei nicht um eine unabhängige externe Evaluierung
Der External Auditor
Die Kritiker erwähnen im Rahmen des Evaluierungsproblems lobend die „umfassenden Berichte über den Gesamtablaufdes Feldprogramms wie auch des ordentlichen Programms", die an den FAO-Rat und die Konferenz geleitet werden. Es liegt in der Natur der Sache, daß solche Pauschalberichte — wie die USA bei der letzten FAO-Konferenz treffend feststellten — keine ausreichende „interpretative analysis" und damit auch keine Bewertung „der Wirksamkeit individueller Projekte" zulassen. In amerikanischer Sicht sind die „gezogenen Schlußfolgerungen unklar, fragwürdig und irreführend, und sie beruhen oft nicht auf einer objektiven Beweisführung in Form ausgewählter empirischer Beispiele“. Mit Recht vermissen die Amerikaner insbesondere Angaben über die Wirksamkeit von Feldprojekten auf die ländlichen Armen einschließlich der landlosen Arbeiter. Diesen und ähnlichen Argumenten widmen die Kritiker kein Wort.
Selbst die von ihnen behauptete „eingehende Prüfung“ dieser gerafften Berichte durch den Finanz-und den Programm-Ausschuß hat nur oberflächlich-pauschalen Charakter. Sie kann schon aus Zeitmangel auf Einzelheiten gar nicht eingehen. Diese Prüfung kann nicht als externe unabhängige Prüfung gewertet werden, zumal beide Ausschüsse praktisch durch den Generaldirektor kontrolliert werden
Zusammenfassend ist daran festzuhalten, daß von einer ausreichenden Evaluierung überhaupt nicht die Rede sein kann. Die Kritiker bestreiten nicht, daß selbst der von einigen Industrieländern auf der letzten FAO-Konferenz unternommene Versuch, wenigstens stichprobenweise eine äußere Evaluierung zur Regel zu machen, am Widerstand des Generaldirektors und der an Kontrollen nicht interessierten Entwicklungsländer gescheitert ist
Wie dringend wenigstens ein Minimum unabhängiger äußerer Kontrollen wäre, wurde schlaglichtartig aus einer Ansprache deutlich, welche Anfang 1981 der Chef der FAO-Hauptabteilung für Entwicklung, der Beigeordnete Generaldirektor, Jacques de Mredieu, vor dem ihm unterstellten Investment Center der FAO
" He (de Mredieu) was appalled to find how poorly FAO and FAO field Programmes have come to be regarded today. He emphasized the need for senior staff in the Investment Centre to keep him advised of problem situations and bad projects which they came across in their extensive travels. He said there are enough people telling the DG (Director General) that everything is going well; give me the ammuni-tion and I will teil him where things are going wrong.'“
Besonders scharfe Kritik mußte sich de Mre-dieu auf seiner Reise von den Regierungen in Niger und in der Zentralafrikanischen Republik anhören
III. „Persönliches"
Schon im Interesse der Sache kann es nicht unwidersprochen bleiben, wenn die Kritiker —-offenbar wegen Mangel an durchschlagenden Sachargumenten — zu der völlig unspezifizierten Behauptung Zuflucht nehmen, meine Ausführungen seien „weitgehend von persönlichen Motiven charakterisiert", und ich hätte „persönliche Meinung, Halbwahrheiten und Unzutreffendes" vermischt
Nicht einmal andeutungsweise werden meine „persönlichen Motive" substantiiert. Bin ich etwa ein frustrierter UNO-Ex-Funktionär, der sich nach seiner Pensionierung „rächen" will? Mir fehlt jeder Anhaltspunkt, übrigens wurden mir selbst seit der Amtsübernahme Saoumas Arbeitsverträge (verbunden mit interessanten Reisen) angeboten, die ich ablehnte, um meine volle Freiheit der Meinungsäußerung zu behalten.
Frustrierung? Ich hatte das Glück, den höchsten Direktorenrang im UNO-System (D-2) zu erreichen. Aber ich habe diese „Karriere" nicht durch fortlaufende Konzessionen zu Lasten meines Gewissens gemacht, sondern nicht zuletzt durch kontinuierlichen Widerspruch hinter und vor den Kulissen. Der FAO steheich nicht erst seit Saoumas Amtsantritt kritisch gegenüber, sondern ich habe bereits seit 1966 laufend — auch publizistisch — auf problematische Aspekte hingewiesen. Bei meiner offiziellen Verabschiedung im Direktoren-Gre. mium der FAO Anfang 1974 wurde diese Haltung von dem bis 1975 amtierenden Generaldirektor der FAO, A. H. Boerma, loyal gewürdigt. Wie in dem offiziellen Protokoll