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Hat SALT III noch eine Chance? | APuZ 41/1980 | bpb.de

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APuZ 41/1980 Hat SALT III noch eine Chance? Satellitenabwehr

Hat SALT III noch eine Chance?

Alfred Mechtersheimer

/ 55 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die 80er Jahre sollten zu einem Jahrzehnt der Rüstungskontrolle werden. Statt dessen hat die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Supermächten seit der sowjetischen Intervention in Afghanistan die Fortführung der SALT-Politik in Frage gestellt Der Versuch der NATO, mit dem Nachrüstungsbeschluß vom Dezember 1979 Verhandlungen über die eurostrategischen Waffen im Rahmen von SALT III einzuleiten, stößt auf zusätzliche Hindernisse. Aus sowjetischer Sicht verfügen die USA über ein zweifaches Nuklearpotential, weil sie außer mit den strategischen Waffen auch mit den in Europa stationierten Mittelstreckensystemen die UdSSR erreichen können. Diesen amerikanischen FBS (Forward Based Systems) stellt die Sowjetunion ihr modernisiertes Mittelstreckenpotential gegenüber. Deshalb fordert sie für SALT III die Einbeziehung aller FBS, während der NATO-Rats-Beschluß eine Begrenzung auf die landgestützten Mittelstreckensysteme vorsieht. Die NATO ist auf dem Prinzip der „strategischen Einheit des Westens" gegründet Somit wäre ein SALT-III-Abkommen, das in Europa eine nukleare Parität zwischen den beiden Seiten festschreibt, mit dem heutigen Verteidigungskonzept nicht zu vereinbaren, weil es die Abkopplung Westeuropas vom strategischen Nuklearpotential der USA begünstigen und damit die Abschreckung vermindern würde. Darüber hinaus erfordert die Verschlechterung der internationalen Lage eine grundsätzliche Bilanz der SALT-Politik. Die stetige Verbesserung der Zielgenauigkeit der Interkontinentalraketen ist die entscheidende Voraussetzung für die Veränderung der strategischen Konzepte hin zur Option eines begrenzten strategischen Atomkrieges. Die SALT-Abkom-men haben diese durch die neue Weisung des amerikanischen Präsidenten (Presidential Directive 59) beschleunigte Entwicklung zum wieder denkbar gewordenen Atomkrieg eher begünstigt als erschwert, weil die vereinbarten Begrenzungen den Druck auf die qualitative Entwicklung der nichterfaßten Waffensysteme und -komponenten verstärkt haben. Die Abrüstungsund Rüstungskontrollpolitik der Bundesrepublik sollte sich nicht auf die Bemühungen beschränken, einen für die Kriegswahrscheinlichkeit ohnehin unwesentlichen Zuwachs der Zerstörungspotentiale zu vermeiden. Dringlicher und aussichtsreicher ist eine Strukturveränderung der Rüstungsapparate. Ziel einer Bundeswehr-Reform, die allein wegen der zunehmenden inneren Widersprüche unumgänglich geworden ist, sollte die Überwindung des Dualismus von Rüstungspolitik und Rüstungskontrollpolitik sein. Die Bundesrepublik benötigt eine auf die defensive konventionelle Abwehrfähigkeit konzentrierte Militärstruktur, bei der die Ziele der heutigen Rüstungskontrollpolitik integraler Bestandteil der Sicherheitspolitik sind.

„Die Rüstungskontrollpolitik ähnelt einer Schädlingsbekämpfung, bei der die altersschwachen Schädlinge eingefangen, dem Nachwuchs aber besondersgute Lebensbedingungen geschaffen werden.“ In diesem einprägsamen Bild faßt derAutor sein Urteil über die bisherigen Bemühungen um Rüstungskontrolle zusammen. Ähnlich einschneidend sind die Konsequenzen, die er daraus für die Rüstungspolitik gezogen sehen will. Da andere hier anders denken und — dem Forumcharakter dieser Zeitschrift entsprechend — auch der Gegenposition Raum gegeben werden soll, wirdin Kürze an dieserStelle ein weitererAufsatzzurgleichen Thematik (aus der Feder von K. P. Stratmann) veröffentlicht werden.

Für den Bürger, sei ersonst auch ein homopoliticus, ist die Beschäftigung mit den verwickelten Problemen von Rüstungskontrolle und Rüstungspolitik schwierig und mühsam. So gesehen, ist der verbreitete Hang verständlich, sich von dieser Materie möglichst fernzuhalten, zumal ihrepublizistische Behandlung sich meist auf einer hohen, entrückten Abstraktionsebene bewegt. Doch mögen alle, die eine solche „Vermeidungsstrategie" üben, das folgende Wort von Horst-Eberhard Richter(Frankfurter Rundschau, 27. Mai 1980) bedenken: „Eine echte Aussöhnung und eine solidarische Kooperation der Mächtigen um dergemeinsamen Fürsorge für die bedrohte Menschheit willen werden nur zustande kommen, wenn eines Tages der Druck von den Menschen hergroß genug wird, um die Eigendynamik der Techniken des machtpolitischen Rivalisierens zu stoppen. Ob es dazu noch rechtzeitig kommen wird, ist freilich die Frage. Aber dies ist keine Frage, deren Antwort sich errechnen läßt. Sondern es ist letztlich eine Frage an uns selbst, ob, was und wie entschieden wir etwas tun wollen. Und hier mußjeder bei sich selbst ansetzen".

Die Redaktion

I. Unterbrechung oder Ende der Rüstungskontrolle?

Die Bundesregierung hat bei ihrer Zustimmung zu dem NATO-Rats-Beschluß vom 12. Dezember 1979 über die sogenannte Modernisierung der nuklearen Mittelstrecken-Waffen vorausgesetzt, daß der Ost-West-Dialog über die Rüstungsbegrenzung nach kurzer Zeit wieder fortgesetzt werden kann. Noch in den Tagen vor dem Beschluß des NATO-Rates äußerten Vertreter der SPD-FDP-Koalitions-regierung die feste Überzeugung, die Sowjetunion werde auch weiter an den SALT-Ge-

interessiert bleiben -Zwei Tage sprächen nach der Brüsseler Entscheidung sagte Außenminister Genscher in seiner Regierungser-klärung vor dem Deutschen Bundestag: „Wir geben damit das Signal, die achtziger Jahre zu einem Jahrzehnt der Rüstungskontrolle zu machen." Spätestens im Februar 1980, so glaubte die Bundesregierung, würden die SALT-III-Verhandlungen aufgenommen werden können.

Heute erklären zwar die Regierungen in Ost und West ihr Interesse an der Fortsetzung der Rüstungskontrollpolitik, die Aussichten jedoch, auf den durch den NATO-Rats-Beschluß geschaffenen Voraussetzungen die Fortsetzung dieser Politik betreiben zu können, haben sich nicht nur wegen der Verschiebung der SALT-II-Ratifizierung durch den amerikanischen Senat immer mehr verschlechtert Es stellt sich die generelle Frage, ob erfolgreiche Rüstungskontrollverhandlungen in Fortführung des bisherigen SALT-Ansatzes überhaupt möglich sind.

INHALT I. Unterbrechung oder Ende der Rüstungskontrolle? II. Die Einschätzung des NATO-Rats-Beschlusses vom 12. Dezember 1979 durch die Sowjetunion 1. Das nukleare Ungleichgewicht 2. Die neuen amerikanischen Mittelstreckenwaffen 3. Das Signal zur Rüstungskontrolle SALT — die große Enttäuschung für die Sowjetunion?

III. Die Resultate der SALT-Politik IV. Rüstungskontrolle nur bei Disparität?

V. Die politischen Voraussetzungen zur Fortsetzung der SALT-Politik VI. Die Probleme bei SALT III 1. Globales oder europäisches Gleichgewicht 2. Die Lage nach dem Besuch des Bundeskanzlers in Moskau VII. Rüstungskontrolle und Entspannungspolitik in Europa VIII. Die Krise der Rüstungskontrolle ist eine Krise der Rüstungspolitik 1. Landesverteidigung mit Atomwaffen 2. Abschreckung ohne Verteidigungsfähigkeit 3. Symmetrierüstung gegen politischen Auftrag 4. Rüstungsmilitarismus IX. Schlußbemerkungen Zunächst ist zu klären, ob die Entscheidung vom 12. Dezember 1979, die — zumindestauch — als Voraussetzung für die SALT-II[-Ve. handlungen deklariert wurde, deren Begim verhindert hat oder ob die sowjetische Intervention in Afghanistan und die dadurch eingetretene Verschlechterung der politischen Beziehungen zwischen den Supermächten die Ursachen für den Abbruch des Dialogs über die Rüstungskontrolle sind. Analytisch lassen sich vier Möglichkeiten unterscheiden:

1. Die Blockade der SALT-Politik ist weget Afghanistan eingetreten; dann wäre der Dialog wahrscheinlich, wie nach der sowjetischen Intervention in die CSSR 1968, nur unterbrochen. 2. Die NATO-Rats-Entscheidung hat Verhandlungen auf dem derzeitigen Planungsstand der Ost-West-Rüstung unmöglich gemacht; dann kann es nur auf einem höheren Rüstungsstand einen Begrenzungsversuch der eurostrategischen Waffen geben.

3. Sowohl der sogenannte Nachrüstungsbeschluß der NATO als auch die sowjetische Intervention sind Symptome tiefgreifender Veränderungen in den sowjetisch-amerikanischen Beziehungen; dann wären Fortschritte in der SALT-Politik auf absehbare Zeit sehr unwahrscheinlich.

4. Schließlich kann auch bei günstigen politischen Voraussetzungen ein Fortgang der seitherigen bilateralen Rüstungskontrollverhandlungen (zusätzlich) aus konzeptionellen Gründen verhindert werden, wenn etwa die bei SALT gültigen Prinzipien mit den in Europa vorhandenen Militärapparaten und -konzep-ten nicht vereinbar sind.

II. Die Einschätzung des NATO-Rats-Beschlusses vom 12. Dezember 1979 durch die Sowjetunion

Unmittelbar nach der NATO-Rats-Entscheidung vom 12. Dezember 1979 hat sich der Ton in den sowjetischen Medien deutlich verschärft 4). Ursache der danach vom Westen verschuldeten Verschlechterung der Ost-West-Beziehungen sei der NATO-Rats-Beschluß Ungeachtet der Nützlichkeit dieses Verfahrens, die Aktion in Afghanistan propagandistisch durch die Angriffe auf den Westen wegen des NATO-Rats-Beschlusses verdrängen zu können, bleibt die Frage, in welcher Weise der NATO-Nachrüstungs-Beschluß die Interessen der Sowjetunion konkret tangiert 1. Das nukleare Ungleichgewicht Die Sowjetunion befindet sich auf dem Gebiet der Nuklearrüstung gegenüber den USA in einem gravierenden Nachteil, der durch SALI nicht aufgehoben, wurde. Das Territorium der USA kann nur von den strategischen Waffen der Sowjetunion erreicht werden. Das Territorium der Sowjetunion aber liegt im Zugriff nicht nur der strategischen Waffen, sondern auch von in Westeuropa und im Mittelmeer stationierten Mittelstreckensystemen der USA.

Das Bemühen der Sowjetunion, zu Beginn der sechziger Jahre auf Kuba Raketen mittlerer Reichweite zu stationieren, war der — mit der Kuba-Krise 1962 gescheiterte — Versuch, einen Gleichstand mit den USA herzustellen. Das allein aus dem USA-SU-Vergleich entstehende Ungleichgewicht ist für die Sowjetunion noch ungünstiger, wenn man die französischen und britischen sowie die chinesischen Systeme berücksichtigt Zieht man als Bewertungskriterium des nuklearen (Un-) Gleichgewichts nicht die Verletzlichkeit des Territoriums der Supermächte, sondern die Gefährdung ihres gesamten militärischen Potentials durch Atomwaffen heran, dann zeigt sich für die Sowjetunion ein ähnlich nachteiliges Ergebnis. In Westeuropa sind rund 15 Prozent der präsenten amerikanischen Truppen den sowjetischen nichtstrategischen Atomwaffen ausgesetzt. In Osteuropa können rund 60 Prozent des sowjetischen Militärpotentials mit Hilfe sogenannter taktischer Atomwaffen (TNF) bekämpft werden. Damit verfügen die USA aus sowjetischer Sicht über ein „zweifaches Nuklearpotential" gegen die Sowjetunion und ihr Militärpotential Für den Fall einer atomaren Eskalation unterhalb der strategischen Ebene besitzt die Sowjetunion keine adäquaten Instrumente gegenüber den USA oder dem amerikanischen militärischen Hauptpotential, während die USA das militärische Potential im westlichen Teil der Sowjetunion auch ohne Rückgriff auf ihr strategisches Potential bedrohen können. Für die sowjetische Führung müssen demnach die in Europa stationierten Atomwaffen, deren Ersteinsatz in einem militärischen Konflikt aufgrund der westlichen konventionellen Unterlegenheit nicht unwahrscheinlich ist, die Gefahr eines nuklearen Schlags gegen die Sowjetunion heraufbeschwören. Mit gleichen Mitteln kann sie selbst die westeuropäischen Stationierungsländer, nicht aber denjenigen treffen, der den Nuklearkrieg in Europa auslösen kann.

Es besteht in Europa also ein strukturelles nukleares Ungleichgewicht im Rahmen der strategischen Balance zwischen den USA und der Sowjetunion. Das wichtigste Element dieses Ungleichgewichts sind auf der amerikanischen Seite die vorne stationierten Waffensysteme (Forward-Based System = FBS), die von Flugplätzen in Westeuropa und der Türkei und Flugzeugträgern im Mittelmeer Ziele in der Sowjetunion atomar bekämpfen können. Außer diesen dafür geeigneten und vorgesehenen Flugzeugen gehören nach sowjetischer Abkürzungen ABM Anti-Ballistic Missile BMVg Bundesministerium der Verteidigung FBS Forward-Based System HSFK Hessische Stiftung Friedens-und Konfliktforschung ICBM Intercontinental Ballistic Missile IFSH Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg IHT International Herald Tribune IISS International Institute for Strategie Studies IRBM Intermediate-Range Ballistic Missile KSZE Konferenz zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa LRTNF Long-Range Tactical Nuclear Forces MARV Maneuvering Reentry Vehicle MBFR Mutual Balanced Forces Reductions MIRV Multiple Independently Targeted Reentry Vehicle MRBM Medium-Range Ballistic Missile MRTNF Medium-Range Tactical Nuclear Forces MX Missile X (ICBM)

OMZ österreichische Militärische Zeitschrift SALT Strategie Arms Limitation Talks SIPRI Stockholm International Peace Research Institute SLBM Submarine-Launched Ballistic Missile SRTNF Short-Range Tactical Nuclear Forces SS Surface-to-Surface Missile SWP Stiftung Wissenschaft und Politik TNF Tactical (Theater) Nuclear Forces WVO Warschauer Vertragsorganisation Auffassung dazu auch die 400 Atomsprengköpfe auf (von SALT II erfaßten) Poseidon-U-Booten, die dem NATO-Oberbefehlshaber Europa (SACEUR) unterstellt sind. Eine von beiden Seite akzeptierte FBS-Definition gibt es nicht, lediglich die im Brüsseler Nachrüstungsbeschluß der NATO vorgesehenen 572 neuen Mittelstreckensysteme zählen eindeutig zum FBS-Potential.

Das wichtigste Element des nuklearen Un-gleichgewichts in Europa ist die sowjetische Mittelstreckenrakete SS 20. Sie trägt drei Sprengköpfe, hat eine Reichweite von 4 500 bis 5 000 km und ist das Nachfolgemodell der veralteten SS 4 und SS 5. Nach Angaben der Bundesregierung waren Mitte 1980 im westlichen und mittleren Teil der Sowjetunion mehr als 100 SS-20-Abschußvorrichtungen stationiert. Nach westlicher Auffassung liegt die entscheidende Qualitätsverbesserung in der Treffgenauigkeit. Mitte 1980 wurde jedoch bekannt, daß nach neuesten Erkenntnissen des Pentagon die SS 20 weder über die Reichweite noch die Treffgenauigkeit und Wirkung verfüge, die ihr zugeschrieben worden war . Weil die Sowjetunion im Gegensatz zu den USA ihr Militärpotential nicht offenlegt, erhalten amerikanische Dienststellen, die über das Monopol an Aufklärungsinstrumenten verfügen, die Möglichkeit, bei der Darstellung der Bedrohung eigene Interessen einfließen zu lassen. 2. Die neuen amerikanischen Mittelstreckenwaffen Nach dem Arrangement zwischen Chruschtschow und Kennedy zur Beilegung der Kuba-Krise 1962 hatten die USA ihre Mittel-Strecken-Raketen in der Türkei, in Italien und in Großbritannien abgezogen; deren Aufgabe ging auf die unverwundbaren Polaris-U-Boote über. Zwar behielten die USA die Fähigkeit zur Bekämpfung von Zielen in der Sowjetunion mit TNF, die dafür geeigneten Waffensysteme waren jedoch zahlenmäßig begrenzt; ihre Verstärkung (z. B. F-lll in Großbritannien) und Modernisierung wurden durch Verbesserung der Abwehrwaffen des Warschauer Paktes aufgefangen.

Die Planung der NATO, 108 Pershing II und 464 Cruise Missiles (Marschflugkörper) in Westeuropa zu stationieren, verbessert die amerikanischen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Zielen in der Sowjetunion von westeuropäischem Boden aus sowohl qualitativ als auch quantitativ. Mit diesen 572 Waffensystemen können zwar — entgegen einer weit-verbreiteten Meinung — nicht die zur öffentlichen Legitimation häufig aufgeführten SS-20. Raketen ausgeschaltet werden, dafür aber nicht minder wichtige militärische Installationen im westlichen Teil der Sowjetunion. Die Nervensysteme des gesamten Militärapparates des Warschauer Paktes können mit Waffen bedroht werden, gegen die der Sowjetunion auf absehbare Zeit keine Abwehr-und Schutzeinrichtungen zur Verfügung stehen werden. Auch die Möglichkeiten der elektronischen Störung sind außerordentlich eingeschränkt. Die Pershing II während ihres Anflugs auszuschalten, ist völlig ausgeschlossen, und zur Bekämpfung der extrem tief fliegenden Cruise Missiles wären Investitionen erforderlich, die von amerikanischer Seite auf 40 Milliarden Dollar beziffert worden sind, ohne daß auf diese Weise auf absehbare Zeit eine hinlängliche Wirksamkeit der Abwehr geschaffen werden könnte

Der Sowjetunion bleibt als Antwort auf den Nachrüstungsbeschluß der NATO nach der Logik des Ost-West-Rüstungssystems keine andere Wahl, als nach der Fähigkeit zu streben, durch die Entwicklung-und Produktion neuer oder zusätzlicher Raketen die amerikanischen Mittelstreckensysteme bereits vor ihrem Start ausschalten zu können. Fest steht daß sich die Sowjetunion aus den dargestellten Gründen und einer Anzahl weiterer (Stationierung im konventionellen Gefechtsfeld Mitteleuropa, MARV-Generation der amerikanischen Waffen u. a.) in ihren Sicherheitsinteressen erheblich getroffen fühlt.

Die sowjetische Führung hat in den Wochen vor der NATO-Rats-Entscheidung nicht nur die geplanten Beschlüsse heftig attackiert gleichzeitig die Bereitschaft zur Fort-Setzung des Abrüstungsdialogs bekundet Der NATO-Rats-Beschluß hat zwar das Interesse der Sowjetunion an der Rüstungsbegrenzung verstärkt, aber eben nicht auf dem Rüstungsniveau nach, sondern vor diesem neuen Rüstungsschritt der NATO. 3. Das Signal zur Rüstungskontrolle In der westlichen Öffentlichkeit wurde der so-genannte Doppelbeschluß der NATO häufig als „Signal zur Rüstungskontrolle" verstanden. Das Kommuniqu der Sondersitzung der Außen-und Verteidigungsminister enthält dazu jedoch folgende vorsichtige Formulierungen: „Erfolgreiche Rüstungskontrolle, die den sowjetischen Aufwuchs begrenzt, kann die Sicherheit des Bündnisses stärken, den Umfang des TNF-Bedarfs der NATO beeinflussen und im Einklang mit der grundlegenden NATO-Politik von Abschreckung, Verteidigung und Entspannung — wie sie im Harmel-Bericht niedergelegt wurde — Stabilität und Entspannung in Europa fördern. Der TNF-Bedarf der NATO wird im Licht konkreter Verhandlungsergebnisse geprüft werden."

Gleichzeitig heißt es aber auch: „Ein Modernisierungsbeschluß, einschließlich einer verbindlichen Festlegung auf Dislozierungen, ist erforderlich, um den Abschreckungsund Verteidigungsbedürfnissen der NATO gerecht zu werden, um in glaubwürdiger Weise auf die einseitigen TNF-Dislozierungen der Sowjetunion zu reagieren und um das Fundament für ernsthafte Verhandlungen über TNF zu schaffen."

Der damit deutlich eingeschränkte Spielraum für eine zahlenmäßig reduzierte Stationierung der neuen amerikanischen Mittelstreckenraketensysteme wird durch die folgenden Passagen des Beschlusses vollends beseitigt: . Jede vereinbarte Begrenzung dieser Systeme muß mit dem Grundsatz der Gleichheit zwischen beiden Seiten vereinbar sein. Die Begrenzungen sollen daher in einer Form vereinbart werden, die de jure Gleichheit sowohl für die Obergrenzen als auch für die daraus resultierenden Rechte festlegt".

Eine „auflösende Bedingung", die nach dem Beschluß des Berliner Parteitags der SPD vom 3. bis 7. Dezember 1979 auf der Grundlage eines Antrags des Parteivorstandes Voraussetzung für die Zustimmung der Bundesregierung zur Stationierung sein sollte, ist im Brüsseler Kommunique nicht enthalten. Der Widerspruch zwischen NATO-Beschluß und SPD-Parteitagsvotum erklärt die Versuche von Bundeskanzler Helmut Schmidt und des SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner, nachträglich die Rüstungskontrollkomponente des Beschlusses vom Dezember 1979 durch den Vorschlag eines befristeten Dislozierungsverzichts von Ost und West aufzuwerten 12).

Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Rüstungsbeschluß nach dem Willen der US-Regierung nie an aufhebende Bedingungen geknüpft werden durfte. Der amerikanische Verteidigungsminister Harold Brown hat wiederholt eindeutig erklärt, daß weder die US-Re-gierung noch der Kongreß für eventuell nicht zu stationierende Waffen Gelder bewilligen werden Entscheidend ist jedoch, daß die amerikanische Administration die Stationierung der neuen Mittelstreckenwaffen in Europa im Interesse der Sicherheit für unverzichtbar hält. Amerikanische Generale hatten mehrmals öffentlich erklärt, daß die vereinbarte Zahl von 572 Mittelstreckensystemen das gerade noch militärisch vertretbare Minimum sei. Ursprünglich hatte das amerikanische Militär eine mindestens dreifache Zahl von Systemen gefordert

Realer Gegenstand des NATO-Rats-Beschlusses vom 12. Dezember 1979 ist die Aufrüstung. Sowohl die Beschreibung der Rüstung als „Modernisierung“ als auch die Koppelung an ein Verhandlungsangebot und die darauf beruhende Differenzierung in Produktion und Stationierung waren verbale Zugeständnisse, um den Aufrüstungsbeschluß gegen vehemente Kritik aus einer Reihe von NATO-Ländern besser abschirmen zu können. Selbst wenn bei der US-Regierung der politische Wille vorhan-den sein sollte, wäre ein Abbruch des Beschaffungsprogramms kaum möglich, weil mit Beginn der Produktion eine große Zahl von vorbereitenden Maßnahmen in den Streitkräften eingeleitet wird und starke industrielle und andere gesellschaftliche Interessen aktiviert werden. Wenige Wochen nach der NATO-Rats-Entscheidung legte das Verteidigungsministerium der USA den Haushaltsplan für das Jahr 1981 vor, in dem angekündigt wurde, daß die Produktion der Atomsprengköpfe für die beiden Waffensysteme noch im Jahre 1980 beginnen werde was in der Zwischenzeit auch geschehen ist.

Es ist verständlich, wenn die sowjetische Führung bei dieser Sachlage das Rüstungskon-trollangebot des NATO-RatsBeschlusses nicht nach den Intentionen der niederländischen, belgischen oder deutschen Regierung beurteilt, sondern nach den Absichten der amerikanischen Regierung, die eine „Null-Lösung" für ihr Nachrüstungsprogramm ausschließt. Deshalb ist es einleuchtend, daß die Sowjetunion die Annullierung oder Aussetzung des Beschlusses vom 12. Dezember 1979 zur Voraussetzung für Rüstungskontrollverhandlungen über die Mittelstreckensysteme macht. 4. SALT — die große Enttäuschung für die Sowjetunion? a) Die tragfähigsten Analysen der Afghanistan-Krise sehen in dem für die Sowjetunion enttäuschenden Verlauf der Rüstungskontrollpolitik eine Hauptursache der Verschlechterung der Ost-West-Beziehungen Am Nachrüstungsbeschluß läßt sich diese These eindeutig belegen. Die Bändigung des deutlichen amerikanischen Vorsprungs im Bereich der Cruise Missiles (Marschflugkörper) war ein wichtiges Interesse der Sowjetunion in der Rüstungskontrollpolitik. Im Protokoll des SALT-II-Vertragswerkes wurden die see-und luftgestützten Cruise Missiles bis ins Jahr 1981 auf 600 km Reichweite begrenzt. Diese Bestimmung hat nur dann einen Sinn, wenn sie durch SALT III verlängert würde, weil die amerikanischen Marschflugkörper ohnehin erst 1983/84 einsatzbereit sein werden. Der NATO-Rats-Beschluß über die Produktion von 464 in Europa zu stationierenden Marschflug, körpern hat die Hoffnungen der Sowjetunion auf Beschränkung des amerikanischen Vorsprungs zunichte gemacht und für sie eine der Geschäftsgrundlagen für die weiteren SALT. Verhandlungen aufgehoben.

b) Die Sowjetunion versuchte bereits bei den SALT-I-Verhandlungen, die als „zweites Potential“ begriffenen Forward Based Systems (FBS) die die USA in Europa und der Türkei stationiert hat, zu erfassen. Ihre Forderung lief auf eine Entfernung ohne Gegenleistung hinaus, da die FBS Ausdruck amerikanischer Überlegenheitspolitik seien, die mit dem für SALT gültigen Prinzip der Parität nicht zu vereinbaren sei. Die USA und auch ihre Alliierten, allen voran die Bundesrepublik Deutschland, wiesen diese Forderung nach Eliminierung der FBS zurück. Für sie sind die FBS Teil jener westlichen atomaren Rüstung, die die sowjetische konventionelle Überlegenheit in Europa kompensieren und die Verbindung zur obersten Stufe der Abschreckungstriade garantieren soll.

Schließlich hatte die Sowjetunion in Wladiwostok 1974 widerwillig einer Vertagung ihrer FBS-Forderung auf SALT-III zugestimmt. Offensichtlich hatte sie schon damals erhebliche Zweifel, ob es ihr gelingen würde, durch SALT die FBS zu eliminieren. Auch deshalb hat die Sowjetunion zu jener Zeit die Modernisierung ihrer „Anti-FBS-Raketen“ forciert. Nachdem es nicht gelungen war, die FBS im Rahmen der SALT-Verhandlungen zu beseitigen, hat die Sowjetunion durch Modernisierung, unter anderem ihrer SS-4 und SS-5 zu SS-20, auf die FBS geantwortet.

Für die Sowjetunion muß es eine herbe Enttäuschung sein, daß sie die FBS auf dem Verhandlungswege nicht beseitigen kann. Statt dessen werden diese nun noch durch Systeme größerer Reichweite und neuer technologischer Qualität ergänzt und diese amerikanische Nachrüstung als Voraussetzung für erfolgversprechende SALT-Verhandlungen offeriert. c) Die für die Sowjetunion unbefriedigenden Ergebnisse erstrecken sich auch auf den zentralen Bereich der SALT-Politik, auf die strategischen Potentiale. Da der amerikanische Senat den SALT-II-Vertrag nur ratifizieren wird, wenn zusätzliche Militärausgaben erfolgen, ist die Klage der Sowjetunion über die Nichtratifizierung teilweise selbstschädigend. Damit wäre auch die widersprüchliche sowjetische Politik zu der Frage zu erklären, ob auch ohne Ratifizierung der SALT-II-Vertrag eingehalten werden wird oder nicht

Dem Verlauf der Rüstungskontrollpolitik entspricht die Entwicklung der wirtschaftlich-technischen Zusammenarbeit der beiden Supermächte. Nicht zuletzt die Verweigerung der Meistbegünstigung durch den amerikanischen Senat hat die Entstehung eines Kooperationsgeflechts verhindert, das die sowjetische Führung in ihrem außenpolitischen Verhalten mäßigend beeinflussen könnte.

Trotz des für die Sowjetunion enttäuschenden Verlaufs von SALT II muß damit nicht das Ende dieser Politik eingeleitet sein, weil 1. für die Sowjetunion SALT trotz zweifelhafter Wirkungen auf den Rüstungswettlauf als Entspannungsinstrument weiter von Interesse sein kann, 2. die Sowjetunion bei einem ungezügelten Rüstungswettlauf zumindest in gleichem Maße in Mitleidenschaft gezogen wird wie die USA und deshalb jede Chance einer Rüstungsbegrenzung offengehalten werden muß, 3. SALT ein Instrument zur Fortschreibung der bipolaren weltpolitischen Struktur ist, in der die Sowjetunion mehr begünstigt wird als in einer multipolaren Konstellation.

Für die Sowjetunion war es allerdings vorteilhaft, den Rückstand ihrer strategischen Rüstung im Rahmen gegenseitiger Vereinbarungen ausgleichen zu können. Die Leistung der Sowjetunion zu den SALT-Vereinbarungen liegt im wesentlichen in der Bereitschaft, das strategische Potential im Zuge der Verifikationsmaßnahmen kontrollieren zu lassen

Ihre sonstigen Leistungen sind durch die mit dem SALT-II-Abkommen verbriefte Anerkennung der Sowjetunion als mit den USA gleichberechtigte und gleichrangige Supermacht mehr als aufgewogen.

Das sowjetische Interesse an der Fortsetzung der SALT-Politik wird dann stärker sein, wenn die USA bei der strategischen Rüstung wieder einen deutlicheren Vorsprung gewinnen. Damit wäre aber auch ein Indiz geliefert, daß die SALT-Politik nicht viel mehr ist als ein Appendix des Wettrüstens.

III. Die Resultate der SALT-Politik

Die zentralen Ziele der durch SALT praktizierten Politik der Rüstungskontrolle waren und sind a) die Nuklearkriegs-Verhütung, b)

die Begrenzung des Rüstungswettlaufs und c) die Schaffung von Voraussetzungen für Abrüstung

Die Bilanz der nunmehr 20jährigen Rüstungskontrollpolitik ist eindeutig negativ, wenn man als Maßstab die Entwicklung der Atomsprengköpfe für strategische Waffen verwen-det. 1960 verfügten die USA und die Sowjetunion zusammen über 6 500 strategische Atomwaffen. Nach 20 Jahren sind es rund 15 000. Selbst wenn SALT II ratifiziert und eingehalten werden sollte, wird sich die Zahl der nuklearen Sprengköpfe in den nächsten fünf Jahren auf 23— 24 000 vergrößern. Ohne den SALT-Vertrag würde sich die Zahl der strategischen Sprengköpfe vermutlich auf ca. 26 000 erhöhen.

Die vereinbarte paritätische Begrenzung auf 2 250 Trägersysteme kann trotz der Erfassung der Mehrfachsprengköpfe nur bei flüchtiger Betrachtung als Erfolg eingestuft werden, denn das Abkommen verbietet nicht die Verbesserung der Systeme und auch nicht die Dislozierung einer Rakete neuer Generation. Die USA bauen mit den MX-Raketen das teuerste Waffensystem in der Geschichte der Menschheit Die Sowjetunion entwickelt ein ähnliches System.

Legt man als Bewertungsmaßstab die finanziellen Einsparungen an, ergibt sich kein entscheidender Gewinn. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der durch die Stückzahlbegrenzung erzeugte Druck auf die qualitative Komponente jede mögliche Einsparung zumindest ausgleichen. Allerdings würde dem Oberziel der Rüstungskontrolle, der Kriegsverhütung, selbst eine finanzielle Mehrbelastung nicht zuwiderlaufen.

Gravierender sind die von der SALT-Politik ausgehenden Effekte auf die die Kriegswahrscheinlichkeit unmittelbar bestimmende Rüstungsdynamik. Die Verbesserung der Treff-genauigkeit und die Veränderung der Zahlen-relation von Waffenträgern zu Sprengköpfen zugunsten der Sprengköpfe infolge der MIRV-Technologie sind die für die Destabilisierung der gegenseitigen Abschreckung folgenreichsten Faktoren.

Die „pinpoint" -Fähigkeit der Raketensysteme zur Zerstörung gehärteter Punktziele ist eine Frage weniger Waffengenerationen. Neben der Verbesserung der Raketen ist dies vor allem das Ergebnis der Mehrfachsprengkopf-technik, deren Entwicklung einem Wettlauf von technologischen Durchbrüchen gleicht. Die Waffentechnik hatte sich der neuen Qualität dann genähert, als es zuerst in den USA mit der MARV-Technik gelang, den Endanflug der Waffen so nachzusteuern, daß die durchschnittliche Abweichung vom Ziel immer geringer wurde.

Mit dieser Treffgenauigkeit ist jedes erkannte militärische Ziel des Gegners zu zerstören, zumal die KT-Werte der Sprengköpfe in den neuen Raketen wieder vergrößert werden. Die Verbunkerung der Raketen bietet vor diesen Silo-Killern keinen Schutz mehr, weshalb die MX-Raketen der neuen amerikanischen Generation auf „race-tracks" oder durch Seestationierung unverwundbar gemacht werden sollen. Auch dadurch werden die Raketen voraussichtlich noch in den neunziger Jahren nicht mehr geschützt werden können, weil auch die Zielerfassung sprunghaft verbessert werden wird Die Gefahr des vernichtenden Erstschlages, die schon heute von beiden Seiten zur Begründung neuer strategischer Rü. stungsprogramme angeführt wird, wäre dann keine nur theoretische Möglichkeit mehr. Die Fähigkeit zum Erstschlag wird dann als erreicht angesehen, wenn mindestens 90 % der landgestützten Raketen des Gegners durch einen ersten Schlag vernichtet werden können Ohne MIRV-Technik wäre diese Möglichkeit akademisch.

Da unter den sich abzeichnenden Bedingungen der Ersteinsatz des strategischen Potentials nicht mehr zwangsläufig über die Zweitschlagskapazität des Gegners die eigene Zerstörung verursacht, verändern die strategischen Waffen ihren Charakter von politischen zu militärischen Instrumenten, die demjenigen, der schneller ist, eine Prämie abwerfen, d. h. die Hoffnung auf einen Sieg geben. Die strategischen Potentiale entwickeln sich zu „Selbstzündern", die in einer politischen Krise den Ausbruch eines bis zur strategischen Ebene eskalierenden Krieges, ungeachtet des politischen Willens der Beteiligten, begünstigen.

Die SALT-Politik muß zunächst daran gemessen werden, wie sie auf diese Qualitätsveränderung der strategischen Potentiale eingewirkt hat: überhaupt nicht, retardierend oder akzelerierend.

Das Abkommen über die Begrenzung der Offensiv-Raketen im Rahmen von SALT I warzustande gekommen, weil die USA über das Monopol bei den Mehrfachsprengköpfen verfügten. Eine Einbeziehung der MIRV-Frage lehnte die US-Regierung ab; weshalb, so fragte Henry Kissinger, sollten sich die USA Fesseln anlegen Ein MIRV-Verbot wäre der Schlüssel für eine erfolgreiche Rüstungskontrollpolitik gewesen. So war aber MIRV die Vorbedingung für den Beginn des SALT-Prozesses. Aul die Herausforderung, die für die Sowjetunion im Offensivraketen-Begrenzungsabkommen von 1972 lag, hat sie schneller reagiert, als die USA erwartet hatten. SALT hat MIRV nicht geschaffen, aber den Wettlauf in Mehrfachsprengköpfen eindeutig beschleunigt.

Während die Impulse auf das qualitative Wettrüsten infolge der zahlenmäßigen Begrenzung der Offensivraketen durch SALTI allgemein kritisch beurteilt werden, gilt der gleichzeitig abgeschlossene Vertrag über die Antiraketen-Raketen (ABM) häufig als Beleg dafür, daß Rüstungskontrolle den allgemeinen Obsoleszenzrhythmus Innovationsund habe Tatsächlich aber hatten die Waffenerprobungen die Aussichtslosigkeit bewiesen, auf dem Stand der damaligen Technik die anfliegenden gegnerischen Systeme durch Raketen auszuschalten. Jede Abwehrfähigkeit hätte die andere Seite jeweils mit relativ geringem Mehraufwand wieder zunichte machen können Die USA und die Sowjetunion haben sich den Verzicht auf einen aussichtslosen technologischen Wettlauf durch ein Stillhalteabkommen gegenseitig honoriert.

Der ABM-Vertrag und seine spätere erneute Eingrenzung auf jeweils ein Abwehrsystem hat den Forschungsund Entwicklungsaufwand für diese spezielle Technik bei beiden Supermächten begrenzt und der gegenseitigen gesicherten Zweitschlagskapazität eine Atempause verschafft. Rüstungskontrolldenken konnte sich gegen Aufrüstungstendenzen durchsetzen, weil das angestrebte Rüstungsprogramm technologisch nicht sinnvoll zu realisieren war. Mittlerweile hat in den USA eine Diskussion darüber eingesetzt, ob der technische Fortschritt die ABM-Technik nicht doch wieder sinnvoll machen könnte

Dennoch, es sind seit der Amtszeit von US-Verteidigungsminister Robert McNamara in den USA mehrere Rüstungsmaßnahmen nicht getroffen worden, die technisch und finanziell realisierbar gewesen wären. Ende der sechzi-ger Jahre wurde entschieden, die ICBM Minuteman III auf die Zahl von 550 zu begrenzen. Auch noch Mitte der siebziger Jahre scheiterte beispielsweise die Installierung eines neuen Navigationssystems für die seegestützten Interkontinentalraketen das diesen SLBM eine bedingte Eignung als first-strikeWaffen verliehen hätte, am Widerstand des amerikanischen Kongresses. Die Sowjetunion, so war das Motiv für die Zurückhaltung, sollte nicht den Eindruck gewinnen, die USA wollten sich eine first-strike-Kapazität schaffen. Bei der Bewertung dieses Vorgangs für die SALT-Politik ist zu berücksichtigen, daß diese rüstungspolitische Zurückhaltung ohne vertragliche Einbindung erfolgte, also Ausdruck einer übergreifenden Stabilisierungsintention war, von der SALT nur ein Bestandteil ist. Zusammenfassend läßt sich die Antwort auf die schwierige Frage nach dem kriegsverhütenden Wert der SALT-Politik folgendermaßen eingrenzen: Die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges wird durch die qualitative Entwicklung der strategischen Systeme, insbesondere der Zielpräzision und Zuverlässigkeit, stärker begünstigt als durch die bloße Vermehrung der Sprengköpfe Jede SALT-Ver-einbarung über die Offensivwaffen hat bisher den Druck auf die jeweils nicht erfaßten qualitativen Komponenten der strategischen Arsenale verstärkt Behindert hat keine der SALT-Vereinbarungen die Tendenz, den Nuklear-krieg wieder führbar zu machen. SALT hat die technischen Voraussetzungen der Kriegs-wahrscheinlichkeit begünstigt, war also kontraproduktiv, wenn man von der Entwicklung der hardware und Software der strategischen Potentiale ausgeht.

Dieser Zusammenhang zwischen SALT und dem Trend zum begrenzten strategischen Atomkrieg hat mit der Verkündung der neuen amerikanischen Abschreckungsstrategie (Pre-sidential Directive 59) durch Präsident Carter im August 1980 besondere Bedeutung erlangt. Die USA wollen mit der Fähigkeit zur Bekämpfung nur militärischer Ziele eine größere Handlungsfreiheit erhalten, damit die Abschreckung glaubhafter wird. Glaubhafter ist sie aber nur dann, wenn der Einsatz der nuklearen Waffen in einer militärischen Krise 28 wahrscheinlicher ist. Die strategischen Waffen wären nicht mehr ausschließlich politische Waffen der Kriegsverhütung, sondern auch militärische Instrumente, mit denen wieder eine Chance entsteht, den Krieg zu gewinnen. Die durch SALT zusätzlich angetriebene technische Entwicklung der strategischen Waffen ist deshalb eine Gefahr für den Frieden, weil beide Seiten aus Sorge vor der möglichen Erstschlagfähigkeit des andern tatsächlich diese Erstschlagkapazität anstreben.

Da aber noch so gefährliche Waffen zwischen befreundeten Staaten praktisch keinen Krieg verursachen können, wäre es möglich, daß dieser Nachteil durch Verbesserung der politischen Beziehungen zwischen den USA und der Sowjetunion mehr als ausgeglichen wurde, etwa durch die Funktion der SALT-Politik, „die zwei Supermächte im Gespräch über die Defi. nition ihrer wechselseitigen Interessen festzuhalten"

Es ist aber nicht zu erkennen, daß etwa das aus Anlaß der Unterzeichnung von SALT II am 18. Juni 1979 durchgeführte Treffen von Präsident Carter und KP-Chef Breschnew, das in betont herzlicher Atmosphäre stattfand, die ein halbes Jahr später ausgebrochene Krise auch nur hätte lindern können. Wird der SALT-Prozeß durch Konfrontation unterbrochen oder zerstört, dann verschwindet der Geist der Kooperation — zurück bleiben die gefährlicher gewordenen Waffen als offensichtlich unvermeidbare Ergebnisse dieserArt von Rüstungskontrollpolitik.

IV. Rüstungskontrolle nur bei Disparität?

Der SALT-Prozeß war in den USA stets von der Sorge begleitet, die UdSSR könnte ihrerseits die first-strike-Kapazität erlangen. Folgende technische Kuriosität hat diese Befürchtungen plausibel gemacht: Die sowjetischen Interkontinentalraketen haben grundsätzlich einen größeren Durchmesser und ein größeres Schubgewicht als die amerikanischen, was als Ausdruck geringerer Fortschritte der Sowjetunion bei der Miniaturisierung der Raketentechnik galt. Beim Übergang zum MIRV-System erwies sich nun dieser technologische Rückstand als Vorteil, weil auf den landgestützten sowjetischen Raketen jeweils mehr Sprengköpfe installiert werden können als auf den kleineren amerikanischen. Die Einführung von MIRV durch die USA hatte somit zur Verringerung des amerikanischen Vorsprungs in einem Ausmaß beigetragen, das offensichtlich mit dem Sicherheitsbedürfnis der USA gegen Ende der siebziger Jahre nicht mehr vereinbar ist. Bei genauerem Besehen hatte die USA stets nur vereinbarungsgemäß oder unilateral auf Rüstungsschritte verzichtet, solange ihr strategisches Gesamtpotential, vor allem gemessen an der Zahl und Qualität der Sprengköpfe, dem sowjetischen überlegen war. Bei SALT I wurden diejenigen Komponenten, bei denen die USA relativ schwach war, erfaßt (Zahl der land-und unterseebootgestützten Interkontinentalraketen) und diejenigen, bei denen sie eindeutig im Vorteil war (Zahl der Sprengköpfe, Bomber und Forward Based Systems), ausgeklam-mert In dieser Sicht ist die SALT-Politikdie Rationalisierung des Verzichts auf einen entbehrlichen Vorsprung der USA im sowjetisch-amerikanischen Rüstungswettlauf. Folgerichtig mußte diese Rüstungskontrollpolitik in die Krise geraten, als sich die Sowjetunion der ihr eingeräumten Parität tatsächlich näherte. Nachdem sich Ende der siebziger Jahre der Vorsprung der USA deutlich verringert hatte, konnten die USA SALT II nur noch akzeptieren, wenn sie gleichzeitig neue überlegene Waffensysteme aufbauten. Wenn aber SALT der Sowjetunion nicht mehr bei der Verringerung des Rückstandes gegenüber den USA hilft, sondern mit MX, Cruise Missiles und anderem zur Verbesserung des amerikanischen strategischen Potentials beiträgt, verliert diese Politik für sie an Interesse, weil so der Rüstungswettlauf noch schneller auf eine Ebene treibt, auf der ihr das Mithalten relativ größeren Aufwand abverlangt als den USA Im übrigen waren die Schwierigkeiten bi der Ra tifizierung von SALT II lange vor der Afghanistan-Krise aufgetreten zur Beschwichtigung der SALT-Gegner war der Militäretater-höht und das MX-Raketenprogramm forciert worden.

Doch bleibt bei der Sowjetunion ein Interesse an SALT, um das Entstehen eines neuen amerikanischen Vorsprungs möglichst zu begrenzen. Für die USA gibt es jedoch in den achtziger Jahren bis zur Indienststellung von MX und Von Cruise Missiles zu wenig, auf das für erfolgreiche Verhandlungen verzichtet werden könnte. Dies gilt um so mehr, als die amerikanische Einschätzung des zu verhandelnden Überschusses in einer krisenhaften Entwicklung der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen geringer sein wird als in Phasen verstärkter Kooperation.

Für die Frage nach den Aussichten künftiger SALT-Verhandlungen läßt sich daraus folgende These ableiten: Da SALT Ende der siebziger Jahre seine wichtigste Voraussetzung, nämlich den amerikanischen Vorsprung, konsumiert hat, besteht erst nach einer Phase verstärkter amerikanischer Rüstung wieder eine Chance für Rüstungskontrollvereinbarungen. Entgegen landläufiger Vorstellungen über Rüstungskontrolle wäre Voraussetzung für Verhandlungserfolge nicht die Parität, sondern die Disparität. Hat der Schwächere nachgerüstet (ob mit oder ohne Rüstungskontrollabkommen), ist die Verhandlungsgrundlage dieser Art von Rüstungskontrollpolitik zerstört und erst durch den Rüstungsschub einer Seite wieder herzustellen.

Wenn dies aber so ist, dann zähmt selbst eine formal erfolgreiche SALT-Politik nicht die militärischen Instrumente, sondern fördert Schritt für Schritt deren qualitative und quantitative Eskalation. Die Rüstungskontrollpolitik stößt spätestens dann an ihre Legitimationsgrenze, wenn für die Ratifizierung von SALT-Abkommen mehr Rüstung erforderlich ist, als durch das Abkommen selbst nach optimistischer Interpretation verhindert werden kann.

V. Die politischen Voraussetzungen zur Fortsetzung der SALT-Politik

„Arms control" hat es in den USA als einheitliche, stringent verfolgte Rüstungskontrollkonzeption nie gegeben Um so entscheidender sind für die Fortsetzung der SALT-Politik die allgemeinen politischen Rahmenbedingungen. Voraussetzungen für SALT-Verhandlungen und -Vereinbarungen sind:

— die Bereitschaft beider Supermächte zur Begrenzung der konfrontativen und Ausweitung der kooperativen Elemente der gegenseitigen Beziehungen;

— der zumindest deklaratorische Verzicht auf militärische Überlegenheit;

— das Interesse beider Seiten an der Stabilität des Abschreckungssystems zur Verhinderung eines Atomkrieges;

— die (quasi-) bipolare Weltstruktur;

— die Kalkulierbarkeit des gegnerischen Verhaltens. Die Tendenz zur Remilitarisierung der strategischen Waffen hat, soll der Atomkrieg verhindert werden, die Notwendigkeit zur Kooperation der Supermächte verstärkt, gleich-zeitig aber die Voraussetzung zur Kooperation erschwert. Die Annahme, die jeweils andere Seite könnte in absehbarer Zeit in der Lage sein, mit einem Entwaffnungsschlag auch nur zu drohen, treibt die strategischen Potentiale nach Qualität, Struktur und schließlich auch nach Einsatzkonzeption in Richtung Kriegsführungsoption, wodurch die Ost-West-Beziehungen nachhaltig beeinflußt werden.

Die westliche strategische Doktrin korrelierte stets mit dem Charakter der intersystemaren politischen Beziehungen. So entsprach das Konzept der massiven Vergeltung dem Kalten Krieg; die flexible response fand ihre Entsprechung in der Entspannungspolitik. Denn die psychologischen Auswirkungen des Konzepts der massiven Vergeltung hätten kaum einen Entspannungsprozeß ermöglicht; umgekehrt wäre der Kalte Krieg'eine schlechte Voraussetzung für eine Konzeption der abgestuften militärischen Reaktion, eben der flexible response, gewesen. Heute zeichnet sich deutlich die Parallelität von militärischer first-strikeTendenz und politischer Überlegenheitsstrategie ab. Nach Egon Bahr war die Politik der 34 Entspannung das Ergebnis der Fähigkeit beider Supermächte, „auch im Falle eines ersten Schlages des anderen vernichtend zurückschlagen zu können" Folglich wird der Entspannungspolitik in demMaße die Grundlage entzogen, wie sich die strategischen Potentiale in Richtung der Erstschlagsvernichtungsfähigkeit entwickeln. In gleichem Maße schrumpfen die politischen Voraussetzungen für formal erfolgreiche Rüstungskontrollvereinbarungen. Die Notwendigkeit der Verhinderung eines Atomkrieges aus menschlichem oder technischem Versagen wird weiter wachsen. Bei einer allgemeinen Verschärfung der internationalen Lage werden aber vermutlich die hierfür geschaffenen Rüstungskontrollmechanismen das Verhalten der Supermächte nicht wesentlich beeinflussen können, wie der Mißbrauch des „Heißen Drahtes" zwischen Moskau und Washington in der Afghanistan-Krise um die Jahreswende 1979/80 als Propagandainstrument durch die Sowjetunion gezeigt hat. Erschwerend tritt bei verstärkter Konfrontation die reduzierte Kalkulierbarkeit des gegnerischen Verhaltens hinzu.

Für die Fortsetzung der SALT-Politik ist die seit mehreren Jahren zu registrierende Unkal-kulierbarkeit der Washingtoner Administration ein zusätzliches Hindernis. Wenn ungewiß ist, ob eine Vereinbarung durch die andere Seite ratifiziert wird oder nicht, wird die Bereitschaft zu Zugeständnissen verringert und die Versuchung zu Absicherungsmaßnahmen vergrößert werden. Die Erfahrungen mit den Ratifizierungsschwierigkeiten des SALT-II-Vertrages kommen einem Entzug der Geschäftsgrundlage für eine substantielle Verhandlungspolitik gleich. Die USA haben sieben Jahre unter drei Präsidenten über den SALT-II-Vertrag verhandelt, um dann — möglicherweise — nach längerem Zögern die Ratifizierung abzulehnen.

Die Ost-West-Teilung der Welt ist durch die Auflockerung der Blöcke, die Entwicklung neuer ökonomischer Zentren, das politische Erstarken Chinas, die Re-Islamisierung, die gestiegene Bedeutung der Rohstofflieferregionen und die Emanzipation der Dritten Welt ordnungspplitisch tiefgreifend relativiert. Da der SALT-Politik die Bipolarität, genauer: das amerikanisch-sowjetische Kondominium, zu. gründe liegt, ist die künftige Tragfähigkeit des SALT-Ansatzes davon abhängig, wie lange es möglich ist, die hauptsächlich militärisch aufrechterhaltene Fiktion einer zweigeteilten Welt gegen die weltpolitischen Veränderun gen abzuschirmen. So ungünstig alle anderen politischen Bedingungen derzeit für eine Fortsetzung der SALT-Politik erscheinen — das gemeinsame Interesse der beiden Supermächte an einer Konservierung ihrer gemeinsamen Weltherrschaft könnte die Fortführung von SALT-Verhandlungen begünstigen. Die Verzichtserklärung auf militärische Überlegenheit ist für die Rüstungskontrollpolitik nicht nur eine notwendige politisch-psychologische Voraussetzung, sondern Verhandlungsprinzip, weil nur auf der Basis der Parität oder Quasi-Parität Vereinbarungen möglich sind Die Erklärung des Überlegenheitsverzichts ist für den Unterlegenen kein Problem. Im Rahmen des Konzepts der friedlichen Koexistenz war dieser Verzicht auch mit dem sowjetischen Anspruch, das dem Kapitalismus politisch überlegene System zu repräsentieren, vereinbar. Da aber politische Überlegenheit letztlich auch im militärischen Sektor ihren Ausdruck finden müßte ist es nicht unwahrscheinlich, daß KP-Chef Breschnew im April 1974 auf einer Konferenz der WarschauerVertragsorganisation folgende Ausführungen nicht nur als Rechtfertigung seiner Politikverstanden hat: „Wir Kommunisten müssen eine Zeitlang mit den Kapitalisten Zusammenarbeiten. Wir brauchen deren Landwirtschaft und Technologie. Aber wir werden unsere massivsten Rüstungsprogramme fortsetzen und Mitte der achtziger Jahre in der Lage sein, zu einer wesentlich aggressiveren Außenpolitik zurückzukehren, um in unseren Beziehungen zum Westen die Oberhand zu gewinnen." Andererseits war es auch für die USA keineswegs selbstverständlich, gegenüber der kommunistischen Sowjetunion Überlegenheitsverzicht zu üben. „Eine amoralische neobismarcksche Gleichgewichtspolitik entspricht nicht den Vorstellungen der meisten Amerikaner', schrieb im September 1973 die New York Times Demgemäß widersprüchlich war die Politik der amerikanischen Administration. In seiner Erklärung zur Unterzeichnung von SALT I am 26. Mai 1972 sprach der US-Sicherheitsberater Henry Kissinger von der „Interdependenz des überlebens beider Großmächte“, die zur Koexistenz zwinge. „Begrenzter Zuwachs an Macht kann nicht mehr entscheidend sein. Potentiell entscheidender Zuwachs aber führt in eine extrem gefährliche Situation; denn damit wird eine Prämie darauf gesetzt, den ersten Vernichtungsschlag führen zu können und gleichzeitig ein Verteidigungs-System aufzubauen, das den Vergeltungsschlag des Gegners soweit wie möglich stumpf macht Mit anderen Worten, marginale Erhöhungen der Stärke können nicht entscheidend sein. Potentiell entscheidende Erhöhungen sind außerordentlich gefährlich, und das Streben nach ihnen wirkt destabilisierend."

In derselben Rede sagte Kissinger aber auch, die USA werden „Forschung und Entwicklung und die Produktionskapazität vorantreiben, um in einer voll geschützten strategischen Position zu bleiben .. . Bereits im August des vergangenen Jahres hatte der Sprecher des amerikanischen Verteidigungsministeriums Gerüchte bestätigt, wonach das Pentagon an einem Programm zur Verbesserung der Ziel-genauigkeit und Explosivkraft der Interkontinentalraketen arbeite, das „irgendeinem künftigen Präsidenten die Option des ersten Schlages" einräumen würde Selbst wenn die Sowjetunion sich mit dem Ziel der Parität hätte begnügen wollen, was nicht wahrscheinlich ist, diese widersprüchliche amerikanische Position zur Rüstungskontrolle hätte ihr es unmöglich gemacht. Selbst in der Blütezeit der Rüstungskontrollpolitik also war immer beides vorhanden: Maßnahmen zur Stabilisierung des nuklearen Gleichgewichts und Vorkehrungen zu seiner Überwindung. Wirklichen Überlegenheitsverzicht haben weder die USA noch die Sowjetunion je geleistet Die Krise nach der sowjetischen Intervention in Afghanistan hat den antagonistischen Charakter der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen offengelegt.

Zwar sind die Großmächte durch den Atomwaffensperrvertrag vom l. Juli 1968 zu Verhandlungen über „wirksame Maßnahmen" zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens verpflichtet. Auch nach der KSZE-Schlußakte wollen sie wirksame Maßnahmen ergreifen, „die durch ihren Umfang und durch ihre Natur Schritte darstellen, um schließlich eine allgemeine und vollständige Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle zu erreichen"

Weniger diese ohnehin nicht einklagbaren Bestimmungen als die Absicht, den Schwellenmächten durch einen Abbruch von SALT keinen Vorwand für den Griff zu eigenen Atomwaffen zu liefern, wird die Supermächte veranlassen, den SALT-Prozeß letztlich doch fortzusetzen. Ihr gemeinsames Interesse an der Verhinderung der horizontalen Proliferation, d. h.der Nichtverbreitung der Atomwaffen auf weitere Länder, ist bleibender Antrieb ihrer Bemühungen um die Begrenzung der vertikalen Proliferation, d. h.der Eindämmung des atomaren Wettrüstens zwischen den Atommächten. Was aber ist, wenn aus diesen Gründen und nach Ratifizierung von SALT II der Dialog fortgesetzt wird, der Gegenstand von SALT III?

V. Die Probleme bei SALT III

1. Globales oder europäisches Gleichgewicht In einer „Gemeinsamen Erklärung der Grundsätze und Hauptleitlinien für künftige Verhandlungen über die Begrenzung der strategischen Waffen", die Bestandteil des SALT-II-Vertrages vom 18. Juli 1979 ist, haben die USA und die Sowjetunion ihre Absicht bekundet, die Bemühungen um eine „weitere Begrenzung und weitere Verminderung strategischer Waffen" fortzusetzen. Eine SALT-Politik jedoch, die sich nur auf die bisher erfaßten Waffensysteme bezieht, würde die nuklear-strategischen Probleme der NATO in Europa erheblich verschärfen. Verteidigungsminister Hans Apel hat die westeuropäische Kritik an der amerikanischen SALT-Politik einmal folgendermaßen artikuliert: „Nach dem Motto, wir begrenzen unsere gegenseitige Bedrohung, das aber, was sich in Europa an Potentialen insbesondere auf Seiten der Sowjetunion entwickelt, dies muß uns nicht interessieren, da es unseren Kontinent nicht erreicht Dies halte ich für nicht vertretbar." Seit der bekannten Londoner Rede von Bundeskanzler Helmut Schmidt am 28. Oktober 1977 strebt die Bundesregierung mit Nachdruck nach Rüstungskontrollverhandlungen über die Mittelstreckenwaffen. Die USA sind in dieser Frage eher zögernd. Sie befürchten, die Sowjetunion werde auf diese Weise erreichen, was ihr bei SALT I und SALT II verwehrt worden ist, nämlich Verhandlungen über die generelle amerikanische Nuklearpräsenz in Europa, insbesondere über die Forward Based Systems (FBS). Nach der von Breschnew und Schmidt unterzeichneten Bonner Deklaration vom 7. Mai 1978 hat die Sowjetunion wiederholt ihre Bereitschaft zu Gesprächen auch über ihr Mittelstreckenpotential geäußert.

Die Bundesregierung ist nun in folgendes Dilemma geraten: Einerseits sollen, um die „strategische Einheit“ des Westens nicht (zusätzlich) zu gefährden, „die nuklearen Mittelstrekkensysteme nicht abgetrennt von den interkontinental-strategischen Systemen verhandelt werden" andererseits weist SALT zur rüstungskontrollmäßigen Erfassung dieses euro-strategischen Potentials „keine greifbaren Ansätze außer den Paritätsgrundsatz selbst auf Da aber eine Parität bei diesen Waffen eine Abkopplung der in Europa stationierten von den strategischen amerikanischen Atomwaffen begünstigt und dadurch die auf der Triade beruhende westliche Verteidigungskonzeption aushöhlt, sind Verteidigungskonzept und Rüstungskontrollforderungen auf Kollisionskurs geraten. Die Haltung der Bundesregierung zur Paritätsfrage schwankte zwischen den beiden Positionen, bis sie sich schließlich mit dem Brüsseler Beschluß so festlegte: Jede vereinbarte Begrenzung dieser Systeme muß mit dem Grundsatz der Gleichheit zwischen beiden Seiten vereinbar sein." Weil damit unzweideutig die landge. stützten LRTNF-Systeme gemeint waren und nur diejenigen der Sowjetunion und der USA, also nicht die französischen und britischen Po-tentiale einbezogen werden sollten, hatte die NATO ein Rüstungskontrollangebot gemacht das ihrer eigenen Politik und Strategie widersprach. 2. Die Lage nach dem Besuch des Bundeskanzlers in Moskau Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte die eurostrategischen Waffen zum Hauptthema der Gespräche mit der sowjetischen Führung am 30. Juni und 1. Juli 1980 in Moskau gemacht Nach seiner Rückkehr teilte er im Deutschen Bundestag mit, Generalsekretär Breschnew habe erklärt, die Sowjetunion könne nicht bereit sein, Verhandlungen über SALT III zu beginnen, ehe sie Klarheit über das weitere Schicksal von SALT II habe. Das am 6. Oktober 1979 in Ost-Berlin gemachte Angebot gelte nur, sofern die Ausführung des Dezember-Beschlusses der NATO ausgesetzt, suspendiert werde. Die Sowjetunion sei nicht bereit, einseitige Begrenzungen ihres Potentials, auch nicht für begrenzte Zeit, zu akzeptieren. Diese Erklärungen lagen auf der bekannten sowjetischen Linie. Neu dagegen war der folgende Vorschlag Breschnews: „Die sowjetische Führung erklärte die Bereitschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika auch schon vor Ratifikation von SALT II in bilaterale Gespräche über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenwaffen einzutreten. In diesen Gesprächen müsse über beiderseitige Mittelstreckenwaffen unter Berücksichtigung aller Faktoren gesprochen werden, welche in diesem Bereich die strategische Situation beeinflußten. Und er hat klar gemacht, daß dabei auch die sogenannten Forward Bsed Systems einbezogen werden sollen ... Er hat hinzugefügt, die sich aus solchen Gesprächen ergebenden Vereinbarungen könnten nach seiner, des Generalsekretärs, Auffassung allerdings erst in Kraft treten nach Ratifikation und Inkrafttreten von SALT II." Im In-und Ausland ist dieser „neue konstruktive Vorschlag" (Helmut Schmidt) auf Überraschung und Verwunderung gestoßen. Die Verwirrung ist wohl deshalb entstanden, weil das neue sowjetische Angebot in elementaren Punkten weder mit dem Rüstungskontroll-Beschluß des NATO-Rats vom Dezember 1979 noch mit dem von Helmut Schmidt im Frühjahr 1980 vorgeschlagenen Dislozierungs-Moratorium übereinstimmte und dennoch von der Bundesregierung positiv beurteilt wurde. Weder akzeptierte die sowjetische Führung einen auch nur befristeten Dislozierungsstopp der SS-20, noch stimmte sie der im Brüsseler Beschluß vorgesehenen Begrenzung auf die landgestützten Mittelstreckensysteme (LRTNF) zu. Andererseits war es überraschend, daß die Sowjetunion — wie im NATO-, Beschluß vorgesehen — die britischen und französischen semi-strategischen Waffen ausklammerte, was im Rahmen einer gesamteuropäischen Nuklearbalance mit der sowjetischen Interessenlage nicht zu vereinbaren wäre.

Dieser Punkt und die Bindung an die Ratifizierung von SALT II sind im Kontext der oben in Absatz 2 dargestellten Zusammenhänge Indizien für folgendes Verhandlungskonzept: Die Sowjetunion hat angesichts des Drängens der Bundesregierung auf Rüstungskontrollverhandlungen ihre bisherige Vorbedingung, die Aussetzung des NATO-Rats-Beschlusses, fallengelassen und fordert als Gegenleistung die Ausdehnung des Verhandlungsgegenstandes auf die FBS. Damit wäre ein Verhandlungspaket aus zwei Komponenten geschnürt, zwischen denen nach sowjetischer Auffassung ein funktionaler Bezug besteht: die amerikanischen vorhandenen und geplanten FBS, deren Trägersysteme teilweise im Besitz anderer NATO-Staaten sind (Flugzeuge, Pershing I und II sowie Cruise Missiles) auf der einen Seite und die sowjetischen Anti-FBS (SS-20, SS-4, SS-5 und eventuell das Flugzeug „Backfi-re') auf der anderen Seite. Bundeskanzler Schmidt hat in Moskau zwar gefordert, „daß dann entsprechende sowjetische Waffen ebenfalls in die Gespräche einbezogen werden Müssen", nur wird das kaum gelingen, weil die Sowjetunion — formal korrekt — keine FBS besitzt, also keine Waffen, die „in diesem Be-reich die strategische Situation beeinflußten".

Aufgrund der Zahlenverhältnisse (350— 500 USA gegen ungefähr 600 UdSSR) könnte sich die Sowjetunion aus diesen „FBS-Anti-FBSGesprächen" ein Ergebnis erhoffen, das, anders als beim Ost-Berliner Breschnew-Angebot, ihren SS-20-Bestand unangetastet läßt, die Nachrüstung der NATO aber deutlich unterhalb der vorgesehenen Stückzahl von 572 festschreibt Außerdem bietet die Koppelung dieses „SALT-II-1/2-Abkommens" an die SALT-II-Ratifizierung der sowjetischen Politik die Chance einer partiellen Interessenidentität von Sowjetunion und Westeuropa gegenüber einem ratifikationsunwilligen amerikanischen Senat und Präsidenten. Auf diese Weise hätte die sowjetische Führung mindestens zwei zentralen Zielen ihrer Rüstungspolitik gedient: der — zumindest teilweisen — Verhinderung des NATO-Nachrüstungsbeschlusses und der Einbeziehung der amerikanischen FBS in den SALT-Prozeß.

Die westliche Einschätzung eines solchen möglichen Verhandlungsergebnisses wird von der Frage bestimmt sein, ob auf die volle Realisierung des Nachrüstungsbeschlusses verzichtet werden kann oder nicht. Darüber gibt es weder zwischen den Parteien in der Bundesrepublik noch zwischen den westeuropäischen NATO-Ländern einerseits und dem Verhandlungsführer USA andererseits einen Konsens. Die von der Sowjetunion vorgeschlagenen Verhandlungen wären wegen der Abgrenzungsprobleme schwierig und zeitraubend. Doch wären diese Schwierigkeiten dann überwindbar, wenn auf beiden Seiten ein solches Abkommen wirklich gewollt wird. Es ist aber nicht zu erkennen, weshalb die USA an diesem SALT-II-1/2-Abkommen stärker interessiert sein sollten als an SALT II; denn die 572 Mittelstreckenwaffen sind unverzichtbare Instrumente der neuen amerikanischen Abschreckungsstrategie.

Bundeskanzler Schmidt und Generalsekretär Breschnew haben in Moskau festgestellt, „daß schon der Beginn solcher Gespräche der Stabilisierung der Weltlage dienen" könne Der bisherige Verlauf der Rüstungskontrollpolitik rechtfertigt selbst bei formal erfolgreichen Verhandlungen keine darüber hinausgehenden Erwartungen. Die akute Gefahr der Verschärfung des Wettrüstens kann durch SALT-Gespräche verdeckt, nicht aber dauerhaft gebannt werden.

VII. Rüstungskontrolle und Entspannungspolitik in Europa

„Arms control has essentially failed" ist eine Formel, die immer mehr Zustimmung findet Gleichzeitig wachsen die Sorgen, was geschieht, „if deterrence failed". Gibt es die Alternative SALT III oder Weltkrieg III? Zwischen Erfolg und Mißerfolg der Rüstungskontrolle einerseits und der wachsenden Kriegs-gefahr andererseits gibt es einen engen Zusammenhang. Nicht etwa deshalb, weil ein SALT-Abkommen einen Weltkrieg verhindern könnte, sondern deshalb, weil sich die Beziehungen zwischen den Supermächten gravierend verschlechtert haben müssen, wenn „nicht einmal etwas so Harmloses wie SALT zustande kommt"

Aus heutiger Sicht lag die aussichtsreichste Phase der SALT-Politik in der ersten Hälfte der siebziger Jahre; sie fällt zusammen mit dem Höhepunkt der Entspannungspolitik, die Henry Kissinger zwischen 1972 und 1975 ansetzt Durch den Verzicht der USA auf einen Teil des Vorsprungs im Bereich der strategischen Rüstung war es möglich, einen Beitrag zur politischen Entspannung zu leisten, die ihrerseits für SALT-Abkommen eine notwendige Bedingung ist. SALT-Vereinbarungen lassen sich begreifen als ein fall-out intersystemarer Kooperation. Sie machen Kooperationsbereitschaft manifest, führen sie aber nicht herbei; im Konflikt mit anderen Interessen waren die Interessen für SALT bei den beiden Supermächten nachrangig. Rüstungskontrolle ist kein „Entspannungsfutter".

Die Frage nach der Zukunft der SALT-Politik ist damit eine Frage nach der Zukunft der Entspannungspolitik allgemein. Einleuchtend ist die These, zwischen antagonistischen Systemen könne es Kooperation nur bei gleichzeitiger Konfrontation geben Sowohl gegenüber den Anhängern im eigenen Bereich als auch gegenüber den Sympathisanten im gegnerischen System muß die Zusammenarbeit mit dem „Klassenfeind" gerechtfertigt und kompensiert werden. Abgrenzung ist also kein Hindernis, sondern Voraussetzung der Ent-Spannungspolitik.„Radikalenerlaß" in der Bundesrepublik oder die Steigerung der Rüstungsausgaben in den siebziger Jahren um real 30 Prozent können als innenpolitischer Preis für eine verstärkte Entspannungspolitik zwi.sehen Staaten entgegengesetzter politischer und gesellschaftlicher Ordnung interpretiert werden. Das SALT-I-Abkommen ist unterzeichnet worden, als der Vietnamkrieg durch die Bombardierung Nordvietnams durch die amerikanische Luftwaffe in eine besonders brisante Phase getreten war

Es ist kennzeichnend für den Ernst der heutigen weltpolitischen Krise, daß diese Balance von konfrontativen und kooperativen Aktionen und Handlungen zerbrochen ist. Die Supermächte bemühen sich heute nicht, die durch die Afghanistan-Krise ausgelöste bzw. sichtbar gewordene Verschärfung der internationalen Lage durch Vereinbarungen auf anderen Sektoren oder Regionen zu lindern, Teilbar war Entspannung immer schon. Genauer: Ohne die Teilbarkeit hätte es zwischen antagonistischen Staaten nie eine Entspannung geben können. Nach den Bedingungen der internationalen Politik und dem Verhältnis der beiden Supermächte, wie es in den siebziger Jahren bestand, wären Fortschritte in der Rüstungskontrollpolitik heute nicht trotz, sondern gerade wegen der krisenhaften Zuspitzung in der Welt erforderlich. Auffallend ist das Bemühen der Westeuropäer, insbesondere der Bundesregierung, diesen Mechanismus und einen Dialog über die Rüstungskontrolle zwischen den Supermächten wieder in Gang zu bringen. Es scheint manchmal, als könnte sich eine Arbeitsteilung zwischen den USA und Westeuropa in dem Sinne herausformen, daß die USA die konfrontative und Westeuropa die kooperative Komponente der Beziehungen des Westens zum Osten übernehmen. Immerhin ist es bemerkenswert, daß früher die „querelles alleman des" den Entspannungsdialog der Großmächte störten, heute aber das deutsch-deutsche Ver hältnis zu einem Stabilisator der europäischen Politik geworden ist Könnten auf diese Weise nicht Voraussetzungen für eine spezielle Rüstungskontrolle für Europa geschaffen werden?

Dies wäre ein Rüstungskontrollansatz, der sich deutlich von der Bipolarität abhebt. Der amerikanische Präsident fordert von den Verbündeten, daß sie „fest an der Seite der USA stehen" was auf eine Restauration der westlichen Homogenität der fünfziger und sechziger Jahre hinauslaufen würde, während die europäischen Verbündeten nicht zuletzt wegen ihrer gestiegenen ökonomischen Bedeutung zu einer gewissen Eigenständigkeit tendieren, die nur dann einen antiamerikanischen Akzent erhalten wird, wenn die USA abhängige Verbündete selbstbewußten Partnern vorziehen sollten.

Tatsächlich gibt es aber keinen politischen Sektor, in dem die Westeuropäer, vorab die Bundesrepublik Deutschland, so sehr von den USA abhängig sind wie in der Sicherheitspolitik. In der Rüstungskontrollpolitik ist die Abhängigkeit wegen der amerikanischen Atomwaffen sogar noch größer. Solange die NATO-Konzeption zur westlichen Sicherheitspolitik auf der starken Atomwaffenklammer zwischen den USA und der Bundesrepublik beruht, ist jeder Versuch aussichtslos, durch eine Europäisierung der Rüstungskontrollpolitik die Barrieren, die durch die sowjetisch-amerikanischen Spannungen errichtet wurden, zu unterlaufen.

VIII. Die Krise der Rüstungskontrolle ist eine Krise der Rüstungspolitik

Der Theorie der Rüstungskontrolle liegt die Prämisse zugrunde, die Rüstung könne in Gegenseitigkeit auf ein niedrigeres Niveau gesenkt werden, bei Wahrung der Sicherheit der Beteiligten. Dieses Konzept ist außerordentlich es nur unter der Annahme weil erfolgreich sein kann, daß die auf den Entscheidungsprozeß einwirkenden Interessen für Abrüstung und Rüstungsbegrenzung stärker sind als die Interessen, die zur (Über-) Rüstung geführt haben und führen. In einem Vergleich dieser entgegengerichteten Interessen zeichnen sich die auf die Ausweitung der Rüstungsapparate zielenden Kräfte aus durch einen hohen gesamtökonomischen, technologiepolitischen sowie regional-und strukturpolitischen Stellenwert, ein durch Krisen begünstigtes politisch-psychologisches Klima (Bedrohungsängste), eine Koalition sonst konkurrierender gesellschaftlicher Mächte (Unternehmer und Gewerkschaften bei Arbeitsplatz-sicherung durch Rüstungsaufträge) und tradierte Sicherheitsvorstellungen (Überbetonung von militärischer Sicherheit). Im Gegensatz dazu sind die auf Rüstungsbegrenzung und Abrüstung gerichteten Interessen schlecht politisch umzusetzen, zumal diese oft von maximalistischen Forderungen ausgehen, was ihre Berücksichtigung eher behindert als fördert.

Eine Möglichkeit, den Friedenswillen der Bevölkerung in konkreter Sicherheitspolitik wirksam zu machen, gäbe es nur dann, wenn diese Fragen für das Wählerverhalten bestimmend werden könnten. Dies ist aber deswegen außerordentlich schwierig, weil die komplizierten Inhalte der Rüstungskontrollpolitik, kaum noch vermittlungsfähig sind und der Bevölkerung die unmittelbare Betroffenheit nur schwer plausibel gemacht werden kann, und vor allem deshalb, weil in der Bundesrepublik die Parteien zu den Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle keine klar unterscheidbaren Positionen beziehen. Die auf Abrüstung zielende Vernunft hat nur ein materielles Interesse als Verbündeten: die finanzielle Bürde. Allerdings scheint es, als ob sowohl die Länder des Ostens wie die des Westens eher bereit sind, durch Konsumbegrenzung und Verschuldung ökonomisch oder politisch zu kollabieren, als die Rüstungslasten zu mildern. Bleibt als einzige Hoffnung die Erkenntnis der politischen Eliten und von Teilen der Öffentlichkeit über die Konsequenzen einer Fortsetzung des Wettrüstens, das mit zunehmender Wahrscheinlichkeit in einen atomaren Holocaust führt.

Vor diesem Hintergrund ist die Ergebnislosigkeit der Rüstungskontrolle als Instrument ge19 gen Wettrüsten und Kriegsverhütung weniger verwunderlich als der Optimismus, mit dem dieser Versuch in den vergangenen Jahren begleitet wurde und auch heute noch wird Die Hauptursachen des Wettrüstens und der Kriegsgefahr liegen in den Kriegsapparaten und der sich daraus ergebenden und auf sie zurückwirkenden Struktur des Abschreckungssystems, die beide auf stetige qualitative und quantitative Weiterentwicklung drängen. Rüstungskontrolle und Abrüstung, die nicht an der Struktur der Militärapparate ansetzen, können nicht erfolgreich sein.

Rüstungskontrollpolitik, die erst die bestehenden Militärapparate verändern muß, um diese abrüstungstauglich zu machen, wäre freilich noch aussichtsloser als der herkömmliche Versuch, wären die bestehenden Militärapparate nicht ohnehin in bezug auf ihre Verteidigungsfunktion in erhebliche Friktionen, Widersprüche und Legitimationsprobleme geraten.

Es könnte sein, daß diese Widersprüche in der Verteidigungskonzeption verantwortlich sind für die Mißerfolge in der Rüstungspolitik. Die These wäre dann: dysfunktionale Militär-apparate sind abrüstungsimmun. Folgende zentrale Punkte der Kritik sind auszumachen: 1. Die Verwendung der Atomwaffe zur Landesverteidigung; 2. ein Verteidigungskonzept, das auf die Durchführbarkeit keinen Wert legt und deshalb auf Dauer auch nicht abschreckt;

3. ein Trend zur Symmetrierüstung, die ungeachtet der unterschiedlichen politischen Bedingungen und Aufträge nach Gleichgewicht und Gleichartigkeit der Waffen und Armeen strebt;

4. die Verwendung der Rüstungsapparate für innenpolitische und außenpolitische staatliche Funktionen, die mit militärischen Aufgaben nichts gemein haben („Rüstungsmilitarismus"). 1. Landesverteidigung mit Atomwaffen Solange die Vorstellung bestimmend war, die strategischen Atomwaffen hätten den großen militärischen Konflikt zum „Krieg ohne Sieger" und damit unwahrscheinlich gemacht, wa-ren Nuklearwaffen im Abschreckungssystem auf der Grundlage gesicherter beiderseitiger Zweitschlagskapazität als Kriegsverhütungs. Instrumente zu legitimieren. Problematischer war immer schon die Rechtfertigung der 7 000 taktischen amerikanischen Atomwaffen auf europäischem Territorium, vor allem deshalb, weil sie zum größten Teil als Kompensation für die konventionelle Schwäche des Westens dienten und dienen, also Mittel der Kriegsführung sein sollen. Eine plausible Einsatzdoktrin gibt es aber für diese nuklearen Waffen nicht In der dicht besiedelten Bundesrepublik mit ihrer verletzlichen Infrastruktur führt jeder Atomwaffeneinsatz, der über den nie sicher zu begrenzenden selektiven Einsatz hinausgeht, an die Grenze noch zu verantwortender Zerstörung. Der Versuch, Mannschaftsstärke durch nukleare Feuerkraft zu ersetzen, ist auch theoretisch nicht gelungen, weil wegen der tieferen Gefechtszonen und der höheren Verluste bei atomarer Kriegführung mehr und nicht weniger Soldaten als bei der konventionellen Auseinandersetzung erforderlich wären.

Der populär gewordene Vergleich der aktuellen Krise mit der Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges hat die Gefahr eines Krieges bewußt gemacht, der durch Fehlperzeptionen und durch Automatismen der Militärapparate ohne oder gegen den politischen Willen entstehen kann. Das Vertrauen in die Rationalität der Akteure, in die politische Steuerbarkeit der militärischen Apparate, die beiden wichtigsten Voraussetzungen des atomaren Abschreckungskonzepts, ist erschüttert Die schon in den sechziger Jahren von der Friedensforschung prognostizierte Destabilisierung des Abschreckungssystems infolge der Dynamik der Militärapparate wird Realität Die beiderseitige Entwicklung der strategischen Nuklearpotentiale in Richtung des Entwaffnungsschlages macht in einer Krise deren Einsatz allein schon dann möglich, wenn eine Seite (zu Unrecht) annimmt, die andere bereite diesen Erstschlag vor. Auch die eurostrategischen Waffen sind von diesem Trend erfaßt Die Veränderung des Charakters der Atomwaffen gibt der psychologischen Neueinschät-zung der Kriegsgefahr in der Bevölkerung eine reale Basis.

Da Atomwaffen Abschreckungswaffen sein mögen, zur Landesverteidigung in dem dicht besiedelten Mitteleuropa aber untauglich sind, ist angesichts dieser Veränderung eine Überprüfung der auf den Atomwaffen fußenden westlichen Sicherheitskonzeption erforderlich. So hat Christoph Bertram, der Leiter des Londoner Instituts für Strategische Studien, jetzt festgestellt: „Wir müssen daher wohl in Zukunft ernsthafter die Möglichkeiten rein konventioneller Abschreckung erwägen."

Die Konsequenzen der Atomwaffenabhängigkeit der westlichen Sicherheitspolitik für die Rüstungskontrollpolitik sind evident. Zum einen belasten die Veränderungen in den strategischen Potentialen die politischen Beziehungen zwischen Ost und West, zum anderen ist kein Weg sichtbar, wie die Atomwaffen unterhalb der strategischen Ebene durch Rüstungskontrollvereinbarungen zu greifen sind. Die Kompensationsfunktion der westlichen Atomwaffen für fehlende konventionelle Verbände ist grundsätzlich nicht verhandlungsfähig. Ohne die Eliminierung oder drastische Reduktion der taktischen Atomwaffen sind erfolgversprechende Rüstungskontrollvereinbarungen für Europa nicht zu erwarten. Die Atomwaffenabhängigkeit der westlichen Verteidigung bietet zudem der Sowjetunion erhebliche propagandistische Vorteile, wenn sie ihre nonfirst-use-Vorschläge etwa in Verbindung mit dem westlichen Konzept der vertrauensbildenden Maßnahmen, reaktivieren wird. Die konventionelle Überlegenheit des War-schauer Pakts macht diese Aktivität durchaus glaubwürdig. 2. Abschreckung ohne Verteidigungsfähigkeit Wenn die Abschreckung versagt, ist die NATO zur Verteidigung der Bundesrepublik unfähig. Am 12. April 1980 erklärte Verteidigungsminister Hans Apel: „Krieg in Europa, das würde das Ende Europas bedeuten, auch ohne den Einsatz von Atomwaffen." Die Bundeswehr hat jedoch nach allen amtlichen Darstellungen nicht nur einen Abschrek-kungsauftrag: „Im Verteidigungsfall haben die Streitkräfte den Auftrag, zusammen mit den verbündeten Truppen den Angreifer so grenznah wie möglich abzuwehren und verlorene Gebiete zurückzugewinnen.“ Wie aber kann man mit einer Verteidigungsvorbereitung, „die expressis verbis auf Durchführbarkeit keinen Wert legt“, glaubhaft abschrecken, fragt ein früherer Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr Nach Adelbert Weinstein ist die strategische Konzeption der flexible response zwar noch nie sonderlich glaubwürdig gewesen, wie z. B. die zunehmenden außer-europäischen Verpflichtungen der US-Streitkräfte, durch die jüngsten Entwicklungen aber vollends überholt Vor allem die unterste Stufe, die Drohung mit dem Einsatz der klassischen Truppen, „ist von Beginn an immer ein Bluff gewesen", weil man mit Kräften rechnet, über die man nicht verfügt

Nicht von ungefähr kommt ein sachkundiger Kritiker wie Lothar Ruehl beim Ergebnis einer Analyse des Nachrüstungsbeschlusses der NATO zu folgendem Schluß: „Die bequeme Zeit der gedanklichen Unverbindlichkeit, da jedermann eine listige Unterscheidung zwischen Abschreckung'und . Kampfführung'machen und damit das eigentliche Problem der nuklearen Optionen auf dem Kriegsschauplatz eskamotieren konnte, indem er den Mythos von der . kampflosen Abschreckung'verherrlichte, ist in Europa zu Ende.“

Die Bundeswehr ist nicht nur für die künftigen Bedingungen der Sicherheitspolitik falsch gerüstet, sie ist auch abrüstungsuntauglich. Dies wird bei den Wiener MBFR-Verhandlungen besonders deutlich. Diese Abrüstungsverhandlungen sind nur sinnvoll, wenn alle Beteiligten die Möglichkeit akzeptieren, nennenswerte Abstriche an ihren Streitkräften zu vereinbaren. Führende Militärs der Bundesrepublik haben aber keinen Zweifel gelassen, daß die „vom NATO-Bündnis sofort verfügbar gehaltenen Kräfte bereits an der Schwelle des tragbaren Risikos liegen" Die angestrebten Streitkräftereduktionen nach dem Wiener Verhandlungsansatz sind für die Bundesrepublik nicht durchführbar, weil deutliche Verringerungen an dem Widerstand der Militärelite der Bundesrepublik mit immanent durchaus überzeugenden Gründen scheitern würden Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Poeppel, hat daraus folgende Konsequenz abgeleitet: „Stimmen wir ... einer Kräftebegrenzung unterhalb des für die Verteidigung nötigen Bedarfs zu, muß vorher das strategische Konzept entwickelt werden, das unter veränderten Bedingungen unsere Sicherheit verbürgt." 3. Symmetrierüstung gegen politischen Auftrag Armeen sind sich in ihrer Struktur, Gliederung und Bewaffnung auch dann zum Verwechseln ähnlich, wenn der politische Auftrag oder die militärgeographischen Bedingungen völlig unterschiedlich sind. Das Abschrekkungssystem wirkt zusätzlich symmetrierend auf die sich in Europa gegenüberstehenden Streitkräfte von NATO und Warschauer Vertragsorganisation. Nur der Besitz all derjenigen Waffen, über die der Gegner verfügt, gilt als Voraussetzung für Sicherheit. Und da bei sich gegenüberstehenden Armeen auch jeweils die ähnlichen Abwehrwaffen vorhanden sind, ergibt sich daraus die Absurdität, daß jede Armee sich optimal selbst vernichten könnte.

Dieses Kindergartenprinzip, nach dem jeder alles haben möchte, was auch der andere besitzt, gehört zu den ehernen Gesetzen der Rüstungspolitik, obwohl sich spiegelbildliche Rüstungsprozesse in der Geschichte immer wieder für eine der beiden Seiten als schädlich erwiesen haben, wenn geographische, waffen-technische oder konzeptionelle Voraussetzungen nicht vorhanden waren. Ein markantes Beispiel ist die deutsche Seerüstung vor dem Ersten Weltkrieg, die ein Duplikat der britischen Navy wurde, im Krieg ohne Funktion war und folgerichtig sich nach dessen Ende selbst vernichtete.

Obwohl das Einsatzkonzept der sowjetischen Armee darauf beruht, den Krieg sofort nach Westen zu tragen, die Heeresverbände der NATO dagegen einen Abwehrkampf auf eigenem Territorium führen sollen, läßt sich dieser gravierende Unterschied in der Struktur und Bewaffnung der Streitkräfte nicht ablesen. Die WVO-Truppen verfügen nicht nur über die bekannte 1 : 3-überlegenheit in der Zahl der Panzer, sie sind auch bei den Panzerabwehrwaffen eindeutig überlegen

Bei dieser Duellkonstellation mit gleichen Waffen ist der Westen unterlegen. Sicherheitspolitik ist bei dieser Symmetrierüstung zwangsläufig Unsicherheitspolitik, die darauf hinausläuft, eine große Panzerarmee mit einer kleinen Panzerarmee schlagen zu wollen. Sicherheit kann unter diesen Bedingungen nur durch ein zahlenmäßiges Gleichziehen oder durch die Kompensation durch taktische Atomwaffen angestrebt werden, was jedoch spätestens dann zweifelhaft geworden war, als sich der Bestand an taktischen Nuklearwaffen der Sowjetunion der Zahl der amerikanischen TNF in Europa annäherte

Die Rüstungskontrollpolitikverstärkt die Tendenz zur Spiegelbildlichkeit und fordert, wie bei den eurostrategischen Waffen, auch dort juristische Gleichheit und volle Parität, wo aus konzeptionellen Gründen (Prinzip der strategischen Einheit des Westens) ein Gleichstand mit dem sowjetischen Potential bewußt nicht herbeigeführt worden war. Bislang droht dieses Abrüstungskonzept, das nach dem Motto verfährt „Aufrüsten um Abzurüsten", die Voraussetzung zu ihrem Ergebnis zu machen. Das heißt, man fühlt sich im Besitz der Waffen, die man sich eigentlich nur als Verhandlungsmasse zugelegt hatte, sicherer als zuvor. Damit taucht das Symmetriedenken in abrüstungspolitischem Gewände wieder auf, mit demselben Effekt, nämlich der Fortsetzung und Beschleunigung des Rüstungswettlaufs. Auch die Wiener MBFR-Verhandlungen über eine Truppenreduktion in Mitteleuropa waren bislang lediglich in der Schaffung der Abrüstungsvoraussetzungen erfolgreich. Womöglich wurden sie nur deswegen begonnen, weil durch den Zwang zur Parität der Truppenstärken die NATO-Kontingente, vor allem die amerikanischen, nicht reduziert werden durften -Die jahrzehntelange Diskussion über einen Rückzug von US-Truppen aus Europa (Mansfield-Resolution) war mit Beginn der MBFR-Gespräche schlagartig beendet.

Das Symmetriedenken ist bei ungleichen Stärkeverhältnissen nicht nur kein Sicherheitsrezept; es treibt den Rüstungswettlauf an und ist selbst dann, wenn ein ungefährer stärkenmäßiger Gleichstand erreicht wäre, als Sicher-heitsund Abrüstungskonzept problematisch. Insbesondere bei starken politischen Spannungen ist weder ein vereinbarter noch stillschweigender Konsens über den militärischen Gleichstand der Militärpotentiale in Europa möglich. Anstelle des Symmetrie-Paritäts-Denkens müssen die Kategorien Stabilität und Option treten. Das heißt, dauerhafte Sicherheit für die Bundesrepublik kann nur dann erreicht werden, wenn sich die militärische Sicherheitspolitik darauf konzentriert, das hinlängliche Maß an Defensivkapazität aufzubauen, um einem Angreifer die Möglichkeit des schnellen Vordringens auf westdeutsches Territorium zu nehmen. Ein anders angelegter Angriff ist nicht wahrscheinlicher als ein Angriff, der durch keinerlei Verteidigungsvorbereitung abgewehrt werden kann. Auf einer solchen militärischen Grundlage wäre eine politische Ordnung in Mitteleuropa aufzubauen, die auch ohne Gleichartigkeit der Rüstung in West und Ost und ohne Zahlengleichheit stabil ist und den Widerspruch zwischen politischem Defensiv-Auftrag und militärischer Offensiv-Struktur der NATO-Truppen aufhebt. 4. Rüstungsmilitarismus Die Rüstungskontrollpolitik ähnelt einer Schädlingsbekämpfung, bei der die altersschwachen Schädlinge eingefangen, dem Nachwuchs aber besonders gute Lebensbedingungen geschaffen werden. Das Wettrüsten wäre durch minimale Restriktionen bei der Entwicklung neuer Waffen viel nachhaltiger zu dämpfen als durch spektakuläre Rüstungskontrollvereinbarungen herkömmlicher Art.

Dem steht jedoch eine Veränderung im Militärwesen und dessen Beziehungen zu den anderen staatlichen und gesellschaftlichen Sektoren im Wege, die heute die Beschaffungspolitik bestimmen. Es handelt sich dabei um eine neue Erscheinungsform des Militarismus, der wegen des dominierenden Einflusses der Technik auf die Rüstungsapparate als „technologischer Militarismus" bezeichnet werden kann. Wir verwenden im Hinblick auf dessen Funktion auch den Terminus „Rüstungsmilitarismus" und definieren ihn als die Verwendung der materiellen Komponenten der Militärapparate zur Befriedigung von staatlichen und gesellschaftlichen Interessen, die mit dem klassischen Auftrag der Streitkräfte nichts gemein haben

Dieser Mißbrauch der Rüstung für nichtmilitärische Zwecke verkettet den Rüstungssektor mit dem politischen und gesellschaftlichen Gesamtsystem intensiver, als es bei einer Beschränkung auf die militärische Funktion erforderlich wäre. Die Entwicklung, Produktion sowie der Export von Waffen werden in Ost und West zu einem systemstabilisierenden und krisendämpfenden Instrument. Mit Hilfe von Rüstung sollen u. a. in fast allen Ländern Arbeitsplätze geschaffen und gesichert, Industriekapazitäten ausgelastet, zwischenstaatliche Beziehungen gefördert, strukturelle und regionale Probleme gelöst, die technische Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft gesichert, Zahlungsbilanzprobleme gelindert, das staatliche Prestige gehoben oder die Devisen aus den OPEC-Ländern zurückgeholt werden. Wenn die Realisierung des politischen Primats immer schwieriger wird, d. h. weder bei den Beschaffungsvorhaben noch bei den Abrüstungsbemühungen die Ergebnisse dem erklärten Willen der Regierungen entsprechen, dann ist dies auch auf diese Ausuferung des Militärsektors zurückzuführen.

Nachweislich werden wegen der nichtmilitärischen Funktionen der Rüstung nicht nur mehr, sondern häufig auch andere und vor allem komplexere Waffen produziert und beschafft, als aus militärischen Gründen erfor-derlich sind. Das Ergebnis ist eine zunehmende Dysfunktionalität der Waffen und der gesamten Streitkräfte, die immer deutlicher von Übertechnisierung und Störanfälligkeit gekennzeichnet sind. Vor allem die näher rük-kenden Grenzen der Finanzierbarkeit haben einen Problemdruck erzeugt, der erste Reaktionen der zuständigen Politiker hervorruft. So hat die sprunghafte Preisentwicklung des Großgeräts, wie z. B. bei dem Kampfflugzeug MRCA-Tornado Verteidigungsmini-ster Hans Apel zur folgenden Feststellung veranlaßt: „Eine einfache Fortschreibung der gegenwärtigen Trends kann nur im finanziel-len und im militärischen Fiasko enden“

Die Rüstungskrise kann zu einer Chance für die Abrüstungspolitik werden, wenn durch eine Generalresivision der militärischen Sicherheitspolitik eine Rüstung geschaffen wird, die die Sicherheit gewährleistet und Abrüstung tatsächlich möglich macht.

IX. Schlußbemerkungen

1. Letzten Endes hindert nur eines daran, die Konsequenz aus dem dargelegten Befund zu ziehen und die Rüstungskontrolle als einen für die Kriegsverhütung untauglichen Versuch abzustempeln: die wachsende Kriegsgefahr, jeden Beitrag, der möglicherweise zur die Verhütung des atomaren Holocaust beitragen könnte, zur Pflicht macht. Bislang aber hat insbesondere SALT jene Friedensforscher bestätigt, die schon Ende der sechziger Jahre Rüstungskontrolle unter den gegebenen Bedingungen als ein zumindest aussichtsloses Unterfangen bezeichnet hatten.

2. Eine Erkenntnis aus dem bisherigen Verlauf der Rüstungskontrollpolitik ist nicht mehr strittig: Das Krieg-Frieden-Problem ist auf diesem Wege nicht zu lösen. Abrüstung ist so nicht zu erreichen, allenfalls eine — schwer nachweisbare — Verringerung des Zuwachses der Rüstungspotentiale. Alle weitergehenden Erwartungen sind schädlich, weil -sie zu Ent täuschungen führen müssen, die die internationalen Beziehungen verschlechtern -kön nen.

3. Ein in der Öffentlichkeit unterschätzter Nebeneffekt des intersystemaren Rüstungsdialogs ist die allmähliche Verbesserung der Transparenz der sowjetischen Rüstung. Die im Westen vorhandenen Bedrohungsvorstellungen sind auch ein Ergebnis der unzureichenden Informationen über Zahl und Qualität der sowjetischen Waffen. Da die sowjetische Rüstung durch die NATO in der Regel überschätzt wurde, könnten auch erfolglose Rüstungskontrollverhandlungen die westliche Beurteilung der Sicherheitslage in Europa entkrampfen und den Zwang zu permanenten „Nachrüstungen“ verringern.

4. Bei der Eigenart der heutigen Rüstungsapparate, auf Begrenzungsversuche mit Ausweitung zu reagieren, erscheinen Versuche, am psychologisch-politischen Umfeld der Rüstung anzusetzen, aussichtsreicher als die Manipulation Waffen Vertrauensbildende an den selbst.

Maßnahmen, vor allem um die Gefahr eines Überraschungsangriffs in Mitteleuropa zu bannen, sind frei von der Gefahr der kontraproduktiven Effekte, wie sie im SALT-

Prozeß deutlich geworden sind.

5. Auf Kriegsgefahr kann grundsätzlich auf zweierlei Weise reagiert werden: entweder durch Verstärkung der Rüstung oder durch Versuche der Verständigung. Aufrüstung ist für die Bundesrepublik kein Ausweg, weil dadurch bei der heutigen Struktur lediglich der Zeitpunkt, zu dem bei einer Verteidigung mehr zerstört als geschützt werden würde, nach vorn gerückt wird. Deshalb bleibt nur der Versuch, die konfrontativen Elemente in den Ost-West-Beziehungen soweit wie irgend möglich zu begrenzen. Zur Symbolisierung eines derartigen europäischen Bemühens hätte auch der Rüstungsdialog eine politische Bedeutung.

6. Allerdings ist es zweifelhaft, ob es den Interessen des Westens dient, wenn die Bundesrepublik bei der atomaren Mittelstreckendiskussion die Rolle eines Wortführers anstrebt Die Bundesrepublik Deutschland wird für die vorgesehenen Atomwaffen kein Verfügungsrecht besitzen und nicht einmal Trägersy-steme zur Verfügung stellen. Gravierender noch ist der Dissens zwischen Bonn und Washington über Notwendigkeit und Verfahren von Rüstungskontrollverhandlungen. Die Bundesregierung scheint Europa vor allem durch die bevorstehende Forcierung des atomaren Wettrüstens bedroht zu sehen, während die US-Regierung die Sicherheit der Vereinigten Staaten primär durch die wachsende sowjetische Rüstung in Gefahr sieht. Ein Rüstungskontrollabkommen über die eurostrategischen Waffen ist für die USA allenfalls nach dem Prinzip der Parität möglich, das die Bundesregierung nicht akzeptieren kann, weil die Grundlage ihrer Sicherheitspolitik, d. h. die den europäischen Kriegsschauplatz mit den strategischen Waffen der USA verbindende Triade, ausgehöhlt werden würde.

7. Die drängenden Aufgaben der deutschen Sicherheitsund Friedenspolitik liegen auf einem anderen Feld. Die Gefahr des Krieges in Europa, der ohne oder sogar gegen den politischen Willen dadurch entstehen kann, daß ein Funke aus einer anderen Konfliktregion überspringt und dann die Politik von der Eigendy-namik der Rüstung beherrscht wird, ist gestiegen. Gegen diese Kriegsgefahr bietet die Abschreckungsstrategie der NATO, die auf der Bereitschaft des amerikanischen Präsidenten zum Einsatz des strategischen Potentials beruht, wenig Schutz. Die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik ist auch deshalb in eine tiefe Legitimationskrise geraten, weil sie keine akzeptable Antwort weiß auf die Frage: Was geschieht, wenn die Abschreckung versagt? Vernichtungskrieg oder Kapitulation wäre die Alternative. Es würde nicht überraschen, wenn unter diesen Bedingungen bei einem erheblichen Teil der Bevölkerung der Wille zur Verteidigung mit zunehmender Kriegswahrscheinlichkeit schwände. Die politische Aufgabe liegt nicht in dem aussichtslosen Versuch, einen ohnehin für die Kriegswahrscheinlichkeit und den Zerstörungsgrad unwesentlichen Zuwachs der atomaren Vernichtungspotentiale zu verhindern, sondern in der Reform der militärischen Sicherheitspolitik.

8. Die Reform der Bundeswehr ist entspannungspolitisch erwünscht, weil ihre Struktur dem politischen Defensivauftrag nicht entspricht; sie ist sicherheitspolitisch notwendig, weil die Abschreckung in Mitteleuropa stärker konventionell organisiert werden muß; sie ist militärisch unumgänglich, weil die Widersprüche in der militärischen Organisation schon bald im militärischen und finanziellen Chaos enden. Die „modernen" Streitkräfte der Bundesrepublik sind besonders weit in die Sackgassen der Übertechnisierung und Über-teuerung hineingeraten.

9. In der Öffentlichkeit, in Teilen der Regierung und auch in der Bundeswehr hat bereits eine Diskussion über die wachsenden Probleme der Landesverteidigung eingesetzt. Gegenstand sind einzelne Friktionen, wie z. B.der fehlende Schutz der Bevölkerung in einem bewaffneten Konflikt, der Widersinn einer auf Atomwaffen abgestützten Heimatverteidigung, die Folgen der Übertechnisierung der Streitkräfte, die Unmöglichkeit, die bestellten Waffensysteme zu finanzieren, oder die Notwendigkeit, die USA in Europa militärisch zu entlasten. Es ist eine Frage der Zeit, bis allgemein erkannt sein wird, daß diese Schwierigkeiten durch einen fundamentalen Anachronismus verursacht und nur durch eine Generalreform der Landesverteidigung zu bewältigen sind. Je früher dies begriffen und entsprechend gehandelt wird, um so eher sind die von dem drohenden Desaster ausgehenden destablisierenden Wirkungen auf den Frieden in Europa zu vermeiden.

10. Aufgabe der anstehenden Bundeswehr-Reform muß die Realisierung einer neu definierten Rüstungspolitik sein, bei der die Ziele der Rüstungskontrolle integrierter Bestandteil sind. Der bisherige Dualismus dieser beiden Elemente von Sicherheitspolitik hat Rüstungskontrolle zu einer Legitimationshilfe für Aufrüstung werden lassen. Eine westliche Streitkräftestruktur, die beispielsweise auf den Einsatz von Panzern entlang der Grenze zum Warschauer Pakt verzichten würde, wäre in sich eine Maßnahme der Rüstungskontrolle. Wenn die grenznahen NATO-Verbände in Mitteleuropa zur Verteidigung spezialisiert, zum Angriff aber unfähig wären und vom War-schauer Pakt aufgrund ihrer Bewaffnung auch nicht als Bedrohung fehlinterpretiert werden könnten, wäre Rüstungspolitik gleich Rüstungskontrollpolitik. Dies gilt auch für eine westliche Verteidigungsstrategie, die durch Verkürzung der langwierigen Mobilisierungsmaßnahmen dem Gegner den Anreiz zum präventiven Angriff nehmen würde. Der Verzicht auf verwundbare Atomwaffen, die nur durch ihren Einsatz vor der Zerstörung bewahrt werden können, wäre ein wichtiger Beitrag zur Verhütung des atomaren Holocaust in Europa.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe z. B. FAZ vom 26. 11. 1979: „Bonn glaubt auch nach dem Besuch Gromykos an Verhandlungen"; SZ yom 8. /9. 12. 1979: „SPD: Abrüstungsgespräche bald oeginnen".

  2. Bundestag, Stenogr. Bericht, Sitzung vom 14. 12. 1979.

  3. Erst im März 1980 war der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Abrüstung und Rüstungskontrolle, Alfons Pawelcyk (SPD), davon überzeugt, daß die Sowjetunion das Angebot der NATO nicht ernst nimmt: „Die Vertreter des Ostblocks tun so, als ob das Verhandlungsangebot lediglich eine taktische Begleitmusik ist“ Die Welt, 14. 3. 1980.

  4. TASS-Meldung vom 13. und 14. 12. 1979 mit dem Tenor: „Basis für weitere Verhandlungen zerstört"; FAZ, 14. 12. 1979.

  5. Gerhard Wettig, Die sowjetische Beurteilung des NATO-Doppelbeschlusses vor dem Hintergrund der Afghanistan-Krise, unveröffentl. Manuskr., S. 3.

  6. Zum Problem des „zweifachen Potentials” siehe orhard Wettig. Die Mittelstreckenproblematik aus sowjetischer Sicht. Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien. I. 1980. S. (iff. (auch in: Osteuropa 1950. S. 139-201).

  7. Vgl. IHT vom 28. /29. 6. 1980, FAZ vom 28. 6. 1980, DIE ZEIT vom 11. 7. 1980.

  8. Siehe zu den Cruise Missiles SIPRI Yearbook 1978, S. 445 ff., und OMZ 1, 1979, S. 47 ff.

  9. MARV-Sprengköpfe werden im Gegensatz 21 nachgesteuer MIRV-Sprengköpfen im Zielanflug und sind deshalb besonders treffsicher.

  10. So z. B.der sowjetische Außenminister Gromy» besonders heftig auf einer Pressekonferenz am 23. 11. 1979 in Bonn. Bis zur NATO-Rats-Entsche düng wurden innerhalb weniger Wochen vier sfr wjetische Versionen über die mögliche Antwort Moskaus verbreitet Vgl. SZ, 14. 12. 1979.

  11. So z. B. FAZ vom 7. 12. 1979: „Der Ostblock nimmt seine Drohungen gegen die NATO ein Stück zurück“, zu einem Bericht über die Tagung der Außenminister der WVO-Staaten in Ost-Berlin. - Die Welt vom 7. 12. 1979: „Kein klares Nein des Ostens mehr“.

  12. So der Aufmacher der Zeitung „Das Parlament“ Vom 5. 1. 1980 zum Bericht über die Bundestagsde-batte zum Brüsseler Beschluß.

  13. Europa-Archiv, 2, 1980, S. D 35 ff.

  14. Vgl. Texte der Äußerungen in der SZ vom 29. /30. 3. 1980 u. 28. 5. 1980 sowie in BMVg Planungsstab (Hrsg.), Die nuklearen Mittelstreckenwaffen, S. 4.

  15. Lothar Ruehl, Der Beschluß der NATO zur Einführung nuklearer Mittelstreckenwaffen, in: Europa-Archiv, 3, 1980, S. 106.

  16. Ruehl, a. a. O, S. 107.

  17. US Department of Defense, Annual Report, Fis-cal Year 1981, S. 145 ff.

  18. Siehe z. B. Horst Afheldt, Stimmt denn diese Sicherheitspolitik?, in: Der Spiegel, 7. 1980, oder Wolfgang Wagner, Das Ost-West-Verhältnis nach der sowjetischen Intervention in Afghanistan. Die Eskalation der Enttäuschungen in der Periode der Dtente, in: Europa-Archiv, 5, 1980, S. 135 ff.

  19. Siehe zum Verhandlungsverlauf von SALT und der Frage der FBS Lothar Ruehl, SALT-Verhand lung und Problematik der Begrenzung strategischer Rüstungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, in: K. -D. Schwarz (Hrsg.), Sicherheitspolitik, 3, 1978, S. 255 ff. (273, 282).

  20. Siehe die Pressemeldungen zu dieser Frage in «vom 22. /23. 3. 1980 und 1. 4. 1980.

  21. Die Auswirkungen der Verifikationsvereinbarungen von SALT als „Confidence Building Measu-res (CBM) sind nicht gering zu veranschlagen. Dies ßilt auch für einen anderen Sekundäreffekt der Rüstungskontrolle, die Auswirkung auf die Binnen-Struktur im sowjetischen Herrschaftsbereich. Ganz oltensichtlich wurde die Transparenz zwischen dem militärischen Sektor und der Partei-und Staatsführung aufgrund der Verhandlungszwänge von SALT (und auch MBFR) verbessert.

  22. Siehe zu den Zielen der sog. infiniten Abschrekkungsschule, die ordnungspolitische Fragen ausklammert, Thomas Schelling, Reziproke Maßnahmen zur Stabilisierung der Rüstungen, in: Donald G. Brennan (Hrsg.), Strategie der Abrüstung, Gütersloh 1962, S. 186 ff.

  23. Siehe dazu D. Ball, The MX basing decision, in: Survival, March/April 1980, S. 58 ff.

  24. Z. B. mit Hilfe des Command Data Buffet System.

  25. Vgl. D. Shapley, Arms control as a regulator d military technology, in: Daedalus, Winter 1980, S. 149.

  26. Shapley, a. a. O., S. 150.

  27. So z. B. K. v. Schubert:.....denn da ist einmal ein System, bevor man es in Masse produziert hat, tatsächlich aus dem Verkehr gezogen worden auf dem Verhandlungswege." In: Peter Glotz (Hrsg.), Die großen Streitfragen der achtziger Jahre, Bonn 1979, S. 223.

  28. Siehe dazu Horst Afheldt und Philipp Sonntag, Stabilität und Abschreckung durch strategische Kernwaffen - Eine Systemanalyse, in: C. F. von Weizsäcker (Hrsg.), Kriegsfolgen und Kriegsverhüung, München 1971, S. 303 ff.

  29. Vgl. D. Shapley (Anm. 23), S. 151 ff, und IHT vom 27. 3. 1980.

  30. Es handelt sich um das „High-Precision Stellar Inertial Guidance System".

  31. Vgl. auch Frank Barnaby, in: Bulletin of Peace Proposals, 1, 1980, S. 14.

  32. Rudolf Augstein, in: Der Spiegel, 21, 1980, S. 18

  33. Dies wurde auch von Henry Kissinger als Argument in der Ratifizierungsdebatte von SALT 1 verwendet; siehe NATO-Brief 4, 1972, S. 11.

  34. Siehe dazu Falk Bomsdorf, Zur Senatsdebatte über SALT II in den USA, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 37/79, S. 19-33.

  35. Vgl. Wolfgang Heisenberg, Rüstungskontrolle ohne einheitliche Konzeption. Zur inneramerikani-sehen Debatte über SALT und das strategische Kräfteverhältnis, Ebenhausen: SWP 1978, S. 10.

  36. Zur Neudefinition der US-Außenpolitik siehe die Botschaft über die Lage der Nation von Präsident Carter am 23. 1. 1980, abgedr. in Amerika-Dienst v. 24. 1. 1980.

  37. Vgl. Der Spiegel, Nr. 5, 1980, S. 16.

  38. Dies ist der Tenor z. B. bei Sergej G. Gorschkow Seemacht Sowjetunion, Hamburg 1978.

  39. Zit nach Der Spiegel, Nr. 1/2, 1980, S. 75.

  40. Zit. nach SZ vom 26. 9. 1973.

  41. Zit nach NATO-Brief Nr. 4. 1972, S. 7.

  42. Ebd„ S. 12.

  43. SZ vom 11. 8. 1972.

  44. Zit nach Hans-Adolf Jacobsen, Wolfgang Mallmann, Christian Meier (Hrsg.), Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Analyse u. Dokumentation 1973-1978, Bd. 2, S. 920.

  45. Abgedr. in Europa-Archiv, 15, 1979, S. 293 f.

  46. In einer-Fernsehdiskussion am 14. 9. 1978, zit. nach FAZ vom 16. 9. 1978.

  47. Abgedr. in: Klaus von Schubert (Hrsg.), Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Dokumentation 1945— 1977, T. 2. Köln 1977, S. 618 ff.

  48. BMVg Planungsstab (Hrsg.), Die nuklearen Mittelstreckenwaffen, S. 23, Ziff. 26.

  49. Lothar Ruehl, Der Beschluß der NATO, a. a. O., S. 469.

  50. Bundestag, Stenograph. Bericht, Sitzung vom 3. 7. 1980, S. 18586 D.

  51. Wie Anm. 48, S. 18587 A.

  52. So z. B. L. H. Gelb, The future of arms control, in: Foreign Policy, Fall 1979, S. 21.

  53. Carl Friedrich von Weizsäcker, in: Glotz, a. a. O., S. 220.

  54. Vgl. Henry Kissinger, Memoiren 1968— 1973, München 1979, S. 1331 ff.

  55. Siehe dazu W. v. Bredow, Die Zukunft der Entspannung, Köln 1979, S. 185.

  56. SALT I wurde am 26. 5. 1972 von Breschnew und Nixon in Moskau unterzeichnet. Seit April 197 hatte die US-Luftwaffe in einem vorher nie gekann ten Ausmaß strategisch wichtige Punkte in Noro Vietnam bombardiert. 17 Tage vor dem Moskauer Gipfeltreffen hatten die USA mit der Verminun der nordvietnamesischen Küste begonnen.

  57. Siehe als Beispiel das Verkehrsabkommen zwi-Shen der Bundesrepublik Deutschland und der DDRvom 1, 5. 1980 oder die wiederholten Kontakte von Bundeskanzler Helmut Schmidt und SED-Chef “ ich Honecker. Vgl. Der Spiegel, 20, 1980, S. 17 ff.

  58. Carter am 9. 5. 1980; vgl. SZ vom 10. 5. 1980.

  59. So z. B. Verteidigungsminister Hans Apel am 12. 4. 1980 vor dem Internationalen Clausewitz-Forum. Redetext des BMVg, S. 12 f.

  60. Vgl. dazu Kurt J. Lauk, Die nuklearen Optionen der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1979, S. 107 ff.

  61. Rede vor der außenpolitischen Fachtagung der CDU am 4. 3. 1980, Manuskript S. 11.

  62. Siehe dazu Novosti Press Agency Publishing House: Disarmament: Soviet initiatives, Moskau 1979.

  63. FAZ, 14. 4. 1980, S. 8 (in Abweichung vom Rede-manuskript).

  64. BMVg (Hrsg.), Weißbuch 1975/76, S. 86, Ziff. 154.

  65. Generalmajor a. D. Eberhard Wagemann, Überlegungen zum Ausbildungssystem der Streitkräfte, Melle 1980 (Forschungsber. 5 der Konrad-Adenauer-Stiftung), S. 18.

  66. FAZ 19. 4. 1980.

  67. Der Beschluß der NATO zur Einführung nuklearer Mittelstreckenwaffen, in: Europa-Archiv, 4, 1980, S. 109.

  68. Hans Poeppel, Kräfte für die Verteidigung, in: Europäische Wehrkunde, 9, 1978, S. 437.

  69. Siehe auch Franz Uhle-Wettler, Gefechtsfeld Mitteleuropa. Gefahr der Übertechnisierung von Streitkräften, München 1980, S. 153.

  70. Poeppel, a. a. O.

  71. Im MBFR-Raum verfügen die Truppen der WVO über 7 400 und die der NATO über 5 000 Panzerabwehrwaffen.

  72. Siehe Dieter S. Lutz (Hrsg.), Die Rüstung der Sowjetunion. Rüstungsdynamik und bürokratische Strukturen, Baden-Baden 1979, S. 145 ff.

  73. Siehe dazu William E. Griffith, East-West dtente in Europe, in: Frans A. M. Altinigg von GGeeuussaau ed.), Uncertain dötente, Alphen aan den Rijn 1979, S. 13 ff. P

  74. Siehe dazu A. Mechtersheimer, Der „Rüstungsmilitarismus''zwischen Entspannung und Abrüstung, in: Klaus Dieter Schwarz (Hrsg.), Sicherheitspolitik, Bad Honnef 1978, S. 243 ff., sowie: Rüstung und Politik. Kritische Betrachtungen zum „militärisch-industriellen Komplex", in: Jürgen Weber (Hrsg.), Konflikt und Integration IV: Probleme der Internationalen Politik, München 1979, S. 83 ff.

  75. Siehe dazu J. Bruno Köppl, Probleme des multinationalen Rüstungsmanagements und deren Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der NATO-Staaten unter dem Aspekt der wachsenden sowjetischen Bedrohung, München 1979 (Dissertationsdruck).

  76. Spiegel-Gespräch Nr. 18/1980, S. 45.

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Alfred Mechtersheimer, Dr. rer. pol., geb. 1939; Dipl. -Politologe, Oberstleutnant a. D. d. R.; Studium der Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Bonn, Berlin und München; seit April 1979 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Max-Planck-Institut in Starnberg; Lehrbeauftragter an der Hochschule der Bundeswehr München. Veröffentlichungen: MRCA Tornado, Rüstung und Politik in der Bundesrepublik Deutschland. Geschichte und Funktion des größten westeuropäischen Rüstungsprogramms, Bad Honnef 1977. Zahlreiche Aufsätze zur Außen-und Sicherheitspolitik.