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Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission | APuZ 37-38/1980 | bpb.de

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APuZ 37-38/1980 Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der UNCTAD Nahrung als Waffe?

Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission

Udo Ernst Simonis

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Bericht der „Unabhängigen Kommission für Fragen der Internationalen Entwicklung“ (Brandt-Bericht) hat ein weltweites Echo gefunden. Wie selten oder nie zuvor wurde mit diesem Bericht die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß der Stand und die zukünftige Entwicklung der Beziehungen zwischen den Industrie-und den Entwicklungsländern zu einer der Kernfragen in der Welt geworden sind. Die Bundesregierung und der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit haben den Bericht ausdrücklich begrüßt und die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, daß die Analysen und Empfehlungen der Kommission der gemeinsamen Suche nach ausgewogenen Lösungen, die den Interessen von Nord und Süd Rechnung tragen, neue Impulse verleihen mögen. Die vorliegende Auseinandersetzung mit dem Bericht der Nord-Süd-Kommission stellt diese Hoffnung und die Notwendigkeit der gemeinsamen Suche nach Lösungen für die zwischen „Nord" und „Süd“ anstehenden Probleme nicht in Frage. Sie unternimmt jedoch den Versuch einer systematischen Kritik an den Analysen und Empfehlungen der Kommission — aus der Überzeugung heraus, daß ausgewogene Lösungen nicht allein aus normativen Postulaten über wünschenswerte Entwicklungen, sondern nur bei Beachtung der vorhandenen (und verbleibenden) Interessengegensätze und der Probleme der praktizierten nationalen und internationalen Entwicklungspolitik entstehen können. Hierzu werden zunächst die Reichweite und Dringlichkeit der von der Kommission vorgelegten Analyse des Standes und der Entwicklungstendenzen der Nord-Süd-Beziehungen betrachtet und eine Einschätzung der Methodik der entwicklungspolitischen Strategiebildung des Berichts vorgenommen. Das Grundverständnis des Berichts steht im Vordergrund des ersten Teils der Betrachtungen; dabei wird die Frage gestellt, ob die von der Kommission postulierte „Gemeinsamkeit der Interessen von Nord und Süd“ und der von ihr propagierte wirtschaftspolitische „Welt-Keynesianismus" realistisch sind angesichts der tatsächlichen und voraussichtlichen Entwicklungen in der Welt und ob dieses Grundverständnis inhaltlich zu mehr führen kann als bloß zu einem Konkordat der Eliten von Nord und Süd. Im zweiten Teil unterzieht der Verfasser den Bericht der Kommission einer ausgewählten, speziellen Kritik, im Sinne einer kritischen Einschätzung jener Empfehlungen der Kommission, mit denen er nicht übereinstimmt bzw. bei deren Umsetzung in entwicklungspolitische Praxis er die größten Schwierigkeiten sieht. Diese Kritik folgt den einzelnen Kapiteln des Berichts und bezieht sich sowohl auf methodische als auch auf inhaltliche Fragen nach den Zielen, Instrumenten und Institutionen der nationalen und internationalen Entwicklungspolitik. Sie ist getragen von der Annahme, daß entwicklungspolitischer Fortschritt nur aus der Kritik dessen resultiert, was man bereits weiß und tut — und sie endet mit dem Aufruf, die weitere Diskussion des Berichts der Nord-Süd-Kommission unter das Motto zu stellen: „Prüft alles — behaltet das Gute!"

„Imagine what ploughshares could be forged if men would lay down their swords!"

(„Stell dir vor, wie viele Pflugscharen geschmiedet werden könnten, wenn die Menschen ihre Schwerter niederlegten!")

The Economist, 16. 2. 1980 überarbeitete Fassung eines Vortrages beim Wirts^haftspolitischen Symposium der Evangelischen Akademie Tutzing zum Thema „Neubesinnung in der Entwicklungspolitik“ am 26. Juni 1980 in Tutnng.

I. Vorbemerkungen

Vor seinem Erscheinen war über die mögliche Bedeutung des Berichts der Nord-Süd-Kommission folgendes zu lesen: „The report could not be more urgently needed, for the so-called North-South dialogue has sunk into a state of desparing and resentful deadlock. The question, of course, is what notice will be taken of an ad hoc Commission of this sort empowered to do nothing but make suggestions." („Der Bericht ist dringend notwendig, da der soge-nannte Nord-Süd-Dialog auf einem toten Punkt angelangt ist. Natürlich stellt sich die Frage, ob eine ad-hoc-Kommission dieser Art überhaupt beachtet wird, da sie schließlich nur zu Vorschlägen ermächtigt ist Erfreulicherweise haben einige Notiz genommen und Bereitschaft gezeigt, sich mit den Empfehlungen auseinanderzusetzen.

Nach dem Erscheinen des Berichts konnte man einer entwicklungspolitischen Zeitschrift folgende Anmerkung entnehmen: „Am 25. April debattierten dreizehn Abgeordnete der im Bundestag vertretenen Parteien den Antrag der Opposition zur Steigerung der deutschen Entwicklungshilfeleistungen, die Große Anfrage zur deutschen Entwicklungshilfe in internationalen Institutionen, den Vierten Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung und auf Antrag der Regierungskoalition den Bericht der Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen (Brandt-Kommission)." *) Und wenig weiter heißt es dann: „Die Arbeit der Brandt-Kommission wurde allgemein gewürdigt. Bundesminister Offergeld betonte die Entsprechung vieler Empfehlungen (der Kommission) mit der Entwicklungspolitik der Bundesregierung."

Die Beziehungen zwischen den Industrie-und den Entwicklungsländern sind nicht zu verbessern, ohne daß man wertend urteilt — indem man entscheidet, was gut und was schlecht ist und sagt, was sein soll. Entwicklungspolitik — als Bestimmung der Ziele, Auswahl von Mitteln und Festlegung von Strategien — ist wesentlich ein wertender Vorgang. So ist auch der Bericht der Nord-Süd-Kommission ein normativer Bericht; in seine Analysen sind bewußte Wertungen eingeflossen, seine Empfehlungen beziehen sich auf das, was zukünftig sein sollte. Indem ich als Ökonom auf die in diesem Bericht beschriebene Entwicklungspolitik eingehe, will ich meinerseits einen wertenden Standpunkt einnehmen und deutlich machen, was ich an diesem Bericht gut, weniger gut oder schlecht finde — wobei ich mich jedoch auf letzteres konzentrieren werde, d. h. auf die Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission. Dazu erscheint es mir sinnvoll zu sein, zunächst eine allgemeine Einschätzung des Berichts zu geben und danach auf die spezifischen, zu dei einzelnen Problembereichen unterbreitetei Vorschläge kritisch einzugehen. Hierbe werde ich im wesentlichen jedoch nur solche Vorschläge auswählen, mit denen ich am we nigsten übereinstimme bzw. bei deren Umset zung in entwicklungspolitische Praxis ich die größten Schwierigkeiten sehe Ich will sagen warum das so ist und worauf meine Kritik sid bezieht.

II. Allgemeine Einschätzung und Kritik des Berichts

Wollte man zunächst die charakteristischen Merkmale herausstellen, die den Bericht der Brandt-Kommission von anderen Berichten zur Nord-Süd-Problematik (insbes. Pearson-Bericht und RIO-Bericht unterscheiden, so wären — neben dem Hinweis auf die Besonderheiten in bezug auf Entstehungsgeschichte, Autorenschaft, Sprache und Erscheinungstermin — vor allem zwei Punkte zu nennen: 1. Reichweite und Dringlichkeit der Analyse von Zustand und Entwicklungstendenzen der Nord-Süd-Problematik, 2. Methodik der entwicklungspolitischen Strategiebildung.

Zu 1: Kaum je zuvor ist die Nord-Süd-Proble-matik so facettenreich dargestellt und in ihren Entwicklungstendenzen so dramatisch beschrieben worden. Viele der Kapitelüberschriften des Berichts finden sich zwar auch in den meisten entwicklungspolitischen Standardwerken. Neu ist aber die Sichtweise und die Dringlichkeit, mit der die Probleme analysiert, Ziele deklariert und Strategien entworfen werden. Der Bericht betont, daß die Krise in den Beziehungen zwischen Industrie-und Entwicklungsländern nicht zukünftig möglich, sondern gegenwärtig vorhanden ist. Ein fast apokalyptischer Unterton durchzieht den Bericht: „Die gegenwärtige Krise in den interna-tionalen Beziehungen und der Weltwirtschaft birgt große Gefahren; und es scheint, als würden diese Gefahren immer ernster." Von „gewaltigen Risiken" schreibt der Vorsitzende der Kommission, Willy Brandt, in seinem Vorwort zum Bericht.

Manche der in jüngster Zeit vorgelegten fachspezifischen Betrachtungen zur Welternährungslage zur Bevölkerungsdynamik zur Rohstoff-und Energiesituation zur Industrialisierung und zur Technologieentwicklung sind umfassender und detaillierter als der vorliegende Bericht, nie aber dürfte die Interdependenz dieser verschiedenen Problem-felder deutlicher herausgestellt worden sein als hier. Bemerkenswert ist vor allem auch die Einbeziehung der Rüstungsexpansion in den Nord-Süd-Zusammenhang: der Nachweis, auf welch vielfältige Weise und mit welcher Konsequenz die weltweite Militarisierung die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Entwicklungsländer beund verhindert

Andererseits weist der Bericht in bezug auf die Reichweite der Analyse auch Defizite auf. Nur zwei davon will ich hier nennen: a) Urbanisierungstendenzen, b) ländliche Armut.

Zu a: Keine Epoche hat eine so rasche Urbanisierung erlebt wie unsere; nie zuvor in der Geschichte ging Industrialisierung mit einem derart überproportionalen Wachstum der Städte einher. Diese Entwicklung führt zu erheblichen Problemen im Bereich eines Grundbedürfnisses des Menschen — dem Wohnen —, über das der Bericht so gut wi nichts sagt, im Gegensatz etwa zum RIO-Bericht von 1976 und zum letzten Weltbank-Bericht 1979

Zu b: Der Bericht der Nord-Süd-Kommission liefert eine Reihe frostiger Statistiken über die Armut in der Dritten Welt, und in seinem Vorwort weist der Vorsitzende auf verschiedene irrationale Verwendungen knapper Ressourcen hin, insbesondere auf die Entscheidung: Waffen statt Nahrungsmittel. Aber der Bericht sagt kaum, warum sich die Bedingungen der Armen weiter verschlechtert haben. Und, um das vorwegzunehmen, im Hinblick auf die diesbezüglichen Empfehlungen werden eher konventionelle Vorstellungen wiederholt: „Besondere Beachtung sollte der Bewässerung, der Agrarforschung, der Bevorratung und umfassenden Nutzung von Dünger und anderen Hilfsmitteln und der Entwicklung der Fischerei geschenkt werden... Die Reform der Landwirtschaft ist in vielen Ländern von großer Wichtigkeit, um die landwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen und um den Armen höhere Einkommen in die Hand zu geben.

Die Prüfung der Ursachen der raschen Urbanisierung der Entwicklungsländer und die Prüfung der wahren Gründe der (ländlichen) Armut — das . Protokoll des Scheiterns vieler Landreformmaßnahmen'. — hätten ein unabdingbares und vordringliches Anliegen der Kommission sein müssen, das auch nicht am Argument der . Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Entwicklungsländer'hätte scheitern dürfen.

Zu 2.: Das entwicklungsstrategische Grundkonzept des Berichts läßt sich mit einem Begriff beschreiben: „mutuality of interest" — „Gemeinsamkeit der Interessen". Der Bericht symbolisiert in gewisser Weise die Abkehr vom moralischen Imperativ der Entwicklungshilfe und die Hinwendung zum Interessenaspekt, genauer: zum Thema der vermeintlich gemeinsamen Interessen von Industrie-und Entwicklungsländern; noch genauer: der gemeinsamen Interessen der Eliten von Nord und Süd. Diese These bedarf ein wenig der Erläuterung. Die Analyse des Zustandes und die Empfehlungen zur Änderung des Zustandes der Nord-Süd-Problematik, wie sie vom Bericht vorgetragen werden, sind nicht im eigentlichen Sinne neu; neu bzw. ungewohnt ist der methodische Ansatz der Strategiebildung. Obwohl z. B. ein Appell an die Prinzipien der Nächstenliebe, der moralischen Verantwortung und der sozialen Gerechtigkeit ausreichen würde, die meisten der Empfehlungen zu rechtfertigen, sind diese Prinzipien bewußt „tiefer gehängt" worden. Man geht (implizit oder explizit) von der Annahme aus, daß moral suasion im Nord-Süd-Dialog bisher nicht gerade erfolgreich funktioniert habe. Das Thema der Kommission heißt daher: „Gemeinsamkeit der Interessen“. Um es in den Worten eines der Kommissionsmitglieder zu sagen: „If the North cannot be moved by morality why should we hesitate to move it on grounds of self-interest.“ Dies ist ein Thema mit prägenden Konsequenzen; es impliziert (in Stichworten): Reform, nicht Revolution; Harmonie suchen statt Konflikte austragen; Gleichgewicht herbeiführen statt Ungleichgewichte fördern; Integration statt Abkopplung; linking’ statt , de-linking'der Entwicklungsländer in den Weltmarkt; und es bedeutet letztlich eine weitreichende Ökonomisierung und ver-gleichsweise Entpolitisierung der Weltprobleme

Eine erste entscheidende Frage an den Bericht ist — dementsprechend — die nach diesem Grundverständnis: Ist die Instrumentalisierung der „gemeinsamen Interessen", die Betonung der Interessenharmonie, die Beschwörung der gegenseitigen Abhängigkeit von Nord und Süd der richtige, oder besser: der realistische Ansatz zur Erklärung der Probleme zwischen Nord und Süd und zur Gestaltung der zukünftigen Beziehungen zwischen Industrie-und Entwicklungsländern?

Einer der Kritiker hat diese Frage wie folgt beantwortet: „No evidence is given for this remarkable Suggestion that the lion should lie down with the lamb, other than a reiteration of Mr. Brandts belief that the members of the Commission itself, .coming from our very different political and economic backgrounds’ have been able to agree to work together with mutual interests, to avoid catastrophe." („Für den bemerkenswerten Vorschlag, daß der Löwe sich friedlich neben das Lamm legen solle, spricht lediglich die ständige Wiederholung der Überzeugung von Herrn Brandt, daß schließlich auch die Mitglieder der Kommission, , die von ihren sehr unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Hintergründen aus'eine Einigung auf der Grundlage gegenseitiger Interessen zustande gebracht hätten, um die Katastrophe zu vermeiden.") Und er schließt: „From the viewpoint of the worlds peasants and slumdwellers, the community of interest between the Brandt commissioners ... must have seemed all too obvious. And that is the heart of the development dilemma: The people discussing the problems are them-selves part of the problem ... The well-meaning developers are... blinded by their own as-sumptions." („In den Augen der Bauern und Slumbewohner auf der ganzen Welt muß die Interessengemeinschaft der Kommissionsmitglieder eine sehr dubiose Sache gewesen sein. Und das ist der Kern des Entwicklungsdilemmas: Diejenigen, die das Problem diskutieren, sind selbst ein Bestandteil davon. Die wohlmeinenden Entwickler sind durch ihre eigenen Voraussetzungen geblendet") Einer der Mitglieder der Kommission gesteht: „It took us the whole of two years to be convinced that the kind of change the report re-commends really was in the mutual interest of both the North and the South." („Wir haben ganze zwei Jahre gebraucht, um davon überzeugt zu sein, daß die Art von Veränderungen, die der Bericht vorschreibt, im beiderseitigen Interesse von Nord und Süd liegt.

Ich selbst muß gestehen, daß mir die Einschätzung dieser Frage große Schwierigkeiten bereitet — und zwar aus mehreren Gründen. Der Bericht folgt im wesentlichen einem hoch-ag-gregierten Ansatz: „der Norden", „der Süden“, „die Industrie-, die Entwicklungsländer"; herunter geht es dann nur noch bis zur Ebene der „ärmsten Entwicklungsländer". Der Bericht folgt ferner keinem differenzierten sozialen Modell, er enthält keine soziale Strukturtheorie, die Zielgruppenorientierung der Vorschläge ist nur gering ausgeprägt, so daß das Postulat der „Gemeinsamkeit der Interessen“ in diesem Sinne und für die Analyse der tatsächlichen Welt wenig fundiert erscheint. Vieles, was man in den Industrieländern unter Entwicklung versteht, vieles von dem, was wir als der Entwicklung dienlich ansehen, wird in der Dritten Welt z. B. als Überfremdung angesehen und grundsätzlich oder aber von bestimmten sozialen Gruppen abgelehnt. Nicht erst die , Re-Islamisierung'sollte dies klar gemacht haben, auch unsere eigenen Zweifel am bisherigen Entwicklungsmuster sind Zeichen dafür, daß die „Gemeinsamkeit der Interessen“ gewissen Grenzen unterliegt, oder bestenfalls partiell und temporär, nicht aber für die Gesamtheit von „Nord" und „Süd" oder für die Zukunft ganz allgemein gelten kann.

Nicht ganz unberechtigt mag daher vielen die Einschätzung erscheinen, die Denzil Peiris gegeben hat: Der Kommission sei es darauf angekommen....... to achieve a deal between the elites of the North and the South" („einen Handel zwischen den Eliten des Nordens und des Südens zustande zu bringen"), daß der Schub ihrer Vorschläge also in Richtung eines „Konkordats der Eliten von Nord und Süd" geht.

Relativ eindeutig kann die Einschätzung des Berichts als ökonomisches Konzept ausfallen. Es wird im wesentlichen eine Art von „Welt-Keynesianismus" vorgeschlagen: Ankurbelung der gesamten Weltwirtschaft durch induzierte Aktivierung der Entwicklungsländer. Der Bericht geht davon aus, daß die notwendigen Veränderungen in den internationalen Beziehungen durch Verhandlungen herbeigeführt werden können und legt entsprechend eine Reihe von Empfehlungen dafür vor, wie das -wirtschaftliche Wachstum der Entwicklungsländer beschleunigt und zugleich die Stagnationsprobleme der Industrieländer überwunden und ein Zusammenbruch der Weltwirtschaft verhindert werden können. So sollen die Maßnahmen im Sinne der Realisie-rang der „gemeinsamen Interessen" simultan positiv wirken.

Fast alle Vorschläge enthalten ein Element des internationalen Ressourcentransfers bzw.der nationalen Ausgabensteigerung, mit dem das Wirtschaftswachstum der Entwicklungsländer stimuliert und eine nicht-inflationäre Belebung der Industrieländer erreicht werden soll. Die Empfehlungen, insbesondere die des „Sofortprogramms 1980— 85“ lassen sich daher mit einiger Berechtigung als „weltweiten Keynesianismus" bezeichnen. Der Bericht ist eindeutig wachstumsorientiert, d. h.dem reichen Norden und dem armen Süden wird ein gemeinsames Interesse an Wirtschaftswachstum unterstellt. Die Warnungen des ersten Berichts an den Club of Rome sind dagegen weitgehend vergessen. Die Umweltprobleme werden angesprochen aber als lösbar angesehen. Für Produktion und Beschäftigung im Norden ist eine Wirtschaftsbelebung durch Handelsausweitung aufgrund massiven Ressourcentransfers an den Süden die beste Politik. Trotz oder gerade wegen dieser relativen Eindeutigkeit des Berichts als ökonomisches Konzept sind einige Fragen angebracht:

Warum z. B. soll Keynesianismus auf Welt-ebene funktionieren, wenn dies nicht einmal auf der Ebene von Nationalstaaten der Fall ist? Wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen den „gemeinsamen Interessen" dienen, warum sind sie dann bisher nicht bereits in Angriff genommen worden? Wenn in den Industrieländern bisher nur schwache Versuche zur Reaktivierung der Wirtschaft unternommen worden sind, warum sollte man diesen Anreiz willkommen heißen, wenn er auf dem Umweg über die Dritte Welt erfolgt? Dies sind offene Fragen, auf die der Bericht mit der These antwortet: „Auf mittlere und längere Sicht haben Nord und Süd mehr an gemeinsamen Interessen, als die meisten bisher haben erkennen können" und denen ein (modifiziertes) Kaufkraftargument entgegengestellt wird: „Die Industrieländer müssen heute an der Ausweitung der Märkte in den Entwicklungsländern interessiert sein. Dieses wird einen entscheidenden Einfluß haben auf die Arbeitsplätze in den 80er und 90er Jahren und ganz allgemein auf die Möglichkeiten künftiger Beschäftigung." Und weiter heißt es: „Die Entwicklungsländer können am wirtschaftlichen Wohlergehen der Industrieländer nicht uninteressiert sein; denn davon hängt nicht nur deren Bereitschaft zu importieren ab, sondern auch deren Bereitwilligkeit, an einem konstruktiven Transfer von Ressourcen mitzuwirken.“

Es ist zwar nicht zu verkennen, daß sich heute viele Fragen weltumfassend stellen, aber heißt dies, daß beim Versuch zu ihrer Beantwortung die anzustrebende Gemeinsamkeit des Handelns im Sinne „gemeinsamer Interessen" bereits vorausgesetzt werden kann? Strukturelle Probleme haben die Tendenz, sich mit steigendem Abstraktionsgrad zu verflüchtigen. Gilt das Umgekehrte in bezug auf die „Gemeinsamkeit der Interessen"?

Die Existenz „gemeinsamer Interessen" zwischen Nord und Süd wäre allein auch noch keine Garantie dafür, daß man sie im konkreten Fall akzeptierte. So mögen z. B. die Arbeitsplätze, die durch verstärkte Importe aus Entwicklungsländern in den Industrieländern verloren gehen, (zufällig) mit der Zahl derjenigen übereinstimmen, die durch vermehrten Export in die Entwicklungsländer geschaffen werden. Aber diese „Rotation" schließt Existenzverlagerung, erzwungene Mobilität, Einkommens-und Vermögenstransfers usw. ein, alles Entwicklungen, die wirtschaftlich divergierende Interessen tangieren und sowohl Protektionismus als auch Subven-tionismus begünstigen. Wie tragfähig ist also das Konzept der „gemeinsamen Interessen" zwischen Entwicklungs-und Industrieländern in der wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Praxis?

Die Verhandlungsmacht von „Nord“ und „Süd" ist strukturell höchst ungleich. Machtstreben und Machterfüllung bestimmen den Gang der Ereignisse — ein grundlegender Aspekt, der in dem auf Gemeinsamkeit der Interessen angelegten Bericht sehr herabgespielt wird. Selbst wenn die meisten Empfehlungen beiden Seiten nutzen würden, der „Süden" hat, von der OPEC abgesehen, wenig an trade-offs zur Hand (ganz abgesehen von der keineswegs voraussetzbaren, weil nicht [mehr] vorhandenen Homogenität und Solidarität der Länder des Südens): Durch Kooperationsverweigerung in bezug auf Rohstoffe, Energie, Handel, Industrialisierung, Ressourcentransfer kann der „Süden" dem „Norden" einigen Schaden zufügen, er würde sich selbst aber aller Wahrscheinlichkeit sehr schaden. Wenn dies so ist, wird die Annahme der Kommissionsvorschläge entscheidend abhängig von der Akzeptanz auf Seiten der Industrieländer — und die ist bekanntlich nicht sehr ausgeprägt. Dies um so mehr, wenn die Solidarität der Entwicklungsländer untereinander weiter abbröckelt Und darüber hinaus steht die Frage an, ob die Entwicklungsländer ihren Anteil an wirtschaftlicher Macht und ihren Einfluß auf die weltwirtschaftlichen Entscheidungsmechanismen erhöhen können durch Verzicht auf Konfliktstrategien. Wenn Interessen ungleich mächtig sind, verfestigt Konfliktverzicht wohl eher den Status quo. Der RIO-Bericht von 1976 schrieb hierzu: „It is of absolute importance that the Third World retain its collective poor power. Without it, it will prove infinitely more difficult to obtain major concessions from the rieh nations and to arrange for a genuine transfer of resources." („Es ist von absoluter Bedeutung, daß die Dritte Welt die kollektive . Macht der Armen’ behält — andernfalls wird es unendlich schwieriger werden, den reichen Ländern größere Konzessionen abzutrotzen und einen gerechten Güteraustausch zu erreichen.") Ein solcher oder ähnlicher Satz ist im Bericht der Nord-Süd-Kommission von 1980 nicht zu finden.

III. Spezielle Einschätzung und Kritik des Berichts

Stellungnahme zu den Empfehlungen der Kapitel 4— 16 „Die ärmsten Länder“ (Kapitel 4)

Die Kommission richtet ein besonderes Augenmerk auf die ärmsten Entwicklungsländer („Armutsgürtel Afrikas und Asiens" und insbesondere auf die am „wenigsten entwickelten Länder"). Sie folgt dabei — bedauernd — den offiziellen Kriterien der Vereinten Nationen für die „Least Developed Countries" (LDC's), die, wie Kritiker inzwischen nachgewiesen haben, die eigentliche Armut nicht systematisch, sondern höchstens zufällig erfassen. Sie schlägt ein Aktionsprogramm vor mit vielen Einzelmaßnahmen, das auf nationaler bzw. übernationaler Ebene ansetzt bzw. koordiniert werden soll; die regionalen Wirtschaftskommissionen erleben eine besondere Aufwertung. Diese Vorschläge vernachlässigen also in weitem Maße eine soziale Zielgruppenorientierung der Entwicklungspolitik, sie sind insofern kein genuiner Beitrag zur Befolgung einer Grundbedürfnisstrategie. Sie entsprechen vielmehr einem hochaggregierten, zentral-orientierten Ansatz, sie folgen einem Entwicklungsbegriff, den die Kommission — an ande-rer Stelle — selbst verwirft. Weitgehend offen bleibt auch, ob an eine (teilweise) Zweckbindung der für die ärmsten Länder bereitzustellenden Mittel gedacht ist und wie der Erfolg des betreffenden Aktionsprogramms — das, über seine Laufzeit akkumuliert, immerhin eine Höhe von 80 Milliarden Dollar erreichen würde — gewährleistet werden soll (Programm-oder Projektevaluierung). Jeder massive Ressourcentransfer, auch wenn er den ärmsten Ländern zugedacht ist, sollte daraufhin befragt werden, welche wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen und Nebenfolgen er haben kann. „Hunger und Ernährung" (Kapitel 5)

Die Vorschläge der Kommission zur Beseitigung des Hungers und der Unterernährung in der Welt werden in energischem Ton vorgetragen, sie bleiben wegen des Arguments der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten zugleich aber äußerst vage: „Die Reform der Landwirtschaft ist in vielen Ländern von großer Wichtigkeit..." Bei den Vorschlägen zur internationalen Nahrungssicherung bzw. zur Nahrungsmittelhilfe werden m. E. die Bedeutung organisatorischer und institutioneller Probleme unterschätzt und die möglichen negativen Verteilungseffekte weitgehend vernachlässigt. Schließlich zieht sich ein struktureller Widerspruch bzw. reformpolitische Unschärfe durch das ganze Empfehlungspaket: hier „bedarfsorientierte Maßnahmen" (Getreideabkommen, Notreserven, Nahrungsmittelhilfe-Fazilität, Arbeitsbeschaffungsprogramm), da „Freihandel als Stabilisierungsmoment" (Liberalisierung des Handels mit Lebensmitteln und anderen Agrarprodukten), die im Hinblick auf ein problemfreies Zusammenwirken nicht hinreichend analysiert werden. „Bevölkerung — Wachstum, Mobilität und Umwelt" (Kapitel 6)

Im Gegensatz zu dem in weiten Bereichen des Berichts durchgehaltenen Prinzip der „Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der Entwicklungsländer" ist die Kommission der Meinung, daß Entwicklungspolitik nationale Bevölkerungsprogramme umfassen sollte. Sie belegt dies mit einem Argument (weil man w .. ein ausreichendes Gleichgewicht zwischen Bevölkerung und Ressourcen anstreben" sollte), das sehr zum Widerspruch reizt: denn schließlich sind es die Menschen in den Industrieländern, die den Ressourcenverbrauch der Welt in ungeheurem Maße in die Höhe getrieben haben. Man kann leider auch nicht sagen, daß die Kommission das Umweltproblem in seiner vollen Reichweite erkannt hat. Zwar heißt es: „Die weltweite Umweltbelastung entsteht hauptsächlich aus dem Wachstum der Industriewirtschaften" aber gerade dieses Wachstum ist es, worauf der Bericht insgesamt abstellt. Ein Beispiel mehr für „blinden Keynesianismus"?

Ziemlich offen bleiben schließlich die Empfehlungen darüber, daß die Schätze der Weltmeere (außerhalb der äußeren Wirtschaftszonen von 200 Seemeilen) „nach internationalen Regeln im ausgewogenen Interesse der gesamten Weltgemeinschaft erschlossen werden" sollen. Dieser Kritik allerdings mag man das Wort des Kommissionsmitgliedes Ram-phal entgegenhalten, der gesagt hat: „We were not negotiating for the world."

Abrüstung und Entwicklung" (Kapitel 7) „Mehr Waffen machen die Menschheit nicht sicherer, nur ärmer." Was bisher meist nur von Wissenschaftlern aufgezeigt wurde, wird nun auch von Politikern beklagt: Daß die Mittel, die für Rüstung aufgebracht werden, für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung verloren sind. Fast 500 Milliarden Dollar stellen Regierungen im Jahr bereit, um sich gegenseitig zu bedrohen, und nur 20 Milliarden, um sich untereinander zu helfen. Und es ist in der Tat makaber, wie der Vorsitzende Willy Brandt in seinem Vorwort deutlich sagt, „daß sich der rascheste und dynamischste Transfer an hochmoderner Ausrüstung und Technologie von reichen zu armen Ländern im Bereich von Todesmaschinen vollzogen hat"

Würde nur ein Bruchteil des derzeitigen Aufwands an Geld, Arbeitskraft und Forschung für militärische Zwecke statt dessen den Armen in den Entwicklungsländern zugute kom-men, so sähen deren Zukunftsaussichten völlig anders aus. Die Kommission zieht daraus den Schluß: „Die Öffentlichkeit muß besser informiert werden über die Lasten und die Verschwendung, die das Wettrüsten mit sich bringt, über den daraus entstehenden Schaden für unsere Volkswirtschaften und über die größere Bedeutung anderer Maßnahmen, für die wegen des Wettrüstens keine Mittel (mehr) vorhanden sind.“ Die Präsentation und Diskussion des Berichts in der derzeitigen Krise der internationalen Beziehungen kann auch durchaus die Überprüfung traditionellen Handelns beschleunigen und deutlicher machen, welcher Weg zu wählen ist: „stock-piling of arms or peace and development".

Dieser und allen betreffenden Empfehlungen des Berichts möchte ich daher voll zustimmen. Aber es ist darauf hinzuweisen, daß der Bericht in ökonomischer Hinsicht z. B. die praktische Bedeutung des Beschäftigungsarguments unterschätzt, das allen Vorschlägen zur Abrüstung entgegengehalten wird. Und der Bericht unterschätzt m. E. auch die Bedeutung des Ziels der Gewinnsicherung, das mit der Militarisierung der Welt verfolgt wird — wie aber auch die politische Tatsache, daß das Militär in den meisten Entwicklungsländern (neben Verwaltung und Erziehungswesen) die dritte zentrale Institution darstellt, in der sich der Staat innergesellschaftlich manifestiert. „Die Aufgabe des Südens" (Kapitel 8)

Im Kapitel über die . Aufgabe des Südens" scheint die Kommission vom Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der Entwicklungsländer abweichen zu wollen. Es ist von zementierten Macht-und Einkommensstrukturen die Rede und von der Notwendigkeit von sozialen und wirtschaftlichen Reformen. Es sollen Entwicklungsstrategien benannt werden........ die, würden sie weithin angewendet, der Weltgemeinschaft das echte Engagement der Entwicklungsländer signalisieren würden, den Gewinn aus der Entwicklung gerechter zu verteilen und sich entschlossen um die Mobilisierung der menschlichen und materiellen Hilfsmittel für die Entwicklung zu bemühen" Was dann aber an Empfehlungen herauskommt, ist eher dürf. tig.

Ein wichtiger Grund, warum innerhalb der Entwicklungsländer zum Teil ganz erhebliche Disparitäten bestehen, liegt in der politischen Macht der Wohlhabenden (dem „internen Kolonialismus"), den notwendigen gesellschaftlichen Wandel zu verhindern. In der Einleitung fordert der Vorsitzende der Kommission: „Wir aus dem Süden und aus dem Norden sollten offen miteinander sprechen über den Machtmißbrauch durch Eliten..." Aber im Bericht selbst gerinnt dieser Machtmißbrauch eher zu „gewissen Beschränkungen bürgerlicher Freiheiten“. Und darüber, wie der Machtmißbrauch durch Eliten beseitigt, wie die Per-petuierung von Armut überwunden werden kann, ist wenig zu lesen. Die relative Indifferenz gegenüber der Politik und der Ökonomie der Macht und Armut in den Entwicklungsländern könnte letztlich eines der wesentlichen Ziele der Brandt-Kommission tangieren: die Reduzierung der zwischen Nord und Süd vorhandenen Spannungen.

über die Art und Weise, wie die Mitwirkung breiter Schichten der Bevölkerung am Entwicklungsprozeß erreicht werden könnte, wird wenig überzeugendes gesagt. Es werden Maßnahmen wie „Dezentralisierung staatlicher Verwaltungsstellen“ und „Unterstützung für gesellschaftliche Organisationen" genannt; die Frage, wie die notwendige Reformpolitik auf breiter Basis erfolgreich praktiziert werden könnte, bleibt damit offen. Statt dessen werden viele Gedanken an regionale und subregionale Zusammenschlüsse und Zusammenarbeit verwendet: Handelspräferenzen, Zah-lungs-und Kreditvereinbarungen, Organisationsformen zwischenstaatlichen Beistands — alles Vorschläge, die von der Ebene des Staates und seiner gefestigten Macht und Legitimationsbasis ausgehen, sie aber nicht in Frage stellen. Es ist zweifelhaft, ob damit bereits eine an den menschlichen Grundbedürfnissen sich ausrichtende Mobilisierungsstrategie für die wirtschaftlich und sozial unterentwickelten Länder beschrieben ist. „Rohstoffhandel und Entwicklung" (Kapitel 9)

Neben den Empfehlungen zur Rohstoff-Entwicklung (stärkere Beteiligung der Entwick-lungsländer an Verarbeitung und Absatz der Rohstoffe) legt die Kommission großes Gewicht auf die Stabilisierung der Rohstoffpreise auf »ein einträgliches Niveau". Was ein einträgliches Niveau sei, wird aber eigentlich nicht gesagt -Wenn Stabilisierung nicht nur Ausgleich zeitlicher Schwankungen, sondern auch Anhebung des Preisniveaus der Rohstoffe heißen sollte, dann enthält der Bericht zugleich eine Schlagseite: Er widmet sich nicht bzw. nicht ausreichend dem altbekannten terms of trade-Argument, indem nämlich der fortlaufenden Steigerung des Preisniveaus der Industriegüter (und der darin liegenden andauernden Benachteiligung der Entwicklungsländer) nicht ausführlich Beachtung geschenkt wird. Einfach gefragt: Warum enthält der Bericht ein ganzes Kapitel über Rohstoff-handel, aber kein vergleichbares Kapitel über Industriegüterhandel?

Der Bericht geht (realistischerweise) vom baldigen Bestehen des in den letzten Jahren heftig umstrittenen Common Fund (Gemeinsamer Fonds) aus und liefert dazu keine unnötigen Rückzugsgefechte, im Gegenteil. Ob dagegen die Einrichtung einer weiteren Finanzierungsfazilität für die Exploration von Bodenschätzen realistisch ist, scheint eher fraglich — ebenso wie der Aufbau von nationalen Vorratslagern innerhalb der Entwicklungsländer (und über die Vorkehrungen des Gemeinsamen Fonds hinaus) wohl auf wenig Gegenliebe bei den Rohstoffverbrauchern stoßen wird.

Der Bericht spricht die betrübliche Tatsache an, daß über den etablierten internationalen Rohstoffhandel den tatsächlichen Urproduzenten (genannt werden die Frauen auf den Kaffee-und Teeplantagen und die Männer in den Bergwerken) nur ein Bruchteil der Endverbraucherpreise zukommt. Wie man dies ändern könnte, darüber aber sagt der Bericht nichts weiter als daß für die Einhaltung von Arbeitsrichtlinien in den Rohstoffabkommen gesorgt werden sollte.

Energie" (Kapitel 10)

Erwartungsgemäß widmet die Kommission der Energieproblematik (der Energieverwendung und -Verschwendung) ein eigenes Kapi-tel. Die Energie ist auch, neben „Ressourcentransfer“, „Ernährung" und „Reformen" (der internationalen Institutionen), zentraler Bestandteil des vorgeschlagenen kurzfristigen „Sofortprogramms 1980— 85" Die Forderung der Kommission nach einem systematischen Abbau der hohen Abhängigkeit von knapper werdenden, nichterneuerbaren Energiequellen werden die meisten Betrachter unterschreiben können. Der Energieverbrauch pro Kopf der Bevölkerung in den Industrieländern weist im Vergleich zu den Entwicklungsländern mit mittleren bzw. niedrigem Einkommen im Durchschnitt ein Verhältnis von 100: 10: 1 auf. „Ein Amerikaner verbraucht soviel Energie wie zwei Deutsche oder Australier, drei Schweizer oder Japaner, sechs Jugoslawen, neun Mexikaner oder Kubaner, 19 Malaien, 53 Inder oder Indonesier, 109 Ceylonesen, 438 Malier oder 1072 Nepalesen."

Die relativ eindeutige Befürwortung der Atomenergie („Kernenergie ist eine weitere wichtige Alternative“ mag vielen aber Anlaß genug sein, die Energie-Empfehlungen der Kommission abzulehnen.

Ich möchte hier dagegen die Kritik auf zwei andere Punkte hinlenken: Mir scheint, daß der Bericht den Einfluß der nationalen staatlichen Wirtschaftspolitik auf die Energieversorgung generell überbewertet (keine institutionellen Änderungen gegenüber der Politik der multinationalen Konzerne und der Einsparungsbereitschaft der Verbraucher), während er den Gegensatz zwischen OECD und OPEC unterbewertet, indem eine Interessenharmonie unterstellt wird, die weder bei den Mitgliedern der OPEC noch denen der OECD unterstellt werden kann. Hier mag wieder die generelle Kritik am Bericht anwendbar sein, daß die Probleme (leider) nicht immer so sind, wie man möchte, daß sie es wären.

Zu bemerken bleibt, daß die Kommission spezielle Absprachen fordert, um die Energieversorgung der ärmeren Entwicklungsländer sichern zu können, ohne aber direkt zu deren mengenmäßiger Mindestversorgung bzw. zur bewußten Differenzierung der Energiepreise aufzurufen. Mehr als im allgemeinen Bericht gehen die Passagen zum „Sofortprogramm 1980— 85" in bezug auf das 01 ins Detail: Olexportierende Länder sollen Produktionsnormen zusichern, ölverbrauchende Länder sollen sich auf Verbrauchsbeschränkungen verpflichten, über gegenseitige Vereinbarungen sollten dann die Olpreise auf einen Stand festgesetzt werden, .....der Anreize für Produktion und Einsparung bietet" — was wohl als Preisanhebung zu verstehen ist Ein zusätzlich zu vereinbarendes Abkommen . könnte einschließen eine an der Weltinflation ausgerichtete Preisindexierung (des Ols)... und Garantien des Wertes und der Verfügbarkeit von Geldanlagen, die die Ölproduzenten (im Ausland) halten"

Zu diesem Bereich sollen hier nur wenige Fragen gestellt werden: Was ist der Preis, der Anreize für Produktion und Einsparung bietet, bei wem und zu wessen Lasten? Wieso sollen sich die ölproduzierenden Länder mit einer Preisindexierung ihrer Produktion im Maße der Weltinflation (die wie ermittelt wird?) zufriedengeben — was ja in gewisser Weise einem verteilungsmäßigen Status quo entspräche — und aufgrund welcher überzeugenden Argumente soll dann die Preisindexierung auf Energieträger beschränkt bleiben? Nur wenige, aber bereits zu viele offene Fragen zu einem einzigen Handlungsbereich. „Industrialisierung und Welthandel“ (Kapitel 11)

Der Bericht liefert ein Plädoyer für weitere Industrialisierung, vorzugsweise für exportorientierte, d. h. weltmarktintegrierte Industrialisierung. Die Kommission konstatiert zwar auch die Alternative, die binnenmarkt-orientierte Industrialisierung, sieht darin aber keine Perspektive. Daß die Kommission nichts von Abkoppelung oder partiellem , de-linking'der Entwicklungsländer aus dem Weltmarkt hält, braucht dementsprechend nicht betont zu werden.

Man muß jedoch daran erinnern, daß in der neueren entwicklungspolitischen Literatur eine Reihe von ernst zu nehmenden Argumenten vorgebracht worden sind für eine begrenzte bzw.selektive Integration der Entwicklungsländer in den Weltmarkt Auch das eher alte, von Friedrich List bereits propagierte Schutzzollargument beinhaltet — entwicklungsstrategisch betrachtet — eine Hin-wendung zur stärkeren Binnenorientierung der wirtschaftlich wenig entwickelten Länder und die Betonung der binnenwirtschaftlichen Kreisläufe: nicht die Errichtung von Wachstums-Enklaven, sondern die breitangelegte Dynamisierung der Wirtschaft der Entwicklungsländer. Der Bericht ist also nicht nur optimistisch im Hinblick auf die positiven Wirkungen von exportorientierter Industrialisierung und Welthandel, er drängt die Entwicklungsländer geradezu in Richtung einer expansiven Entwicklung auf diesen Gebieten. Dabei werden eine Reihe von bisher üblichen (und zukünftig zu erwartenden) sozialen Kosten der Industrialisierung vernachlässigt oder reduziert gesehen, nicht nur in bezug auf die natürliche und soziale Umwelt, sondern auch in bezug auf die Gefahren für die kulturelle Identität. Ein Modell für eine ökologisch und sozial angepaßte Industrialisierung liefert der Bericht m. E. nicht, obwohl verschiedentlich von einer . Anpassung an neue Modelle der weltweiten Industrieproduktion“ gesprochen wird (was allerdings meist im Sinne der regionalen und produktspezifischen Arbeitsteilung begriffen wird). „Transnationale Unternehmen, Investitionen und Technologietransfer“ (Kapitel 12)

Die internationale Diskussion um Pro und Contra multinationaler Konzerne, oder wie man neuerdings sagt: der Transnationalen Unternehmen (TNU), hat eine Konjunktur durchlaufen: Heute überwiegen — bei Beachtung bestimmter Bedingungen — die Pro-Argumente. Der Bericht spiegelt diese eher positive Einschätzung der TNUs. Aber: „Wirksame nationale Gesetze und internationale Verhaltensrichtlinien sind erforderlich, um den Technologietransfer zu steuern ..." Ist diese Technologiesteuerung möglich, ist sie als In-vestitionskontrolle gemeint? Viele der im Bericht angesprochenen Regeln des Verhaltens mögen dem kritischen Leser eher als Versuche zur Garantie eines möglichst reibungslosen Ablaufs der Tätigkeit der TNUs in den Entwicklungsländern vorkommen. „Mißtrauen gegen die TNUs abbauen, Vertrauen aufbauen“ — diese Devise wird jedenfalls vielen Menschen (in Entwicklungsländern und Industrieländern) als Vernebelung der Machteinflüsse der TNUs erscheinen.

Der Bericht spricht davon, daß „die ständige Verfügungsgewalt über die natürlichen Ressourcen... das Recht aller Länder (ist)" -Da die Umsetzung dieser Empfehlung in vielen Fällen Enteignung heißt, beeilt sich der Bericht, die Notwendigkeit von Entschädigungen („angemessen und wirksam") zu fordern. Auch hier mag die Frage entstehen, ob das ein überzeugendes Argument ist für jene, die sich durch ausländischen Besitz an den eigenen Ressourcen historisch und gegenwärtig ausgebeutet fühlen.

Doch gibt es in diesem Kapitel zur Frage der Technologie und des Technologietransfers viele Anregungen, die volle Unterstützung finden werden: die Förderung der Technologie-entwicklung in den Entwicklungsländern selbst, die stärkere Anpassung der Technologie an die Bedürfnisse der Menschen in den Ländern der Dritten Welt . Die Weltwährungsordnung" (Kapitel 13)

Wie schon erwähnt (und wie es naheliegend sein mag), liefert der Bericht weite Passagen über die monetäre Ordnung und die monetären Probleme der Welt; ja, man könnte gleich kritisch anfügen: eine Überbetonung der monetären Voraussetzungen von Entwicklung überhaupt Mit Hilfe eines verbesserten Sonderziehungsrechts für die Entwicklungsländer soll so etwas wie eine „internationale Währung" geschaffen werden — neue Sonderziehungsrechte in dem Umfange, .. in dem ein Bedürfnis nach nicht-inflationärer Ausweitung der Weltliquidität vorliegt" Genau hier werden alle Monetaristen mit ihrer Kritik ansetzen: Wie definiert man ein solches Bedürfnis und wie verhindert man eine weitere Inflationierung der Welt?

Daß der Internationale Währungsfonds (IMF) keine übermäßige Gängelung der Volkswirtschaften der Entwicklungsländer vornehmen sollte und sie nicht durch überzogen deflationäre Maßnahmen in die „Reinigungskrise" führt, die viele Menschen, wirtschaftliche und soziale Einheiten (auch Regierungen) negativ tangieren, darüber herrscht nicht nur bei der Gesamtheit der Entwicklungsländer, sondern auch bei vielen externen Kritikern der gegenwärtigen Weltwährungsordnung (der Bericht spricht vom . gegenwärtigen Währungsdurcheinander') Einigkeit. Da die Kommission dies ebenso sieht, wundert es mich, daß nicht mehr über die Notwendigkeit des regionalen Clearings und der kooperativen Behebung der Zahlungsbilanzprobleme der Schwachwährungsländer nachgedacht worden ist. Wie kann man es schaffen, daß Unternehmen in Indien und Malaysia miteinander Handel treiben, ohne daß sie in US-Dollar oder englischen Pfund fakturieren müssen? „Entwicklungsfinanzierung“ (Kapitel 14)

Als „Kern" des Berichts kann das Kapitel Entwicklungsfinanzierung gelten: „Der Kapitaltransfer in die Entwicklungsländer muß beträchtlich verstärkt werden" (S. 318), die „Verfügbarkeit öffentlicher Entwicklungshilfemittel sollte erweitert werden" — übrigens unter Einbeziehung der osteuropäischen Länder und der Entwicklungsländer selbst — (S. 318), die „Kreditgewährung durch internationale Finanzierungsinstitute sollte verbessert werden“ (S. 319), die „Schaffung einer neuen internationalen Finanzierungseinrichtung — eines Weltentwicklungsfonds... sollte in Erwägung gezogen werden" (S. 319), und letztlich, „der Kreditstrom von Geschäftsbanken ... in die Entwicklungsländer muß verstärkt werden" (S. 320).

Aus den Einzelempfehlungen hierzu, die z. T.sehr interessant sind, kann ich hier nur wenige herausgreifen: „Mutual, universal, automatic" — „gemeinsam, weltweit und in automatischer Weise" sollen große zusätzliche Finanzmittel für die Entwicklung aufgebracht werden. Als Motto gilt: „Weg von der Bettelei und hin zur Rente!" Hierzu wird — neben der erneuten Betonung des von vielen Industrieländern zuge-sagten, aber nicht gehaltenen Versprechens, den Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt auf 0, 7 Prozent zu erhöhen — eine Abgabenlösung vorgeschlagen, d. h. die Einführung einer quasi-automatischen Mittelaufbringung durch internationale Abgaben auf den internationalen Warenhandel oder die Waffenherstellung bzw.den Waffenexport oderden internationalen Tourismus oderden Gemeinschaftsbesitz der Welt, insbesondere Rohstoffe auf dem Meeresgrund.

Die Fragen einer internationalen Abgabenlösung in der Entwicklungshilfe zu diskutieren, mag wichtig sein; hierbei werden jedoch erhebliche Probleme auftauchen, und zwar vor allem, weil die . Abgabenbemessungsgrundlage" nicht nur sehr heterogen, sondern auch sehr unterschiedlich ist, wer die so ermittelte Abgabe letztlich trägt. So wären beispielsweise bei der „Handels-Angabe" und der „Tourismus-Abgabe“ die Deutschen — angesichts des hohen Volumens an Handel und Tourismus — die hauptsächlichen Zahler (wenn auch nicht notwendigerweise wegen der teilweisen Überwälzungsmöglichkeit die Hauptträger), bei der „Waffenexport-Abgabe" müßten andere mehr zahlen, usw. Würde man die Abgabe (nur) am Handelsvolumen festmachen, käme dies sozusagen einer Bestrafung der Wettbewerbsfähigkeit gleich. Würde man die Abgabe nur an den Waffenexporten festmachen, so würden Erfolge in der Abrüstungspolitik zu sinkenden Leistungen in der Entwicklungshilfe führen — und umgekehrt: tritt man für mehr Entwicklungshilfeleistungen ein, so müßte man bei dieser Abgabenlösung für zunehmende Waffenexporte sein, ein offenbar widersinniger Mechanismus.

Die Abgabenvorschläge der Kommission können aufgrund dieser (und weiterer) Probleme zu viel Diskussionsschaum führen, aus dem dann letztendlich nicht viel mehr übrig bleiben mag als der Rückzug auf den Pearson-Bericht von vor zehn Jahren, im Sinne der (wenn auch automatisierten) Verknüpfung von Bruttosozialprodukt und Entwicklungshilfeleistung. Da wäre es eventuell besser, einen anderen Gedanken aufzugreifen und zu diskutieren, nämlich die rückfließenden Mittel aus der öffentlichen Kredithilfe zweckgebunden zu automatisieren (Recycling von Zinsen und Tilgung öffentlicher Entwicklungshilfekredite) — worüber hier jedoch nichts weiter gesagt werden soll, weil an anderer Stelle und zu früherer Zeit ein entsprechender Vorschlag ge. macht worden ist

Dem Vorschlag der Kommission, zur Ergänzung vorhandener Institutionen und zur Di-Versifizierung der Kreditpolitik die Schaffung eines neuen „Weltentwicklungsfonds" in Erwägung zu ziehen, steht natürlich das Bürokratieargument entgegen. Ich hielt diesen Vorschlag, wie andere Kritiker auch, beim ersten Lesen zunächst ebenfalls für überflüssig. Wenn aber der von der Kommission geforderte massive Ressourcentransfer von den Industrie-in die Entwicklungsländer tatsächlich zustande kommt, irgendwann in der Zukunft, dann bedarf es der sinnvollen Vergabe dieser Mittel und deren Kontrolle. Diese Aufgabe aber würde auch eine reformierte Weltbank und ein reformierter IMF nicht leisten können.

Die insgesamt äußerst positive Einschätzung, die die Kommission weiter ansteigenden Kreditströmen von privaten Geschäftsbanken aus Industrieländern in die Entwicklungsländer entgegenbringt, wird vielerorts auf Skepsis und Kritik stoßen. Private Geldgeber haben nicht notwendigerweise die Interessen, die einer eigenständigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Länder der Dritten Welt dienlich sind. Auf eine entsprechende Kontrollmöglichkeit der Regierungen der Entwicklungsländer zu vertrauen, erinnert den Kritiker an das Sprichwort: „Wenn Wünsche Pferde wären — und Lahme reiten könnten! „Internationale Organisationen und Verhandlungen“ (Kapitel 16)

Die Forderung der Kommission, daß eine Aktivierung und Verbesserung der Organisationsstruktur der Vereinten Nationen zur Bewältigung der anstehenden internationalen Probleme notwendig sei, ist sicherlich nicht kontrovers. Auf die betreffenden Empfehlungen brauche ich daher nicht einzugehen. Ein paar Gedanken möchte ich statt dessen zu dem in dem „Sofortprogramm 1980-85" vorgeschlagenen Gipfeltreffen von verantwortli-chen Politikern aus Industrie-und Entwicklungsländern vorbringen.

Diese Empfehlung ist vielfach belächelt und kritisiert worden, m. E. jedoch mit falschen Argumenten: Es gäbe schon zu viele internationale Konferenzen, die letzten UNCTAD-und UNIDO-Konferenzen seien gescheitert. Mein Argument: Das vorgeschlagene Gipfeltreffen liegt in der Logik des Berichts, der Ein-schwörung auf die „gemeinsamen Interessen von Nord und Süd". Daß dies nur zu einem Konkordat der Eliten führen könnte, wurde bereits angedeutet.

Unbestreitbar ist, daß es der Bereitschaft zum Gespräch und zu Verhandlungen bedarf, wenn die Probleme zwischen Industrie-und Entwicklungsländern einer Lösung näher gebracht werden sollen. Daß dazu Anstöße nötig sind, wozu wiederum 25 berühmte Staatsmänner (und sicherlich eine Staatsfrau) sozusagen als animateurs beitragen könnten, will ich nicht herunterspielen. Aber zur Lösung der angehäuften Probleme bedarf es sicherlich der Mobilisierung der Vielen, es bedarf des großen Gesprächs. Der Bericht enthält zu viele Vorschläge, die nur von gestandenen Politikern, Experten und Institutionen, nicht aber von den Menschen in den Entwicklungsländern und von unserem „Mann auf der Straße" verstanden und verwirklicht werden können. Bei aller Anerkennung der für den Laien bestimmten Darstellungsweise und Sprache (nicht dagegen für den Umfang) des Berichts: als „Motor der Veränderung" wird eben dieser Laie nicht oder aber nicht genügend erkannt (was allerdings auch für diese meine Kritik zutreffen mag).

So bleibt zu hoffen, daß die Empfehlungen des Berichts der Nord-Süd-Kommission nicht dasselbe Schicksal erleiden wie der bisherige Nord-Süd-Dialog im allgemeinen, das von einer großen englischen Zeitung wie folgt umschrieben worden ist: „At every stage of the North-South dialogue ... the evident malfunc-tions of planetary mechanisms have first been recognized, then deplored, then ignored, so that in face of the real perils approaching, the only answer has been patchwork and postpo-nement.“ („In jedem Stadium des Nord-Süd-Dialogs wurden die sichtbaren Mängel der weltweiten Mechanismen zuerst erkannt, dann bejammert, dann ignoriert. Angesichts der tatsächlichen Gefahren, die auf uns zukommen, war die einzige Antwort Flickwerk und Aufschub.") Für die weitere Kritik und für die praktische Umsetzung der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission aber kann vielleicht ein Motto dienlich sein, eine Leitlinie, die bereits in der Bibel geschrieben steht: „Prüft alles — übernehmt das Gute!"

Fussnoten

Fußnoten

  1. Titel der Originalausgabe: North-South. A Programme for Survival, Independent Commission on International Development Issues, New York 1980; Titel der deutschen Ausgabe: Das überleben sichern. Gemeinsame Interessen der Industrie-und Entwicklungsländer. Bericht der Nord-Süd-Kommission. Mit einer Einleitung des Vorsitzenden Willy Brandt, Köln 1980.

  2. Harford Thomas in: The Guardian, 5. Dez. 1979.

  3. Entwicklung und Zusammenarbeit, 6, 1980, S. 4.

  4. Ebenda.

  5. Angesichts der Fülle der von der Kommission unterbreiteten Empfehlungen kann diese meine Kritik hier allerdings nur selektiv sein.

  6. Partners in Development. Report of the Commission on International Development, Chairman: Lester B. Pearson, New York, Washington, London 1969.

  7. Reshaping the International Order. A Report to the Club of Rome; Coordinator: Jan Tinbergen, New York 1976.

  8. Bericht der Nord-Süd-Kommission (im folgenden: Bericht), a. a. O„ S. 41.

  9. Vgl. z. B.: A Perspective on the Foodgrain Situation in the Poorest Countries, prep. by S. J. Bürki and T. J. Goering, The World Bank, Washington 1977; Current World Food Situation, in: Food and Agricultural Organization of the United Nations, Council, Rome, Sess. 75/1979; M. R. Biswas, A K. Biswas (Eds.), Food, Climate, and Man, New York etc. 1979.

  10. Vgl. z. B. Ph. M. Hauser (Ed.), World Population and Development. Challenges and Prospects, Syra-cuse, N. Y. 1979.

  11. Vgl. z. B. B. Gilland, The Next Seventy Years. Population, Food and Resources, Turnbridge Wells 1979; A D. Hinckley, Renewable Resources in Our Future, Oxford, New York 1980.

  12. Vgl. z. B.: Industry 2 000. New Perspectives. UNI-DO, Wien, New York 1979; World Industry since 1960. Progress and Prospects. Special Issue of the Industrial Development Survey for the Third General Conference of UNIDO, New York 1979.

  13. Vgl. z. B.: International Flows of Technology UNIDO Secretariat, Wien 1979.

  14. Vgl. hierzu auch D. A Leurdijk, E. Mann Borgese, Disarmament and Development. Foundation Reshaping the International Order, Rotterdam 1979; U. Raanan, R. L. Pfaltzgraff, G. Kemp (Eds.), Arms Transfers to the Third World. The Military Buildup in Less Industrial Countries, Boulder/Col. 1978; U. Al-“ recht, D. Ernst, P. Lock, H. Wulf, Rüstung und Unterentwicklung, Reinbek bei Hamburg 1976.

  15. Reshaping the International Order, a. a. O.

  16. World Development Report, 1979, The World Bank, Washington, D. C. 1979.

  17. Bericht, a. a. O„ S. 133.

  18. Shridath Ramphal, Interview in: The Guardian, 13. Febr. 1980.

  19. In manchen Kapiteln des Berichts führt dies zugleich zu einer gewissen Verharmlosung der anstehenden Probleme. Vgl. beispielsweise die Kapitel . Rohstoffhandel und Entwicklung', . Industrialisierung und Welthandel', . Transnationale Unternehmen, Investitionen und Technologietransfer'.

  20. R. Gott, When problems are as problems'do, in: The Guardian, 18. Dez. 1979.

  21. Ebenda.

  22. S. Ramphal, a. a. O.

  23. D. Peiris in: The Guardian, 3. März, 1980.

  24. Vgl. Kapitel 17 des Berichts: Ein Prioritätenpro-gramm, a. a. O„ S. 333— 351, und insbesondere die zeiten 344— 351: Ein Sofortprogramm: 1980— 85.

  25. D. H. Meadows et al., The Limits to Growth, London 1972.

  26. Vgl. Bericht, a. a. O„ S. 145— 147.

  27. Bericht, a. a. O„ S. 28 f.

  28. Bericht, a. a. O., S. 29.

  29. Ebenda.

  30. Reshaping the International Order, a. a. 0. S. 107.

  31. Ich gehe im folgenden mehr oder weniger davon aus, daß der Leser die betreffenden Empfehlungen bereits kennt. Sie hier alle zu referieren, würde den Rahmen dieser Betrachtung sprengen. Vgl. hierzu die Seiten 101— 332 des Berichts bzw. die Zusammenfassung der Empfehlungen in Anhang I des Berichts, a. a. O„ S. 352— 362.

  32. Bericht, a. a. O„ S. 133.

  33. Ebenda, S. 148.

  34. Ebenda.

  35. S. Ramphal, a. a. O.

  36. Bericht, a. a. O., S. 149.

  37. Ebenda, S. 21.

  38. Ebenda, S. 149.

  39. Ebenda, S. 162.

  40. Ebenda, S. 15 f.

  41. Vgl. ebenda, S. 185- 186.

  42. Vgl. ebenda, S. 191.

  43. Ebenda, S. 344— 351.

  44. Ebenda, S. 203.

  45. Ebenda, S. 209.

  46. Ebenda, S. 347.

  47. Ebenda.

  48. Stellvertretend vgl. D. Senghaas, Weltwirtschaftsordnung und Entwicklungspolitik. Plädoyer für Dissoziation, Frankfurt a. M. 1977.

  49. Vgl. Bericht, a. a. O„ S. 219 ff.

  50. Ebenda, S. 251.

  51. Ebenda.

  52. Ebenda, S. 275.

  53. Vgl. U. E. Simonis, Some Considerations on the External Public Debt of LDCs, in: „Intereconomics. Review of International Trade and Development, 7/8, 1977, S. 204— 207.

  54. Vgl. Bericht, a. a. O., S. 350- 351.

  55. The Financial Times, 13. Febr. 1980.

Weitere Inhalte

Udo Ernst Simonis, Dr. sc. pol, geb. 1937; Studium der Volkswirtschaftslehre in Mainz, Wien und Freiburg; Wiss. Assistent an der Universität Kiel; Research Fellow in Tokio und Hongkong; persönl. Berater des Präsidenten von Sambia; seit 1973 Professor für Ökonomie an der Technischen Universität Berlin. Veröffentlichungen u. a.: Die Entwicklungspolitik der Volksrepublik China, Berlin 1968; So-cioeconomic Development in Dual Economies. The Example of Zambia (zus. mit Heide Simonis), München 1971; Theorie und Praxis der Infrastrukturpolitik (zus. mit Reimut Jochimsen), Berlin 1970; Infrastruktur. Theorie und Praxis, Kiel 1972; Japan. Wirtschaftswachstum und Soziale Wohlfahrt (zus. mit Heide Simonis), Frankfurt und New York 1974; Lebensqualität/Quality of Life, Kiel 1976; Hong Kong. Economic, Social and Political Studies in Development (zus. mit T. B. Lin, R. P. Lee), White Plains 1979; Ökonomie und Ökologie. Auswege aus einem Konflikt, Karlsruhe 1980.