Die verschiedenen Teilbereiche der Gesellschaftspolitik sind in nicht geringem Maße wechselnden Konjunkturen unterworfen. So besaß die Bildungspolitik Ende der sechziger Jahre in Wissenschaft und Politik einen außerordentlich hohen Stellenwert; Knappheit der Mittel, Wandel der wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Rahmenbedingun-gen sowie enttäuschte Erwartungen im Hinblick auf den Beitrag der Bildungspolitik innerhalb der Reformpolitik haben sie im öffentlichen Bewußtsein wieder hinter andere Politikbereiche zurücktreten lassen.
Die quantitativen wie strukturellen Veränderungen des Bildungssystems in der vergange
I. Bildungspolitik und organisierte Interessen
In entwickelten Industriegesellschaften kommen dem Bildungssystem zentrale Funktionen zu, die sich schlagwortartig mit Reproduktion, Integration und Innovation beschreiben lassen 2). Insbesondere die Innovationsfunktion ließ und läßt die Bildungspolitik zum Kristallisationskern politischer Kontroversen werden, da in ihr die dynamische, auf sozialen Wandel angelegte Kompon Insbesondere die Innovationsfunktion ließ und läßt die Bildungspolitik zum Kristallisationskern politischer Kontroversen werden, da in ihr die dynamische, auf sozialen Wandel angelegte Komponente institutionalisierter Erziehungsprozesse zum Ausdruck kommt. Dies macht die große Affinität zwischen Bildungspolitik und Ideologie verständlich, sind doch die bildungspolitischen Festlegungen und Grundsatzforderungen im Kernbereich des jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Selbstverständnisses von Individuen und Verbänden angesiedelt.
Die Konflikthaltigkeit der Bildungspolitik wird schließlich durch das hohe Maß an Betroffenheit in allen Bevölkerungsschichten vermittelt: Es besteht eine allgemeine Schul-Vgl. nen Dekade sind gleichwohl beträchtlich, und die von der Bildungspolitik eingeleiteten und durch gewandelte Bildungseinstellungen in der Gesellschaft verstärkten Veränderungsprozesse sind keinesfalls abgeschlossen 1) -Dies haben die seit 1978 im Rahmen der Bemühungen um die Fortschreibung des Bildungsgesamtplanes wieder aufgebrochenen Konflikte und tiefen Gegensätze zwischen den politischen Parteien deutlich gemacht; nicht zuletzt durch die Gesamtschulfrage ist die Bildungspolitik erneut Gegenstand öffentlicher Diskussion und zum Thema der Landtags-und Bundestagswahlkämpfe im Jahre 1980 geworden. pflicht, die formalen Bildungsabschlüsse bestimmen maßgeblich den sozialen Status. Schließlich bewirkt die überaus komplizierte Struktur von Bildungswegen, -Institutionen und -trägern, daß ständig um Veränderungen gestritten wird, zumal selbst die Fundamente des bundesdeutschen Bildungssystems von der Länderkompetenz über die Regelschule bis zur Weiterbildung durchaus nicht einvernehmlich beurteilt werden.
In bürgerlich-liberalen Demokratien sind die unterschiedlichen gesellschaftsund bildungspolitischen Interessen vor allem in Parteien und Verbänden organisiert. Die starke Rolle der Parteien bei der politischen Willensbildung und bei der Rekrutierung des Herrschaftspersonals wird zumindest für die Bundesrepublik allgemein akzeptiert und angesichts zunehmender Einflüsse durch andere organisierte Interessen und die Bürokratien eher als gefährdet denn als problematisch angesehen. Der konstitutiven Stellung der Parteien im politischen System entspricht die Bedeutung ihrer programmatischen Arbeit; sie bildet Ausgangspunkt und Orientierung des öffentlichkeitsbezogenen Parteienhandelns, das seinerseits einen Großteil der Aktivitäten der Parteien ausmacht So sind bildungspolitische Äußerungen ungeachtet ihrer bisweilen agitatorischen Form immer wichtige Absichtserklärungen und damit integrale Bestandteile des politischen Meinungsbildungsprozesses.
Das politische Wirken der Verbände wird demgegenüber durchaus kontrovers beurteilt, was insbesondere für Ausmaß, Form und Konsequenzen für das parlamentarische Regierungssystem gilt. Verbände sind alle organisierten Interessen, die im politischen System Einfluß ausüben, im Unterschied zu den Parteien jedoch auf eine direkte politische Verantwortung verzichten. Insofern sind auch die Verbände integraler Bestandteil des politischen Willensbildungs-und Entscheidungsprozesses. Entsprechend zentral sind auch die Funktionen der Verbände im politischen System: Als Bindeglied zwischen diesem und den anderen gesellschaftlichen Subsystemen betreffen die Aktionsziele der Verbände alle politischen Handlungsebenen, über die Verbände laufen die Auswahl, Bündelung und Äußerung von Interessen ebenso wie die Vermittlung von Informationen oder die Personalrekrutierung. Wie sich bildungspolitische Äußerungen von Verbänden nur graduell von denjenigen der Parteien unterscheiden, sind auch die Adressaten und Methoden ihrer Einflußnahme ähnlich: Verbände agieren bei Parlamenten, Regierungen und Behörden; si nehmen Einfluß auf die Justiz, sind an der öl fentlichen Meinungsbildung beteiligt um pflegen vielfältige Verbindungen zu den um innerhalb der Parteien. Im Hinblick auf die pc litische Wirksamkeit von Parteien und Ver bänden besteht zumindest kein prinzipielle Unterschied, was nicht zuletzt auch im allge meinpolitischen Mandat zum Ausdruc kommt, das die großen Verbände für sich i Anspruch nehmen. Gleichwohl wird die quer schnittanalytische Betrachtung der bildungs programmatischen Positionen auf die Parteier beschränkt; dies erscheint insofern — unc nicht allein im Hinblick auf die Funktioner von Parteiprogrammen im Rahmen von Wahl, kämpfen — gerechtfertigt, als Parteien die Forderungen wichtiger Verbände, soweit möglich, aufzunehmen versuchen, aber im Gegensatz zur Konzentration der bildungspolitischen Verbandsziele (z. B. zur Berufsbildung die gesamte Politikbreite abzudecken bestrebt sind. In Exkursen soll allerdings punktuell auch die Programmatik wichtiger Verbände berücksichtigt werden Die Beschränkung auf die vier etablierten, im Bundestag vertretenen Parteien folgt — abgesehen von den „Grünen", die sich erst in Ansätzen programmatisch profiliert haben — aus dem Kriterium des direkten politischen Einflusses.
II. Bildungspolitik und Parteiprogrammatik
Das zwischen 1970 und 1980 von den Parteien vorgelegte bildungspolitische Programmaterial ist umfangreich und vielfältig. Neben den durchweg grundsätzlichen und langfristig angelegten Zielvorstellungen zur Bildungspolitik in den Grundsatzprogrammen finden sich konkretisierte Aussagen in den Programmen der Bundes-und Landesparteien (z. B. SPD-Orientierungsrahmen 1975 oder Landesprogramm der CDU Rheinland-Pfalz 1978) sowie in den Kommunalpolitischen Grundsatzprogrammen, die insbesondere in den Bereichen der außerschulischen Jugendbildung, der Erwachsenenbildung und der Kulturpolitik von Interesse sind. Schließlich finden sich bildungspolitische Handlungsvorstellungen in den Wahlprogrammen.
Konkretere Aussagen beinhalten die kurzfristig (z. B. Bildungspolitisches Aktionsprogramm der SPD 1977) oder mittelfristig angelegten Fachprogramme, zu denen umfassende Konzeptionen (z. B. Kulturpolitisches Programm der CDU/CSU 1976 sowie der CSU 1979) wie auch Programme für Teilbereiche des Bildungssystems (z. B. Sozialdemokratische Grundsätze zur Weiterbildung 1976) vorgelegt wurden. In den letzten Jahren wurden überdies zahlreiche gruppenspezifische Programme erarbeitet (z. B. Kinderprogramm der F. D. P. 1979; Jugendpolitische Leitsätze der SPD 1979; Ausländerprogramm der CDU 1976), die z. T. ausführliche Vorstellungen innerhalb des jeweiligen Sachzusammenhangs entfalten. Schließlich darf angesichts der engen Verflechtung der Bildungspolitik mit anderen Teilpolitiken die bildungsprogrammatische Bedeutung verschiedener Fachprogramme z. B. zur Medien-, Sozial-, Wirtschafts-und Beschäftigungspolitik (z. B. Kieler Thesen der F. D. P. 1977) nicht übersehen werden. 1. Politische Grundwerte und ideologisches Grundverständnis Bei den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität handelt es sich um gemeinsame fundamentale Bezugspunkte politischen Wollens und Handelns, in denen sich jedoch auch das unterschiedliche Verständnis der Parteien von Politik, Staat, Gesellschaft und Bürger kristallisiert. Aufgrund ihrer politisch-ideologischen Grundannahmen und gesellschaftspolitischen Zielvorstellungen ergeben sich erste — zwar allgemeine, aber grundlegende — Hinweise für die jeweiligen bildungspolitischen Leitziele, für die Bildungsziele und die institutionell-curricularen Folgerungen sowie insgesamt für die dem Bildungssystem zugewiesenen Aufgaben.
CDU und CSU Die CDU versteht sich als eine für alle Schichten und Gruppen offene Volkspartei, sie kennzeichnet sich als sozial, liberal und konservativ; christlicher Glaube und christliches Menschenbild bilden die ethische Grundlage ihrer Politik, die auch für Nichtchristen akzeptabel sei. Menschenwürde, Bindung an und Verantwortung vor Gott, Nächstenliebe und Partnerschaft, Irrtum und Schuld bestimmen dieses Menschenbild als Grundlage und Maßstab des Grundwerteverständnisses der CDU. Freiheit als „freie Entfaltung in der Gemeinschaft auf dem Boden gerechter Güterverteilung und persönlichen Eigentums, begrenzt durch die Freiheit der Mitmenschen" bedürfe der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung nach dem Prinzip der Subsidiarität. Die Sicherung der materiellen Bedingungen der Freiheit und Beseitigung von unzumutbaren Abhängigkeiten obliege primär dem einzelnen, der Familie, kleineren und größeren Gemeinschaften, freien Verbänden (Gedanke der Hilfe zur Selbsthilfe) und erst dann dem Staat, wobei das Subsidiaritätsprinzip auch hier vorrangig Gemeinde und Land und erst zuletzt den Bund verpflichte. Die CDU betont die Selbst-und Mitverantwortung sowie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des einzelnen; sie wendet sich gegen technokratisch-bürokratische Bevormundung und ideologische Verführung und möchte den einzelnen vor totalitärem Kollektivismus bewahren.
Der Grundwert der Solidarität kennzeichne die Gemeinschaftsbindung individueller Freiheit. Solidarität sei Recht und Pflicht; sie bedeute Anspruch auf persönliche Zuwendung und Sicherheit, verpflichte zum Einstehen für die Gemeinschaft und erfordere persönliche Leistung — auch Solidarität sei subsidiär als Hilfe zur Selbsthilfe zu gewährleisten. Als Gruppensolidarität verbinde sie schließlich Interessengruppen, beschränke sich aber nicht darauf, sondern sei als Nächstenliebe und INHALT I. Bildungspolitik und organisierte Interessen II. Bildungspolitik und Parteiprogrammatik 1. Politische Grundwerte und ideologisches Grundverständnis 2. Bildungspolitik in den Grundsatz-programmen 3. Funktionen der Bildungspolitik 4. Bildungs-und Erziehungsziele 5. Elternrecht III. Schwerpunktbereiche der Bildungspolitik 1. Kindergarten und Vorschule 2. Schule 3. Berufsausbildung 4. Hochschule und Forschung 5. Jugend-und Weiterbildung 6. Ausländerbildung IV. Rahmenbedingungen der Bildungspolitik 1. Bildungsföderalismus 2. Bevölkerungsentwicklung 3. Bildungsund Beschäftigungssystem V. Konstanz und Wandel der Bildungsprogrammdiskussion 1970— 1980 VI. Auswahl wichtiger Programme und Entschließungen zur Bildungspolitik VII. Anhang Bildungspolitische Aussagen der Parteien in den Bundestags-Wahlprogrammen 1980
Partnerschaftlichkeit auch zwischen Macht-ungleichen und Interessengegnern möglich und notwendig. Gerechtigkeit bedeute gleiches Recht für alle, Hilfe zur Rechtswahrung und Schutz gegen Willkür, sie sei gleiche Chance für selbstverantwortliche Entfaltung. Chancengerechtigkeit bedeute, sich in gleicher Freiheit so unterschiedlich zu entfalten, wie es den individuellen Anlagen und der persönlichen Eigenart entspräche. Gerechtigkeit gebiete ausgleichende Maßnahmen zugunsten der zur Selbsthilfe nur unzureichend Fähigen, sie verlange aber im übrigen . Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln', d. h. individuelle Unterschiede in Leistung und Einsatz anzuerkennen.
Die Grundwerte seien für alle Parteien verbindlich; die parteipolitische Auseinandersetzung gehe nur um ihre Gewichtung untereinander — tatsächlich betrifft sie allerdings vor allem ihre inhaltliche Bedeutung und Reichweite. Zwar bedingen sich nach Ansicht der CDU alle drei Grundwerte wechselseitig, das Übergewicht der individualistisch-freiheitlichen Komponente ist allerdings unübersehbar
In ihrem politisch-ideologischen Grundverständnis unterscheidet sich die CDU nicht wesentlich von der CSU; in zahlreichen Akzentuierungen und politischen Folgerungen ist die CSU allerdings weniger kompromißbereit. Als konservative (. einer dauerhaften Wertordnung verpflichtet), liberale (. Eintreten für Grundrechte') und soziale Partei (. Einsatz für den Schwächeren’) habe die CSU den Auftrag, politische Führung auszuüben. Die CSU folgt einem von christlichen Wertvorstellungen und Traditionen maßgeblich geprägten Menschenbild, wobei sie auch einen außerchristlichen Zugang zu diesen Vorstellungen für möglich hält. Eine an christlichen Werten orientierte Politik ermögliche allerdings in besonderer Weise die Gewährleistung von Freiheit, verstanden als Selbstverwirklichung, Leistung und Verantwortung, von Solidarität, verstanden als Befähigung zur Eigeninitiative und Selbsthilfe, und von Gerechtigkeit, verstanden als Chancengerechtigkeit, als Stärkung der individuellen Position (Bildungsund Eigentumserwerb, Leistungsbereitschaft, Eigenverantwortlichkeit).
Während das CDU-Grundsatzprogramm die einzelnen Grundwerte relativ ausführlich darlegt und ihr Spannungsverhältnis betont, verfließen deren Konturen im CSU-Programm; alle drei Grundwerte erhalten von vornherein eine eindeutig individualistische Ausdeutung; Solidarität und Gerechtigkeit werden von den Kriterien der Persönlichkeitsentfaltung, Selbstverantwortung und individuellen Leistung her interpretiert. Auch bei der Forderung nach dem starken, zugleich aber subsidiären Staat (funktionale Begrenzung des Sozialstaates) werden gewisse Akzentunterschiede sichtbar
SPD Im Godesberger Programm bekennt sich die SPD in der Tradition des demokratischen So. zialismus und der französischen Revolution zu den . sittlichen Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität'; aus der im Hinblick aul diese Grundwerte defizitären Wirklichkeitsanalyse leitet sie politisch-gesellschaftliche Forderungen ab, die auf eine „neue und bessere Ordnung der Gesellschaft" zielen, „in der jeder Mensch seine Persönlichkeit in Freiheit entfalten und am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben mitwirken kann". Wie die CDU betont die SPD die wechselseitige Durchdringung der Grundwerte — in ihrer Gewichtung unterscheidet sie sich allerdings grundlegend: Die Gleichheit der Würde aller Menschen verwirkliche sich in der Gleichheit der Chancen für alle, in Freiheit ihr Leben persönlich, kulturell, wirtschaftlich und politisch zu gestalten. Gegen die Setzung der CDU, der Mensch sei frei, zur Selbstbestimmung und sittlichen Entscheidung bestimmt und fähig, stellt die SPD die Frage nach den sozio-ökonomisch-kulturellen Voraussetzungen und Möglichkeiten, die sie im Sinne eines fortdauernden Widerspruchs zwischen den gegebenen Möglichkeiten und realen Verhältnissen beantwortet. Dies führt dazu, daß sie die Grundwerte, deren ideologische Verwurzelung sie im Hinblick auf ihre christlich-ethische, humanistische, philosophische oder wissenschaftliche Herleitung offen läßt, nicht normativ, sondern . empirisch'beschreibt: Freiheit als Freisein von entwürdigenden Abhängigkeiten und als Möglichkeit freier Entfaltung durch Besitz der gesellschaftlichen Voraussetzungen im Rahmen der durch Gerechtigkeit und Solidarität bestimmten Grenzen; Gerechtigkeit als materielle Bedingung für Freiheit durch gleichwertige Lebenschancen; Solidarität als Gruppenzusammenhalt im Kampf gegen Abhängigkeit und Benachteiligung wie in Verbindung von Freiheit und Gleichheit als individuelle Hilfsbereitschaft und soziale Verpflichtung
Vor allem in der Einschätzung der gesellschaftlichen Wirklichkeit und damit der realen Geltung der Grundwerte unterscheiden sich christlich-demokratisches und demokratisch-sozialistisches Grundverständnis: ersteres zweifelt nicht an der grundsätzlichen Realität der Grundwerte — allenfalls deren Rah-B nenbedingungen zu gewährleisten Aufgabe ier Politik sei; letzteres bestreitet ihre Gel-ung für alle — ohne umfassende sozio-ökono-nisch-kulturelle (materiale) Demokratisie-ung der Gesellschaft seien Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit nicht möglich.
Die Konsequenzen für die einzelnen Politikbereiche werden dadurch deutlich: kritische Mängelanalyse und uneingelöste Grundwerte bedingen ein dynamisches, auf umfassende und angesichts des Wandels freiheitsbeeinträchtigender Probleme auf dauernde Veränderungen drängendes Politikverständnis; demgegenüber beschränkt die Annahme gegenwärtig weitgehend bereits erfüllter Grundwerte die Politik auf . Nachbesserung', christliches Menschenbild und Subsidiarität als gesellschaftliches Grundprinzip betonen das Private, sie trennen Gesellschaft und Staat und richten sich gegen . umfassende Politisierung und Demokratisierung'.
F. D. P.
In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre vollzog die F. D. P. einen tiefgreifenden Umbruch vom konservativ-nationalliberalen Denken zum gesellschaftsorientierten Sozialliberalismus der Freiburger Thesen die nach der Demokratisierung des Staates durch die Demokratisierung und Liberalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft eine neue, soziale Dimension der Grundwerte Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit durch die Gewährleistung ihrer gesellschaftlich-ökonomisch-kulturellen Voraussetzungen zu erschließen versuchen. Dem sozialen Liberalismus gehe es um gesellschaftlich erfüllte Freiheiten und Rechte, um soziale Chancen, soziale Teilhabe-und Mitbestimmungsrechte in der alltäglichen Wirklichkeit der Gesellschaft. Oberste Ziele liberaler Gesellschaftspolitik seien die Erhaltung und Entfaltung der Individualität persönlichen Daseins und der Pluralität menschlichen Zusammenlebens; die Sicherung von Menschenwürde und Selbstbestimmung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft seien ständige Aufgaben. Die Emanzipation des Menschen als Befreiung aus Unwissen, Bevormundung und Abhängigkeit setze geistige Freiheit und Konkurrenz der Ideen, Toleranz und Vernunft voraus, gewährleistet werde sie erst durch gesellschaftliche Demokratisierung und Reform des Kapitalismus, durch größtmögliche und gleichberechtigte soziale Teilhabe und Mitbestimmung aller Bürger in gesell-schaftlichen Institutionen und wirtschaftlichen Organisationen
In der Akzentuierung der sozio-ökonomischkulturellen Basis der Freiheit und hinsichtlich der Notwendigkeit gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Reformen unterscheidet sich die F. D. P.deutlich von CDU/CSU; durch die Betonung der Individualität, Pluralität und Subsidiarität grenzt sie sich zur SPD ab, so unverkennbar die Parallelen zur letzteren in der Gesellschaftskritik wie im Reformpostulat auch sind. Allerdings deuten die Kieler Thesen gewisse Akzentverschiebungen zumindest im Bereich der Wirtschaftspolitik an, die gewandelte Einschätzungen des gesellschaftlichen Reformbedarfs vermuten lassen. 2. Bildungspolitik in den Grundsatzprogrammen In den Grundsatzprogrammen aller politischen Parteien werden wichtige bildungspolitische Grundvorstellungen formuliert. Das der Bildungspolitik dabei eingeräumte, durchaus unterschiedliche Gewicht spiegelt bereits sichtbar Unterschiede in der politischen Einschätzung wider, hängt aber auch vom Programmumfang und Programmcharakter ab. Die neueren Grundsatzprogramme von CDU (1978) und CSU (1976) sind weitaus umfangreicher und detaillierter als die meist älteren Programme der übrigen Parteien, allerdings erfährt dadurch ihr grundsätzlicher Charakter einige Abstriche. Nach dem Selbstverständnis der SPD „konkretisiert" der sehr ausführliche Orientierungsrahmen (1975) als „langfristiges gesellschaftspolitisches Programm" das relativ kurze Godesberger Grundsatzprogramm (1959)
Für die F. D. P. -Programmatik ist das Thesen-konzept besonders typisch; es signalisiert vergleichsweise weniger Grundsätzlichkeit und mehr Entwicklungsoffenheit und Diskursivi-tät. Allerdings führt dieser Umstand nicht selten auch zu Defiziten in der . flächendeckenden Programmierung'von Einzelpolitiken. Ein Beispiel hierfür ist das auffällige bildungspolitische Defizit der Freiburger Thesen (1971), obwohl gerade die Bildungspolitik als das entscheidende Feld des sozialen Liberalismus im Kampf um gleiche Bildungs-und Berufschancen für alle Bürger bezeichnet wird. Zwar deutlich pragmatischer formuliert, versuchen die Kieler Thesen zu Bildung und Beschäftigung der jungen Generation (1977) diese Lücke zu schließen; sie beschränken sich allerdings überwiegend auf Aussagen zu aktuellen Problemlagen in der Ausbildungsund Beschäftigungspolitik. Gegenüber dem Berliner (1968) bzw. Düsseldorfer Programm (1971) der CDU ist der quantitative Umfang bildungsprogrammatischer Aussagen auffallend geringer geworden wobei zwischen dem Programm von 1971, den Entwurfsfassungen von 1974 und 1976 und der Endfassung 1978 interessante Akzentverschiebungen festzustellen sind. Dies gilt für die ursprünglich stärker individualistische Orientierung (1971), den Wandel von Chancengleichheit (1971— 1976) zu Chancengerechtigkeit (1978), die Abkehr von Integration, Differenzierung und Bildungsreform (1971, z. T. 1976) zu Gliederung, Durchlässigkeit und Reformverzicht (1978); gleichwohl — Bildungspolitik sei (weiterhin) Kernstück zukunftsorientierter Politik
Die zentrale Bedeutung von Bildung, Wissenschaft und Kultur betont auch die CSU; ihr Grundsatzprogramm widmet ihnen mit zehn Seiten das umfangreichste Kapitel, das das bildungspolitisch konservative Grundverständnis der CSU deutlich werden läßt.
Zu den Grundforderungen des Godesberger Programms für eine menschenwürdige Gesellschaft gehört die Beseitigung aller Vorrechte im Zugang zu den Bildungseinrichtungen; die schöpferischen Kräfte des einzelnen, kulturelles und geistiges Leben sowie umfassende politische Bildung seien wesentliche Voraussetzungen für gesellschaftliche Mitveranwortung und wichtige Instrumente gegen Konformismus, Abhängigkeiten und Freiheitsbedrohungen. Der postulative Charakter des Godesberger Programms wird vom Orientierungsrahmen innerhalb einer ausführlichen bildungspolitischen Mängelanalyse aufgenommen, der sich konkretisierte Reformvorstellungen zur Berufsausbildung anschließen. 3. Funktionen der Bildungspolitik CDU/CSU Für die Union sind Bildungs-und Kulturpoli. tik als . Fundament der öffentlichen Daseins-Vorsorge'. zentraler Bestandteil einer zu. kunftsorientierten Gesellschaftspolitik'; CDU/CSU heben ihre Bedeutung für das politische, ökonomische und soziale System hervor und betonen den Vorrang des einzelnen Erzie. hung und Bildung als Voraussetzung für die persönliche Entfaltung und gerechte Verwirklichung der Lebenschancen des einzelnen sowie für die Befähigung zu verantworteter Freiheit und Einnahme .seines Platzes im sozialer Ganzen Bildungspolitik müsse von der Rechtsgleichheit aller Menschen und ihrer in den Begabungs-, Fähigkeits-, Leistungs-und Interessenunterschieden manifestierten natürlichen Ungleichheit ausgehen. CDU/CSU sprechen daher von sozialer Gerechtigkeit von Chancenausgleich oder Chancengerechtigkeit und polemisieren scharf gegen den Chancengleichheitsbegriff, der bis 1976 allerdings auch in CDU/CSU-Programmen auf taucht, seither aber mit . nivellierender Integration, blinder Gleichmacherei, Einheitsbildung, totalem Verfügbarmachen, unbegrenztem Anspruchsdenken und Leistungsfeindlichkeit'diskreditiert wird „Chancengerechtigkeit" ist ein zentrales Schlüsselwort zum Verständnis christdemokratisch-sozialer Bildungspolitik geworden. Die Unionsparteien gehen von einer weitgehend genetischen Determination des Menschen aus; angesichts der Verschiedenartigkeit ihrer Begabungen, Neigungen und Leistungen erfordere Chancengerechtigkeit gegliederte Schulen, vielfältige Angebote undeinen gerechten Zugang zu allen Bildungseinrichtungen unter Ausgleich nachteiliger Vorbedingungen. Anders hieß es noch im CDU-Grundsatzprogramm-Entwurf von 1976: Chancengleichheit sei eine auf das ganze Lebendes Menschen bezogene politische Aufgabe. Die gesellschaftlich-ökonomische Funktion der Bildungspolitik hat keine geringe Bedeutung; beiden Parteien liegt an einer verbesserten Abstimmung, auch wenn sie sich für Lenkungsmaßnahmen ausdrücklich nicht entscheiden mögen. So sehr sie die sozio-politische Bedeutung des Schulund Bildungssy-stems für die Sicherung der freiheitlichen Demokratie und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hervorheben, unterfallen solche bildungspolitischen Absichten ihrer scharfen Kritik, die das Bildungssystem „fremden Zwecken" unterwerfen wollen. Für die Union sei dies kein Ort für soziale Umverteilung, für Gesellschafts-und Systemveränderung Andererseits soll — wie schon erwähnt — Bildungspolitik ein zentraler Bestandteil zukunftsorientierter Gesellschaftspolitik, also aktiver politischer Gestaltung sein; die Union läßt allerdings keinen Zweifel daran aufkommen, daß ihre . eigenen bildungspolitischen Zwecke'auf Bewahrung und Abwehr von Veränderungen angelegt sind. Angesichts der Verwissenschaftlichung, Verrechtlichung und Vergesellschaftung der Schule fordert die Union die Sicherung von Freiräumen, Mut zur Erziehung und die Re-Pädagogisierung von Schule und Unterricht.
SPD Der Anspruch aller Bürger auf Erziehung und Bildung, d. h. die bildungspolitische Forderung nach mehr Chancengleichheit und mehr Mitbestimmung, zieht sich als Leitziel durch alle gesellschaftsprogrammatischen Dokumente der SPD in den sechziger und siebziger Jahren Oberstes Ziel sozialdemokratischer Bildungspolitik sei die Schaffung einer Gesellschaft mit gleichen Chancen, nicht gleicher Menschen. Als Teil langfristiger Gesellschaftspolitik zur Verwirklichung des demokratischen Sozialismus erstrebe sie eine neue und bessere Ordnung der Gesellschaft, in der jeder seine Persönlichkeit in Freiheit entfalten und verantwortlich am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben mitwirken könne. Das Bildungssystem habe individuelle, gesellschaftliche und politische Funktionen zu erfüllen: Neben der Befähigung zu individuellem Leben in Beruf, Freizeit und Gesellschaft sei Bildung eine unverzichtbare Voraussetzung der Demokratie. Das Bildungssystem sei war auch Instrument gesellschaftlicher Re'
Produktion und Selektion sowie Vermittler wirtschaftlich und gesellschaftlich nachgefragter Qualifikationen, doch dürfe es sich nicht auf eine einseitige Zulieferfunktion reduzieren lassen
F. D. P.
Die Grundrechte und die Forderung nach einer sozialen und liberalen Demokratie bedingen nach Ansicht der F. D. P. eine umfassende Reform der gegenwärtigen gesellschaftlichen Strukturen. Die Liberalisierung und Demokratisierung der Gesellschaft seien vorrangig im Felde der Bildungspolitik, im Kampf um gleiche Bildungsund Berufschancen durchzusetzen. Menschenwürde, größtmögliche Freiheit, tatsächliche Selbstbestimmung und politische Mündigkeit seien von der Herstellung gleicher Bildungschancen abhängig. Sie seien Grundlage der politischen und sozialen Demokratie. Das Bemühen um Chancengleichheit müsse eine dauernde Verpflichtung des staatlichen Bildungssystems sein, da es auch in einer sozial gerechten Gesellschaft familiär-und milieubedingt benachteiligte Kinder geben werde.
In ihrem dynamisch-reformerischen Grund-verständnis der Bildungspolitik kommt die F. D. P.der SPD recht nahe, wobei sie allerdings die individuelle Seite der Chancengleichheitspolitik und jüngst vor allem Leistungsbereitschaft und persönliche Initiative stärker betont und sich von vorgeblich . absoluten Wahrheiten'durch die Betonung der Relativität ihrer Vorschläge abzugrenzen versucht 4. Bildungs-und Erziehungsziele CDU/CSU Bildungsund Erziehungsziele müßten den Werten der freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung verpflichtet sein und auf dem von Grundgesetz und Länderverfassungen vermittelten Grundkonsens beruhen; die Verfassungen bildeten die maßgebliche und verbindliche Richtschnur einer wertbegründe-ten und Werte vermittelnden Erziehung Aufgabe von Erziehung und Bildung könne weder weltanschauliche Parteilichkeit noch wertneutrale Beliebigkeit sein. Die Schule habe zu verantwortlicher Freiheit und sozialer Verantwortung, zu Achtung vor religiöser Überzeugung, zu Toleranz, Gerechtigkeit, Friedensliebe, Liebe zur Heimat, Urteils-und Entscheidungsfähigkeit, Leistungswillen und Eigenverantwortung, zu Gestaltungskraft und Sinn für Schönheit zu erziehen. Das Leben in einer . geordneten Gemeinschaft'erfordere Leistungs-und Pflichtbewußtsein, Sinn für Autorität und Selbstlosigkeit
Hervorzuheben ist das Verfahren der normativen Legitimitätserhöhung dieser Ziele durch den wiederholten Verfassungsbezug. Damit sowie aufgrund einer eher statischen Auffassung von Individuum, Gesellschaft und Staat deuten CDU und CSU die Verfassungen sta-tus-quo-orientiert; scheinbar folgerichtig dürfen daher die an die verfassungsverbindlichen Ziele gebundenen Bildungsinhalte nicht Instrumente der Gesellschaftsveränderung sein. Unerwähnt bleibt jedoch, daß die normativen Vorgaben des Grundgesetzes legitimerweise konkurrierenden, z. B. auch sozialliberalen oder demokratisch-sozialistischen Ausdeutungen offenstehen und sie nicht von vornherein statisch konzipiert waren. Während noch im Programmentwurf emanzipative Ziele wie Urteils-, Kritik-, Entscheidungs-und Selbstbestimmungsfähigkeit hervorgehoben wurden, dominieren im Kultur-und im Grundsatzprogramm (CDU) eher adaptive und restringierte Ziele: Würde und Freiheit erkennen, Selbstbeherrschung und Tolerenz üben, Rücksicht nehmen, Interessen zurückstellen, den Rechtsstaat bejahen. Nach Ansicht der CDU erzeuge , die konfliktorientierte Pädagogik'Isolierung und Feindseligkeit; Erziehung solle statt dessen Einsicht in die Erforderlichkeit einer Grundübereinstimmung im Wertbewußtsein vermitteln
SPD Nach Ansicht der Sozialdemokraten soll die Schule zu Freiheit und Demokratie befähigen. Oberste Erziehungsziele seien Mündigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, Mitbestimmung, Mitgestaltung und Mitve antwortung, Toleranz, Solidarität und Volke Verständigung. Mündigkeit setze Einsicht: Urteils-, Kritik-und Handlungsfähigkeit vo aus; Schule solle auf künftige Lebenssituati nen im beruflichen, öffentlichen und private Bereich vorbereiten und zu ihrer Bewältigur befähigen; sie solle die Schüler mit der gegei wärtigen Wirklichkeit in konstruktiv-krit scher Weise vertraut machen und zum Wide stand gegen konformistische Tendenzen, zt Analyse der gesellschaftlichen Verhältniss und zur Entwicklung von Alternativen befäh gen. Erziehung zur Freiheit und Demokrati erfordere dies schon innerhalb der Schule; di . menschliche Schule'anerkenne die Untei schiedlichkeiten der Werte und Einstellur gen, der Interessen und Neigungen und ge währleiste Raum für angstfreies Lernen, Spor taneität, Kreativität und solidarisches Verha ten
Zweifellos sind auch die von der SPD genann ten Erziehungsziele auf das politisch-gesell schaftliche System der Bundesrepublik bezc gen; sie sind jedoch vergleichsweise offene und weniger systemadaptiv als bei CDU/CSl („Junge Menschen dahin zu führen, daß si diese Grundwerte bejahen" Insbesonder verzichtet die SPD auf die enge legitimator sehe Anbindung der Erziehungsziele an di Bundes-und Landesverfassungen auf der Ba sis eines von ihr explizierten Verfassungsvor Verständnisses.
F. D. P.
Das Bildungssystem müsse zu Selbstbestim mung, Selbständigkeit, Originalität und Ver antwortungsbewußtsein, zu kritischem Den ken und Entscheiden als Ausdruck der Men schenwürde und Voraussetzung gesellschaft lieber Mitbestimmung befähigen; das bishe rige Bildungssystem habe Selbst-und Mitbe Stimmung weitgehend verhindert, da die Befä higung zu demokratischem Handeln eine de mokratische Organisation der Bildungsinsti tutionen erfordere Ziel liberaler Bildungs politik sei die Entfaltung der rationalen schöpferischen und sozialen Kräfte des Kinde: durch eine . angstfreie Schule'.
Während die CSU die Legitimation des Staa tes zur Entscheidung über Lernziele un -Inhalte betont, fordert die F. D. P. Lernzielgre mien, an denen neben Vertretern der Schulverwaltung die Betroffenen, Wissenschaftler und Interessengruppenvertreter beteiligt sein sollten
Exkurs 1: Evangelische Kirche Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) tritt für eine ganzheitliche Bildung des Menschen ein, in der sich die intellektuellen, emotionalen, moralischen und sozialen Anlagen und Fähigkeiten entfalten könnten. Schulund Berufsbildung müßten Einsichten und Werte vermitteln, die die Menschen in die Lage versetzen, Sinn und Aufgabe des Lebens einschließlich der Arbeit zu erkennen und die zum mitmenschlichen Umgang befähigen. Ganzheitliche Erziehung erfordere die individuelle, die verschiedenen sozialen Benachteiligungen ausgleichende Förderung der vielfältigen Anlagen; Leistungsanforderungen seien zwar unverzichtbar, müßten aber als individuell und gesellschaftlich sinnvoll erfahren werden können. Leitlinie der Bildungspolitik sei der individuelle Bildungsanspruch, der Vorrang vor Bedarfsplanungen und Verwertungsüberlegungen haben müsse
Exkurs 2: Katholische Kirche Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZDK) betont ebenfalls die Ganzheitlichkeit der Erziehung und die Bedeutung von Normen und Werten im Bildungsprozeß; es kritisiert am gegenwärtigen Schulsystem ein tiefgreifendes Defizit an gemeinsamen Grundwerten und das Infragestellen ethischer Normen. Gegen das Nebeneinander freigewählter Werte setzt das ZDK einen wertorientierten Pluralismus: Niemand erwerbe sittliche Freiheit, der sich nicht an die absoluten Werte halte, von denen Sinn und Wert des Menschenlebens abhingen. In einer Erziehung zu personaler Verantwortung müßten daher die Sinnfrage menschlichen Lebens, verantwortete Freiheit, geschichtliches Bewußtsein, wirtschaftlich-soziales Verständnis sowie künstlerisch-schöpferische Förderung ihren festen Platz haben. Personale Verantwortung dürfe nicht durch Vermassung und Kollektivismus ersetzt werden. Freiheit könne nur als Mitver-
antwortung menschenwürdig gelebt werden; hierzu gehörten Achtung vor der personalen Würde des anderen, Achtung des Rechts auf heben, Anerkennung des sozialen und freihgitlichen Rechtsstaates. Toleranz, Bekennt-1 nis und Bereitschaft zum Verzicht Solidarität sei nicht nur Kampfbündnis der Schwachen, sondern auch Einsatz der Starken für die Schwachen. Erziehung zu sozialem Verhalten bedeute daher Bereitschaft zur Mitmenschlichkeit und Bereitschaft zur Eigeninitiative (Subsidiarität). Angesichts der natürlichen Begabungsunterschiede sei Chancengleichheit nur teilweise herstellbar; das ZDK votiert daher für Chancengerechtigkeit und Chancen-ausgleich 5. Elternrecht Das Bildungs-. System'der Bundesrepublik ist durch die Existenz vielfältiger öffentlicher und privater Institutionen und Aktivitäten gekennzeichnet; dies gilt für alle Teilbereiche, verstärkt für die vor-, außer-und nachschulische Bildung (Kinderkrippen, Kindergärten, Vorschulen, Jugendbildungs-und Freizeitstätten, Volkshochschulen und sonstige Erwachsenenbildungseinrichtungen, betriebliche Berufsausbildung, kirchliche Hochschulen). Das unterschiedliche Staatsverständnis der Parteien (vereinfacht: Freiheitsverwirklichung versus Freiheitsgefährdung) ist der ideologische Hintergrund, die unterschiedliche Bewertung des gegenwärtigen Bildungssystems und seines Reformbedarfs der empirische Anlaß für programmatische Differenzen.
CDU/CSU, SPD und F. D. P. betonen zwar übereinstimmend den hohen Rang des Elternrechts sowenig auch übersehbar ist, daß Ehe, Familie und elterliche Erziehung durch ihre katholisch-naturrechtliche Legitimation im Grundverständnis der Unionsparteien von besonderer fundamentaler Bedeutung sind. Dies erklärt, daß im Widerspruch zur betonten Gleichrangigkeit des Erziehungsanspruchs von Staat und Eltern zugleich der Vorrang der Eltern gefordert und die Ableitung einer Verpflichtung, familiäres Erziehungsversagen auszugleichen, aus dem eigenständigen Auftrag der Schule abgelehnt wird Die Parteien stimmen partiell überein in der Einschätzung gewisser Defizite in der schulischen Elternbeteiligung. Unterschiede ergeben sich jedoch im Zusammenhang mit ihren bildungsinstitutionellen und curricularen Vorstellungen: So betonen CDU/CSU einerseits die pädagogische Elternrechtskomponente (Schulartwahl einschließlich der privaten Schulen) zur Unterstützung der von ihnen erstrebten Sicherung des gegliederten und pluralen Bildungssystems (während sie gegen die Einräumung des elterlichen Wahlrechts bei der Gesamtschule Leistungsmängel und unzureichende Erprobung einwenden) und andererseits die konfessionelle Komponente zur Sicherung von Konfessionsschulen und kirchlichen Privatschulen sowie zur Gewährleistung und Verstärkung der neuerdings — mit Unterstützung der Kirchen — in zahlreichen Programmen geforderten Sinn-, Glaubens-und Werteerziehung.
Für die Bildungspolitik der SPD ist das Elternrecht Anlaß für mancherlei Konflikte, da ihre auf Veränderung angelegten Zielvorstellungen — quantitativ durch Schulzeitausdehnung (Vorschuljahr, zehntes Schuljahr, Ganztagsschule etc.) und qualitativ durch institutioneile und curriculare Veränderungen — den Widerstand bestimmter Elterngruppen hervorrufen. Obwohl sie die Ambivalenz des Elternrechts hervorhebt („privilegierte Elterngruppen, denen es um die Verteidigung von bisherigen Chancenvorsprüngen ihrer Kinder geht" wendet sie sich auch gegen eine (mancherorten von ihr selbst praktizierte) technokratische Schulreform , von oben'. Vor allem in der Gesamtschulfrage hat das Elternrecht für di SPD (und die F. D. P.) an Bedeutung gewonne dessen pädagogische Komponente (Schu wahlrecht) sie zur Etablierung der Gesami schule als Angebotsschule einsetzt Im übri gen betont sie die Bedeutung des Dialogs zu Gewinnung von Zustimmung zu den von ih angestrebten Bildungsreformen, wozu sie dei Ausbau des institutioneilen Elternrechts in Rahmen der Schulmitbestimmung fordert. Ähnliches gilt im Verhältnis zur ausbildendei Wirtschaft und zu den .freien'Trägem im vor außer-und nachschulischen Bereich: SPD unt F. D. P. anerkennen ihre Leistungen und Exi stenz grundsätzlich, wollen aber die . vorgefun dene'Aufgabenverteilung und -organisatior zwischen Gebietskörperschaften und nicht staatlichen Trägern nach ihren eigenen Ziel Vorstellungen institutionell und curricula verändern: In der Berufsausbildung gilt dies z. B. für das vollzeitschulische Berufsgrundbil dungsjahr und den Ausbau überbetriebliche! Ausbildungsstätten; in der Erwachsenenbil düng für das Prinzip flächendeckender Grund angebote durch öffentliche (kommunale Volkshochschulen (SPD), plural organisierte Weiterbildungszentren (F. D. P.) und verschie dene normative Vorgaben für freie Träger; in der außerschulischen Jugendbildung für die Einrichtung öffentlicher (kommunaler) Ju gendzentren. CDU/CSU betonen demgegen über aufgrund vergleichsweise positiver Bestandsanalyse die Leistungen pluraler Träger ihre Unverzichtbarkeit und die Subsidiarität des Staates; ihre Vorschläge gelten der Verbesserung der Koordination, Information und Effizienz.
III. Schwerpunktbereiche der Bildungspolitik
1. Kindergarten und Vorschule Die Bedeutung des Elementarbereichs ist in den jüngeren CDU/CSU-Programmen geringer als in älteren Programmen um 1970. 1971 forderte die CDU, daß durch ein dichtes nachfrageorientiertes Netz pädagogisch qualifizierter Kindergärten die Familienerziehung unterstützt und ergänzt werden sollte, um die Kinder möglichst frühzeitig zu fördern bzw. um bei sozio-kulturell benachteiligten Kindern Mängel zu kompensieren und Milieu-sperren abzubauen; der Besuch sollte freiwillig und kostenlos sein. Förderung, Kompensation und Hinführung zur Schule sollten Aufgaben von Vorklassen für alle Fünfjährigen sein, die von den Schulträgern zu errichten wären Die Vorschulprogrammatik wurde inzwischen ganz aufgegeben; die Arbeit der Kindergärten soll heute „auf eine breite wertorientierte Persönlichkeit ausgerichtet“ sein, Benachteiligungen sollen ausgeglichen und sprachlich-musische Fähigkeiten gefördert werden Wie in ihrem „Modell für ein demokratisches Bildungswesen" (1969) fordert die SPD auch heute qualitative und quantitative Verbesserungen im Elementarbereich für die Drei-bis Sechsjährigen. Ausgangspunkt ist die große Bedeutung des frühkindlichen Lernens für die künftigen Bildungsund Sozialchancen; Reform und Ausbau des Elementarbereiches seien daher eine vordringliche bildungspolitische Aufgabe. Kindergärten und andere familienergänzende Einrichtungen sollen individuelle Begabungen fördern, also umweitund sozialbedingte Benachteiligungen abbauen. Für alle Fünfjährigen sollen öffentliche Vorschuleinrichtungen angeboten und mehr Ganztagseinrichtungen geschaffen werden; wichtig sei eine enge Verknüpfung der pädagogischen Arbeit in Elternhaus, Kindergarten, Vor-und Grundschule. Während auch die Vorschule von den Fünfjährigen nur freiwillig besucht werden soll (so daß das Problem milieubenachteiligter Kinder ungelöst bleiben dürfte), müßte das langfristig angestrebte, zunächst vom Bildungsrat entwickelte Konzept, das die Einrichtung einer integrierten Eingangsstufe vorsieht, in der das dritte Vorschuljahr mit dem ersten Grundschuljahr zu einer pädagogischen Einheit verbunden werden soll, wohl einen obligatorischen Besuch erforderlich machen
Die eindeutigste Position vertritt die F. D. P.; nach ihrer Ansicht habe jedes Kind Anspruch auf einen Kindergarten-bzw. Vorschulplatz.
Die Elementarerziehung soll Kreativität und Intelligenz fördern, zu körperlicher und psychischer Identität verhelfen und die Grundlagen für das spätere politisch-soziale Selbstverständnis legen; die selbständige Frage-, Denk-, Urteils-und Entscheidungsfähigkeit sei zu fördern, Bildungsdefizite sollen ausgeglichen, soziale Verhaltensweisen eingeübt werden. Kinder aus unterprivilegierten Schichten und sozialen Randgruppen seien besonders zu fördern. Um diese Zielsetzungen zu erreichen, seien auf der Basis von Landeskindergartengesetzen und kommunalen Bedarfsplänen zahlenmäßig ausreichende, wohnungsnahe Kindergartenplätze von öffentlichen und privaten Trägem nach Möglichkeit unentgeltlich anzubieten; Eltern seien an der Planung und an der pädagogischen Arbeit zu beteiligen.
Auch die F. D. P. folgt dem Eingangsstufenkonzept, von dem sie sich die verbesserte Entfaltung der individuellen Fähigkeiten, die Wek-
kung von Interessen, die Förderung der Selb”) ständigkeit und die Vermittlung vielseitiger Anregungen, aber auch die Verbesserung der Bildungschancen benachteiligter Kinder und soziale Verhaltensweisen verspricht. Die zweijährige Eingangsstufe soll obligatorisch sein und wie der übrige Elementarbereich der Aufsicht des Kultusministers unterstehen 2. Schule In der Bewertung des bestehenden Schulsystems unterscheiden sich die Parteien heute grundlegend: Nach Ansicht von CDU/CSU stehe der Zugang zu weiterführenden Bildungsgängen allen begabten Schülern offen; auch das Gymnasium sei keine schichtspezifische Schule mehr, sondern sei Schülern aus allen sozialen Schichten zugängig. SPD und F. D. P. vertreten die gegenteilige Auffassung: Die schulische Selektion spiegele weiterhin die Sozialstruktur wider, die vertikale Organisation des Schulsystems verstärke die sozialen Barrieren. CDU/CSU wiederum meinen, daß nur diejenige Schule human sei, die in gegliederten und eigenständig profilierten Bildungsgängen auf die unterschiedlichen Begabungen optimal Rücksicht nehme. Für die SPD kann hingegen eine Schule nicht menschlich sein, die Schüler nach sozialer Herkunft oder Begabung sortiere und in der leistungsorientiertes Lernen nur unter Auslesedruck zustandekom-me. Die Position von SPD und F. D. P. wird von den Gewerkschaften, die der Union von der katholischen Kirche und den Wirtschaftsverbänden geteilt.
CDU/CSU Hohes Bildungsniveau, Leistungsfähigkeit, Begabungsorientierung und soziale Gerechtigkeit sind nach Ansicht der Unionsparteien nur in einem gegliederten Schulsystem durch vielfältige Bildungsgänge mit eigenständigem Profil, durch individuelle Förderung und Leistungsbereitschaft, durch Auslese und institu-tionell-curriculare Durchlässigkeit (Kooperation und Lehrplanabstimmung ohne Profileinbußen; Wechsel zwischen den Schullaufbahnen) zu gewährleisten. Integration hingegen nivelliere durch Leistungsabbau und Beschränkung der Möglichkeiten individueller Förderung. Nach den bisherigen Versuchsauswertungen habe sich die integrierte Gesamtschule nicht als besser, sondern „als erziehungsschädlich und kinderfeindlich" erwiesen. Neue Schulversuche sollen nicht unter-37 nommen, alte aber — in NRW mit „verbessertem Programm" — fortgeführt werden Trotz dieser Schulversuche ist die Union im Gegensatz zu 1970 in der Frage der Gesamtschule nicht mehr offen; auch als Angebots-Regel-schule ist sie für CDU/CSU nicht mehr akzeptabel, Umgekehrt läßt kein bildungspolitisches Programm der Union seit Mitte der siebziger Jahre Zweifel an ihrer eindeutigen Option für die gegliederte Schule aufkommen; sie habe sich bewährt, ihre Leistungsfähigkeit sei erwiesen und daher wiederherzustellen, ihre Diskriminierung und die Bevorzugung der Gesamtschule seien zu beseitigen. Dementsprechend enthalten die programmatischen Teile zur Schulpolitik in den letzten Jahren vorwiegend systembeschreibende und -begründende Aussagen; Grundtenor ist die Forderung nach Ruhe, Beständigkeit und Lebensnähe der Schule
Die unterschiedlichen Schularten werden mit der Bedarfsstruktur des Wirtschafts-und Beschäftigungssystems sowie der Begabungs-und Leistungsstruktur der Schüler legitimiert und mit jeweils eigenständigem Profil unter besonderer Hervorhebung der Hauptschule („tragende Säule unseres gegliederten Schulwesens", „wieder Hauptsache werden“ in ihrer jeweiligen Funktion definiert:
— Vermittlung einer grundlegenden Allgemeinbildung durch Förderung der praktischen, personalen und sozialen Fähigkeiten und Befähigung zur Berufsentscheidung (Hauptschule);
— Vermittlung einer grundlegenden Allgemeinbildung für ein breites Feld beruflicher Bildungswege zwischen Wissenschaft und Praxis bei Vorhandensein besonderer Lernfähigkeit und Leistungsbereitschaft (Real-schule); — Befähigung zu abstrahierendem Denken, sprachlicher Profilierung und wissenschaftlichem Studium (Gymnasium).
In den jüngsten Programmen von CDU/CSU fällt die ablehnende Komponente auf: kein einheitlicher Abschluß der Sekundarstufe I, kein 10. Pflichtbildungsjahr, keine Gesamtschule als Angebotsschule, keine Oberstufenzentren, keine freie Kurswahl, keine „sozialistischen" Bildungsinhalte, keine Nivellierung etc. Dementsprechend haben Reformvc Schläge seit 1975 eine immer geringere Bede tung; sie beziehen sich einerseits auf die s cherung und Verbesserung des Systems g gliedertet Schulen in einer Phase abnehme der Schülerzahlen und enthalten anderersei Nachbesserungsvorstellungen zu verschi denen Bereichen wie Personalausstattun curriculares Angebot, Schulberatung, übe gänge u. ä..
Die starke Betonung von Begabung, Leistun Niveau und Effizienz wird an verschiedene Stellen sichtbar: innere Differenzierung bi reits in der Grundschule, innere und äußei Differenzierung in der Orientierungsstul („keineswegs als Vorstufe der integrierten G samtschule"), Abschlußprüfung in der Rea schule, Leistungsfeststellung vor Beginn de gymnasialen Oberstufe etc.; andererseits so die Hauptschule „stärker die individuelle Be gabungsstruktur des Schülers berücksicht gen“ und die Zahl der Jugendlichen ohn Hauptschulabschluß verringern
Auf dem Hintergrund der Empfehlungen de Strukturplanes von 1970 forderte die CDU di Einführung eines gestuften Schulsystems m: zehnjähriger Vollzeitschulpflicht, umfangre: eben individuellen Wahlmöglichkeiten, mi Schulzentren und Ganztagsschulen und untei schiedlich profilierten berufs-und studienbe zogenen Abschlüssen (Abitur I und At itur II)
SPD Durch die gesamte bildungsund speziel schulpolitische Programmatik der SPD zieh sich ihre Grundforderung nach Chancen gleichheit durch „individuelle Förderung stat Auslese". Ihres Erachtens trügen die Schwie rigkeiten des Arbeitsmarktes heute wesent lieh dazu bei, die sozialbedingte Auslese de Schulsystems durch zusätzliche Ausleseme chanismen zu verstärken Die SPD forder eine für alle Schüler verbindliche, gemein same Grundbildung sowie die Individualisie rung der Bildungsgänge durch ein breit gefä chertes und differenziertes Lernangebot be verstärkter Berücksichtigung polytechnische; arbeitsbezogener, sozialer und musischer In halte. Dazu seien die organisatorische Verbin düng und curriculare Annäherung der Schul arten in der Sekundarstufe I erforderlich so wie ein 10. Vollzeitschuljahr (zunächst an allgemein-oder berufsbildenden Schulen mittelfristig als 10. Hauptschuljahr) einzuführen.
Langfristig tritt die SPD in allen Programmen — in ungebrochener Tradition seit dem Görlitzer Programm von 1921 — für die Ablösung des dreigliedrigen Schulwesens durch Einführung der Einheitsschule bzw. (seit den sechziger Jahren) der integrierten Gesamtschule mit einem einheitlichen Abschluß der Sekundarstufe I ein; ihr aktuelles Ziel ist die Schaffung eines flächendeckenden Gesamtschulangebots, um allen Kindern, deren Eltern es wünschen, unter zumutbaren räumlichen Bedingungen den Besuch einer Gesamtschule zu ermöglichen. Die Schulentwicklungsplanung soll daher sicherstellen, daß Schulbauten nur dort errichtet werden, wo eine Erweiterung zu Schulbzw. Bildungszentren möglich sei Die Forderung nach Verklammerung von Elementar-und Primarstufe wird beibehalten, die Orientierungsstufe sei flächendeckend und schulformunabhängig einzuführen („Voraussetzung für die Einführung von Gesamtschulen" die Ausgaben pro Schüler seien in den verschiedenen Schularten anzugleichen.
Durch Abstimmung, Verzahnung und räumliche Zusammenfassung der allgemein-und berufsbildenden Bildungsgänge soll schrittweise die Gleichrangigkeit der Studien-und berufsbezogenen Schulen in der Sekundarstufe II hergestellt werden; der zweite Bildungsweg soll ausgebaut werden.
Die schulorganisatorischen Reformvorstellungen der SPD sind im Gegensatz zur Reform-praxis in der vergangenen Dekade weitgehend unverändert geblieben; in den neuesten Programmen haben allerdings Binnenstrukturen, Lerninhalte und . Klima der Schule ein erheblich größeres Gewicht erhalten; die »menschliche Schule" erfordere die Reform der Schulverwaltung und Schulaufsicht mit dem Ziel erweiterter pädagogischer Freiräume, schulischer Kompetenzen und innerschulischer Mitwirkungsmöglichkeiten vor allem im curricularen Bereich; sie erfordere elastische Lehrpläne, eine Umgestaltung des Prüfungs-, Notengebungs-und Versetzungswesens, eine größere innere, an Interessen, Neigungen und Erfahrungen der Schüler anknüpfende Differenzierung. Größere organisatorische Flexibilität und stärkere pädagogische Akzentuierung kennzeichnen die sozialdemokratische Bildungsprogrammatik zu Beginn der achtziger Jahre.
F. D. P.
Auch die F. D. P. wendet sich gegen die Zuteilungsfunktion der Schule für Berufs-und Sozialchancen; die „kind-und jugendgerechte demokratische Schule" müsse fördern und dürfe nicht auslesen. Die individuelle Förderung des einzelnen durch breite Bildungsangebote ist nach Ansicht der F. D. P. am ehesten in der Gesamtschule nach den Prinzipien der von ihr favorisierten Offenen Schule zu erfüllen; ihre Ziele seieh weitgehende Autonomie in der Entscheidung über Interesse, Leistung und Lernzeit, ständiger Chancenausgleich und zunehmende Demokratisierung.
Die „Offene Schule als liberale Form der integrierten Gesamtschule" ist horizontal in Primarstufe (zwei Jahre Eingangs-und drei Jahre Grundstufe), Sekundarstufe I (ca.sechs Jahre) und Sekundarstufe II (zwei bis drei Jahre) gegliedert, als Ganztagsschule konzipiert und im freien Betätigungsbereich durch Angebote der freien Jugendarbeit angereichert. Die innere Lern-und Lehrorganisation sieht je einen obligatorischen Kern, fakultativen Schwerpunkt-und freien Interessenbereich vor. Zunächst als didaktisches Prinzip erhalten die drei Bereiche im Sekundarbereich I zunehmend auch organisatorisch selbständige Formen. Der Sekundarbereich II verbindet die Ausbildungsbereiche des Gymnasiums und der Berufsausbildung. Mittelfristig strebt die F. D. P. die Einführung des allgemeinbildenden 10. Pflicht-schuljahres mit berufsorientierenden Inhalten und den Ausbau doppelt-qualifizierender Bildungsgänge an. Im Konzept der Offenen Schule haben schließlich die binnendemokra-
tische Organisation und die Reform der Schulaufsicht ein nicht unerhebliches Gewicht. Auch neuere Programme verweisen auf die langfristige Zielsetzung der Offenen Schule und die Fortgeltung der Stuttgarter Leitlinien, sodaß sich die schulpolitische Programmatik der F. D. P. — wenn auch insgesamt weniger breit angelegt als bei SPD und auch CDU/CSU — durch ein relativ großes Maß an Kontinuität auszeichnet; inhaltlich besteht eine recht weitgehende Kongruenz mit den Zielvorstellungen der SPD. Im Rahmen der Programmatik für die Bundestagswahl 1980 fällt gegenüber den übrigen Parteien das große Engagement der F. D. P. im Bereich der Bildungspolitik auf, die vorrangige — gesamtstaatliche — Aufgabe der nächsten Jahre bleiben müsse; ent-47 sprechend ausführlich und prononciert sind ihre Vorschläge insbesondere zur Kompetenz-neuordnung im föderativen Bildungssystem 3. Berufsausbildung Bis in die Mitte der siebziger Jahre hinein war die Berufsbildungspolitik eines der zentralen Konfliktfelder zwischen den politischen Parteien; in diesem Zusammenhang scheiterte das zweite Berufsbildungsgesetz am Widerstand der CDU/CSU-regierten Länder, in dessen Folge das Ausbildungsplatzförderungsgesetz 1976 verabschiedet wurde. Die scharfen Interessengegensätze haben sich im Rahmen der programmatischen Arbeit der Parteien in zahllosen Diskussionspapieren, Aktionsprogrammen und Entschließungen niedergeschlagen, die sich seit Mitte der siebziger Jahre schwerpunktmäßig mit dem Problem des Ausbildungsplatzmangels („Chancen der jungen Generation“) befaßt haben. Die Schärfe des Berufsbildungskonflikts, der exemplarisch für tiefgreifende, allenfalls überdeckte Gegensätze im Hinblick auf die gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik ist, spiegeln die programmatischen Positionen der Arbeitgeberverbände und vor allem der Gewerkschaften wider (Exkurse 3 und 4).
CDU/CSU Die Unionsparteien betonen in zahlreichen programmatischen Papieren die von ihnen geforderte „Einordnung des einzelnen in den Zusammenhang von Bildungsund Beschäftigungssystem", der von der Bildungspolitik durch ein differenziertes Bildungswesen zu wahren sei; zwischen Ausbildungswesen und Arbeitsmarkt, staatlicher Bildungsplanung und wirtschaftlichem Bedarf sei eine Abstimmung nach Maßgabe des letzteren erforderlich, die das „bewährte System der dualen beruflichen Bildung" gewährleiste; berufsbildende (Voll-und Teilzeit-) Schulen seien am Bedarf, ihre Lehrpläne an der Praxis der Berufswelt zu orientieren, Bedarfsschätzungen seien bei der Bildungsberatung und Bildungsplanung zu berücksichtigen
CDU/CSU plädieren für ein breites Spektrum berufsorientierter und berufsqualifizierender Bildungsgänge bis in den Tertiären Bereich als attraktive Alternative zum Hochschulstudium (z. B. Berufsakademien) — Kernforderung ist die Gewährleistung der „Eigenständigkeit der beruflichen Bildung"; eine Integration in den Allgemeinbildungsbereich mindere die Qualität beider Bereiche und verletze die differenzierten Bildungsansprüche der Jugendlichen —, gleichwohl treten sie weiter für den Ausbau vollzeitschulischer und doppelt qualifizierender Ausbildungsgänge ein
Grundlinie der CDU/CSU-Programmatik bleibt allerdings ihre Kritik an einer theoretisch überfrachteten Berufsausbildung. „Part-nerschaftliches Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft" sei für die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung unverzichtbar. Es dürften keine „übertriebenen Anforderungen an Ausbildungsplätze und Ausbilder“ gerichtet werden; wesentlich seien eine starke Praxisausrichtung und die Sicherung der Ausbildungsplätze. Zur Gewährleistung der Ausbildungsbereitschaft und zur Stärkung der Ausbildungsfähigkeit insbesondere mittelständischer Betriebe seien die staatlichen Vorschriften zu überprüfen und „ausbildungshemmende Vorschriften" zu beseitigen.
SPD Die Reform der Berufsausbildung sei Schwerpunkt sozialdemokratischer Reformpolitik; sie habe das Ziel, die Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung im Gesamtbildungssystem zu erreichen und allen Jugendlichen gleiche soziale Chancen zu bieten Ausgangspunktnahezu aller programmatischen Äußerungen der SPD zur Berufsausbildungspolitik ist ihre Forderung nach Einlösung des . Anspruchs auf eine qualifizierte Berufsausbildung", welche allgemeine Bildungsziele und -Inhalte einschließen, insbesondere Kompetenzen zur Wahrnehmung individueller, sozialer, politischer, ökonomischer und kultureller Interessen vermitteln und zur Selbstgestaltung des eigenen Lebens befähigen müsse. Die Erfüllung der individuellen Bildungsbedürfnisse sei Voraussetzung für die Verwirklichung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen. CDU/CSU und SPD unterscheiden sich hier vornehmlich in der funktionalen Grundeinschätzung beruflicher Bildung: Die SPD betont wesentlich stärker die individuellen und politisch-gesellschaftlichen Akzente (Befähigung zur Selbst-und Mitbestimmung, zur Verbesserung der Arbeits-, Wirtschaftsund Lebensbedingungen und zum politischen Handeln); die Unionsparteien stellen ihren am Individuum orientierten Zielsetzungen die Vorgegebenheiten" des Wirtschafts-und Beschäftigungssystems gegenüber (Nutzung der gesellschaftlichen Chancen nach Maßgabe individueller Möglichkeiten, Anpassung an Beschäftigungssystem und Qualifikationsbedarf) und scheinen für ein gewisses Maß an Ausbildungssteuerung zu optieren
Die SPD unterscheidet sich in ihrer Kritik am gegenwärtigen Berufsbildungssystem (zu enge Anbindung der Ausbildung an das aktuelle Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes, Ausbildung in wenig zukunftsträchtigen Berufen, Abhängigkeit der Ausbildungsplätze und Ausbildungsqualität von der wirtschaftlichen Situation der Betriebe und von der Konjunktur, regionale Defizite und Monostrukturen etc.) und in ihren Zielsetzungen (konzeptionelle Neugestaltung der Berufsausbildung durch außerbetriebliche Vollzeiteinrichtungen, Betonung der staatlichen Gesamtverantwortung, berufsfeldbreite Grundbildung, Allgemeinbildung, Finanzierungsreform etc.) erheblich von der CDU/CSU. Das unterschiedliche Grundwerteverständnis der Parteien, ihre Positionen zum Verhältnis von Staat, Gesellschaft und Individuum sowie die von ihnen repräsentierten Interessen werden hier deutlich sichtbar.
Berufliche Bildung müsse ein gleichwertiger, integrierter Bestandteil des gesamten Bildungswesens werden; der Staat müsse daher auch hier maßgebliche Verantwortung übernehmen. Die SPD bejaht im Grundsatz das duale System der Berufsausbildung und betont die Verantwortung der Wirtschaft für eine qualifizierte betriebliche Ausbildung; sie kritisiert allerdings eine ganze Reihe von Mängeln. Der demokratische und soziale Staat sei verantwortlich für die Ausbildungsstruktur und -Organisation, für die Ausbildungsprofile und die Gewährleistung der Ausbildungsqualität und nicht zuletzt für die konjunkturunabhängige Sicherung der Ausbildungsplatzzahl.
Ihre programmatischen Vorstellungen sind auf eine Differenzierung und Weiterentwicklung des dualen Systems berufsschulischer und betrieblicher Ausbildung gerichtet; hierzu gehören die flächendeckende Einführung des vollzeitschulischen Berufsgrundbildungsjahres (breit angelegte und theoretisch fundierte Grundausbildung, Befähigung zur beruflichen Mobilität und Weiterbildung), der Ausbau überbetrieblicher und betriebsunabhängiger Ausbildungsstätten (Ergänzung der dualen Ausbildung kleinerer bzw. spezialisierter Betriebe, Sicherung qualitativ hoher Ausbildung, Gewährleistung eines diversifizierten Ausbildungsangebotes in wirtschaftlich schwachen Regionen, Entwicklung neuer Ausbildungsgänge), Ausbau und innere Verknüpfung des Systems von Vollzeitberufs(fach) -schulen, konkrete Qualifikationsanforderungen an Ausbildungsbetriebe und Ausbilder sowie der Ausbau der beruflichen Weiterbildung. Die SPD setzt sich weiterhin für die Einführung einer Meldepflicht der Ausbildungsplätze und ein wirksames Umlagefinanzierungssystem ein, durch das auch die nicht ausbildenden Betriebe veranlagt werden (Reform des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes von 1976); sie fordert die stärkere Einbeziehung polytechnischer, berufsorientierter und ökonomischer Inhalte in die Schulausbildung der Sekundarstufe I sowie die Integration allgemein-und berufsausbildender Ausbildungsgänge in der Sekundarstufe II (doppeltqualifizierende Bildungsgänge, Gleichwertigkeit allgemein-und berufsbildender Bildungsgänge, Hochschulzugang auch durch berufsbildende und zusätzliche berufliche Qualifikationen)
F. D. P.
Allgemeine und berufliche Bildung haben nach Ansicht der F. D. P. für den einzelnen wie für die Gesellschaft hohe Bedeutung; auch sie plädiert — wie die SPD — für einen erheblichen Ausbau der Ausbildungskapazitäten und wendet sich strikt gegen jede Orientierung am Bedarf. Vielmehr sei eine Politik des Qualifikationsüberschusses und Qualifikationsvorrats, der auch Schwankungen der Bevölkerungsentwicklung ausgleiche, notwendig Generell sei die enge Ausrichtung von Bildungsgängen auf spezielle Berufsqualifikatio-nen durch Orientierung an breiten Berufsfeld-qualifikationen abzulösen. An die Stelle des einmaligen Erwerbs einer spezialisierten Berufsqualifikation möchte die F. D. P. wiederkehrende Lernphasen setzen; dem Erwerb berufs-befähigender fachlich breiter Grundqualifikationen sollen sich weitere Qualifikationsphasen während des Berufslebens anschließen. Die Bildungsplanung müsse daher wesentliche Teile des Bildungssystems auf berufliche Fort-und Weiterbildungsfunktionen umstellen Organisatorisch fordert die F. D. P. die Integration der Berufsbildung in die Offene Schule, wovon sie sich eine verstärkte theoretische Fundierung der Ausbildung und ein größtmögliches Maß an Ausbildungsgangmobilität verspricht. Zugleich betont sie die politische Verantwortung der Kultusminister für die Ausbildungsbereiche Schule, überbetriebliche Einrichtungen und Betriebe. Berufliche Vollzeitschulen und überbetriebliche Ausbildungsstätten seien auszubauen, an beiden müsse eine berufliche Vollausbildung ermöglicht werden; schließlich müsse die Verzahnung allgemein-und berufsbildender Bildungsgänge sowie der Ausbau doppeltqualifizierender Einrichtungen vorangetrieben werden. Zur qualitativen und quantitativen Sicherung der Berufsbildung sei eine Umlagefinanzierung erforderlich. Unbeschadet mancher Affinitäten der F. D. P. und ihrer Kieler Thesen zu wirtschaftlichen Interessen zeichnen sich ihre berufsausbildungsprogrammatischen Ausführungen durch ein vergleichsweise hohes Reformpotential aus.
Exkurs 3: Deutscher Gewerkschaftsbund Nach Ansicht des DGB ist das gegenwärtige Bildungssystem, unbeschadet der allgemeinen Anhebung des Lebensstandards breiter Bevölkerungskreise, weiterhin Mittel zur Verteidigung von Privilegien und zur Verteilung ungleicher Lebenschancen. Eine grundsätzliche Reform des Bildungssystems sei Voraussetzung für eine „demokratische Gestaltung des gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Lebens, damit jeder Mensch seine Gaben nützen, seine Persönlichkeit frei entwickeln und verantwortlich mit-entscheiden kann" Für das Gesamtsystem allgemeiner und beruflicher Erst-und Weiter-
Bildung trage der Staat volle Verantwortun Erforderlich sei ein integriertes und durchlä siges Bildungssystem, das optimal die indiv duellen Begabungen fördere und alle soziale Benachteiligungen ausgleiche, das nicht eii seitig auf einen bestimmten Bildungsgar festlege und das individuelle Kombination möglichkeiten gestatte; hierzu seien Vorsch le, Gesamtschule, Ganztagsschule und G samthochschule besonders geeignet. Die Se kundarstufe I müsse zur Wirtschaftsun Arbeitswelt hinführen und eine vorberuflich Bildung gewährleisten, um schon frühzeiti die traditionelle Trennung zwischen Allge mein-und Berufsausbildung zu überwinde; Sie solle zur rationalen Entscheidung über de weiteren Bildungsweg befähigen und die Dis kriminierung technischer, wirtschaftliche und sozialer Qualifikationen beseitigen. Da durch das Angebotsmonopol der Unterneh mer bestimmte tradierte Berufsbildungssy stem müsse durch ein an den Qualifikationsin teressen der Arbeitnehmer orientiertes, öl fentlich verantwortetes Aus-und Weiterbil dungssystem ersetzt werden.
Der DGB setzt sich für ein System überbe trieblicher Finanzierung der Berufsausbildun ein; die für eine qualifizierte berufliche Aus Fort-und Weiterbildung, für Bildungsuriaul und Ausbildungsplatzsicherung erfordern chen Finanzmittel seien nur durch einen Bun desfonds zur Berufsbildung aufzubringen, i; den Betriebe und öffentliche Verwaltunget Beiträge zu entrichten hätten und der als öf fentlich-rechtliche Körperschaft mit Selbst verwaltungsrechten bei paritätischer Beteili gung von Arbeitnehmervertretern zu organi sieren sei.
Im Vergleich mit den einschlägigen Vorstei lungen der Parteien sind die gewerkschaftli chen Forderungen bemerkenswert, da sie da: programmatische Spektrum nicht unwesent lieh erweitern. Unbeschadet des aufrechter haltenen Prinzips der überparteilichen Ein heitsgewerkschaft ist für den Bereich der Bil dungs-, insbesondere der integrierten Schul und Berufsausbildungspolitik die Affinitä zum demokratischen Sozialismus unverkenn bar, wobei der DGB und seine Gliedgewerk schäften über die berufsbildungsprogrammati sehen Zielvorstellungen der SPD deutlich hin ausgehen Exkurs 4: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Die bildungspolitischen Grundvorstellungen der BDA bestehen im wesentlichen aus einer gesellschaftspolitisch-anthropologischen und einer bildungsökonomischen Komponente, die beide enge Bezüge zu den Positionen der Union aufweisen: Sie betont als grundlegende Bildungsziele die Erziehung der Jugendlichen zu kritikfähigen, lebensbejahenden Persönlichkeiten, denen geistige Werte, soziale Tugenden und Verhaltensweisen wie Toleranz, Treue, Pflichtbewußtsein, Anpassungsfähigkeit, Opferbereitschaft und Leistungsfähigkeit zu vermitteln seien. Alle diese Ziele sieht die BDA nicht oder nur unzulänglich vom Bildungssystem verwirklicht, die politische Bildung insbesondere habe statt eines positiven Staats-und Ordnungsbewußtseins realitätsfremde und zum Teil wirtschafts-und staatsfeindliche Klischees vermittelt Die Jugend sei durch veränderte weltpolitische Bedingungen, durch den Generationswechsel, durch das Versagen der Schule und durch fragwürdige Reformen tiefgreifend desorientiert, es fehle eine Grundübereinstimmung über Sinn und Inhalt des menschlichen Daseins und über die Rolle demokratischer und sozialer Normen. Die im Grundsatz verfehlte Bildungspolitik der Reformeuphorie müsse zugunsten einer geistig-moralischen Erziehung revidiert werden. Im übrigen habe die Bildungspolitik die anthropologischen Grundbedingtheiten des Menschen verkannt: Folge sei, daß das Bildungssystem hinter den möglichen und notwendigen Leistungen zurückbleibe, da es aufgrund der Mißachtung der maßgeblichen genetischen Bedingungen von Bildungskarrieren zugleich über-und unterfordere.
Ein effizientes Bildungssystem sei aber — dies ist die zweite Komponente der bildungspolitischen Auffassungen der BDA — unabdingbare Voraussetzung für die Erhaltung und Steigerung des gesellschaftlichen Wohlstandes; als erheblicher sozialer Kostenfaktor müsse das Bildungssystem auch angemessene Erträge für die ökonomische Infrastruktur erbringen. Hieraus leitet die BDA ihre bildungspolitischen Konsequenzen ab: enge Verknüpfung von Bildungs-und Beschäftigungssystem, möglichst große Praxisnähe, Ablehnung der Pflichtschulzeitverlängerung, Einführung des Berufsgrundbildungsjahres bei starken Einflußmöglichkeiten der Betriebe, Realitätsbezogenheit der Lernstoffauswahl und Werteerziehung. Die Vielfalt der Berufswelt, der Begahungsstruktur und der Interessen der Jugendlichen erfordere differenzierte Ausbildungsgänge und ein dem Allgemeinbildungsbereich gleichwertiges, aber von ihm unabhängiges Berufsbildungswesen, in dem die Betriebe als maßgebliche und eigenständige Bildungsträger anerkannt würden. Betriebliche Ausbildung verstehe sich als System von Maßnahmen, die sowohl auf die Entwicklung von Berufsfähigkeit als auch auf die Entfaltung der personalen und sozialen Fähigkeiten des Menschen gerichtet seien; diese pädagogischen Vorzüge einer Integration von Arbeit und Bildung könnten außerbetriebliche Bildungseinrichtungen nicht gewährleisten.
Kollektive Finanzierungssysteme zur Sicherung ausreichender Ausbildungsplätze werden als ungeeignet abgelehnt, da sie die Betriebe belasteten, zu Wettbewerbsverzerrungen führten, zur Verbesserung der Ausbildungsqualität ungeeignet seien und die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe verminderten. Berufsbildung sei nicht öffentliche Aufgabe; der Staat habe sich auf die Normsetzung und Kontrolle der Berufsbildung zu beschränken und müsse auf perfektionistische Regelungen verzichten. Bei Anerkennung und Sicherung des dualen Systems sei die Wirtschaft offen für Reformen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität, die in partnerschaftlicher Zusammenarbeit durchzuführen seien 4. Hochschule und Forschung Demokratisierung, Chancengleichheit, soziale Verantwortung der Wissenschaft einerseits, Effizienz, Leistung und ungebundene Wissenschaftsfreiheit andererseits bezeichnen im Hochschulund Wissenschaftssystem deutlich markierte Konfliktlinien zwischen den politischen Parteien; ihren manifesten Ausdruck im politischen Machtkampf fanden diese Konflikte in der für die Hochschulen unerfreulichen und für den Bund, der die Hochschulrahmenkompetenz erstmals ausübte, unrühmlichen Geschichte des Hochschulrahmengesetzes und der nachfolgenden Landeshochschulgesetzgebung — der zweiten, tief-eingreifenden Gesetzgebungsphase im Hochschulbereich innerhalb der letzten Dekade. Die Landeshochschulgesetze (zur Umsetzung des Hochschulrahmengesetzes des Bundes) sind im übrigen ein aufschlußreiches Lehrstück und ein interessanter Beleg für die nicht neue, wenn auch wenig verbreitete These, daß formale Kompetenzerweiterungen zugunsten des Bundes die tatsächlichen Handlungsspielräume nicht automatisch erweitern.
Gegenüber der Hochschulpolitik hat sich die Forschungspolitik — zumindest auf der Programmebene — als weit weniger konflikthaltig erwiesen.
CDU/CSU Ihre funktionale Legitimation finden Wissenschaft, Forschung und akademische Ausbildung nach Ansicht der Union als Basis des gesellschaftlichen Wohlstandes, des technischen Fortschritts und als Instrumente der Zukunftssicherung; deshalb sind ihre Kernforderungen auf die Sicherung hoher Qualität, wissenschaftlicher Pluralität und größtmöglicher Effizienz gerichtet. Ziele ihrer Hochschulpolitik sind die „Wiederherstellung und Sicherung" der Freiheit der Forschung, der Lehre und des Studiums sowie der Rechtsstaatlichkeit an den Hochschulen, die Gewährleistung einer lei-stungsfähigen Organisation, einer effizienten Mittelverwendung und einer leistungs-und berufszielorientierten Ausbildung („keine Überqualifikation"). Zwar treten beide Unionsparteien für eine volle Kapazitätenausnutzung zum Abbau des Numerus clausus ein, aber gleichzeitig wenden sie sich gegen eine reine Nachfrageorientierung der Hochschulpolitik. Die Auseinanderentwicklung von Bildungsund Beschäftigungssystem, die mit der Akademikerarbeitslosigkeit „dramatische Formen“ angenommen habe, mache vielmehr in Ausbildungsbereichen, deren Bedarf im Beschäftigungssystem nicht vorhanden oder rückläufig sei, Umschichtungen und Korrekturen erforderlich. Als wichtigstes und ihres Erachtens sozial gerechtestes Steuerungsinstrument wollen CDU/CSU neben der Einrichtung außeruniversitärer Ausbildungsgänge (Berufsakademien u. a.) das Leistungsprinzip maßgebend verwirklicht wissen: Übergänge und . Verteilungshilfen'sollen begabungs-und leistungsgerecht organisiert sowie auf das Beschäftigungssystem bezogen werden (vgl. Zugangs-prüfung zur gymnasialen Oberstufe); Hochschulzugangsberechtigungen neben dem Abitur — dies gilt auch für die Fachhochschulabschlüsse — sollen reduziert (CDU) bzw. weitestmöglich abgebaut werden (CSU) Strukturelle Veränderungen im Beschäftigungsbereich als Lösungsalternative werden nicht erörtert.
Zu organisatorisch-curricularen Hochschulreformfragen vertreten beide Unionsparteien (mit jeweils schärferer Akzentsetzung durch die CSU und die in der Opposition befindlichen CDU-Landesverbände Forderungen nach Sicherung bzw. Wiedererrichtung geglie.derter und übersichtlicher Hochschulen, Kooperation (statt Integration) der verschiedenen Hochschularten, Stärkung der staatlichen Verantwortung und organisatorischer Straffung der Selbstverwaltung durch Zuständigkeitsveränderungen, Gremienabbau und „funktionsgerechte Mitbestimmung" im Wege genereller Professorenmehrheiten sowie Forderungen nach „besserer Stoffauswahl", „Entrümpelung der Studiengänge" und Verbesserungen in der Organisation und didaktisch-methodischen Qualität der Lehre.
Die programmatischen Verschiebungen gerade im Hochschulbereich zwischen den frühen und späten siebziger Jahren sind bemerkenswert: Das Schulund Hochschulprogramm von 1971 betonte die Gleichrangigkeit von individuellen und gesellschaftlichen Komponenten wissenschaftlicher Ausbildung, es sah als Organisationstypus die (additive oder integrierte) Gesamthochschule vor, forderte die Enthierarchisierung durch korporationsrechtliche Gleichstellung aller in der Forschung Tätigen — Kontinuität besitzen nur die Vorstellungen zur quantitativen und qualitativen Studienreform .
In der Forschungspolitik wird die Pluralität öffentlicher und nichtstaatlicher Institutionen sowie das Erfordernis enger Zusammenarbeit von Hochschul-und Wirtschaftsforschung hervorgehoben; beide Bereiche seien öffentlich zu unterstützen. Neben der zweckgebundenen Hochschulforschung seien Auftrags-und Ressortforschung wichtige Hilfsmittel politisch-administrativen Handelns; Grundlagenforschung müsse jedoch unabhängig von Zielvorgaben gefördert werden. Grundbedingung jeder Forschung sei die Freiheit der Wisschenschaftler; „gesellschaftliche Relevanz'dürfe nur ein Aspekt ihrer Tätigkeit sein
SPD In der hochschulpolitischen Programmatik der SPD Anfang der siebziger Jahre spielte das Konzept der Gesamthochschule die zentrale Rolle Bisher getrennte Universitäten und Pädagogische Hochschulen, Fachhochschulen und Akademien sollten langfristig („selbst unter optimalen Bedingungen nicht in einem Zug [zu] verwirklichen") zu einem System differenzierter und integrierter Gesamthochschulen zusammengefaßt werden. Die mit der Gesamthochschule verfolgten allgemeinen bildungspolitischen Ziele waren die Verbesserung von Chancengleichheit und Durchlässigkeit sowie die Erhöhung von Mobilität und Flexibilität; hochschulspezifische Ziele waren die Verbesserung der Forschungsmöglichkeiten, die Vermeidung von Studienabbrüchen, die Verkürzung der Studienzeit und der rationellere Mitteleinsatz.
Diese Leitziele und die Ziele weitgehender organisatorischer, inhaltlicher und personal-struktureller Reformen waren auch über die Verabschiedung des von zahlreichen Kompromissen bestimmten Hochschulrahmengesetzes von 1976 (das als Regelhochschultypus immerhin noch die integrierte oder additive Gesamthochschule vorsieht) hinaus bis heute in den Bundesländern Hessen und Nordrhein-Westfalen, die die Gesamthochschulprogrammatik zu realisieren versuchten, äußerst heftig umstritten. 1979 konnte die NRW-Landesregierung nicht einmal ihr Konzept der Fach-zu-Fach-Integration von Pädagogischen Hochschulen und Universitäten unbeschädigt durchsetzen, was der Bayerischen Landesregierung in der Mitte der siebziger Jahre problemlos gelang.
Die Gesamthochschule ist als langfristiges Ziel sozialdemokratischer Hochschulpolitik zweifellos nicht aufgegeben worden. Dies bestätigen die 1977 vorgelegten Zielvorstellungen sozialdemokratischer Bildungspolitik ebenso wie die bildungsprogrammatischen Aussagen verschiedener Landesverbände wenn auch ihre kompromißlose staatliche Durchsetzung gegen den Widerstand der Institutionen und Betroffenen heute durchweg abgelehnt wird. Insgesamt fällt der gegenüber anderen Bildungsbereichen deutlich geringere programmatische Stellenwert der Hochschul-, Wissenschaftsund Forschungspolitik seit Mitte der siebziger Jahre auf
In neueren Programmen steht wie bei CDU/CSU heute die Bewältigung der quantitativen Probleme im Mittelpunkt. Problemanalyse und programmatische Bewältigung weichen allerdings voneinander ab: Die SPD betont entschieden die Nachfrageorientierung der Hochschulpolitik (Abbau des Numerus clausus mit Ausnahme weniger Fächer und Studienplatzgarantie durch Ortsverteilung); sie fordert Beibehaltung der verschiedenen Hochschulzugänge, den Ausbau des Fernstudiums, die inhaltliche Straffung der Studiengänge und die Verbreiterung der Einsatzmöglichkeiten der Absolventen — Ziele, die sich z. T. widersprechen, denn stärkere berufspraktische Orientierung und Straffung der Studiengänge vermindern gerade die Einsatzbreite und gefährden eine langfristige Qualifikationsverwertung. Der schon bei der Schulprogrammatik sichtbar gewordene Parteiendissens zum Verhältnis von Bildungsund Beschäftigungssystem zeigt sich auch hier in der Forderung nach Problemlösungsbeiträgen des letzteren durch angemessenere Nutzung der Qualifikationen der Hochschulabsolventen („Chancen für ein humaneres Beschäftigungssystem“)
F. D. P.
In der aktuellen, kurz-und mittelfristig angelegten Programmatik dominieren auch bei der F. D. P. die Vorschläge zur Bewältigung der quantitativen Probleme, die in ihrer Tendenz eindeutig nachfrageorientiert sind und weitgehend denen der SPD entsprechen. In diesem Zusammenhang ist ihr Hinweis auf die problemverschärfenden Folgen von Steuerungsmaßnahmen im Hochschulsektor für die anderen berufsausbildenden Bereiche wichtig. Im übrigen betonen auch die jüngsten Programme der F. D. P. ihre langfristig angelegten Zielsetzungen einer qualitativen wie strukturellen Hochschulreform (Chancen-gleichheit, Wissenschaftlichkeit, Vermittlung von Theorie und Praxis, Berufsfeldorientierung, Zugangsoffenheit), die in das seit den Stuttgarter Leitlinien (1972) vertretene Konzept der . Offenen Hochschule als liberaler Form der integrierten Gesamtschule'münden. Ihre Leitgedanken sind die Offenheit für Stu-dierende, die ihre Studierfähigkeit auf unterschiedlichem Wege erworben haben, und die Überwindung der nach Ansicht der F. D. P. überholten Trennung von Theorie und Praxis; die Legitimation unterschiedlicher Hochschultypen sei damit hinfällig geworden.
Die Offene Gesamthochschule soll inhaltlich und zeitlich gestufte, aufeinander bezogene Studiengänge mit nach Möglichkeit gemeinsamen Studienabschnitten (integrierte Studiengänge) und mit gestuften Abschlüssen sowie fortbildende Aufbau-und weiterbildende Kontaktstudien vorsehen; sie soll den Wechsel zwischen verwandten Studiengängen erleichtern, die Verbindung von Theorie und Praxis durch Verknüpfung theorie-und anwendungsbezogener Studienelemente gewährleisten sowie die Studien-, Lehr-und Forschungsmöglichkeiten verbessern; die freie Studiengangkomposition soll der größtmöglichen Entfaltung individueller Fähigkeiten und Interessen dienen. Die Anforderungen an einen ersten berufsbefähigenden Abschluß sollen — weitgehend autonom durch die Hochschulen — durch Mindestleistungskataloge festgelegt werden.
Alle Teilbereiche der Offenen Hochschule sollen nach Ansicht der F. D. P. Forschung betreiben und dabei die traditionellen Fachgrenzen überschreiten und Praxisbezüge herstellen. Aufgabe der Forschung sei es auch, den gesellschaftlichen Entwicklungsstand kritisch zu analysieren und Innovationen anzuregen. Drittmittelforschung bereichere nach Ansicht der F. D. P. zwar die Hochschularbeit, dürfe aber die Freiheit ihrer wissenschaftlichen Arbeit und ihre spezifischen Aufgaben nicht beeinträchtigen
Probleme der staatlichen Forschungspolitik werden nur — und dies vereinzelt — in Landesprogrammen angesprochen: Die gesellschaftliche Problematik der Forschungsund Technologiepolitik bedürfe einer breiteren öffentlichen Diskussion; gesellschaftliche Beiräte müßten forschungspolitische Entscheidungen vorbereiten; Förderungsmittel dürften nicht ausschließlich nach am Wirtschaftswachstum orientierten Zielen vergeben werden, sondern müßten auch soziale und kulturelle Belange berücksichtigen; die Forschungsmöglichkeiten der Hochschulen seien zu verbessern, der Raum der „zukunftsorientierten Grundlagenforschung" sei angemessen zu gewährleisten 5. Jugend-und Weiterbildung Außerschulische Jugendbildung und außerschulische Erwachsenenbildung sind begriff, lieh wie gegenständlich unscharf. Die erstere wird häufig dem Teil des Erziehungs-und Bildungswesens zugeordnet, der als Jugendhilfe, Jugendarbeit oder Jugendförderung bezeichnet wird Während Jugendpolitik durchweg als Gesamtheit aller öffentlichen, auf die Entfaltung, Selbstverwirklichung und Selbstverantwortung der (durchweg bis zu fünfundzwanzigjährigen) Jugendlichen gerichteten Maßnahmen verstanden wird, umfaßt die außerschulische Jugendbildung den Teilbereich staatlicher und nichtstaatlicher Bildungsangebote und -aktivitäten.
Neben den Begriff der Erwachsenenbildung, der den älteren Begriff der Volksbildung ablöste und ebenfalls weniger materiell als formal (Lebensalter) faßbar ist, ist spätestens seit 1970 (Strukturplan) der konkurrierende Begriff der Weiterbildung getreten (vgl. schon Bremer Landesverfassung von 1947). Weiterbildung versucht sowohl die in der Erwachsenenbildungspraxis überholte Beschränkung auf den Erwachsenen als auch die traditionelle Trennlinie zur Berufsausbildung zu überwinden und den Blick auf die Prozeßhaftigkeit der Bildung insgesamt zu lenken.
CDU/CSU Die Unionsparteien betonen die besondere Bedeutung der außerschulischen Jugendbildung als eines eigenständigen Entfaltungs-und Bildungsbereichs neben Familie, Schule und Berufsbildung; sie weisen ihr individuelle, gesellschaftliche und politische Aufgaben zu (Wissensvermittlung, Selbständigkeit, Urteils-fähigkeit, Solidarität, Mitbestimmung und Mitgestaltung) Unbeschadet ihrer kompensatorischen und ergänzenden Funktion wird — in neueren Programmen verstärkt — der Vorrang der Familie deutlich akzentuiert und tiefes Mißtrauen gegenüber dem staatlichen Gestaltungszugriff geäußert wenngleich die Bildungsund Freizeitbedürfnisse der nichtorganisierten Jugendlichen durch den verstärkten Bau kommunaler Jugendhäuser erfüllt werden sollen; hier gilt die Skepsis der Union der Selbstverwaltung durch die Jugendlichen, von der sie Politisierung und Pluralitätsverlust befürchtet.
Politische Bildung als Wissensvermittlung wie Urteils-und Handlungsbefähigung („aktiv für Staat und Grundgesetz einzustehen") wird als Aufgabe der Jugendbildung betont. Verbands-und Trägerpluralität, Angebotsvielfalt, Freiwilligkeit und staatlich-kommunale Subsidiarität („enge Grenzen staatlicher Einwirkung") sind die strukturellen Grundpfeiler auch der Jugendbildungspolitik der Union. Angesichts des hohen gesellschaftspolitischen Rangs der außerschulischen Jugendbildung soll diese in allen Bundesländern gesetzlich geregelt werden, um die öffentliche Jinanzielle Förderung der Verbände und Träger sicherzustellen, die Förderungsplanung aller Gebietskörperschaften zu harmonisieren und die infrastruktureilen Bedingungen dieses Bereichs zu gewährleisten. Die Forderung des Bildungsgesamtplans I (1973) nach stärkerer Orientierung der außerschulischen Jugendbildung an den Zielen der Bildungsreform wird angesichts der weitgehenden Reformdistanz der Union nicht mehr vertreten.
Auch für den Bereich der Erwachsenen-bzw. Weiterbildung betonen CDU/CSU den hohen Rang ihrer Leitprinzipien Subsidiarität, Pluralität, Freiwilligkeit und Partnerschaftlichkeit; eine staatliche Koordination der Arbeitsplanung und der Angebote wird ebenso abgelehnt wie die staatliche Verpflichtung zur Selbstkoordination. Veränderungen in der Lebens-und Arbeitswelt mit der Folge der Veralterung erworbener Fähigkeiten sind nach Ansicht der Union neben der Chance, versäumte Qualifikationen nachzuholen, maßgeblich für die gestiegene Bedeutung des Weiterbildungsbereichs. Angesichts der unterschiedlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten müsse die Weiterbildung Angebote im allgemeinen, im politisch-sozialen und im berufsbezogenen Lernbereich anbieten, dürfe aber der politischen Bildung kein Sonderprivileg einräumen. Beim Ausbau der Weiterbildung zu einem eigenständigen Teil des Bildungswesens (Bildungsgesamtplan 1973: „Aufund Ausbau eines Weiterbildungssystems zu einem Haupt-bereich des Bildungswesens als öffentliche Aufgabe") müsse die „gewachsene und bewährte Vielfalt der Träger" garantiert werden; staatlich-kommunale „Weiterbildungsmonopole''gefährdeten nach Ansicht der Union die Pluralität als Grundbedingung der freiheitlichen Ordnung. Die Zielvorstellung verbesserter Chancengerechtigkeit durch ein bedarfsgerechtes und flächendeckendes Weiterbildungsgrundangebot in allen Lernfeldern sollte durch partnerschaftlich-freiwilliges Zusammenwirken aller Träger und Einrichtungen gewährleistet werden. Die gesellschaftsgestaltende Funktion des Staates wird auch im Weiterbildungsbereich auf die Erfüllung von Förderungsansprüchen und die Festlegung eng begrenzter Mindestanforderungen reduziert
Damit distanzieren sich CDU/CSU von wesentlichen Forderungen des 1973 gemeinsam verabschiedeten Bildungsgesamtplanes: die Professionalisierung des Personals und die Einführung eines gesetzlichen Bildungsurlaubs werden kurz erwähnt; die öffentliche Verantwortung für den Ausbau des Weiterbildungssystems wird entscheidend abgeschwächt; die Aufgabe der Gebietskörperschaften, Weiterbildungsangebote zu erbringen, bleibt unerwähnt; die Sicherstellung der örtlichen und überregionalen Programmabstimmung und Zusammenarbeit aller Weiter-bildungseinrichtungen durch kommunale Initiativen oder Landesgesetze (Voraussetzung für öffentliche Zuwendungen an nichtstaatliche Einrichtungen) wird abgelehnt.
SPD Die SPD bindet die Jugend(bildungs) politik und die Weiterbildungspolitik unmittelbar an ihre politischen Grundwerte und stellt sie in direkten Zusammenhang mit sozialdemokratischer Reformpolitik und dem Ziel grundlegender gesellschaftlicher Veränderungen im Sinne des demokratischen Sozialismus Außerschulische Jugendbildung soll in der Weise emanzipatorisch wirken, daß junge Menschen ihre persönlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen und Abhängigkeiten erkennen, ihre Interessen in der Gesellschaft artikulieren und realisieren sowie verantwortungsbewußt und solidarisch an der Gestaltung und Veränderung mitwirken können Eine wirksame Förderung der Jugend müsse der Entwicklung ihrer körperlichen, emotionalen, rationalen und sozialen Fähigkeiten dienen, die Jugendlichen als eigenständige Träger von Entfaltungs-und Mitbestimmungsgrundrechten anerkennen und zur Verwirklichung von Chancengleichheit beitragen. * Außerschulische Jugendbildung bzw. Jugendarbeit müsse von der pluralistischen Grundlage der grundgesetzlegitimierten Gesellschaftsordnung mit vielfältigen Wertorientierungen und Zielsetzungen ausgehen; sie habe eine eigenständige Funktion; im Verhältnis zu den anderen Erziehungsträgern kämen ihr ergänzende, korrigierende und kompensatorische Aufgaben zu. Diese inhaltlichen Schwerpunkte umfassen die politische und die soziokulturelle Bildung, die arbeitsweltbezogene und die naturwissenschaftlich-technische Bildung, Spiel, Sport und Erholung, internationale Begegnungen sowie Beratung und Information. Kennzeichnend für das sozialdemokratisch-funktionale Verständnis der außerschulischen Jugendarbeit ist die politische Bildung als übergreifendes Prinzip in der Verknüpfung eingebrachter Lebenserfahrungen mit intentionaler Wissensvermittlung und konkreter politischer Betätigung (Interessenvertretung, Mitbestimmung, politische Aktion). Sie lehnt eine Beschränkung der Jugendbildung und Jugendarbeit auf wertneutrale Vermittlungsfunktionen ausdrücklich ab.
Um politisch ihre Ziele zu erreichen, fordert die SPD eine bedarfsgerechte staatliche Förderung und abgestimmte gebietskörperschaftliche Maßnahmen (Förderungssystem, Rahmenrichtlinien für Landesjugendpläne). Die Gemeinden sollen unter Beteiligung aller öffentlichen und staatlichen Träger zur Jugendhilfeplanung verpflichtet werden; die einzelnen Jugendhilfepläne sollen mit der Haushaltsplanung abgestimmt und verbindliche Grundlage für die staatliche Jugendförderung werden; Grundvoraussetzung für die Wahrnehmung qualifizierter Bildungsangebote durch die arbeitende Jugend sei ein gesetzlich zu realisierender jährlicher Bildungsurlaub von 14 Tagen
Die SPD betont die besondere Tradition der Weiterbildung in ihrer Parteigeschichte, was sich äußerlich im Umstand niederschlägt, daß sie als einzige Partei ein gesondertes (umfangreiches) Weiterbildungsprogramm vorgelegt hat Freiheit und Demokratie, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit seien maßgeblich von der Bildung der Bürger, vom gesellschaftlichen Bewußtsein und der Bereitschaft zur Mitverantwortung abhängig. Orientierungslinien sozialdemokratischer Weiter-bildungspolitik sind daher die freie Entsche düng der Persönlichkeit (Selbst-und Mitbi Stimmung), „politische Bildung im weiteste Sinne" als „ein wesentliches Ziel aller Erzi hung in unserer Zeit" (Demokratisierung a gesellschaftliche Funktion der Weiterbildun und der Abbau sozialer, generationsbedingte regionaler, politischer und kultureller Benacl teiligungen. Weiterbildungsangebote müßte vielfältigen Bedürfnissen gerecht werden, a den Interessen der Teilnehmer und spezielle Adressatengruppen orientiert sein und (wer gehend) ohne formale Zugangsvoraussetzur gen offenstehen. Politische Bildung, zu de auch Parteien und gesellschaftliche Organise tionen Beiträge erbringen sollen, sowie beru: liehe Fortbildung und Umschulung sind nebe den allgemeinen, familien-und freizeitorien tierten Lernbereichen die wesentliche: Schwerpunktbereiche der sozialdemokrat sehen Weiterbildungspolitik.
Im Hinblick auf die Weiterbildungsorganisa tion und -Struktur unterscheiden sich Unio und SPD erheblich: Weiterbildung („viert Säule im Bildungsbereich") soll als integrierte Teil des Gesamtbildungssystems auf gesetzli eher Grundlage organisiert werden; Lände und Gemeinden sollen gesetzlich verpflichte werden, ein Mindestangebot allgemein zu gänglicher Weiterbildung unter Berücksichti gung der Schwerpunktbereiche sicherzustel len; gemeinnützige (nichtstaatliche) Einrich tungen sollen dieses Mindestangebot ergän zen und bei Erfüllung bestimmter Anerken nungsvoraussetzungen öffentlich geförder werden. Das traditionelle Verhältnis von öf fentlichen und privaten Trägern, das die Unioi erhalten wissen möchte, wird damit umge kehrt.
Eine enge Zusammenarbeit mit anderen Bil dungs-und Kulturträgern wird angestrebt zwischen gemeinnützigen und öffentlicher Trägern soll eine institutionalisierte Zusam menarbeit erfolgen, um ein Mindestmaß ar Systematik und Übersichtlichkeit der Ange'bote zu gewährleisten; die Koordination sol schließlich auch durch Konzentration der Kompetenzen für alle Bildungsund Kulturangebote auf örtlicher und regionaler Ebene beim Kultusministerium verbessert werden. Im übrigen befassen sich die weiterbildungsprogrammatischen Aussagen der SPD mit Fragen der Ziel-und Problemgruppenarbeit (z. B. Lernungewohnte, Schichtarbeiter, Frauen, Ausländer), der Mitbestimmung der Teilnehmer, der Struktur des Angebots, des Fernunterrichts, der Standardisierung von Lehrgän”) gen (Baukastensystem), des Bildungsurlaubs und der Weiterbildungsgesetzgebung
Insgesamt kann kein Zweifel bestehen, daß die SPD zumindest programmatisch der Weiterbildung den weitaus größten Stellenwert beimißt und zugleich den Zielvorstellungen des Bildungsgesamtplanes I (1973) näher kommt als die Bildungsprogramme der Union.
F. D. P Im Rahmen der allgemeinen kommunalen Entwicklungsplanung sollen nach Ansicht der F. D. P. die Gemeinden langfristige Entwicklungspläne auch für die Bereiche der außerschulischen Jugendbildung sowie der Erwachsenenbildung aufstellen. Diese Planung soll mit überörtlichen Zielen abgestimmt und an einem bundeseinheitlichen bildungspolitischen Gesamtkonzept ausgerichtet sein, um Fehlinvestitionen und wesentliche Unterschiede im qualitativen Angebot zu vermeiden sowie um eine institutionelle Kooperation sicherzustellen. Selbstbestimmung, Eigeninitiative und Verantwortungsbewußtsein, Artikulation und Verwirklichung jugendlicher Interessen und Bedürfnisse sind die Leitlinien der Jugendbildungspolitik der F. D. P. Neben kommerziellen Angeboten und Einrichtungen freier Träger sollen die Gemeinden zur Einrichtung von Jugendhäusern und Jugendzentren für Gruppen wie auch für unorganisierte Jugendliche verpflichtet werden; die Zielsetzungen der Jugendarbeit setzten Formen der Mit-und Selbstverwaltung dieser Häuser durch die betroffenen Jugendlichen voraus
Sehr viel ausführlicher, in den Grundfragen allerdings ähnlich eindeutig, sind die Aussagen der F. D. P. zur Weiterbildung. Ausgangspunkt ist das Grundrecht des einzelnen auf Weiterbildung mit einer dreifachen Zielrichtung: Sicherung des Kenntnis-und Leistungsstandes für eine verantwortungsvolle Berufsausübung; Weiterqualifikation durch Nachholen formaler Bildungsabschlüsse bzw.den Erwerb einer anderen Berufsausbildung; Befriedigung von Informations-, Kommunikationsund Freizeit-bedürfnissen. Die F. D. P. wendet sich ausdrücklich gegen eine Reduktion der Weiterbildung auf eine Anpassungsfunktion gegenüber ökonomischen Gegebenheiten; sie müsse darüber hinaus zu Kritik, Selbst-und Mitbestimmung in allen Gesellschaftsbereichen und zu aktiver Beteiligung an allen Entscheidungsprozessen befähigen — politische, allgemeine und berufliche Inhalte müßten daher integriert vermittelt werden.
Die Entwicklung des Weiterbildungsbereichs zur vierten gleichberechtigten Stufe im Gesamtbildungssystem erfordere den Ausbau von Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft; diese sollten nach Möglichkeit mit anderen Kultur-und Bildungseinrichtungen zu kommunalen Kulturzentren zusammengefaßt werden, um die räumlich-funktionale Isolation von Schulen, Büchereien, Jugendeinrichtungen, Theatern, Versammlungshäusern und überbetrieblichen Ausbildungsstätten zu überwinden und eine personell und technisch qualifizierte Ausstattung sowie ökonomische Nutzung auch außerhalb der Ballungsgebiete zu ermöglichen.
Freie Träger sollen bei Erfüllung gesetzlich vorgegebener Standards nicht benachteiligt werden — erforderlich sei allerdings ein Verbund mit den öffentlichen Einrichtungen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Weiterbildungszentren (bzw. Kulturzentren) unter kultusministerieller Rechtsaufsicht; zur Finanzierung seien kollektive Finanzierungsformen zu entwickeln. Die Planung des Weiterbildungsbereichs als gesamtstaatliche Aufgabe sei in Kooperation mit den Trägern durchzuführen; zur Regelung der Grundfragen der Planung, Organisation, Trägerschaft, Finanzierung und nicht zuletzt des Bildungsurlaubs müßten (Landes-) Gesetze erlassen werden. Gerade dem Bildungsurlaub komme bei der Verwirklichung einer gesellschaftspolitisch orientierten (Weiter-) Bildung besondere Bedeutung zu, da er die Voraussetzungen zur kritischen Reflexion und Gestaltung im individuellen, beruflichen und öffentlichen Bereich schaffe. Im Hinblick auf ihre Grundzielsetzung der Chancengleichheit hält die F. D. P.seine schrittweise Einführung zunächst zugunsten von Schichtarbeitern u. ä. für wünschenswert
Es ist unverkennbar, daß der Weiterbildungsbereich in der Bildungsreformprogrammatik der F. D. P. einen hohen Rang besitzt; im Vergleich zur SPD fällt angesichts der stärker individualistisch orientierten und gegenüber dem Staat distanzierteren Ausgangsbasis der F. D. P. die eindeutige Option für die politische, zielgerichtete Gestaltung des quartären Bereichs mit entschieden öffentlicher Dominanz auf; die Trennlinie zur CDU/CSU ist hier über-deutlich markiert. 6. Ausländerbildung Unbeschadet der nicht unerheblichen quantitativen und qualitativen Entwicklungen, die sich im bundesdeutschen Bildungssystem seit den sechziger Jahren vollzogen haben, gibt es auch heute zahlreiche — alte und neue — Problemgruppen, zu denen die Behinderten, Nichtseßhafte und Arbeitslose, Mädchen insbesondere aus den gesellschaftlichen Unter-schichten, Jugendliche ohne Ausbildungsund Arbeitsplatz sowie Ausländer gehören. Exemplarisch für diese sozialen . Randgruppen werden die parteiprogrammatischen Konzepte zur Bewältigung der durchweg extremen Ausbildungsdefizite der ausländischen Kinder und Jugendlichen in der Bundesrepublik vorgestellt; ihre gegenüber den deutschen Gleichaltrigen prozentual stetig ansteigende Zahl beläuft sich schließlich heute schon auf über eine Million.
Es sollte jedoch nicht verkannt werden, daß es sich bei dem Bildungsdefizit der ausländischen Arbeitnehmer, vor allem ihrer Kinder, nur um einen begrenzten Problemausschnitt handelt und daß umfassende gesellschafts-, beschäftigungsund bildungspolitische Programme hier unverzichtbar sind.
Zur Lage der Ausländer einschließlich ihrer Familien und Kinder liegt mittlerweile umfangreiches, wenn auch wenig übersichtliches Material an Bestandsaufnahmen, Situationsanalysen und Handlungsprogrammen vor Neben zahlreichen engagierten Initiativgruppen und Verbänden haben sich inzwischen auch die Parteien in speziellen Entschließungen (CDU 1976, F. D. P. 1979, SPD 1979) und im Rahmen anderer Fachprogramme mit Ausländerproblemen auseinandergesetzt; 1979 schließlich legte der Ausländerbeauftragte der Bundesregierung seinen Bericht zur Lage der Ausländer vor der einen Wandel der offiziellen Ausländerpolitik einzuleiten scheint.
CDU/CSU Die Unionsparteien halten (bisher noch) an ihrer Position fest, daß die Bundesrepublik — auch für die hier lebenden und geborenen ausländischen Jugendlichen — kein Einwanderungsland sei. Ihre Ausländerpolitik ist von der doppelten Zielsetzung sozialer Integration und kultureller Eigenständigkeit bestimmt; . soziale Integration'bedeute soziale Gleichstellung und Verringerung der sozialen Isolierung bei Erhaltung der Möglichkeit ihrer Wiedereingliederung im Heimatland und Förderung ihrer Rückkehrwilligkeit.
Vorrangige Aufgabe der Bildungsinstitutionen sei die Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse als Voraussetzung zum Erwerb formaler Bildungsabschlüsse und zur Aufnahme von Ausbildungsverhältnissen Die Vorstellungen der Jungen Union, obwohl schon 1975 veröffentlicht, sind sehr viel konkreter: Sie sehen intensive Förderungsmaßnahmen im Kindergartenbereich vor, z. B. eine gezielte sprachliche Förderung oder ein spezielles Platzangebot für ausländische Kinder; die Erfüllung der Schulpflicht soll wirksamer überwacht und durchgesetzt, der Sprachunterricht intensiviert und in der Lehrerausbildung auf die Probleme der Ausländer vorbereitet werden; Sprachkurse sollen, soweit möglich, gemeinsam mit den Eltern durchgeführt, zusätzlicher Förderunterricht angeboten, ergänzende Maßnahmen der Jugendhilfe organisiert und schließlich Kurse zum Spracherwerb und zum Nachholen des Hauptschulabschlusses für junge und erwachsene Ausländer eingerichtet werden
SPD Die ausländerpolitische Position der SPD hat sich in den vergangenen fünf Jahren inhaltlich verschoben; während sie ursprünglich wie die CDU/CSU das Integrations- und das Rota-tionszielverfolgte, scheint für sie heute das Integrationskonzept Priorität zu genießen; programmatisch hat die Ausländerpolitik erheblich an Gewicht gewonnen. Integration heißt für die SPD Gewährleistung gleicher Lebens-, Arbeits-, Wohn-und Ausbildungsbedingun84) gen, gleicher sozialer Rechte für ausländische wie für deutsche Mitbürger, Sicherung der kulturellen Eigenständigkeit und befriedigender Regelungen des Aufenthaltsrechts. Wie die CDU/CSU tritt auch die SPD für die Beibehaltung des Anwerbestops ein, sie fordert aber zugleich die arbeitsrechtliche Gleichstellung der Ausländer (z. B. Aufhebung der Stichtags-regelung), schließt weiterhin für diejenigen Ausländer, die dieses wünschen, ein Daueraufenthaltsrecht nicht aus und hält zumindest für die zweite, in der Bundesrepublik geborene und aufgewachsene Ausländergeneration einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung für erforderlich
Auch für alle ausländischen Kinder soll das Recht aufBildung als Voraussetzung ihrer gesellschaftlichen Integration verwirklicht werden; dies erfordere auf allen Bildungsstufen gezielte Fördennaßnahmen im Deutschunterricht und in der Heimatsprache. Einen besonderen Schwerpunkt bilde der Elementarbereich; wo erforderlich, sollten Kinderkrippen, Kindergärten und Vorklassen multinational eingerichtet werden, nach Möglichkeit sollen ausländische Eltern und Erzieher (vor allem bei den türkischen Kindern) zur Mitarbeit gewonnen werden. Die Muttersprache der jungen Ausländer soll als erste Fremdsprache unterrichtet und anerkannt werden; mutter-sprachliche Kenntnisse und kulturelles Wissen über das Heimatland sollen gesichert und verbessert werden. Weitere Vorschläge beziehen sich schließlich auf Ganztagsschulversuche, Maßnahmen zur Freizeitbetreuung, Bildungsberatung und Elternbildung sowie auf die Lehrerfortbildung
Alle Parteien sind sich in der Grundforderung nach Verringerung der Zahl derjenigen ausländischen Jugendlichen einig, die keinen Hauptschulabschluß erreichen und ohne Aus-bildungs-und Arbeitsplatz bleiben. Das Ausmaß des entstehenden sozialen Sprengsatzes* in dieser Bevölkerungsgruppe scheint allerdings noch nicht allgemein erkannt zu sein.
F. D. P.
Auch die F. D. P. fordert eine Reform des Ausländerrechts, bleibt allerdings in der Sache relativ vage. Dies wird im Schulprogramm der F. D. P. Baden-Württemberg besonders deutlich — Integration, Rotation und Offenhalten stehen ls gleichrangige Alternativen nebeneinander, begründet mit der unterschiedlichen Interessenlage der Ausländer. In der Praxis — dies dürften die Erfahrungen des letzten Jahrzehnts hinreichend belegen — läßt sich aufgrund der Gegenläufigkeit der Ziele allerdings keines erreichen.
Die F. D. P. will die Vorschulerziehung fördern (z. B. Elternarbeit, Beschäftigung ausländischer Erzieher), den regelmäßigen Schulbesuch durch Einsatz von Sozialarbeitern erreichen, den Unterricht in Deutsch und in der Heimatsprache verstärken und die Aufenthaltsdauer in Vorbereitungs-bzw. National-klassen möglichst einschränken. Weitere Konsequenzen müßten im Bereich des Lehrer-einsatzes und in der Lehrerausbildung gezogen werden
Inhaltlich unterscheiden sich ihre Vorstellungen also kaum von denen der SPD; die Integrationszielsetzung hat gegenüber dem Rotationsziel deutliches Übergewicht. Alle Parteien bleiben schließlich — wenn auch in unterschiedlichem Maße — in ihren Programmen durch die Punktualität und den Allgemeinheitsgrad ihrer Aussagen hinter dem aktuellen, auf die unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern bezogenen Diskussionsstand zurück; sie spiegeln die gegenwärtige Umbruchphase wider, nachdem sich erwiesen hat, daß eine ernsthafte Auslän-der(bildungs) politik die konkurrierenden Zielsetzungen gleichrangig nicht zu realisieren vermag. Es scheint sich allerdings ein gewisser Konsens anzubahnen, daß langfristig nur eine entschiedene Integrationspolitik, die zugleich die sprachlich-kulturellen Eigenheiten sichert, den Druck der entstandenen Probleme verringern und eine befriedigende Lösung erreichen kann.
IV. Rahmenbedingungen der Bildungspolitik
Die Rahmenbedingungen, die auf Bildungspolitik, Bildungssystem und Ausbildungsprozesse einwirken, sind äußerst vielfältig und zum Teil eng miteinander verflochten; hierzu gehören die Grundlagen des Verfassungssystems, die strukturellen und finanziellen Faktoren des politischen Systems, innerhalb dessen sich bildungspolitische Entscheidungsprozesse vollziehen, sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen, Entwicklungen und Interessen, die auf die politischen Akteure und damit auf die Programmentstehung und -Verwirklichung einwirken. Einige dieser Rahmenbedingungen werden auch in den Programmen selbst thematisiert. 1. Bildungsföderalismus In der Frage der bundesstaatlichen Aufgaben-verteilung hat sich die CDU im Verlauf der siebziger Jahre der CSU angenähert; seit den fünfziger und verstärkt in den sechziger Jahren trat sie für ein bundeseinheitliches Bildungssystem, zumindest aber für Koordinie-rungs-und Rahmenkompetenzen des Bundes ein seit 1971 fehlen vergleichbare Aussagen auf programmatischer Ebene -Im Kulturpolitischen Programm (1976) bezeichnen die Unionsparteien den kooperativen Föderalismus als „Gebot der Verfassung und der Vernunft"; gleichzeitig plädieren sie für die „Einheitlichkeit unseres Bildungswesens", die durch die Bildungsreformpolitik der SPD und F. D. P. gefährdet worden sei — seitherige Einschätzungen sind noch sehr viel schärfer. Der Widerspruch zwischen der Legitimation des Bildungsföderalismus und der Bewertung des Einheitlichkeitsprinzips wurde auch in der Auseinandersetzung der Parteien und Fraktionen um den „Bericht über die strukturellen Probleme des föderativen Bildungssystems" (1978 — BT-Drs. 8/1551) sichtbar: Entgegen seiner gängigen (rhetorischen) Legitimation ist der Bildungsföderalismus weniger Mittel zur Gewährleistung von Vielfalt, Freiheitlichkeit und politischen Alternativen, sondern eher Instrument zur bildungspolitischen Sta-tus-quo-Sicherung. Die föderative Position der CSU ist unzweifelhaft: Die Kulturhoheit der Länder sei , freiheitssichernder Grundpfeiler', Föderalismus diene der Machtverteilung, Vielfalt und Überschaubarkeit staatlichen Handelns
Demgegenüber spricht sich die SPD zur Gewährleistung eines hinreichenden Maßes einheitlicher Lebensverhältnisse und zur Schaffung gleicher Bildungschancen vorsichtig für gewisse grundgesetzliche Kompetenzerweiterungen zugunsten des Bundes aus, falls durch das Instrument gesamtstaatlicher Bildungsplanung eine wirksame Vereinheitlichung nicht erreichbar sei
Eindeutig ist die Position der F. D. P.: Sie plädiert für eine Bildungspolitik in gesamtstaatlicher Verantwortung. Die Gesetzgebungs-, Planungs-, Verwaltungs-und Finanzierungskompetenzen zwischen den Gebietskörperschaften müßten grundlegend überdacht werden; der hohe Rang der Bildungspolitik und ihre enge Verzahnung mit der Sozial-, Wirtschafts-, Finanz-und Außenpolitik, die gebotene Verwirklichung der Bildungsgrundrechte und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse erforderten eine Grundsatzkompetenz des Bundes; der kooperative Föderalismus habe sich demgegenüber durch demokratisch-rechtsstaatliche Defizite, insbesondere durch fehlende demokratisch-parlamentarische Legitimation und undurchsichtige administrative Planung, sowie durch die faktische Uneinheitlichkeit des Bildungssystems diskreditiert. Bildungskompetenzen soll der Bund für die Struktur des Bildungssystems, die Lehrerausbildung, die Art und Dauer der Bildungspflicht, die Bildungsvoraussetzungen und Abschlüsse sowie für Modellversuche erhalten. Andererseits betont auch die F. D. P. die föderative Funktion der Gewaltendifferenzierung, der Gewährleistung von Bürgernähe und Pluralität sowie der Berücksichtigung regionalspezifischer Besonderheiten; daher sollen zugleich auch Kompetenzen der Länder zu Lasten des Bundes neu begründet werden Die Folgeprobleme werden allerdings nicht diskutiert, obwohl die Genese des Hochschulrahmengesetzes hinreichendes Anschauungsmaterial geliefert hat. Ob Rahmen-oder Voll-kompetenz des Bundes, in jedem Falle würde die nach der Verfassungsordnung gegebene Beteiligung des Bundesrats erhebliche Kompromißzwänge begründen, denen die Länder-regierungen und -Parlamente in dieser Form zur Zeit nicht ausgesetzt sind, oder aber leerformelhafte Regelungen produzieren, deren Vereinheitlichungsqualität gering bliebe. So gesehen verwundert das auffallend geringe Engagement von CDU und SPD in dieser Frage nicht. 2. Bevölkerungsentwicklung Bildungspolitische Probleme als Folge der unterschiedlichen Jahrgangsstärken spielen in den bildungsprogrammatischen Dokumenten ab 1975 in zweierlei Hinsicht eine wichtige Rolle: Einhellig fordern alle Parteien einen weitgehenden Abbau des Numerus clausus, ebenso einig sind sie sich in der Forderung nach Beseitigung des Ausbildungsplatzmangels und nach Abbau der Jugendarbeitslosigkeit; in der Analyse der Ursachen, mehr aber noch in den einzusetzenden Instrumenten unterscheiden sie sich allerdings.
SPD und F. D. P. wollen das Recht auf individuelle Ausbildungsgangwahl gerade auch im tertiären Bereich gesichert wissen; CDU/CSU kritisieren demgegenüber die Akademisie-rung, plädieren für eine stärkere Begabungs-und Leistungsorientierung im Schulund Hochschulsektor und wollen die Bedeutung und Attraktivität des dualen Ausbildungssystems verstärken. Während SPD und F. D. P. zur Sicherung eines zugleich qualifizierten und quantitativ ausreichenden Ausbildungsplatzangebots flankierende überbetriebliche und vollzeitschulische Maßnahmen sowie ein kollektives Finanzierungssystem favorisieren, wollen CDU/CSU die Selbstverantwortung und Selbststeuerungskräfte des Beschäftigungssystems stärken und „ausbildungserschwerende" Vorschriften beseitigen.
Demgegenüber werden die gegenläufigen Probleme, die aus der außerordentlichen Abnahme der Geburtenrate resultieren und die in der Begründung der gescheiterten Konzepte der kooperativen Schule in Nordrhein-Westfalen und Stufenschule in Hamburg der eine Rolle spielten, bislang kaum programmatisch analysiert und in entsprechende Handlungsvorstellungen übersetzt, obwohl sie sich im Elementar-und Primarbereich schon heute deutlich abzeichnen.
Zumindest programmatisch besteht Konsens in der Forderung, daß der Anteil der Bildungsausgaben an den Staatsausgaben auch bei abnehmenden Schülerzahlen nicht verringert werden dürfe, sondern für pädagogische Verbesserungen eingesetzt werden müsse (z. B. Verkleinerung der Klassen, Ausbau des Förderunterrichts, Beseitigung der Unterrichts-kürzungen Daß die für die achtziger Jahre bevorstehende Halbierung der Schülerzahlen bildungsplanerische Konsequenzen (Kooperation von Schulen, Bildung von Schulzentren und additiven Gesamtschulen) erfordern dürfte, ist bislang kaum ein Thema in der Bildungsprogrammatik Immerhin besteht grundsätzliche Übereinstimmung, daß der Bildungsgesamtplan (BGP 1.) II, der die quantitativen Veränderungen berücksichtigen soll, verabschiedet werden müsse; andererseits spiegeln auch die Programme die z. Zt. unüberbrückten Gegensätze in der Gesamtschulfrage wider: SPD und F. D. P. fordern sie als Regelangebotsschule und machen die Fortschreibung des BGP 1. von einer Einigung in dieser Frage abhängig; CDU/CSU stellen ein Junktim mit dem Abschluß einer verbindlichen KMK-Ver-einbarung über die qualitative Vergleichbarkeit der Abschlüsse nach Maßgabe der traditionellen Sekundarabschlüsse her
Im übrigen äußert sich einzig die F. D. P. näher zu Fragen der gesamtstaatlichen Bildungsplanung und Bildungsfinanzierung. Sie unterstreicht das Erfordernis gebietskörperschaftlicher kooperativer Bildungsplanung und fordert die Beteiligung von Vertretern der Bildungsinstitutionen und Betroffenen; wie im BLK-Abkommen vorgesehen, müsse die Bildungsgesamtplanung über mittelfristige Stufenpläne der Bund-Länder-Kommission (BLK) (z. B. Stufenplan berufliche Bildung 1975) sowie über vollzugsfähige Teilpläne, regionale, lokale und institutionelle Entwicklungspläne realisiert werden. Nur auf diese Weise würden der Vorrang der einzelnen Reformziele, die politisch notwendige Entscheidung und der Mittelbedarf sichtbar. Institutionell möchte sie diese Konkretisierungsarbeit dem Parlament der jeweiligen gebietskörperschaftlichen Ebene zuordnen, so wie sie wichtige bildungspolitische Beschlüsse zur gesamtstaatli-chen Koordination aus der Grauzone der Kultusministerkonferenz (KMK) in die Kompetenz des Bundestages verlagern und den Deutschen Bildungsrat wieder einsetzen möchte
3. Bildungsund Beschäftigungssystem
Die Haltung der Parteien zum Verhältnis von Bildungs-und Beschäftigungssystem läßt sich schlagwortartig mit . funktionaler Verknüpfung'und . relativer Entkoppelung'beschreiben. CDU und CSU fordern die Orientierung des Schul-und Ausbildungssystems am Bedarf des Beschäftigungssystems. Zwar sei eine „perfekte Harmonisierung von Bildungs-und Beschäftigungssystem“, die eine administrative Lenkung der Jugendlichen erfordern würde, im Hinblick auf die Grundsätze freiheitlicher Ordnung nicht akzeptabel; überdies sei die Gefahr der Fehlplanung nicht auszuschließen. Aufgabe der Bildungsplanung und Curriculumentwicklung sei es jedoch, Ausbildungsgänge bedarfsgerecht zu konzipieren, Ausbildungskapazitäten bedarfsgerecht auszuweisen, umzuwidmen oder abzubauen, Ausbildungsinhalte am wirtschaftlichen Bedarf auszurichten und vielseitig spezialisierbare Schlüsselberufe zu fördern; schließlich sollten Bedarfsschätzungen in der Bildungs-und Berufsberatung berücksichtigt werden
SPD und F. D. P. betonen demgegenüber stärker die emanzipativen individuellen und gesellschaftlichen Funktionen der Bildung; sie wollen das Bildungssystem aus der einseitigen funktionalen Abhängigkeit in eine Wechselbeziehung zum Wirschaftsund Beschäftigungssystem bringen. Breite Berufsfeldqualifikationen mit möglicherweise wiederholtem Erwerb spezialisierter Qualifikationen löse das Bildungssystem aus der zu engen Ausrichtung auf gegenwärtige Beschäftigungsstrukturen, wodurch Arbeitslosigkeit vermieden, Flexibilität und Stabilität erhöht und künftige Qualifikationsanforderungen berücksichtigt würden. Im übrigen dürfe die Abstimmung nicht allein dem Bildungssystem angelastet werden; vielmehr sei es auch Aufgabe des Beschäftigungssystems, sich auf veränderte und verbesserte Qualifikationsprofile der Bildungsabsolventen einzustellen.
Bei näherer Betrachtung schrumpfen die programmatischen Unterschiede, weniger allerdings die Motive. CDU/CSU sind sich darüber im klaren, daß eine wirkliche Bedarfsorientierung, so sehr sie diese auch favorisieren mögen, faktisch unmöglich ist, da das Beschäfti. gungssystem angesichts der Mittel-bis Langfristigkeit von Ausbildungsprozessen zu wenig präzise Orientierungsdaten liefert; umgekehrt wissen SPD und F. D. P., daß die Einwirkungsmöglichkeiten des Bildungssystems auf die Beschäftigungsstrukturen begrenzt bleiben, wenngleich das Gewicht der Strukturveränderungen durch den quantitativen Anstieg der Absolventen gehobener und höherer Bildungsgänge nicht unerheblich ist.
Für den Bereich der Berufsausbildung stimmen die Parteien zumindest im Grundsatz in der Notwendigkeit überein, daß berufsfeld-breite Qualifikationen anstelle stark spezialisierter Kompetenzen vermittelt werden müßten, wobei sich allerdings CDU/CSU gegen „übertriebene Anforderungen an Betriebe und Ausbilder" zur Wehr setzen.
Völlig konträr beantworten die Parteien die Frage nach dem Ausmaß und Zeitpunkt der Selektion im Schulsystem: CDU/CSU plädieren für eine frühe und abgestufte Selektion in der Schule und wollen verstärkt in das duale System lenken; da eine Vertagung der Auswahlentscheidung nicht auf die unterschiedlichen Begabungen und Beschäftigungsmöglichkeiten Rücksicht nehme, werde auf diese Weise Chancengerechtigkeit verweigert. SPD und F. D. P. wenden sich gegen eine zu frühe Chancenverteilung und plädieren weiter für die Verwirklichung von Bildungschancen-gleichheit
Die parteipolitische Kontroverse um das Verhältnis von Bildungs-und Beschäftigungssystem scheint eine Verschiebung der politischen Grundpositionen zu beinhalten: CDU/CSU, die Pluralität, Subsidiarität und Selbstbestimmung betonen, optieren hier ungewöhnlich stark für die staatliche Steuerung. Die SPD, für die staatliches Handeln wesentlich für die Verwirklichung des demokratischen Sozialismus ist, engagiert sich hier für die Erfüllung des individuellen Bildungsbedürfnisses unter Verzicht auf staatliche Lenkung. Bei genauerer Betrachtung ist dies allerdings nicht der Fall, denn die staatliche Bedarfs-steuerung bleibt bei der CDU/CSU ausschließlich auf den Ausbildungsbereich beschränkt; umgekehrt ist mit der Bildungsnachfragepolitik die Erwartung der SPD veknüpft, mehr und bessere Bildung befördere angestrebte gesell-schaftliche Reformen.
V. Konstanz und Wandel der Bildungsprogrammdiskussion 1970-80
Während die Phase umfassender Bildungsreformplanung schon zu Beginn der siebziger Jahre im Verlauf der Arbeiten am Bildungsgesamtplan zu Ende gegangen ist und die nachfolgenden Jahre als Phase der Implementa-tionsund Stabilisierungsbemühungen gekennzeichnet werden können, scheint sich die Bildungspolitik der letzten Jahre in einer Phase des Reformabschieds zu befinden. Quantitative Fragen haben weitgehend strukturell-inhaltliche Themen überlagert; Ansätze konservativer Gegenreform sind unverkennbar.
Im Rückblick zeigt sich, daß über die Bedeutung und Ziele der Bildungspolitik bis 1970 ein relativ großes Maß an politischer Überein-stimmung bestand; dies belegen der von der Großen Koalition am 13. Oktober 1967 vorgelegte „Bericht über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der Bildungsplanung" oder die Parteiprogramme jener Zeit (z. B. Berliner Programm der CDU). Im Mittelpunkt des bildungspolitischen Teils der Regierungserklärung von 1976 steht dann schon nicht mehr ein politisches Programm, sondern eine Problem-und Leistungsbilanz. Mit Ausnahme der Berufsausbildung („zentrale politische Aufgabe“) gilt der „Wiederherstellung und Sicherung der Vollbeschäftigung" Priorität vor bildungspolitischen Reformen; einziger greifbarer Programmpunkt — dies ist nicht verwunderlich angesichts der für alle Bundesbildungsminister resignativen Erfahrung der begrenzten Kompetenzen des Bundes — ist die 1978 eingelöste Absicht, einen „Bericht über die strukturellen Mängel des föderativen Bildungssystems" vorzulegen.
Die Bildungspolitik von 1980 ist durch einen tiefgreifenden Dissens in allen Teilbereichen gekennzeichnet; nicht einmal die immerhin bemerkenswerte quantitative Komponente der bildungspolitischen Entwicklungen — wie die Erhöhung der Übergangsquoten in Real-schulen, Gymnasien sowie in den tertiären Bereich — wird heute einheitlich von den Parteien bewertet. Die vergleichsweise hohe gesellschafts-und bildungspolitische Reformbereitschaft der Unionsparteien aus der Zeit vor und um 1970 ist weitgehend ersetzt durch Vorstellungen, die auf eine Revision der sozial-liberalen Bildungsreformpolitik und eine Rekonstruktion des traditionellen Bildungsund insbesondere Schulsystems gerichtet sind.
SPD und F. D. P. haben in ihrer langfristig ange-legten grundsätzlichen Programmatik kaum Abstriche gemacht, wie bei der SPD die Programme der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich (1977 und 1979) und bei der F. D. P. jüngste landes-und bundesbildungsprogrammatische Bezugnahmen auf die Stuttgarter Leitlinien einer liberalen Bildungspolitik zu bestätigen scheinen. Etwas anderes gilt allerdings für ihre kurzfristige, stärker auf politische Umsetzung angelegte Programmatik; hier fallen vor allem bei der SPD verschiedene, im Hinblick auf die Unionsparteien praktisch allerdings folgenlos gebliebene Kompromißpositionen z. B. in der Gesamtschulfrage (statt einziger Regelschule nur noch Angebotsschule), im Hochschulsektor (Abrücken von der Gesamthochschule als einzigem Hochschultypus) oder im Weiterbildungsbereich (statt Vorrang jetzt Gleichran-gigkeit von öffentlichen und nichtstaatlichen Trägern) auf; andere Reformthemen (z. B. Vorschule) haben in der Programmarbeit keine Rolle mehr gespielt. Bei SPD wie F. D. P. hat eine Themenverlagerung von den institutionellen zu den curricularen Fragen der Bildungsreform stattgefunden.
Schließlich besitzt das Bund-Länder-Kompe-tenzproblem bei der F. D. P. ungebrochene Kontinuität, während die CDU von ähnlichen Positionen zur Bundeskompetenzerweiterung um 1970 seit Mitte der siebziger Jahre auf die entschieden föderalistische Position der CSU umgeschwenkt ist und die SPD in abgeschwächter Form die F. D. P. -Vorschläge zu punktuellen Bundeskompetenzerweiterungen mitträgt. Allerdings hat diese Frage bei CDU und SPD aufgrund des mit einer bildungspolitischen Kompetenzveränderung verbundenen Verlusts an Handlungsautonomie der von diesen Parteien getragenen Landesregierungen stets einen anderen, d. h.sehr viel geringeren Stellenwert als bei CSU bzw. F. D. P. besessen.
Der größte Teil bildungsprogrammatischer Positionen von 1970 ist unerfüllt geblieben; die bildungspolitische Wirkung der Erziehungsund Sozialwissenschaften hat sich trotz vergleichsweise großer sachlicher Übereinstimmungen bis heute (vgl. Göttinger Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 1980) insgesamt als gering erwiesen. Der hohe bildungspolitische Konsens von 1970 ist 1980 einem weitgehenden Dissens gewichen — der Stellenwert praktischer Bildungsreformpolitik im Jahre 1980 ist minimal.
VI. Auswahl wichtiger Programme und Entschließungen zur Bildungspolitik
Ein methodisches Nachwort erscheint angebracht. Die Bestandsaufnahme und die Analyse der bildungspolitischen Konzepte der politischen Parteien einschließlich der Exkurse zu den Vorstellungen der Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände stützen sich auf ein Kondensat aus zahlreichen programmatischen Texten, wobei — soweit im Rahmen einer kurzen Skizze möglich — der Entstehungsund Funktionszusammenhang des Materials berücksichtigt wird. Als analytischer Bezugsrahmen dienen der Strukturplan des Deutschen Bildungsrates (1970) und der Bildungsgesamtplan I der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (1973); Untersuchungszeitraum sind die letzten zehn Jahre, wobei der Schwerpunkt eindeutig in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre liegt, da die Vermittlung der aktuellen bildungsprogrammatischen Positionen im Mittelpunkt steht.
Alle bildungspolitisch einschlägigen Texte bzw. Programmteile dieses Zeitraums sind berücksichtigt, soweit sie von den Parteien zugänglich gemacht wurden. Die . Verdichtung'unterschiedlicher Texte auch derselben Partei zu einem geschlossenen, knappen Aussagezusammenhang ist methodisch zweifellos nicht unproblematisch, andererseits aber auch nicht vermeidbar, wenn Aussagen zu allen Teilbereichen des Bildungssystems zusammen-und den Vorstellungen anderer Parteien gegenübergestellt werden sollen. Nicht zuletzt aber ist dieses Verfahren im Hinblick sowohl auf die unterschiedlichen Zwecke, die mit partei-programmatischen Texten verfolgt werden, als auch hinsichtlich bestimmter positioneller Akzentverschiebungen sowie möglicher Spannungen und Widersprüche zum praktischen politischen Handeln des Herrschaftspersonals der Parteien nicht ohne Reiz.
Um einer trotz des gewählten Bezugsrahmens eventuell verbliebenen subjektiven Komponente entgegenzuwirken, werden nachstehend die bildungspolitisch relevanten Materialien der Parteien der Zeit zwischen 1969/70 und 1979/80 zusammengestellt, um zumindest den Zugang des Lesers zu den Programmen dieser Dekade zu erleichtern. Aus Umfangs-gründen mußte allerdings darauf verzichtet werden, das bildungspolitische Textmaterial der Landesparteiverbände zu berücksichtigen.
Cdu/csu
Schulund Hochschulreformprogramm der CDU, verabschiedet im Juli 1971 in Bonn, wiedervorgelegt 1976.
Berufliche Bildung, Beschluß des CSU-Partei-tags v. 27. — 30. 9. 1973.
Leitsätze zur Reform der beruflichen Bildung, beschlossen vom Deutschlandtag der Jungen Union am 19. — 21. 10. 1973 in Hamburg.
Programm Reform der beruflichen Bildung, beschlossen v. 22. CDU-Bundesparteitag v. 18. bis 20. 11. 1973 in Hamburg.
Zur Weiterentwicklung des beruflichen Bildungswesens in der Bundesrepublik Deutschland, beschlossen vom CSU-Parteitag am 13. 7. 1974.
Berufsbildung — Bildungschance mit Zukunft, Materialien und Entschließungen des Berufsbildungskongresses der CDU v. 14. /15. 3. 1975 in Saarbrücken.
Bildungspolitische Beschlüsse des 23. CDU-Bundesparteitages v. 23. — 25. 6. 1975 in Mannheim (Frau und Gesellschaft; Berufliche Bildung; Politische Bildung; Beseitigung der Arbeitslosigkeit; Geschichtsunterricht).
Kommunalpolitisches Grundsatzprogramm, verabschiedet von der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der CDU und der CSU Deutschlands am 21. /22. 11. 1975 in Stuttgart.
Stellung des Kindes in unserer Gesellschaft, beschlossen vom Deutschlandtag der Jungen Union am 21. — 23. 11. 1975 in Mönchengladbach. Grundsatzprogramm der Christlich-Sozialen Union, verabschiedet vom CSU-Parteitag v. 12. — 13. 3. 1976 in München.
CDU — Partner der Jugend, Materialien und Entschließungen des Jugendforums der CDU v. 2O. /21. März 1976 in Böblingen.
Jugendpolitische Leitsätze der CDU, Fortschreibung der vom Bundesvorstand der CDU am 23. 9. 1974 verabschiedeten Aussagen, verabschiedet vom Bundesvorstand der CDU im April 1976 in Bonn. Auch in der Bildung: Freiheit statt Sozialismus. Bildungspolitische Schwerpunkte der CDU und CSU für die Bundestagswahl 1976, verabschiedet von den Kulturpolitischen Fachausschüssen von CDU und CSU 1976 in Bonn.
Kulturpolitisches Programm 1976 der CDU/CSU, vorgelegt von den Kultusministern der von CDU und CSU regierten Bundesländer 1976 in Bonn.
Politik für unsere jungen Mitbürger — Aktivitäten der Union, vorgelegt vom CDU-Partei-vorstand im Juni 1976 in Bonn.
Ausländerpolitik der CDU, vorgelegt vom CDU-Bundesvorstand im August 1976 in Bonn.
Zukunftschancen der jungen Generation, beschlossen v. 25. Bundesparteitag der CDU v. 9. 3. 1977.
Politik für unserejungen Mitbürger — Aktivitäten der Union, herausgegeben vom Bundes-vorstand der CDU im Mai 1977 in Bonn.
Kommunalpolitische Leitsätze, beschlossen vom CSU-Parteitag v. 23. — 24. 7. 1977 in München. Freiheit und Vielfalt — Grundlagen christlich-sozialer Kulturpolitik, Entschließungen und Materialien des CSU-Kulturkongresses v. 15. 4. 1978 in Ingolstadt.
Freiheit und Ordnung — Bildung und Erziehung aus christlicher Verantwortung. Bildungspolitische Leitsätze der 20. Internationalen Bodenseetagung Christlicher Politiker, verabschiedet im Mai 1978 in Konstanz unter Beteiligung der CSU, CDU Baden-Württemberg und VP.
Der Weg in eine gesicherte Zukunft, Programm zur Sicherung der Zukunftschancen der Jugend, beschlossen vom Bundesausschuß der CDU am 12. 6. 1978 in Bonn.
Aktionsprogramm Kulturpolitik für die Legislaturperiode 1978-1982, beschlossen vom Kulturpolitischen Arbeitskreis der CSU am 14. 9. 1978 in München.
Grundsätze zur Schulpolitik, beschlossen vom 26. CDU-Bundesparteitag v. 23. — 25. 10. 1978 in Ludwigshafen.
Grundsatzprogramm der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, verabschiedet vom 26. Bundesparteitag v. 23. — 25. 10. 1978 in Ludwigshafen.
Für eine kinderfreundliche Gesellschaft. Entschließung zum Internationalen Jahr des Kindes 1979, verabschiedet vom Bundesausschuß der CDU am 11. 12. 1978 in Berlin.
Europa — Zukunft der jungen Generation. Schwerpunkte einer europaorientierten Kulturpolitik, beschlossen vom Bundesfachausschuß Kulturpolitik am 29. 1. 1979 in Bonn.
Jugendpolitik in der Großstadt, Resolution der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU am 2. /3. 2. 1979 in Bonn.
Eckpunkte zur Bildungspolitik, vorgelegt vom Arbeitskreis für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie der CDU/CSU-Bun-destagsfraktion am 10. 10. 1979 in Bonn.
Kulturpolitisches Programm der CSU, verabschiedet vom CSU-Parteitag am 28. 729. 9. 1979 in München (inhaltsgleich mit Aktionsprogramm Kulturpolitik v. 14. 9. 1978).
Spd
Modell für ein demokratisches Bildungswesen, beschlossen vom Bildungspolitischen Ausschuß der SPD im Januar 1969 in Bonn und im Einvernehmen mit dem Parteivorstand als Diskussionsentwurf veröffentlicht.
Vorschläge zur Reform der Hochschule, beschlossen vom Bildungspolitischen Ausschuß der SPD im April 1969 und im Einvernehmen mit dem Parteivorstand als Diskussionsentwirf vorgelegt.
Bildungspolitischer Entschließungsantrag der Jungsozialisten zum Bundesparteitag v. 11. bis 14. 5. 1970 in Saarbrücken.
Entschließung zur Bildungspolitik, beschlossen vom SPD-Bundesparteitag v. 11. bis 14. 5. 1970 in Saarbrücken.
Schwerpunktprogramm der SPD zur Wissenschaftspolitik, Entschließung des Bundesparteitages v. 11. — 14. 1970 in Saarbrücken.
Aktionsprogramm Berufliche Bildung, vorgelegt vom SPD-Parteivorstand vom 29. 3. 1971 in Bonn.
Berufsbildung: Ziele und Maßnahmen, beschlossen vom SPD-Parteivorstand als Diskussionsgrundlage am 16. 3. 1973 in Bonn. Grundsätze für die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes, beschlossen vom SPD-Partei-vorstand am 5. 10. 1973 in Bonn.
Warum Gesamtschule? Informationspapier des SPD-Bundesvorstandes v. 1973 in Bonn.
Reform der beruflichen Bildung — eine Argumentationshilfe, herausgegeben auf Vorschlag des Bildungspolitischen Ausschusses vom SPD-Parteivorstand im März 1975 in Bonn. ökonomisch-politischer Orientierungsrahmen für die Jahre 1975-1985, verabschiedet vom SPD-Bundesparteitag v. 14. 11. 1975 in Mannheim.
Kommunalpolitisches Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, verabschiedet vom SPD-Bundesparteitag am 15. 11. 1975 in Mannheim.
Bildung und Beruf, Materialien und Thesen der Sozialdemokratischen Fachkonferenz v. 3. /4. 7. 1976 in Hannover.
Sozialdemokratische Grundsätze zur Weiterbildung, verabschiedet von der Kommission für Bildungspolitik und vom SPD-Parteivorstand im Sommer 1976 in Bonn.
Bildungspolitisches Aktionsprogramm der SPD, verabschiedet vom SPD-Parteivorstand am 19. 9. 1977 und vom SPD-Bundesparteitag vom 15. — 19. 11. 1977 in Hamburg.
Grundlagen und Zielvorstellungen sozialdemokratischer Bildungspolitik, vorgelegt von der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich (AfB) am 13. — 15. 5. 1977 in Freiburg.
Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, vorgelegt von der Arbeitsgruppe . Jugendarbeitslosigkeit", verabschiedet von der Kommission Wirtschafts-und Finanzpolitik des Parteivorstandes am 19. 6. 1978 und vom Parteivorstand am 26. 6. 1978 in Bonn.
Stellungnahme zum Bericht der Bundesregie, rung über strukturelle Probleme des föderativen Biidungssystems, beschlossen vom SPD-Parteivorstand am 16. 10. 1978 in Bonn.
Was sollen unsere Kinder lernen 7Materialien und Entschließungen des Forum Zukunft v. 8. / 9. 5. 1979 in Böblingen.
Wege zur menschlichen Schule — die Reform muß weitergehen. Bildungspolitisches Programm der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich, verabschiedet von der AfB-Bundeskonferenz v. 23. bis 25. 3. 1979 in Osnabrück.
Bildungspolitisches Arbeitsprogramm der AfB, verabschiedet von der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich am 23. — 25. 3. 1979 in Osnabrück.
Bildungspolitische Beschlüsse der Bundes-konferenz der Arbeitsgemeinschaft für Sozialdemokraten im Bildungsbereich n . 23. bis 25. 3. 1979 in Osnabrück.
Wege zu einermenschlichen Schule, Beschluß des AfB-Bundesvorstandes zum AfB-Leitpro-gramm „Wege zu einer menschlichen Schule — die Reform muß weitergehen", veröffentlicht vom AfB-Bundesvorstand im Oktober 1979 in Bonn.
Jugendpolitische Leitsätze, vorgelegt von der Kommission Jugendpolitik des SPD-Parteivor-Standes im November 1979 in Bonn. Grundsatzfragen der Familienpolitik, beschlossen vom Parteivorstand am 5. 11. 1979 in Bonn.
Diskussionsvorschläge zu Fragen der Fami-lienpolitik, vorgelegt von der Arbeitsgruppe Sozialpolitisches Programm im November 1979 in Bonn.
Verbesserung der Qualität der beruflichen Bildung, vom SPD-Parteitag v. 3. — 7. 12. 1979 in Berlin an Parteivorstand und Parteirat zur Beschlußfassung überwiesen.
F. D. P.
Die offene Schule — Konzept einer Schulreform der F. D. P., vorgelegt vom F. D. P. -Bundes-vorstand 1969 in Bonn.
Stuttgarter Leitlinien einer liberalen Bildungspolitik, verabschiedet vom F. D. P. -Bun-deshauptausschuß am 18. 3. 1972 in Stuttgart.
Berufliche Bildung im Baukastensystem, verabschiedet vom F. D. P. -Bundesvorstand am 1. 2. 1974 in Bonn.
Leitsätze zur Neuordnung der beruflichen Bildung, verabschiedet vom 25. F. D. P. -Bundesparteitag v. 30. 9. — 2. 10. 1974 in Hamburg. Mäterialien und Thesen des Bildungspolitischen Symposiums der Friedrich-Naumann-StiltungN. 12. — 14. 12. 1975 in Stuttgart.
Bildungsund Kulturpolitische Entschließungsanträge der F. D. P. -Landesverbände zum 28. Bundesparteitag und Beschlüsse des Parteitags v. 6. — 8. 11. 1977 in Kiel.
Kieler Thesen der F. D. P. zu Bildung und Beschäftigung der jungen Generation, verabschiedet vom F. D. P. -Bundesparteitag v. 6. bis 8. 11. 1977 in Kiel.
Soziale Chancen der Jungen Generation, Beschluß der Deutschen Jungdemokraten zum 28. Bundesparteitag v. 6. — 8. 11. 1977 in Kiel.
Thesen Liberaler Kommunalpolitik, verabschiedet vom Bundeshauptausschuß der F. D. P. am 29. 4. 78 in Berlin.
Liberale Standpunkte, verabschiedet von der F. D. P. -Programmkommission im September 1978.
F. D. P. -Programm zur Gleichberechtigung, verabschiedet vom 29. Bundesparteitag der F. D. P. v. 12. — 14. 11. 1978 in Mainz.
Ausländische Mitbürger, Beschluß der Bundesvertreterversammlung der F. D. P. v. 3. 2. 1979 in Aachen.
Thesen für eine liberale europäische Bildungspolitik, verabschiedet von der Bundesvertreterversammlung der F. D. P. v. 3. 2. 1979 in Aachen. Das Kinderprogramm der F. D. P., vorgelegt vom F. D. P. -Bundesvorstand in überarbeiteter Fassung im Mai 1979.
Grundsätzliche und aktuelle Fragen der Bildungspolitik, Beschluß des Bundesvorstandes v. 26. 11. 1979.
VII. Bildungspolitische Aussagen der Parteien in den Bundestags-Wahlprogrammen 1980
Für Frieden und Freiheit in der Bundesrepublik Deutschland und in der Welt. Wahlprogramm der CDU/CSU für die Bundestagswahl 1980, verabschiedet vom Bundesparteitag v. 20. — 22. 5. 1980 in Berlin (Auszug).
Präambel (...)
Nur eine Politik der Umkehr zu geschichtlicher Verantwortung für Deutschland, zu wirtschaftlicher und politischer Stabilität, zu vernunftgemäßer Wirtschafts-, zu solider Finanz-, zu maßgerechter Sozialpolitik, zu wertbewußter und zukunftsaufgeschlossener Erziehungsund Bildungspolitik, zu einer natürlichen Ordnung der Werte im gesellschaftlichen Zusammenleben, dessen Grundlage die Familie ist und bleiben muß, kann die Folgen der Verzerrungen, Versäumnisse und Fehlentwicklungen der 70er Jahre wiedergutmachen. (...)
Freiheit ist für uns nicht das Ergebnis gesellschaftlicher Leistung, sondern Selbstverantwortung und Mitverantwortung in der Gemeinschaft. Solidarität ist für uns nicht der Kampfaufruf, mit Gleichgesinnten die eigenen Interessen durchzusetzen, sondern die Aufforderung, füreinander einzustehen.
Solidarität verpflichtet den einzelnen auch zur verantwortlichen Selbsthilfe.
Gerechtigkeit bedeutet für uns nicht die Gleichbehandlung der Menschen ungeachtet ihrer verschiedenen Anlagen und unterschiedlichen Bedürfnisse, sondern die Chance für alle Menschen, sich ihrer Unterschiedlichkeit entsprechend zu entfalten. (...)
Nicht zwangsverordnete Chancengleichheit, sondern menschenwürdige Chancengerechtigkeit ist unser Ziel.
Wir brauchen und wollen die Mitarbeit der Jugend (...)
Die Jugend hat das Recht und die Pflicht, unsere Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten. Schule, außerschulische Jugendbildung, die Arbeit der Jugendverbände sollen dieses Verantwortungsbewußtsein wecken und stärken. Wir wollen die ehrenamtliche Tätigkeit junger Menschen ideell fördern und die Jugendarbeit in freier Trägerschaft materiell unterstützen. Die Vielfalt der Medien, für die die Union eintritt, ist eine Chance für junge Menschen. Der kritische Umgang mit den Medien ist ein wichtiges Erziehungsziel. Wir wollen die Zukunftschancen der jungen Generation sichern, indem wir die Jugend-arbeitslosigkeit abbauen und für eine ausreichende Zahl an Ausbildungsplätzen sorgen.
Wir wollen die menschliche Schule Die Kinder vermissen in ihrer Schule Geborgenheit: Kurse statt Klassengemeinschaften, Fachwissenschaftler statt Klassenlehrer, Kurs-teilnehmer statt Klassenkameraden. Lehrpläne werden mit immer neuen Stoffgebieten befrachtet, grundlegendes Wissen aber vernachlässigt. Die Eltern werden als Nachhilfe-lehrer ihrer Kinder mißbraucht SPD und FDP haben mit ihrer Schulpolitik rücksichtslos herumexperimentiert und dadurch Eltern und Schüler unzumutbar belastet Sozialistische Systemveränderer versuchen, Klassenkampf im Klassenzimmer einzuüben. Schulen sollen für sie nicht länger Stätten der Bildung und Erziehung sein, sondern Gelegenheiten, die Schüler „konflikttheoretisch" aufzuladen, sie dem Elternhaus zu entfremden, ihnen, auf der Grundlage eines verzerrten und verfälschten Geschichtsbildes, ein einseitiges politisches Weltbild aufzudrängen.
Die Union wird mit der Unruhe und der Verwirrung an unseren Schulen Schluß machen: Die Schule muß wieder eine geistige Orientierung vermitteln. Sie darf sich nicht auf die Vermittlung von Fachwissen beschränken. Der Geschichtsunterricht muß wieder einen festen Platz in Stundenplänen erhalten.
Die Überfrachtung der Lehrpläne muß beseitigt werden.
Schule und Hochschule müssen einander ergänzen, die Schule darf nicht verwissenschaftlicht und das Studium nicht verschult werden.
Wir halten am gegliederten Schulsystem fest, weil es sich im Vergleich als die menschlichere und leistungsfähigere Form des Schulwesens bewährt.
Schulen müssen in einer angemessenen Orts-nähe erhalten bleiben. Auch die Kinder und Jugendlichen in ländlichen Räumen haben Anspruch auf ein wohnungsnahes, vielfältiges Angebot an Bildungseinrichtungen. Wir werden verhindern, daß der Rückgang der Schülerzahl zu einer Schulschließungswelle führt und immer mehr Schüler zu einer entfernten Zentralschule gefahren werden müssen.
Der Hauptschüler darf nicht diskriminiert werden. Die Hauptschule muß ihre eigenständige Aufgabe behalten und dort, wo sie verloren ist, wiedergewinnen: eine grundlegende Allgemeinbildung vermitteln, den Schüler au die Berufswelt vorbereiten und ihn zu einer sachlich begründeten Berufsentscheidung befähigen. Durch die Einführung eines beruflichen Grundbildungsjahres im Rahmen des dualen Systems muß die Qualität der Ausbildung gesteigert werden. Gesetze und Rechtsverordnungen, die die berufliche Ausbildung behindern, müssen überprüft und ggf. abgeändert werden. Für Abiturienten müssen in größerem Umfang als bisher Berufe angeboten werden, in denen sie ohne Absolvierung eines Studiums ihre besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten einsetzen können.
Den behinderten Kindern und Jugendlichen gilt unsere besondere Sorge. Das Miteinander von Behinderten und Nichtbehinderten soll in allen Bereichen selbstverständlich sein.
Die ausländischen Jugendlichen haben Anspruch auf eine verstärkte Förderung in Schule und Berufsausbildung, die ihren besonderen sozialen und kulturellen Problemen gerecht wird.
Sicherheit für Deutschland. Wahlprogramm 1980. Beschlossen von der Sozialdemokratisehen Partei Deutschlands auf dem Wahl-parteitag v. 9. /10. 6. 1980 in Essen (Auszug). (...) 2. Die weitere Entwicklung unseres Landes hängt maßgeblich von der freien Entfaltung der Familien und der Eröffnung gerechter Chancen für sie ab Wichtig sind familienergänzende Einrichtungen und Dienste wie z. B. Tageskindergärten und Ganztagsschulen. Wir treten nach wie vor für die rasche Verabschiedung des neuen Ju-gendhilferechts und für die Schaffung der dort vorgesehenen Einrichtungen und Dienste für die Jugendarbeit, für Erziehungshilfe und Familienförderung ein. Wohnungen und das Bildungswesen müssen so gestaltet werden, daß unsere Welt familien-und kinderfreundlicher wird. Selbst so scheinbar fernliegende Bereiche wie die Verkehrspolitik oder die Medienpolitik haben eine entscheidende Wirkung auf die Situation von Kindern und Familie. 3. Diejunge Generation braucht die Solidarität der Gesellschaft Die junge Generation hat einen Anspruch auf Lebensbedingungen, die ihr die Chance zur beruflichen und zur sozialen Entfaltung geben. Wo einzelne und Gruppen diese Chance aus eigener Kraft nicht nutzen können, haben sie Anspruch auf die Solidarität der Gesellschaft In Schule, Universität, Berufsausbildung und gesellschaftlichen Organisationen müssen Jugendliche Möglichkeiten der Mitwirkung erhalten, die ihnen die Chance geben, ihre tägliche Umwelt tatsächlich mitzugestalten.
Die junge Generation hat nicht nur einen Anspruch darauf, daß wir uns um ihre Probleme kümmern, sie muß auch ihren Teil an Verantwortung tragen. 4. In den kommenden Jahren brauchen wir mehr Chancengleichheit mit besseren Bildungsangeboten für die junge Generation Die SPD will eine menschliche Schule; eine Schule, in der Lernen auch Spaß macht, die Leistung fordert und fördert Die SPD ist für kleinere Klassen und mehr Zuwendung der Lehrer zum einzelnen Schüler. Wir wollen ein Lernklima, das Leistungen ohne Streß und Notendruck ermöglicht Die Voraussetzungen dafür sind gegeben. Während jetzt die Schülerzahlen zurückgehen, müssen Sachausstattung und Lehrerzahlen unserem modernen Schulwesen entsprechend gehalten und verbessert werden. Wir wollen Kinder mit Lernschwierigkeiten besser fördern, behinderte Kinder so weit wie möglich mit allen anderen zusammen erziehen: Fördern statt Auslesen bleibt Grundsatz unserer Bildungspolitik.
Die Gesamtschule hat ihren Wert als zeitgemäße Schulform in einer demokratischen Gesellschaft bewiesen. Sie ist als gleichwertiges Angebot überall dort einzurichten, wo Eltern es wollen. Ihre Abschlüsse müssen in allen Bundesländern anerkannt werden. Wir brauchen zur Verbesserung der Chancengleichheit mehr Ganztagsschulen, auch, damit vor allem die Kinder berufstätiger Eltern und Ausländerkinder besser gefördert werden.
Die SPD will ein 10. Schuljahr, mehr Einheitlichkeit, Vergleichbarkeit und Durchlässigkeit an wichtigen Naht-und Gelenkstellen unseres Bildungssystems.
Vorrangiges Ziel der SPD bleibt die Herstellung der Gleichwertigkeit allgemeiner und beruflicher Bildung. Das Angebot an Ausbildungsplätzen konnte in den letzten vier Jahren für die geburtenstarken Jahrgänge um rund ein Drittel auf mehr als 677 000 gesteigert werden. In den 80er Jahren müssen wir das Angebot an Ausbildungsplätzen, vor allem die Qualität der beruflichen Bildung in Betrieben und Schulen weiter steigern.
Ausländerkinder müssen die gleichen Bildungs-und Ausbildungschancen bekommen wie deutsche Kinder. Mädchen müssen in der beruflichen Bildung die gleichen Chancen bekommen wie Jungen. Lernbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche brauchen die Solidarität besonderer Chancen.
Bundeskanzler Helmut Schmidt hat mit Erfolg auf einen Abbau des Numerus clausus an den Hochschulen gedrängt Diese Hochschulpolitik muß weitergehen. Wir werden uns weiter für den Fortgang der Studienreform einsetzen. Die Öffnung der Hochschulen wird von uns entschieden verteidigt, um vor allem Arbeiter-kindern den Zugang zu erleichtern. Besonders für sie muß die Ausbildungsförderung weiter stetig verbessert werden.
Die wissenschaftliche Forschung an unseren Hochschulen wird weiterhin als wichtige Voraussetzung gesellschaftlicher Entwicklung gestärkt und gefördert werden.
Die Verfaßte Studentenschaft muß in allen Bundesländern gesetzlich abgesichert werden. Unser Land soll auch morgen liberal sein. Wahlprogramm der F. D. P. für die Bundestagswahl 1980, beschlossen vom außerordentlichen Parteitag v. 7. /8. 6. 1980 in Freiburg (Auszug)
Die Jugend frei entfalten Anforderungen an die Jugendpolitik Die F. D. P. fordert eine Jugend-und Bildungspolitik, die Angst überwinden hilft, Vertrauen, Motivation und Engagement fördert und genügend Freiräume für junge Menschen bietet. Den Bedürfnissen nach Zugehörigkeit und Geborgenheit muß besser als bisher entsprochen werden. (...)
Kinder und Jugendliche als selbständige Persönlichkeiten Die F. D. P. will Kindern und Jugendlichen den ihnen gemäßen Lebensraum sichern. Dabei sollen die Jugendlichen durch vielfältige Formen der Selbstorganisation mithelfen. Die F. D. P. hat sich nachdrücklich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen eingesetzt, so bei der Neuregelung des elterlichen Sorge-rechts und beim Entwurf eines Jugendhilfegesetzes. Die Entwicklung zum mündigen Staatsbürger setzt voraus, daß Kinder und Jugendliche bereits frühzeitig als selbständige Persönlichkeiten anerkannt werden, auch von ihren Eltern. Sie sind ebenso wie die Erwachsenen Träger von Grundrechten. Zur Selbständigkeit gehört auch, mit Pflichten betraut und gefordert zu werden.
Unterstützung von Aktivitäten Zur Verbesserung der Entfaltungsmöglichkeiten fordert die F. D. P.:
Politisches Engagement muß durch entsprechende Mitwirkung frühzeitig geübt und gefördert werden.
— Die Rechte der Schüler-und Studentenvertretungen müssen gestärkt werden.
— Die F. D. P. tritt für einen Ausbau der politischen Bildungsangebote ein. Die Jugendlichen können ihre demokratischen Rechte nur wahrnehmen, wenn sie diese kennen. Zur politischen Bildung gehört auch die Ermutigung und Anleitung zur politischen Aktion. — Die F. D. P. fordert alle Jugendlichen zu aktivem politischen Handeln in den Parteien, Verbänden, Organisationen, Schülergruppen u. a. auf.
— Die eigenverantwortliche Organisation hat größeren Wert als die Beachtung vielfach kleinlicher Vorschriften. Demokratie kann nicht erlebt werden, wenn bereits die ersten politischen Gehversuche Jugendlicher behindert werden. (...)
Jugend und Arbeit Das Ausbildungsplatzangebot ist für die geburtenstarken Jahrgänge dank großer Anstrengungen in den letzten Jahren um 1/3 erhöht worden. Der Mangel an Ausbildungsplätzen und die Jugendarbeitslosigkeit sind jedoch trotz ihres im Vergleich zu anderen Ländern geringeren Umfanges weiterhin ein dringendes Problem, das gelöst werden muß.
Die F. D. P. fordert:
— Alle Möglichkeiten der Ausbildungsplatzförderung müssen ausgeschöpft werden, wenn erforderlich, auch durch Erhebung der Berufsbildungsabgabe. — Das Angebot an berufsvorbereitenden Lehrgängen muß vergrößert werden.
— Es sind besondere Beschäftigungs-und Mobilitätshilfen für arbeitslose Jugendliche unter Einbeziehung in das Arbeitsförderungsgesetz anzubieten. — Grundsätzlich sollten beide Geschlechter vollen Zugang zur Berufsausbildung in allen Berufen haben.
Vorrang der Bildungspolitik Bildungspolitik ist Kernstück liberaler Gesellschaftspolitik. Auch wenn das Grundgesetz den Ländern die wesentlichen Zuständigkeiten im Bereich der Bildungs-und Wissenschaftspolitik zuweist, muß der Bund im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten zu einer gesamtstaatlich verantworteten Bildungspolitik beitragen. (...)
In den 80er Jahren werden viele bildungspolitische Probleme zu lösen sein:
Ungleiche Bildungschancen (...) Verrechtlichung und Bürokratisierung (..,) Noten als Auswahlkriterium (...) Wissen statt Bildung (...)
Bildung und Beschäftigung Einerseits besteht die Gefahr, daß Bildungsab-Schlüsse zu starr an aktuellen Anforderungen ausgerichtet werden; dies führt zu einer Beschneidung individueller Bildungschancen und erschwert den notwendigen Strukturwandel der Wirtschaft. Andererseits knüpfen die Bürger an höhere Bildungsabschlüsse immer noch die Erwartung, daß berufliche Vorteile damit verbunden sind. Die Anerkennung eines Anspruchs auf einen den Bildungsabschluß entsprechenden Rang im Beschäftigungssystem würde jedoch eine leistungsgerechte Beschäftigung und ein bedarfsorientiertes, marktgesteuertes Wirtschaften verhindern. Lebenslanges Lernen Das Wissen wächst heute in allen Bereichen so schnell, daß eine kurze Ausbildung zu Beginn des Lebens nicht mehr ausreicht, eine zu lange Ausbildung jedoch den Wirklichkeitsbezug verliert. Daher muß es möglich werden, zwischen produktiver Tätigkeit und Lempha-sen während des gesamten Berufslebens zu wechseln.
Neue Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern (...) Deutscher Bildungsrat Die F. D. P. fordert die Wiederherstellung des Deutschen Bildungsrates, der durch seine unabhängige, wissenschaftliche Beratung von 1965 bis 1975 wesentliche Beiträge zu den heute vorhandenen Ansätzen gesamtstaatlicher Bildungspolitik geleistet hatte. (...)
Inhalte gesamtstaatlicher Bildungsplanung Bildung und Ausbildung sind Bürgerrechte und Voraussetzung für die vom Grundgesetz geforderte Gleichheit der Lebenschancen. Daher fordert die F. D. P., daß in der gesamtstaatlichen Bildungsplanung die wesentlichen Positionen des Bildungsgesamtplans von 1973 mindestens gehalten, nach Möglichkeit aber weiter entwickelt werden.
Dazu gehören vor allem:
— die schulformunabhängige Orientierungs-Stufe als Übergang von der Grundschule in die Mittelstufe.
— die Zusammenfassung der herkömmlichen Zweige der Mittelstufe mit dem Ziel der Integration. — die Zusammenführung der Abschlüsse des Sekundarbereichs I zu einem System und die Entwicklung eines Sekundar-I-Abschlusses mit Profilen.
— Abstimmung und Verzahnung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Bildungsgängen des Sekundarbereichs II.
— Entwicklung eines Systems von Abschlüssen des Sekundarbereichs II mit dem Ziel einer Anrechnung von Teilqualifikationen.
Keine Minderung der Bildungsausgaben (...)
Schulsystem Die F. D. P. befürwortet ein offenes und humanes Schulsystem, das jedem Kind und seinen Eltern die Entscheidung über Bildungswege und Abschlüsse möglichst lange offenhält. Hierdurch garantiert liberale Bildungspolitik Pluralität.
Für Freie Demokraten haben innere Reformen der Schule Vorrang vor organisatorischen Fragen. Im Mittelpunkt stehen Kinder und Jugendliche, Eltern und Lehrer, nicht Institutionen, Organisationen und Systeme.
Liberale wollen eine humane, angstfreie Schule, die alle Anlagen und Neigungen des Kindes, auch musische, kreative und sportliche gleichmäßig fördert. Sie soll zur Leistung anregen, nicht aber einseitig nach Wissensleistungen auslesen. Ihr oberstes pädagogisches Prinzip heißt „fördern" — nicht auslesen.
Offene Schule Die F. D. P. wirbt für die „Offene Schule" als die liberale Form der integrierten Gesamtschule und hält sie für die Schule der Zukunft. Deshalb muß der Gesamtschule eine faire Chance gegeben werden. Sie ist eine wünschenswerte Erweiterung der vorhandenen schulischen Angebote und ein wichtiger Schritt zur Schaffung von Chancengleichheit im Bildungswesen. (...)
Schulprobleme ausländischer Kinder (...)
Berufsbildende Schulen Für die Mehrzahl der Jugendlichen ist eine qualifizierte berufliche Erstausbildung auch in den 80er Jahren von besonderer Bedeutung. Deshalb ist die sächliche und personelle Ausstattung der berufsbildenden Schulen zu verbessern. Innerhalb der beruflichen Bildung sollen die Jugendlichen zunächst eine breite Grundbildung erhalten und darauf aufbauend eine weiter verwertbare Qualifikation erwerben können. Hierfür ist die stufenweise Einführung eines 10. Pflichtschuljahres mit berufsorientierten und berufsvorbereitenden Inhalten anzustreben. (...)
Lebenslanges Lernen Bildung und Ausbildung können aber nicht mit einem einmal erreichten Bildungsabschluß beendigt sein. Der Grundsatz des Erwerbs einer speziellen Berufsqualifikation ist zu ersetzen durch das Prinzip der wiederholten Lernphasen. Dieses Prinzip des lebenslangen Lernens baut auf den Erwerb berufsbefähigender Grundqualifikationen auf und sieht die Einschaltung weiterer Qualifizierungsphasen während des Berufslebens vor. Der Ausbau der Weiterbildungsangebote muß verstärkt Ansätze zur Einübung von Sozialverhalten berücksichtigen und ein weites Spektrum an allgemeinen, politischen und berufsbezogenen Themen beinhalten.
Bildungsurlaub Auch für diesen Zweck ist auf Bundesebene eine gesetzliche Rahmenregelung für die be39 fristete Freistellung von beruflicher Tätigkeit (Bildungsurlaub) auf der Grundlage vorliegender Erfahrungen in einzelnen Bundesländern und aufgrund internationaler Verpflichtungen des Bundes anzustreben. (...)
Hochschulpolitik Die Hochschulen stehen als Zentren wissenschaftlicher Forschung und Lehre in gesellschaftlicher Verantwortung. Für die nächsten Jahre ist es den Hochschulen zu ermöglichen, in eigener, durch alle Gruppen getragener Verantwortung die Ausbildung größerer Studentenzahlen durchzuführen und zugleich durch Studienreform zu verbessern sowie die Probleme der Forschung und des wissenschaftlichen Nachwuchses anzugehen. Auch die sozialen Probleme der Hochschulangehörigen, insbesondere der Studenten, sind zu lösen. (...)