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Industrie-und Handelskammern in der Politik. Eine Analyse des politischen Einflusses der Unternehmerkammer und des Konzepts gesamtwirtschaftlicher Mitbestimmung | APuZ 42/1979 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 42/1979 Betriebswirtschaftslehre unter dem Leitgedanken der Humanisierung Industrie-und Handelskammern in der Politik. Eine Analyse des politischen Einflusses der Unternehmerkammer und des Konzepts gesamtwirtschaftlicher Mitbestimmung

Industrie-und Handelskammern in der Politik. Eine Analyse des politischen Einflusses der Unternehmerkammer und des Konzepts gesamtwirtschaftlicher Mitbestimmung

Hermann Adam

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag will in seinem ersten Teil die Grauzone, in der sich die Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern bislang vollzog, etwas erhellen und durch Heranziehen empirischen Materials klären, wie weit der politische Einfluß der Industrie-und Handelskammern einschließlich ihrer Dachorganisation, des Deutschen Industrie-und Handelstages, tatsächlich reicht Möglichkeiten zur politischen Einflußnahme bieten sich den Industrie-und Handelskammern im Bereich der Bauleitplanung, der Wirtschaftsförderung, der Regional- und Landesplanung, der kommunalen Steuerpolitik, bei den Fachplanungen der Wirtschaftsministerien und auf Bundesebene bei allen Gesetzen, die die Gewerbliche Wirtschaft berühren. Eine Rekonstruktion ausgewählter politischer Entscheidungsprozesse auf kommunaler, Landes-und Bundesebene gibt über die politisch-gesellschaftliche Macht der Industrie-und Handelskammern ein sehr differenziertes Bild. In der kommunalen Steuerpolitik ist der Erfolg der Einflußversuche der Kammern gleich Null. Auf Länderebene kann der politische Einfluß der Kammern als gering veranschlagt werden; denn die Streitfragen, bei denen in den ausgewählten Untersuchungsbeispielen die Kammerwünsche berücksichtigt wurden, berühren die Belange der Gewerblichen Wirtschaft nur indirekt Am weitesten reicht der politische Einfluß der Industrie-und Handelskammern auf Bundesebene. Hier ist es dem DIHT etwa beim Berufsbildungsgesetz 1969 und beim Bundesimmissionsschutzgesetz 1974 gelungen, gewerkschaftliche Mitbestimmungsrechte abzuwehren, unternehmerische Dispositionsrechte zu verteidigen und zusätzliche Kostenbelastungen von den Unternehmen fernzuhalten. Da die Industrie-und Handelskammern zur Zementierung gesellschaftlicher Verhältnisse und damit zur Wahrung und Durchsetzung von Unternehmerinteressen beitragen, erscheint es verständlich und legitim, wenn DGB und SPD Forderungen auf den Tisch legen, die darauf abzielen, andere gesellschaftliche Gruppen stärker in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Es fragt sich allerdings, ob die Errichtung von Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialräten, wie SPD und DGB es fordern, sowohl am Ablauf des regional-und strukturpolitischen Willensbildungsprozesses als auch am Inhalt der Entscheidungen wesentliches ändern können.

Immer wieder werfen sich die beiden großen sozialen Kontrahenten, Gewerkschaften und Unternehmerverbände, gegenseitig vor, der Mächtigere zu sein und zuviel politischen Einfluß zu besitzen Diese Kontroverse ist allerdings nicht allein auf Gewerkschaften auf der einen und Arbeitgeber-und Unternehmerverbände auf der anderen Seite beschränkt. Vielmehr gehört es zur rhetorischen Pflichtübung jeder Interessengruppe, ihre Gegenspieler als mächtiger hinzustellen als sich selbst.

Derartige Auseinandersetzungen leiden etwas unter der Tatsache, daß bislang über das Zustandekommen selbst der wichtigsten Gesetze der Nachkriegszeit noch keine empirischen Untersuchungen vorliegen*). An die Stelle solcher an sich notwendiger empirisch gesicherter Erkenntnisse treten daher in der Regel nur Mutmaßungen über die vermeintliche Rolle von Verbänden im Prozeß der politischen Willensbildung.

Die Forderung der Gewerkschaften, den Industrie-und Handelskammern ihren öffentlich-rechtlichen Status abzuerkennen und einen Teil ihrer Aufgaben paritätisch mit Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertretern besetzten regionalen Wirtschafts-und Sozialräten zu übertragen 3), basiert auf der Annahme, daß die Unternehmer — außer über ihre privatrechtlichen Verbände — auch über die Kammern einen sehr großen politischen Einfluß ausüben. Dieser Beitrag will in seinem ersten Teil die Grauzone, in der sich die Tätigkeit der Industrie-und Handelskammern bislang vollzog, etwas erhellen und durch Heranziehen empi rischen Materials klären, wie weit der politi sehe Einfluß der Industrie-und Handels kammern einschließlich ihrer Dachorganisa tion, des Deutschen Industrie-und Handels tages (DIHT), tatsächlich reicht. Der zweit Abschnitt befaßt sich mit den Vorschlägen zu Bildung von Wirtschafts-und Sozialrätei (DGB) bzw. von Strukturräten (SPD), derei Verwirklichung die Rolle der Industrie-um Handelskammern erheblich verändern wür de.

INHALT I. Die Rolle der Industrie-und Handelskammern im politischen Entscheidungsprozeß 1. Rechtliche Grundlagen und Organisation der Industrie-und Handelskammern Die gesetzlichen Aufgaben der Industrie-und Handelskammern und ihre Stellung im politischen System 3. Bereiche der politischen Einflußnahmen der Industrie-und Handelskammern a) Bauleitplanung b) Wirtschaftsförderung c) Regional-und Landesplanung d) Kommunale Steuerpolitik e) Fachplanungen der Wirtschaftsministerien 4. Ergebnisse politischer Einflußversuche der Industrie-und Handelskammern 5. Die politisch-gesellschaftliche Macht der Industrie-und Handelskammern in der Bundesrepublik II. Gesamtwirtschaftliche Mitbestimmung, Industrie-und Handelskammern und regionale Strukturpolitik 1. Das DGB-Konzept der Wirtschaftsund Sozialräte 2. Das Strukturräte-Konzept der SPD 3. Offene Probleme gesamtwirtschaftlicher Mitbestimmung durch „Räte" III. Schlußfolgerungen

I. Die Rolle der Industrie-und Handelskammern im politischen Entscheidungsprozeß

Obwohl die Industrie-und Handelskammern seit über 100 Jahren existieren, sind ihre Aktivitäten in der sozialwissenschaftlichen Literatur, von wirtschaftshistorischen Publikationen einmal abgesehen, noch wenig berücksichtigt worden. Lediglich im juristischen Bereich finden sich zahlreiche Abhandlungen, die sich vorwiegend mit dem Problem der Zwangszugehörigkeit der Gewerbetreibenden und der Rechtsform der Industrie-und Handelskammern befassen

Der folgende erste Unterabschnitt behandelt die rechtlichen Grundlagen und die Organisation der Industrie-und Handelskammern, der zweite Abschnitt erörtert ihre gesetzlichen Aufgaben und ihre Stellung innerhalb des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Im dritten Abschnitt werden die Bereiche beschrieben, in denen sich den Kammern Möglichkeiten bieten, politische Entscheidungen gemäß ihren Zielvorstellungen zu beeinflussen. Anschließend wird an einigen konkreten Fällen nachgewiesen, welchen Erfolg politische Einflußversuche der Industrie-und Handelskammern tatsächlich gehabt haben.

1. Rechtliche Grundlagen und Organisation der Industrie-und Handelskammern

Die Aufgaben der 73 in der Bundesrepublik Deutschland existierenden Industrie-und Handelskammern sind durch das „Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie-und Handelskammern" vom 18. Dezem-ber 1956 festgelegt Danach beruht das Kammerwesen auf drei Grundprinzipien:

a) Dem Prinzip der Rechtseinheit, womit gemeint ist, daß das Kammerwesen in der gesamten Bundesrepublik im Unterschied zu früher einheitlich geregelt ist.

b) Dem Prinzip der Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes: Alle Gewerbetreibenden eines Bezirkes, mit Ausnahme derjenigen, die zum Handwerk zählen, müssen der Kammer angehören und sind verpflichtet, die Kosten der Kammerarbeit mit zu tragen. Die Kammerzugehörigkeit, die ein öffentlich-rechtliches Verhältnis darstellt, begründet neben der Beitragspflicht das Wahlrecht zu den Kammerorganen und die Möglichkeit, in den Kammer-gremien mitzuarbeiten.

c) Dem Prinzip der Selbstverwaltung: Als Selbstverwaltung gilt eine Organisationsform der öffentlichen Verwaltung, „bei der vom Staat unterschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts aufgrund gesetzlicher Gewährung des Selbstverwaltungsstatus eigene Aufgaben mit eigenen Organen in eigenem Namen auch in eigener administrativer und finanzieller Verantwortung erfüllen" Die durch das Gesetz den Kammern zugewiesenen Aufgaben werden also von den Kammern autonom wahrgenommen, d. h.der Staat hat auf unmittelbare Weisung und Leitungsbefugnisse ausdrücklich verzichtet und beschränkt sich den Kammern gegenüber auf eine Rechts-aufsicht.

Die öffentlich-rechtliche Körperschaft „Industrie- und Handelskammer" wird aus den Kammerzugehörigen gebildet. Kammerzugehörig sind nach § 2 des IHK-Gesetzes zur Gewerbesteuer veranlagte natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere, nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, die im Bezirk der Industrie-und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten. Ausgenommen sind Ge-werbetreibende, die zur Organisation des Handwerks gehören.

Höchstes Organ einer Kammer ist die Vollversammlung, die von den Kammerzugehörigen gewählt wird und ein Spiegelbild der regionalen und sektoralen Struktur des Kammerbezirks sein soll. Aus dem Kreis der Vollversammlung werden der Präsident der Kammer und die weiteren Mitglieder des sogenannten Präsidiums als Repräsentanten der Kammer nach außen gewählt. Sowohl Vollversammlung als auch Präsidiumsmitglieder einer Kammer sind ehrenamtlich tätig.

An der Spitze der hauptberuflich in einer Kammerverwaltung Tätigen steht ein Haupt-geschäftsführer, der von der Vollversammlung bestellt wird. Die stellvertretenden Hauptgeschäftsführer und die übrigen Mitglieder der Geschäftsführung werden vom Präsidium bzw. von den Präsidenten im Einvernehmen mit dem Hauptgeschäftsführer eingestellt. In großen Kammern gibt es zusätzlich zu den Geschäftsführern noch eine Anzahl von Referenten. Die Spitzenorganisation der Industrie-und Handelskammern, der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT), ist nach den gleichen Prinzipien aufgebaut.

Die Kammern finanzieren ihre Arbeit ausschließlich durch Beiträge und Gebühren, die von den Zugehörigen aufgebracht werden. Nur ganz wenige Kammern veröffentlichen dazu Zahlen. Grob geschätzt dürften allen Kammern zusammengenommen 1978 rund 1, 3 Mrd. DM zur Verfügung gestanden haben

2. Die gesetzlichen Aufgaben der Industrie-und Handelskammern und ihre Stellung im politischen System

Als allgemeinste Aufgabe schreibt das Gesetz den Kammern vor, das Gesamtinteresse der Gewerblichen Wirtschaft zu wahren. Vertreter der Industrie-und Handelskammern berufen sich häufig auf diese allgemeine Formulierung des Gesetzestextes und nehmen sie zum Aufhänger der These, daß zwischen den Industrie-und Handelskammern und sonstigen Organisationen, die man im allgemeinen den Verbänden zuordnet, ein wesensmäßiger Unterschied bestehe. Als Begründung führen sie folgende Argumente ins Feld — Verbände verträten partikulare Interessen, die Industrie-und Handelskammern seien hingegen gesetzlich verpflichtet, das „Gesamtinteresse der Gewerblichen Wirtschaft" zu wahren. Als unabdingbare Voraussetzung dafür, diesen gesetzlichen Auftrag (Vertretung des Gesamtinteresses der Gewerblichen Wirtschaft) erfüllen zu können, sei die Zugehörigkeit der Gewerbetreibenden zu den Kammern kraft Gesetzes zu betrachten. Die Zwangszugehörigkeit der Gewerbetreibenden mache die Kammerorganisation unabhängig von den Wünschen einzelner Mitglieder. Denn kein Gewerbetreibender, der sich durch die Kammer nicht genügend vertreten fühlt, könne auf sie Druck ausüben, indem er mit Austritt oder Entzug der finanziellen Unterstützung droht. Im Gegensatz dazu müßten die privaten Wirtschaftsverbände bei ihrer Politik sehr starkauf die Sonderwünsche jedes einzelnen Mitgliedes Rücksicht nehmen, wenn sie nicht riskieren wollen, wegen Austritts zahlreicher Anhänger erheblich an Bedeutung einzubüßen. — Verbände seien privatrechtlich organisiert und befänden autonom über ihre Aufgaben, die Kammern hätten demgegenüber den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts mit klar umrissenem gesetzlichen Aufgabenbereich. Mit der Verleihung dieses öffentlich-rechtlichen Status werde — so die Kammern — vom Gesetzgeber anerkannt, daß ihre Tätigkeit im öffentlichen Interesse liege

Die Qualifizierung der Kammertätigkeit als dem öffentlichen Interesse dienend sei aus der Eigenart der Kammerarbeit und dem Verhältnis der Kammern zum Staat abzuleiten. Mit einer Vielzahl von Gesetzen und Verwaltungsvorschriften greife der Staat in das Wirtschaftsleben ein. Der Erlaß derartiger Gesetze und Verwaltungsvorschriften verlange von den staatlichen Behörden eine 'erhebliche Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen Praxis. Beschäftigte in Ministerialbürokratie und Gemeindeverwaltungen verfügten aber oft über keine eigene praktische Erfahrung im Wirtschaftsleben und benötigten daher bei Durchführung der Vorbereitung und ihrer Maßnahmen den Rat derjenigen, die nicht am „grünen Tisch“ sitzen, sondern in der Wirtschaftspraxis stehen.

Die Industrie-und Handelskammern seien Sammelstelle für diese praktische Wirtschaftserfahrung. In den ehrenamtlichen Gremien berieten Gewerbetreibende zusammen mit den zuständigen Kammermitarbeitern die anstehenden Probleme und brächten so in die Meinungsbildung der Kammer Argumente aus der Sicht der Praktiker ein. Wenn die Kammermitarbeiter Mitgliedsfirmen Auskünfte verschiedenster Art erteilten, stießen sie immer wieder auf vorhandene Gesetzes-lücken, auf Unklarheiten bei der Rechtsauslegung oder sonstige Unzulänglichkeiten, die eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit im Kammerbezirk erschwerten. Auf dieseyWeise entstünde bei den Kammern ein Erfahrungsschatz, den zu nutzen für die staatlichen Behörden unentbehrlich sei. Bei Durchführung der aller die Wirtschaft betreffenden Maßnahmen würden sie von den Kammern sachverständig beraten und unterstützt. Infolgedessen Kammern selbst verständen sich die nicht als dem Staat gegenübersteht Interessenverband, der und an ihn mit Forderungen herantritt.

Vielmehr begriffen sie sich als sachkundiger und objektiver Berater, der zum Staat in einem Kooperationsverhältnis steht

Weiterhin schreibt das Gesetz den Industrie-und Handelskammern folgende Aufgaben zu:

— Förderung der Gewerblichen Wirtschaft.

— Wahrung von Sitte und Anstand des ehrbaren Kaufmanns.

— Begründung von Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der Gewerblichen Wirtschaft.

— Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsausbildung.

— Ausstellung von Ursprungszeugnissen und andere dem Wirtschaftsverkehr dienender Bescheinigungen. — Weitere durch Gesetz und Rechtsverordnung übertragene Aufgaben.

Die meisten dieser Kammertätigkeiten können als Dienstleistung entweder für den Staat (z. B. Gutachten über UK-Stellung oder für kammerzugehörige Unternehmen (z. B. Ausstellung von Carnets bezeichnet werden. Die Durchführung der Berufsausbildung ist demgegenüber eine typische Selbstverwaltungsaufgabe der Kammern. Bei der Unterstützung der Behörden durch Vorschläge, Gutachten und Berichte erhalten die Kammern ebenso wie bei der Wahrung des Gesamtinteresses der Gewerblichen Wirtschaft gleichzeitig die Möglichkeit, politische Entscheidungen zu beeinflussen. Als „politisch" sollen hier alle Entscheidungen gelten, die von staatlichen Organen — also Exekutive einschließlich Ministerialbürokratie und Legislative — auf den Ebenen von Bund, Ländern und Gemeinden getroffen werden.

Mit der hier vorgenommen analytischen Einengung des Begriffes „politisch" auf die Entscheidungssphäre staatlicher Organe bleiben allerdings — das betont sei nachdrücklich — unwesentliche politisch-gesellschaftlicher Bereiche Macht der Industrie-und Handelskammern ausgeklammert: die Standort-entscheidungen privater Unternehmen und die Entscheidungen auf dem Gebiet der soge-nannten Selbstverwaltungsaufgaben der Industrie-und Handelskammern.

Auf die Standortentscheidungen privater Unternehmen wirken die Kammern insofern ein, als sie durch Auskünfte über die wirtschaftlichen Gegebenheiten einer Region (Erschließungskosten, Steuerbelastung, Lohnniveau, Verkehrsverbindungen) ein Unternehmen in seinem Entschluß, sich am Ort anzusiedeln, bestärken oder ihm von seinem Vorhaben abraten können. Da eine Unternehmensansiedlung die Belange der Bevölkerung einer Gemeinde in vielfacher Hinsicht berührt, ist eine Standortentscheidung eines Unternehmens, obwohl sie von Privatpersonen in eigener Verantwortung getroffen wird, von öffentlichem Interesse und — so gesehen — „politisch".

Bei der Wahrnehmung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben berühren die Industrie-und Handelskammern ebenfalls die Interessen breiter Bevölkerungskreise. Insbesondere mit der Pflicht, die Berufsausbildung zu überwachen und die beruflichen Abschlußprüfungen abzunehmen, erhalten sie, zusammen mit den Handwerkskammern, ein Monopol auf diesem Gebiet, das ihnen ein hohes Maß an gesellschaftlicher Verantwortung überträgt, gleichzeitig aber auch entsprechendes politisches Gewicht verleiht. Ihre Selbstverwaltungstätigkeit auf diesem Sektor kann deshalb auch als „politisch" bezeichnet werden. Nachfolgend sollen jedoch nur die Einflußnahmen der Industrie-und Handelskammern auf Entscheidungen staatlicher Organe untersucht werden.

3. Bereiche der politischen Einflußnahme der Industrie-und Handelskammern

Ebenso wie anderen Verbänden bieten sich auch den Kammern eine Reihe von Möglichkeiten, ihre Auffassungen und Wünsche den staatlichen Entscheidungsträgern vorzutragen, bevor diese einen endgültigen Beschluß fassen. Zum Teil sind diese Einflußmöglichkeiten formeller Art, d. h. sie beruhen auf Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Erlassen, in denen eine Einschaltung der Kammern vorgeschrieben ist, zum Teil sind sie informeller Art und ergeben sich, ohne kodifiziert zu sein, aus langjährigen Gepflogenheiten. Darüber hinaus eröffnen sich den Kammern Einflußmöglichkeiten auf der Basis personeller und organisatorischer Verflechtungen mit anderen Institutionen. Im folgenden sollen die Einflußbereiche der Kammern und die Form, wie sie ihre Einflußchancen nutzen, näher beschrieben werden.

a) Bauleitplanung

In § 2 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 heißt es: „Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sollen die Behörden und die Stellen beteiligt werden, die Träger öffentlicher Belange sind."

Wer zu den Trägern öffentlicher Belange im Sinne des BBauG gehört, ist in entsprechenden Erlassen der Bundesländer festgelegt überall sind die Industrie-und Handelskammern als Träger öffentlicher Belange aufgeführt und müssen deshalb bei der Aufstellung von Bauleitplänen beteiligt werden.

Angesichts der Vielzahl der Bauleitpläne, die Jahr für Jahr in einem Kammerbezirk aufgestellt werden — es sind oft mehrere Hundert —, können sich die Kammern nicht mit jedem einzelnen intensiv befassen. In der Mehrzahl der Fälle steht in der schriftlichen Äußerung der Kammern daher lapidar der Satz: „Belange der Wirtschaft werden nicht berührt, die Kammer erhebt daher keine Einwände." Häufig geben die Kammern ihre Einverständniserklärung auch nur mündlich ab. Stellungnahmen der Kammern zu Bauleitplänen können deshalb zu den Routineangelegenheiten gerechnet werden, denen in der Regel von den Kammern keine allzu große Bedeutung beigemessen wird.

b) Wirtschaftsförderung

In einigen Bundesländern sind die Kammern bei der Vergabe der Wirtschaftsförderungsmittel eingeschaltet. Ihre Rolle bei Anträgen von Unternehmen auf Wirtschaftsförderung reicht von der fakultativen gutachtlichen Stellungnahme (Hessen) bis zur Aufgabe, Anträge entgegenzunehmen, gutachtlich zu beurteilen und weiterzuleiten (Rheinland-Pfalz). Sofern die Kammern gutachterlich tätig werden, ist ihr Spielraum allerdings sehr begrenzt. Die Kammern haben in diesem Fall nur zu prüfen, ob ein antragstellendes Unternehmen die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt, und auf der Basis dieser Prüfung den Antrag zu befürworten oder zu empfehlen, ihn abzulehnen.

Wo die Kammern in das Verfahren intensiv eingeschaltet sind, sei es, weil der Antragsweg institutionell so geregelt ist, sei es, weil die Unternehmen von sich aus die Kammern in Anspruch nehmen, erfolgt auf diese Weise eine Art Vorfilterung der Anträge. Die Kammern raten Unternehmen, die nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Förderung mitbringen, von einer Antragstellung ab, weil sie von vornherein aussichtslos erscheint. In anderen Fällen ermuntern die Kammern Unternehmen, die für eine Förderung in Frage kommen, den Antrag zu stellen, und fertigen auch ein dementsprechend wohlwollendes Gutachten.

Eine direkte Entscheidungsbefugnis über die Bewilligung der Anträge besitzen die Kammern indessen nicht. Das obliegt den jeweils dazu berufenen Gremien, in denen die Kammern in manchen Bundesländern mit beratender Stimme zusammen mit anderen Institutionen vertreten sind.

c) Regional-und Landesplanung

Eine institutionalisierte Einflußmöglichkeit besteht für die Industrie-und Handelskammern in fast allen Bundesländern bei der Regional-und Landesplanung. In den verschiedenen Landesplanungsgesetzen sind bei der jeweiligen obersten Landesplanungsbehörden Beiräte als Beratungsorgane vorgesehen, in die die Industrie-und Handelskammern Vertreter, meist einen, entsenden Unterhalb der Landesebene bestehen in vielen Bundesländern regionale Planungsgemeinschaften bzw. sind zur Zeit erst im Entstehen begriffen. Wo solche Planungsgemeinschaften bereits ihre Arbeit aufgenommen und Entwürfe von regionalen Entwicklungsplänen aufgestellt oder schon verabschiedet haben, sind in der Regel regionale Planungsbeiräte gebildet worden. Ihre Zusammensetzung entspricht im wesentlichen der bei den Landesplanungsbeiräten.

In der Regional-und Landesplanung werden wichtige Vorentscheidungen über die Ausstattung einzelner Regionen mit Infrastruktur und damit über günstige Rahmenbedingungen des Wirtschaftens gefällt. Somit sind die Kammern hier besonders in ihrem gesetzlichen Aufgabenbereich angesprochen, das „Gesamtinteresse der Gewerblichen Wirtschaft" zu wahren.

d) Kommunale Steuerpolitik

Ein weiterer Bereich, bei dem sich den Industrie-und Handelskammern die Möglichkeit zur Einflußnahme auf politische Entscheidungen bietet, ist die Kommunale Steuerpolitik. In einem Runderlaß des Innenministers von Nordrhein-Westfalen vom 1. September 1959 wird den Gemeinden dieses Bundeslandes empfohlen, „vor der Festlegung der Realsteuerhebesätze durch den Rat der Gemeinde mit den zuständigen Berufsvertretungen (Industrie-und Handelskammer, Landwirtschaftskammer, Handwerkskammer) Fühlung zu nehmen" Dieselbe Empfehlung galt für den Fall, daß die Gemeinde die Einführung einer Lohnsummensteuer plante.

Obwohl eine vergleichbare Regelung in anderen Bundesländern nicht existiert, ist es gängige Praxis, daß die Kammern bei einer beabsichtigten Realsteuersatzerhöhung Stellung nehmen. Da derartige Vorhaben immer vorab an die Öffentlichkeit dringen, fällt es den Kammern nicht schwer, sich rechtzeitig in die Diskussion einzuschalten und ihre Meinung zu äußern. Eine Einflußnahme auf die Entscheidung der Gemeinde ist in solchen Fällen für die Kammern um so mehr angezeigt, als es für sie darum geht zu versuchen, steuerliche Mehrbelastungen von der Gewerblichen Wirtschaft fernzuhalten.

e) Fachplanungen der Wirtschaftsministerien

Fast alle Gemeinsamen Geschäftsordnungen (GGO) der Landesministerien sehen eine Beteiligung von außerhalb der Landesregierungen stehenden Stellen bei der Vorbereitung von Gesetzesentwürfen vor. So heißt es etwa im § 87 der GGO des Landes Hessen:

„(1) Außerhalb der Landesregierung stehende, amtlich nicht beteiligte Stellen dürfen bei der Vorbereitung von Gesetzentwürfen nur ge-hört werden, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder im öffentlichen Interesse geboten ist Über Art und Umfang der Anhörung entscheidet der zuständige Minister. Soweit ein Gesetzentwurf für die Landesregierung von besonderer politischer Bedeutung ist, führt der federführende Minister eine Entscheidung des Ministerpräsidenten herbei.

* (2) Den anzuhörenden Stellen soll der Wortlaut eines Entwurfs in der Regel nur insoweit zur Kenntnis gebracht werden, als dies für ihre sachgerechte Stellungnahme erforderlich ist. Die anzuhörenden Stellen sind zur vertraulichen Behandlung des bekanntgegebenen Materials zu verpflichten. Die Anhörung ist so durchzuführen, daß die Entscheidungsfreiheit der Landesregierung nicht beeinträchtigt wird. (3) Ob und inwieweit ein Gesetzentwurf anderen, nicht anzuhörenden Stellen oder Personen ganz oder teilweise zugänglich gemacht werden soll, bevor die Landesregierung den Entwurf verabschiedet hat, entscheidet der zuständige Minister, bei besonderer politischer Bedeutung der Ministerpräsident."

Gleichlautende oder dem Sinne nach ähnliche Regelungen gibt es auch in den übrigen Bundesländern. Was die Industrie-und Handelskammern anbetrifft, so ist es in allen Ländern und Ministerien Verwaltungsübung, sie bei Fachplanungen, insbesondere des Wirtschaftsministeriums, vorher anzuhören. Im Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gibt es sogar einen Hauserlaß vom 29. August 1967, der die Abteilungen des Ministeriums ausdrücklich anhält, bei einer ganzen Reihe von Sachgebieten mit den Industrie-und Handelskammern zusammenzuarbeiten

Die Art der Zusammenarbeit zwischen Industrie-und Handelskammern und Ministerien richtet sich in der Praxis nach dem anstehenden Einzelfall. Bei umfangreicheren Vorhaben werden die Kammern meist um eine schriftliche Stellungnahme gebeten, wobei sich die Ministerien in der Regel an die Arbeitsgemeinschaft der Industrie-und Handelskammern des betreffenden Landes wenden. Diese bemüht sich dann zusammen mit allen Industrie-und Handelskammern des Landes darum, zu einer einheitlichen Auffassung zu kommen. Nach kammerinterner Diskussion wird die Stellungnahme der IHK’n dann schließlich von der Arbeitsgemeinschaft bzw.der für das betreffende Sachgebiet federführenden Kammer dem Ministerium übermittelt.

Gelegentlich treffen die zuständigen Fachreferenten des Ministeriums und der IHKn auf Einladung von einer der beiden Seiten auch zu einer Sachdiskussion über das geplante Vorhaben zusammen. Ist eine Angelegenheit sehr eilig, setzen sich die Ministerien dagegen kurzerhand telefonisch mit den Kammern in Verbindung.

Ohne aktuellen konkreten Anlaß finden in fast allen Länderwirtschaftsministerien in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, meist vierteljährlich, sogenannte Kontakt-gespräche statt. An diesen Gesprächen nehmen in der Regel von den Ministerien die Staatssekretäre und Abteilungsleiter, von den Kammern die Hauptgeschäftsführer und ggf. einige Abteilungsleiter teil. Diese Treffen dienen weniger der gezielten Einflußnahme der Kammern auf geplante Entscheidungen, sondern mehr der gegenseitigen Information. Einerseits haben die Kammern das Bedürfnis, sich über beabsichtigte Vorhaben des Ministeriums zu unterrichten. Andererseits möchte das Ministerium die Stimmung der „Wirtschaft" kennenlernen. Die Industrie-und Handelskammern erhalten bei derartigen Kontaktgesprächen oft einen Informationsvorsprung im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Gruppen, weil ähnliche, fast regelmäßige informelle Treffen mit den übrigen Verbänden von den Wirtschaftsministerien in der Regel nicht gepflegt werden.

Der Informations-und Meinungsaustausch findet nicht nur auf der höchsten Ebene der Administration, sondern auch auf Referenten-ebene statt. Erleichtert wird dieser Prozeß dadurch, daß viele Referenten und Geschäftsführer der Industrie-und Handelskammern ihre berufliche Laufbahn in einer Behörde oder in einem Ministerium begonnen haben. Umgekehrt kommt es auch vor, daß Kammerreferenten und -geschäftsführer in ein Ministerium oder eine Behörde überwechseln. Von daher besteht häufig ein guter Kontakt speziell zwischen den Referenten der gleichen oder verwandter Fachgebiete. Von diesem gegenseitigen Erfahrungsaustausch dürften beide Seiten profitieren. Je nach Einzelfall kann es sich dann um eine Beeinflussung des Ministeriums durch die Kammer oder umgekehrt . um eine Beeinflussung der Kammer durch das Ministerium handeln. 4. Ergebnisse politischer Einflußversuche der Industrie-und Handelskammern Viele Analysen der Verbändemacht haben eine Schwäche: Sie differenzieren nicht zwischen den EinilxLÜmögnchkeiten, die einem Verband offenstehen, seinen tatsächlichen Einflußnahmen und dem eigentlichen Einfluß, d. h.dem Ergebnis seiner Einflußnahmen. Vielmehr setzen sie die EinfluBmöglichkeiten, wie sie beispielsweise in der Finanzkraft oder der Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter, die der Verband beschäftigt, zum Ausdruck kommen, mit seinem realen politischen Einfluß gleich

Hier soll mm auf den tatsächlichen politischen Einfluß der Industrie-und Handelskammern eingegangen werden. Unter Einfluß soll hierbei die durch die Aktivitäten der Industrie-und Handelskammern erreichte Mitgestaltung bzw. Änderung staatlicher Entscheidungen gemäß den Zielvorstellungen und Bewertungen der Kammern verstanden werden. Eine solche Prüfung des Einflusses kann nicht allumfassend sein, sondern muß die politische Einflußnahme der Kammern und deren Wirkung an ausgewählten typischen Einzelfällen demonstrieren. Dabei sind zentrale politische Entscheidungsprozesse (Key-decisions) daraufhin zu überprüfen, wer dabei seine Vorstellungen am weitesten durchsetzen konnte.

Die Auswahl derjenigen Entscheidungsprozesse, die als zentral angesehen werden und deren Ergebnis analysiert werden soll, ist jedoch methodisch äußerst problematisch, weil je nach politischen Wertvorstellungen unterschiedliche Entscheidungen als „Key-decisions" betrachtet werden Sie bedarf daher einer Begründung. Für die hier vorgenommene Auswahl waren folgende Kriterien maßgebend: — Aus den Bereichen, die einer politischen Einflußnahme der Kammern unterliegen (Bauleitplanung, Wirtschaftsförderung, Regional-und Landesplanung, Kommunale Steuerpolitik, Fachplanungen der Wirtschaftsministerien) sind zum Zwecke des empirischen Nachweises von politischem Einfluß nur solche Bereiche auszuwählen, bei denen es zu Kontroversen zwischen Entscbeidungsträgern und Kammern kommt. Denn wenn von vornherein Einvernehmen zwischen Kammern und Entscheidungsträgern herrscht, erübrigen sich für die Kammern jegliche Bemühungen, ihre Vorstellungen durchzusetzen, und es gibt folglich auch keine Einflußversuche, die zu untersuchen wären.

— Da die Kammern vorwiegend Vertreter regionaler Wirtschaftsinteressen sind, muß die Analyse alle Ebenen des politisch administrativen Systems, also Entscheidungen auf Bundes-, Länder-und Gemeindeebene einbeziehen, um über die Rolle der Industrie-und Handelskammern im politischen Willensbildungsprozeß ein Bild zu gewinnen.

Diese beiden Kriterien — Konfliktträchtigkeit der Entscheidung und Berücksichtigung aller Entscheidungsebenen — engen die Bereiche, bei denen eine politische Einflußnahme der Kammern empirisch nachvollzogen werden kann, schon beträchtlich ein. Die Komplexe „Bauleitplanung“ und „Wirtschaftsförderung" scheiden dann nämlich für die Analyse aus, weil die Kammern hier Routinearbeiten . verrichten und Differenzen mit den verantwortlichen Instanzen in der Regel nicht auftreten. Dasselbe gilt für die Fachplanungen der Wirtschaftsministerien, wo ebenfalls meist Einvernehmen zwischen Kammern und Ministerial-Bürokratie vorhanden ist Es bleiben somit die Entscheidungsbereiche „Kommunale Steuerpolitik" und „Regionalund Landesplanung" übrig, die einer empirischen Analyse des Ergebnisses der IHK-Einflußversuche zugänglich sind. Um auch für die Bundesebene entsprechende Aussagen über die politische Bedeutung der Industrie-und Handelskammern machen zu können, soll im folgenden auch auf die Erfolge und Mißerfolge des DIHT eingegangen werden, das Berufsbildungsgesetz von 1969 und das Bundesimmissionsschutzgesetz von 1974 in seinem Sinne zu beeinflussen. Diese beiden Gesetze sind deshalb als Key-decisions anzusehen, weil das eine ein zentrales Tätigkeitsfeld der Industrie-und Handelskammern berührt (Berufsbildung), das andere als Umweltschutzgesetz der Wirtschaft Auflagen erteilt und staatliche Eingriffe ermöglicht, weshalb in beiden Fällen Widerstände von Seiten des DIHT zu vermuten sind.

Wenn in einer Gemeinde eine Erhöhung der Realsteuerhebesätze (oder früher auch die Einführung der Lohnsummensteuer) ansteht, versuchen die Industrie-und Handelskammern in aller Regel, dies zu verhindern. Dabei argumentieren sie wie folgt:

1. Die Hebesätze seien in anderen Städten und Gemeinden nicht so hoch. Stand die Einführung der Lohnsummensteuer zur Diskussion, wurde darauf hingewiesen, daß nur wenige Städte und Gemeinden sie eingeführt hätten und in Bayern diese Steuer ganz verboten sei.

2. Hohe Realsteuerlasten schreckten Unternehmen von einer Ansiedlung in der betreffenden Stadt oder Gemeinde ab, für bereits ansässige Unternehmen werde es vorteilhaft, ab-zuwandern. 3. Die Steuereinnahmen für das kommende Haushaltsjahr seien zu niedrig geschätzt Bei realistischeren Annahmen werde das drohende Haushaltsdefizit viel geringer ausfallen und eine Erhöhung der Realsteuern entbehrlich sein.

4. Die Ausgaben der Stadt oder Gemeinde seien zu hoch und könnten in dem einen oder anderen Bereich etwas gekürzt werden. Einsparungsvorschläge werden dann meist je nach örtlichen Verhältnissen für den Personalbereich oder für den sozialen Bereich unterbreitet Die einseitige Belastung der Wirtschaft zur Finanzierung zu hoher kommunaler Ausgaben wird abgelehnt Das Ergebnis der Einflußversuche auf die Kommunale Steuerpolitik ist für die Kammern fast immer negativ. Die Finanznöte einer Gemeinde sind in derartigen Fällen immer so groß und die Einsparungsmöglichkeiten im Haushalt so gering, daß eine Steuererhöhung unumgänglich ist und die Kammern sich mit ihren Vorbehalten nicht durchsetzen können. Etwas weiter reicht der Einfluß der Industrie-und Handelskammern bei der Regional-und Landesplanung 22). Bevor der Entwurf eines Landesentwicklungs-oder Landesraumordnungsplanes fertiggestellt ist, werden die Kammern nicht eingeschaltet und erfahren nichts über den Inhalt des Planes. Erst wenn der erste Entwurf ausgereift ist und zur Diskussion gestellt wird, können sich die Kammern als eine Organisation unter einer Reihe anderer dazu äußern.

überall reichen die Kammern dann den zuständigen Planungsinstanzen mehr oder weniger umfangreiche schriftliche Stellungnahmen ein, in denen sie sich besonders für einen Ausbau der Infrastruktur, vornehmlich der Verkehrswege und Einrichtungen, aussprechen. Wenn die Formulierungen in den Entwürfen — was meistens der Fall ist — leerformelhaft und unverbindlich bleiben und auch keine Prioritäten setzen, sind die Stellungnahmen der Kammern in der gleichen Tonart gehalten. Änderungswünsche beziehen sich dann oft nur auf redaktionelle Textkorrekturen. Allenfalls wird vorgeschlagen, in mehr Gebieten die Infrastruktur zu verbessern, als im Planentwurf vorgesehen ist.

Sobald indessen Prioritäten gesetzt werden, wie etwa im Straßenbau, treten Konflikte auf. Je nach regionalen Interessen setzen sich die Kammern dann für den vorrangigen Bau des Verkehrsweges in jeweils ihrem Gebiet ein. Die Planungsträger erhalten in solchen Fällen gegensätzliche Stellungnahmen, wobei die Kammern manchmal gar nicht versuchen, eine einheitliche Linie zu verfolgen, wie das Beispiel Schleswig-Holstein zeigt. Dadurch neutralisieren sich die Anstrengungen der Kammern oft gegenseitig.

Eine vollständige Berücksichtigung der Kammerwünsche findet nicht statt. Die endgültige Fassung eines Landesentwicklungs-oder Raumordnungsplanes sieht immer anders aus, als die Kammern es sich vorgestellt hatten. Andererseits zeigen geänderte, gestrichene oder zusätzlich aufgenommene Formulierungen in den Plänen, daß eine Reihe von Anregungen der Kammern von den Planungsinstanzen aufgegriffen wurde. Der politische Einfluß der Industrie-und Handelskammern dürfte somit auf Länderebene bei der Regional-und Landesplanung größer sein als auf kommunaler Ebene bei der Festlegung der Realsteuerhebesätze. Von einem dominierenden politischen Einfluß der Kammern auf Länderebene kann indessen, nachdem ihre Wünsche nur zum Teil berücksichtigt werden, nicht die Rede sein.

Im Prinzip gilt diese Aussage auch für den Deutschen Industrie-und Handelstag auf Bun-B desebene. Eine Rekonstruktion der Entscheidungsprozesse beim Berufsbildungsgesetz von 1969 und beim Bundesimmissionsschutzgesetz von 1974 belegt, daß der DIHT in beiden Fällen von den Ministerien eingeschaltet und um eine Stellungnahme ersucht wurde, sobald der erste Referentenentwurf diskussionsreif war. Mit umfangreichen Schriftsätzen bemühte sich der DIHT dann auch, die Entscheidung in seinem Sinne zu beeinflussen.

Beim Berufsbildungsgesetz ging es den Kammern und ihrer Spitzenorganisation vorrangig darum, ihren historisch gewachsenen Autonomiebereich in der Berufsausbildung zu bewahren und zu verteidigen. Nicht anders sind ihre Bestrebungen zu verstehen, die Kompetenzen aller anderen Instanzen wie des Bundeswirtschaftsministeriums als Verordnungsgeber und der Bundes-und Landesausschüsse für Berufsbildung zurückzudrängen. Dabei versuchten die Kammern auch, die Einführung demokratischer Verfahrensweisen wie etwa die Wahl des Prüfungsausschußvorsitzenden und dessen Stellvertreter durch den Prüfungsausschuß zu verhindern und forderten statt dessen die Bestellung durch die Kammer.

Ein besonderer Dorn im Auge schienen dem DIHT die den Gewerkschaften, aber auch anderen Gruppen nach dem Gesetzentwurf zuwachsenden Mitwirkungs-und Mitbestimmungsrechte in der Berufsausbildung zu sein.

Er versuchte daher, sowohl die Kompetenzen der Gremien, in denen Arbeitnehmer oder Gewerkschaftsvertreter Sitz und Stimme hatten (Bundes-, Landesausschuß für Berufsbildung, Berufsbildungsausschuß der zuständigen Stelle, Prüfungsausschüsse), soweit wie möglich zu beschneiden, als auch die Vorschlagsrechte der Gewerkschaften für diese Gremien zu beseitigen

Von 18 sehr gravierenden Einwänden, die der DIHT vorbrachte, wurden vom Gesetzgeber allerdings nur zwei berücksichtigt. Einer dieser berücksichtigten Einwände ist aber für den DIHT sehr wesentlich: Er betraf die Kompetenz der bei den Kammern zu errichtenden Berufsbildungsausschüsse. Ursprünglich sollten diese Ausschüsse auch Verwaltungsvorschriften erlassen und damit die Arbeit der Abteilung Berufsbildung in jeder Kammer erheblich mitbestimmen können. Der DIHT er-reichte jedoch, daß die Zuständigkeit der Ausschüsse auf den Erlaß von Rechtsvorschriften beschränkt ist. Ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften in den Kammern war damit erfolgreich abgewehrt. Gegenüber den drei Referentenentwürfen des Bundesimmissionsschutzgesetzes brachte der DIHT unzählige Änderungswünsche vor In jedem Entwurfsstadium wurden einige Anregungen des DIHT aufgegriffen, andere wiederum blieben unbeachtet. Dabei gelang es dem DIHT, eine Reihe einschneidenderer Umweltschutzbestimmungen von den Unternehmen fernzuhalten. So brauchen die Unternehmen nach der jetzt geltenden Regelung nicht, wie vom Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt, alles technisch mögliche zu tun, um Im-missionen zu verhindern, haben nicht die Beweislast dafür, daß Auflagen für sie wirtschaftlich nicht vertretbar sind, und sie erhalten eine Entschädigung, wenn ihnen der Betrieb einer Anlage aus Gründen des Umweltschutzes untersagt wird.

5. Die politisch-gesellschaftliche Macht der Industrie-und Handelskammern in der Bundesrepublik

Faßt man die Ergebnisse der Rekonstruktion ausgewählter politischer Entscheidungsprozesse, an denen die Industrie-und Handelskammern beteiligt waren, zusammen, so erhält man über ihre politisch-gesellschaftliche Macht ein sehr differenziertes Bild. Angesichts der methodischen Schwächen jeder entscheidungsgenetischen Analyse sind die Aussagen allerdings nur als Hypothesen aufzufassen, deren Gültigkeit in weiteren Untersuchungen empirisch überprüft werden müßte. In der Kommunalen Steuerpolitik ist der Erfolg der Kammerbemühungen gleich Null. Für die Regional-und Landesplanung und für die Bundesebene ist eine Aussage eindeutige schwieriger zu Denn wird treffen. immer ein Wünsche geringer Teil der der Kammern berücksichtigt und über den größeren Teil der Einwände setzt sich der Gesetzgeber hinweg. Will man jetzt die Reichweite des politischen Einflusses der Kammern angeben, so setzt das eine Gewichtung der einzelnen Streitfragen voraus, bei denen sich die Kammern durchsetzen bzw. nicht durchsetzen konnten. Ein derartiges Gewichten erfordert wiederum Kriterien, deren Auswahl nicht objektiv erfolgen kann, sondern von den politischen Wertvorstellungen des Analytikers geprägt wird.

Hier wird es für zweckmäßig gehalten, nach solchen Streitfragen, bei denen es nur um redaktionelle Korrekturen geht, und solchen, die die Interessen der Gewerblichen Wirtschaft eng berühren, zu unterscheiden. Als Interessen der Gewerblichen Wirtschaft, um deren Wahrung sich die Industrie-und Handelskammern, wie aus ihren Stellungnahmen ersichtlich ist, bemühen, sind anzusehen:

— die langfristige Sicherung möglichst hoher Unternehmensgewinne, vor allem durch Abwehr zusätzlicher Kostenbelastungen;

— die Beibehaltung oder sogar Ausweitung der Dispositionsrechte der Unternehmesleitungen im Rahmen einer dezentral gelenkten Wirtschaft. Zu den Dispositionsrechten der Unternehmensleitungen, wie sie hier verstanden werden sollen, gehören sowohl die Entscheidungsbefugnisse der Unternehmensleitungen gegenüber den Beschäftigten (interne Dispositionsrechte) als auch ihre weitgehende Entscheidungsautonomie gegenüber dem Staat (externe Dispositionsrechte: z. B.freie unternehmerische Investitionsentscheidungen).

Die Regional-und Landesplanung, wie sie in der Bundesrepublik praktiziert wird und wie sie an zwei Beispielen untersucht wurde, wirkt auf die infrastrukturellen Rahmenbedingungen der Tätigkeit der Gewerblichen Wirtschaft ein. Insofern ist durchaus ein — wenn auch indirekter — Bezug zu den Interessen der Gewerblichen Wirtschaft im eben definierten Sinne gegeben. Enger berührt werden die Interessen der Gewerblichen Wirtschaft jedoch zweifellos bei der Erhöhung der Realsteuerhebesätze (Nettogewinnschmälerung), beim Berufsbildungsgesetz (Beeinträchtigung interner unternehmerischer Dispositionsrechte) und beim Bundesimmissionsschutzgesetz (Beeinträchtigung externer unternehmerischer Dispositionsrechte). Deshalb Erfolge oder der Industrie-und Handelskammern bei der Einflußnahme auf diesen Gebieten höher zu bewerten als im Bereich der Regional-und Landesplanung.

Legt man diese Kriterien zugrunde, so ist der politische Einfluß der Industrie-und Handelskammern auf Länderebene gering zu veranschlagen. Versuche der Industrie-und Handelskammern, die Leerformeln im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg durch konkretere Aussagen zu ersetzen und Prioritäten zugunsten der Gewerblichen Wirtschaft festzulegen, sind gescheitert. Die Streitfragen, bei denen ihre Wünsche berücksichtigt wurden, berühren die Belange der Gewerblichen Wirtschaft so indirekt, daß von einem großen Einfluß bei der Vertretung von Wirtschaftsinteressen nicht geprochen werden kann.

Am weitesten reicht der politische Einfluß der Industrie-und Handelskammern zweifellos auf Bundesebene, wenn sie über ihre Dachorganisation DIHT versuchen, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Zwar wurden sowohl beim Berufsbildungsgesetz als auch beim Bundesimmissionsschutzgesetz viele ihrer Einwände nicht berücksichtigt. Doch eines darf nicht übersehen werden: Bei den Fragen, bei denen sich der DIHT durchsetzte, ging es um zentrale unternehmerische Interessen, nämlich, um die Abwehr gewerkschaftlicher Mitbestimmungsrechte in den Unternehmen und — beim Immissionsschutzrecht — um die Verteidigung von Dispositionsrechten und die Abwehr zusätzlicher Kostenbelastungen.

Trotz ihres progressiv anmutenden Engagements für einen zügigen Ausbau der Infrastruktur nehmen die Industrie-und Handelskammern somit eine den wirtschafts-und gesellschaftspolitischen Status quo konservierende Rolle im politischen Prozeß der Bundesrepublik ein. Dabei ist ihnen der weitgehende Konsensus mit der Ministerialbürokratie, wie er sich vor allen Dingen bei den Fachplanungen der Wirtschaftsministerien feststellen läßt, ebensosehr von Nutzen wie ihr Kontrollrecht über das Berufsbildungswesen. Somit können die Industrie-und Handelskammern zusammen mit der eher konservativ agieren-B den Ministerialbürokratie ein Vetokartell bilden, das in der Lage ist, bestimmte sozioökonomische Strukturen zu zementieren. Geht man davon aus, daß den Unternehmern gerade daran gelegen ist, weil sie eine Weiterentwicklung unserer Wirtschafts-und Gesell-schaftsordnung in Richtung eines alternativen Sozialstaatsmodells im Sinne Hartwichs unter allen Umständen verhindern wollen, so stellen die Industrie-und Handelskammern eine wichtige machtpolitische Stütze im System der Unternehmerverbände dar.

II. Gesamtwirtschaftliche Mitbestimmung, Industrie-und Handelskammern und regionale Strukturpolitik

Wenn die Industrie-und Handelskammern, wie dargestellt, zur Zementierung der gesellschaftlichen Verhältnisse und damit zur Wahrung und Durchsetzung von Unternehmerinteressen beitragen, so ist zu fragen, ob dies Aufgabe öffentlich-rechtlicher Körperschaften sein kann und ob ihre Vetoposition nicht ein Machtungleichgewicht zu Lasten anderer sozialer Gruppen, vor allem der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften, entstehen läßt, das gesellschaftspolitisch bedenklich ist. Nicht zuletzt deshalb liegen seit 1971 Forderungen des DGB auf dem Tisch, die darauf abzielen, andere gesellschaftliche Gruppen stärker in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Auch die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag 1977 Vorschläge unterbreitet, die in die gleiche Richtung zielen.

In den folgenden zwei Unterabschnitten werden diese beiden Konzepte vorgestellt. Anschließend wird auf einige, noch offene Fragen eingegangen, die sich bei der Verwirklichung dieser Konzepte stellen.

1. Das DGB-Konzept der Wirtschafts-und Sozialräte

Nach den Vorstellungen des DGB sollen auf Bundes-, Landes-und regionaler Ebene paritätisch mit Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertretern zu besetzende Wirtschafts-und Sozial-räte gebildet werden, denen folgende Rechte zu übertragen wären:

— Beratung der gesamten Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik, — Gesetzesinitiative gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften, — Enqueterecht, — Auskunfts-und Anhörungsrecht, — Minister, Leiter von Behörden oder von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sollten verpflichtet sein, auf Verlangen eines Rates oder einer seiner Ausschüsse Auskünfte zu erteilen, — Abgabe von Stellungnahmen und Gutachten zu allen Fragen der Wirtschafts-und Sozialpolitik. Auf regionaler Ebene sollen die Wirtschaftsund Sozialräte Aufgaben der regionalen Strukturplanung und Strukturpolitik, insbesondere der Raumordnung, der Verkehrsplanung, der Siedlungs-und Wohnungsbaupolitik, der Industrieansiedlung, der Wasserversorgung und der Müll-und Abwasserbeseitigungen übernehmen. Damit ist beabsichtigt, die Kompetenzen der Industrie-und Handelskammern in diesen Bereichen wesentlich zu beschränken und die gleichberechtigte Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften in der regionalen Strukturpolitik zu sichern.

2. Das Strukturrätekonzept der SPD

Die SPD forderte auf ihrem Hamburger Bundesparteitag 1977 zur besseren Willensbildung in der vorausschauenden Strukturpolitik die Schaffung von zwei Strukturräten, die für die verschiedenen staatlichen Ebenen wie auch für die Privatwirtschaft als Informationsund Beratungsgremien wirken und eine ziel-orientierte gesamtwirtschaftliche Entwicklung ermöglichen sollen

— Einen Strukturrat der öffentlichen Hand, ein gemeinsames Gremium aus Konjunkturrat und Finanzplanungsrat zur Beratung struktur-politischer Fragen.

— Einen Strukturrat der sozialen Gruppen in Weiterentwicklung der früheren Konzertierten Aktion, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch Gewerkschaften und Verbände paritätisch vertreten sind.

Aufgabe und Kompetenzen dieser Struktur-räte sollten wie folgt aussehen:

— Stellungnahme zum Entwurf des Struktur-berichts der Bundesregierung, — Stellungnahme zu den strukturellen Wirkungen der Geld-und Kreditpolitik sowie der Währungs-und Handelspolitik, — Anhörungs-und Vorschlagsrecht zu wichtigen strukturpolitischen Fragen, — Stellungnahme zu den Rahmenplänen der Gemeinschaftsaufgabe nach Artikel 91a Grundgesetz, — Empfehlungsrecht bei Standortentscheidungen öffentlich geförderter Großvorhaben von Privatunternehmen und öffentlichen Unternehmen, — Stellungnahme zu den arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen strukturpolitischer Maßnahmen. Im Unterschied zum DGB-Konzept weisen die SPD-Vorschläge den Räten weitaus weniger Kompetenzen zu: Ihre Zuständigkeit soll sich im wesentlichen auf die Abgabe von Stellungnahmen beschränken, wohingegen der DGB „seinen" Wirtschafts-und Sozialräten darüber hinaus das Gesetzesinitiativrecht, das Enqueterecht und das Recht zum Herbeizitieren von Ministern und leitenden Beamten zuerkennen will. Weiterhin weicht der SPD-Beschluß insofern vom DGB-Modell ab, als letzteres die Räte ausschließlich paritätisch mit Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertretern besetzen will, die SPD dagegen zwar Parität zwischen den Vertretern der beiden Sozialkontrahenten festlegt, aber die Möglichkeit offenläßt, die Vertreter weiterer Gruppen in die Räte aufzunehmen. Das SPD-Modell ist insofern also pluralistisch konstruiert.

Beide „Räte" -Konzepte, die im wesentlichen auf Gedanken zurückgehen, die schon in der Weimarer Republik angestellt wurden sind bislang vorwiegend unter verfassungsrechtlichen Aspekten gewürdigt worden. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob ein dreistufi-ges System von Wirtschafts-und Sozialräten nicht die Souveränität der vom Volk gewählten Parlamente antastet und die Entscheidungsfähigkeit der demokratisch-repräsentativen Organe gefährdet

Dieser Komplex soll hier ausgeklammert bleiben. Eingegangen werden soll lediglich auf einige grundsätzliche Probleme, die mit einer Umorganisation der politischen Willensbildung in der Regional-und Landesplanung durch Errichtung von Räten, sei es nach DGB-Muster, sei es nach SPD-Vorstellungen, verbunden sind.

3. Offene Probleme gesamtwirtschaftlicher Mitbestimmung durch „Räte“

Schon heute sind die gesellschaftlichen Gruppen über das bestehende Planungsbeiräte-System an der Regional-und Landesplanung beteiligt. Die Verfechter des Strukturrätekonzepts und des Wirtschafts-und Sozialrätemodells betonen jedoch übereinstimmend, daß diese institutionalisierte Mitbestimmungsmöglichkeit nicht ausreiche.

Hier soll nicht — das sei ausdrücklich betont — bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere nicht den Gewerkschaften, der legitime Anspruch streitig gemacht werden, auf die Regional-und Landesplanung stärker Einfluß zu nehmen. Es fragt sich indessen, ob „Räte“ im Vergleich zu den jetzt existierenden Beiräten sowohl am Ablauf des regional-und strukturpolitischen Willensbildungsprozesses als auch am Inhalt der Entscheidungen Wesentliches ändern können.

Gegenwärtig werden die Landesentwicklungspläne bzw. Landesraumordnungspläne von einer staatlichen Bürokratie erstellt, die der politischen Kontrolle des jeweiligen Ministeriums unterliegt. Dasselbe gilt für den Ablauf auf der Ebene der regionalen Planungsgemeinschaften. Die gesellschaftlichen Gruppen und die Planungsbeiräte werden erst in den Planungsprozeß einbezogen, wenn der erste Entwurf von der Bürokratie fertiggestellt worden ist

Da die zu errichtenden Wirtschafts-und Sozialräte ebenso wie die heutigen Beiräte nur Beratungsfunktion und keine Entscheidungsbefugnis haben sollen und auch nicht an eine Übertragung der politischen Verantwortlichkeit auf die Räte gedacht ist, bleibt unklar, was sich an diesem Verfahren dadurch ändern soll, daß man die Planungsbeiräte durch Struktur-oder Wirtschafts-und Sozialräte ersetzt. Zweifellos ergäbe sich nur eine formale Änderung, wenn man, was naheliegt, die gleichen Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen, die jetzt in einem Planungsbeirat sitzen, künftig in einen Struktur-oder Wirtschafts-und Sozialrat entsendet. Auch eine durch Parität von Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertretern geschaffene zahlenmäßig andere personelle Zusammensetzung des „Rates" bleibt solange relativ bedeutungslos, wie nur eine beratende Tätigkeit ausgeübt wird und keine Entscheidungen anstehen, die eine vorherige Abstimmung voraussetzen würden.

Eine veränderte regional-und strukturpolitische Willensbildung käme indessen, wenn überhaupt, nur zustande, wenn der Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialrat einen eigenen, alternativen Planentwurf auf regionaler Ebene bzw. Länderebene präsentieren würde und diesen der staatlichen Planungsbürokratie bereits am Beginn ihrer Arbeiten am Planentwurf unterbreiten könnte. Dies setzt allerdings voraus, daß die Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialräte über eigene, zu den staatlichen Bürokratien konkurrierende Planungsapparate verfügen Nur dann dürften die Mitglieder von Struktur-bzw. Wirtschaftsund Sozialräten tatsächlich in der Lage sein, auf die Gestaltung der Regional-und Landesplanung wirklich Einfluß zu nehmen.

Eine andere Frage ist jedoch, ob diese Einflußnahme auf Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialräte wesentliche inhaltliche Veränderungen der Regional-und Landesplanung nach sich zöge, selbst wenn sich die Räte auf einen ausreichend großen und qualifizierten Mitarbeiterapparat stützen könnten. Da sich die derzeitigen Pläne, wie empirische Beispiele belegen, durch eine große Unverbindlichkeit auszeichnen und fast ausschließlich Leerformeln enthalten hat ein Tätigwerden von Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialräten nur dann einen Sinn, wenn es ihnen gelingt, die Pläne in ihren Aussagen zu konkretisieren und auch klare Prioritäten zu setzen.

Hier sind jedoch erhebliche Zweifel anzumelden, ob Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozial-räte dazu einen Beitrag leisten können. Die Leerformelhaftigkeit der derzeitigen Pläne dürfte nämlich nicht so sehr darauf zurückzuführen sein, daß es keine „Räte“ gibt. Vielmehr dürfte die Ursache dafür, daß die Planungsinstanzen bei der Formulierung der Pläne den kleinsten gemeinsamen Nenner gewählt haben, in der spezifischen Konsensus-und Konfliktstruktur der Regional-und Landesplanung zu suchen sein.

Während nämlich bei vielen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zu lösenden Problemen die Konfliktgrenzen mit den Schicht-und Klassengrenzen parallel verlaufen, ist die Konflikt-struktur in der Regional-und Landesplanung viel differenzierter und gerade nicht mit den Schicht-und Klasseninteressen deckungsgleich Beispielsweise teilt die Frage der Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene (= gesamtgesellschaftliches Problem) die Betroffenen in zwei konträre Lager, wobei die Gruppe der Arbeitnehmer für und die der Arbeitgebergegen die paritätische Mitbestimmung ist.

Anders ist es hingegen bei einer Ansiedlung eines Gewerbebetriebes in einer beliebigen Stadt. Dafür werden sich der örtliche Einzelhandel und der Dienstleistungsbereich aussprechen, weil beide sich von der Ansiedlung ein zusätzliches Geschäft versprechen. Dagegen werden die Gewerbebetriebe der gleichen Branche sein, weil sie eine Konkurrenz um die Arbeitskräfte und ein Ansteigen des Lohnniveaus auf diesem Teilarbeitsmarkt befürchten. Auch auf der Arbeitnehmerseite ist die Haltung in dieser Frage oft nicht einheitlich. Diejenigen, die sich eine berufliche Verbesserung für sich versprechen und eventuell Aussicht auf einen Arbeitsplatz im neuen Unternehmen haben, werden sich fürdie Ansiedlung des Un-temehmens aussprechen. Andere wieder, die in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Gewerbebetriebes wohnen und vielleicht eine Lärm-oder Geruchsbelästigung von dem Werk befürchten, werden sich wieder dagegen aussprechen.

Der Interessenstandpunkt des einzelnen hängt also nicht allein von seiner Stellung im Produktionsprozeß ab. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß jedes Individuum in der Gesellschaft mehrere Rollen innehat (z. B. Arbeitnehmer, Verbraucher, Familienvater, Mieter, Hauseigentümer usw.). Deshalb wird der jeweilige Interessenstandpunkt zu einer Frage davon bestimmt, welche Rolle in einer konkreten Situation als die dominierende angesehen wird.

So verlaufen die Fronten wieder anders, wenn es um die Eröffnung eines großen Einkaufszentrums in einer Stadt geht. Heftigen Protest gibt es in solchen Fällen in aller Regel vom ortsansässigen Eizelhandel, der in der Eröffnung des Großeinkaufszentrums eine erhebliche Bedrohung seiner Marktchancen sieht. Am selben Strang werden vermutlich die Beschäftigten im bereits ansässigen Einzelhandel ziehen, weil ihr Arbeitsplatz gefährdet wird und Beschäftigungsmöglichkeiten im neuen Einkaufszentrum ungewiß sind. Von den Verbrauchern wird die Belebung der Konkurrenz am Ort begrüßt werden, während sich das produzierende Gewerbe relativ indifferent verhalten dürfte.

Lokale und regionale Egoismen prallen demgegenüber beispielsweise bei der Frage aufeinander, ob ein Unternehmen am Ort X oder in der Stadt Y angesiedelt werden soll, welches Straßenbauprojekt in einem Land als vordringlich anzusehen und daher zuerst in Angriff zu nehmen ist und wo die Trassenführung liegen soll. Ungeachtet sonstiger ökonomischer Gegensätze kommt es dabei häufig zu einer einheitlichen Haltung von Verbänden auf einem Teilgebiet, und ein Verband in der eigenen Region kann dann oft eine ganz andere Position einnehmen als der gleiche Verband in einer benachbarten Region.

Angesichts dieser diffusen Konsensus-und Konfliktstruktur in der regionalen Strukturpolitik ist es nur funktional, wenn beispielsweise der Entwurf des Landesentwicklungsplans von Baden-Württemberg etwa 3800 Stellen im Land zur Stellungnahme zugeleitet und später bei einer „Runde durch das ganze Land" in 18 ganztägigen Veranstaltungen mit Vertretern aller örtlichen und überörtlichen Planungsträger intensiv erörtert wurde Ebenso erscheint es so gut wie unumgänglich, daß aus der Anhörung dieser vielen Planungsträger und dem Bestreben, möglichst viele Anregungen zu berücksichtigen und einen Konsensus herbeizuführen, nur ein Plan hervorgehen kann, der an vielen Stellen Leerformeln enthält, so daß alle das Gewünschte in ihn hinein-lesen und sich mit ihm identifizieren können

Auch ein Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialrat würde vermutlich diesen Zwängen einer Konfliktvermeidungsstrategie unterliegen und müßte den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Die einzelnen Mitglieder des Rates werden aller Wahrscheinlichkeit nach nämlich nicht Vertreter homogener Interessenblöcke sein, sondern sähen sich divergierenden Pressionen ihrer örtlichen Mitgliedsverbände ausgesetzt, deren Standpunkte sich wegen ihrer Widersprüchlichkeit schwer zu einer einheitlichen und konkreten Haltung verdichten ließen Ein alternativer Planentwurf, erstellt vom Mitarbeiterstab des Wirtschafts-und Sozialrates, würde, falls er eindeutige Prioritäten setzte, mit ziemlicher Sicherheit erhebliche Widerstände von einzelnen Regionen oder Branchen hervorrufen, die sich von ihm benachteiligt fühlten. Die Gefahr, daß er bei der „Runde durch das ganze Land" zerpflückt würde und man nur den Ausweg sähe, klare, aber umstrittene Aussagen durch nichtssagende, dafür unumstrittene Leerformeln zu ersetzen, liegt auf der Hand.

III. Schlußfolgerungen

Die Analyse der politischen Einflußmöglichkeiten und des Erfolges tatsächlicher Einflußnahmen der Industrie-und Handelskammern im ersten Abschnitt dieses Artikels hat deutlich gemacht, daß die Industrie-und Handelskammern eine den wirtschafts-und gesellschaftspolitischen Status quo konservierende Rolle im politischen Prozeß der Bundesrepublik einnehmen. Vor diesem Hintergrund erscheint es legitim, ihren Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft in Frage zu stellen und alternative Formen der politischen Willensbildung in der regionalen Strukturpolitik zu fordern, die anderen gesellschaftlichen Gruppen einen größeren Einfluß in diesem Entscheidungsbereich sichern.

Die Ausführungen im zweiten Abschnitt über die Konsensus-und Konfliktstruktur in der Regional-und Landesplanung hat indessen gezeigt, daß die Errichtung von Strukturräten bzw. Wirtschafts-und Sozialräten nicht ohne weiteres inhaltlich andere Entscheidungen in diesem Bereich garantieren kann. Folglich wäre es zu optimistisch, allein von der Schaffung solcher Institutionen eine zielgerichtete regionale und sektorale Wirtschaftspolitik zu erwarten.

Trotzdem könnten Struktur-bzw. Wirtschaftsund Sozialräte wichtige Funktionen erfüllen. Beispielsweise wäre daran zu denken, den Mitarbeiterstab der „Räte" in regelmäßigen Abständen regionale und sektorale Struktur-prognosenerstellen zu lassen, die für die staatlichen Planungsträger eine Entscheidungshilfe bei der Regional-und Landesplanung wären. Bei diesen Strukturprognosen müßten die „Rätestäbe“ eng mit den sozialen Gruppen Zusammenarbeiten, um den dort vorhandenen Erfahrungsschatz und die Informationen für die staatliche Planung nutzbar zu machen.

Auf der Basis solcher regional und sektoral differenzierter Gebietsprognosen könnte die Interessenstruktur in einer Region für die staatlichen Planungsträger vorab transparenter werden, was es auch ermöglichen würde, besonders resistente Partikularinteressen zu identifizieren und sie durch Mobilisierung anderer Interessen zurückzudrängen. Es dürfte indessen für die Verwirklichung einer ziel-orientierten regionalen Wirtschaftspolitik nicht genügen, die Interessenstruktur durch Wirtschafts-und Sozialräte bloß transparent zu machen. Vielmehr müssen die politisch Verantwortlichen dann auch den Mut aufbringen, auch gegen harte Widerstände Maßnahmen zu treffen, selbst wenn sie dabei Gefahr laufen, bei der nächsten Wahl einige Stimmen einzubüßen. Struktur-bzw. Wirtschafts-und Sozialräte können also nicht entscheidungsfreudige Politiker ersetzen, die kurzfristige wahltaktische Überlegungen zurückstellen und im Interesse einer langfristig ausgerichteten regionalen Wirtschaftspolitik diejenige Planung durchsetzen, die sie für richtig halten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ihren publizistischen Niederschlag fand diese Kontroverse jüngst in Veröffentlichungen der wissenschaftlichen Institute der beiden Organisationen. Vgl. dazu: Gewerkschaftsstaat oder Unternehmerstaat?, Sonderhefte der WSI-Mitteilungen, Heft 1, Köln 1976, und Heft 2, Köln 1977. — Auf dem Weg in den Gewerkschaftsstaat? (Hrsg. Institut der Deutschen Wirtschaft), Köln 1974.

  2. Vgl. K. von Beyme, Die politische Elite in der Bundesrepublik Deutschland, München 1971.

  3. Vgl. z. B. H. H. Crede, Die Vereinbarkeit der Zwangszugehörigkeit zu den Kammern mit den Grund-und Menschenrechten, Diss. Köln 1962; G. Heinz, Die geschichtliche Entwicklung und die gegenwärtige Gestaltung der Selbstverwaltung in den " irtschaftlichen Berufskammern, Diss. Tübingen 5458 H.

  4. Vgl. Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie-und Handelskammern vom 18. 12. 1956, BGBl. I., S. 920.

  5. G. Frentzel/E. Jäkel, Die deutschen Industrie-und Handesikammern und der Deutsche Industrie-und Handelstag, Frankfurt a. M. und Bonn 1967, S. 11.

  6. Der Betrag wurde geschätzt, indem von 1, 55 Millionen beitragspflichtigen Gewerbetreibenden und von einem durchschnittlichen Kammer-Jahresbeitrag in Höhe von 1 250 DM ausgegangen wurde.

  7. Vgl. G. Frentzel, E. Jäkel, W. Junge, Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie-und

  8. Unter einer Körperschaft öffentlichen Rechtsversteht man nach einer Definition von Forsthoff einen „mitgliedschaftlich organisierten rechtsfähigen Verband öffentlichen Rechts, welcher staatliche Aufgaben mit einheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnimmt". Vgl. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Band. Allgemeiner Teil, München und Berlin 1961®, S. 431.

  9. Vgl. G. Wülker, Der Wandel der Aufgaben.., a. a. O., S. 115; A Hüfner, Die Stellung der Industrie und Handelskammern in Staat und Gesellschat ‘ Schriftenreihe der IHK Darmstadt, Heft 3, Darmstadt 1963, S. 17.

  10. Vgl. A Hüfner, Die Stellung der Industrie-und Handelskammern .., a. a. O., S. 20; G. Frentzel, E. Jäkel, Die deutschen Industrie-und Handelskammern und der Deutsche Industrie-und Handelstag, Frank-furt/Main und Bonn 1967, S. 25; G. Wülker, Der Wandel der Aufgaben.... a. a. O., S. 115.

  11. Wenn ein Wehrpflichtiger unabkömmlich ist, weil er dringend an seinem zivilen Arbeitsplatz benötigt wird oder weil ein Gewerbetreibender seinen Betrieb nicht ohne zumutbaren Schaden für längere Zeit verlassen kann, kann die Wehrersatzbehörde bzw.der Musterungsausschuß den Betreffenden vom Wehrdienstbeginn zurückstellen. Die Kammern müssen sich in solchen Fällen gutachtlich dazu äußern, ob das öffentliche Interesse überwiegend eine Ableistung des Wehrdienstes oder das Belassen im Betrieb verlangt.

  12. Carnets sind schriftliche, von Kammern ausgestellte Bescheinigungen, daß ein Unternehmen bestimmte Waren nur vorübergehend in ein Land einführt, um sie etwa auf einer Messe zu zeigen.

  13. BGBl. I, S. 341.

  14. Vgl. Anlage zur Dienstanweisung des Senators für das Bauwesen der Freien Hansestadt Bremen vom 19. 1. 1962 — II E; Fachliche Weisung LP 1/73 der Baubehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 15. 5. 1973; Runderlaß des Niedersächsischen Sozialministers vom 11. 11. 1969 (Nieders. MB 1. 1970, S. 40); Erlaß des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Neufassung der Anlage zu Nr. 8 des Bauleitplanerlasses vom 1. 8. 1974 Nr. V 2120/220; Runderlaß des Innenministers des Landes Schleswig-Holstein zur Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange gemäß § 2 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes — IV 81e — 803/00. 1. 1. 10 —, in: Amtsblatt Schleswig-Holstein 1972, S. 336ff.; RdErl. d. M/Fin u. Wiedera. (Rheinland-Pfalz) vom 16. Januar 1963 — Az.: VBR 4096-59/63; Verzeichnis der Träger öffentlicher Belange, Anlage zum Erlaß des Hessischen Ministers des Innern vom 21. 6. 1974 — V A 6 — 61 a — 02/07 — 9/74 —, abgedr. in: Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 15. 7. 1974, Nr. 28, S. 1226; RdErl. d. Ministers für Landesplanung, Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten vom 29. 3. 1963 (MBL S. 429).

  15. Vgl. Landesplanungsgesetz Baden-Württemberg i. d. F. vom 25. 6. 1972 (Ges. Bl. S. 460); Verordnung über die Zusammensetzung des Landesplanungsbeirates und der Bezirksplanungsbeiräte in Bayern vom 6. 6. 1970 (GVB 1. S. 281); Erste Verordnung zur Durchführung des Hessischen Landesplanungsgesetzes (Landesplanungsbeirat und regionale Planungsbeiräte) vom 22. 5. 1963 (GVB 1. S. 72); Landesgesetz für Raumordnung und Landesplanung (Landesplanungsgesetz — LP 1G) Rheinland-Pfalz vom 14. 6. 1966 (GVBl. S. 177) i. d. F. vom 20. 5. 1974 (GVB 1. S. 213); Gesetz Nr. 798 Saarländisches Landesplanungsgesetz (SLPG) vom 27. 5. 1964 (ABI. S. 525, 621); Gesetz über die Landesplanung (Landesplanungsgesetz) in Schleswig-Holstein vom 13. 4. 1971 (GVBl. S-152) i. d. F. vom 13. 5. 1974 (GVBl. S. 128).

  16. Genehmigung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden und Zustimmung zur Erhebung der Lohnsummensteuer, RdErl. d. Innenministers vom 1. 9. 1959 — IIIB 4/10 Tgb. Nr. 1620/59, SMB 1. NW. 611162.

  17. Mitteilung des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen an den Verfasser vom 19. 2. 1975.

  18. Vgl. H. Adam, Theorie gesellschaftlicher Machtverteilung, Köln 1977, S. 17 ff.

  19. V. v. Bethusy-Huc schrieb beispielsweise im Vorwort ihres Werkes „Demokratie und Interessenpolitik''lapidar: „Was die Auswahl der untersuchten Gesetzesvorlagen anbelangt, so wurde Wert darauf gelegt, solche Entwürfe heranzuziehen, die sich mit zentralen Fragen der deutschen Wirtschaftspolitik befaßten; auf gewisse Belange des Deutschen Bundestages mußte hier jedoch Rücksicht genommen werden. Vgl. V. von Bethusy-Huc, Demokratie und Interessenpolitik, Wiesbaden 1962, S. XI. — Zur methodischen Problematik von case-studies vgl. H. Adam, Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern auf politische Entscheidungsprozesse, Frankturt/New York 1979, S. 49ff.

  20. Die Unterlagen zu den Einflußversuchen der IHK’n auf die kommunale Steuerpolitik wurden dem Verfasser immer nur unter dem Vorbehalt einer vertraulichen Behandlung zur Einsicht überlassen. Es können daher keine Quellen genannt werden, doch sind alle Aussagen und Materialien im Archiv des Verfassers belegbar.

  21. Vgl. Anlage zum Schreiben des DIHT vom 25. 2. 1969 an die Arbeitskreise II und IV der CDU/CSU-Eraktion. — Vgl. DIHT (Hrsg.), Änderungswünsche und Formulierungsvorschläge zum Entwurf eines Berufsausbildungsgesetzes, hektographiertes Manuskript, Bonn 1969.

  22. Vgl. Stellungnahme des DIHT zum Entwurf eines Gesetzes zur Reinhaltung der Luft und zum Schutz vor Lärm (Bundesimmissionsschutz-Gesetz) vom 24. 9. 1968 (XI/Dr. Ge/Se). Vgl. Stellungnahme des DIHT zum Entwurf eines Gesetzes zur Reinhaltung der Luft und zum Schutz vor Lärm (Bundesimmissionsschutzgesetz) — Stand 4. 11. 1968 vom 7. 2. 1969(XI/II/Dr. B/Dr. Ge/Dr. Hae/Gr/JSn). Vgl. Vorläufige Stellungnahme des DIHT zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Umweltgefahren durch Luftverunreinigungen, Lärm und ähnliche Einwirkungen (Bundesimmissionsschutzgesetz) — Stand 22. 1. 1971 vom 1. 4. 1971 (XI/Dr. Ge/JSn). Vgl. Stellungnahme des DIHT zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz) (BT-Drucksache VI/2868) vom 18. 2. 1972 (XI/Dr. Hae/Gl).

  23. Vgl. H. Adam, Theorie gesellschaftlicher Machtverteilung, a. a. O., S. 17ff., sowie ders., Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern..., a. a. O., S. 49ff.

  24. Ellwein schreibt der Ministerialbürokratie einen natürlichen" Konservatismus zu. Vgl. Th. Ellwein, Kontrolle der Bürokratie oder Kontrolle durch die Bürokratie?, in: Probleme der Demokratie heute, Opladen 1971, S. 171.

  25. Vgl. H. -H. Hartwich, Sozialstaatspostulat und ge197Schaftlicher Status quo, Köln und Opladen

  26. Vgl. G. Leminsky/B. Otto, Politik und Programmatik... a. a. O., S. 147 ff.

  27. Vgl. SPD-Parteitag Hamburg, 15. — 19. 11. 1977, Beschlüsse zur Wirtschafts-, Beschäftigungs-und Finanzpolitik, S. 10f.

  28. Vgl. B. Otto, Gewerkschaftliche Konzeption überbetrieblicher Mitbestimmung, Köln 1971. .

  29. Vgl. Presse-und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Beratungen und Empfehlungen zur Verfassungsreform. Schlußbericht der Enquetekommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages, Teil I, Parlament und Regierung, in: Zur Sache 3/76, Stuttgart 1977.

  30. Wenn im folgenden der Ausdruck „Räte” gebraucht wird, so sind damit die von der SPD geforderten „Strukturräte" bzw. die vom DGB gewünschten Wirtschafts-und Sozialräte gemeint Sie sind gänzlich andere Organe als die Räte, die etwa während der Novemberrevolution 1918/19 in Deutschland gebildet wurden und die anstelle der bürgerlichen Parlamente fungieren sollten.

  31. Vgl. zum Willensbildungsprozeß in der Regional-und Landesplanung ausführlich H. Adam, Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern .., a. a. 0. S. 129 und S. 139.

  32. Vgl. H. Adam, Regionale Strukturpolitik, Industrie-und Handelskammern und Wirtschafts-und sozialräte, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, Heft 1/1975, S. 40ff.

  33. Vgl. die Schilderung in H. Adam, Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern .. „ S. 129 ff.

  34. Die Konsensus-Cleavage-Struktur auf kommunaler Ebene analysieren E. O. Laumann/F. U. Pappi, Neue Ansätze zur Erforschung kommunaler Eliten, in: P. Kevenhörster (Hrsg.), Lokale Politik unter exekutiver Führerschaft, Meisenheim 1977, S. 281 ff.

  35. Vgl. H. Adam, Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern ..., a. a. O., S. 129.

  36. Vgl. hierzu G. Degenkolbe, über logische Struktur und gesellschaftliche Funktion von Leerformeln, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Heft 2/1965, S. 327 ff.

  37. Vgl. z. B. die sich widersprechenden Stellungnahmen einzelner Industrie-und Handelskammern zum Landesentwicklungsprogramm Schleswig-Holstein, dargestellt in: H. Adam, Der Einfluß der Industrie-und Handelskammern ..., a. a. O., S. 129ff.

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Hermann Adam, Dr. rer. pol., Dipl. -Volkswirt, geb. 1948 in Berchtesgaden; 1970— 1977 Wissenschaftlicher Referent im Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB, Düsseldorf; seit 1978 Leiter der Abteilung Buchverlag im DGB-eigenen Bund-Verlag, Köln; Lehrbeauftragter an der Gesamthochschule Wuppertal und an der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abt. Neuss. Veröffentlichungen u. a.: Pluralismus oder Herrschaft des Kapitals? Überlegungen zu Theorien gesellschaftlicher Machtverteilung in der Bundesrepublik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 14/1974; Probleme der Vermögensbildung aus der Sicht der Gewerkschaften, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 36/1977; Bausteine der Volkswirtschaftslehre, Köln 1 9766; Der Kampf um Löhne und Gewinne, Köln 19793; Macht und Vermögen in der Wirtschaft, Köln 19762; Die Einkommensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 19792; Brauchen wir eine neue Wirtschaftspolitik, Köln 19782; Theorie gesellschaftlicher Machtverteilung, Köln 1977.