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Betriebswirtschaftslehre unter dem Leitgedanken der Humanisierung | APuZ 42/1979 | bpb.de

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APuZ 42/1979 Betriebswirtschaftslehre unter dem Leitgedanken der Humanisierung Industrie-und Handelskammern in der Politik. Eine Analyse des politischen Einflusses der Unternehmerkammer und des Konzepts gesamtwirtschaftlicher Mitbestimmung

Betriebswirtschaftslehre unter dem Leitgedanken der Humanisierung

Peter Bendixen

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Soll Humanisierung der Arbeit mehr sein als eine die Rationalität der Produktion lediglich veredelnde Gestaltungsmaßnahme, dann muß man anerkennen, daß Humanität ein Moment der Produktion selbst ist, nicht dagegen ein äußerliches ethisch-weltanschauliches Anliegen. Daß Menschlichkeit und ökonomische Rationalität in Theorie und Praxis als Gegensätze erscheinen, kann auch für die Betriebswirtschaftslehre keine endgültige, befriedigende Einsicht sein. Daraus folgt, daß ökonomische Rationalität nicht um den Preis der Humanität als alleiniges wissenschaftliches Paradigma der Betriebswirtschaftslehre erhalten bleiben kann, sondern daß der arbeitende Mensch in den Mittelpunkt der Theoriebildung gestellt werden muß. Drei wichtige Ansatzpunkte für einen geänderten Stellenwert der Humanität in der Betriebswirtschaftslehre lassen sich anführen: Die ökologische Argumentation zielt ab auf das Problem der Gefährdung des menschlichen überlebens durch eine Wirtschaftsweise, die auf die Frage der Regenerierbarkeit von Ressourcen keine Rücksicht nimmt. Während die fortschreitenden Technologien auf endlichen Rohstoffen basieren, ohne daß die ökologischen Knappheiten in den Preisen der Produktionsfaktoren zum Ausdruck kommen, entstehen immer mehr inhumane Arbeitsstrukturen. Die sozialökonomische Argumentation problematisiert die Tatsache, daß durch unternehmensinterne Entscheidungen externe Wirkungen erzielt werden, die in die betriebswirtschaftlichen Entscheidungsabläufe nicht eingehen. Die Konsequenz ist eine selbst unter Anwendung des Wirtschaftlichkeitsprinzips irrationale Entwicklung. Weil die externen und internen Kosten entweder nach außen verschoben werden können (z. B. bei Entlassungen) oder nicht in Erscheinung treten (z. B. bei Arbeitseinsatz unter Qualifikation), entsteht häufig der — nur vordergründig kalkulatorisch zu begründende — Eindruck, Technik sei wirtschaftlicher als manuelle Arbeit. Die technologiekritische Argumentation befaßt sich mit Konzeptionen für angepaßte Technologien, die auf die Entfaltungsbedürfnisse des arbeitenden Menschen Rücksicht nehmen, indem sie vor allem den Kriterien der Humanität, Dezentralität sowie der Umwelt-und Ressourcenschonung folgen.

I. Humanisierung der Arbeit als betriebswirtschaftliches Thema

Die Diskussion um die Beseitigung oder Linderung der Folgen industrieller Produktionsweisen für den arbeitenden Menschen hat in den letzten Jahren erheblich an Aktualität gewonnen. Das Thema ist jedoch nicht grundsätzlich neu Gemeinsam ist den meisten Ansätzen die Grundüberlegung, daß die fortgesetzte Anwendung der Prinzipien der Arbeitsteilung und Technisierung zu Arbeitsstrukturen führen kann, die von einer bestimmten Schwelle an menschlich unzumutbar sind. Der Schwellenwert der Inhumanität hängt entscheidend vom Menschenbild ab, von dem sich der jeweilige Themenbearbeiter leiten läßt, und hierüber gibt es keinen allgemeinen Konsens, es sei denn jenen Grundkonsens, wonach Humanität nicht nur die Abwendung von Gefahren und Überbeanspruchungen, sondern auch die Selbstverwirklichung in der Arbeit umfaßt Deshalb dürfte es praktisch wie theoretisch sehr schwer sein, brauchbare Maßstäbe zu finden, um aus den eine Arbeitssituation prägenden organisatorisch-technischen Umständen auf den Grad an Humanität oder Inhumanität zu schließen, denn der Begriff der Selbstverwirklichung in der Arbeit ist kaum präziser als der der Humanität. Der Terminus »Humanisierung" als Kennzeichnung eines praktisch-gestaltenden Vorgangs zur Erweiterung der Möglichkeiten selbstorganisierten Arbeitens beschreibt dagegen in durchaus akzeptabler Weise den Umstand, daß eine Maßnahme, ausgehend von einem unbefriedigenden Ist-Zustand, eine für die Betroffenen spürbare Erweiterung des Selbstgestaltungsanteils in der Arbeit beinhaltet.

Mit der verbreiteten Annahme, daß das Maß des menschlich Zumutbaren mit zunehmender technisch-rationaler Determination der Arbeitsstrukturen aufgefüllt wird, so daß schließlich die Grenze zur Inhumanität überschritten wird, ist zugleich unterstellt, daß Hu-manität und Rationalität — jedenfalls in der Auslegung als ökonomische Rationalität — gegensätzliche Handlungsmaximen sind. Deshalb kann es auch nicht überraschen, wenn Forderungen nach Humanisierung gelegentlich mit dem Hinweis begegnet wird, daß sie die Wirtschaftlichkeit oder Rentabilität beeinträchtigen würde, so daß allenfalls ein Kompromiß angestrebt werden könne Ökonomische Rationalität und mit ihr zusammenhängend die technische Rationalität der Arbeitsstrukturen erscheinen als das Primäre, als dasjenige, woran die Unternehmen sich unter den Bedingungen von Wettbewerb und kapital-orientiertem Erfolgszwang vernünftigerweise halten müssen. Humanisierung der Arbeit tritt demgegenüber als ein Anliegen auf, das — der rationalen Produktion an sich wesensfremd — im Nachhinein als ethisch-weltanschauliches oder interessenorientiertes Postulat Geltung beansprucht.

Mit dieser Position zum Verhältnis von Humanität und ökonomischer Rationalität kann man erreichen, daß die Verfechter des Humanisierungsgedankens in die Rolle außerökonomischer Gegenspieler einer wirtschaftlich vernünftigen Unternehmensführung gedrängt werden Das Wort „wirtschaftlich" oder „unwirtschaftlich" kann dann jederzeit zur Qualifikation oder Disqualifikation von Ansprüchen an unternehmerisches Handeln benutzt werden.

Die Rationalität der Unternehmensführung hat in der Betriebswirtschaftslehre den Rang eines wissenschaftlichen Paradigmas. In Verbindung mit der offenbar herrschenden Vorstellung, daß Humanität ein der Systemrationalität des Betriebes wesensfremdes Postulat ist, läßt sich auch die These begründen, daß die Betriebswirtschaftslehre für Humanisierungsprobleme eigentlich gar nicht zuständig ist So hat sie sich dieses Themas auch nur sehr zögernd angenommen, z. T. wohl deshalb, weil die vorherrschende Betriebswirtschaftslehre sich an der „Leitungsthese" orientiert, d. h. ihre wissenschaftlichen Fragestellungen aus dem Blickwinkel des Managements stellt Ihrem Selbstverständnis nach befaßt sie sich nur mit bestimmten Teilaspekten des Unternehmensgeschehens und könnte in der Frage der Humanisierung auf die Zuständigkeit anderer Wissenschaften, wie der Anthropologie, der Soziologie, der Psychologie oder der Arbeitsmedizin, verweisen. Auch wenn in jüngerer Zeit die Zahl betriebswirtschaftlicher Beiträge zu diesem Thema erheblich zugenommen hat, muß damit noch nicht eine grundsätzlich neue Einstellung zum Produktionsfaktor „Mensch" verbunden sein; „grundsätzlich" in dem Sinne, daß der arbeitende Mensch im Mittelpunkt des betrieblichen Geschehens gesehen wird und somit den zentralen Ansatzpunkt der Theoriebildung stellt.

Die erklärte Selbstbeschränkung auf das Paradigma der rationalen Unternehmensführung führt dann zu Thesen wie der folgenden: „Humanisierung muß ... als Ausdruck des Bildes vom Menschen verstanden werden. Weil aber der Mensch nicht ihr primäres Erkenntnisobjekt ist, wird die Betriebswirtschaftslehre gezwungen, auf die Ergebnisse anderer wissenschaftlicher Disziplinen und auf weltanschauliche Ansätze zurückzugreifen, wenn sie Aussagen über Humanität und Humanziele machen will."

Diese lapidare Erklärung, daß der Mensch nicht das primäre Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist und daß „Humanziele (lediglich A. d. V.) als Nebenbedingungen bei der Verfolgung anderer Unternehmens-zielebeachtet werden“ ohne selbst in den Mittelpunkt wissenschaftlichen Interesses zu treten, bedarf gewiß einer gründlicheren Kritik, als sie an dieser Stelle zu leisten ist. Eine solche Kritik hätte u. a. die Frage zu beantworten, wie es überhaupt zu der paradigmatischen Verdrängung des Menschen als Subjekt des Wirtschaftens aus dem Erkenntnisinteresse der Betriebswirtschaftslehre gekommen ist Das Menschenbild des homo oeconomicus ist zwar ohne Zweifel längst einem komplexeren Modell gewichen Aber was ändert sich grundsätzlich am Modell, wenn es zwar um die motivatorischen und kognitiven Faktoren menschlichen Handelns und um die sozialen Dimensionen menschlicher Interaktion bereichertwird, im Kern jedoch seinen eingeengten Rationalitätsbegriff beibehält. Letztlich geht es dem praktisch-normativen Ansatz der betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie dann doch wieder nur darum, „betriebliche Entscheidungen durch Ausschalten aller nicht rationalen Elemente zu verbessern (Sp. v. V.)" Diese methodologische Problematik kann hier nicht vertieft werden. Die formale Deutung des Rationalitätsbegriffs in weiten Bereichen der Ökonomie spielt dabei eine wesentliche Rolle und könnte die verbreitete Meinung erklären, daß Wertinhalte wie Humanität nur schwer mit ökonomischer Rationalität in Einklang zu bringen seien.

Die folgenden Überlegungen stellen einen Versuch dar, die Idee der Humanisierung als ein betriebswirtschaftliches Thema zu behandeln, bei dem der arbeitende Mensch als gesellschaftliches Subjekt im Mittelpunkt steht Humanisierung der Arbeit wird demnach nicht als ein Postulat betrachtet, das von außenstehenden Interessengruppen oder übergeordneten moralischen Instanzen an die Unternehmen herangetragen wird. Humane Arbeitsverhältnisse sind ein Moment der Produktion selbst, nicht eine ihr an sich wesensfremde Form der Veredelung. Die Produktion, hier im weiten Sinne auch die administrativen und dispositiven Tätigkeiten umfassend, kann nicht nicht-menschlich, sondern nur menschlich oder unmenschlich sein.

II. Ansatzpunkte und Argumente für eine erweiterte betriebswirtschaftliche Sicht der Humanisierungsidee

1. Die ökologische Argumentation

Der Einsatz von Produktionsfaktoren (Sachmittel und menschliche Arbeitskraft) unterliegt dem ökonomischen Rationalprinzip. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen finden in der Praxis vor allem dann statt, wenn funktional äquivalente Verfahren oder Mittel hinsichtlich ihrer Kostenverursachung oder Nutzenstiftung verglichen werden sollen. Die Entscheidungsregel, jeweils demjenigen Verfahren oder Mittel den Vorzug zu geben, das bezüglich der Erfüllung einer bestimmten Zielsetzung am günstigsten ist, gilt auch und — mit Blick auf die technischen Arbeitsstrukturen — in besonderem Maße für Produktionsprozesse Die theoretischen Grundlagen für Verfahrensentscheidungen und optimalen Mitteleinsatz liefert die betriebswirtschaftliche Produktions-und Kostentheorie, für die gefordert wird, sie solle „realistische Erklärungsmodelle für den Produktionsprozeß liefern, d. h. sie muß als Grundlage einer praktischen Kostenpolitik im Produktionssektor geeignet sein" Nach D. Adam erlaubt die betriebswirtschaftliche Kostentheorie Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, indem sie „jene Wertansätze für die Faktorverbräuche (ableitet), die die knappen Produktionsfaktoren den Verwendungsmöglichkeiten im Betrieb zuführen, deren Realisierung die unternehmerische Zielsetzung optimiert“ Die Lenkungsfunktion der Faktorpreise, also des Geldbetrages, den man für die Beschaffung einer Einheit eines Produktionsfaktors zu zahlen hat, beruht auf der Annahme, daß die relative Knappheit des Faktors in der Höhe des Preises zum Ausdruck kommt. Ist beispielsweise menschliche Arbeitskraft knapp und teuer und sind funktional äquivalente maschinelle Anlagen in der Anschaffung und im Gebrauch relativ günstiger, so findet eine Umstrukturierung der Produktion zugunsten eines höheren Technisierungsgrades statt.

Das Beispiel „menschliche Arbeitskraft" zeigt die Fragwürdigkeit der Knappheitsthese. Die Preise für den Faktor . Arbeit“ sind gesellschaftspolitisch beeinflußt, während dies bei den übrigen Faktoren unter marktwirtschaftlichen Bedingungen im Prinzip nicht der Fall ist. Die Kostenrelationen zwischen technischen und manuellen Produktionsverfahren sind nicht Ausdruck von Knappheiten, denn die tatsächlichen Verhältnisse sind genau umgekehrt: die technischen Verfahren erweisen sich bei näherem Hinsehen als Nutzer von Ressourcen, die endlich sind, also mit wachsendem Verbrauch immer knapper werden. Sie müßten daher ständig teurer werden, jedenfalls so, daß es nicht zu einer Substitution von Arbeitskraft durch Technik mit der Konsequenz der Vergeudung der Ressource „menschliche Arbeitskraft" kommt. Derzeit entstehen noch immer Formen offener oder verdeckter Unterbeschäftigung als Folge von rationalen Entscheidungen zugunsten technischer Verfahren. Die Verdrängung des Menschen aus der Produktion in den erwerbsfähigen Ruhestand ist als individuelles Schicksal inhuman und in seiner ökologischen Konsequenz irrational.

Da die Preise für sachliche Produktionsfaktoren nicht die tatsächliche Knappheit zum Ausdruck bringen, fallen in den Betrieben Entscheidungen, die zwar unternehmensintern zu optimalem Kapitaleinsatz, aber nicht zu einer ökologisch rationalen Ressourcenlenkung führen, ökologisch rational sei eine (nicht notwendigerweise monetäre) Lenkung von Naturschätzen genannt, die deren Ausbeutung auf das notwendige Maß beschränkt und die Produktionsstruktur auf die weitgehende Verwendung regenerierbarer Ressourcen lenkt.

Bei den Faktorpreisen geht es nicht etwa um die — sicher auch gegebene — Unvollkommenheit der Beschaffungsmärkte (so können z. B. bei strukturell unübersichtlichen monopolartigen Marktstrukturen künstliche Verknappungen von Produktionsfaktoren herbeigeführt werden, die zu Preiserhöhungen führen, ein Vorgang, der an manche Ereignisse auf dem Energiemarkt erinnert), sondern darum, daß die ökologische Knappheit bestimmter Gruppen von Produktionsfaktoren systematisch nicht in den Marktpreisen abgebildet wird. Es handelt sich um solche Ressourcen, deren Erschöpflichkeit ein geologisches Faktum ist Dabei spielt es im Prinzip keine Rolle, ob ihre Erschöpfung derzeit akut ist oder erst in fernerer Zukunft liegt

Nach der herkömmlichen Auffassung über die Arbeitsteilung zwischen Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre handelt es sich nicht um ein betriebswirtschaftliches Problem, sondern um die volkswirtschaftliche Frage nach der Steuerungsfähigkeit marktwirtschaftlicher Preisbildungsprozesse gegenüber endlichen Ressourcen. Eine so strenge wissenschaftliche Arbeitsteilung erscheint jedoch nicht sinnvoll, da sie offenbar dazu geführt hat, daß die doch letztlich auf praktische Anwendung gerichtete betriebswirtschaftliche Produktions-und Kostentheorie auf einer falschen Prämisse beruht Optimaler betrieblicher Kapitaleinsatz läßt sich jedenfalls nicht von der Annahme her begründen, daß damit zugleich eine gesellschaftlich rationale Ressourcen-Verwendung stattfindet Bei einer Reihe von Ressourcen (z. B. Rohöl, Erdgas, Edelmetalle) handelt es sich um einen nicht regenerierbaren Vorrat eines Naturkapitals, von dem zu wirtschaftlichen und das heißt letztlich zu konsumptiven Zwecken gezehrt wird. Dieser Substanzverzehr gilt nicht nur für geologisch entstandene Vorräte, sondern bei unserer räuberischen Art zu produzieren und zu konsumieren zum Teil auch für biologische. Das Abfischen von Gewässern, ohne daß die Populationen die Möglichkeiten behalten, sich durch Nachkommen zu regenerieren, bedeutet ebenfalls Substanzverzehr. Ein Betriebs-wirt müßte einen Unternehmer, der so vorgeht, darauf hinweisen, daß Substanzverzehr mit dem Ziel langfristigen überlebens unvereinbar ist.

Beim Abbau natürlicher Vorräte fließen Arbeits-und Kapitalkosten (Kosten der Abbau-und Transporttechnik) in die Kalkulationen ein, nicht dagegen der Wert der Naturschätze selbst. Mit akuter werdender Erschöpfung müßte jedoch eine ökologische Knappheitsgröße in den Kalkulationen wirksam werden, die die Produktion auf einen möglichst behutsamen Umgang mit dieser Ressource lenkt

Eine ökologisch wirksame Steuerung der Wirtschaftsprozesse könnte zwei Ziele anstreben:

1. Es soll nach Möglichkeit auf solche Ressour cen zurückgegriffen werden, die regenerierbar sind (z. B. Rohstoffe wie Holz, natürliche Textilfasern, Wasserkraft, Sonnenenergie), wobei im Maß der Beanspruchung einer Ressource das Regenerationsgleichgewicht erhalten bleiben muß.

2. Es werden Technologien der (partiellen) Rückgewinnung von Rohstoffen aus Rückständen und Abfällen angewandt Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen setzen sich Recycling-Technologien allerdings nur durch, wenn die natürlichen Ressourcen nicht unentgeltlich verfügbar sind. Die Wiedergewinnungskosten könnten unter Umständen Anhaltspunkte liefern für die Wertansätze für erschöpfliche Ressourcen. So könnte erreicht werden, daß wertvolle Bodenschätze nach Möglichkeit nur in solchen Produktionen eingesetzt werden, bei denen eine reelle technische Chance der Wiedergewinnung besteht Die erste Zielsetzung hängt mit dem Thema „Humanisierung" unmittelbar zusammen. Der Mensch ist in seinem körperlichen und geistigen Arbeitspotential im Gegensatz zu vielen Sachmitteln ein regenerierbarer Produktionsfaktor. Dennoch ergibt sich aus den Wirtschaftlichkeitsvergleichen mit funktional gleichartigen Techniken häufig die Unterlegenheit des Menschen (z. B. in bezug auf Präzision, Geschwindigkeit, Stetigkeit und damit Quantität der Produktionsleistung). Rationalisierung findet nach dem herkömmlichen ökonomischen Kalkül in vielen Fällen nur deshalb statt, weil die technische Lösung infolge systematischer Nichtbeachtung der ihr immanenten ökologischen Belastungen (durch natürlichen Kapitalverzehr ebenso wie durch Immissionen) ökonomisch vorteilhaft erscheint. Die Konsequenz ist sowohl auf einzelbetrieblicher wie auf volkswirtschaftlicher Ebene die Herausbildung einer Produktionsstruktur mit wachsender Dominanz von Techniken, deren Betrieb sich selbst den Boden entzieht. Wachstum durch solche technische Expansion steigert den Verbrauch an ökologisch knappen Ressourcen und läßt deren Erschöpfung exponentiell näherrücken. Mit steigender Nachfrage z. B. nach Rohöl werden die Bemühungen verstärkt, weitere Ölquellen zu erschließen. Die Preise enthalten jedoch — wenn nicht politische Erwägungen die Oberhand gewinnen — nur die höher werdenden Erschließungskosten für die geologisch immer schwe rer erreichbaren und häufig weniger ergiebigen Fundstätten. Daß sich die gegenwärtig Lebenden auf Kosten der Nachwelt an den endlichen Vorräten der Natur bereichern,, ist die eine Seite dieses Vorgangs. Daß auf diese Weise weltweit eine technische Produktionsstruktur aufgebaut wird, deren Niveau langfristig nicht durchzuhalten ist, die lediglich den Kapitaleinsatz innerbetrieblich optimiert, zugleich aber menschliche Arbeitsmöglichkeiten beseitigt oder unter das Diktat technischer Abläufe stellt, ist die andere, die humanitäre Seite.

Welche betriebswirtschaftlichen Folgerungen lassen sich daraus ziehen?

1. Die technisch bestimmten Strukturen in den Betrieben kommen teilweise durch eine ökologisch irrationale Ressourcenbewertung zustande. Humanisierung von Arbeitsstrukturen im Sinne der Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsmöglichkeiten und des verstärkten Einsatzes der Ressource „menschliche Arbeitskraft" kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Strategie des Abbaus ökologisch gefährlicher Produktionsstrukturen und zugleich eine Strategie gegen wachsende Arbeitslosigkeit sein Für die Betriebswirtschaftslehre könnte daraus die Aufgabe erwachsen, Konzeptionen für ökologisch und humanitär angepaßte Produktionsweisen zu erarbeiten.

2. Es erweist sich als problematisch, die Betriebswirtschaftslehre auf die innere Optimierung des unternehmerischen Kapitaleinsatzes zu beschränken. Die überbetrieblichen Wirkungszusammenhänge, hier also speziell der Umwelt-Aspekt im weiten Sinne, sind real und sollten in entsprechend komplexen, erweiterten Theorieansätzen ihren Niederschlag finden. Nicht die idealistischen Bedingungen der reinen Marktwirtschaft sollten den theoretischen Bezugsrahmen abgeben, sondern die wirklichen Gegebenheiten unserer natürlieben, geographischen Lebensmöglichkeiten und gesellschaftlichen Lebensgrundlagen.

3. Als Leitwert unserer wirtschaftlichen Praxis ist ein allgemeiner Konsens darüber anzustre-

daß das Wirtschaften als eine Daseinsvor-en, sorge zu begreifen ist, die das langfristige überleben der Menschen 18) unter erträglichen Bedingungen sichert. Von kurzsichtigen Ausbeutungspraktiken zu Lasten der Nachwelt ist deshalb Abstand zu nehmen. Betriebswirtschaftliche Theorien und Konzeptionen sollten diesem Leitwert ebenso untergeordnet werden wie jede andere, das Wirtschaften tangierende Wissenschaft. Als eine praktischnormativverstandene Wissenschaft müßte die Betriebswirtschaftslehre die realen Wirkungen ihrer theoretischen Einsichten diskutieren. „Die Ideologie der Wertneutralität schafft eine künstlich gehütete Blindheit gegen die eigenen Konsequenzen.“

2. Die sozialökonomische Argumentation

Unter sozialökonomischer Argumentation soll in betriebswirtschaftlichem Zusammenhang die Berücksichtigung gesellschaftlicher Wirkungen einzelwirtschaftlichen Handelns verstanden werden. Die Berücksichtigung dieser gesellschaftlichen Implikationen bedeutet unter pragmatischen Gesichtspunkten, daß den geltenden Wertkategorien unternehmerischer Entscheidungen andere Wertkategorien gegenübergestellt oder hinzugefügt werden, die die gewünschte Rückkoppelung zwischen Betrieb und gesellschaftlicher Umwelt herbeiführen. Dies kann z. B. durch gesetzliche Auflagen oder öffentliche Abgaben geschehen. Es geht nicht nur'darum, gesellschaftliche Wirkungen unternehmerischer Entscheidungen lediglich zu einem theoretischen Thema zu machen, sondern vor allem um pragmatische Konzeptionen, um nicht-unternehmensbezogene gesellschaftliche Werte im konkreten Handeln wirksam werden zu lassen. Bevor jedoch solche Einflußnahmen oder Einschränkungen unternehmerischer Autonomien eingeführt werden können, müssen die Kriterien für erwünschte und unerwünschte oder erträgliche und unzumutbare Wirkungen einzel-betrieblicher Handlungen geklärt, d. h. gesellschaftlich bewertet werden.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage, ob Humanität des Arbeitsvollzugs eine Wertkategorie darstellt, die auf eine Relativierung unternehmerischer Selbstbestimmung in der Praxis hinausläuft. In Argumentationen über das Für und Wider der Humanisierung wird häufig der Begriff der Wirtschaftlichkeit ins Feld geführt, meist im Sinne der Begründung verweigerter Humanisierungsansprüche. Ganz ähnliche Geltungsansprüche für das Prinzip der Wirtschaftlichkeit wurden in der Diskussion um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer erhoben. Die laxe Verwendung des Begriffes „Wirtschaftlichkeit" ist erklärlich, wenn man die Interessenpositionen der Beteiligten beachtet. Jeder Unternehmensleiter wird zu Recht von sich selbst fordern, das Prinzip der Wirtschaftlichkeit strikt zu befolgen und jedes Ansinnen abzuweisen, das von ihm verlangen würde, sich anders zu verhalten. Allerdings müßte diese Handlungsmaxime für jeden am Wirtschaftsprozeß Beteiligten gelten, also auch für den einzelnen Arbeitnehmer und seinen Einsatz im Wirtschaftsprozeß.

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip ist eine formale Entscheidungsregel, die nichts über den Inhalt der jeweiligen Entscheidungssituation aussagt, schon gar nichts über deren moralische Qualität. Wenn sich ein Bankräuber den sichersten Fluchtweg nach seiner Tat überlegt, dann handelt er in seinem Sinne genauso nach dieser Handlungsmaxime wie die Bank, die für Geldtransporte zwischen Filiale und Zentrale ebenfalls den sichersten Weg bestimmt. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip mischt sich in die inneren Angelegenheiten einer Handlungssituation nicht ein. Es qualifiziert den Handlungsträger hinsichtlich seines Wahlverhaltens in einer Entscheidungssituation und ist in dieser auf das Verhalten von Personen bezogenen Sicht die ökonomische Deutung des allgemeinen Rationalprinzips. Bei wirtschaftlichen Entscheidungen (z. B. Verfahrensauswahl in der Produktion) werden häufig Wirtschaftlichkeitskennziffern gebildet, um die Entscheidungssituation ökonomisch zu präzisieren (z. B. Kosten je Produktionseinheit). Diejenige Alternative mit der günstigsten Kennziffer bezüglich der geltenden Zielsetzungen wird dann als die wirtschaftlichste bezeichnet. Diese Ausdrucksweise kann zu Mißverständnissen führen, denn die Wirtschaftlichkeitskennziffern beziehen sich auf eine gegebene Entscheidungssituation und qualifizieren das Entscheidungsverhalten als rational oder nicht-rational. Werden Maßnahmen ergriffen, durch die die Entscheidungssituation selbst verändert wird, so wird das Wirtschaftlichkeitsprinzip davon nicht berührt. Die Veränderung der Kostenstruktur eines Produktionsverfahrens, z. B. durch die gesetzliche Verpflichtung zum Ein bau umweltschützender Sicherungstechniken kann zwar den Gewinn schmälern, ist aber nie. mals eine Frage der Wirtschaftlichkeit, da das rationale Verhalten des Entscheidungsträgers ja nicht beeinträchtigt wird. Wenn bei sozialpolitischen Kontroversen gelegentlich gesagt wird, diese oder jene Maßnahme (z. B. Umweltschutzauflagen) führe zu Unwirtschaftlichkeit so kann nur gemeint sein, sie verringere den Gewinn, aber nicht, sie zwinge zu unwirtschaftlichem, also irrationalem Entscheidungsverhalten. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip wird in den beiden Formen des Sparsamkeitsprinzips (ein bestimmter Handlungszweck soll mit möglichst geringem Aufwand an Mitteln erreicht werden) und des Ergiebigkeitsprinzips (mit den vorhandenen Mitteln soll man so umgehen, daß ein Maximum an Erfolg erzielt wird) benutzt Beide Formulierungsweisen sind logisch ineinander umwandelbar, jedenfalls bei formaler Definition des Wirtschaftlichkeitsprinzips. Die allgemeine Vernunftregel „Handle stets so, daß die verfügbaren Mittel nicht vergeudet werden!" besitzt Geltung unabhängig davon, ob eine Entscheidungssituation vom Handlungsträger inhaltlich richtig und umfassend oder falsch und bruchstückhaft interpretiert wird.

Angenommen, bei einer Entscheidung über ein neues Produktionsverfahren ergibt sich aus einer Kosten-Nutzen-Analyse, daß das maschinelle Verfahren günstiger ist als das bislang praktizierte manuelle, so hätte die Regel der Wirtschaftlichkeit zur Folge, daß die Entscheidung zugunsten des technischen Verfahrens ausfällt. Wäre es nun so, daß die durch das technische Verfahren freigesetzten Arbeitskräfte nicht entlassen werden dürfen, dann könnte eine Überprüfung der Entscheidung zum umgekehrten Resultat führen, falls keine anderen innerbetrieblichen Verwendungsmöglichkeiten für diese Arbeitskräfte gefunden werden. Unter den gegebenen Umständen wäre das Kapital günstiger eingesetzt, wenn es beim manuellen Verfahren bliebe. In der Praxis besteht jedoch die Möglichkeit der Entlassung der Arbeitskräfte, deren materielle Versorgung dann durch die Gemeinschaft übernommen wird. Durch diese Kostenverlagerungsmöglichkeit wird das technische Verfahren wieder günstiger, jedoch nur in einzel-wirtschaftlicher Perspektive. Zu analogen Ergebnissen käme man, wenn in die betriebli-chen Entscheidungen ökologisch rationale Faktorpreise eingehen müßten. Es kann zwar sein, daß die unternehmerische Betätigung auf einem bestimmten Gebiet dadurch weniger Gewinn abwirft. Aber das Verhalten, selbst unter diesen Umständen noch nach dem Sparsamkeitsprinzip oder dem Ergiebigkeitsprinzip vorzugehen, bleibt wirtschaftlich. Weder die Kostenverlagerung nach außen noch die Kostenanlastung der Betriebe für externe Folgen sind eine Frage der Geltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips. Eine spezielle Anwendung des Wirtschaftlichkeitsprinzips bezieht sich auf den sparsamen Umgang mit dem Produktionsfaktor Kapital bzw.dem möglichst ergiebigen Einsatz der vorhandenen Maschinen, Gebäude, Rohstoff-bestände und Fertigwaren zum Zwecke der Gewinnerzielung, üblicher Maßstab ist die Kapitalrentabilität als Verhältnis von Gewinn (einer Periode) zum eingesetzten Kapital (derselben Periode). Das langfristige Überleben des Unternehmens hängt davon ab, ob ohne Substanzverzehr eine ständige Reproduktion der Produktionsprozesse möglich ist, unter bestimmten Umständen auch deren substantielle Erweiterung (Wachstum).

Wahrscheinlich würde es die Rentabilität des Kapitaleinsatzes beeinträchtigen, wenn erhebliche Teile des Vermögens als Bargeld in der Kasse liegen würden. Ein solches Verhalten kann mit Recht der Unwirtschaftlichkeit bezichtigt werden, wenn nicht Liquiditätserwägungen dies rechtfertigen. Solche Überlegungen finden dagegen kaum statt, wenn der Produktionsfaktor „menschliche Arbeitskraft"

nicht oder nur partiell eingesetzt wird, es sei denn, der Betrieb hätte die Lohnkosten weiterhin zu tragen.

Kann man mit dem Produktionsfaktor »menschliche Arbeitskraft" ähnliche Rentabilitätsüberlegungen anstellen wie im Falle des Kapitals bzw.der sachlichen Produktionsfaktoren? Dazu müßte analog zum Kapital zunächst eine Faktorbestandsgröße ermittelt werden, die das gesamte Leistungspotential der Arbeitskraft angibt. Das Verhältnis von tatsächlich in Anspruch genommenem (d. h. in Arbeitsleistung und damit Einkommen umgewandeltem) zum verfügbaren Potential wäre eine der Kapitalrentabilität analoge Kennzifer. Bei dieser Bestandsgröße könnte man z. B.

an die gesamten investiven Aufwendungen tr Herstellung des Leistungspotentials eines Menschen in Betracht ziehen (etwa die fami>aren und öffentlichen Bildungsaufwendun-

8en, auch die vom Betrieb selbst geleistete Ausbildungsarbeit). Bei einem Verfahrensvergleich zwischen alternativen Einsatzmöglichkeiten für Arbeitskräfte würde man entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsprinzip denjenigen Arbeitseinsatz bevorzugen müssen, bei dem der Quotient aus Inanspruchnahme und Potential am größten ist. Der Nichteinsatz von Arbeitskraft, also Arbeitslosigkeit, wäre hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ähnlich zu beurteilen wie Bargeld in der Kasse.

Diese Betrachtungsweise ist zugestandener-maßen ziemlich ungewöhnlich. Solche Rechnungen werden — soweit bekannt — in der Praxis nicht aufgemacht. Aber auch ohne detaillierte Berechnungen gibt es Gründe für die Annahme, daß es in der Praxis vielfältig zu (z. T. verborgenen) Formen von Unwirtschaftlichkeit der Nutzung vorhandenen Arbeitspotentials kommt — immer aus der Sicht des arbeitenden Menschen gesehen. Die vorhandenen Qualifikationen — vielleicht durch ein langes Berufsleben erworben — werden häufig nicht voll genutzt und würden bei anderem Arbeitseinsatz zu höherer . Arbeitskraft-rentabilität" (realisiert in entsprechend höherem Entgelt) führen. Werden diese angebotenen Qualifikationen vom Arbeitsmarkt nicht . abgenommen, muß eine geringer entlohnte (weniger wirtschaftliche) Tätigkeit angenommen werden. In den betrieblichen Kalkulationen macht sich ein solcher Umstand jedoch nicht bemerkbar, weil nur mit dem tatsächlich gezahlten Lohn gerechnet wird. Dieser wiederum läßt ein mögliches Mißverhältnis zwischen Arbeitspotential und dessen entgeltlichem Einsatz im Betrieb nicht erkennen. Erst wenn jemand entlassen wird und nun der Arbeitslosenunterstützung anheim fällt, sieht man, daß hier so etwas wie Ressourcenverschwendung, also Unwirtschaftlichkeit stattfindet. So kann also eine bestimmte Produktionsweise zugleich rentabel (aus der Sicht des Kapitaleinsatzes) und doch unwirtschaftlich (aus der Sicht des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft) sein.

Dieses Ergebnis ist natürlich leicht erklärlich. Würde man nämlich der die Arbeitskraft verdrängenden Produktionsweise alle jene Kosten zurechnen, die sich aus Ressourcenverschwendung offener und verdeckter Art ergeben, dann würde sich manche Entscheidung zugunsten technischer Produktionsverfahren als unwirtschaftlich erweisen, dies um so mehr, wenn außer den sozialen Folgekosten auch die ökologischen Belastungen hinzugerechnet werden. Würden solche Berechnungen und Bewertungen realisiert und die Kosten nach dem Verursacherprinzip verteilt, so hätte das unter anderem die Wirkung, daß in Phasen der Vollbeschäftigung Kosten der Arbeitslosigkeit nicht anfallen, weil durch Rationalisierung freigesetzte Arbeitskräfte unmittelbar in andere Arbeitsplätze vermittelt werden könnten, sieht man von der möglichen Unzumutbarkeit häufiger Arbeitsplatzwechsel ab. Rationalisierungshemmend würde sich dieses Verfahren dagegen bei Unterbeschäftigung auswirken.

Kommt es in der Praxis nicht zu Entlassungen aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen, sondern „lediglich“ zu internen Umgruppierungen und Umstufungen, so kann dennoch eine Ressourcenverschwendung vorliegen, wenn die Technisierung zu Arbeitsstrukturen mit chronischer Unterausnutzung vorhandener menschlicher Potentiale führt (z. B. monotone Arbeiten, einseitig körperliche oder einseitig geistige Beanspruchungen). Eine wertmäßige Abbildung dieser Form der Unwirtschaftlichkeit, die mit dem Problem humanen Arbeitens aufs engste verbunden ist, dürfte sich als sehr kompliziert erweisen. Es gibt jedoch genügend Anhaltspunkte für die These, daß bei rein kapitalorientierten innerbetrieblichen Vergleichsrechnungen manche Techniken wohl nur deshalb als rentabel erscheiner weil die praktizierten Entscheidungskalküli unvollständig sind. Es dürfte sicher sinnvol sein, in dieser Richtung betriebswirtschaftli ehe Forschung zu betreiben. Dabei wird eii Aspekt von Bedeutung sein, inwiefern siel Technologien finden und entwickeln lassen die einen rentablen Kapitaleinsatz ermögli chen, ohne zugleich Verschwendung menschlichen Arbeitsvermögens zur Folge zu haben Dies ist die Frage nach den angepaßten odei humanen Technologien, dem Thema des folgenden Abschnitts.

3. Die Argumentation der Technologiekritik

Die gesellschaftliche Technologiekritik hat eine lange Tradition, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Die theoretische und philosophische Einschätzung des Verhältnisses von Mensch, Technik und Natur stellt sich angesichts der ökologischen Krisensymptome heute als aktuelles Problem stärker denn je. Die Antworten und Empfehlungen sind oft gegensätzlich, teils von nostalgischen, teils von emphatisch zukunftsgläubigen Einstellungen beeinflußt. Was an der Diskussion der letzten Jahre jedoch auffällt, ist eine wachsende Nachdenklichkeit bei Fachleuten aus Technik und Naturwissenschaften. Unter dem Leitsatz, daß wir nicht alles realisieren dürfen, was wir aus unserem wissenschaftlichen Vermögen heraus können, findet ein Umdenken statt Im Vordergrund steht die Skepsis gegenüber einer zivilisatorischen Haltung, die aus dem Gedanken der Beherrschung der Natur durch menschliche Technik und der Heilsidee unendlichen Fortschritts entstanden ist. An ihre Stelle tritt eine andere Haltung, die an der Idee einer den natürlichen Gegebenheiten angepaßten Lebensweise orientiert ist. Um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen: es geht nicht um die Abschaffung von Technik und damit um eine romantische Rückkehr zu vorindustriellen Produktionsweisen. Wir werden im Gegenteil eine hochentwickelte, intelligente, aber eben angepaßte Technologie brauchen, deren konkrete Entwicklung sich abzuzeichnen beginnt Mit Technologie ist nicht nur das materielle Instrumentarium ge-meint, dessen wir uns zur Produktion bedienen, sondern der gesamte damit verbundene soziale und organisatorische Kontext der Benutzung dieses Instrumentariums. So gehören gerade auch Organisationsprobleme, ein Kernstück der Betriebswirtschaftslehre, hierzu.

Die Entwicklung der industriellen Technik hat Produktionssyteme geschaffen, die nicht nur in sich komplizierte Abläufe enthalten, sondern einen wachsenden Steuerungsaufwand hervorrufen. Dies sind die Sekundärfolgen der schrittweisen produktionstechnischen Ausdehnung, nämlich ein Anwachsen der Verwaltungskosten und zugleich fortschreitender Zentralismus. Das Merkwürdige daran ist, daß bei Einzelentscheidungen über technische Innovationen im Produktionssystem derartige Sekundärkosten nicht berücksichtigt werden können, weil sie als deren direkte Folgen nicht in Erscheinung treten. Erst bei einem bestimmten Entwicklungsstadium des produktionstechnischen Systems (Primärsystem) wird eine Schwelle erreicht, wo man sagt, das bisherige Planungs-, Kontroll-und Koordinationssystem ist überfordert und ineffizient geworden. Es korrespondiert nicht mehr mit den feinnervigen Steuerungsanforderungen des komplexer gewordenen Produktionssystems.

Die strukturelle Entwicklung organisatorischer Systeme verläuft häufig in der Weise, daß ehemals dezentrale Einheiten mit Selbst-steuerung zunehmend einer zentralen Koordination unterworfen werden. Mit dem Zusammenwachsen dieser Einheiten eröffnen sich weitere Chancen einer rationalisierenden Technisierung mit entsprechenden „Spätfolgen“ im administrativen Bereich.

Yona Friedman nennt solche Grenzüberschreitungsfolgen das Syndrom des Turmbaus zu Babel: „Der Turm zu Babel kann als eine technische Organisation mit einer maßlosen Zielsetzung betrachtet werden. Anfangs geht alles gut, und man beginnt mit dem Bau des Turms. Der Turm wird immer höher und zugleich wird die Organisation der Bauleute immer größer, bis eines Tages die Meldungen der Maurer nur noch mit größter Verzögerung und mit zahllosen Übermittlungsfehlern zu denen gelangen, die die Bereitstellung und Verteilung der Baumaterialien überwachen: die Organisation hat die Größe der entsprechenden kritischen Gruppen überschritten.

Friedman versteht unter „kritischer Gruppe die größtmögliche Gesamtheit von Elementen (Menschen, Dingen und Beziehungen), mit denen die gute Funktion einer Organisation von bestimmter Struktur sichergestellt werden kann“

Die Überschreitung der Kapazität eines Steuerungssystems läßt zwei Möglichkeiten offen: entweder man verzichtet auf weitere technische und strukturelle Zentralisierung und beläßt es bei dezentraler Steuerung der Subsysteme der Produktion, oder man entwickelt einen höherstufig integrierten Steuerungsapparat mit entsprechender qualitativer Kapazität. Gegenüber der Summe der dezentralen Steuerungssysteme erscheint das zentrale häufig als effizienter, d. h. ein relativ hohes Steuerungsniveau kann bei vergleichsweise günstigen Kosten erreicht werden (= Rationalisierungseffekt der Zentralisierung). Wegen dieses administrativen Effektes ist bei manchen Leuten die Begeisterung für Verwaltungszusammenlegungen (z. B. auch im Bereich der Gebiets-körperschaften) oft recht groß. Die wirtschaftliche Wirksamkeit solcher Maßnahmen ist dennoch zweifelhaft. Sie mag zwar auf der Ebene der reinen Verwaltungskosten gegeben sein. Würde aber der insgesamt infolge struktureller Expansion der Primärsysteme der Produktion sich aufblähende Verwaltungsaufwand (möglicherweise nur als fiktive Größe) in jedem einzelnen technischen Entwicklungsschritt bei der Entscheidung berücksichtigt, dann wäre keineswegs sicher, ob es tatsächlich unter Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips zu fortgesetzten zentralisierenden Strukturentwicklungen kommen würde.

Von diesen ökonomischen Konsequenzen abgesehen, stellt sich natürlich gerade auch im Hinblick auf das Problem der Humanität des Arbeitens die Frage nach dem tieferen Sinn eines solchen leviathanischen Zentralismus. Dies gilt nicht nur für Arbeitsstrukturen in der Produktion, sondern auch für Verwaltungstätigkeiten. Daß in großen Systemen das Ausmaß der inneren Gliederung und Zerlegung der Arbeit bei gleichzeitiger Einengung der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten am einzelnen Arbeitsplatz wegen der Erfordernisse der rationalen Gesamtkoordination erheblich ist, braucht sicher nicht detailliert begründet zu werden. Wenn die Annahme zutreffen sollte, daß zentralistische Systemsteuerung ineffizient ist oder unter bestimmten Umständen sein kann (daneben ist sie meist auch unflexi-bei) und zu inhumanen Arbeitsstrukturen führt, dann wäre dies zugleich ein Beleg für die These, daß wirtschaftliche Effizienz und Humanität des Arbeitens keine Gegensätze sein müssen.

Wer von Humanisierung der Arbeit spricht und sie praktizieren will, kommt wahrscheinlich nicht um die Frage herum, ob nicht in erster Linie an eine Auflösung zentralistischer Strukturen gedacht werden muß. Dezentrale, auf menschliche Maßstäbe zugeschnittene Strukturen (Betriebe, Produktionsstätten, Organisationseinheiten) erfordern Konzeptionen für Technologien, die mit diesen Strukturen verträglich sind. Die Technik muß den sozialen Wertkategorien, unter denen sie praktiziert werden soll, angepaßt sein. Wird der geistige Nährboden technischer Innovationen ausschließlich mit optimalem Kapitaleinsatz präpariert, dann ist es nicht verwunderlich, daß überwiegend Techniken sprießen, die gegen andere Wertkategorien immun oder sogar aggressiv sind. Überlegungen und Ansätze für grundlegend veränderte Technologien haben in den letzten Jahren erheblich an Aufmerksamkeit gewonnen.

Als Beispiel für diese Entwicklung sei die Konzeption der „Mittleren Technologie" genannt, die seit einigen Jahren zunehmendes Interesse in der Praxis und verschiedenen Wissenschaften findet. Aus der Einsicht und praktischen Erfahrung, daß industrielle Groß-technologien sich besonders in Entwicklungsländern als kultursprengend erwiesen haben, entstand die Idee, rücksichtsvollere Technologien als praktische Hilfe für Entwicklungsländer zu entwickeln Was liegt näher, die sozialen und kulturellen Wirkungen hochentwickelter zentralistischer Produktionstechnik auch in industriellen Gesellschaften zum Thema zu machen und zu unterscheiden: a) Technologien, die ihrem Charakter nach auf Überschreitung des menschlichen Maßes in der Produktion angelegt sind, und b) Technologien, denen eine Selbstbegrenzung auf humane Arbeitsstrukturen immanent ist.

Eine knappe Erklärung, welchen Kriterien eine mittlere Technologie genügen soll, hat die Stiftung Mittlere Technologie gegeben: „Langfristiges Ziel der Mittleren Technologie soll die Sicherung eines menschenwürdiger überlebens in unserer begrenzten und gefähr deten Umwelt sein. Der Verknappung de Rohstoff-und Energievorräte und dem zuneh menden Bedürfnis nach Humanisierung dei Arbeitswelt kann die bisherige Großtechnolo gie immer weniger gerecht werden. Statt dessen muß eine Mittlere Technologie menschen gemäß, umweltschonend und energie-und rohstoffsparend sein. Ausgehend von der gegenwärtigen Ökonomie als zwingender Ausgangsposition soll Mittlere Technologie eint dezentralisierte Technik auf Menschenmaf sein, die zu einem Gleichgewicht zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umgebung führt. Eine Dezentralisierung beinhalte! auch eine hohe Flexibilität und Krisensicher heit.“

Der in dieser Erklärung betonte Gedanke der Dezentralisierung ist nicht nur als regionalpolitische Fragestellung aufzufassen. Es gibt zahlreiche innerorganisatorische Aspekte, die mit dem Thema „Humanisierung der Arbeit" unmittelbar Zusammenhängen. Dazu sei noch einmal auf den von Yona Friedman benutzten Begriff der kritischen Gruppe zurückgegriffen. Als kritische Gruppe kann die Anzahl an Systemelementen bezeichnet werden, denen ein Mensch ohne Überlastung seiner kognitiven Wahrnehmungsfähigkeiten und seiner emotionalen Erlebnisfähigkeit Aufmerksamkeit schenken kann. Eine Überschreitung dieser Grenze hat Entfremdung zur Folge. Wenn Entfremdung Verlust an Vertrautheit mit anderen Menschen und Dingen bedeutet und damit gerade solche sozialen Bedürfnisse nicht befriedigt werden können, die unter dem Aspekt der Humanität eine besondere Rolle spielen (z. B. die Gewißheit, für andere Menschen Bedeutung zu haben, also von ihnen akzeptiert zu werden), dann gibt es offenbar einen maximalen Systemumfang, dessen Überschreitung tendenziell einen Verlust an Humanität bedeutet. Soziale Isolation in der Arbeit und die damit verbundenen psychischen Folgen haben zahlreiche Autoren zu der Empfehlung veranlaßt, dezentrale Systeme zu schaffen, die die Befriedigung sozialer Kontaktbedürfnisse ermöglichen Technologien, die nur über Großorganisationen regierbar sind, gelten dementsprechend als inhuman, weil sie sowohl im Primärsystem der Produktion als auch im Sekundärsystem der Administration mit Arbeitsstrukturen verbunden sind, die keine Dezentralisierung vertragen.

Am Rande sei vermerkt, daß auch von Seiten der Kritiker der Konsumgesellschaft darauf hingewiesen wird, daß die Befriedigung menschlicher Lebensbedürfnisse nicht nur über den Erwerb von Konsumartikeln und vermarkteten Dienstleistungen erfolgen muß, sondern daß als Quelle der Bedürfnisbefriedigung auch die Arbeitssphäre in Betracht kommt. Das die Möglichkeiten der Befreiung aus Konsumzwängen durch eine geänderte Lebenspraxis bisher so wenig zum Tragen gekommen ist, hat nach William Leiss einen einfachen Grund: „Um die Uneindeutigkeiten und Frustrationen der rein konsumtiv orientierten Bedürfnisbefriedigung überwinden zu können, wäre ein kohärenter Erfahrungszusammenhang persönlicher Befriedigung außerhalb der Sphäre des Konsums Voraussetzung. Da die Arbeit das vorherrschende Merkmal des alltäglichen Lebens fast aller Individuen darstellt, sollte das Streben nach Befriedigung ausdrücklich als einer der wichtigsten Aspekte des Arbeitslebens anerkannt werden." Humanisierung der Arbeit als Voraussetzung und Entwicklung selbstbestimmter Lebensformen des Menschen weist somit auf den gesamtgesellschaftlichen Charakter der Humanitätsidee hin.

III. Konsequenzen für die Betriebswirtschaftslehre

Es kann sein, daß mit der Absicht, Humanität zu einem Leitprinzip der Betriebswirtschaftslehre zu machen, zu viele Fragen gestellt und zu wenig beantwortet worden sind. Zudem wird manche Antwort vielleicht für utopisch gehalten. Angesichts des gegenwärtigen und künftigen Problemdrucks, der aus ökologischen Krisen, Arbeitslosigkeit, Problemen der Entwicklungsländer und wachsender Unregierbarkeit der Ballungsregionen zu erwarten ist, wird vermutlich für viele Fragestellungen erhebliche praktische Phantasie und wissenschaftliche Kreativität benötigt werden, um zu neuen Lösungen zu gelangen.

Der arbeitende Mensch und die von ihm ausgehenden humanitären Anforderungen an das Arbeitsleben können dagegen wohl kaum als Utopie bezeichnet werden. Hier liegt eine konkrete wissenschaftliche Aufgabe auch für die Betriebswirtschaftslehre vor. Sie besteht — sehr verkürzt gesagt — darin, das praktische Funktionieren von Betrieben im Rahmen des realen sozialökonomischen Umfeldes unter dem Leitprinzip der langfristigen Sicherung des menschlichen Überlebens unter humanen Bedingungen zu untersuchen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. E. Gaugier u. M. Kolb, Arbeit und Humanität — Betriebliche Reformansätze heute, in: Arbeit und Humanität, hrsg. v. A Rich u. E. Ulich, Königstein/Ts. 1978, S. 119 ff.

  2. Vgl. E. Gaugier u. M. Kolb, a. a. O., S. 123.

  3. Vgl. die Darstellung b. Gerlinde Strauss-Fehlberg, Die Forderung nach Humanisierung der Arbeitswelt, Köln 1978, S. 114ff., insb. S. 159ff.

  4. Wilhelm Hasenack spricht z. B. von Humanisierungssoziologen und kritisiert den angeblich ideologischen Charakter eines großen Teils des Schrifttums zur Humanisierung. Vgl.ders., Arbeitshumanisierung und Betriebswirtschaft, München-Wien 1977, S. 21. Uberarbeitete Fassung eines Vortrages während der Tagung der Gesellschaft der Freunde und Förgrernder Hochschule für Wirtschaft und Politik, mamburg, am 21. April 1979.

  5. Vgl. Klaus Chmielewicz, Arbeitnehmerinteressen und Kapitalismuskritik in der Betriebswirtschaftslehre, Reinbek b. Hamburg 1975, S. 56.

  6. Vgl. H. Kreikebaum, Humanität in der Arbeitswelt — Eine kritische Betrachtung, in: Zeitschr. f. Betriebswirtschaft, 47. Jg. 1977, S. 493 f.

  7. Vgl. G. Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München 1973", S. 9.

  8. H. Kreikebaum, a. a. O., S. 486.

  9. H. Kreikebaum, a. a. O., S. 486.

  10. E. Rühli spricht vom Menschenbild des „complex man“; vgl.ders., Die Stellung des Arbeitsnehmers in Betrieb und Unternehmung, in: Arbeit und Humanität, a. a. O., S. 114.

  11. E. Baumann, Das System Unternehmung — Ein führung in die Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart 1978, S. 127.

  12. Zunehmend rücken allerdings auch die vergleichbaren Umstände im administrativen Bereich m den-Vordergrund. Vgl. hierzu Schreyögg, Stein-te, Stu ttpuner, Arbeitshumanisierung für Angestellal

  13. D. Adam, Produktions-und Kostentheorie, 2. uperarb. Aufl., Tübingen-Düsseldorf 1977, S. 5.

  14. D. Adam, a. a. O„ S. 1.

  15. Vgl. Binswanger, Geissberger, Ginsburg (Hrsg.), Der NAWU-Report: Wege aus der Wohlstandsfalle — Strategien gegen Arbeitslosigkeit und Umwelt-krise, Frankfurt 1978, S. 57.

  16. Bei einer Untersuchung des IFO-Instituts über technologische Umstellungen ergab sich, daß Werk-Stoffeinsparungen — von Ausnahmen abgesehen — nur wenig als Grund für Technisierungsmaßnahmen in Betracht kommen. Nur in 13 von 105 untersuchten Fällen wurden überhaupt Werkstoffersparnisse angegeben. Vgl. Bernd Schiemenz, Technischer Wandel, Automatisierung und betriebliche Zielerpichung, in: Personal-und Sozialorientierung der setriebswirtschaftslehre, hrsg. v. G. Reber, Bd. 4, dtuttgart 1977, S. 116 ff. „Werkstoffeinsparung ist je-Ch kein besonders wichtiger Effekt der Automati-sierung" ebd. S. 118.

  17. Vgl. W. Bierter u. E. v. Weizsäcker, Strategien zur 19mrwindung der Arbeitslosigkeit, in: Prisma Nr. 14, °s'I 9t. Zeitschr. d. Gesamthochschule Kassel, 18) Zum Leitwert des langfristigen überlebens als ethischem Grundprinzip vgl. H. Bossel, Bürgerinitiativen entwerfen die Zukunft, Frankfurt/M. 1978, S. 66 ff.

  18. Carl Friedrich von Weizsäcker, Der Garten des Menschlichen — Beiträge zur geschichtlichen Anthropologie, München-Wien 1978, S. 65.

  19. Vgl. H. Diederich, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre I, Stuttgart-Düsseldorf 19712, S. 1491

  20. In jüngster Zeit werden verschiedene Ansätze unter dem Stichwort „Humanvermögensrechnung“ oder „human resource accounting" diskutiert. Vgl. H. Rumpf, Betriebliche Humanvermögensrechnungen, in: Zeitschr. f. betriebsw. Forschung, 30. Jg. 1978, S. 453 ff., und Chr. Aschoff, Betriebliches Humanvermögen — Grundlagen einer Humanvermögensrechnung, Wiesbaden 1978. Die Schwäche dieser Ansätze besteht darin, daß der Vermögenswert „Mensch" unter betrieblichen Verwertungsgesichtspunkten gesehen wird. Das Humanvermögen einer Unternehmung ergibt sich aus der Summe der Leistungsangebote aller Organisationsteilnehmer, „die durch Tätigwerden oder auch stillschweigendes Dulden auf direkte oder indirekte Weise zur Erwirtschaftung eines Überschusses der Unternehmung beitragen“ (Chr. Aschoff, a. a. O., S. 41). Die arbeitskontraktabhängigen Nutzungspotentiale und -angebote, die hier als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, berücksichtigen nicht die vor Vertragsabschluß liegenden Umstände, durch die sich jemand z. B. gezwungen sehen kann, seine Arbeitskraft unter Qualifikation anzubieten. Der Wertansatz der Humanvermögensrechnungen beschränkt sich konsequenterweise auf den tatsächlichen Kapitaleinsatz für die Beschaffung, die Erhaltung, die Erhöhung und die Umstrukturierung des vertraglichen Leistungspotentials. Private oder öffentliche Bildungsinvestitionen fließen in die Überlegungen nicht ein, obwohl gerade von diesen das mögliche Niveau des Leistungsangebots erheblich mitbestimmt wird.

  21. Vgl. die Schilderung von H. Wendelmuth, Arbeitsleben und technischer Wandel, in: Technologie und Politik, Bd. 3, Reinbek b. Hamburg 1975, S. 206 ff.

  22. Vgl. dazu gründlicher A Kuhlmann, Alptraum Tehnik? Zur Bewertung der Technik unter humanitären und ökonomischen Gesichtspunkten, Köln 1977.

  23. Vgl. R. Jungk, Der Jahrtausendmensch. Bericht aus den Werkstätten der neuen Gesellschaft, Reinbek b. Hamburg 1976.

  24. Yona Friedman, Machbare Utopien, Frankfurt/M 1977, S. 58.

  25. Friedman, ebd., S. 38.

  26. Vgl. E. F. Schumacher, Die Rückkehr zum menschlichen Maß. Alternativen für Wirtschaft und Technik, Reinbek b. Hamburg 1977, S. 149ff.; IPAT-Praxis-Bericht, Windpumpen für die Dritte Welt, in: Technologie und Politik, Bd. 12, 1978, S. 150ff.; D. Dickson, Alternative Technologie, München 1978, S. 117ff.

  27. Karl Werner Kieffer, Können Industrieländer ohne Wirtschaftswachstum überleben?, in: Überleben ohne Wirtschaftswachstum?, hrsg. v. d. Evangel. Akademie Arnoldshain u. d. Stiftung Mittlere Technologie, Karlsruhe 1978, S. 12.

  28. Vgl. u. a. Y. Friedman, a. a. O., S. 40; K. W. Kieffer, Konsequenzen der Krise. Manager vor alternativen Überlegungen, Karlsruhe 1978, S. 49 ff.; E. F. Schumacher, a. a. O., S. 217 ff.; Binswanger, Geissberger, Ginsburg, a. a. O., S. 222 ff.; D. Dickson, a. a. O., 8. 83 ff.; R. Grönemeyer, Selbstbestimmung innerhalb der Grenzen des Wachstums, in: Anders leben - Überleben, hrsg., v. H. E. Bahr u. R. Grönemeyer, Frankfurt/M. 1978, S. 53 ff.

  29. William Leiss, Grenzen der Bedürfnisbefriedigung, in: Technologie und Politik, Bd. 12, Reinbek b. Hamburg 1978, S. 150. Vgl. auch Jean-Pierre Dupuy u. Jean Robert, Die zerstörerische Logik ökonomischer Vernunft, in: Technologie u. Politik, Bd. 12, a. a. O„ S. 103.

Weitere Inhalte

Peter Bendixen, Dr. rer. pol., geb. 1933; Studium der Betriebswirtschaftslehre; 1963— 1966 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Hamburg; 1966— 1972 praktische Arbeit als Planungs-und Organisationsberater; seit 1972 Dozent für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Politik, Hamburg; z. Z. mit Forschungen im Rahmen des Programms „Humanisierung des Arbeitslebens" des Bundesministeriums für Forschung und Technologie befaßt. Veröffentlichungen u. a.: Planung — Organisation und Methodik innovativer Entscheidungsprozesse (zus. mit H. W. Kemmler), Berlin und New York 1972; Kreativität und Unternehmensorganisation, Köln 1976; mehrere Aufsätze in Fachzeitschriften und Sammelwerken.