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Die Bewegung der Blockfreien. Entwicklung - Probleme - Perspektiven | APuZ 37/1979 | bpb.de

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APuZ 37/1979 Artikel 1 Entspannungspolitik — Bewährungsprobe westlicher Zusammenarbeit Zur Senatsdebatte über SALT II in den USA Die Bewegung der Blockfreien. Entwicklung - Probleme - Perspektiven

Die Bewegung der Blockfreien. Entwicklung - Probleme - Perspektiven

Volker Matthies

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

In Heft B 32— 33/79 muß es im Aufsatz von Winfried Steffani (S. 16, linke Spalte, am Beginn des letzten Absatzes) richtig heißen: „Am 20. September 1972 stellte der Bundeskanzler die Vertrauensfrage mit dem Ziel der (Selbst-) Auflösung des Bundestages, die auch prompt erfolgte, wobei die Mitglieder der Regierung an der Abstimmung im Bundestag nicht teilnahmen, dem Bundeskanzler das Vertrauen nicht erteilt wurde, und der Bundespräsident anschließend gemäß Artikel 68 Abs. 1 Satz 1 GG den Bundestag auflöste."

Die Bewegung der Blockfreien, lange Zeit von Wissenschaft, Publizistik und Politik in der westlichen Welt vernachlässigt, geriet erst jüngst wieder durch den Streit um die Rolle Kubas in der Bewegung und ihre diesjährige Gipielkonferenz in Havanna in die Schlagzeilen und erregte ein gewisses Maß an öffentlichem Interesse. Zwar gab es in den sechziger und siebziger Jahren eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zur Block-freiheit als einer internationalen Bewegung (sowohl aus der Perspektive der Blockfreien als auch aus einer Ost-West-Perspektive heraus geschrieben) und als einer außenpolitischen Orientierung einzelner Länder (Länder-monographien) doch wurde das Phänomen

Erweiterte und überarbeitete Fassung eines Vortrages über „Entwicklung, Selbstverständnis und Verhaltensprofil der Blockfreienbewegung", den der Verfasser am 25. Juni 1979 vor dem „Arbeitskreis Dritte-Welt-Politik" des Auswärtigen Amtes in Bonn gehalten hat. Für kritische Kommentare dankt der Verfasser Rolf Hofmeier, Franz Nuscheler und Karl P. Sauvant.

der Blockfreiheit kaum jemals systematisch in das Studium und die Lehre von den Internationalen Beziehungen einbezogen. Auch die Friedens-und Konfliktforschung vernachlässigte bzw. ignorierte Blockfreiheit als einen möglichen Gegenstand ihres Interesses Falls sich die westliche Publizistik des Themas der Blockfreien annahm, berichtete sie überwiegend polemisch und verzerrend über die Bewegung während die westliche Politik die Blockfreien allenfalls als einen ziemlich unbedeutenden, wenngleich auch manchmal lästigen Irritationsfaktor in den Internationalen Beziehungen wahrnahm.

Doch im Juni 1979 befaßten sich in der Bundesrepublik Deutschland in einem vom Auswärtigen Amt neu initiierten „Arbeitskreis Dritte-Welt-Politik" Wissenschaftler, Publizisten und politische Praktiker in konstruktiver Absicht mit der Blockfreienbewegung. Dabei betonte der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Günther van Well, die positive Grundhaltung der Bundesregierung gegenüber der Blockfreienbewegung, der nach seinen Worten eine „wichtige Rolle als Element der Stabilisierung und Konfliktneutralisierung zufallen“ wird und die „in erheblichem Maße“ dazu beitragen kann, „auch die Gegensätze zwischen den Blöcken zu überwinden und eine Partnerschaft gleichberechtigter Staaten in dieser Welt aufzubauen" Auch auf der „Graswurzelebene" der. Aktionsgruppen Dritte Welt scheint in der bundesdeut-sehen Öffentlichkeit das Interesse an der Bewegung der Blockfreien zu wachsen. Ein Indiz dafür sind die Aktivitäten einer neuen „Arbeitsgruppe Bewegung Blockfreier Staaten", welche die Blockfreienbewegung „als eine entscheidende Kraft unserer Zeit" ansieht und die das Programm der Blockfreien bekanntmachen und erläutern will, weil besonders in der Bundesrepublik Deutschland ein großer Mangel an Informationen über die Ziele blockfreier Staaten und deren Forderungen besteht bzw. diese durch die Medien verschwiegen oder stark verzerrt werden

Vor diesem Hintergrund soll im folgenden ein knapper, stark kondensierter Überblick über Entwicklung, Probleme und Perspektiven der Blockfreienbewegung gegeben werden

I. Entstehung, Selbstverständnis und Zielsetzungen der Blockfreienbewegung

Blockfreiheit als internationale Bewegung nahm — nach der ersten Manifestation afroasiatischer Solidarität in Bandung 1955 — ihren Aufschwung, als zu Beginn der sechziger Jahre Blockfreiheit als ein System von Ideen und als eine außenpolitische Orientierung einzelner Länder eine zunehmend größere politisch-staatliche Anhängerschaft fand. Eine stetig wachsende Zahl von vornehmlich jungen Staaten der sich im Zuge der Dekolonisation nach dem Zweiten Weltkrieg herausbildenden, später sogenannten „Dritten Welt" beschloß, sich politisch zusammen-zutun, gegenüber den Machtblöcken des Ost-West-Konflikts eine gemeinsame Haltung einzunehmen und eine eigenständige Rolle in der internationalen Politik zu spielen. Dabei brachte Asien gewissermaßen die „Philosophie" der Blockfreiheit (Indiens „Fünf Prinzipien", „Geist von Bandung") in die Bewegung ein, Afrika verlieh der Bewegung numerische Stärke und einen starken anti-kolonialistischen und anti-rassistischen Impetus während Lateinamerika in späteren Jahren die ökonomische Sachkompetenz der Bewegung erhöhte. Für die politische und organisatorische Führerschaft der Bewegung sorgte das Triumvirat Jugoslawien, Indien und Ägypten, personell repräsentiert durch Tito, Nehru und Nasser.

In einer historischen Perspektive erwies sich die Bewegung der Blockfreien als ein lockerer Mehrzweckverband, der für seine Mitglieder, wenn auch in unterschiedlichen Phasen und mit unterschiedlicher Intensität, drei wesentliche Bedeutungsinhalte hatte sie war zugleich eine — Solidaritäts-und Protestbewegung ehemals kolonisierter Länder gegen Kolonialismus, Neo-Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus sowie gegen alle Formen von Fremdherrschaft und Fremdbestimmung, — eine Defensivbewegung von militärisch schwachen und politisch in ihrer Existenz und Unabhängigkeit gefährdeten Ländern zur Reduzierung der politisch-militärischen Spannungen im Kontext des Ost-West-Konflikts, — und eine Bewegung sozio-ökonomisch unterentwickelter und abhängiger Länder zur Reform des Weltwirtschaftssystems bzw. eine Interessengruppe dieser Länder zur Erlangung ökonomischer Vorteile im Rahmen des Nord-Süd-Konflikts. Die Staaten, die sich der Bewegung der Blockfreien anschlossen, waren allesamt solche, die aufgrund ihrer erst frisch erlangten völkerrechtlichen Souveränität, ihrer militärischen Schwäche, ihrer politischen Instabilität und sozio-ökonomischen Unterentwicklung innerhalb der Rangordnung des stratifizierten und bipolarisierten internationalen Systems gewissermaßen die „underdogs" darstellten, denen bestenfalls eine nur marginale Rolle in der Weltpolitik zukam. Die gemeinsam verfolgte Politik der Blockfreiheit sollte nun in der Perspektive dieser Staaten elementar dem Zweck dienen, ihre Existenz in der Weltpolitik unter Beweis zu stellen und vor allem zu sichern, ihren Status, ihren Einfluß und ihr Prestige in den internationalen Beziehungen zu erhöhen und gegenüber den großen Mächten ihre spezifischen Eigeninteressen zur Geltung zu bringen, ohne sich dabei in deren politische und militärische Konflikte hineinziehen zu lassen!

Diesem Basiszweck von Blockfreiheit diente vor allem die Abstinenz dieser Länder von den Militärallianzen der Supermächte und ihre Nichtidentifikation mit den Interessenlagen und Positionen der Streitparteien im Ost-West-Konflikt. Allerdings darf in diesem Zusammenhang das relativ neue und genuin politische Konzept der Blockfreiheit nicht mit dem klassischen und genuin völkerrechtlichen Konzept der „Neutralität" verwechselt werden. Denn während der Status der Neutralität die Position absoluter Nichteinmischung, Passivität und Indifferenz eines Staates gegenüber kriegführenden Parteien bezeichnet, impliziert nach dem Selbstverständnis der Blockfreien ihre Politik keineswegs ein passives und indifferentes Verhalten gegenüber den verfeindeten Machtblöcken.

Ganz im Gegenteil soll Blockfreiheit eine explizit aktive, dynamische und von Fall zu Fall auch Partei ergreifende Politik sein, die sich durchaus das Recht herausnimmt, zu jeder internationalen Streitfrage ihre Position darzulegen und die Supermächte je nach Lage der Dinge wegen ihres politischen Verhaltens entweder zu kritisieren oder zu belobigen!

Aus diesem Selbstverständnis der Blockfreien folgert auch, daß die von diesen Ländern postulierte Distanz zu den Machtblöcken nicht als eine „Äquidistanz“, also als eine statische Politik des „gleichen Abstandes" zwischen Ost und West mißverstanden werden darf.

Denn eine solche Politik eines strikten Mittelkurses zwischen den Machtblöcken hätte ja geradezu die Negation einer unabhängigen, flexiblen und eigenen Interessen und Prioritäten folgenden Außenpolitik bedeutet. In der Praxis bezog sich z. B. die Aversion der Blockfreien gegenüber Allianzzugehörigkeiten historisch primär auf die anti-kommunistische Eindämmungs-und Bündnispolitik der USA in der Dulles-Ära, die das prinzipiell unparteiische Verhalten der Blockfreien im Ost-West-Konflikt als „unmoralisch" ab-qualifizierte. Bezüglich der Dekolonisations-Problematik lagen die konkreten Positionen der Blockfreien in der Regel näher bei der Position der Sowjetunion als bei der Position der Vereinigten Staaten und/oder anderer westlicher Staaten.

Von Beginn an mußte sich die Blockfreienbewegung auch des Vorwurfs erwehren, sie würde letztlich die Formierung eines eigenen „Dritten Blockes" zwischen Ost und West anstreben und damit gegen ihre ureigensten Prinzipien verstoßen. Wenngleich auch eine der neuesten wissenschaftlichen Arbeiten zur Blockfreienbewegung diese als eine „informelle, nichtmilitärische Allianz" bezeichnet hat so scheint doch die Verwendung des Allianzbegriffs in diesem Zusammenhang nicht sehr glücklich gewählt zu sein, da dieser ja gerade die spezifischen Merkmale der Blockfreienbewegung im Unterschied zu formellen Bündnissystemen verwischt. Denn trotz aller noch zu zeigenden organisatorischen Ausformung und strukturellen Differenzierung hat sich die Bewegung bis heute einen grundsätzlich informellen, locker gefügten und flexiblen Charakter bewahrt: sie verfügt über keinen kodifizierten Vertragstext oder eine Gründungscharta, weist keine festgefügte und formale Organisation und Struktur auf und kann sich weder irgendwelcher formalen, prozeduralen Regulierungsmechanismen (Konsensprinzip) noch eines breiten Spektrums formal institutionalisierter Handlungsorgane bedienen

Dieser informelle Charakter der Blockfreien-bewegung findet eine weitere Bestätigung auch in der von Beginn an recht flexiblen, pragmatischen und wenig rigiden und strikten Handhabung ihrer Beitrittskriterien, die sich in der Kernsubstanz von dem Postulat der Nichtbeteiligung an jedweden Militärbündnissen im Kontext der Ost-West-Ausein-andersetzungen herleiteten Die Entscheidung über die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgte zwar grundsätzlich im Lichte dieser Kriterien, folgte aber in der Praxis unter Abwägung des je spezifischen Einzelfalles eher politischen Opportunitätserwägungen und stellte letztlich eine Funktion der jeweils herrschenden politischen Kräfteverhältnisse innerhalb der Blockfreienbewegung dar. Bei einer strikten Auslegung und Anwendung der Beitrittskriterien hätte anderenfalls wohl eine Reihe von Ländern der Bewegung nie angehören dürfen Als „blockfrei" galten schließlich alle diejenigen Länder, die von den bereits der Bewegung der Blockfreien angehörenden Staaten als neue Mitglieder der Bewegung akzeptiert wurden.

Neben dem Schutz vor einer Verstrickung in den Ost-West-Konflikt und einer neo-kolonialen oder wie auch immer gearteten Fremdherrschaft und Fremdbestimmung sollte die Politik der Blockfreiheit nach dem Selbstverständnis ihrer Anhänger auch der Erleichterung innenpolitischer und innergesellschaftlicher Probleme dienen. Vor dem Hintergrund der ethnisch-kulturellen Heterogenität, politischen Instabilität und mangelnden nationalen Identität zahlreicher postkolonialer Gesellschaften schien Blockfreiheit dazu beitragen zu können

— die innenpolitischen Streitigkeiten zwischen pro-östlichen und pro-westlichen Fraktionen über die blockfreie außenpolitische Orientierung des jungen Staates zu neutralisieren, — das Prestige und die Legitimität der nationalen Führungspersönlichkeiten dadurch zu erhöhen, daß diese auf den Konferenzen der Blockfreien und auf der Weltbühne der Vereinten Nationen die Pose von moralisch integren und über die Querelen der großen Mächte erhabenen Staatsmännern einnahmen und die Rolle von überparteilichen „Schiedsrichtern" bzw. „Friedensstiftern" in der Weltpolitik spielten, — die Suche und Findung einer eigenständigen nationalen Identität zwischen Ost und West zu erleichtern. Blockfreiheit erwies sich hierbei gewissermaßen als das außenpolitische Komplement zu der innenpolitischen Propagierung eines selbstbestimmten, zum Teil auf vor-koloniale Traditionen zurückgreifenden „Dritten Weges" zwischen Kommunismus und Kapitalismus.

Die grundlegenden Zielsetzungen der Blockfreien lassen sich zunächst in zwei wesentliche Komponenten zerlegen

I. Die Sicherung eines größtmöglichen Ausmaßes an politischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit, dies offensichtlich ein Reflex der historischen Erfahrung des anti-kolonialen Kampfes um nationale Unabhängigkeit und der erst frisch erworbenen und noch nicht gefestigten politischen Souveränität, und

II. die Schaffung eines qualitativ neuen Systems internationaler Beziehungen nach demokratischen und egalitären Prinzipien auf der Basis friedlicher Koexistenz, das Raum gibt für die Emanzipation auch kleiner und schwacher Staaten. Diese zwei Leitziele der Blockfreien lassen sich nun weiter in vier interdependente konkretere Teilziele aufgliedern: 1. die Bewahrung von Frieden und Sicherheit in der Weltpolitik und vordringlich im u. a. durch Auflösung der Militärblöcke, durch Abrüstung friedliche Regelung von Konflikten sowie durch Errichtung von „Zonen des Friedens"; 2. die Konsolidierung der nationalen Unabhängigkeit durch Widerstand gegen alle Formen von Unterdrückung, Fremdherrschaft und Fremdbestimmung, seien sie kolonial, neokolonial, imperialistisch, rassistisch oder hegemonistisch bzw. blockbestimmt, sowie durch aktive Solidarisierung mit und Unterstützung von antikolonialen, nationalen Befreiungsbewegungen ; 3. die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung insbesondere der sozioökonomisch unterentwickelten Länder durch Einebnung des Entwicklungsgefälles zwischen Industrie-und Entwicklungsländern sowie Minderung der ökonomischen Abhängigkeit mit dem Ziel der Erlangung auch der ökonomischen Souveränität; - 4. die Demokratisierung der internationalen Beziehungen vor allem durch eine Reform von noch immer durch die Industrieländer dominierten internationalen Organisationen in Richtung auf verstärkte Partizipation der in diesen Organisationen bisher nicht-oder unterrepräsentierten Länder.

II. Bestimmungsfaktoren und Etappen der historischen Entwicklung der Blockfreienbewegung

Die historische Entwicklung der Blockfreien-bewegung wurde beeinfußt durch

1.den Dekolonisationsprozeß, 2.den Ost-West-Konflikt, 3.den Nord-Süd-Konflikt, 4. die Vereinten Nationen und 5. die sozialistischen Länder und den Marxismus-Leninismus. 1. Der Dekolonisationsprozeß bereitete der Blockfreienbewegung ein wichtiges Rekrutierungsfeld und bot ihr eines ihrer bedeutendsten Aktionsfelder, wenngleich auch keineswegs nur dekolonisierte Länder der Bewegung angehören (z. B. Jugoslawien) oder alle dekolonisierten Länder der Bewegung beitraten (z. B. Pakistan). In der Essenz könnte man die Bewegung der Blockfreien tendenziell als einen zur Staatengruppierung transformierten Solidaritäts-und Schutzverband ehemaliger anti-kolonialer, nationaler Befreiungsbewegungen ansehen. Lange Jahre hindurch stellte der Antikolonialismus einen der wichtigsten Integrationsfaktoren der Bewegung dar und macht auch noch weiterhin einen integralen Bestandteil ihrer politischen Programmatik aus. 2. Der Ost-West-Konflikt mit seinen antagonistischen Militärblöcken und der Herausbildung des bipolaren internationalen Systems in der Nachkriegszeit stellte insbesondere in der Formierungsphase der Bewegung und in der ersten Dekade ihrer Existenz einen wesentlichen Bestimmungsfaktor der Entwicklung der Blockfreienbewegung dar. Den Mitgliedsländern dieser Bewegung galt Blockpolitik im Ost-West-Kontext damals als die unmittelbarste und bedrohlichste Gefährdung ihrer erst frisch erworbenen staatlichen Existenz und Souveränität. Andererseits sollte jedoch der Ost-West-Konflikt in seiner Bedeutung für die Blockfreien auch nicht überschätzt werden; denn gerade zur Zeit der späteren ost-westlichen Entspannung und Auflokkerung der Blöcke erlebte die Bewegung einen Höhepunkt an politischer Vitalität, Dynamik und Attraktivität, der nur durch die wachsende Relevanz des Nord-Süd-Konflikts für die Entwicklung der Blockfreienbewegung zu erklären ist.

3. Die Erkenntnis gemeinsamer oder ähnlicher Strukturen von Unterentwicklung und Abhängigkeit der Entwicklungsländer gegenüber den Industrieländern und die auf dieser Erkenntnis basierende zunehmende Entdekkung gemeinsamer Interessenlagen dieser Länder im Rahmen des Nord-Süd-Konflikts verliehen der Blockfreienbewegung insbesondere in den frühen siebziger Jahren ihre politische Entfaltungskraft. Im Zuge einer engen, arbeitsteiligen Kooperation zwischen der Blockfreienbewegung und der „Gruppe der 77", deren Mitgliedschaften sich ja zu einem erheblichen Teil überlappen, formierte sich unter der politischen Führung der Blockfreien eine breite „Dritte-Welt-Front" gegen die (westlich-kapitalistischen) Industrieländer mit dem Ziel einer „Neuen Weltwirtschaftsordnung", wenngleich auch keineswegs alle Länder der Dritten Welt der Blockfreienbewegung angehörten oder beitraten.

4. Die Vereinten Nationen schufen vor allem allgemein günstige Rahmenbedingungen für ein Gedeihen der Blockfreienbewegung, indem sie — ein Forum zum Aufbau von Kommunikation und zur Einübung Von Solidarität und Kooperation der Blockfreien untereinander und gegenüber anderen Staaten und Staaten-gruppierungen abgaben, — ein Medium zur Integration der jungen Staaten in die internationalen Beziehungen und zur Erlernung diplomatischer Fertigkeiten und politischer Verhandlungstechniken darstellten, — eine Plattform zur Identifizierung, Aggregierung und Artikulierung gemeinsamer Interessenlagen und zur Erarbeitung langfristiger Strategien boten sowie — ein Aktionsfeld und Instrumentarium für die Ausübung politischen Einflusses auf der Basis demokratischer und egalitärer Prinzipien zur Verfügung stellten.

5. Die sozialistischen Länder und der Marxismus-Leninismus beeinflußten die Entwicklung der Blockfreienbewegung auf folgende Weise:

— durch ihre grundsätzliche Infragestellung und Herausforderung der klassischen Kolonialmächte und des Dominanzanspruches der westlich-kapitalistischen Länder in den internationalen Beziehungen, — durch ihre Prägung mancher Elemente der Ideologie und politischen Rhetorik sowie der Perzeptionsmuster der Blockfreien.

Die Entwicklung der Blockfreienbewegung vollzog sich in zwei Etappen, die sich als eine mehr politische bzw. sicherheitspolitische Etappe in den sechziger Jahren und eine mehr ökonomische bzw. entwicklungspolitische Etappe in den siebziger Jahren bezeichnen lassen.

Allerdings soll mit dieser groben Etappen-einteilung, die von allen Differenzierungen im einzelnen abstrahiert nun keineswegs behauptet werden, daß in den beiden Etappen politische und ökonomische Themen im Rahmen der Blockfreienbewegung jeweils exklusiv behandelt wurden, sondern es soll damit nur auf eine unterschiedliche relative Schwerpunktsetzung innerhalb der Programmatik und des Problemhorizonts der Blockfreien hingedeutet werden.

1. Die „politische Etappe" in der Entwicklung der Blockfreienbewegung begann vor dem Hintergrund sich verschärfender Ost-West-Spannungen (Stichworte: Berlin-und Kongo-Krise, Mißerfolg der Pariser Gipfelkonferenz im Jahre 1960 zwischen den USA und der UdSSR) mit der ersten Gipfelkonferenz der Blockfreien in Belgrad 1961 und setzte sich fort in den Gipfelkonferenzen von Kairo 1964 und von Lusaka 1970, wobei diese letztere Konferenz bereits die Tendenzwende hin zu einer stärker ökonomischen Perspektive der Blockfreienbewegung signalisierte. Die Konferenz von Belgrad kann dabei gewissermaßen als die „Gründungskonferenz“ der Blockfreienbewegung angesehen werden: Sie definierte die Kriterien von Blockfreiheit, formulierte die grundlegenden Prinzipien und Ziele der Bewegung, also deren offizielle „Philosophie", umriß den Problemhorizont der Bewegung und steckte den Aktionsradius der Blockfreien ab. Zugleich stellte die Belgrader Konferenz ein Modell für alle nachfolgenden Konferenzen der Blockfreien dar und prägte deren politisches Format und politischen Stil. Alle drei Gipfelkonferenzen der sechziger Jahre befaßten sich vornehmlich mit Fragen, die deutlich die gefährdete Situation militärisch schwacher und politisch instabiler Länder in den durch Ost-West-Konflikt, Kalten Krieg und Blockpolitik geprägten internationalen Beziehungen widerspiegelten: z. B. mit der Auflösung der Militärblöcke, mit Abrüstungsfragen, mit dem Prinzip der friedlichen Koexistenz, dem Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, der territorialen Integrität aller Staaten sowie der nationalen Selbstbestimmung und der Stärkung der Vereinten Nationen.

2. Die „ökonomische Etappe" in der Entwicklung der Blockfreienbewegung begann, als Ende der sechziger Jahre und zu Anfang der siebziger Jahre eine Reihe von Faktoren wirksam wurden, die innerhalb der Blockfreienbewegung zu einem relativen Bedeutungsverlust mehr politischer Fragen führten und einen Bedeutungszuwachs mehr ökonomischer Probleme zur Folge hatten. Dies waren nach dem Befund von Sauvant vor allem — die Stabilisierung der globalen politisch-militärischen Situation als Folge der Entspannungspolitik, der Deeskalation des Vietnam-krieges, des Abschlusses von SALT I und der KSZE-Verhandlungen, — die Konsolidierung der politischen Souveränität vieler blockfreier Staaten im Zuge des weitgehenden und erfolgreichen Abschlusses der Dekolonisation und der innenpolitischen Stabilisierung in den ersten Jahren der Unabhängigkeit, — die Erkenntnis der Bedeutung ökonomischer Unabhängigkeit als notwendiges Komplement zur politischen Unabhängigkeit als Reaktion auf die sich verschlechternde sozioökonomische Situation vieler Entwicklungsländer und blockfreier Staaten (Rückgang ihres Anteils am Welthandel, Vertiefung der Kluft im Pro-Kopf-Einkommen zwischen ihnen und den Industrieländern; dies alles bei gleichzeitigem rapiden Bevölkerungswachstum und verstärktem sozio-ökonomischen Problemdruck auf die Herrschaftseliten vieler Länder infolge der „Revolution steigender Erwartungen") sowie als Reaktion auf die unbefriedigenden Ergebnisse internationaler und regionaler Entwicklungsanstrengungen in den sechziger Jahren (Stichworte: Allianz für den Fortschritt, EG-Assoziierungsabkommen, UNCTAD-Konferenzen, Erste Entwicklungsdekade der Vereinten Nationen), — und schließlich die Kritik am vorherrschenden, von westlicher Ökonomie geprägten Entwicklungsmodell von Seiten der neueren Imperialismus-und Abhängigkeitsforschung (Stichwort: Dependenztheorie), die zunehmend strukturelle Ursachen und Mechanismen im Weltwirtschaftssystem für die Misere der Entwicklungsländer verantwortlich machte

In enger Zusammenarbeit mit der „Gruppe der 77“; deren ökonomischen Sachverstand sie zu nutzen wußte und innerhalb der sie sich bei überlappender Mitgliedschaft gewissermaßen als ein politischer „Katalysator" verstand betrieb die Bewegung der Blockfreien nun eine immer stärkere Politisierung der ökonomischen Anliegen der Dritte-Welt-Länder und verarbeitete die neu aufkommenden ökonomischen Ideen und Konzepte zu einem kompakten Forderungs-und Aktionsprogramm, das in seiner Kernsubstanz auf das Postulat einer „Neuen Weltwirtschaftsordnung“ gegenüber den (westlich-kapitalistischen) Industrieländern und auf das Postulat einer kollektiven Eigenständigkeit (Self-Reliance) der Dritten Welt hinauslief Als wichtigste Stationen bei der Ausarbeitung und Konsolidierung dieser ökonomischen Perspektive der Blockfreienbewegung können die Gipfelkonferenz von Lusaka 1970, die Außenministerkonferenz von Georgetown 1972 sowie vor allem die Gipfelkonferenz von Algier 1973 und die nachfolgende Gipfelkonferenz von Colombo 1976 gelten. Im Zuge der OPEC-Aktion und Energiekrise von 1973/74 gelang es der Blockfreienbewegung unter Führung Algeriens (Boumedienne) mit der Einberufung der Sechsten UN-Sondergeneralversammlung über Rohstoffe und Entwicklung, ihrer Forderung nach einer Neuen Weltwirtschaftsordnung auch auf internationaler Ebene zum Durchbruch zu verhelfen.

III. Zur Organisation und Struktur der Blockfreienbewegung

Diese Entwicklungen und Ereignisse signalisierten nach den Untersuchungen von Jankowitsch und Sauvant einen deutlichen Wandel der Blockfreienbewegung von einem eher lockeren Debattier-Klub politisch gleichgesinnter Staatsmänner im Kontext des Ost-West-Konflikts hin zu einer weit fester organisierten und komplexer strukturierten Interessengruppe sozio-ökonomisch unterentwikkelter und abhängiger Länder im Rahmen des Nord-Süd-Konflikts, der zugleich von einer bemerkenswerten Aktivierung und Mobilisierung alter und Rekrutierung neuer (namentlich lateinamerikanischer) Mitglieder, von einer organisatorischen Verdichtung und strukturellen Differenzierung der Bewegung sowie von einer Intensivierung der Kommunikation und Kooperation unter ihren Mitgliedern begleitet war.

Die Zahl der Vollmitglieder der Blockfreien-bewegung erhöhte sich von 53 beim Gipfel von Lusaka auf 75 beim Gipfel von Algier und auf 85 beim Gipfel von Colombo; rechnet man dazu noch die ebenfalls ansteigende Zahl der an Konferenzen der Blockfreien teilnehmenden Delegationen mit dem Status von „Beobachtern" und „Gästen", so wird deutlich, daß die Blockfreienbewegung den größten Teil der Dritte-Welt-Länder für sich zu gewinnen verstand.

Der organisatorische Rahmen der Blockfreienbewegung blieb in der ersten Dekade ihrer Existenz weitgehend auf in unregelmäßigen Abständen stattfindende (Gipfel-) Konferenzen der Staats-und Regierungschefs blockfreier Staaten sowie auf diese Konferenzen vorbereitende und ihnen unmittelbar vorangehende Außenministerkonferenzen beschränkt. In den siebziger Jahren wurden dann diese nun regelmäßiger stattfindenden Konferenzen sowie das jeweils die Gipfelkonferenz ausrichtende und der Bewegung zwischen den Gipfelkonferenzen vorsitzende Land arbeitsmäßig durch die Etablierung eines Koordinationsbüros der Blockfreien entlastet. Dieses Büro, das zugleich auf der Ebene der Außenminister und auf der Ebene der Botschafter der blockfreien Staaten beim Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York (und in Genf) tätig und nach dem Prinzip ausgewogener geographischer Verteilung besetzt ist, kann heute als das eigentliche Exekutivorgan der Blockfreienbewegung gelten. Weitere Arbeitsorgane der Blockfreienbewegung bildeten sich in Form von spezialisierten Ministerkonferenzen (z. B. zu Beschäftigungsfragen ) heraus, in Form von „Koordinierungsländern" zur Verwirklichung des Aktionsprogramms für wirtschaftliche Zusammenarbeit unter den Blockfreien sowie in Form von „Technischen Gruppen" für Detailfragen meist ökonomischer Natur und „Arbeitsgruppen“ für die Behandlung spezieller politischer Fragen im Rahmen der Vereinten Nationen.

IV. Zwischenbilanz der Blockfreienbewegung

Vor dem Blick auf die gegenwärtige Situa• der Blockfreienbewegung soll nun eine kurze Zwischenbilanz ihres bisherigen Wirkens in den drei großen Ziel-und Aktionsfeldern des Anti-Kolonialismus, des Ost-West-Konflikts und des Nord-Süd-Konflikts versucht werden: — Im Bereich des Anti-Kolonialismus spielten die Aktivitäten der Blockfreien eine gewichtige und konstruktive Rolle bei der Beschleunigung und — insgesamt gesehen —* relativen Friedfertigkeit der Liquidation der Kolonialreiche. — Im Bereich des Ost-West-Konflikts trug dje Blockfreienbewegung offenbar schon allein durch ihre Existenz zu einer erhöhten strukturellen Flexibilität des internationalen Systems, zu einer Auflockerung der Blöcke und zur Förderung polyzentristischer bzw. multipolarer Tendenzen bei. Allerdings konnte sie dabei eine wachsende Verstrickung von Teilen ihrer Mitgliedschaft in die Ost-West-Auseinandersetzungen ebenso wenig verhindern wie sie in der Lage war, effektive Abrüstungsmaßnahmen zu initiieren oder erfolgreich „Zonen des Friedens" zu etablieren. — Im Bereich des Nord-Süd-Konflikts konnten die fundamentalen Probleme der Unter-entwicklung und Abhängigkeit zwar nicht gelöst werden, doch erzielte die Blockfreien-bewegung mit der Herbeiführung des „NordSüd-Dialoges" über eine Reform des Welt-Wirtschaftssystems und die Schaffung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung immerhin einen spektakulären politischen Erfolg. Bei dem Fortgang der Verhandlungen über eine Realisierung des Forderungskataloges der Blockfreien und der „Gruppe der 77" stellten sich jedoch zunehmend Stagnation und Schwierigkeiten ein.

Darüber hinaus hatte die Blockfreienbewegung noch verschiedene für ihre Mitglieder durchaus wichtige Nebenefiekte: — Sie ermöglichte erstmalig eine umfassende und exklusive Eigenorganisation von Ländern der Dritten Welt außerhalb der bestehenden Machtblöcke und internationalen Organisationen mit universaler Mitgliedschaft. Sie schuf damit die organisatorische Voraussetzung für ein gemeinsames, selbstbestimmtes und selbstbewußtes Auftreten dieser Länder in den internationalen Beziehungen. — Sie baute Strukturen der Kooperation und Kommunikation zwischen Ländern und Regionen auf, die infolge kolonialer Zentrum-Peripherie-Beziehungen früher kaum Kontakt miteinander hatten, trug auf diese Weise zu einer Stärkung von neuen, horizontalen Süd-Süd-Beziehungen und zur zumindest tendenziellen Schwächung überkommener, vertikaler Nord-Süd-Beziehungen bei sie knüpfte hierdurch zugleich ein strukturelles und kommunikatives Netzwerk auch für eine sich künftig möglicherweise weiter verdichtende politisch-wirtschaftliche Zusammenarbeit im Bereich der Süd-Süd-Beziehungen. — Schließlich diente die Blockfreienbewegung insbesondere ihren kleineren und ärmeren Mitgliedsländern als ein wichtiges Medium zu deren Integration in die internationalen Beziehungen und stellte für diese Länder zugleich auch gewissermaßen ein funktionales Äquivalent für deren Mangel an auswärtigen Diensten und Missionen dar.

V. Die gegenwärtige Krisensituation der Blockfreienbewegung

Gegenwärtig befindet sich die Bewegung der Blockfreien in einer Krisensituation, wie der erbitterte Streit um die Rolle Kubas in der Bewegung symptomatisch anzeigt. Diese Krisensituation hat verschiedene Facetten und Aspekte und bezieht sich weit stärker auf die politischen Anliegen der Bewegung als auf deren ökonomische Programmatik. Sie betrifft die Identität der Bewegung ebenso wie die Solidarität ihrer Mitglieder und die Handlungsfähigkeit der Bewegung.

Das Problem der Identität der Blockfreienbewegung bezieht sich dabei auf die heute gegenüber früheren Jahren schwerer zu beantwortende Frage, was denn den fundamentalen Daseinszweck und Grundkonsens der Bewegung äusmacht? Gegenüber der Vergangenheit haben die „klassischen" Integrationsfaktoren der Blockfreien gegenwärtig einen gut Teil ihrer Relevanz und kohäsiven Kraft eingebüßt — der Prozeß der Dekolonisation kann heute weitgehend als abgeschlossen gelten; im Kontext des Anti-Kolonialismus und der Folgeprobleme der Dekolonisation verbeiben noch die Probleme des Nahen Ostens und des Südlichen Afrika, wobei im Falle des Nahen Ostens innerhalb der Bewegung bereits ein erbitterter Streit über die Modalitäten einer Lösung dieses Problems eingesetzt hat. — Die Spannungen im Ost-West-Konflikt sind reduziert und die ehemals bipolare Struktur des internationalen Systems hat mittlerweile einer mehr multipolaren bzw. polyzentrischen Struktur mit mehreren politischen, militärischen und wirtschaftliohen Machtzentren Platz gemacht (USA, UdSSR, EG, VR China). — Im Nord-Süd-Konflikt stehen die Mitglieder der Blockfreienbewegung zwar weiter-27 hin in einer solidarischen Einheitsfront hinter den grundlegenden Zielsetzungen und Programmen der Bewegung (Neue Weltwirtschaftsordnung, Collective Self-Reliance), doch traten in den konkreten Verhandlungen im Rahmen der Nord-Süd-Dialoge zunehmend länder-und gruppenspezifische Interessendivergenzen zutage.

Diese Situation begünstigte und verstärkte ganz offensichtlich die Neigung und Versuchung einzelner Länder und Ländergruppen, nach bereits vorgeprägten außenpolitischen, ideologischen und gesellschafts-sowie wirtschaftspolitischen Präferenzen und Interessenlagen ein separates bzw. bilaterales Arrangement mit einem der politisch-militärischen und wirtschaftlichen Machtzentren außerhalb der Blockfreienbewegung anzustreben bzw. innerhalb der Blockfreienbewegung für ein solches Arrangement zu werben. Von hier aus war es dann kein großer Schritt mehr zur Stellung der „Gretchenirage“ der Blockireienbewegung nach ihrer gesellschaftlichen Qualität und nach ihren „wahren" oder „falschen" Freunden oder Feinden in der internationalen Politik: Ganz unzweideutig, definitiv und offen Partei ergreifend propagierte Kuba eine auf Dauer angelegte Allianz der Blockfreienbewegung mit der Sowjetunion als dem „natürlichen Verbündeten" der Blockfreien im Kampf gegen den „Imperialismus"

Das Problem der Solidarität der Mitglieder der Blockfreienbewegung bezieht sich auf den gegenüber früheren Jahren heute relativ schwerer zu bewerkstelligenden Interessenausgleich innerhalb der Bewegung. Dafür ist neben der Schwächung des Grundkonsenses der Blockfreien vor allem die wachsende Quantität und veränderte Qualität der Koniliktpotentiale innerhalb der Bewegung verantwortlich. Zwar gab es auch schon in früheren Jahren politische Streitigkeiten inner-halb der Blockfreienbewegung, die sich in der Regel auf divergierende regionale oder nationale Interessenlagen, auf ideologische Differenzen sowie auf Unterschiede des politischen Stils und der politischen Militanz einzelner’ Mitglieder zurückführen ließen. Doch gelang es trotz des Nichtvorhandenseins formaler, institutionalisierter Konfliktregulierungsmechanismen immer wieder, den Zusammenhalt der Mitglieder zu bewahren. Dazu trugen der stets auf Mäßigung drängende Einfluß des Führungstrios Jugoslawien, Indien und Ägypten sicher ebenso bei wie die immer wieder die ideologischen und politischen Fronten überlappenden regionalen bzw. gruppenspezifischen Loyalitäten und Interessenlagen einzelner Staaten und Staatengruppen (z. B. Doppelmitgliedschaft von Staaten in der Organisation für Afrikanische Einheit und der Arabischen Liga). Heute jedoch scheinen politische und ideologische Streitigkeiten innerhalb der Bewegung eine relativ größere Eigendynamik gewonnen zu haben und lassen sich, wie z. B.der Streit um Kuba und einen Ausschluß Ägyptens aus der Bewegung zeigt, nicht mehr so leicht wie früher unter Kontrolle halten.

Darüber hinaus haben auch kriegerische Konflikte zwischen blockfreien Ländern gegenüber früheren Jahren an Zahl, an Komplexität sowie an internationaler Brisanz zugenommen. Diese Häufung von — nicht zuletzt durch steigende Rüstungsimporte und Rüstungsmaßnahmen blockfreier Länder mitbedingten — kriegerischen Regionalkonflikten, die der Außenminister Singapurs auf der Außenministerkonferenz der Blockfreien in Belgrad im Juli 1978 überspitzt und plakativ als den Beginn eines „Dritten Weltkrieges in der Dritten Welt und geführt von der Dritten Welt" bezeichnet hat-’ stellt heute eine der größten Herausforderungen an die Solidarität der Blockfreien dar. Dies um so mehr, als sich im Zusammenhang mit diesen Konflikten den Supermächten Anlässe zur militärischen Intervention boten, sich die Ost-West-Spannungen wieder neu belebten und sich die Konfliktformationen in der Dritten Welt zunehmend mit der alt-neuen Ost-West-Konfliktformation sowie mit der neu akzentuierten inter-sozialistischen Konfliktformation zwischen der UdSSR und der VR China verschränkten und dabei verschiedene Regional-konflikte dazu tendierten, die Qualität von „Stellvertreterkriegen" (Horn von Afrika Südostasien) anzunehmen.

Nicht zuletzt haben sich im Zuge der Energiekrise auch die in früheren Jahren kaum eine Rolle spielenden sozio-ökonomischen Divergenzen zwischen blockfreien Ländern verstärkt. Die heute immer deutlicher zu Tage tretenden Unterschiede blockfreier Länder in bezug auf ihre Ressourcenausstattung, ihren Industrialisierungsgrad und den Grad ihrer Verflechtung mit der Weltwirtschaft könnten zunehmend zu divergierenden Interessenlagen einzelner Länder und Ländergruppen im Nord-Süd-Dialog (z. B. OPEC-Länder, „Schwellenländer", am wenigsten entwickelte Länder) und damit zu einer wachsenden Belastung der bisherigen solidarischen Einheitsfront der Blockfreien in ökonomischen Fragen führen

Das Problem der Handlungsfähigkeit der Blockfreienbewegung bezieht sich auf die Tatsache, daß die Bewegung — ähnlich wie die „Gruppe der 77" —mehr und mehr in ein qualitativ neues Entwicklungsstadium eintritt, für das sie trotz aller konzeptionellen und organisatorisch-technischen Vorarbeit noch nicht hinreichend gerüstet ist. Dies gilt für die politischen Anligen der Blockfreien im Bereich des Anti-Kolonialismus und der Folgeprobleme der Dekolonisation (Lösung der Probleme im Nahen Osten und im Südlichen Afrika), im Bereich der Friedenssicherung (neu belebte Ost-West-Rivalitäten in der Dritten Welt, „Stellvertreterkriege" zwischen Blockfreien, Abrüstung etc.) und auch für die ökonomischen Programme der Blokfreien im Bereich der Nord-Süd-und Süd-Süd-Beziehungen (Neue Weltwirtschaftsordnung).

In all diesen Bereichen findet zunehmend ein Wechsel statt von einer Ära der Petition zu einer Ära der Aktion, von einem Stadium der Programmierung zu einem Stadium der Implementierung und von einer Phase globaler, undifferenzierter „Paketlösungen" zu einer Phase regional-, funktions-und gruppenspezifisch differenzierter „Stückwerkslösungen", was der Blockfreienbewegung (wie auch der „Gruppe der 77" im ökonomischen Bereich) eine wachsende Fähigkeit zur konzeptionellen Verarbeitung komplexer Probleme, zum Ausgleich von divergierenden Interessenlagen, zur Steuerung und Koordinierung unterschiedlicher Foren, Ebenen und Strategien von Verhandlungen sowie zur Erarbeitung von differenzierten Lösungsansätzen abverlangen wird

VI. Die Zukunft der Blockfreienbewegung

Im Interesse einer konstruktiven Bewältigung der gegenwärtigen Krise der Blockfreienbewegung müßte diese ihren Mitgliedern verstärkt deutlich machen, daß ihre „klassischen" Anliegen, Besorgnisse und Ziele durch die heute veränderten internationalen Rahmenbedingungen keineswegs obsolet geworden sind, sondern nur einer Neudefinition bzw. Neuverortung bedürfen. Weiter müßte sich die Bewegung zunehmend um Möglichkeiten, Verfahren und Mechanismen zum politischen und ökonomischen Interessenausgfeich , zwischen ihren Mitgliedern sowie zur friedlichen Streitschlichtung und Eindämmung von kriegerischen Regionalkonflikten bemühen und ihre organisatorische und technische Kapazität zur Lösung komplexer Probleme verbessern.

Dabei hätte sich die Blockfreienbewegung vordringlich dem Phänomen der „Stellvertreterkriege“ in ihren eigenen Reihen zu widmen, hätte stärker als bisher den Problemzusammenhang von Rüstung und Unterentwicklung bzw. Abrüstung und Entwicklung zu thematisieren und dazu beizutragen, dem festgefahrenen Nord-Süd-Dialog neue Impulse zu vermitteln. Zu diesem Zweck könnte die Blockfreienbewegung zusammen mit der „Gruppe der 77" versuchen, einen „harten Kern" von auch weiterhin gemeinsamen ökonomischen Interessen ihrer Mitgliedsländer gegenüber den Industrieländern ausfindig zu machen und eine Art von „OECD der Dritten Welt“ bzw. „Gewerkschaft der Dritten Welt“ aufzubauen, um die Verhandlungsmacht des „Südens" gegenüber dem „Norden" zu stärken Ferner könnte sie auch unabhängig vom Fortgang des Nord-Süd-Dialogs im Interesse der sozio-ökonomischen Entwicklung ihrer Mitglieder noch mehr als bisher Ansätze zur wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit im Bereich der Süd-Süd-Beziehungen fördern und auf diese Weise zu einer kollektiven Self-Reliance der Dritten Welt beitragen

Die bisherige Entwicklung der Blockfreienbewegung hat ihre grundsätzliche Anpassungsbereitschaft und Lernfähigkeit ja bereits unter Beweis gestellt. Zudem deutet die bislang erstaunliche Konstanz ihrer Mitgliedschaft ungeachtet aller internen Regimewechsel wie auch die weiterhin ungebrochene Attraktivität der Bewegung (z. B. Neuaufnahmeanträge Irans, Pakistans und Boliviens) darauf hin, daß die offensichtliche Mehrheit der blockfreien Länder ein genuines Interesse an einem Fortbestand der Blockfreienbewegung mit ihren überkommenen Konturen hat Zwar werden künftig vermutlich vermehrt politische Streitigkeiten und Fraktionsbildungen innerhalb der Blockfreienbewegung auftreten, doch hätte diese dabei die Chance, gemäß dem Pluralismus-Konzept aus ihrer Not eine Tugend zu machen. Als eine umfassende und exklusive Eigenorganisation von (vornehmlich) Ländern der Dritten Welt gibt es auf Sicht keine Alternative zur Bewegung der Blockfreien; sie wird daher auch in der weiteren Zukunft von politischer Bedeutung sein, weil ihr fundamentaler Daseinszweck, die Existenzsicherung und politisch-wirtschaftliche Emanzipation auch kleiner, schwacher und armer Staaten in den internationalen Beziehungen, bis heute nicht erfüllt ist. Auch die Supermächte und antagonistischen Lager in Ost und West dürften kaum ein Interesse an einem Zerfall der Bewegung haben; eher scheint ein gewisses Maß an Übereinstimmung zwischen ihnen zu bestehen, im Bereich der internationalen Beziehungen „den Bestand der Blockfreienbewegung nicht leichtfertig gegen eine Veränderung des Status quo mit schwer-kalkulierbaren Gewinn-und Verlustrisiken einzutauschen''

Fussnoten

Fußnoten

  1. Als Wegweiser durch die Literatur zur Blockfreienbewegung insbesondere der sechziger Jahre seien genannt: Daniel Frei, Neutralität und Neutralismus, in: Neue Politische Literatur, Bd. 14, H. 4, 1969, S. 446— 460; Ana Damian, Bibliography of Selected Books and Articles on Nonalignment, Institute of International Politics and Economics, Beograd 1975 (enthält Liste von Büchern in Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch im Zeitraum 1950— 1975 sowie Liste von Zeitschriftenaufsätzen aus aller Welt für den Zeitraum 1970— 1975); Conferences of the Non-Aligned Countries 1955— 75, edited with Commentary by A. W. Singham and Tran Van Dinh, Third Press Review Books, New York, o. J. (enthält ausgewählte Liste von Büchern und Artikeln in englischer Sprache). Eine Bibliographie einschlägiger Literatur enthält auch das Werk von Odette Jankowitsch und Karl P. Sauvant (eds.), The Third World without Superpowers. The Collected Documents of the Non-Aligned Countries, Dobbs Ferry 1978. Als größere Arbeiten zur Thematik in den siebziger Jahren seien genannt: Leo Mates, Nonalignment. Theory and Current Policy, Dobbs Ferry—Belgrade 1972; David Kimche, The Afro-Asian Movement: Ideology and Foreign Policy of the Third World, Jerusalem 1973; Bahgat Korany, Social Change, Charisma and International Behaviour: Toward a Theory of Foreign Policy-making in the Third World, Leiden-Genf 1976; A. W. Singham (ed.) The Nonaligned Movement in World Politics, Westport 1977; Peter Willets, The Non-Aligned Movement. The Origins of a Third World Alliance, London—New York 1978.

  2. Dies kritisiert zu Recht Bojana Tadic, Peace Research and Non-Alignment, in: International Problems (Belgrad), 1972, S. 129 ff.

  3. Hier muß leider bezüglich der Presseberichterstattung in der Bundesrepublik Deutschland weitgehend dem Befund von Alfred Babing und Roswitha Voigtländer zugestimmt werden. (Haupttendenzen in der Berichterstattung der bürgerlichen Presse der Bundesrepublik Deutschland zur Konferenz nichtpaktgebundener Länder in Colombo, in: Asien, Afrika, Lateinamerika, Bd. 5, H. 1, 1977, S. 63— 67.)

  4. Vgl. „Der Bundesminister des Auswärtigen informiert". Material für die Presse Nr. 1014 B/79 vom 25. Juni 1979: „Grundsatzprobleme der deutschen Dritte-Welt-Politik".

  5. Siehe Arbeitsmaterialien zum Seminar „Bewegung der Blockfreien Staaten" der „Arbeitsgruppe Bewegung Blockfreier Staaten“, o. O., o. J., S. 1. Die Arbeitsgruppe plant für den 12. — 14. Oktober 1979 ein Seminar über die Blockfreienbewegung (Kontaktadresse: c/o ESG Bochum, Querenburger Höhe 287, 4630 Bochum).

  6. Als knappe Einführungen in die Problematik und Überblicke zur Blockfreienbewegung seien genannt: Vernon Mendis, The Policy of Non-Alignment, in: MARGA Journal (Colombo, Sri Lanka), vol. 3, no. 3, 1976, S. 31— 45, sowie Ernest Corea, Non-Alignment: The Dynamics of a Movement, Behind the Headlines, vol. XXXVI, no. 1, Canadian Institute of International Affairs, Toronto 1977.

  7. Die Bandung-Konferenz von 1955 gehört zwar nicht im engeren Sinne zu den Blockfreien-Konferenzen, doch kann sie als deren Vorläufer gelten. Zur Bandung-Konferenz und anderen frühen Manifestationen afro-asiatischer Solidarität siehe Horst Sasse (Hrsg.), Die asiatisch-afrikanischen Staaten auf der Bandung-Konferenz, Frankfurt/M. und Berlin 1958, sowie Dieter Schröder, Die Konferenzen der „Dritten Welt", Hamburg 1968.

  8. Zur Diskussion um den Begriff und das Konzept der „Dritten Welt“ siehe Leslie Wolf-Phillips, Why Third World?, in: Third World Quarterly, vol. 1, no. 1, Januar 1979, S. 105— 113), Peter Worsley, How Many Worlds? in: Third World Qarterly, vol. 1, no. 2, April 1979, S. 100— 108, sowie S. D. Muni, The Third World: concept and controversy, in: Third World Quarterly, vol. 1, no. 3, Juli 1979, S. 119— 128.

  9. Vgl. Franz Ansprenger, Blockfreiheit und Afrika, unveröffentlichtes, vervielfältigtes Vortrags-manuskript vom 24. 6. 1979 (Arbeitskreis Dritte-Welt-Politik des Auswärtigen Amtes in Bonn).

  10. Vgl. hierzu das Vorwort von Ali Mazrui zu Peter Willetts, The Non-Aligned Movement, London, New York 1978, S. XIII.

  11. Peter Willetts, The Non-Aligned Movement, a. a. O., der im Untertitel von „The Origins of a Third World Alliance“ spricht.

  12. Bis heute gibt es kein ständiges „Sekretariat“ der Blockfreienbewegung, obwohl ein solches in den letzten Jahren von Teilen der Mitgliedschaft immer wieder gefordert wurde.

  13. Als „blockfrei“ sollten nach diesen Kriterien Länder gelten, die 1. eine unabhängige Politik betrieben, die auf friedlicher Koexistenz und Block-freiheit beruhte oder eine Neigung zur Begünstigung solcher Politik zeigten; 2. die beständig nationale Unabhängigkeitsbewegungen unterstützten; 3. die kein Mitglied multilateraler Militärbündnisse seien, die im Zusammenhang mit Streitigkeiten von Großmächten abgeschlossen seien; 4. die, falls sie Militärstützpunkte duldeten, diese Zugeständnisse nicht im Zusammenhang mit Streitigkeiten von Großmächten gemacht hatten; 5. die, falls sie ein Mitglied eines bilateralen oder regionalen Verteidigungsabkommens wären, dies nicht im Zusammenhang mit Streitigkeiten von Großmächten waren. Fixiert wurden diese Kriterien auf der Kairoer Vorkonferenz für die erste Gipfelkonferenz der Blockfreien in Belgrad 1961. Zitiert nach Dieter Schröder, a. a. O., S. 213.

  14. Z. B. Kuba/Guantanamo (USA); Äthiopien/Kagnew Station (USA); Somalia/Berbera (UdSSR).

  15. Zu dem innergesellschaftlichen Bezug von Blockfreiheit siehe vor allem Bahgat Korany, Social Change, Charisma and International Behaviour: Toward a Theory of Foreign Policy-making in the Third World, Leiden, Genf 1976, und Robert L. Rothstein, Foreign Policy and Development Policy: From Nonalignment to International Class War, in: International Affairs, Oktober 1976, S. 598 ff.

  16. Diese Ziele lassen sich aus den Dokumenten der Blockfreien erschließen. Als Dokumenten-sammlungen zur Blockfreienbewegung seien genannt: (in deutscher Sprache) Bewegung der Blockfreien, Archiv Dritte'Welt, Heft 4, Köln 1978; (in englischer Sprache) Non-Aligned Conferences: Basic Documents 1961— 1975, compiled and published by Bandaranaike Centre for International Studies, First Edition, Colombo 1976; Documents of the Gatherings of Non-Aligned Countries 1961— 1978, Belgrade 1978; Conferences of the Non-Aligned Countries 1955— 75, edited with Commentary by A. W. Singham and Tran Van Dinh, Third Press Review Books, New York o. J. und vor allem das monumentale vierbändige Werk von Odette Jankowitsch und Karl P. Sauvant (eds.), The Third World without Superpowers. The Collected Documents of the Non-Aligned Countries, Dobbs Ferry 1978.

  17. Vgl. hierzu Bojana Tadic, Nesvrstanost U Theoriji I Praksi Medunarodnih Odnosa (NonAlignment in Theory and Practice of International Relations: with an Enqlish Summary), Beograd 1976.

  18. Es wäre z. B. auf die Tatsache hinzuweisen, daß bereits die Konferenz von Bandung sich mit ökonomischen Fragen befaßte, und daß im Jahre 1962 die Blockfreien in Kairo eine Konferenz abhielten, die sich ausschließlich wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Problemen widmete; Siehe dazu United Arab Republic, The Conference on the Problems of Economic Development, Cairo 1962.

  19. Karl P. Sauvant, Von der politischen zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit? Die Ursprünge des Programms der Neuen Weltwirtschaftsordnung, in: Vereinte Nationen (Bonn), 27. Jg., H. 2, April 1979, S. 49- 52.

  20. Vgl. hierzu Tony Smith, The Underdevelopment of Development Literature: The Case of Dependency Theory, in: World Politics, no. 2, Januar 1979, S. 247— 288, und Manfred Wöhlcke, Peter von Wogau und Waltraud Martens, Die neuere entwicklungstheoretische Diskussion. Einführende Darstellung und ausgewählte Bibliografie, Frankfurt/Main 1977.

  21. Zum Verhältnis von Blockfreienbewegung und „Gruppe der 77" siehe Volker Matthies, Süd-Süd-Beziehungen und kollektive Self-Reliance, in: Verfassung und Recht in Ubersee, H. 1, 1978, S. 71— 74.

  22. Als Einführung in die Problematik der „Neuen Weltwirtschaftsordnung" sei genannt: Volker Matthies, Der Streit um die Neue Weltwirtschaftsordnung, Opladen 1979 (dort findet sich auch eine ausgewählte Liste deutschsprachiger Literatur zur Thematik); einen Überblick über die englischsprachige Literatur zur Neuen Weltwirtschaftsordnung vermitteln John White, The New International Economic Order: What is it?, in: International Affairs (London), Oktober 1978, S. 626— 634, sowie Robert W. Cox, Ideologies and the New International Economic Order: reflections on some recent literature, in: International Organization, vol. 33, no. 2, 1979, S. 257— 302. Siehe auch die bibliographischen Hinweise in: Third World Quarterly, vol. 1, no. 1, Januar 1979, S. 180 f.

  23. Vgl. hierzu Khushi M. Khan und Volker Matthies, Collective Self-Reliance: Programme und Perspektiven der Dritten Welt. Einführung und Dokumente, München, London 1978.

  24. Die Ausführungen in diesem Abschnitt folgen der Arbeit von Odette Jankowitsch und Karl P. Sauvant, The Origins of the New International Economic Order: The Role of the Non-Aligned Countries, in: Karl P. Sauvant (ed.), The New International Economic Order: Changing Priorities on the International Agenda, Oxford (in Vorbereitung).

  25. Vgl. Conference Report: First Conference of Labour Ministers of Non-Aligned and Other Developing Countries, Tunis, April 14— 26, 1978.

  26. Zu regionalen Aspekten von Süd-Süd-Beziehungen siehe Manfred Nitsch, Latin America in Ute Third World, in: Vierteljahresberichte (des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung), Nr. 68, Juni 1977 (Sonderausgabe: Latin America and the Third World), S. 91— 105, und Volker Matthies, Süd-Süd-Beziehungen: Die Position Afrikas, in: Afrika Spectrum, H. 2/1977, S. 185— 202.

  27. Vgl. zum folgenden Leo Mates, The Nonaligned Countries between Colombo and Havanna, in: Pacific Community. An Asian Quarterly Review, vol. 9, no. 3, April 1978, S. 291— 301.

  28. Aus einer ähnlichen Perspektive wie die Kubaner äußern sich zur Blockfreienbewegung z. B. Renate Wünsche, Die Politik der Nichtpaktgebundenheit in den internationalen Beziehungen der Gegenwart, in: Asien, Afrika, Lateinamerika, Bd. 4, H. 4, 1976, S. 517— 526, und Pieter Keuneman, Zum politischen Kurs der Bewegung der Nichtpaktgebundenheit, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, Nr. 11 (219), 19. Jg., Novemberheft, S. 1499— 1506. Zur Kritik der kubanischen Haltung siehe Peter Meyns, Die Bewegung der Blockfreien Staaten und Kuba, in: Tre Väldar. In-ternationell översickt 1978— 79, Stockholm 1978. Zum Hintergrund siehe Wolf Grabendorff, Kubas Engagement in Afrika, Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen-bei München, Dezember 1978.

  29. Vgl. Speech by Mr. S. Rajaratnam, Minister for Foreign Affairs, At the Nonaligned Minsteria Meeting in Belgrade on 27 Jul 78, Singapore Government Press Release, MC/Jul/43/78 (Foreign Affairs). ‘

  30. Vgl. hierzu Volker Matthies, Der Grenzkonflikt Somalias mit Äthiopien und Kenya. Analyse eines zwischenstaatlichen Konflikts in der Dritten Welt, Hamburg 1977.

  31. Zur Diskussion über die sozio-ökonomische Differenzierung innerhalb der Dritten Welt siehe die in Fußnote 8 genannte Literatur; Douglas C. Smyth, The Global Economy and the Third World: Coalition or Cleavage, in: World Politics, yol. XXIX, no. 4, Juli 1977, S. 584— 609; Ismail-Sabri Abdalla, Heterogeneity and Differentiation — The End for the Third World?, in: Development Dialogue, 1978: 2, S. 3— 21, sowie Horst P. Wiese-bach, Gemeinsamkeiten und Divergenzen in der Blockfreienbewegung (mit Bezug auf die Nord-Süd-Problematik), unveröffentlichtes, vervielfältigtes Vortragsmanuskript vom 26. 6: 1979 (Arbeitskreis Dritte-Welt-Politik des Auswärtigen Amtes in Bonn).

  32. Vgl. hierzu: South-South Dialogue: A Brief Report, in: Third World Quarterly, vol. 1, no. 2, April 1979, S. 117— 122 (= Bericht über die Diskussionen und Überlegungen auf einem Treffen von führenden Intellektuellen und Politikern aus der Dritten Welt in Arusha/Tanzania vom 14. — 16. Dezember 1978).

  33. Vgl. hierzu Julius Nyerere, Third World Negotiating Strategy, in: Third World Quarterly, vol. 1, no. 2, April 1979, S. 20— 23, sowie die Diskussionen in: Third World Forum Newsletter, No. 3, November 1978, und No. 4, Juni 1979; siehe auch G. K. Helleiner, An OECD for the Third World, in: IDS Bulletin, vol. 7, no. 4, 1976, S. 19 f.

  34. Siehe hierzu Volker Matthies, Süd-Süd-Beziehungen und kollektive Self-Reliance, in: Verfassung und Recht in Übersee, H. 1, 1978, S. 59— 87; Godfrey Gunatilleke, From Bandung onward, in: Ceres, Mai-Juni 1977, S. 14— 18; Samir Amin, NIEO: how to put Third World surpluses to effective use, in: Third World Quarterly, vol. 1, no. 1, Januar 1979, S. 65— 72; Enrique Oteiza und Anisur Rahman, Technical Co-operation Among Third World Countries and the International Order, Third World Forum Occasional Paper No. 3. Sri Lanka 1978, sowie das „Arusha Programme for Collective Self-Reliance and Framework for Negotiations“, UNCTAD V, TD/236 vom 28. Februar 1979 (ins Deutsche übersetzt von epd-Entwicklungspolitik. Dokumentation, Mai 1979: „ArushaProgramm für kollektive Eigenständigkeit").

  35. Eine solche Einschätzung findet sich auch bei Ranko Petkovic, Aktionsrichtungen der Blockfreienbewegung in der gegenwärtigen Etappe, unveröffentlichtes Manuskript zur Ministerkonferenz des Koordinierungsbüros der Blockfreien in Colombo vom Juni 1979, undatiert und o. O.

  36. Zu dieser Beurteilung kommt Christoph Royen in seiner „Lagenotiz betr.: Die sowjetische Interessenlage vor dem VI. Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten in Havanna", Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen bei München, Mai/Juni 1979, S. 18.

Weitere Inhalte

Volker Matthies, Dr. phil., geb. 1945, Studium der Politischen Wissenschaft, Geschichte und Pädagogik an der Universität Hamburg; seit 1974 wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Allgemeine Überseeforschung (im Verbund Stiftung Deutsches Übersee-Institut) in Hamburg sowie (zeitweilig) Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg; Forschungsreisen nach Asien, Afrika und Lateinamerika. Veröffentlichungen u. a.: Schwarzafrika. Politische Konflikte und Entwicklungskrisen, Opladen 1971; Der Grenzkonflikt Somalias mit Äthiopien und Kenya, Hamburg 1977; Der Streit um die Neue Weltwirtschaftsordnung, Opladen 1979.