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Entspannungspolitik — Bewährungsprobe westlicher Zusammenarbeit | APuZ 37/1979 | bpb.de

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APuZ 37/1979 Artikel 1 Entspannungspolitik — Bewährungsprobe westlicher Zusammenarbeit Zur Senatsdebatte über SALT II in den USA Die Bewegung der Blockfreien. Entwicklung - Probleme - Perspektiven

Entspannungspolitik — Bewährungsprobe westlicher Zusammenarbeit

Werner Link

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Zusammenfassung

Entspannungspolitik ist der Versuch, dem Mischungsverhältnis von Gegensätzen und Gemeinsamkeiten durch eine Kombination von Zusammenarbeit und gegnerschaftlichem Wettbewerb Rechnung zu tragen. Ausgehend von diesem Verständnis untersucht der Autor, ob und wie die NATO-und EG-Staaten die Fähigkeit entwickelt haben, diesen schwierigen Prozeß gemeinsam zu steuern. Unter den Bedingungen der Entspannung ist die Bereitschaft zur Koordinierung und Abstimmung eher gestärkt als geschwächt worden. Die westliche Zusammenarbeit hat sich bewährt. Durch die flexible Nutzung institutionalisierter Gremien und neuer informeller Beratungskreise wurden — trotz innen-und außenpolitischer Schwierigkeiten — ein relativ hoher allianzpolitischer Kooperationsgrad und ein entspannungspolitischer Basiskonsens erreicht. Angesichts dieses Befundes wird argumentiert, daß der Vorwurf der „(Selbst-) Finnlandisierung" und des „Appeasements" unbegründet und die Gefahr ostpolitischer Alleingänge zwar latent, aber nicht aktuell ist. Zusammenfassend formuliert lautet das Untersuchungsergebnis: Zusammenhalt der militärischen Allianz und westliche Zusammenarbeit waren wichtige Voraussetzungen für die Entspannungspolitik, sind rückwirkend von ihr gefördert worden und dürften weiterhin notwendige Bedingungen für ihre Fortsetzung bleiben.

Im Ost-West-Konflikt geht es um die Konkurrenz zwischen widerstreitenden machtpolitischen, ideologischen und ordnungspolitischen Tendenzen und Interessen. Sie erfuhr nach 1945 im Kalten Krieg, in dem die beiden Supermächte USA und UdSSR jeweils die Führungsrolle übernahmen, ihre kritische Zuspitzung. Die Entspannungspolitik zielt auf eine gradualistische Deeskalation und Regulierung dieses Konflikts ab. Um in diesem Zusammenhang speziell die Bedeutung der atlantischen und westeuropäischen Beziehungen bestimmen zu können, bedarf es vorab einer Klärung des theoretischen Rahmens bzw.des entspannungs-und friedenspolitischen Maßstabs. Eine solche Klärung ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil „Entspannung" zu einem politischen Kampfwort geworden ist und ihr analytischer Inhalt sich mithin nicht von selbst versteht

I. Theoretische Vorüberlegungen über Entspannung und Allianzpolitik

Allgemein formuliert, ist ein internationaler Konflikt ein verschärfter Wettbewerbsprozeß, in dessen Verlauf unvereinbare oder unvereinbar erscheinende Tendenzen eine kritische Spannung erzeugen, indem diese Unvereinbarkeit erstens den Akteuren bewußt wird, zweitens ihr Handeln bestimmt und drittens die Organisation bzw. Struktur der internationalen Beziehungen potentiell oder aktuell gefährdet. Eine Konfliktregulierung oder -lösung kann dementsprechend entweder bei der Organisation der internationalen Beziehungen (d. h. dort, wo die Wirkungen der kritischen Spannungen auftreten) oder bei den Ursachen der kritischen Spannungen (d. h. bei den unvereinbaren oder unvereinbar erscheinenden Tendenzen) ansetzen. Wenn es — wie bei dem Ost-West-Konflikt — unwahrscheinlich ist, daß die widerstreitenden Interessen im Kern in Übereinstimmung gebracht werden können, liegt es nahe, die erstgenannte Vorgehensweise als vorrangig zu betrachten. Dann ergibt sich auch eine theoretisch begründbare Verbindung zwischen Konflikt und Entspannung, die jenseits tages-politischer Polemik eine Begriffserklärung schafft. Entspannung kann dann nämlich als Umkehrung des Konfliktprozesses begriffen werden: Wenn die kritische Bedingung 3 beseitigt oder entschärft ist, wird der Konflikt auf das Stadium des Wettbewerbs zurückgeschraubt, ohne die Illusion zu erwecken, daß der Wettbewerb aufhört oder dessen Ursachen Vorabdruck eines Aufsatzes, der Ende dieses Jahres im " DGFK-Jahrbuch 1979/80", Nomos-Verlag, Ba-den-Baden, veröffentlicht wird. insgesamt verschwunden seien. Entspannungspolitik ist mithin zu definieren als diejenige Politik, die die Gefahr der Zerstörung des internationalen Systems zu verringern trachtet und günstige Voraussetzungen für einen friedlichen Wettbewerb schafft. Darin liegt die friedenspolitische Bedeutung der Entspannungspolitik. Idealtypisch kann man zwei Richtungen der Konfliktregulierung unterscheiden, nämlich Verringerung oder Erhöhung des Organisationsgrades der internationalen Beziehungen, Auseinanderrücken oder Annäherung der Staaten, Regression oder Integration. Mit dieser Unterscheidung ist die grundlegende Annahme verbunden, daß Art und Weise der Konfliktregulierüng (d. h. die Wahl des Organisationstyps) sich je nach dem Verhältnis und nach der Bedeutsamkeit von gemeinsamen und widerstreitenden Interessen bzw. vereinbaren und 'unvereinbaren Tendenzen bestimmen lassen, wobei die Interessenwahrnehmung (Perzeptionen) eine entscheidende Rolle spielen.

In der politischen Realität war bei Kriegsende zunächst der Versuch unternommen worden, den Organisationsgrad der internationalen Beziehungen zu erhöhen und eine integrative Friedensordnung mit Hilfe der Orga-nisation der Vereinten Nationen (UNO) zu schaffen. Der Versuch scheiterte an den tief-greifenden Gegensätzen und Machtungleichgewichten zwischen den demokratischen und kommunistischen Staaten. Die integrative Politik wurde von der Politik des Kalten Krieges abgelöst. Deren Unzulänglichkeiten und Gefahren traten freilich sehr bald hervor und bestimmten seit den sechziger Jahren zunehmend das öffentliche Bewußtsein.

Angesichts des nuklearen Selbstzerstörungspotentials. über das beide Konfliktparteien verfügten und in immer größerem Umfang verfügen, wurde erstmals in der Geschichte das fundamentale Interesse an der Existenzerhaltung zu einem realen gemeinsamen Interesse. Die daneben weiterhin bestehenden widerstreitenden Interessen schließen zwar eine extreme Integration (im Sinne der Errichtung eines Weltstaates) aus. Aber das Nebeneinander von Gemeinsamkeit und Gegensätzen, von vereinbaren und unvereinbaren (oder unvereinbar erscheinenden) Tendenzen in der gegenwärtigen Weltpolitik läßt eine Kombination von Elementen der integrativen und regressiven Konfliktregulierung, der Zusammenarbeit und der Abgrenzung als realistisch und notwendig erscheinen. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, das jeweilige Mischungsverhältnis zu bestimmen, denn die Gegensätze und Gemeinsamkeiten stellen sich in einzelnen Teilbereichen der Beziehungen und in den verschiedenen Regionen unterschiedlich dar. Im Unterschied zu der klaren Frontbildung des Kalten Krieges verlangt diese Situation nach einer Differen-'zierung und nach Kombinationen, die sich nicht ein für allemal bestimmen lassen.

Bei solchen Kombinationen entgegengesetzter Beziehungselemente kann Allianzen, soweit sie auf freiwilliger Zusammenarbeit beruhen, durchaus eine friedenspolitische Relevanz zukommen: Einerseits erhöht ‘eine Allianz zwischen ihren Mitgliedern den Organisationsund Beziehungsgrad, andererseits schafft sie dadurch gegenüber den Nicht-Mitgliedern und gegenüber anderen Allianzen einen niedrigeren Beziehungszusammenhang und eine Abgrenzung. Sicherlich ist es richtig, daß für das Zustandekommen einer Allianz die gemeinsame Bedrohung bzw. die Wahrnehmung einer gemeinsame Bedrohung durch andere Staaten wichtig ist und daß daher das Moment der Abgrenzung (wenn nicht gar der Konfrontation) eine entscheidende Rolle spielen kann.

Empirisch-historische Untersuchungen haben jedoch ergeben, daß eine Bedrohung von außen weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für den Zusammenhalt einer Allianz ist. Nach einer Studie über die fünfziger und sechziger Jahre kann speziell für die atlantische Allianz angenommen werden, daß eine externe Bedrohung, die nur auf einen Teil der Allianz gerichtet ist, der Allianzeinheit nicht zuträglich ist; daß umgekehrt die Entspannungspolitik hinreichende Unterstützung von allen Allianzmitgliedern zu erhalten und zumindest kurzfristig eine gemeinsame Einschätzung und Strategie zu erzeugen vermag. Ferner dürfte erst durch die Allianz jene Voraussetzung für eine friedliche Kooperation und für einen nicht-kriegerischen Wettbewerb geschaffen worden sein, die in der klassischen Theorie als Gleichgewicht und in der modernen Theorie als Symmetrie bezeichnet wird. Wenn die Annahme über die friedensfördernde Wirkung von Symmetrie bzw. Gleichgewichten richtig. ist, wäre nicht die Schwächung, sondern die Stärkung defensiver Allianzen der Entspannungspolitik zuträglich, wie auch umgekehrt die Entspannungspolitik den Zusammenhalt der Allianz durchaus fördern kann.

In diesen Annahmen und Hypothesen werden also die atlantischen und westeuropäischen Beziehungen in doppelter Hinsicht mit der Entspannungspolitik verknüpft: Einerseits ist deren Gestaltung (neben anderen Faktoren) eine zentrale Bedingung für die Entspannungspolitik, andererseits wirkt die Entspannungspolitik ihrerseits auf die Entwicklung der atlantischen und westeuropäischen Beziehungen zurück.

Nachdem in Europa die relative Stabilisierung durch die beiden entgegengesetzten Al lianzsysteme erreicht war, waren es zunächst die Allianzführer, die USA und die UdSSR die in bilateralen Verhandlungen den Ent Spannungsprozeß eröffneten. Die Einschaltung der atlantischen Allianz und der westeuropäi sehen Staaten war und ist ein schwierige: Problem der Interessendefinition und Ein Schätzung, der Abstimmung, Koordinierun und Steuerung. Diese Problematik soll im fol genden hinsichtlich ihres jüngsten Entwick lungsstandes und ihrer Perspektiven erörtei werden

II. Die Koordinierung der Entspannungspolitik durch die atlantischen Staaten

Der Bilateralismus, der zunächst in der Entspannungspolitik vorherrschte, fand sowohl in den amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen, die zu den Abkommen von 1972 und 1973 führten, als auch in der Ostpolitik der Regierung Brandt-Scheel seinen markantesten Ausdruck. Zugleich wuchs indes in den westlichen Ländern die Einsicht, daß die Fortsetzung des Bilateralismus zur Erosion des Bündnisses und damit zur Gefährdung des Entspannungsprozesses selbst führen würde, daß deshalb die Entspannungspolitik multilateralisiert werden müßte 4). Ob freilich die Interessenübereinstimmung und das Steuerungspotential der Allianz und der Europäischen Gemeinschaft ausreichen würde, um die Multilateralisierung (d. h. konkret die Einbeziehung Westeuropas in den Entspannungsprozeß) erfolgreich und ohne Beeinträchtigung vitaler Sicherheitsinteressen zu bewerkstelligen, war eine offene Frage

Die bisherigen Erfahrungen haben die großen Schwierigkeiten sichtbar gemacht, erlauben es aber, im großen und ganzen eine positive Antwort zu geben, sofern man sich nicht an idealistisch überhöhten Erwartungen orientiert. Denn die Versuche zur Koordinierung und gemeinsamen Steuerung des Entspannungsprozesses können nicht davon ausgehen, daß eine volle Übereinstimmung zwischen allen Allianzpartnern und EG-Staaten realistisch oder realisierbar sei. Auch in der Zeit des Kalten Krieges hat es erhebliche Differenzen zwischen den USA und Westeuropa und zwischen einzelnen westeuropäischen Staaten gegeben. Eine völlige Harmonie oder eine automatische Interessenübereinstimmung war und ist eine schöne Legende oder eine'gefährliche Illusion.

Zwar läßt sich zeigen, daß der Grad der Gemeinsamkeiten zwischen den westeuropäischen und den atlantischen Staaten höher ist als zwischen ihnen und Drittstaaten, aber dadurch ist das Element des Wettbewerbs zwischen ihnen keineswegs gänzlich eliminiert.

Vor diesem Hintergrund ist die „doppelte Gefahr des Bipolarismus und der unkontrollierten Desintegration des Westens" zu sehen Ihr kann sinnvollerweise nicht durch wohlklingende, aber unrealistische Einheitsappelle begegnet werden. Vielmehr dürften problemspezifische und problemdifferenzierte Grade der Übereinstimmung erreichbar sein, die nach dem „Konzept getrennter Funktionskreise" (Hans-Peter Schwarz) anzustreben sind Eine „Differenzierung der Rollen" (Pierre Hässner) ist dann mit dem Koordinierungsziel vereinbar, wenn sie in das „legitimierende oder ausgleichende Rahmenwerk" der Allianz integriert bleibt.

In der Praxis ist eine derartige Flexibilität bei der Abstimmung und Koordinierung der Politik der westlichen Staaten dadurch versucht worden, daß zwischen Europäischer Politischer Zusammenarbeit, NATO-Gipfelkonferenzen, Gipfeltreffen der Sieben und der Vier variiert wurde, je nach dem, welche Problemfelder im Mittelpunkt standen. Die Koordinierung und Steuerung der Entspannungspolitik waren dementsprechend in verschiedener Weise impliziert. 1. Koordinierung durch die Europäische Gemeinschaft Am deutlichsten ist der Zusammenhang bei der Institutionalisierung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ), die auf der Haager Gipfelkonferenz der Staats-und Regierungschefs am 1. und 2. Dezember 1969 angeregt wurde, und zwar nicht zuletzt aufgrund der Notwendigkeit, eine gemeinsame westeuropäische Entspannungspolitik zu formulieren und zu praktizieren „EPZ und KSZE waren von Beginn an aufs engste miteinander verknüpft. Die Bemühungen um die Einberufung einer Konferenz über Sicherheit (und Zusammenarbeit) in Europa und die er-Die Tätigkeit der EPZ-Arbeitsgruppe bzw.des Unterausschusses KSZE in der Vorbereitungsphase und die enge Zusammenarbeit der Delegationen der EG-Staaten in den langen Verhandlungswochen in Helsinki und Genf brachten der EPZ einen ersten Erfolg, der im übrigen keineswegs auf Kosten des Allianz-zusammenhanges ging. Denn die Experten der nicht der EG angehörenden NATO-Staaten wirkten in dem EPZ-Unterausschuß KSZE mit, und nach den Neuner-Abstimmungen wurden im NATO-Caucus bzw. in den NATO-Heads-Sitzungen gemeinsame Allianz-positionen erarbeitet. sten Versuche einer politischen Zusammenarbeit der Sechs fielen zeitlich zusammen, überdies schienen zwei Überlegungen eine Beschäftigung mit dem Konferenzprojekt im Rahmen der EPZ ganz besonders zu rechtfertigen: Zum einen galt es für diese diplomatische Herausforderung der Sowjetunion, den Zusammenhalt des westlichen Lagers zu stärken, andererseits machte die Furcht, die Konferenz könnte von den beiden Supermächten dominiert werden, eine intensive Abstimmung der Verhandlungspositionen der EWG-Mitglieder notwendig."

Die Europäische Politische Zusammenarbeit gewann sowohl gegenüber den USA als auch in den Beziehungen zu den neutralen Ländern und zumal gegenüber den osteuropäischen Staaten an Profil und Anerkennung. D. h., die Entspannungspolitik förderte die europäische Integration im außenpolitischen Bereich, und die westeuropäischen Länder waren durchaus in der Lage, die Entspannungspolitik zu koordinieren und zu steuern. Das inhaltliche Ergebnis, die Schlußakte von Helsinki, war demgemäß ein für den Westen durchaus erfreulicher Kompromiß. Selbst anfangs skeptische Beobachter kommen zu dem Schluß, daß in der Gesamtbilanz die positiven Aspekte überwiegen, daß die Allianz und die Europäische Gemeinschaft „stabilisiert, die entspannungseuphorischen Teile der Öffentlichkeit mit den Schwierigkeiten konkreter Entspannungsschritte besser vertraut gemacht und zugleich nachhaltig auf die Zentralfrage der Verweigerung der Menschenrechte in Osteuropa hingewiesen worden" seien Auch wenn auf genuin sicherheitspolitischem Sektor außer den Vereinbarungen über vertrauenbildende Maßnahmen keine Fortschritte erreicht wurden, ist doch die offizielle Anerkennung der Bindungen der USA an Europa geeignet, künftige Versuche zur Abkoppelung der USA zu erschweren.

Die weitere Entwicklung hat freilich zugleich gezeigt, daß mit der Schlußakte von Helsinki ein gewisser Scheitelpunkt des Entspannungsprozesses in Europa erreicht worden war Hinsichtlich der territorial-und grenzpolitischen Probleme wurde ein Modus vivendi gefunden bzw. multilateral vereinbart (denn in den brisanten Punkten hatten bereits zuvor die deutschen Ostverträge und das Berlin-Abkommen diesen Modus vivendi zwei-bzw. vierseitig begründet). Er läuft de facto auf die Legitimierung der bestehenden Macht-und Herrschaftssphären hinaus, ohne zugleich eine Übereinkunft über Richtung und Inhalt einer gesamteuropäischen integrativen Neuordnung zu enthalten (wie sie beispielsweise in der risikoreichen Vision Bundeskanzler Brandts aufgeleuchtet war). Die Verbindung zwischen Anerkennung des territorialen Status quo in Europa und Überwindung des politischen Status quo ist nicht gelungen. Nicht nur die Gegensätze in Europa selbst und die destabilisierenden Wirkungen weiterer Annäherungsschritte innerhalb der Gesellschaften, sondern auch die Politik der globalen Einflußausweitung der Sowjetunion in anderen Regionen haben zur Desillusionierung geführt und bewußt gemacht, daß Entspannungspolitik integrative und regressive Elemente enthält.

Die Belgrader Nachfolgekonferenz hat keine Verschiebung dieses Mischverhältnisses zugunsten einer Annäherung gebracht, sondern eher die Grenzen einer dynamischen Veränderung deutlich markiert Diese Stagnation und die gleichzeitige Aufrüstung der Sowjetunion haben die Bedeutung der atlantischen Allianz als nicht ersetzbares Konfliktregulierungsinstrument wieder stärker hervortreten lassen. Zugleich sind (ausgelöst durch die unterschiedliche Behandlung der Menschenrechtsfrage) die taktischen Unterschiede zwischen den Allianzpartnern und sogar zwischen den EG-Staaten auf der Belgrader Konferenz handlungsbestimmend geworden, d. h., die entspannungs, politische Stagnation hat die EPZ keineswegs gefestigt, sondern beeinträchtigt. Nachdem sich in der kritischen Schlußphase die Außenminister der EG-Staaten am 14. Februar 1978 auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hatten (der Entwurf der Neu Februar 1978 auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hatten (der Entwurf der Neutralen sollte als Verhandlungsgrundlage dienen), legte Frankreich am 17. Februar gleichwohl einen eigenen Entwurf für ein Schlußdokument vor. Damit war die EPZ (im Unterschied zu Helsinki) in Belgrad gescheitert. Indem am 21. Februar 1978 ein gemeinsames Papier der NATO-Staaten (ohne Frankreich) als westlicher Vorschlag unterbreitet wurde, zeigte sich, daß die Allianz unter den geänderten Bedingungen eine größere Integrationsfunktion ausübt 13). 2. Koordinierung durch die NATO Soweit die Koordinierung und Steuerung des Entspannungsprozesses den sicherheitspolitischen und militärischen Bereich betraf, war die NATO von Anfang an das zuständige Gremium. Von dort war bekanntlich die Initiative für die Verhandlungen über beiderseitige ausgewogene Truppenreduzierung in Europa (MBFR) ausgegangen. Auch die Wiener Verhandlungen haben materiell den Entspannungsprozeß in Europa bisher nicht weitergebracht und zudem erneut die Abhängigkeit der multilateralen europäischen Verhandlungen von dem amerikanisch-sowjetischen Bilateralismus (SALT II) dokumentiert. Aber trotz innenpolitischer Schwierigkeiten ist auf der Ebene der Beziehungen zwischen den Regierungen das atlantische Bündnis durch die Rüstungsbeschränkungsverhandlungen eher gestärkt als geschwächt worden 14). Die Konsultationen zwischen den Bündnispartnern sind nach der übereinstimmenden Auskunft aller Beteiligten eindeutig intensiviert worden. Zwar hat es bei gewichtigen Einzelentscheidungen — wie insbesondere bei der Diskussion über Produktion und Stationierung der sogenannten Neutronenwaffen — erhebliche Irritationen gegeben Es ist aber in der Gesamtbeurteilung der Entspannungspolitik und -Strategie in zunehmendem Maße ein breiter atlantischer Grundkonsens gefunden worden. Er ist aüsformuliert in der Grundsatzstudie, die auf der NATO-Gipfelkonferenz in London im Mai 1977 in Auftrag gegeben, ein Jahr später auf dem NATO-Gipfel in Washington vorgelegt und verabschiedet wurde und seither wiederholt als Bezugsdokument dient. Die wichtigsten Aussagen sind in folgenden Punkten enthalten „ 3. Unter Erkenntnis der Tatsache, daß Ungewißheiten feste Vorhersagen schwierig machen, folgert die Studie, daß im allgemeinen die auswärtige und sonstige Politik der Sowjetunion, einschließlich ihres Entspannungskonzepts, in der betreffenden Periode wahrscheinlich keiner grundlegenden Veränderung unterzogen wird. Ideologie wird weiterhin ein wichtiger Faktor der sowjetischen Politik sein. Die Sowjetunion und ihre Verbündeten werden an der Verbesserung der Kontakte mit westlichen Ländern auf gewissen Gebieten interessiert bleiben, vor allem an der Intensivierung der wirtschaftlichen Wechselbeziehungen mit dem Westen. Man kann auch erwarten, daß die Sowjetunion der ständigen Verbesserung ihrer militärischen Stärke über das gesamte Spektrum der Möglichkeiten weiterhin höchste Priorität einräumt und bereit bleibt, ihr alle Mittel zu widmen, die ihrer Ansicht nach ihre Gesamt-politik erfordert. Die Politik der Sowjetunion war bisher durch Bemühungen charakterisiert, die . Korrelation der Kräfte'zu ihren Gunsten zu verändern; es gibt keine Anzeichen dafür, daß diese Politik wesentlich modifiziert werden könnte. 4. Vor diesem Hintergrund bekräftigt die Studie die fortdauernde Gültigkeit der beiden komplementären Funktionen des Bündnisses, die im HARMEL-Bericht von 1967 festgelegt sind: Aufrechterhaltung militärischer Sicherheit und Suche nach Entspannung. Die Studie zeigt auf, daß die Verbündeten weiterhin die notwendigen Schritte zur Sicherung eines wirksamen Abschreckungs-und Verteidigungssystems unternehmen sollten, wobei der ständige militärische Aufbau der Länder des Warschauer Paktes und das Fehlen geeigneter Abkommen über Rüstungskontrolle und Abrüstung in Rechnung zu stellen sind. Die Erhaltung eines befriedigenden militärischen Gleichgewichts durch die Verbündeten, das auf einem Kontinuum strategischer, nuklearer Gefechtsfeld-und konventioneller Streitkräfte beruht, ist nicht nur wesentlich für die Wahrung der Sicherheit und die Entmutigung jeder Versuchung für andere, ihre militärische Stärke in eine Expansion politischen Einflusses zu übertragen, sondern auch, um die erfolgreiche Suche der Verbündeten nach Entspannung möglich zu machen. 5. Die Studie erkennt an, daß Fortschritt auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle und Abrüstung für eine dauerhafte Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost und West unerläßlich ist. Die Erhaltung unverminderter und möglichst verbesserter Sicherheit auf niedrigerem Niveau von Rüstung und Streitkräften muß ein Dauerziel sein. In diesem Zusammenhang betont die Studie auch, daß positive Entwicklungen in den SALT-Gesprächen zwischen den USA und der Sowjetunion, die mit der Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten vereinbar sind, günstige Auswirkungen auf die Entspannung haben würden. 6. Gleichzeitig bekräftigt die Studie, daß die Mitglieder des Bündnisses ihre Bemühungen fortführen sollten, die Verbesserung ihrer Beziehungen zu den Ländern des Ostens auf allen Gebieten zu fördern. Die Schlußakte von Helsinki liefert eine wertvolle Möglichkeit, Fortschritt auf dem Gebiet der Entspannung in all ihren Aspekten zu messen und zu ermutigen. Die Studie verweist darauf, daß ein Wachstum von Handels-und Wirtschaftsverbindungen mit dem Westen innerhalb gewisser Begrenzungen den Ländern des War-schauer Pakts als Anreiz dienen kann, eine positivere Haltung gegenüber der Außenwelt einzunehmen. Die verbündeten Länder sollten die UdSSR und ihre Verbündeten ermutigen, eine entgegenkommende Rolle bei der Hilfe der Bewältigung wirtschaftlicher Bedürfnisse der Entwicklungsländer zu spielen. Die Studie unterstreicht, daß die Mitglieder des Bündnisses weiter klarstellen sollten, daß, wie in der Schlußakte von Helsinki festgestellt wurde, die Achtung der Menschenrechte ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen und Zusammenarbeit ist."

Die Studie belegt, daß die Allianz eine realistische Einschätzung dessen, was Entspannung beinhaltet, gemeinsam vertritt — eine Kombination von Zusammenarbeit und gegnerschaftlichem Wettbewerb als Ausdruck gemeinsamer und widerstreitender Interessen. Es ist offenkundig, daß in diesem Konzept nicht die Spur jenes Zweckoptimismus oder jener Appeasement-Illusionen zu finden is die einige Kritiker der Entspannungspolitil bei westlichen Regierungen glauben entdek ken zu können (s. unten). Die innerhalb de Allianz lange Zeit umstrittene Frage, ob unc inwieweit eine strikte Verbindung (linkage zwischen Entspannungsschritten in den ein zelnen Problembereichen hergestellt und ge genüber der Sowjetunion durchgesetzt wer den solle ist nunmehr in pragmatische Weise beantwortet worden — nämlich ii dem Sinne, daß der innere Zusammenhan betont, aber kein ausgesprochenes Junktin konstruiert wird. Das Prinzip der Gegensei tigkeit (reciprocity) gilt seither als der ent spannungspolitische Maßstab, auf desser Verwendung sich die Regierungen der Al lianzstaaten geeinigt haben In der Gffent lichkeit und in den Parlamenten spielt da Linkage-Problem aber nach wie vor eine gro ße Rolle

Erhebliche Probleme treten dann auf, wem der Basiskonsens konkretisiert werden muß Denn es ist wie Sonnenfeld treffend fest gestellt hat — unzureichend, „nur von de: Prämisse auszugehen, daß die Beziehunger zur UdSSR weiterhin durch Antagonismus und Kooperation gekennzeichnet werden.. Wir brauchen konkrete Vorstellungen vor dem relativen Gewicht dieser beiden Elemen te und wie wir jedes aufschlüsseln." Be der Versuchen der Gewichtung und Aufschlüsse lung kommen die unterschiedlichen Interes senlagen der westeuropäischen Staaten unc der USA voll zum Tragen. Aus nationaler Gründen und wegen der besonderen Situatior Berlins sowie wegen ihrer spezifischen geostrategischen Lage ist die Bundesrepublik Deutschland in erhöhtem Maße an der Fortsetzung der Entspannungspolitik interessiert Für alle westeuropäischen Staaten gilt, dal wesentliche politische Ziele nur unter entspannungspolitischen Bedingungen zu erreichen sein dürften: die weitere Normalisierung der Beziehungen zu Osteuropa, die Integration der politischen Linken und die interne Unterstützung für die atlantische Allianz sowie die Vermeidung von Konfrontationen im Nahen Osten und in anderen Regionen die für die ökonomische Sicherheit Westeuropas von vitaler Bedeutung ist

Die SALT-Gespräche unterstreichen die Ambivalenz der westlichen Interessenlagen und die Schwierigkeiten, die sich bei der Konkretisierung des Basiskonsenses ergeben. Die Unterstützung des Verhandlungsergebnisses von SALT II durch die westeuropäischen Allianzpartner zeigt, daß Vereinbarungen über Rüstungsbeschränkungs-und Kontrollmaßnahmen den Zusammenhalt der Allianz durchaus stärken können. Die Vermutung Carters, daß die Ablehnung von SALT II durch den amerikanischen Senat sogar die Allianz schwächen würde, ist sicherlich nicht nur ein für den innenpolitischen Kampf konstruiertes Argument des amerikanischen Präsidenten, sondern die Schlußfolgerung aus der oben genannten realen Interessenlage der westeuropäischen Staaten, insbesondere der Bundesrepublik Deutschland. Zugleich macht aber SALT II unübersehbar deutlich, daß mit der Stabilisierung der nuklearen Parität zwischen den Supermächten die militärische Überlegenheit der Sowjetunion bzw.der Warschauer Paktstaaten in Europa eine neue Qualität für die westeuropäischen Staaten erlangt.

Die Alternative, die sich angesichts der globalen Parität auf dem strategisch-nuklearen Sektor und der europäischen Disparität auf dem konventionalen und taktisch-nuklearen Sektor ergibt, hat Bundeskanzler Schmidt bereits in seinem Vortrag vor dem International Institute for Strategie Studies in London am 28. Oktober 1977 klar formuliert „Man könnte auf der, Seite des westlichen Bündnisses massiv aufrüsten und die Zahl der Soldaten und der Waffensysteme hochtreiben. Man könnte aber auch sowohl auf der Seite der NATO wie des Warschauer Paktes die Streitkräfte reduzieren, um so zu einer niedrigeren Gesamtstärke auf beiden Seiten zu kommen.“

Daß der sowjetische Parteichef Breschnew bei seinem Bonner Besuch das Prinzip der Parität akzeptiert hat, ist als hoffnungsvolles Zeichen für die Erfolgsaussichten des zweiten Weges gewertet worden Je länger indes die MBFR-Verhandlungen auf der Stelle treten und die Sowjetunion sowohl im konventionellen Bereich als auch bei den sogenannten Grauzonenwaffen ihre Überlegenheit ausbaut, um so unausweichlicher wird der erste Weg.

Ob die Allianz in der Lage sein wird, diesen unpopulären Weg gemeinsam zu beschreiten, wird von Skeptikern bezweifelt. Welche Schwierigkeiten intern zu überwinden wären, hat bereits die desolate Auseinandersetzung um die sogenannte Neutronenbombe exemplarisch sichtbar werden lassen. Die jüngsten Kontroversen in der Bundesrepublik Deutschland über die Modernisierung der amerikanischen Waffensysteme in Europa scheinen den Skeptikern ein zweites Mal recht zu geben. Eine solche Interpretation würde indes außer acht lassen, daß (abgesehen von der prinzipiellen Kritik linker Gruppierungen) der Dissens darin bestand, ob moderne amerikanische Mittelstreckenraketen ausschließlich auf deutschem Territorium stationiert werden sollten. Herbert Wehner hat diese Frage entschieden verneint („Wir sind Glied eines Bündnisses, und, um Himmels willen, wir bilden keine Achse Washington-Bonn" Bundeskanzler Schmidt und der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ehmke, haben ihre entsprechende negative Reaktion mit Hinweisen auf die politisch-strategische Einheit der Allianz als Risikogemeinschaft und auf die politisch-psychologische Gefährdung des Bündnisses durch einen deutsch-amerikanischen Alleingang genauer begründet Hingegen plädierte der CSU-Abgeordnete Zimmermann dafür, sich nicht vor einem „nationalen Votum" zugunsten der Stationierung amerikanischer Rakteten in der Bundesrepublik zu scheuen „Es wäre uns das liebste, das Bündnis würde einstimmig solche Maßnahmen für alle beteiligten Länder be-

schließen. Es wäre uns das zweitliebste, wenn einige dafür in Frage kommenden Staaten des Bündnisses so beschließen würden. Nur — drittens muß auch das gesagt werden — es ist einfach eine Tatsache, daß für die Einführung solcher Waffensysteme die Bundesrepublik deshalb — Sie können auch . leider'dazu sagen; auch damit bin ich einverstanden — in Betracht kommt, nicht weil sie ein Vorreiter sein will, sondern weil das die Geographie Europas beinahe erzwingt." Der Gegensatz bestand also darin, daß einerseits ein deutsch-amerikanischer Alleingang auf nuklearem Sektor abgelehnt und andererseits die Auffassung vertreten wurde, wenn es nicht anders gehe, „müssen die Deutschen und die Amerikaner wieder einmal Vorreiter im Bündnis sein"

Betrachtet man diese Kontroverse ohne eine parteipolitisch gefärbte Brille, so ist evident, daß die Einheitlichkeit und der Zusammenhalt der NATO von der Bundesregierung und den Regierungsparteien mit Priorität versehen wurden. In der Tat würde ein deutsch-amerikanischer Bilateralismus im zentralen Allianzbereich, in der Verteidigungs-und Sicherheitspolitik, die gemeinsame Steuerung wahrscheinlich behindern, nicht fördern. Er würde des weiteren die Gefahr heraufbeschwören, daß die Bundesrepublik Deutschland einem Sonderdruck der Sowjetunion ausgesetzt werden könnte. Diese Einsicht lag offenkundig Wehners Attacken gegen eine „Achse" Bonn-Washington zugrunde; sie war insofern eher pro-atlantisch als gegen die NATO gerichtet. Die Befürworter der Politik, notfalls auch ohne die anderen europäischen Allianzpartner durch ein klares nationales Votum die erforderlichen Modernisierungen bilateral oder gar unilateral zu initiieren, scheinen weder die potentiellen allianzinternen Spaltwirkungen noch die Möglichkeiten eines externen Sonderdrucks hoch zu veranschlagen.

Welche Einschätzung richtig ist, läßt sich theoretisch nicht entscheiden. Im Zusammenhang unserer Problemstellung ist es jedoch wichtig, festzuhalten, daß nicht die Ablehnung oder Befürwortung der Modernisierung der amerikanischen Waffensysteme in Europa, sondern die Gemeinsamkeit der Entscheidung durch alle Allianzmitglieder der entscheidende Punkt war. Und nicht nur die deutsche Regierung, sondern auch die Führungsmacht USA plädierte für die Priorität der Allianzentscheidung

Ist es realistisch, auf das Zustandekommen einer gemeinsamen Entscheidung zu bauen? Eine vorsichtige Prognose ist im Lichte der jüngsten Erfahrungen möglich. Die NATO-Gipfelkonferenzen der letzten beiden Jahre haben immerhin bewiesen, daß trotz der innergesellschaftlichen Widerstände gegen erhöhte Verteidigungsausgaben in allen demokratischen Ländern auch unter den Bedingungen einer Entspannungspolitik gemeinsame Entscheidungen der Allianz zur Sicherung oder Wiederherstellung des militärischen Gleichgewichts getroffen werden können. Dies scheint allerdings nur dann möglich zu sein, wenn sie sich auf denjenigen territorialen Bereich beziehen, der von der Allianz militärisch zu sichern ist. So hat die NATO-Gipfelkonferenz vom Mai 1978 zwar keine gemeinsamen Aktionen gegenüber der kubanisch-sowjetischen Interventionspolitik in Afrika beschlossen dort hat sich eher die (oben erwähnte) Differenzierung der Rollen realisiert, indem Frankreich eine militärische Eindämmungspolitik erfolgreich praktizierte Aber zugleich wurde die atlantische Gemeinsamkeit nicht nur verbal bestätigt, sondern durch die Verabschiedung des Langfristigen Verteidigungsprogramms(LTDP) praktisch eingeleitet. Inzwischen sind energische Schritte zu einer Verwirklichung getan worden, durch die die militärische Stabilisierung in Europa auf konventionellem Gebiet vorangekommen ist

Die Beratungen in der Nuklearen Planungsgruppe in Florida im April 1979 und die Beschlüsse der NATO-Verteidigungsminister und des NATO-Rats im Mai 1979 haben die Aussichten für eine gemeinsame Entscheidung auch hinsichtlich der Modernisierung der amerikanischen Waffensysteme in Europa verbessert Als Leitlinie wurde eine „Doppelstrategie" vereinbart, nämlich bis Ende des Jahres eine Einigung über die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen des Typs Pershing II und von Marschflugkörpern (cruise missiles), die freilich frühestens 1983 den europäischen Verbündeten zur Verfügung gestellt werden können, zu treffen und gleichzeitig ein Angebot für Rüstungsbeschränkungen der Sowjetunion bzw.den Warschauer-Pakt-Staaten zu unterbreiten.

Dabei wurde deutlich, daß sich im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidung mehrere 3. Koordinierung durch Gipfelkonferenzen Neben den Gremien der NATO und der Europäischen Gemeinschaft sind die Gipielkonterenzen der Sieben und der Vier ein informeller Rahmen, in dem die westlichen Staaten auch ihre Beziehungen im Hinblick auf die Entspannungspolitik koordinieren können. Die Wirtschaftsgipfel der Staats-und Regierungschefs der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, der Bundesrepublik Deutschland, Kanadas und Japans im Rambouillet (November 1975), Puerto Rico (Juli 1976), London (Mai 1977), Bonn (Juli 1978) und Tokio (Juni 1979) sind zwar weder we-gen der Detenteproblematik notwendig geworden, noch sind sie direkt auf sie bezogen, sondern sie versuchen, die weltwirtschaftlichen Krisenerscheinungen gemeinsam zu meistern und einer Polarisierung und Renationalisierung im Westen entgegenzuwirken. Die Tatsache, daß diese neuartigen Versuche der Abstimmung unternommen werden, zeigt, daß die Entspannungspolitik gegenüber der Sowjetunion zumindest den Willen zum internen Krisenmanagement und zur „kollektiven Führung" bei den westlichen Staaten nicht beeinträchtigt hat

Im übrigen ist bekanntlich die militärische Sicherheit in nicht geringem Maße von der ökonomischen Sicherheit abhängig. Und eine gemeinsame Politik nach außen setzt die Regulierung der wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen den westlichen Staaten voraus Daher können die (wenn auch nur bescheidenen) wirtschaftlichen Wirkungen, die von den Konzertierungsbemühungen der Gipfelkonferenzen der Sieben ausgegangen sind, auch als eine Abstützung gemeinsamer Verteidigungs-und Entspannungspolitik gewertet werden Darüber hinaus haben hochpolitische Entscheidungen — wie die Einigung auf dem Londoner Gipfel, die Versorgung mit nuklearem Brennstoff sicherzustellen, ohne eine Weiterverbreitung von Kernwaffen zuzulassen, und der Beschluß zur massiven finanziellen Unterstützung Italiens auf’ dem Gipfel von Puerto Rico . — zweifellos die westliche Allianz gestärkt. Ob durch die Beschlüsse von Tokio die Polarisierung in der Energiepolitik, die aufgrund der amerikanischen Olimportsubventionen zwischen den USA und der EG eingetreten ist, abgebaut werden kann, läßt sich im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht voraussagen; doch dürfte die entspannungspolitische Relevanz einer gemeinsamen Energiepolitik kaum zu bezweifeln sein. Auf dem Vierer-Gipfel in Guadeloupe (5. /6. Januar 1979) sind die sicherheitspolitischen Probleme wieder stärker in den Vordergrund der westlichen Koordinierungsbemühungen getreten 35). Erneut erweist sich die Konkretisierung der generellen Übereinstimmung, die Entspannungspolitik bei Wahrung des Kräftegleichgewichts fortzusetzen, als das eigentliche Problem. Die strikte Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an die Volksrepublik China, die von den USA und der Bundesrepublik mit Rücksicht auf die Entspannungspolitik gegenüber der Sowjetunion befürwortet wird, wird von Frankreich und Großbritannien nicht geteilt. Ungeachtet der gemeinsa-men Unterstützung von SALT II durch die drei westeuropäischen Staaten, ist für die nächste SALT-Runde keine einheitliche Strategie zu erwarten, da Frankreich die Einbeziehung der Force de Frappe nicht gestatten wird. Schließlich haben die energiepolitischen Auswirkungen des Umsturzes im Iran die Gegensätze in der Beurteilung des ägyptisch-israelischen Friedensvertrages verstärkt. Zugleich ist jedoch auch durch die persische Entwicklung eine gemeinsame Entscheidung zugunsten einer großen Stützungsaktion der Türkei gefördert worden, für deren internationale Organisation die Bundesrepublik beauftragt wurde. Diese konkrete Vereinbarung der Gipfelkonferenz, die für die Sicherheit der Allianz von vitaler Bedeutung ist, hat inzwischen eine erfolgreiche Umsetzung erfahren _ Die jüngste Entwicklung läßt mithin die Tendenz erkennen, daß sich hinsichtlich der politischen Koordinierung der westlichen Politik so etwas wie ein Steuerungskomitee der vier Führungsmächte oder ein informelles Vierer-Direktorium herausbildet (das gewisse Ähnlichkeiten mit der de Gaulleschen Idee eines Direktoriums hat, nur mit dem Unterschied, daß die Bundesrepublik als vierter Staat mit von der Partie ist). Ob diese Verfahrensweise — falls sie sich einspielen sollte — die Allianz und die Gemeinsamkeit der westlichen Staaten in weltpolitischen Fragen fördern wird, läßt sich noch nicht beurteilen. Charakteristisch ist zur Zeit noch das Nebeneinander und die Variabilität in der Nutzung verschiedener Koordinierungsgremien.

Wollte man darin den Hauptgrund für die Schwierigkeiten sehen, im Hinblick auf Entspannung eine gemeinsame Politik zu finden, so unterschätzte man die Differenzen in der Sache. Umgekehrt ist jedoch sicherlich richtig, daß unter den Bedingungen der Entspannung die Bereitschaft zur Koordinierung und Abstimmung nicht abgeschwächt, sondern gestärkt worden ist. Durch die flexible Nutzung der institutionalisierten Gremien und neuer informeller Beratungskreise ist zwar keine optimale Einheitlichkeit, aber — verglichen mit der Zeit des Kalten Krieges — zumindest kein niedrigerer Organisations-und Kopperationsgrad in den atlantischen und westeuropäischen Beziehungen erreicht worden, und vor allem ist die Gefahr der Polarisierung zwischen den USA und Westeuropa eingedämmt worden. Dieser Befund ist um so bemerkenswerter, als die weltwirtschaftlichen Krisenerscheinungen, die Führungsschwäche der USA und vor allem die komplexe Kombination zwischen Elementen der Abschrekkung und der Annäherung, die die Entspannungspolitik kennzeichnen, die Koordinierungs-und Steuerungsaufgaben weitaus schwieriger machen als in den vorausgegangenen Jahrzehnten.

III. Das innergesellschaftliche Meinungsklima und das Argument der „ (Selbst-) Finnlandisierung"

Zuätzlich zu den genannten Aspekten, die eine Koordinierung der westlichen Entspannungspolitik erschweren, sind die Einflüsse des innergesellschaftlichen Meinungsklimas in den demokratischen Staaten der Allianz zu berücksichtigen. In Demokratien muß bekanntlich auch die jeweilige Außenpolitik im kontroversen Meinungsbildungsprozeß entwickelt bzw. legitimiert werden. Indem die Entspannungspolitik den innenpolitischen Mechanismen unterliegt, ergibt sich eine wechselseitige Bedingtheit Einerseits wirken die innenpolitischen und innergesellschaftlichen Kräfte auf die Entspannungspolitik und beeinflussen ihre Entwicklung, andererseits wirkt die Entspannung auch umgekehrt auf die innergesellschaftliche Entwicklung ein. Es genügt hier, auf die Tendenz zu verweisen, daß jener Grundwiderspruch des euro-amerikanischen Systems-verschärft wird, den Pierre Hässner diagnostiziert hat: der Widerspruch zwischen den Erfordernissen der militärischen Stabilitätswahrung und des sozialen Wandelns. Die gegenwärtige Situation scheint sich dadurch auszuzeichnen, „daß schon die Erwartungen, die durch das bloße Propagieren der Entspannungsidee geweckt werden, den Zusammenhalt zu unterminieren, ja aufzulösen drohen, der für die Aufrechterhaltung der Entspannung notwendig ist" (Nils Andren).

Das Dilemma läßt sich klären und erklären, wenn man sich an den Sachverhalt erinnert, daß Entspannungspolitik durch die Kombination von integrativen und regressiven Kon-B liktlösungselementen, von Annäherung und Abgrenzung, von Zusammenarbeit und Abchreckung gekennzeichnet ist. Deshalb ist lie interne Konsensbildung über Entspanlungspolitik ungemein schwierig; ein hohes daß an Differenzierung ist in der Einstellung ind im Verhalten gegenüber dem ideologichen und machtpolitischen Kontrahenten erorderlich. n der Ära des Kalten Krieges — mit ihren claren Fronten und eindeutig regressiven Konfliktregulierungsstrategien — war der Antikommunismus ein unkomplizierter Konsensinhalt. Der Kalte Krieg produzierte eine „Psycho-Logik", die spiegelbildlich in Ost und West Feindbilder, gegnerschaftliche Stereotypen und Vor-Urteile erzeugte und stabilisierte; ihnen widersprechende Erscheinungen wurden (sofern sie überhaupt wahrgenommen wurden) tendenziell so umgedeutet, daß sie in das Konfrontationsmuster paßten Wenn nunmehr in der Ära der Entspannungspolitik lediglich die Gemeinsamkeiten betont und die Detente zur Entente idealisiert würden, bestünde die Gefahr, daß nur eine Umkehrung des alten Interpretationsmusters erfolgte. Damit würde eine neue rigide Psycho-Logik wirksam, die nunmehr statt der prinzipiellen Feindschaft unbedingte Verständigungsmöglichkeit, Gemeinschaft, Freundschaft, Harmonie etc. stereotyp werden ließe und zur Folge hätte, daß die Antagonismen und Differenzen nicht mehr wahrgenommen bzw. entsprechende Anzeichen zugunsten eines prinzipiell positiven Bewertungsmusters umgedeutet würden. Hier wie dort handelte es sich dann um den psychologischen Mechanismus der Dissonanzreduktion, der umgangssprachlich mit den Worten beschrieben wird, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.

Daß ein solcher Umschlag von der Psycho-Logik des Kalten Krieges in eine neue Psycho-Logik keineswegs der spezifischen Kombination von Gemeinsamkeit und Gegnerschaft im Entspannungsprozeß adäquat wäre, ist offensichtlich. Inwieweit er bereits in der Praxis feststellbar ist, bleibt umstritten. Einige Politiker und Wissenschaftler glauben, in den nordamerikanischen und westeuropäischen Gesellschaften entsprechende Anzeichen erkennen zu können. Schlagworte wie >(Selbst) -Finnlandisierung" und „Kultur des Appeasements“ dienen dazu, diesen Aspekt zu kennzeichnen.

Der Begriffsinhalt von „(Selbst-) Finnlandisierung“ wird verschieden definiert. Die „Mechanismen der Selbstkontrolle" und die „vorsorgliche reflexhafte Anpassung", die mehr oder weniger zutreffend im Verhältnis Finnlands zur Sowjetunion wahrgenommen werden werden zu einem allgemeinen Muster indirekter sowjetischer Beherrschung entwikkelt Etwas differenzierter (und die finnische Realität weniger stilisierend) spricht Pierre Hässner dann von einer Finnlandisierung, wenn eine beständige Notwendigkeit besteht, eine höchst zuversichtlich-optimistische Interpretation des sowjetischen Verhaltens vorzunehmen, weil man eine beunruhigendere Interpretation nicht ertragen bzw. es sich nicht leisten kann, diejenigen Schritte zu unternehmen, die eine solche Interpretation nahelegte, d. h.der scheinbare oder bewußte Optimismus beruht auf einem tieferen oder weniger bewußten Pessimismus

Besteht derzeit oder in naher Zukunft eine so verstandene Finnlandisierungsgefahr für Westeuropa oder gar für den gesamten Westen als Begleit-oder Folgeerscheinung der Entspannungspolitik? Richard Löwenthal, der den Begriff wahrscheinlich 1966 in die Debatte eingeführt hat, hatte eine mögliche Konstellation vor Augen, die von den Warschau-er-Pakt-Staaten Mitte der sechziger Jahre angestrebt wurde: die Auflösung der NATO und den Rückzug der amerikanischen Truppen aus einem fragmentierten Westeuropa. Daß eine solche Situation heute weder besteht noch demnächst zu entstehen droht, dürfte evident sein. Zweifellos gibt es in Teilen der westlichen Gesellschaften (etwa in Kreisen der deutschen Jungsozialisten) Tendenzen, die eine . Schwächung des amerikanischen militärischen Engagements in Europa und unter bestimmten Umständen auch eine Auflösung der beiden Militärblöcke begrüßen würden. Unbestreitbar ist ferner, daß in der Anfangsphase der sozialdemokratischen Entspannungspolitik die Überlegungen über die Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems (die z. B. in der Denkschrift Bahrs von 1968 zu einer Planungsalternative entwickelt wurden Risiken in sich bargen; sie hätten eine nicht intendierte „Finnlandisierung" zumindest nicht ausgeschlossen. Schließlich ist auch die Neigung nicht zu leugnen, im innenpolitischen Kampf mit Kritikern der Entspannungspolitik die Absichten der Sowjetunion optimistischer darzustellen; Wehners These vom defensiven Charakter der sowjetischen Rüstung wurde — zu Recht oder zu Unrecht — so interpretiert Aber handlungsbestimmend für die Regierungen sind die genannten Überlegungen nicht geworden. Kein verantwortlicher Politiker des Westens betreibt die Auflösung oder Schwächung der Allianz. Sogar die Kommunistische Partei Italiens plädiert für ihren Fortbestand

Die NATO ist aus dem bisherigen Entspannungsprozeß auch nach Meinung seiner Kritiker gestärkt hervorgegangen. Durch die Europäische Politische Zusammenarbeit und die Einführung des Europäischen Währungssystems ist zugleich die Europäische Gemeinschaft weiter ausgebaut worden. Ferner hat die EG eine Magnetwirkung ausgeübt, durch die die Rückkehr Griechenlands, Portugals und Spaniens zu demokratischen Verfassungen erleichtert wurde. Der Beitritt dieser Länder zur Europäischen Gemeinschaft ist teils schon vertraglich vereinbart bzw. steht unmittelbar bevor. Nach dem Konzept der Rollendifferenzierung haben die EG und die NATO arbeitsteilig zur Stabilisierung Europas beigetragen. Und schließlich ist unter den Bedingungen der Entspannungspolitik die Tendenz zum Reformismus bei den linken Parteien Europas gestärkt und die Integration der Linksparteien in das bestehende demokratische System gefördert worden

Wenn Walter Laqueur zwar einräumt, daß ein starkes Europa die Finnlandisierung nicht zu fürchten brauche, jedoch hinzufügt: „Aber wie stark ist Europa wirklich?", so ergibt sich die Antwort aus den genannten Tatsachen; zumindest ist Westeuropa in der Ara der Entspannung nicht schwächer geworden. Und die Allianz insgesamt ist — wie oben gezeigt wurde — offensichtlich durchaus in der Lage, auf die bedrohliche Erhöhung des militärischen Potentials der Sowjetunion angemessen zu reagieren. Die Entwicklung der letzten Jahre dürfte mithin geeignet sein, George Kennans Urteil aus dem Jahre 1974 zu bestätigen „Der Ausdruck . Finnlandisierung'ist — soweit er etwas bezeichnen will, was Westeuropa in der voraussehbaren Zukunft zu gewärtigen habe — sinnlos. Das derzeitige Übergewicht der russischen konventionellen Kräfte in Europa ist zwar in der Tat eine gefährliche Anomalie, die auf jeden Fall beachtet und korrigiert werden muß. Derweil ist es jedoch unwahrscheinlich, daß Amerika im Begriff ist, seine NATO-Verpflichtungen nicht zu erfüllen oder sich von ihnen zurückzuziehen oder auch nur das Bewußtsein zu verlieren, daß die Sicherheit der europäischen NATO-Mächte in seinem Interesse liegt. Ferner ist Europa nicht so schwach, wie es vorgibt zu sein, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß es nicht wesentlich stärker sein könnte, wenn es die entsprechenden Anstrengungen machen würde. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß die Sowjetunion, selbst angesichts der derzeitigen Disparität, spezifische Forderungen an Europa unter Androhung von Gewalt richten wird, und selbst wenn sie es täte, ist es unwahrscheinlich, daß sie bereit wäre, gegen einen festen westeuropäischen Widerstand auf ihnen zu beharren."

Kennans Vermutung, das „Gerede" über Finnlandisierung spiegele eher einen Mangel an Vertrauen in die eigene Politik wider als eine Furcht vor externem Druck, ist durch die Diskussion der letzten Jahre erhärtet worden, und zwar insbesondere durch die Artikel von Norman Podhoretz die eine weite Beachtung gefunden haben und als repräsentativ für die neue politische Rechte in den USA gelten können. Podhoretz verbindet Selbstfinnlandisierung und Appeasement zu einem Gefahrensyndrom, das der Entspannungspolitik immanent sei. Er glaubt feststellen zu können, daß im Westen — in den USA und in Westeuropa — nicht nur machtpolitisch, sondern auch ideologisch-kulturell eine Anpassung an den Kommunismus vollzogen werde, die er als „Symptom der Kapitulation unserer politischen Kultur", als eine Art „geistige Kapitulation" und als „Finnlandisierung von innen her“ bezeichnet. Er beklagt die negative Einstellung zum Krieg, die in der Nach-Vietnam-Ära zu einem neuen Isolationismus in den USA geführt habe. Darunter versteht er die Einstellung, „daß die USA aufhören sollten, irgend etwas zu tun, was die Ausbreitung kommunistischer Macht und (kommunistischen) Einflusses in der Welt behindere" — eine Einstellung, die in der Förderung von Moskau unabhängiger kommunistischer Bewegungen gipfele, „using American power to make the world safe for Communism in a variety of national guises (including, in the bitter end, an American one)".

Diese Interpretation ist weit weniger eine pointierte Benennung des Entspannungskonzeptes der Liberalen — wie Hans-Peter Schwarz meint —, sondern dessen demagogische Verzerrung. Podhoretz bleibt auch jeden Beleg für seine groteske These schuldig, es sei denn, man wollte die Stilisierung Kissingers und Nixons zu „Isolationisten" tatsächlich als nicht absurd akzeptieren oder den schlagwortartigen Hinweis auf Carters Absage an eine „inordinate fear of Communism" als seriösen Beleg gelten lassen Wenn es noch eines weiteren Beweises für die Absurdität der Podhoretzschen Interpretationen bedürfte, so sollte der Hinweis genügen, daß Podhoretz die britische Appeasement-Politik der dreißiger Jahre allen Ernstes auf die inhärente Verwandtschaft von Pazifismus und Homosexualität zurückführt und eben diese Kombination als bezeichnend für das derzeitige Amerika hinstellt; damit will er seine These „belegen", daß eine „Kultur des Appeasement" Platz gegriffen habe und die Ära der Entspannung charakterisiere.

Nicht in der gesellschaftlich-politischen Realität der westlichen Staaten, sondern nur in dieser verzerrenden Beschreibung ist die Kultur des Appeasement existent; aus der Psycho-Logik des Kalten Krieges, der Podhoretz nachtrauert, wird das Gegenstück einer Psycho-Logik der Pseudo-Detente konstruiert, um dann vor den Folgen der Entspannungspolitik warnen zu können. Auch dort, wo sich der Appeasement-Vorwurf nicht durch die Homosexualitätsthese selbst hoffnungslos diskreditiert und ad absurdum führt vermag er nicht die bisherige Entspannungspolitik zu treffen. Schon 1974 hat John Herz hinreichend dargetan, daß die damalige Ost-und Entspannungspolitik keine einseitigen Zugeständnisse des „Westens" an den „Osten“ enthielt Erst recht hat die weitere, vorsichtig-behutsame Entwicklung gezeigt, daß die Allianz (einschließlich der Führungsmacht USA) strikt am Prinzip der Reziprozität und Gegenseitigkeit festhält und notfalls zur sichtbaren Erhöhung ihres Abschrekkungs-und Verteidigungsfähigkeit bereit und in der Lage ist.

Für den tatsächlichen Zustand der politischen Kultur in den USA ist aufschlußreich, daß in den letzten Jahren das amerikanische Meinungsklima das Gegenteil eines Disengagements erkennen läßt: Eine Studie des Chicago Council on Foreign Relations kommt aufgrund von Gallup-Umfragen zu dem Ergebnis daß die seit 1960 höchste Zustimmungsrate für ein wachsendes Verteidigungsbudget festzustellen ist und daß die Amerikaner ihre militärischen Beistandsverpflichtungen gegenüber Westeuropa heute mit größerer Bereitschaft erfüllen würden als vor vier Jahren; im Falle eines sowjetischen Angriffs auf Westeuropa sind heute 54 Prozent (1974: 39 Prozent) aller Amerikaner und 92 Prozent (1974: 77 Prozent) der amerikanischen Führungselite für einen Einsatz amerikanischer Truppen. Die Tendenz der USA, eine Differenzierung ihres weltweiten Engagements vorzunehmen und Prioritäten zu setzen, ist also keineswegs ein Anzeichen für ein entspannungspolitisch induziertes Appeasement. Die Warnungen vor einer Selbstfinnlandisierung und vor einem Appeasement sind nicht eine Reaktion auf den Erfolg, sondern auf die Stagnation und die Rückschläge in der Ent-Spannungspolitik, die durch die sowjetische Rüstungs-und Interventionspolitik maßgeblich verursacht wurden. Sie drücken zweifellos ein zunehmendes innenpolitisches Unbehagen und eine wachsende Skepsis gegenüber der Entspannungspolitik aus, und dadurch wird es noch schwieriger, einen internen Konsens für deren Fortsetzung zu schaffen.

Es wäre freilich — wie Stanley Hoffmann überzeugend ausgeführt hat — töricht, versuchen zu wollen, die prinzipiellen Gegner einer Entspannungspolitik in diesen Konsens einzubeziehen („to appease the tough new Right"). Sieht man indes von den beiden Extremen — den Entspannungseuphorikern und den prinzipiellen Entspannungsgegnern — ab, so scheint das politische Meinungsklima in den USA und in Westeuropa einen Konsens der Mitte über ein realistisches Entspannungskonzept, das eine flexible Kombination aus Annäherung und Abschreckung beinhaltet, nicht auszuschließen. Denn die Möglichkeiten und vor allem die Grenzen intersystemarer Vereinbarungen sind (wie die jünsten Umfragen zeigen) inzwischen ins öffentliche Bewußtsein gedrungen.

Ob ein solcher Konsens auch transnational (d. h. zwischen den gesellschaftlichen Gruppen der Allianzstaaten) erreichbar ist, ist mehr als fraglich. Der ehemalige euro-amerikanische transnationale Konsens des Kalten Krieges ist zwar bei den am Ostgeschäft interessierten Wirtschaftskreisen (ungeachtet der Konkurrenzsituation) zu einem entspannungspolitischen Konsens umgeformt worden. Diese Wirtschaftsgruppen sind in allen westlichen Staaten gewichtige gesellschaftliche Stützen der Entspannungspolitik. Aber bei den Gewerkschaften hat die Entspannungspolitik zu einem Bruch zwischen den europäischen Verbänden und der AFL/CIO (die zu den scharfen Kritikern der Entspannungspolitik gehört) geführt. Dieser transnationale Dissens ist für die gemeinsame westliche Koordinierung des Entspannungsprozesses ein ernsthaftes Hemmnis, dessen Beseitigung geduldiger Bemühungen bedarf

IV. Zusammenfassung und Ausblick

Entspannung ist ihrem Wesen nach ein dynamisches Konzept zur Organisation der Ost-West-Beziehungen, die durch scharfe Gegensätze geprägt sind, aber auch gemeinsame Interessen kennen. Das situationsadäquate Mischungsverhältnis zwischen notwendiger Abschreckung und möglicher Zusammenarbeit ist und war auch im letzten Jahrfünft Gegenstand kontroverser und mühsamer Verhandlungen. Inmmerhin ist — so kann man zusammenfassend konstatieren — zwischen den atlantischen und westeuropäischen Staaten ein entspannungspolitischer Basiskonsens entstanden, dessen Konkretisierung trotz der genannten Schwierigkeiten nicht ohne Erfolg versucht worden ist. Politisch hat sich die Allianz in diesem komplizierten Prozeß bewährt. Die Unterstützung des Verhandlungsergebnisses von SALT II durch die westeuropäischen Staaten manifestiert, daß die Einbettung der bilateralen amerikanisch-russischen Verhandlungen in einen intensiven atlantischen Konsulationsprozeß — unter Nutzung verschiedener Ebenen und Gremien — effektiv möglich ist.

Die bisherigen Koordinierungs-und Steuerungserfolge verbürgen freilich nicht eine künftige Gemeinsamkeit. Die Erosionsgefahr durch Bilateralismen und nationale Sonderpolitiken gegenüber der Sowjetunion ist stets latent, obwohl sie meistens ungebührlich aufgebauscht wird. Die (oft nur fiktiven) Kandidaten einer solchen Politik wechseln wie die Gezeiten der Entspannungspolitik. Mal sind es die USA, denen die Bereitschaft zur Errichtung eines amerikanisch-russischen Kondominiums unterstellt wird. Mal richtet sich das Augenmerk auf Frankreich; die von de Gaulle begründete und von seinem Amtsnachfolgern fortgesetzte Praxis regelmäßiger Konsultationen mit der Sowjetunion sowohl auf höchster Ebene als auch in französisch-russischen Kommissionen und die nicht seltene Abseitsstellung Frankreichs in der Allianz werden bisweilen als Anzeichen für ein französisch-russisches Sonderverhältnis gewertet — zumal dann, wenn russischerseits die „traditionell privilegierten Verbindungen" hervorgehoben werden Joch häufiger wird die Bundesrepublik eutschland als Kandidat für ein Sonderver-tältnis mit der Sowjetunion genannt. Spekuationen über die deutsche Ostpolitik und iber die Bereitschaft der Sowjetunion, „die leutsche Karte zu spielen" werden zu ei-em Fixierbild zusammengefügt, in dem man lie vagen Umrisse des Gespenstes von Ra-allo zu erkennen glaubt. Mannigfache Trans-usionen sind (wie bereits in den Jahren 1952 ind 1955) Anfang der siebziger Jahre und in ler Gegenwart versucht worden, um es mit „eben zu erfüllen und dann bekämpfen zu cönnen.

5o verwies Hans J. Morgenthau 1973 darauf, laß einst Chruschtschow gegenüber Paul-Henri Spaak die Überzeugung geäußert habe, es werde unvermeidlich eines Tages ein neues rapallo-ähnliches Arrangement zwischen Deutschland und der Sowjetunion zustande kommen Derzeit spielen die Hinweise auf ein angeblich besonders zuvorkommendes Verhalten der sowjetischen Führung gegenüber der Bundesrepublik oder umgekehrt auf angebliche Wohlverhaltensversprechen der Bundesregierung gegenüber Moskau, -die diversen Ostreisen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Wehner und des SPD-Geschäftsführers Bahr eine ähnliche Rolle. Bahrs fragwürdige Vision eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems, Wehners Drängen auf neue westliche Initiativen bei den Wiener Verhandlungen, William Borms (FDP) Forderung, die Bundesrepublik müssen neben den USA „der Hauptmotor und Hauptträger der Entspannungspolitik im westlichen Bündnis" sein, und Wehners hypothetische Annahme, „irgendwann einmal"

werde man vielleicht eine Konföderation oder Wirtschaftsgemeinschaft zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vorschlagen können, sind die inhaltlichen Anhaltspunkte in der innenpolitischen Debatte und in Teilen der ausländischen Presse

Genauer und in ihrem Kontext betrachtet, liefern die inkriminierten Zitate und Indizien keine Beweise für ein deutsches Streben nach einem Sonderverhältnis mit der Sowjetunion, sondern für das besondere Interesse der Bundesrepublik an der Entspannungspolitik im üahmen des Bündnisses. Auch sind sich alle ernst zu nehmenden Beobachter im Grunde darüber, einig, daß die Rapallo-Analogie wegen der völlig andersartigen internen und internationalen Konstellationen in Gegenwart und überschaubarer Zukunft unzutreffend ist; trotzdem dürfte das Rapallo-Gespenst auch künftig beschworen werden. Auch unausgesprochen scheint diese Assoziation präsent zu sein. So begründet kein Geringerer als George Ball seine Voraussage, im Fall eines Scheiterns von SALT II würde die westliche Einheit auseinanderbrechen, mit dem Argument „Eine Nicht-Ratifikation würde insbesondere in Bonn eine neue und gefährliche Wiederauflage der Ostpolitik stimulieren, eine Spaltung der westlichen Diplomatie. Dabei würden die Westdeutschen ihre eigene einseitige Sehnsucht nach Entspannung weiterverfolgen." Realistischer als solche Vermutungen über deutsche Sonderaktionen ist eine andere Gefährdung des Bündnisses im Falle der Nicht-Ratifikation von SALT II, auf die US-Botschafter Korner nachdrücklich aufmerksam gemacht hat „Denn scheitert dieses Vorhaben, so müßte Amerika in denakommenden Jahren zusätzlich dreißig Milliarden Dollar für die Entwicklung neuer Fernwaffensysteme (Central Strategie Systems) aufwenden. Diese Mittel fielen bei der derzeitigen und vorauszusehenden Haushaltslage dann für die Erfüllung der vordringlichen Aufgaben der Allianz aus." In ähnlichem Sinne hat Präsident Carter wiederholt von den negativen Wirkungen gewarnt, die ein unkontrolliertes Wettrüsten auch für die Verbündeten erzeugte. Aber auch für den Fall, daß SALT II in Kraft tritt, wird die westliche Gemeinsamkeit in der Entspannungspolitik einem harten Test ausgesetzt werden. Denn bei SALT III dürfte sich herausstellen, daß es für das Problem der Grauzonenwaffen keine befriedigende Antwort gibt. Einerseits ist das Ziel einer euro-strategischen Parität nicht erreichbar, andererseits könnte auf dem Wege dorthin entgegen aller Absicht gerade jene Gefahr real werden, die unbedingt vermieden werden muß, nämlich die sicherheitspolitische Abkopplung Westeuropas von der strategischen Abschreckungsmacht der USA Davon abgesehen, sind die allianzinternen Differenzen schon jetzt manifest: Die strikte Weigerung Frankreichs und die deutliche Zurückhaltung Großbritanniens, ihre jeweiligen Nuklearwaffen in Rüstungsbegrenzungsgespräche einbeziehen zu lassen, machen eine gemeinsame Verhandlungsstrategie bereits im Ansatz unmöglich (s. oben). Eine Konferenz über Abrüstung in Europa (die von Frankreich 1978 vorgeschlagen und über die seither in der Allianz — und auch in Guadeloupe — mit positiver Resonanz beraten wurde) wäre kaum geeignet, einen Ausweg aus dem absehbaren Dilemma zu bieten. Sie würde zwar die MBFR-Verhandlungen sinnvoll ergänzen, insbesondere durch die Teilnahme Frankreichs und durch die geographische Erweiterung bei vertrauensbildenden Maßnahmen. Da sie aber mit Sicherheit auf den konventionellen Rüstungssektor beschränkt bliebe, kann sie nicht die französische Abseitsstellung bei SALT III kompensieren

Es muß'also davon ausgegangen werden, daß die Allianz bei SALT III ebenso wie bei MBFR bestenfalls eine Aktionseinheit minus eins erreichen kann. Und da eine Vereinbarung über Grauzonenwaffen oder Truppenreduzierung sicherheitspolitisch nur dann sinnvoll ist, wenn die Abschreckungsverknüpfung zwischen den USA und Westeuropa bestehen bleibt, ist der Zusammenhalt der militärischen Allianz für die entspannungspolitische Annäherung und Konfliktregulierung weiterhin von essentieller Bedeutung. Anders ausgedrückt: Da intersystemare militärpolitische Vereinbarungen mit positiver Sicherheitsund Stabilisierungswirkung nur unter der Voraussetzung enger atlantischer und westeuropäischer Beziehungen erreichbar erscheinen, müssen diese Beziehungen militärisch und politisch intensiviert sowie wirtschaftlich und kulturell abgestützt werden

Entspannungspolitik zielt darauf ab, den Ost-West-Konflikt in Europa durch Rüstungsbegrenzung und Kontrollvereinbarungen auf militärischem Gebiet und durch integrative Prozesse in anderen Bereichen zu dämpfen, zu regulieren und in einen friedlichen Wettbewerb zu transformieren. Dem entspricht folgendes Beziehungsmuster als Orientierungswert: 1. Engste Beziehungen auf allen Ebenen und in allen Bereichen zwischen den euro-amerikanischen Staaten und Gesellschaften;

2. ein vergleichsweise niedriger Beziehungsgrad zwischen den beiden Allianzen im militärischen Bereich;

3. mannigfache engere Beziehungen zwischen den Staaten und Gesellschaften der beiden Allianzen in den nicht-militärischen Bereichen. Ein derartiges Beziehungsmuster dürfte wünschenswert und zugleich (wenn auch mit den genannten Schwierigkeiten) realisierbar sein. Die Entwicklungen auf den drei Ebenen sind aufeinander bezogen und können sich wechselweise beeinflussen. Militärische Vereinbarungen können engere Wirtschaftsbeziehungen fördern und umgekehrt können engere Wirtschafts-und Kulturbeziehungen weitere vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich begünstigen. In jedem Fall werden auch künftig die Erhaltung und die Stärkung der Beziehungen zwischen den atlantischen und westeuropäischen Staaten und Gesellschaften — die Regulierung ihrer Konkurrenzen und die Koordinierung ihrer Politik — die primäre Voraussetzung für einen Ausgleich zwischen Ost und West sowie für eine Friedensordnung in Europa sein.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. zum folgenden ausführlicher: Werner Link, Überlegungen zum Begriff „Konflikt" in den internationalen Beziehungen — Versuch einer Begriffserklärung, in: Politische Vierteljahresschrift, 20. Jg., 1979, S. 33— 50. Da sich dort auch die genauen Literaturverweise befinden, kann hier auf sie verzichtet werden.

  2. Ole R. Holsti, P. Terrence Hopman und Job D. Sullivan, Unity and Disintegration in Intern: tional Alliances: Comparative Studies, New Yoi u. a. 1973.

  3. Für die Unterstützung bei der Materialsuc bin ich meinem wissenschaftlichen Mitarbeit Anton Viehbeck, M. S., zu Dank verpflichtet.

  4. Siehe dazu Hans-Peter Schwarz, Europäische Sicherheitskonferenz: Ein nützliches Konzept der Entspannungspolitik?, in: Hans-Peter Schwarz und Helga Haftendorn (Hrsg.), Europäische Sicherheitskonferenz, Opladen 1970, S. 119 ff., und Werner Link, Gegenseitige Abschreckung oder schrittweise Entspannung?, in: Willi Weyer (Hrsg.), Konflikte — Friedensforschung — Friedenspädagogik, Essen 1973, S. 93 ff.

  5. Pierre Hässner, Die amerikanische Weltmacht und die westeuropäischen Mächte, in: Karl Kaiser und Hans Peter Schwarz (Hrsg.), Amerika und Westeuropa, Stuttgart und Zürich 1977, S. 311.

  6. Hans-Peter Schwarz, Das atlantische Sicherheitssystem in einer Ära ohne große Alternativen, in: Karl Kaiser und Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Amerika und Westeuropa (s. Anm. 6), S. 184.

  7. Hanns-Jürgen Küsters, Die außenpolitische Zusammenarbeit der Neun und die KSZE, in: Helga Haftendorn, Wolf-Dieter Kark, Joachim Krause und Lothar Wilker (Hrsg.), Verwaltete Außenpolitik, Köln 1978, S. 85— 98 (hier S. 86). Vgl. auch die diversen Studien von Reinhardt Rummel zur EPZ.

  8. Hans-Peter Schwarz, Zwischenbilanz zur KSZE, Stuttgart-Degerloch 1977, S. 31.

  9. Klaus Ritter, Zur Weiterentwicklung der Ost-West-Beziehungen: Der konzeptionelle Spielraum, in: Karl Kaiser und Hans-Peter Schwarz (Hrsg), Amerika und Westeuorpa (s. Anm. 6), S. 204 ff.

  10. Vgl. u. a. Richard Davy, No Progress at Belgrad, in: The World Today, vol. 34, April 1978, S. 128-135.

  11. Siehe z. B. die Kritik des französischen Staats-präsidenten Giscard d'Estaing an der Verletzung des entspannungspolitischen Verhaltenskodexes durch Präsident Carter; vgl. Newsweek, 25. 7. 1977; International Herald Tribune, 23. /24. 7. 1977; J. L. S. Girling, Carter's Foreign Policy: Realism or Ideology?, in: The World Today, vol. 33, November 1977, S. 417— 424.

  12. Zu diesem Schluß kommen .selbst Kritiker wie Hans-Peter Schwarz, Die Alternative zum Kalten Krieg? Bilanz der bisherigen Entspannung, in: Hans-Peter Schwarz und Boris Meissner (Hrsg.), Entspannungspolitik in Ost und West, Köln u. a. 1979, S. 296,

  13. Siehe u. a. Uwe Nerlich, Zwischen Verteidi-gungs. und Verhandlungspolitik: Zur Auseinanersetzung über die sogenannten „Neutronenwaffen", in: Stiftung Wissenschaft und Politik (Hrsg.), Polarität und Interdependenz, Baden-Baden 1978, S. 187— 202.

  14. Archiv der Gegenwart, 1. 6. 1978, S. 21812.

  15. Zum Versuch einer theoretischen Klärung vgl Werner’ Link, Procedures and Outcomes of De tente Policy, Washington, D. C., 1974.

  16. Vgl. z. B. die jüngsten Reden von Präsiden Carter und Bundeskanzler Helmut Schmidt.

  17. So insbesondere im Zusammenhang mit de: Debatte über SALT II; vgl. u. a. Jan Reifenberg Die Drohung von Easton, in: FAZ, 10. 2. 1979.

  18. Helmut Sonnenfeld, Das Junktim als Strategi gegen sowjetischen Antagonismus, in: NATO Brief, Nr. 1/1979, S. 3 ff.

  19. Uwe Nerlich, Western Europe's Relations with the United States, in: Daedalus, vol. 108, Winter 1979, S. 87- 111; Pierre Hässner, Western ^wopean Perceptions of the USSR, ebd., S. 113-

  20. Presse-und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Bulletin Nr. 112. 8. 11. 1977, S. 1015.

  21. Siehe u. a. die Antwort der Bundesregierung auf die Großen Anfragen der Fraktionen der SPD und FDP und der Fraktion der CDU/CSU vom 16. 2, 1979 (s. Anm. 63), S. 11, sowie Bundeskanzler Schmidts Harvard-Rede am 5. Juni 1979.

  22. Interview Wehners im Sender RIAS, zit. nach FAZ, 9. 3. 1979.

  23. Deutscher Bundestag, 8. Wahlperiode, Stenographischer Bericht, 141. Sitzung (8. 3. 1979), und 142. Sitzung (9. 3. 1979), insbes. S. 11245 ff. und S. 11187.

  24. Ebd., S. 11129.

  25. Adelbert Weinstein in: FAZ, 8. 3. 1979.

  26. FAZ, 10. 3. 1979 („Die Rede des Bundeskanzlers entspricht den Vorstellungen des Weißen Hauses").

  27. Vgl. Robert McGeehan, American Policies and the US-Sovjet Relationship, in: The World Today, vol. 34, September 1978, S. 346 f.

  28. Vgl. die Ausführungen von Thankmar von Münchenhausen, Giscards afrikanische Strategie, in: FAZ, 24. 1. 1978; siehe auch FAZ, 31. 5. 1978 (Hilfe für afrikanische Staaten — Vereinbarung zwischen Washington und Paris) (Geborgen unter den Fittichen von Paris).

  29. Zur Genese und zum Inhalt vgl., NATO-Brief, Nr. 3/1978 (insbes. die Ausführungen von Röber W. Komer). Zur bisherigen Umsetzung siehe die Ausführungen von Bundesverteidigungsminister Apel in Brüssel am 15. 5. 1979; FAZ, 16. 5. 1979.

  30. FAZ, 23. 4. und 1. 6. 1979; Die Zeit, 1. 6. 197, 9.

  31. Siehe u. a. North Atlantic Assembly, Economic Committee, General Report on Atlantic Economic Questions, September 1977 (bes. S. 6 ff.), sowie The Atlantic Council of the United States, Policy Papers, Harmonizing Economic Policy: Summit Meetings and Collective Leadership, 1977; speziell zum Problem der Renationalisierung siehe Werner Link und Werner Feld (eds.), The New Nationalism, New York u. a. 1979.

  32. Vgl. u. a. Jahresbericht des amerikanischen Verteidigungsministers Brown für das Haushaltsjahr 1980 vom 25. 1. 1979, in: Amerika-Dienst, 7. 2. 1979, S. 8.

  33. Kurt Becker, Die Vier im Dickicht, in: Die Zeit, 12. 1. 1979, S. 3, und FAZ, 6. 1. 1979.

  34. Siehe u. a. Nina Grünenberg, Ein Mann rettet die Türkei, in: Die Zeit, 15. 6. 1979, S. 9— 11.

  35. Vgl. zum folgenden die Beiträge von Uwe Nerlich, Pierre Hässner und Nils Andren in: Nils Andren und Karl E. Birnbaum (eds.), Beyond Detente: Prospects of East-West Co-operation and Security in Europe, Leyden 1976.

  36. Charles E. Osgood, Wechselseitige Initiative, n: Ekkehard Krippendorff (Hrsg.) FriedensforsChung, Köln und Berlin 1970, S. 357- 392.

  37. Vgl. u. a.: „Finnlandisierung" — ein Vorwurf?, in: Neue Zürcher Zeitung, 25. /26. 3. 1979, S. 1.

  38. Vgl. Walter Laqueurs Ausführungen in: Die Welt, 29. /30. 7. 1978.

  39. Pierre Hässner, Western European Perceptions of the USSR (s. Anm. 21), S. 114.

  40. Das Dokument (Der Leiter des Planungsstabes, PL-82. 01/0223/68) ist abgedruckt in der Illustrierten Quick, 27. 9. 1973.

  41. Siehe die Berichterstattung in der FAZ und in anderen Tageszeitungen im März und April 1979 sowie die o. g. Bundestagsdebatten (Anm. 25).

  42. Interview des italienischen KP-Chefs Berlinguer vom 7. 5. 1979, zit. in: Süddeutsche Zeitung, 8. 5. 1979, S. 7.

  43. Vgl. Cesare Merlini, Die Herausforderung der Linken in Europa, in: Europa-Archiv, 34. Jg., Nr. 7, 1979, S. 199— 210.

  44. George F. Kennan, Europe’s Problems, Euro-pe’s Choices, in: Foreign Policy, No. 14, Spring 1974, S. 16.

  45. Norman Podhoretz, Making the World Safe for Communism, in: Commentary, vol. 61, April 1976, S. 31— 41; ders., The Culture of Appeasement, in: Harper's, vol. 225, No. 1529, October 1977, S. 25— 32.

  46. Hans-Peter Schwarz, Die Alternative zum Kalten Krieg (s. Anm. 14), S. 303.

  47. Podhoretz reißt diese vier Wörter aus ihrem Zusammenhang; Präsident Carter hatte in seiner Rede vor der Universität von Notre Dame am 22. 5. 1977 ausgeführt: „Being confident of our own future, we are now free of that inordinate fear of Communism which once led us to embrace any dictator who joined us in our fear." (IHT, 30. 5. 1977, S. 6).

  48. so z. B D. in ‘ den Appeasement-Vorwürfen des einflußreichen Journalisten Joseph Alsop oder der konservativen Gruppen „Frieden durch Stärke" un „Committee on the Present Danger"; siehe dazu u. a.: Andreas Kohlschütter, Amerika und

  49. John H. Herz, Detente and Appeasement from a Political Scientist’s Vantage Point, in: ders., The Nation-State and the Crisis of World Politics; New York 1976, S. 279— 289. Vgl. auch ders., Sinn und Sinnlosigkeit der Beschwichtigungspolitik, in: Politische Vierteljahresschrift, 5. Jg., 1964, S. 370— 389.

  50. John E. Rielly, The American Mood: A Foreign Policy of Self-Interest, in: Foreign Policy, No. 34, Spring 1979, S. 74— 86; vgl. Die Zeit, 23. 3. 1979, FAZ, 14. 3. und 30. 3. 1979.

  51. Stanley Hoffmann, A. View from at home; The Perils of Incoherence, in: Foreign Affairs, Vol. 57, 1979, S. 490.

  52. Siehe Werner Link, Deutsche und amerikanische Gewerkschaften und Geschäftsleute 1945 bis 1975, Düsseldorf 1978.

  53. Siehe FAZ, 30. 4. 1979 Nettigkeiten bei Giscards Moskau-Besuch), und The Economist, 5. 5. 1979 (France und Russia — Best of the West), sowie L. Hubert-Rodier, Die französisch-sowjetischen Beziehungen im Zeichen der Kontinuität, in: Französische Botschaft Bonn (Hrsg.), Informationsblätter, 28. Jg., November 1978, S. 7.

  54. Ein solcher Argwohn scheint sogar auf dem Vierer-Gipfel in Guadeloupe aufgrund einer entsprechenden Äußerung von Premierminister Callaghan eine Rolle gespielt zu haben; siehe den Bericht von Kurt Becker (Anm. 35).

  55. Hans J. Morgenthau, The United States and. Europe in a Decade of Detente, in: Wolfram F. Hanrieder (ed.), The United States and Western Europe, Cambridge, Mass., 1974, S. 7.

  56. Aus der Fülle der Quellen seien nur einige Belege genannt: Fritz Ullrich Fack, Die Sandkastenspiele des Egon Bahr, in: FAZ, 11. 9. 1979. -Bahr: Bündnisse haben keinen Ewigkeitswert, in:

  57. IHT, 11. 5. 1979, zit. nach Dr. Alois Mertes, MdB, in: FAZ, 19. 5. 1979 (Leserbrief).

  58. Gespräch mit Adalbert Weinstein, in: FAZ, 5. 5. 1979.

  59. Heinz Stadlmann, Westeuropa muß seinen Standpunkt zu „SALT III“ erst erarbeiten, in: FAZ, 19. 1. 1979. — Christoph Bertram, Mißverständnisse und leere Hoffnungen, in: FAZ, 13. 3. 1979. — David Watt, The European Initiative, in: Foreign Affairs, vol. 57, 1979, S. 586.

  60. Französische Botschaft Bonn (Hrsg.), Informationsblätter, 28. Jg., Mai 1978, S. 1. — Antwort der Bundesregierung auf die Großen Anfragen der Fraktionen der SPD und FDP und der Fraktion der CDU/CSU, Deutscher Bundestag, 8. Wahlperiode, Drucksache 8/2587, 16. 2. 1979, S. 29. — Rede Außenminister Genschers vor den Kommandeuren der Bundeswehr am 3. 5. 1979 (FAZ, 4. 5. 1979).

  61. Zu den verschiedenen Beziehungsbereichen und ihrem Zusammenhang vgl. Ernst-Otto Czem piel und Dankwatt A. Rüstow (eds.), The Euro-American System, Frankfurt und Boulder 1976.

Weitere Inhalte

Werner Link, geb. 1934, Dr. phil., Professor der Politikwissenschaft (Internationale Beziehungen/Außenpolitik) an der Universität Trier; z. Z. Kuratoriumsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Friedens-und Konfliktforschung und Vorsitzender der europäischen Sektion des Committee on Atlantic Studies. Veröffentlichungen u. a.: Deutsche und amerikanische Gewerkschaften und Geschäftsleute 1945— 1975. Eine Studie über transnationale Beziehungen, Düsseldorf 1978; (zusammen mit Manfred Knapp, Hans-Jürgen Schröder und Klaus Schwabe) Die USA und Deutschland 1918— 1975, München 1978; (zusammen mit Werner Feld) The New Nationalism, Implications for Transatlantic Relations, New York 1979; Schriftsteller und Politik in Deutschland, Düsseldorf 1979.