Die Ausführungen Felix von Cubes zeigen mir, daß es in einer großen Zahl von Fragen ein erfreuliches Maß an Übereinstimmung gibt. Einige Bemerkungen jedoch kann ich zwar als spontane Äußerungen eines engagierten Menschen respektieren, sehe jedoch kaum einen Bezug zu meinen Ausführungen. So habe ich weder gefordert, Galilei noch einmal zu verurteilen, noch die Wissenschaft
Der einzige Satz, auf den von Cube bei diesen seinen Vermutungen hinweisen kann, ist das Zitat von Karl Jaspers gegen Ende meiner Ausführungen. Tatsächlich handelt es sich jedoch_auch hier um ein Mißverständnis. Wenn Karl Jaspers erklärt, daß es unmöglich sei, daß dem Menschen die Transzendenz verlorengeht, ohne daß er aufhört Mensch zu sein, so ist diese Feststellung, wie auch der Zusammenhang, in dem ich sie zitiere, zeigt, nicht auf den einzelnen Menschen gemünzt, sondern auf die Menschheit insgesamt. Es wird also keineswegs bestritten, daß es humane Atheisten gibt, sondern nur behauptet, daß eine atheistische Gesellschaft zur Inhumanität tendiert. Im übrigen verstehe ich, nicht, warum von Cube gegen den Begriff des Methodischen Atheismus polemisiert. In meinen Ausführungen behaupte ich nirgends, daß Wissenschaftler grundsätzlich Atheisten seien, sondern nur, daß die Wissenschaften jeweils so vorgehen, als ob es keinen Gott gäbe. Dies jedoch ist exakt Methodischer Atheismus.
Da ich in einer kurzen Erwiderung nicht auf alle Punkte der Ausführungen von Cubes eingehen kann, bitte ich, dessen Stellungnahme jeweils mit meinen Ausführungen zu vergleichen. Außerdem weise ich ergänzend nochmals auf die von mir mitverfaßte umfassende Analyse der wissenschaftlich-technischen Welt hin, die den geistigen Gesamtzusammenhang aufweist 1). Zu zwei zentralen Fragenkomplexen möchte ich jedoch kurz Stellung nehmen: 1. Felix von Cube überschreibt seine Ausführungen mit dem Satz: „Nicht Wissenschaft und Atheismus sind inhuman, sondern dogmatische Ansprüche." In seinen Ausführungen spricht er mehrmals von religiösen Ideologien und erklärt u. a.: „Jedes Dogma führt zur Mißachtung Andersdenkender und zur Diktatur der . Rechtgläubigen'." Da Herr von Cube von der Religion nur im Zusammenhang mit Ideologie spricht, gewinnt man den Eindruck, als sei Religion eine Art von Ideologie. Dabei beachtet er jedoch nicht, daß Ideologien in ihrem eigenen Selbstverständnis wissenschaftlich beweisbar sind und daher nicht nur Anspruch auf Wahrheit erheben, sondern darüber hinaus zu der Auffassung neigen, daß nur Uneinsichtige oder Bösartige ihnen die Anerkennung verweigern. Im Gegensatz dazu sind einige Religionen, insbesondere das Christentum, zwar von ihrer Wahrheit überzeugt, behaupten jedoch nicht, den Inhalt ihrer Glaubensbekenntnisse stringent beweisen zu können. Daher gestehen sie jedem Achtung zu, der sich ihnen, seiner eigenen Gewissensentscheidung folgend, nicht anschließt. Die Texte des II. Vatikanischen Konzils zeigen, daß ein Wahrheitsanspruch nicht zwangsläufig mit Intoleranz verbunden sein muß. Hier geht es um ein Grundproblem der Gegenwart, um die Gewinnung einer Position, die weder einer allgemeinen Relativierung Vorschub leistet, noch einem intoleranten Absolutheitsanspruch gleichkommt. Wie ich in meiner Be-• gründung zu These 7 ausgeführt habe, bedarf auch eine pluralistische Konzeption der Gesellschaft einer klaren Entscheidung über die Basis ihrer Toleranz. Leider hat von Cube hierzu kaum etwas gesagt, sondern statt des-sen erklärt, daß er mir mein „Toleranzversprechen nicht abnehmen" kann. Die Spannung, die zwischen der Idee der Menschenrechte und dem Gedanken der Volkssouveränität besteht, läßt sich nicht so einfach mit dem Hinweis vom Tisch wischen, „daß Menschenrechte und Demokratieprinzip nach dem Grundgesetz durch keine Mehrheit geändert werden können". Selbstverständlich ist das im Sinne positivistischen Denkens formal unbestreitbar. Aber was antwortet von Cube jenen Gruppen, die der Mehrheit des Jahres 1948 das Recht bestreiten, in ein Grundgesetz unwiderrufliche Bestimmungen zugunsten der Menschenrechte aufzunehmen, die die Souveränität der Mehrheit des Jahres 1980 beschränken und es ihr z. B. verwehren, Abtreibungen völlig freizugeben? Bei dieser Frage beginnt doch erst das Problem.
Angesichts solcher Dokumente verstehe ich nicht, daß Herr von Cube meine Feststellung, daß ein Teil der Untaten des Dritten Reiches „nicht primär der spezifischen Ideologie . . ., sondern der Menschenverachtung der vom Methodischen Atheismus geprägten modernen Wissenschaften zugeschrieben werden müsen", für „zu grotesk" hält, „um darauf weiter einzugehen". Auch meine Bemerkung, daß die Tendenz der absoluten Verfügung über den Menschen bis zum heutigen Tag in den Wissenschaften wirksam bleibt, halte ich angesichts der angeführten Beispiele voll aufrecht.