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Politische Bildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit Stellungnahme zu dem Beitrag von Klaus-Peter Hufer | APuZ 19/1979 | bpb.de

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APuZ 19/1979 Artikel 1 vPraxisschock" in der politischen Bildung -am Beispiel einer Kreisvolkshochschule Politische Bildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit Stellungnahme zu dem Beitrag von Klaus-Peter Hufer Sozialisation durch die Hochschule

Politische Bildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit Stellungnahme zu dem Beitrag von Klaus-Peter Hufer

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Zusammenfassung

In dieser Stellungnahme zu dem Erfahrungsbericht von K. -P. Hufer wird danach gefragt, worauf die von Hufer unterstellte „Ohnmacht des Praktikers" zurückzuführen ist. Wenn die im Studium angenommenen — theoretisch fundierten — Leitziele der Politischen Bildung sich in der Praxis als schwer realisierbar erweisen, so dürfte dies damit Zusammenhängen, daß sie nicht als Annäherungswerte verstanden werden und daß sie die Komplexität gesellschaftlicher Strukturen nicht hinreichend berücksichtigen. Mittels der geforderten Handlungsorientierung möchte man sich von einer Politischen Bildung abheben, wie sie in der Vergangenheit vertreten worden ist, jedoch verhindert die Rigidität der Urteilsmaßstäbe vielfach, daß eine durchaus berechtigte Kritik an politischen Entscheidungsprozessen wirksam werden kann. Die unvermittelte Konfrontation von theoretischer Zielsetzung und politischer Alltagswirklichkeit läßt aus dem Blick geraten, wo Politische Bildung vornehmlich wirksam werden könnte: in Fragen des politischen Stils. Angesichts des politischen Klimas der Bundesrepublik, der beobachtbaren Polarisierungstendenzen, der „Verwilderung der Argumente" erscheint die Behandlung dieser Fragen besonders geboten. Die genannte Polarisierung geht auch zu Lasten der Politischen Bildung und verführt zu Restriktionen. Wenn diese kritisiert werden, ist aber auch zu fragen, inwieweit sie durch eine realitätsblinde Vorgehensweise der Politischen Bildung provoziert worden sind. Worauf es ankäme, wäre, so viele Bürger eines Gemeinwesens wie möglich zu befähigen, ihre Optionen mit abgewogenen Situationsentscheidungen begründen und gegenüber Überredungskünsten und Meinungsmanipulationen Widerstand leisten zu können. Möglichst viele Bürger erreichen kann Politische Bildung aber nur, wenn sie die Orientierungsmuster, die ihre Adressaten mitbringen, nicht ignoriert oder gar diskriminiert, sondern wenn sie von ihnen in ihrem Argumentationsangebot ausgeht.

Quellen der Ohnmacht

Wohl selten ist in der „Beilage" zum „Parlament" so nachhaltig und deutlich von der „Ohnmacht des Praktikers" in der Politischen Bildung gesprochen worden wie in dem Beitrag von Klaus-Peter Hufer.

Vor allem werden zwei Quellen der Ohnmacht angesprochen: zum einen der Wider-stand, der aus Politik und Verwaltung profilierten Intentionen der Politischen Bildung entgegengehalten wird, zum anderen die Art der Vorbereitung auf eine Tätigkeit in der Politischen Bildung, sowie die Art der Unterstützung, die Politische Bildung durch die Wissenschaft erfährt. Zwischen diesen beiden Schwierigkeiten, mit denen der in der Politischen Bildungspraxis Stehende zu tun hat, besteht, so scheint mir, ein Zusammenhang. Ihn aufzudecken, bietet zugleich die Möglichkeit, einige der Beurteilungen in dem voraufgehenden Beitrag auszuweiten, einige aber auch einzugrenzen. Einer entsprechenden öffentlichen Diskussion kommt exemplarische Bedeutung zu, denn Ohnmacht und Kritik, die in der Darstellung des Verfassers Ausdruck fin-den, können kaum als zufällig und subjektiv abgetan werden. Sie verweisen vielmehr auf weit verbreitete Empfindungen, die das Potential außerschulischer Politischer Bildung beeinträchtigen, wenn sie nicht reflektiert und auf ihren realen Gehalt hin befragt werden.

Die Ohnmacht, die hier artikuliert wird, geht offensichtlich auf ein Leiden an den institutioneilen Bedingungen zurück. Das klingt sehr abstrakt. Aber eine solche abstrakte Formulierung erscheint deshalb angebracht, weil die konkrete Darstellung der Probleme den Eindruck erweckt, als handele es sich um eine Misere, in der sich speziell kommunale bzw. kreiszugehörige Volkshochschulen befinden. Genau besehen ist die Lage bei Volkshochschulen mit vereinsrechtlichem Status aber durchaus ähnlich. Darüber hinaus kann man sagen, daß die signalisierten Strukturprobleme auch bei anderen Einrichtungen außerschulischer Politischer Bildung, selbst bei Heimbildungsstätten, im Prinzip in gleicher

Weise, wenn auch in jeweils spezifischen Varianten auftreten Der Entscheidungsspiel-raum der Mitarbeiter in der außerschulischen Politischen Bildung erweist sich allenthalben als nicht beliebig ausschöpfbar. Nicht nur Träger setzen hier Grenzen. Auch die Ansprechbarkeit potentieller Teilnehmer ist begrenzt. Indes: wenn wir fragen müssen, wie diese Grenzen begründet werden bzw. wodurch sie bedingt sind, dann ist dies nicht ein Zeichen für die Gefährdung oder gar die Unmöglichkeit Politischer Bildung, sondern eine ihrer Voraussetzungen. Entsprechende Fragen sind selbst Bestandteil Politischer Bildung.

Inwieweit ist die von Hufer geschilderte Situation symptomatisch oder gar repräsentativ? Er stellt, soweit demographische Daten angeführt werden, Arbeitsbedingungen heraus, die für regional arbeitendie Volkshochschulen kennzeichnend sind. Es ist auch richtig, daß alles, was über Erwachsenenbildung geschrieben wird, meist günstigere städtische Arbeitsbedingungen unterstellt. In der Literatur wird gemeinhin ein überschaubareres Rekrutierungsfeld angenommen, als es in Kreisvolkshochschulen gegeben ist. Indes betreffen die Probleme von Streusiedlungsgebieten die Erwachsenenbildung insgesamt, nicht nur die Politische Bildung. Was dies für den Ausbau des Zweiten Bildungsweges praktisch bedeutet, hat Hufer an anderer Stelle selbst erörtert Im Falle der Politischen Bildung mag erschwerend hinzukommen, daß das Wenige, was an Politischer Bildung geschehen kann, auf eine Mentalität stößt, die dem emanzipatorischen Selbstanspruch von Politischer Bil-dung wenig Verständnis entgegenbringt. Doch sollte man sich vor einem vorschnellen Urteil hüten. Ist man heute „auf dem Lande konservativer"? Was heißt eigentlich konservativ? Wie legitimiert sich demgegenüber ein emanzipatorischer Selbstanspruch? Warum fordert er zu Abwehrreaktionen heraus? Sich mit derartigen Fragen auseinanderzusetzen, führt weiter als bloße Klage und Kritik über die Grenzen, vor die sich Politische Bildung gestellt sieht.

Es ist ernst zu nehmen, wenn empirische Untersuchungen herausstellen, daß das Zusammenwirken von Siedlungsstruktur und Bildungsvergangenheit die „Weiterbildungsdichte" nachteilig beeinflußt Es klingt auch plausibel, wenn gesagt wird, daß außerhalb der Ballungsgebiete Konservatismus und Autoritarismus als Konsequenz der Sozialisationsbedingungen besonders spürbar werden. Derartige Hinweise auf Sozialisationsfaktoren und Lernvergangenheiten sind auch von mir des öfteren in die Diskussion eingebracht worden Indes sollte dieses Argument wieder einmal auf seine Stichhaltigkeit hin überprüft werden; immerhin liegen die Untersuchungen, auf die sich die Argumentationskette von der schichtspezifischen Sozialisation stützt, einige Zeit zurück. Inzwischen hat sich manches sowohl an der Bildungsorganisation als auch an den Erziehungsnormen geändert. Diese Veränderungen mögen in kleinen Gemeinden weniger schnell wirksam werden als in Städten. Deren „Urbanität" wird aber auch häufig überschätzt. Zumindest sollte man die Beurteilung des Stadt-Land-Gefälles nicht einrasten lassen. Die Quantitätsprobleme müssen nicht zwangsläufig zu Qualitätsproblemen werden, wenn das Angebotsvolumen nur aus wenigen Kursen besteht.

Worauf es also ankommt, ist, eine Entwicklung zu fördern, eine Tendenz, die dazu verhilft, sich von Konventionalismus und Autoritarismus abzusetzen. Eine solche Intention ließe sich mit dem emanzipatorischen Anspruch Politischer Bildung in Einklang bringen. Warum es nicht zu einer Realisierung dieser Intention kommt, schildert der Verfasser des voraufgegangenen Beitrags sehr eindringlich. Als Haupthinderungsgrund erscheint das Geflecht von Politik und Verwaltung vor Ort. In ihm verstricken sich die „reinen" Absichten derer, die eine Politische Bildung betreiben wollen, deren Ziele von den Hochschulen theoretisch vorgegeben sind. Kreisausschuß oder Kreisverwaltung blockieren einen konzeptionellen Ansatz, versuchen zu verhindern, daß dem Prinzip gefolgt wird, bei der Betroffenheit der Adressaten anzusetzen. Zumindest suggerieren sie, Vorsicht bei der Planung walten zu lassen. Sie erscheinen so als Hort konservativen Denkens und Handelns, und zwar relativ unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Sie lassen den in der Politischen Bildung Tätigen Erfahrungen machen, die zu einer „inneren Zensur" führen.

Ein solcher Vorwurf ist auch anderwärts zu hören. Trifft er die Wirklichkeit, das heißt, signalisiert er eine verbreitete Tendenz, ist es schlecht bestellt um demokratisches Bewußtsein und demokratische Strukturen. Es verwundert deshalb nicht, daß sich auch allenthalben Gegenstimmen zitieren lassen, die sich gegen den Vorwurf von Restriktion gegenüber der Politischen Bildung verwahren. Wie man votiert, hängt von den Beurteilungsmaßstäben ab, die man an die Wirklichkeit anlegt. Diese Maßstäbe sind Ergebnis eines Sozialisationsprozesses. Sie sind deshalb häufig generationsspezifisch. Um dies zu konkretisieren: wer wie der Verfasser dem Jahrgang 1922 angehört, für den ist es schon ein „Fortschritt", daß eine Kritik an Restriktionen laut werden, daß darüber eine öffentliche Auseinandersetzung stattfinden kann. Dies war weder in den 30er noch in den 50er Jahren „erlaubt". Diese biographische Anmerkung mag meine Perspektive verdeutlichen. Sie sollte aber mehr sein als historische Reminiszenz und tatsächlich vorhandene Probleme nicht leugnen lassen.

Wo liegen diese nun? Man wird diese Frage auf drei Ebenen diskutieren müssen, auf der konkreter Beispiele, auf der institutioneller Rahmenbedingungen und auf der des gesellschaftlichen Klimas. Die Fälle, die als Zeichen der Einschränkung der Lehrfreiheit zitiert werden, überzeugen bei unbefangener Sichtweise kaum. Bei genauerem Kennenlernen liegen sie um einiges anders, als sie in der Presse und in Zeitschriften dargestellt werden Außerdem erscheinen sie zumindest an der Oberfläche als Ausnahmefälle. Von solchen politisches Denken und Handeln abzuleiten, entspricht zwar den Maximen eines der einflußreichsten Theoretiker (un) politischen Handelns — Carl Schmitt. Als Kronzeuge für die Gefährdung der Demokratie läßt sich dieser schillernde Apologet des Dezisionismus und des totalitären Staates aber wohl kaum heranziehen.

Problematischer erscheint die Lage auf der Ebene des Institutioneilen. Man stößt dann auf die Aussage des nordrhein-westfälischen Kultusministers: „Das Recht auf selbständige Lehrplangestaltung für Weiterbildungseinrichtungen schließt Eingriffe des Trägers bei der Lehrplangestaltung nicht grundsätzlich aus." Das harte Wort „Eingriffe" dürfte ebenso bewußt gewählt sein wie die weiche Formulierung „selbständige Lehrplangestaltung schließt nicht grundsätzlich aus". Immerhin steht im Hintergrund ein anderer Grundsatz: „Der Träger legt nach Anhörung seiner Weiterbildungseinrichtung die Grundsätze für die Arbeit fest. Im Rahmen dieser Grundsätze hat die Weiterbildungseinrichtung das Recht auf selbständige Lehrplangestaltung."

So heißt es in der Mustersatzung, die eben der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen nach § 4 Absatz 4 des „Ersten Gesetzes zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung" herausgegeben hat. Danach erscheint ein „Eingriff" einerseits nur mit schwerwiegender Begründung gerechtfertigt, andererseits aber kann er ohne weiteres aus Divergenzen in der Interpretation von Grundsätzen abgeleitet werden. Des weiteren wird man bei einer Lagebeurteilung jeweils zu fragen haben: wer ist der Träger, wie versteht er seine Aufgabe und was motiviert zu Eingriffen?

Die zitierte Äußerung des Kultusministers bezog sich auf einen Streitfall an einer Volkshochschule. Dies war nicht zufällig. Bei anderen Erwachsenenbildungsinstitutionen ist die Unterscheidbarkeit von Träger und Einrichtung kaum so deutlich wie bei kommunalen Volkshochschulen. Außerdem könnte auf parlamentarischer Ebene auch kaum der Fall eines anderen Trägers in gleicher Weise diskutiert werden. Denn Träger, die sich die freien nennen, wachen begreiflicherweise über ihre Freiheit als Träger. Und wer will sie daran hindern, zu bestimmen, was in „ihren" Erwachsenenbildungseinrichtungen geschieht und was nicht? In Frage gestellt werden kann höchstens, ob sie an den gesetzlich anerkannten öffentlichen Mitteln partizipieren, wenn ihre Satzung bzw. ihr praktisches Verhalten nicht den gesetzlichen Regelungen entspricht. Zudem werden „Eingriffe" bei verbandsgetragener Erwachsenenbildung auch kaum in einer Weise öffentlich werden, die zu einer parlamentarischen Verhandlung führen würde. Weil die Öffentlichkeit der Volkshochschulen parlamentarisch verankert ist, besteht für sie eine besondere Situation.

Diese besondere Situation bedeutet Chance und Gefahr zugleich. Nur die Gefahren zu betonen, wie dies in dem voraufgegangenen Beitrag geschieht, bessert die Lage für die Politische Bildung nicht gerade. Er übersieht, daß bei einer kommunalen oder Kreiseinrichtung Entscheidungsprozesse transparenter werden als dies anderwärts möglich ist. Verwaltungen, Ausschüsse, Parteigremien können auf die Dauer nicht unabhängig von der Öffentlichkeit schalten und walten. Richtig ist, wenn Hufer darauf verweist, daß der Mitarbeiter der Volkshochschule, auch wenn er seine Aufgabe als eine politische versteht, die Öffentlichkeit nicht von sich aus unmittelbar mobilisieren kann. Es widerspricht aber dem heute üblichen Emanzipationspathos, wenn er sie nicht für mobilisierbar hält. Und auf unabänderliche Mehrheiten und Minderheiten auf lokaler Ebene zu verweisen, greift zu kurz. Weder sind Parteien monolithische Blöcke, noch sind Minderheiten von vornherein öffentlich uninteressant. Wenn dies bzw. wo dies aber der Fall ist, muß man sich fragen, ob nicht die Politische Bildung selbst zu einem Zustand geführt hat, dessen restriktive Folgen sie nun beklagt

Wir stoßen damit, wie ich meine, auf einen Kern der Problematik. Er wird auch von Hufer angesprochen, wenn er den verbalen Anspruch der Theoretiker der Erwachsenenbildung zitiert und kritisiert, daß er angesichts der realen Arbeitsbedingungen nicht einlösbar erscheint. Dies ist aber nur ein Aspekt der Problematik. Er zieht weitere nach sich, die allzu selten in die theoretische Reflexion einbezogen werden. Man sollte sich doch fragen, warum gibt es das eigentlich, was Hufer beschreibt: die Vorbehalte gegenüber einer Politischen Bildung, wie sie derzeit weithin von ihren Protagonisten verstanden wird und die schließlich zu mancherlei Restriktionen im Vorfeld führen, ohne daß „Eingriffe" im unmittelbaren Sinn stattfinden. Sind Verwaltungsvertreter und Kommunalpolitiker geborene Konservative? Sind sie von Natur aus so behutsam und so wenig risikofreudig? Oder was hat sie dazu gebracht, Politischer Bildung eher bremsend als fördernd entgegenzutreten? Sind sie vielleicht kopfscheu geworden?

Ich meine, sie haben im letzten Jahrzehnt Anlaß genug dazu gehabt. Die Art und Weise, wie sich Politische Bildung theoretisch präsentiert, wie sie in dieser Zeit ihre Zielvorstellungen verkündet hat, mußte viele derer in Sorge versetzen, die Verantwortung für ein Gemeinwesen übernommen haben. Sie wurden herausgefordert, ein scheinbar überholtes Staatsverständnis zu mobilisieren. Sie konnten sich wieder in der Rolle derer gerechtfertigt sehen, die jenseits des Streits für Ordnung und Kontinuität eintreten. Man versetze sich einmal in ihre Lage, man höre einmal mit ihren Ohren, wenn die Zielbegriffe Politischer Bildung wiederholt werden: Emanzipation, Konfliktorientierung, Parteilichkeit oder Parteinahme, Interessendurchsetzung, Handlungsorientierung, die Kritik an der Folgenlosigkeit Politischer Bildung in der Vergangenheit, das Pochen auf Rechte, die Suche nach Betroffenheit bei Extremfällen, die Entlarvung von Herrschaftsverhältnissen Dies alles ist demokratisch legitim. Die Frage aber ist, in welcher Form und welcher Ballung man diese Zielbegriffe vorbringt. Die verbalen Kraftakte, mit denen Politische Bildung aufgetreten ist, haben schließlich nur noch ihre Mißachtung von Pflichten und den Vorwurf der „Loyalitätsbeschaffung" erkennen lassen. Der Kommunalpolitiker mag sich dann fragen: Wird so Demokratie gewährleistet, wird sie es nicht doch eher durch das, was ich selbst ohne viele große Worte tue, durch meine mühselige Kleinarbeit, unter Opferung von Zeit, beständigem Arger, im Denken an das „Ganze"?

Es ist zuzugeben: dieses Bild ist überzeichnet. Weder ist Politische Bildung allenthalben so aggressiv, noch sind Kommunalpolitiker jeweils so altruistisch. Nur darf es nicht verwundern, wenn ein solches Bild sich in den Köpfen derer festgesetzt hat, die vor Ort ein Wort mitzureden haben, wenn die kommunale Erwachsenenbildungseinrichtung ihr Programm und damit auch das der Politischen Bildung vorlegt. Und dieses Bild, diese Auslegung, ist so abwegig nicht, wenn man bedenkt, was der Politischen Bildung auf die theoretische Fahne geschrieben worden ist. Wenn die „episch breite akademische Diskussion der Didaktiker, Methodiker, Curriculum-Entwickler und Revisoren" kritisiert wird, so trifft dies die Realität nicht genau. Zur Entwicklung von Curricula ist für die außerschulische Politische Bildung nicht gerade viel beigetragen worden. Dem widerstanden Theorie und Wirklichkeit gleichermaßen. Ein Klima, in dem Restriktionen nicht als etwas Ungewöhnliches erscheinen und das die Realisierung einer politischen Bewußtseinsbildung erschwert hat, ist vielmehr durch die gesellschaftskritische Ansprüchlichkeit der Politischen Bildungstheorie herausgefordert worden.

Kritik und Kommunikation als zentrale Kategorie außerschulischer Politischer Bildung

Nun gehört Kritik zum Gelingen von Demokratie. Und wenn Politische Bildung zu einer weitergehenden Demokratisierung beitragen will, so ist dies durchaus legitim. Aber weder Art der Kritik noch Verständnis von Demokratie können beliebig sein, wenn Politische Bildung im Sinne dieses Selbstverständnisses wirken will. An dem Unbehagen, an der Kritik gegenüber bestehenden Zuständen hat Politische Bildung außerhalb der Schulen schon immer anknüpfen müssen, wenn sie Resonanz finden wollte. Und auch die Existenz von Konflikten konnte sie nicht leugnen, selbst wenn sie es gewollt hätte. Etwas anderes ist es aber, wenn Kritik zum alleinigen didaktischen Organisationsprinzip gemacht wird und wenn im Konflikt das allein bestimmende, konstituierende Merkmal der Gesellschaft gesehen wird. Gerade für eine Demokratie wesentliche Dimensionen gesellschaftlicher Wirklichkeit kommen dann nicht mehr in den Blick. Verfahren der schrittweisen Kompromißfindung stehen a priori unter Verdacht, nichts als die Durchsetzung der Macht mit verbalen Mitteln zu sein. Die Suche nach dem fallweisen Konsens unter Beachtung unterschiedlicher Prämissen wird unglaubwürdig. Ja, es werden im Namen von Selbstbestimmung und Mitbestimmung — ohne daß diese Zielwerte diesseits eines vagen Solidaritätsbegriffs aufeinander abgestimmt wären — Verhaltensweisen prämiert, die das Erwachsenwerden behindern, insofern dazu auch immer die Bereitschaft zur sozialen Selbstverpflichtung gehört, das heißt: zur Übernahme von Pflichten, die zu übernehmen nicht von vornherein gewünscht wird, ohne die aber ein Zusammenleben auf die Dauer nicht möglich ist. Gerade die heute viel verschrieenen „bürgerlichen Tugenden" sind unentbehrlich, wenn mehr Humanisierung und Lebensqualität erreicht werden sollen.

Um es zu wiederholen: keinem der genannten Zielwerte kann eine Berechtigung abgesprochen werden. Nur müssen sie in Relation zu anderen und damit in ihrer Relativität gesehen werden. In ihrer spezifischen Bündelung jedoch, in der sie in den letzten Jahren in die Diskussion gebracht worden sind, gaukeln sie Wunschwelten vor und klammern aus, was gerade auch für ein Verwirklichen demokratischer Zielvorstellungen erreicht werden muß: die Fähigkeit, sich selbst zu verwalten, auf längere Sicht planen zu können, oder altmodisch, aber vielleicht doch alarmierend ausgedrückt: das politische Ethos.

Es kann an dieser Stelle nicht im einzelnen auf die gängigen, vor allem in der außerschulischen Politischen Bildung wirksamen Theorien mit ihren Implikationen eingegangen werden. Stellvertretend mag hier der Rückgriff auf einen Satz stehen, den Hufer zitiert und mit dem er eine heute weithin vorherrschende theoretische Position signalisiert. Der Satz stammt von Hermann Giesecke, also immerhin einem der gemäßigteren unter den Verfechtern einer Politischen Bildung, die über dem Emanzipationswillen die Komplexität von Gesellschaft aus den Augen verloren haben: „Politische Bildung ist nicht neutral, sondern selbst ein Stück eigentümlicher politischer Tätigkeit: sie ist für die Interessen des Lehrlings, des Arbeiters, des „Sozialfalls", und somit folgerichtig gegen die Interessen des Meisters, des Unternehmers, der Fürsorgebehörde, der Schulbehörde usw., allgemeiner: sie ist für die Interessen und Bedürfnisse des jeweils Schwächeren, Ärmeren, Unterprivilegierten."

Wenn gegen eine solche Hypothese argumentiert wird, so meist mit der Frage, wer denn so genau willen will, was die Interessen und Bedürfnisse der jeweils Schwächeren, Ärmeren, Unterprivilegierten sind. Ein noch gravierender Einwand scheint mir indessen zu sein, inwiefern denn ein „Für" zugleich „folgerichtig" ein „Gegen" mit sich bringt. Eine solche scheinbar schlüssige, aber lineare, letztlich polarisierend unaufhebbare Gegensätzlichkeit unterstellende Denkfigur findet sich allenthalben zur Begründung der Intentionen Politischer Bildung. Ohne eine solche Prämisse ist das „Folgerichtige" aber nicht einzusehen. Vor allem entspricht es nicht der Dialektik gesellschaftlicher Wirklichkeit.

Es ist diese antagonistische Rigidität, undeutlich vermischt mit einer moralischen Rigidität durch die Politische Bildung sich in eine Konfrontation hineinmannövriert hat, die sie sehr leicht bei denen subversiv erscheinen läßt, die sich für die Kontinuität der politischen Entwicklung verantwortlich fühlen können. Diese „Pragmatiker" unterliegen dann, unabhängig von ihrer parteipolitischen Couleur, aus der Sicht der „anspruchsvollen" Politischen Bildung dem Verdikt des Konservativen, ohne daß man sich der Mühe unterziehen würde, darüber nachzudenken, welche Funktionen konservatives Denken und Handeln erfüllt und wie sehr man dieses Denken und Handeln bei denen sich versteifen läßt, die nicht ohne weiteres zu einer theoriebestimmten Gesinnungsgenossenschaft bereit sind. Im Zuge der sich selbst erfüllenden Prophezeiung sollen sie zu einem Verhalten gedrängt werden, das sie schließlich nicht mehr als demokratisch ausweist. Das Denkschema von Entweder-Oder, Freund und Feind trägt seine Früchte.

Kommt auf diesem Hintergrund eine Tendenzwende so unerwartet? Sie hat sich inzwischen in der Literatur zur Politischen Bildung selbst deutlich bemerkbar gemacht Für den außerschulischen Bereich bietet sie indessen wenig Anreize. Mit den Postulaten von Freiheit und Menschenwürde ist nicht an die Probleme heranzukommen, deretwegen Heranwachsende und Erwachsene sich für Politische Bildung interessieren können. Ein Austausch mehr oder weniger hehrer Begriffe führt nicht weiter. Wenn ihr Realitätsbezug nicht sichtbar wird, verführen sie eher zum Zynismus. Warum ist es eigentlich so schwer, von der Ebene des Pathos herunterzukommen, wenn es in deutschen Landen um Politische Bildung geht? Warum sucht man nach „letzten Gründen", die in ihrer Abstraktion den Hochschulabsolventen geläufig sein mögen, die die Mehrheit der Adressaten der Politischen Bildung entweder nicht nachzuvollziehen vermag oder die in grobschlächtiger Vereinfachung zur Demagogie geraten? Gibt es nicht Alltagsprobleme genug, die zu bewältigen Interesse besteht, für deren Einschätzung man allerdings etwas wissen muß?

Nun wird heute Wissensvermittlung in der Politischen Bildung nicht gerade hochgeschätzt. Eher wird eine Irrelevanz des Wissens gegenüber dem Handeln suggeriert. Vielfach scheint man auch zu meinen, daß ein Erwerb von Kenntnissen für die Erwachsenenbildung etwas Anstrengendes, ja, nicht Zumutbares ist. Indes hat es außerschulische Politische Bildung mit Menschen zu tun, die keine unbeschriebenen Blätter sind: sie verfügen über ein politisches Alltagswissen, das sie sich funktional ohne ausdrückliche Lernprozesse angeeignet haben. In dieses Alltagswissen ordnet man die Informationen ein, die über die Medien des öffentlichen Lebens angeboten werden. Das Verstricktsein mit der Umwelt wird in Orientierungsmustern zurechtgelegt. Diese Deutungen fungieren als Bewältigungsmittel in der Lebensauseinandersetzung. Insofern vollzieht sich mit ihnen etwas naturwüchsig, was Politische Bildung in reflektierter Form vermitteln will. Es könnte daher ihre Wirksamkeit stützen, wenn sie von dem politischen Alltagswissen ausgeht, das ihre Adressaten mitbringen. Mit einer solchen Annahme ist auch das begründet, was heute als Zielgruppenarbeit bezeichnet wird. Sie bleibt aber vielfach vordergründig an sozialbiographischen Daten ausgerichtet, weil zu wenig darüber bekannt ist, woraus das jeweilige politische Alltagswissen besteht, wovon die jeweiligen Deutungsmuster geprägt sind.

An diese Deutungsmuster anzuknüpfen, erscheint als eine Aufgabe politischer Erwachsenenbildung, die noch zu wenig in ihren Chancen erkannt, in ihren Voraussetzungen untersucht und in ihren Problemen reflektiert ist. Dies dürfte ein Grund sein, warum die Betroffenheit zwar immer wieder als didaktisch-methodischer Richtwert zitiert, aber vergleichsweise selten in der Politischen Bildungspraxis erfahren wird. Allzu oft meint der Veranstalter, der Planende, der Teamer, zu wissen, was betroffen macht und muß dann feststellen, daß er am Erwartungshorizont seiner Adressaten vorbeiagiert, daß er ihre Deutungsmuster nicht getroffen hat. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Themenauswahl, wenn ein Programm zusammengestellt wird, als auch für die didaktischen Angänge, für die man sich bei einer bestimmten Veranstaltung entscheidet. So gelten beispielsweise spektakuläre Ereignisse oder ein Versagen öffentlicher Instanzen, von denen bestimmte Bevölkerungsgruppen in Mitleidenschaft gezogen werden, als Indikatoren des Betroffen-seins. Ob es aber nicht viel verborgenere Zumutungen und Verunsicherungen sind, die für das bereitmachen, was Politische Bildung vermitteln kann, bleibt unreflektiert.

Es dürfte ein gegenwärtig besonders weit verbreitetes Mißverständnis sein, zu meinen, Betroffenheit ließe sich aus theoretischen Entwürfen ableiten. Damit wird psychische und soziale Realität in einer Weise trainiert, deren Folgen dem entgegenstehen, was Politische Bildung nach ihren meist bekundeten Intentionen bezweckt. Das emanzipatorische Potential wird so eher verschüttet als freigelegt. Wer Politische Bildung professionell vertritt, steht mit seiner aus theoretischen Entwürfen abgeleiteten Selbstgewißheit seinen eigenen Zielen im Wege. Er vermag den vielberufenen Diskurs nicht einzuleiten, den Pegel der Betroffenheit nicht auszuloten, weil er dazu neigt, Situationsdefinitionen aus seiner eigenen Gesellschaftsinterpretation zu deduzieren, bevor er zu eruieren versucht, mit welchen Situationsdefinitionen seine Adressaten Probleme gewichten oder seine Teilnehmer sich Probleme zurechtlegen. Es kommt dann zu einem Aneinandervorbeiplanen und zu einem Aneinandervorbeireden. Der Vorsatz eines kommunikativen Vorgehens bleibt ein nicht eingelöster Anspruch, wobei die Selbstgewißheit dazu verführt, die Gründe des Mißlingens in den Verhältnissen und nicht im Ansatz zu suchen.

Es ist allerdings auch noch auf einen anderen Zusammenhang zu verweisen, der daran gehindert hat, in der Politischen Bildung einen Problemzugang zu verfolgen, der neuerdings als Deutungsmusteransatz bezeichnet wird. Bei der Einführung der Politischen Bildung in der Bundesrepublik hat die Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit und damit die Distanzierung von totalitären Systemen eine große Rolle gespielt. Zugleich bedeutete dies eine Auseinandersetzung mit geschichtlich verhängnisvoll wirkenden Vorurteilen. Die Kritik an den Vorurteilsmechanismen hat aber übersehen lassen, auf welche allgemein angewendeten Strategien der Lebensbewältigung sie zurückgehen. Noch heute führt diese „Vorgeschichte" dazu, sich Deutungsmuster starrer vorzustellen als sie tatsächlich sind. Zweifellos kommt Politische Bildung, will sie das Realitätsbewußtsein erhöhen, nicht daran vorbei, Deutungsmuster zu differenzieren. Indes wäre es im Interesse ihrer Wirksamkeit, dies ohne intellektuellen Hochmut einzuleiten, der sich an der Unzulänglichkeit und der Grobschlächtigkeit der Deutungsmuster „der anderen" weidet. Es kann nicht darum gehen, ein Besserwissen durchzusetzen. Ziel kann nur sein, Daseinsinterpretationen der gesellschaftlichen Wirklichkeit anzunähern. Nur dann läßt sich auch Kritik an der gesellschaftlichen Wirklichkeit verankern, hilft sie dazu, unterscheiden zu lernen, Bedingungen und Folgen zu erkennen. Andernfalls ist die Tendenz nicht aufzuhalten, vom historisch-gesellschaftlichen Kontext abgehobene Alternativen zu postulieren, die eher die Frustrationen vermehren als ein Veränderungspotential wirksam machen.

Ein Sich-einlassen auf die Deutungsmuster kann sehr wohl auch eine Prämisse in neuem Licht erscheinen lassen, die der Politischen Bildung gegenwärtig selbstverständlich zu sein scheint, die aber auch die Schwierigkeiten zum Teil begründet, von denen der voraufgehende Beitrag einen Eindruck vermittelt. Ich meine das Postulat, handlungsorientiert zu sein. Solange eine solche Forderung von etablierten Instanzen kam, also in den 50er und Anfang der 60er Jahre, hat sich Politische Bildung erfolgreich gegen ein unvermitteltes Handlungsverlangen, etwa in der Form des Eintritts in eine Partei, verwahrt. Seit Ende der 60er Jahre hat sie dann selbst Handlungsorientierung zu einem Leitprinzip erhoben. Nunmehr allerdings unter dem Vorzeichen eines Kampfes gegen das Etablierte. Politische Bildung erscheint so als Mobilmachung nicht organisierter Opposition. Auf dem Hintergrund der üblichen Diktion von Veröffentlichungen mag eine solche Formulierung etwas befremdlich erscheinen oder gar ungerecht. Sie soll nur verdeutlichen, welches Bild Politische Bildung von sich selbst bei denen hervorruft, die sich nicht von vornherein mit ihr identifizieren. Subtile Unterscheidungen, die gegenüber Bürgerinitiativen betont werden, ändern nichts daran, daß eine Politische Bildung, die auf Handlungsorientierung besteht, den wohlberechtigten Leitsatz, Unruhe sei die erste Bürgerpflicht, in einer Weise verabsolutiert, daß darüber die Kommunikationsbasis mit ihr verlorengeht.

Diese Bemerkung soll hier nicht weiter auf das Problem der Träger und der Lehrfreiheit bezogen, sondern im Hinblick auf die Adressaten Politischer Bildung, auf ihren Erwartungshorizont und ihre Orientierungsmuster erörtert werden. Auf den ersten Blick mag es plausibel erscheinen, den Bedingungsfaktor Betroffenheit mit dem Verfahrensprinzip der Handlungsorientierung zu koppeln. Es erscheint einleuchtend, daß man in erster Linie dann bereit ist, sich mit politischen Problemen zu beschäftigen, wenn man eigenständig etwas zu ihrer Lösung beitragen kann. War-um sollte man sich der Mühe unterziehen, wenn nicht auch etwas „dabei herauskommt''? Nur fragt es sich, ob nicht vorschnell unterstellt wird, als ein solches Herauskommen werde nur etwas angesehen, was Produkt von Aktion ist, nicht aber zum Beispiel eine größere kommunikativ gewonnene Klarheit darüber, warum man sich bei einer Wahl so oder anders entscheidet.

Mit anderen Worten: Außerschulische Politische Bildung, die sich ausdrücklich oder gar ausschließlich handlungsorientiert versteht, schränkt ihren Adressatenkreis von vornherein ein. Es werden nur die angesprochen, für die Handlungsorientierung einen Aufforderungscharakter hat. Wie weit dieser reicht, wissen wir nicht. Dafür fehlt es an einer Analyse von Deutungsmustern. Immerhin scheint aber die Vermutung nicht völlig aus der Luft gegriffen, daß es neben dem Erwartungstypus, der Politische Bildung nur für sinnvoll hält, wenn sie Konkretes, Betreffendes bewirkt, auch den Typus gibt, der gegenüber der Politik von außen betrachtet eine Konsumentenhaltung einnimmt Eine solche Einstellung ist insbesondere bei älteren Menschen zu beobachten, die denn auch in Veranstaltungen Politischer Bildung kaum zu finden sind. Dies muß aber nicht ein Zeichen durchgängigen Desinteresses sein. Es kann darin auch eine Reaktion auf den Angebotstypus Politischer Bildung gesehen werden. Warum sollte es nicht Menschen geben, die nicht auf politisches Handeln erpicht sind, die sich aber nichtsdestoweniger über Information und Diskussion mit politischen Problemen zu befassen bereit sind, vorausgesetzt, daß sie auf eine Weise angesprochen werden, die sie selbst für ansprechend halten. Die Art der Ansprechbarkeit aber ist nicht unabhängig von den Orientierungen, mit denen sie sich ein Bild von der gesellschaftlichen Wirklichkeit machen, wobei dieses Bild aber nicht so verfestigt ist, daß man darüber nicht „mit sich reden" ließe.

Demokratieverständnis und Handlungsorientierung

Es wird heute meist eingewendet, daß die Bedürfnisse des politischen Konsumenten durch die Massenmedien, insbesondere durch das Fernsehen, weitgehend abgedeckt werden Im Vergleich zu vergangenen Zeiten ist dieser Einwand sicherlich ernstzunehmen. Bedenkt man aber, mit welchen kleinen Gruppen es Politische Bildung in allen Fällen zu tun hat, fragt es sich, ob sich nicht auch solche kleinen Gruppen zusammenfänden, die über die Art des Informationsbedürfnisses hinaus, das durch die Massenmedien abgesättigt wird, ein Kommunikationsbedürfnis gegenüber politischen Problemen einbringen. Dieser Möglichkeit nachzugehen, erscheint angebracht. Immerhin wirft die Handlungsorientierung Politischer Bildung Probleme ihres Demokratieverständnisses auf und außerdem ist das Verhältnis von Politischer Bildung und Aktion auch aus bildungstheoretischer und lernwissenschaftlicher Sicht nicht so unproblematisch, wie es derzeit dargestellt wird.

Wenn sich Politische Bildung als Beitrag zur demokratischen Bewußtseinsbildung, ja als Antriebsmoment eines Demokratisierungsprozesses versteht, wird man erwarten dürfen, daß die unterschiedlichen Demokratieverständnisse in den Angeboten Politischer Bildung ihren Niederschlag finden. Diese voneinander differenzierenden Demokratieverständnisse zeigen sich vor allem daran, daß die Reichweite von Erkennungsmerkmalen der Demokratie unterschiedlich eingeschätzt wird. Es gibt diejenigen, die Demokratie als ein Organisationsprinzip ansehen, das nur für den politischen Bereich im engeren Sinne „passend" ist; es gibt andere, die von Demokratie als Lebensform sprechen, womit sie Ausprägungen von'Selbst-und Mitbestimmung meinen, die in verschiedenen Lebensbereichen eine je eigene, den Bereichen angemessene Struktur annehmen; und es gibt diejenigen, die eine die Gesellschaft insgesamt einheitlich durchdringende Organisationsform anstreben, die sich in der direkten Wahl manifestiert. Diese unterschiedlichen Interpretationen des Demokratie-Begriffs spiegeln sich auch in der theoretischen Diskussion der Politischen Bildung wider und die Auswirkungen zeigen sich etwa in der Art des Arbeits-materials. Kennzeichnend ist aber auch, daß diese Interpretationen fast nur in der Form der gegenseitigen Abwertung Ausdruck finden. Damit jedoch entwertet Politische Bildung sich selbst. Sie beraubt sich einer Argumentationsweise, mit der sie Einschränkungen entgegentreten könnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn Politische Bildung sich nicht auf kritische Reflexion beschränken, sondern handlungsorientiert sein soll.

Handlungsorientierung ist vordergründig ein Reizwort, das diejenigen in Abwehrhaltung bringt, die politisches Handeln vom Amt oder vom formaldemokratischen Auftrag her als ihre Angelegenheit ansehen. Gelingt es, entsprechende Vorbehalte auszuräumen, stellt sich ein komplexeres Problem, das von denen meist unbedacht bleibt, die sich für eine handlungsorientierte Politische Bildung engagieren. Selbst der hier schon zitierte Hermann Giesecke spricht aber von der „Unfähigkeit, die pädagogische Seite der Dialektik von Aufklärung und Aktion" zu thematisieren. Es sollte nachdenklich stimmen, wenn es bei ihm heißt: „Bei Licht betrachtet erweist sich also, das , Lernen'und . Aktion'antinomische soziale Verhaltensweisen sind, die zueinander in erheblichem Widerspruch stehen. Sie gleichzeitig optimal zu organisieren, ist offenbar kaum möglich." Wie dieser Widerspruch zu bewältigen ist, damit hat sich Politische Bildung gerade dann, wenn sie für die Handlungsorientierung plädiert, wenig befaßt. Es wäre daran zu erinnern, „daß auch die organisierte Erziehung, daß organisiertes und institutionalisiertes Lernen eine Form von politisch-gesellschaftlicher Aktivität ist". Es könnte dann bewußt werden: „Pädagogik (insbesondere politische Pädagogik) wird dann zu einer Form kritischer politischer Aktion, wenn sie die zu einem gegebenen Zeitpunkt einer Lebensgeschichte durch Lernen mögliche Emanzipation tatsächlich realisiert."

In diesen Zitaten erscheint der geläufige Emanzipationsoptimismus realistisch gedämpft. In ihnen sind Kategorien angedeutet, ohne daß sie allerdings ausgeführt wären, die es der Wissenschaft ermöglichen würden, der politischen Bildungspraxis etwas von den Hilfen zu geben, die Hufer in seinem Erfahrungsbericht zu Recht vermißt. Es werden zwei Dimensionen angesprochen, die für Bedingungen und Wirksamkeit Politischer Bildung gleichermaßen konstituierend sind, die des Lebensgeschichtlichen und die des Institutionellen. Gelingt es nicht, Politische Bildung als Verarbeitung lebensgeschichtlicher Zusammenhänge begreifbar zu machen, geht sie ins Leere, wird sie nicht handlungsrelevant, unabhängig davon, ob diese Handlungsrelevanz angestrebt wird oder nicht. Das besagt zugleich aber, daß Politische Bildung eine Sensibilität für lebensgeschichtliche Zusammenhänge entwickeln muß, die davon abhält, mit abstrakten oder groben Kategorien zu operieren, die den Differenzierungen lebensgeschichtlicher Ausprägungen der Vergesellschaftung von Individuen nicht kongruent sind. Deshalb wurde hier der Rücksicht auf das Alltagswissen, auf seine Vorstellungsund Einstellungsmuster eine so große Bedeutung zugesprochen. Wenn Politische Bildung ein Thematisieren des Sozialisationsprozesses beinhaltet — und dies könnte man als ihre zentrale Aufgabe bezeichnen —, dann impliziert dies den Verzicht auf ein Aufstülpen vorgefaßter Kategorien, voreilig angebotener Zuordnungsschemata. Es verlangt eine graduelle Betrachtungsweise, für die die Sozialwissenschaften analytische Hilfen bieten müßten. Und diese sind es, die Praktiker, worauf Hufer hinweist, vermissen. Es fragt sich aber, ob sie wirklich nicht vorhanden sind oder ob nicht ein Diskussionsklima herrscht, das sie nicht zur Wirkung kommen läßt. Dies aber hängt mit der Einschätzung des Institutioneilen zusammen.

Es gehört gleichsam zum „guten Ton" in der Politischen Bildung, sich abschätzig über Institutionenkunde zu äußern. Es kann auch nicht bestritten werden, daß die Art, wie sie lange Zeit in Schulen präsentiert worden ist, zum Desinteresse an Politischer Bildung beigetragen hat. Kaum jemand wird leugnen wollen, daß Politische Bildung ihren Gegenstand nur trifft, ihrer Aufgabe nur gerecht wird, wenn sie das Prozeßhafte der Politischen Bildung verdeutlicht. Ebenso ist aber daran zu erinnern, daß außerschulische Bildung sich nie auf Institutionenkunde beschränkt hat. Soweit sie auf Freiwilligkeit basiert, konnte sie ohne Spannungsmomente im doppelten Sinne des Wortes nicht auskommen. Wenn sie sich mit Institutionen befaßte, ist es immer um deren Funktion gegangen. Diese zum Anlaß der Auseinandersetzung zu nehmen, muß aber im Kontext unserer Lebensbedingungen in der Tat als eine zentrale Aufgabe angesehen werden. Diese Lebensbedingungen werden nicht dadurch besser bewältigt, daß man die Dimension des Institutionellen ignoriert, diffamiert oder zur Durchsetzung eines Gruppenwillens funktionali-siert. Zu derartigen Einstellungen regen aber die vorherrschenden Theorien zur Politischen Bildung an. Sie bringen damit die Praxis in eine doppelte Schwierigkeit. Sie lassen auf Nichtverstehen bei denen stoßen, die Institutionelles bewußt oder unbewußt als etwas Hilfreiches erfahren haben. Und sie erregen Mißtrauen und schließlich Ablehnung bei denen, die dieses Institutionelle zu vertreten haben. Die Folgen werden in dem voraufgehenden Erfahrungsbericht Hufers vorgeführt. Wenn er eine Kritik an der Vorbereitung auf die praktische Tätigkeit in der Politischen Bildung enthält, so ist sie vor allem unter dem Aspekt zu sehen, daß das Ausblenden des Institutioneilen aus der theoretischen Diskussion letztlich unpraktisch macht. Die Mißachtung des Institutioneilen läßt Chancen verkennen und provoziert Widerstände, die sich mit dem Hinweis auf die Komplexität und das „Machbare" rechtfertigen können. Und der in der Politischen Bildung Tätige hat nichts zur Hand, womit er das Machbare auch unter Berücksichtigung der Komplexität aufzeigen könnte, weil er auf Alternativen und Konfrontationen programmiert ist, kaum aber angeregt wird, auf die Perspektive derer zu achten, die nach menschlichen Regelungen suchen. Wer sich für Demokratisierung engagiert, wird seinem Selbstanspruch nur gerecht, wenn er die Wechselwirkung von Prozessen und Institutionen reflektiert und sie nicht gegeneinander ausspielt.

Wird Handlungsorientierung als bestimmendes Kennzeichen Politischer Bildung propagiert und dabei die Neigung unterstützt, Institutionelles bei der Präsentation politischer Probleme auszublenden, geraten insbesondere diejenigen in Schwierigkeiten, die Politische Bildung im Rahmen einer öffentlichen Erwachsenenbildungseinrichtung betreiben, wie dies bei Hufer an einer Kreisvolkshochschule der Fall ist. Eine solche Bemerkung läßt zuerst einmal daran denken, daß in solchen Fällen der Träger selber kommunalpolitisch Handelnder ist und damit selbst in Schwierigkeiten geraten kann, wenn er eine Einrichtung unterhält, die Veranstaltungen Politischer Bildung anbietet. Man mag sich der Beispiele erinnern, bei denen eine handlungsorientierte Politische Bildung als Bürgerinitiative empfunden oder als „Nebenparlament" eingeschätzt und diskreditiert worden ist. Es mag auch im einzelnen Versuche des öffentlichen Trägers geben, Politische Bildung im Interesse der kommunalpolitischen Mehrheit oder der Absichten einer Verwaltung zu instrumentalisieren. Indessen sind derartige Versu-ehe öffentlicher Kontrolle ausgesetzt. Dies gilt im Prinzip auch dann, wenn die herausgehobene Stellung der Parlamentarier zu einem Freibrief auf Gegenseitigkeit mißbraucht wird, das heißt, wenn eine Minderheitenpartei der Mehrheitspartei einen nach demokratischen Spielregeln zu kritisierenden Verfahrensstil in der Hoffnung „durchgehen" läßt, es im genauso der Falle späteren Mehrheit machen zu können. Das im Hinblick auf die Theorie Politischer Bildung relevante Problem ist aber ein anderes. Es folgt aus der Forderung an eine öffentliche Weiterbildungseinrichtung wie der Volkshochschule nach Ausgewogenheit. Es ist heute üblich, denjenigen, der für Ausgewogenheit plädiert, der Lächerlichkeit preiszugeben. Ein solches „Ausspielen" ist Produkt einer Politischen Bildung, deren Prämissen und Ziele die Handlungsorientierung und Parteilichkeit sind. Sie erübrigen es, darüber nachzudenken, was mit Ausgewogenheit gemeint sein kann. Wird man aber zu einer Stellungnahme herausgefordert, so geschieht es mit dem Hinweis auf die Debatten um die Rundfunkanstalten, in denen in der Tat der Begriff der Ausgewogenheit gründlich verdorben worden ist. Damit sind aber die mit dem Begriff signalisierten Anforderungen und Probleme nicht aus der Welt. Vor allem werden damit auch die Chancen preisgegeben, die für die Politische Bildung in der Forderung nach Ausgewogenheit impliziert sind. Sie werden dann wieder sichtbar, wenn man deutlich macht, daß Ausgewogenheit nicht am parteipolitischen Proporz gemessen werden kann.

Es soll hier nicht geleugnet werden, daß derartige Versuche unternommen worden sind. Es trägt aber nicht zu einer spezifizierten Aufgabenbestimmung Politischer Bildung bei, über dieses dürftige Ansinnen hinaus das Prinzip der Ausgewogenheit selbst abzulehnen. Es käme vielmehr darauf an, herauszustellen, was mit ihm im Sinne einer Politischen Bildung gemeint sein kann, die ihren Adressaten zu einer kritischen Lagebeurteilung befähigen will und soll. Ein solches Befähigen ist für ein politisches Handeln in demokratischen Strukturen und mit demokratischen Zielen Voraussetzung. Es ist allerdings nicht, wie man heute gerne möchte, dieses Handeln selbst. Es läßt vielmehr die Faktoren reflektieren, nach denen man sich zu einem Handeln entscheidet oder es auch läßt. Auf jeden Fall aber wird ein solches Befähigen nur angeregt und angeleitet werden können, wenn Politische Bildung auf Ausgewogenheit in der Weise angelegt ist, daß man durch sie mehr als eine Interpretation gesellschaftlicher Wirklichkeit erfahren kann. Dies sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Sie wird aber mit dem Ablehnen der Forderung nach Ausgewogenheit in Frage gestellt.

Diese Forderung kann sich sowohl auf das Gesamtprogramm einer öffentlichen Weiter-bildungseinrichtung beziehen als auch auf die einzelne Veranstaltung. Im ist ersten Fall sie als die Erwartung zu verstehen, kein einseitiges Programm anzubieten, sondern mehrere Perspektiven und eine Positionsvielfalt vorzuweisen. Die Wahlmöglichkeiten gegenüber der Einschätzung eines gesellschaftlich-politischen Problems sollten offengelegt, der Entscheidungsspielraum sollte erkennbar gemacht werden. Wenn dies für eine unangebrachte Forderung gehalten wird, drängt sich die Frage auf, welcher Totalitätsanspruch hinter einer solchen Auffassung steht. Die Kritik an der Ausgewogenheit im Sinne eines Vermeidens von Einseitigkeit muß schlechterdings unbegreiflich erscheinen, wenn man bedenkt, daß erst mit dem Prinzip der Ausgewogenheit sichergestellt ist, daß auch Minderheitenstandpunkte im Rahmen der Politischen Bildung zur Geltung kommen können. Immerhin beinhaltet das Prinzip der Ausgewogenheit die Chance, gegensteuernd gegenüber vorherrschenden Interpretationen zu wirken und zu fragen, warum sie vorherrschend sind. Sie gewährleistet das immer gefährdete Recht, auch das zur Sprache zu bringen, was nicht der Norm des Alltäglichen entspricht, was nicht über die kommerzialisierten oder politisierten Kanäle geleitet wird. Sie bietet die Möglichkeit, gegenüber der formalisierten Gruppenbildung, die für Machtkämpfe genutzt wird, für diejenigen Angebote zu machen, die nicht in diesen Gruppierungen aufgehen, die als Individuen ihren Bildungsbedürfnissen nachgehen und gesellschaftlich-politische Probleme durchdringen möchten.

Noch schärfer pflegt die Ablehnung zu sein, wenn die Ausgewogenheit nicht nur für ein Programm, sondern für eine einzelne Veranstaltung gefordert wird. Eine solche Ablehnung unterstellt, daß eine Veranstaltung Politischer Bildung sich nicht von einer Veranstaltung unterscheiden kann, die auf eine Meinungsbeeinflussung im Sinne des Veranstalters, einer Partei oder eines gesellschaftlichen Verbandes, angelegt ist. Für derartige Veranstaltungen besteht ein unbestrittenes Freiheitsrecht. Dies bedeutet aber nicht, daß es nur derartige Veranstaltungen geben dürfte. Vielmehr hat der Bürger ein Anrecht darauf, über gesellschaftlich-politische Angelegenheiten und Probleme sich informieren und diskutieren zu können, ohne daß das Ergeb29 nis vom Veranstalter vorgegeben ist. Er kann erwarten, daß es Veranstaltungen gibt, die ihm eine demokratisch zu fordernde relative Transparenz, die ihm einen Spielraum von Interpretationsmöglichkeiten eröffnen, die es ihm ermöglichen, die Prämissen von Beurteilungen zu erkennen. Es gehört zum überlieferten Begriff der Bildung, ein Spektrum der Auslegungen zu reflektieren. Das heißt aber, daß in Veranstaltungen Politischer Bildung auch kontrovers erscheint, „was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist" Eine öffentliche Erwachsenenbildungseinrichtung muß gewährleisten, daß es entsprechende Veranstaltungen gibt.

In der Diskussion um das „Konsensproblem in der Politischen Bildung" ist auf eine solche These rekurriert worden. Sie bedeutet gerade nicht, wie ihr gerne vorgeworfen wird, „vorschnelle Harmonisierung", Beschränkung auf das Gängige und Verzicht darauf, sich mit den Diskrepanzen zwischen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit auseinanderzusetzen. Aber sie führt dazu, primitive Alternativen als das zu nehmen, was sie sind. Und sie verhindert, daß der Anspruch auf Kritik sich verselbständigt und sich über das Anreizen eines Wunschdenkens eine Gefolgschaft holt, die meint politisch handeln zu können, ohne die Folgen zu überdenken, die das Handeln haben kann. Vor allem aber läßt ein Konsens über das Kontroverse nicht zu, gesellschaftlich-politische Realität und die in ihr identifizierbaren Konflikte aus einer einzigen Determinante zu erklären. Voraussetzung allerdings ist, die Pluralität der Gesellschaftsinterpretationen anzuerkennen und eine Einstellung als politisch anzusehen, die wir seit Max Weber als Verantwortungsethik bezeichnen. Man möchte annehmen, daß eine wissenschaftliche Ausbildung auf eine Aufgabe vorbereitet, wie sie hier für die Politische Bildung in einer öffentlichen Erwachsenenbildungseinrichtung skizziert worden ist. Immerhin ist die Alternative zur Ausgewogenheit das Abschneiden von Informationen, das Denkverbot, das Verhindern von Aufklärung. Demgegenüber implizieren Wissenschaft und Bildung Kenntnisnahme und Nachvollzug verschiedener Sichtweisen. Letztlich ist dies auch im Interesse der vielzitierten Interessen, weil sie sonst sehr leicht kurzschlüssig interpretiert werden, so daß die Fähigkeit unterentwickelt bleibt, die eine Demokratie braucht, die Fähigkeit zum Planen auf längere Sicht. Obwohl nichts anderes als intellektuelle Redlichkeit gefordert ist — und das heißt das Aufdecken der eigenen Position und ihren relativierenden Bedingungszusammenhang — gehen die Schwierigkeiten beim Übergang vom Studium in den Beruf, wenn es sich um Politische Bildung handelt, gerade darauf zurück, daß die Aufforderung zur Ausgewogenheit für unangebracht gehalten wird. Eine solche Reaktion ist kaum anders zu erklären, als daß die wissenschaftliche Ausbildung mehr mit Sendungsbewußtsein ausgestattet hat als mit analytischen und hermeneutischen Kompetenzen. Es ist nicht hinreichend gelernt, die jeweils verschiedenen Perspektiven zu erkennen, die im Planungsgegenstand, im zu Lernenden, in einem Thema angelegt sind. Ausgewogenheit wird so als Neutralisierung mißverstanden. Wenn also Kritik an den Ausbildungsinstanzen erfolgt, wie das heute allenthalben üblich ist, dann sollte sie sich vornehmlich darauf beziehen, daß zu wenig in das Denken der jeweils anderen eingeführt worden ist. Das aber ist Voraussetzung für ein an dem Prinzip der Ausgewogenheit orientiertes Handeln im Bereich Politischer Bildung

Polarisierung und politischer Stil

Wird dieses Planungsprinzip der Ausgewogenheit mißverstanden oder abgelehnt, so hat dies in mehrfacher Hinsicht verhängnisvolle Folgen. Damit würde das Angebot politischer Bildung in Einrichtungen nicht-richtungsbestimmter Erwachsenenbildung auf ein Minimum reduziert. Wer das Abwägen in der Kommunikation sucht, findet dafür kaum noch einen „Lernort". Die politisch wichtige und di-daktisch organisierte Möglichkeit des Vergleichs von Situations-Interpretationen hat nur geringe Chancen, realisiert zu werden. Kritische Rückfragen gegenüber Machtgruppierungen bleiben ohne Antwort. Wer sich nicht Teilkollektiven oder zumindest Gruppenbildungen unterwirft, muß Angebote der Infor-mation und Reflexion in einer Lerngruppe vermissen. Der Begriff der Zielgruppe erscheint unter der Hand auf den der Gesinnungsgemeinschaft verengt. Vor allem aber gibt außerschulische politische Bildung die Funktion auf, stilbildend auf die Politik einzuwirken. Während sie Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre den simplifizierenden Formen politischen Handelns gegengesteuert und den politischen Stil im Interesse des Argumentativen beeinflußt hat, verstärken die gegenwärtig vorherrschenden theoretischen Prämissen die neuerlichen Tendenzen zu einer politischen Polarisierung. So wird es hingenommen, daß Verdächtigungen die Atmosphäre des politischen Klimas bestimmen und Konfrontation als etwas Selbstverständliches erscheint. Eine solche Entwicklung muß in einer Zeit besonders bedauerlich erscheinen, in der große Politik abermals zu einer Mischung von Show und Ritual zu verkommen droht und in der Unterstellungen auf Gegenseitigkeit Aussagen darüber „ersetzen", wie man Probleme des öffentlichen Lebens anzugehen gedenkt. Ein solcher Stil hat selbst den kommunalpolitischen Bereich erfaßt, für den einmal Sachentscheidungen als Orientierungspunkte der Auseinandersetzung galten, wobei Verwaltung durchaus als Politikum erkannt wurde. Wenn demgegenüber wieder Aufmärsche an die Stelle von Argumentationen getreten sind, so ist dies nicht nur der Ausbruch lange Zeit aufgestauter Empfindungen und ungeklärter Befürchtungen. Das Beklemmende ist vielmehr, daß derartige Aktionen heute von einer Theorie der politischen Bildung gedeckt werden, die für obsolet erklärt, was einmal ihre Intention war, nämlich in Erfahrung zu bringen, was für und was gegen die eine oder die andere Entscheidung spricht. Politische Bildung hat sich so gleichsam von sich selbst dispensiert, da sie sich nicht mehr für die ihr eigentümliche Aufgabe interessiert, nämlich Bürger davor zu bewahren, sich für dumm verkaufen zu lassen.

Es gibt Anzeichen dafür, daß ein großer Teil der Wähler problembewußter ist, als der Präsentations-und der Wahlkampfstil der Parteien unterstellt, daß ihnen mehr Wahrheiten über unsere Zukunft zugemutet werden können, als die Agitation der Versprechungen voraussetzt. Beispielsweise dürfte es so schwierig nicht sein, begreiflich zu machen, daß wir mehr für den Generationenvertrag tun müssen, als gegenwärtig geschieht. Es gibt Anzeichen dafür, daß manche Adressaten von Fensterreden weiter denken, als es Politiker wahrhaben wollen, die nur den nächsten Wahltermin im Auge haben. Das Fatale ist nur, daß Einsicht und Weitblick nicht durch die politische Bildung gestützt werden und so keine merkbaren Formen der Artikulation finden. Statt dessen werden Aktionen propagiert, die nur Gegenaktionen auslösen. Und auf der Ebene des Verbalen erschöpft man sich in der Polemik. Wenn Hufer von den „ abgeschotteten Kommunikationssystemen" spricht, so hat er in der Tat einen gravierenden Sachverhalt getroffen. Nur muß man hinzufügen: Die Politische Bildung des letzten Jahrzehnts hat mit ihren theoretischen Prämissen selbst kräftig zu dieser Abschottung beigetragen. Sie hat gegen das, was sie in Bewegung bringen wollte und was in Bewegung gekommen war, unnötig Widerstände erzeugt. Was ist gemeint, wenn von dem möglichen Einfluß der politischen Bildung auf den politischen Stil gesprochen wird? Es ist damit eine Dimension der politischen Kultur angesprochen. Mit dem Begriff der politischen Kultur eröffnet sich ein weites Feld struktureller und personeller Probleme, das in dem hier vorgegebenen Rahmen nicht abgeschritten werden kann. Dennoch sollte betont werden, daß Merkmale gesellschaftlich-politischer Interaktion so nicht auf Charaktereigenschaften zurückgeführt werden können. Sie signalisieren vielmehr, was erlaubt ist, wenn man öffentlich miteinander streitet. Die Verkehrsformen der öffentlichen Auseinandersetzung sind bei uns kaum wissenschaftlich aufgearbeitet. Dieser Mangel ist nicht nur in dem methodologisch schwierigen Problemzugang begründet. Trotz der bitteren Erfahrungen mit dem Eindringen und der Perversion von politischen Kampfstrategien während der NS-Zeit ist die Sensibilität für politischen Stil, ist seine indikatorische Funktion in der Bundesrepublik kaum erkannt. Wir müssen uns daher hier auf einige Erscheinungsformen unseres politischen Lebens beschränken, gegen die sich wenig Widerstand regt, obwohl oder vielleicht gerade weil sie einen Manipulationseffekt haben und womit außerschulische politische Bildung herausgefordert sein sollte. Es seien deshalb nur einige aktuell erscheinende „Stilqualitäten" genannt, die weithin so selbstverständlich geworden sind, daß kaum noch darauf aufmerksam gemacht wird, wie wenig zweckdienlich sie sind und wie sehr sie den Maßstäben der Menschenwürde entgegenwirken.

Eine politische Bildung, die auf demokratischen Stilwillen abzielt, müßte sich dagegen verwahren, daß politische Parteien mehr mit sich selbst beschäftigt sind, als daß sie sich dringend anstehenden Sachproblemen von allgemein gesellschaftlicher Relevanz zuwenden. Sie müßte sich dagegen wehren, daß an der Rechtfertigung des voraufgegangenen Handelns um jeden Preis festgehalten wird, auch wenn es sich als ein Fehlhandeln erwiesen hat. Ein Recht auf Irrtum steht dem Politiker zu, nicht aber steht ihm an, ihn zu leugnen. Vor allem aber müßte politische Bildung demokratiebewußter Provenienz die scheinbar unüberwindliche Neigung kritisieren, die Darstellung politischen Wollens und Handelns an den vermuteten Erwartungen und Wünschen der potentiellen Wähler zu orientieren und sich damit von der eigenen politischen Gestaltungsfunktion zu dispensieren. So tritt die Technik der Werbewirksamkeit an die Stelle folgenbewußter Entscheidungshilfe und entzieht der argumentativen Mitbestimmungsmöglichkeit die Informationsbasis. Je mehr diese Technik Erfolg hat, um so mehr verliert politische Bildung ihren Wert. Denn es werden von Politikern nicht Angebote zur politischen Willensbildung gemacht, die aus der Problemkenntnis verantwortet werden, sondern es ist vielmehr üblich, Absichten zu bekunden, mit denen man hofft, Mehrheiten zu erlangen, ohne später kontrolliert zu werden, inwieweit sie sich als realisierbar erwiesen haben. Die Spekulation auf die Vergeßlichkeit verdirbt den politischen Stil ebenso wie die Technik der Offentlichkeitsbearbeitung, die tatsächliche gegensätzliche Positionen verhüllt, die nicht so sehr auf die Darstellung des eigenen Wollens gerichtet ist, sondern die Behauptungen über den politischen Gegener verbreitet und den wirksamsten Teil seiner Slogans übernimmt.

Politische Bildung wäre der Ort, auf die Widersprüche zwischen Agitation und Realität zu verweisen. Daß sie eine solche Aufgabe derzeit selten wahrnimmt, hat verschiedene Gründe. Entweder rekurriert man auf eine Gesellschaftsinterpretation, nach der diese Widersprüche nicht aufhebbar sind, weil sie als systemimmanent angesehen werden müssen, oder es wird auf eine anthropologische Naturkonstante abgehoben, nach der Demokratie zur Demagogie verkommen muß. Im ersten Fall reduziert sich politische Bildung auf Kapitalismuskritik und blendet damit weite Bereiche eines möglichen Argumentationsspektrums aus. Im zweiten Fall beraubt man sich mit der Kapitulation vor der Macht des Affektiven der Möglichkeit, die rationale Ordnungskomponente zu verstärken und ihre politische Funktionalisierung am Maßstab der Menschenrechte zu kontrollieren.

Beispiele, wie Mehrheitsentscheidungen auf der Ebene des Emotionalen gesucht und erreicht werden, lassen sich zahlreich nennen, auch wenn es bei derartigen Versuchen manches Mal zu Fehleinschätzungen kommt, weil bei Wählern Grundeinstellungen mitwirken, auf die die Werbung nicht ebenso nachhaltig wirken kann. Wie immer aber die Wirksamkeit im Einzelfall sein mag, Versprechungen, wie sie im üblich gewordenen Konkurrenzkampf um die Gunst der Wähler gemacht werden, lassen sich selten halten. Damit aber wird der Eindruck verstärkt, daß es im Feld der Politik nicht „ehrlich" zugeht. Staats-und Parteienverdrossenheit darf daher nicht verwundern. In der Politischen Bildung wäre dann ein Sinn zu sehen, wenn sie etwas zu dem „Ehrlicher" -Werden beiträgt. Diese eher vermittelnde als handelnde Funktion kommt jedoch heute kaum in den Blick. Ziele werden mehr diskutiert als Stile. Die Argumentationsmöglichkeiten werden nicht voll ausgeschöpft, wenn man sogleich ans Handeln denkt. Damit aber wird die Grundlage der Mitbestimmungsmöglichkeit in Frage gestellt. Die Vertrauensbasis fehlt dann ebenso wie die Informationsbasis. Es greift zu kurz, zu sagen, die Mitbestimmungsmöglichkeiten scheitern an den Machtverhältnissen.

Man mag dem entgegenhalten, daß der Glaube an eine mögliche Argumentationsbasis unrealistisch und naiv ist. Es liegt nahe, darauf zu verweisen, daß seit eh und je die affektiven Reaktionsstrukturen im menschlichen Zusammenleben durchgeschlagen sind. In der Tat kann die Macht emotional bestimmter Reaktionsmuster nicht geleugnet werden. Die Sehnsucht nach dem Ritualen hat sich immer wieder Geltung verschafft, sei es in sporadischen oder in umfassenden Ausbrüchen, sei es sektiererhaft stilisiert oder hierarchisch kanalisiert. Aber gerade weil dem so ist, weil das Emotionale als Mittel zum Zweck der Machtinteressen benutzt wird, weil die Versuche argumentativer Verständigung und Regelung menschlichen Zusammenlebens so viel Widerstände auslösen und permanent gefährdet sind, kann die Funktion Politischer Bildung, wenn sie sich im Dienste der Menschenrechte versteht, diese aber nicht rigori-stisch überzieht, sondern im Kontext historisch-gesellschaftlicher Entwicklung begrenzt als Annäherungswert sieht, nur darin bestehen, die Argumentationsfähigkeit zu fördern. Gerade weil die Durchschlagskraft des Irrationalen nicht geleugnet werden kann, stellt sich die Frage nach den Gegenkräften, damit aber auch, inwieweit sie durch Politische Bildung gestützt werden können.

Sicherlich sind ihre Möglichkeiten begrenzt, wenn sie auf das angewiesen ist, was Hufer als Kurzzeit-Didaktik bezeichnet. Auch besteht sein Monitum wohl zu Recht, daß im Studium auf diese Aufgabe wenig vorbereitet wird. Probleme und Chancen didaktischer Reduktion sind für das Feld Politischer Bildung noch wenig reflektiert und erprobt. Allzu oft erscheint Betroffenheit als Planungspostulat, aber nicht als reales didaktisches Verarbeitungsverfahren. Was hier fehlt — es wurde schon gesagt —, — sind Lebenswelt-Analysen, die Ansätze für eine Kommunikationsbasis erkennen lassen. Es bedürfte der Klärung, was den Adressaten Politischer Bildung als politisch erscheint, oder in welchem Zusammenhang sie zu einer Reflexion bereit und in der Lage sind, die sie als politisch erkennen.

Wenn Hufer zur „Bescheidenheit" mahnt, so sollte sich dies weniger auf die didaktischen Reflexionen beziehen, die mehr Aufmerksamkeit verdienen, als vielmehr auf das übliche Pathos der Ziele, auf die verbalen Kraftakte, die bei ihrer Formulierung vollzogen werden. Eine so verstandene Bescheidenheit wird erkennen lassen, daß Politische Bildung im genauen Sinne des Wortes nur möglich ist, wenn man als der Planende nicht schon genau zu wissen meint, was richtig ist. Immerhin ist es einmal Hermann Giesecke gewesen, der im Strittigen den Gegenstand der Politischen Bildung ausgemacht hat. Nur scheint in Vergessenheit geraten, daß er auch im Prozeß Politischer Bildung strittig bleiben sollte. Diese Art der Bescheidenheit wird es auch denen, die ein Angebot Politischer Bildung letztendlich verabschieden, erleichtern, auf formale Bedingungen bei der Realisierung zu verzichten, etwa auf die von Hufer mehrfach erwähnte „ 10-Teilnehmer-Regelung". Es ist unstrittig, daß das „Schneeball-Verfahren", mit den Veranstaltungen der Erwachsenenbildung vielfach zustande kommen, sich „auf dem Land" schwer realisieren läßt. Der Weg zu einer Veranstaltung, die man auf sich nimmt, steht aber auch in Relation zur Härte der Motivation. Die Auto-Mobilität ist immerhin beträchtlich. Auch könnte es einmal selbstverständlich erscheinen, daß der Schulbus Erwachsenen abends genau so zu Verfügung steht wie am Tage den Schülern. Ob man dies erreichen kann, ist sicherlich nicht unabhängig davon, was man anzubieten vorhat. Dabei kann Bescheidenheit des Selbstanspruchs zu einer wirksamen Planungsqualität werden. Bescheidenheit in diesem Sinne bedeutet nicht, wie man befürchten mag, vorzeitige Verinnerlichung dessen, was ein Träger gerne sieht oder erlaubt. Sie ist vielmehr Produkt der Einsicht in die Komplexität gesellschaftlicher Bedingungen, für die wiederum Politische Bildung eine Sensibilität vermitteln sollte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Außerschulische Politische Bildung, Heft 2/77, hier vor allem die Beiträge von B. Finkelstein, W. Schwarz und B. Witte.

  2. K. P. Hufer /D. Micha, Probleme mit Schulabschlüssen. Chancen der Weiterbildung, in: Neue Unterrichtspraxis 7/1978.

  3. Neuerdings wieder: W. Schulenberg u. a., Soziale Faktoren der Bildungsbereitschaft, Stuttgart 1978.

  4. H. Tietgens /J. Weinberg, Erwachsene im Feld des Lehrens und Lernens. Braunschweig 1971; H. Tietgens, Wie Erwachsene lernen, in: Unterrichts-wissenschaft 3/1975.

  5. Dies gilt auch für den am meisten in der Offent-lichkeit diskutierten Fall der Ausladung von Luise Rinser in Gerlingen.

  6. Drucksache 8/1112 des nordrhein-westfälischen Landtags. Zitiert aus DVV-Informationen, Folge 25, März 1977.

  7. Angesichts der Polarisierungstendenzen, die das politische Klima in den letzten Jahren bestimmt haben und von denen noch zu sprechen sein wird, sind auch Tendenzen zu beobachten, Wirklichkeitsinterpretationen, die nicht denen entsprechen, die die lokal vorherrschenden sind, mundtot zu machen. Wenn aber beispielsweise wieder die Neigung anzutreffen ist, einer oppositionellen Auffassung von vornherein ein Abweichen vom Grundgesetz zu unterstellen, so ist dies unter anderem auch durch die Art herausgefordert, wie über die „FDGO" gesprochen worden ist.

  8. Noch heute wirkt eine Serie von Beiträgen nach, die 1970 und 1973 erschienen sind. Zu ihnen gehören vor allem: J. Kolb, Die Parteilichkeit der Politischen Bildung, HBV 4/1970; E. Klein/E. Weick, Anmerkungen zur Diskussion einer Theorie der Erwachsenenbildung HBV 4/1970; G. Kadel-bach/E. Weick, Politische Erwachsenenbildung und politisches Interesse, HBV 1/1973.

  9. H. Giesecke, Didaktik der Politischen Bildung. München 1974, S. 127.

  10. Deutlich bei: D. Grosser/M. Hättich/H. Ober-reuter/B. Sutor, Politische Bildung. Grundlagen und Zielprojektionen für den Unterricht an Schulen, Stuttgart 1976, ein Konzept, das nicht nur auf die Schule bezogen verstanden werden kann.

  11. Daß es besonderer und zum Teil auch problematischer Mittel bedarf, aus der Konsumentenhaltung herauszuführen, hat die Sendefolge „Holocaust" gezeigt, wozu F. J. Raddatz in der „Zeit" vom 9. 3. 79 etwas zugespitzt, aber ernstzunehmend schreibt: „Schamwirkung hätte ich mir anders vorgestellt. Eine politische Diskussion auch. Ergriffenheit mag sein. Für mich ist es Sportpalast andersrum."

  12. Es muß sich zeigen, inwieweit die in Anm. 11 genannte Sendefolge auch für die Politische Bildung neue Möglichkeiten eröffnet oder ob hier nicht nur auf emotionaler Ebene etwas aufgerührt worden ist, womit man sich kognitiv nicht auseinandersetzen mag.

  13. H. Giesecke, Politisches Lernen und politische Aktion, München 1975, S. 17, 25, 40.

  14. H. G. Wehling, in: S. Schiele /H. Schneider, Das Konsensproblem in der Politischen Bildung, Stuttgart 1978, S. 179.

  15. Weiter ausgeführt in: H. Tietgens, Zur Situation politischer Erwachsenenbildung, in: Wirtschaftspolitische Gesellschaft von 1947 (Hrg.): Langzeitorientierung in einer offenen Welt, Frankfurt 1977, und H. Tietgens, Politische Bildung und politischer Stil, in: HBV 2/1979.

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