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Gedanken zur politischen Betätigung des Soldaten Zum Aufsatz von Heinz Schaefgen „Soldat und Politik" (B 6/78) | APuZ 6/1979 | bpb.de

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Gedanken zur politischen Betätigung des Soldaten Zum Aufsatz von Heinz Schaefgen „Soldat und Politik" (B 6/78)

Werner von Scheven

/ 10 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Aus Politik und Zeitgeschichte, B 6/79, S. 35— 38

Als der Bundestag am 7. Dezember 1978 den Bericht des Untersuchungsausschusses über den Verratsfall Lutze — Wiegel beriet, wurde in einem Debattenbeitrag wieder einmal aufs Neue der Verdacht einer verschwörerischen parteipolitischen Machenschaft im Bundesministerium der Verteidigung ausgesprochen.

Im Heft B 6/78 dieser Zeitschrift stellte der Leiter der Personalabteilung des BMVg, Ministerialdirektor Dr. H. Schaefgen, Betrachtungen zur politischen Betätigung des Soldaten an. Damit wurde die öffentliche Diskussion zu einem Thema eingeleitet, das viele Soldaten bewegt. Die Diskussion sollte fortgeführt werden.

Ein Soldat, der es für richtig hält, sich nicht parteipolitisch zu betätigen, solange er Führungsaufgaben in den Streitkräften wahrnimmt oder anstrebt, wird durch verschiedene Passagen des Diskussionsbeitrages zu einer Entgegnung herausgefordert. Dies vor allem deshalb, weil die undifferenzierte Verwendung der Begriffe „konservativ" und „fortschrittlich" unter dem behandelten Thema den Eindruck erwecken kann, nur derjenige Soldat sei ein fortschrittlicher Soldat, der sich parteipolitisch betätigt. Vielleicht ist es so nicht gemeint, aber es könnte so verstanden werden. Ich habe die Gesamtaussage der „Betrachtungen zur politischen Betätigung des Soldaten" so verstanden, wie sie in folgenden Kurzthesen zusammengefaßt ist: — Die rechtlichen Grundlagen der politischen Betätigung des Soldaten sind klar. Die Teilnahme an der Willensbildung durch Mitarbeit in einer demokratischen Partei ist mit den soldatischen Pflichten vereinbar. — Unsere Bundesrepublik Deutschland braucht die Mitverantwortung ihrer Bürger, auch ihrer Staatsbürger in Uniform. — Die Besorgnis einer Gefährdung der inneren Geschlossenheit der Streitkräfte durch politische Betätigung der Soldaten ist heute geringer, denn die Gesellschaft und die Bundeswehr sind reifer geworden. Die noch bestehenden gesetzlichen Einschränkungen des Rechtes auf politische Betätigung müssen ebenso kritisch befragt werden wie die neu-trale Haltung (politische Abstinenz) vieler längerdienender Soldaten. — Ein Zug zur politischen Neutralität ist nicht zu übersehen. Er wird zwar durch die Sorge um Kameradschaft, Disziplin und Vertrauen zur Führung legitimiert, ist jedoch auch Ausdruck traditionalistischer — also nicht mehr zeitgemäßer — Vorstellungen. „Der Wunsch nach der konfliktfreien Welt, nach dem Unpolitischen und nach Überpartei-lichkeit ist noch immer ausgeprägt vorhanden." Der demokratische Staat wird mit dieser Realität leben können, wenngleich sie zu bedauern ist.

— Es geht um die Durchsetzung aller politischen Rechte — auch in den Streitkräften —, denn nur sie sichern die Substanz des demokratischen Staates. Aus diesem Grunde ist die politische Parteinahme eines Soldaten Ausdruck fortschrittlicher demokratischer Gesinnung.

In vielem, so vor allem in der Begründung und Bewertung der gegebenen Rechtslage, ist dem Verfasser zuzustimmen. Da es wirklich unpolitisch denkende längerdienende Soldaten gibt (vermutlich weniger als in anderen Berufsgruppen), ist es zu begrüßen, daß ein so provozierender Diskussionsbeitrag jeden Soldaten zu einer kritischen Überprüfung seiner eigenen Haltung herausfordert.

Ich stimme dem Verfasser auch zu, soweit er die Absicht hatte, die in den demokratischen Parteien mitwirkenden Soldaten zu ermutigen und gegen sie gerichtete pauschale Vorurteile zurückzuweisen.

Ich befürchte jedoch eine darüber hinausgehende — vielleicht sogar vom Verfasser unerwünschte — Wirkung des Artikels. Er scheint nämlich geeignet, außer den politischen „Abstinenzlern" auch diejenigen Soldaten zu verunsichern, die alle Rechte einer politischen Betätigung mit Ausnahme einer Parteimitgliedschaft wahrnehmen. Sie müssen sich betroffen fühlen von der allzu einfachen Einteilung in Fortschrittliche und Konservative, in diejenigen, „die auch bei Krisen bereit sind, unsere demokratische Verfassung zu verteidigen", und die anderen, die ihre politischen Rechte (und Pflichten?) nicht wahrnehmen. Der Begriff „konservativ" ist in der politischen Diskussion nun einmal negativ besetzt.

In der Darstellung wird dem Soldaten ohne parteipolitisches Engagement allenfalls zugebilligt, daß er berechtigte, wenn auch allzu große Vorsicht übe, daß seine Haltung eben „Teil einer Erziehung und einer internationalen Tradition" sei, daß er damit nicht notwendig antidemokratisch eingestellt sein müsse, und daß er durchaus ein fähiger Soldat sein könne. Aber dann stellt Schaefgen fest, „die Forderung nach parteipolitischer Neutralität kann zu einem gefährlichen Gemeinplatz werden, wenn damit nur die wirklichen politischen Überzeugungen verdeckt werden sollen". Das suggeriert den Umkehrschluß: Wer wirklich politische Überzeugungen hat, darf parteipolitisch nicht neutral sein.

Durch diese Argumentation sieht sich ein nicht parteipolitisch gebundener Offizier in eine Ecke gedrängt — nämlich in die vielbeschworene Traditionalistenecke —, und als einziger Ausweg wird ihm das parteipolitische Engagement angeboten. Genau hier ist Widerspruch angezeigt, denn so einfach scheinen mir die Dinge nicht zu liegen.

Zunächst unterscheidet der Verfasser m. E. nicht eindeutig zwischen politischer Betätigung und parteipolitischem Engagement. Es ist zu vermuten, daß er damit derjenigen Auffassung folgt, nach der der Bürger sich nur durch Mitarbeit in Parteien politisch betätigen kann. Ich meine, daß ein Staatsbürger sich auch ohne Parteimitgliedschaft in vielfältiger Weise um politische Standpunkte bemühen und politisch verantwortlich betätigen kann. Dem militärischen Vorgesetzten ist es im Soldatengesetz auferlegt, für die Demokratie einzutreten, in seiner Haltung ein Vorbild zu geben und staatsbürgerlichen Unterricht zu erteilen. Politische Nichtbetätigung oder Neutralität wäre von daher pflichtwidrig. Eine Bindung der genannten Pflichten an das Parteienprinzip kann aber aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden. Demzufolge ist politische Betätigung ohne parteiliche Bindung möglich, legitim und prinzipiell gleichwertig. Sie ist — zugegeben — wahrscheinlich weniger wirkungsvoll, legt man als Kriterium die Einflußnahme auf die politische Willensbildung durch die Parteien zugrunde.

Nicht nur begrifflich werden die beiden Gruppen der parteipolitisch aktiven und der anderen Soldaten einseitig charakterisiert.

Der unbefangene Leser erkennt die einen als fortschrittliche, risiko-und verantwortungsfreudige Demokraten, die bei Kameraden und Vorgesetzten fortwährend auf skeptische bis ablehnende Haltung stoßen. Die anderen erscheinen als risiko-und (politisch) verantwortungsscheue Nur-Soldaten, die die Entfaltung demokratischer Freiheiten nicht fördern. Beide Feststellungen sind durchaus Teil der Wirklichkeit, aber sie sind nicht die ganze Wahrheit. Das Bild bedarf der Ergänzung.

So wie es den „Unpolitischen" auf der einen Seite gibt, so gibt es den „Opportunisten" auf der anderen Seite. Parteien haben Macht und Einfluß. Sie werden den Soldaten zu fördern trachten, der sich durch verantwortungsvolle Mitarbeit verdient macht. Das ist legitim und muß nicht unbedingt ein Störfaktor sein. Bedenklich für den Zusammenhalt der Streitkräfte wird solches erst dann, wenn die Vermutung begründet ist, daß die Mitgliedschaft in einer Partei allein ausreicht, um gegebenenfalls persönlichen oder dienstlichen Vorteil zu ziehen. Gewisse Erscheinungsformen im Umgang der Parteien mit ihren Mitgliedern im Soldatenberuf und umgekehrt vermitteln den Eindruck, es entstehe mit dem Beitritt zu einer politischen Partei sogleich ein besonders inniges Loyalitätsverhältnis auf Gegenseitigkeit, durch das sich dienstliche oder persönliche Ambitionen gegebenenfalls leichter durchsetzen lassen. Nur ein einziger Fall kann die Vermutung begründen. Die Vermutung jedoch wirkt wie ein schleichendes Gift. Dieser Tatbestand ist ein nicht leichtfertig von der Hand zu weisendes Handicap des Kameraden und des militärischen Vorgesetzten.

Es ist ferner ein bedauerlicher Teil der Wirklichkeit, daß mit der Parteimitgliedschaft in unserer Gesellschaft allzuoft ein Feindbild erworben wird. Wer in einer Partei mitarbeitet, wird leider vielfach — oft gegen seinen Willen und ohne eigenes Zutun — Träger und Objekt eines Feindbildes. Die praktische Erfahrung zeigt, daß von diesem Tatbestand nicht nur „auf Ortsebene" oder in vereinzelten Fällen individuellen Versagens eine Belastung für die Kameradschaft, die Disziplin und das Vertrauen zur Führung ausgehen kann.

Der Satz „zum Wohle des Staates und zugunsten der Partei" — so meint der Verfasser — läßt sich in der Praxis nicht ganz verdrängen; er reicht jedoch nicht aus, um dem Staatsdiener ein parteipolitisches Engagement zu verbieten. An ein Verbot wird wohl auch im Ernst nicht gedacht. Ich meine aber, daß die hinter diesem Satz stehende begründete Vermutung ausreichen kann, um dem Staatsbür-ger im Soldatenberuf den Verzicht auf ein parteipolitisches Engagement nahezulegen.

Eine weitere Aussage muß in Frage gestellt werden: „Aktivitäten zugunsten einer Partei können nicht mit Treuepflichten gegenüber dem Staat kollidieren, wenn die Partei eine Verwirklichung des Verfassungsauftrages anstrebt." Beispiele für einen Loyalitätskonflikt und seine Lösung zugunsten der Partei — der man möglicherweise viel zu verdanken hat — lassen sich leicht finden. Als unverdächtiger Zeuge sei der Bundeskanzler selbst zitiert, der am 12. September 1978 in der MONITOR-Sendung des Deutschen Fernsehens sagte: „Ich halte es für eine schlimme Entwicklung, wenn Angehörige von Ämtern und Behörden meinen, sie könnten für die Zukunft für sich vielleicht Vorteile oder für die ihnen nahestehende Partei oder politische Strömung Vorteile dadurch erringen, daß sie etwas, was ihnen von Amts wegen anvertraut ist, gesetzeswidrig an Außenstehende gelangen lassen."

Es scheint mir daher keineswegs ausgeschlossen, daß Aktivitäten zugunsten einer Partei angesichts der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit den Pflichten des Soldaten und des militärischen Vorgesetzten kollidieren können. Die unausgesprochene Unterstellung, es sei so, ist ein weiteres Handicap des Offiziers mit Führungsaufgaben. Zwischen Verfassungsnorm und -Wirklichkeit besteht doch oft ein Unterschied.

Der unmittelbare Informationsaustausch auf „Parteikanälen" am Dienstweg vorbei wird nach einem Bericht der Journalistin Nina Grunenberg („Die Zeit") von einigen Generalen sehr kritisch gewürdigt. Schaefgen vermutet hinter dieser Kritik „alte Klischees" und eine „traditionsbedingte Abwehrposition''.

Mir scheint hier ein Mißverständnis vorzuliegen. Ist es nicht in Wirklichkeit der Mangel an Zivilcourage und Loyalität, den ein Vorgesetzter kritisiert, wenn ein Untergebener sich ohne Kenntnis des Vorgesetzten über den Dienstweg hinwegsetzt? Die Formel von der ungeteilten Verantwortung des Truppenführers ist kein leeres Wort; sie ist nicht nur Inhalt gültiger Tradition, sondern auch geltender Vorschriften. Es ist meist nicht der Bericht des einzelnen an einen „einflußreichen Sponsor", sondern die Form der Reaktion von oben, die der Kommandeur als nicht mit den Grundsätzen eines kooperativen Führungsstils vereinbar bewerten kann. Der Verfasser nennt drei Konfliktgruppen, die im Spannungsfeld zwischen politischer Betätigung und den Einschränkungen des Soldatengesetzes (§ 15) auftreten. Die gerade erwähnten Fälle bilden eine weitere Gruppe: Die Einflußnahme auf Vorgesetzte und Dienststellen auf Veranlassung von Mitgliedern einer Partei im Unterstellungsbereich.

Viele Erscheinungsformen des demokratischen Machtkampfes lassen den Schluß zu, daß Solidarität über Parteigrenzen hinweg noch keine Selbstverständlichkeit ist. Gewiß sollte jeder das Seine dazu tun, um die Solidarität der Demokraten verwirklichen zu helfen. Die Klammern der Kameradschaft und des Korpsgeistes erscheinen zwar als günstige Vorbedingung, um durch das eigene Beispiel gewissermaßen mehr Demokratie zu wagen. Die Kameradschaft ist jedoch nicht qua gesetzlicher Vorschrift als eherner Bestand gegeben. Sie ist vielmehr eine empfindliche, pflegebedürftige und schutzbedürftige Tugend, auf der die Funktionstüchtigkeit von Streitkräften beruht. Der Verfasser überschätzt m. E. die Belastbarkeit der Armee unter den Bedingungen des demokratischen Machtkampfes und des politischen Pluralismus. Erst wenn die Parteien selbst vorleben, wie sich Solidarität im Konflikt und Toleranz im Pluralismus äußert, wird der Zusammenhalt der Streitkräfte eine verbreitete parteipolitische Betätigung der Staatsbürger im Soldatenberuf tragen können.

Es ist freilich zu fragen, ob nicht trotz alledem die Mitwirkung des Offiziers an der politischen Willensbildung zu fordern sei, weil der Verzicht möglicherweise den demokratischen Geist und die Verfassungstreue der Streitkräfte oder die Substanz unserer verfassungsmäßigen Ordnung gefährdet. Die zweideutige politische Stellung der Reichswehr ist kein Modell, aber auch kein Menetekel für die Bundeswehr. Kein aktiver Soldat von heute hat noch in der Reichswehr gedient. Die mahnende Befürchtung einer traditionsbedingten Abwehrposition des Offizierkorps, die im Kern auf den General v. Seeckt zurückgeht, ist m. E. unbegründet. Solche Analogien haben angesichts der tiefgreifenden politischen Wandlungen keinen Bestand. Die Weimarer Verfassung wies dem Parteienprinzip im Unterschied zum Grundgesetz keinen Rang zu. Große Teile des deutschen Volkes waren mit dem Parlamentarismus nicht einverstanden. Die Sehnsucht nach einer autoritären Führung war weitverbreitet.

Der Verfasser schreibt: „Demokratie lebt vom Pluralismus der Meinungen, von Diskussion und Kampf." Nach meinem Verständnis wird Pluralismus vom Grundgesetz anerkannt, institutionalisiert und geschützt, Kampf wird toleriert und organisiert. Die Demokratie lebt aber vom Grundkonsens — eben von der So-lidarität der Demokraten, von der Kompromißbereitschaft, von der Anerkennung parlamentarischer Mehrheitsentscheidungen, von der Toleranz. Eine wesentliche Ursache für das Scheitern der Weimarer Republik war die Verweigerung des demokratischen Grundkonsenses in den mehr rechtsorientierten Bevölkerungskreisen und Parteien. Ist die Bereitschaft zum Konsens bei der weit überwiegenden Mehrheit unseres Volkes in der Bundesrepublik nicht der ganz wesentliche Unterschied zum Staat von Weimar?

Die Verfassungstreue der Bundeswehr und die demokratische Loyalität des Offizierkorps werden ernsthaft von niemandem in Zweifel gezogen. Wiederholt hat die politische Führung unseres Staates die Pflichttreue und demokratische Gesinnung der Soldaten hervorgehoben. Zum Beweis bedarf es nicht verstärkter parteipolitischer Betätigung. Die Forderung, „den von der Verfassung gewollten Pluralismus der Gesellschaft auch in der Bundeswehr zu verwirklichen", erscheint unverständlich. Pluralismus existiert in der Bundeswehr, ob man dies gutheißt oder nicht. Bei manchen Soldaten muß gewiß die Einstellung zum Pluralismus geändert, mehr Toleranz gefordert werden. In welcher Berufsgruppe wäre das nicht auch nötig?

Streitkräfte sind ein Instrument des Staates zur Konfliktlösung nach außen. Deshalb bedürfen sie in hohem Maße der Disziplin, der Motivation und des . Zusammenhaltes. Nur dem Soldaten sind diese Tugenden durch das Gesetz auferlegt. Streitkräfte sind aber auch Austragungsort interner Konflikte. Deshalb bedürfen sie der Integration in den Rechtsstaat und in die pluralistisch-demokratische Gesellschaft. Beide Ziele stehen in Konkurrenz.

Die soldatische Existenz muß daher im Mittelpunkt eines Konfliktsystems von außerordentlicher Spannung gesehen werden. Der Verfasser erwähnt diese zwei sich überschneidenden Prinzipien zwar, doch hält er offensichtlich die Zeit für gekommen, das Kohäsionsprinzip zugunsten des Integrationsprinzips stärker zu belasten. Dem Verfasser ist zuzustimmen, daß man die parteipolitische Aktivität eines Offiziers nicht von vornherein als Störfaktor betrachten darf. Der Offizier soll sich nicht grundsätzlich von der Mitwirkung an der politischen Willensbildung ausschließen.

Ich bin dafür, daß ein Offizier, der sich berufen fühlt und glaubt, dies mit seinen Dienstpflichten vereinbaren zu können, in einer Partei mitarbeitet. Ich entbiete ihm meine Kameradschaft und meinen Respekt, erwarte jedoch von ihm, daß er sich mit den Friktionen und neuralgischen Punkten, die daraus erwachsen können, kritisch auseinandersetzt. Ein Offizier mit Aufgaben in der Truppen-oder Personalführung hat m. E. eher mit Friktionen zu rechnen als ein Offizier mit anderen Aufgaben.

Ich erwarte von den Parteien, daß sie im Umgang mit ihren Mitgliedern im Soldatenberuf den besonderen Zielkonflikt berücksichtigen, dem Soldaten stets ausgesetzt sind, insbesondere, daß sie den Eindruck vermeiden, Parteibeziehungen könnten für persönliche und dienstliche Vorteile genutzt werden.

Der Verzicht auf den Beitritt zu einer Partei ist eine legitime Lösung des Zielkonfliktes des Soldaten. Damit ist weder ein Verzicht auf politische Meinungen und ihre Diskussion noch Intoleranz gegenüber den Kameraden verbunden, die sich anders entschieden haben. Es gilt, das für die Funktionstüchtigkeit der Streitkräfte Nötige zu tun, ohne das für die Weiterentwicklung unseres demokratischen Gemeinwesens Mögliche zu unterlassen. Dabei wird das Ja oder Nein zur parteipolitischen Mitarbeit von den Möglichkeiten, von der Funktion und der Risikoeinschätzung des einzelnen abhängen. Keiner der beiden Entscheidungsfälle kann heute zum allgemeinen Grundsatz erhoben werden.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Werner von Scheven, Oberst i. G., geb. 1937; Soldat des Heeres seit 1957; Generalstabsausbildung 1968 bis 1971 an der Führungsakademie der Bundeswehr und am US-Army Command-and General Staff College; zur Zeit Referent im Führungsstab der Streitkräfte.