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Zur Zukunft der Europäischen Politischen Zusammenarbeit Zwischen Diplomaten-Club und gemeinsamem Entscheidungszentrum | APuZ 38/1978 | bpb.de

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APuZ 38/1978 Artikel 1 Die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft nach Süden Mehr Risiken als Chancen? Zur Zukunft der Europäischen Politischen Zusammenarbeit Zwischen Diplomaten-Club und gemeinsamem Entscheidungszentrum Universitäts-Partnerschaft Bonn -Warschau Eine Dokumentation

Zur Zukunft der Europäischen Politischen Zusammenarbeit Zwischen Diplomaten-Club und gemeinsamem Entscheidungszentrum

Reinhardt Rummel

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Zusammenfassung

Trotz einer unbestreitbaren „Erfolgsbilanz" darf nicht darüber hinweggesehen werden, daß die EPZ noch keine gemeinsame Außenpolitik im engeren Sinne darstellt, sondern bestenfalls einen Weg dorthin. Einige außenpolitische Funktionen unterhalb dieser Stufe haben die Neun aber dank der EPZ wahrnehmen können (Informations-und Konsultationsaufgaben untereinander, gemeinsame Analyse internationaler Problemlagen, Konferenzdiplomatie und „Diplomatie der Erklärungen" gegenüber Dritten). In weitere Aufgaben kann die EPZ — vorausgesetzt, die äußeren Bedingungen sind günstig — hineinwachsen (Koordination außenpolitischer Eigeninitative der Neun, Krisenmanagement in internationalen Konflikten, flankierende Aufgaben für die EG-Außenwirtschaftspolitik). Die Übernahme neuer Funktionen wird nicht ohne Einfluß auf die Struktur der EPZ sein. Je nachdem, welche Entwicklungsbedingungen ausschlaggebend sein werden, könnte die EPZ langfristig entweder zum Nukleus einer gemeinschaftlichen Außenpolitik avancieren oder zur bloßen Sammelstelle für nationale Diplomatie absinken. So betrachtet, wäre die Offenheit des Entwicklungsprozesses der EPZ ihr entscheidendes integrationspolitisches Merkmal. Indessen dürfte eine so weitgehende Offenheit im realen Entwicklungsprozeß nicht gegeben sein, eher tritt dort die Begrenztheit des Versuches, den die Neun mit der EPZ eingegangen sind, hervor. Sie haben auf der einen Seite das EPZ-System bewußt nicht als ein integrales Element im Gemeinschaftsbildungsprozeß angelegt, mit dem eine echte gemeinschaftliche Außenpolitik betrieben werden kann, zögern auf der anderen Seite aber kaum, immer weitere Probleme internationaler Politik in ihre pragmatische Zusammenarbeit einzubeziehen. Dadurch geraten die Neun möglicherweise immer mehr in das Dilemma, entweder ihr begrenztes Instrument zu überfordern oder ihre integrationspolitische Zurückhaltung aufzugeben. Als Zwischenlösung bietet sich hier zwar an, bei Verfahren und Inhalten der EPZ auf unausgeschöpftes Entwicklungsund Innovationspotential zurückzugreifen, aber nach dieser Überbrückungsmaßnahme wird sich die integrationspolitische „Gretchenfrage“ doch stellen. Das ist auch deshalb zu erwarten, weil durch die zunehmende Komplexität der internationalen Aufgaben einer (bald auf zwölf Mitgliedstaaten erweiterten) Gemeinschaft eine erfolgreiche außenpolitische Zusammenarbeit der Neun wohl zunehmend von den Wechselbeziehungen zwischen einer wirksamen EG-Außenwirtschafts-und Entwicklungspolitik und einer leistungsfähigen EPZ abhängen wird.

In der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) wirken die Außenminister und die Auswärtigen Dienste der neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (EG) zusammen, damit Europa auch auf außenpolitischem Gebiet den Grad an Handlungsfähigkeit erreicht, den der gegenwärtige Stand der europäischen Einigung erfordert. Die EPZ in ihrer heutigen Form entstand im Zusammenhang mit den Bemühungen der beiden europäischen Gipfelkonferenzen von Den Haag (1969) und Paris (1972), um beim Eintritt in die Endphase des Gemeinsamen Marktes und vor der Erweiterung der EG die politischen Leitlinien für die europäische Einigung zu bestimmen. *)

I. Kooperation wozu? Aufgaben und Funktionen weiterer Zusammenarbeit der Neun

Der Trend: Ausweitung ohne Vertiefung Die außenpolitische Zusammenarbeit der Neun hat in den vergangenen sieben Jahren noch keine gemeinsame europäische Außenpolitik entstehen lassen. Von der Stunde Null 1970 bis heute sind jedoch Fortschritte auf dieses Ziel hin gemacht worden. Ob die Entwicklung anhält, ist offen; verläßliche Anhaltspunkte gibt es nicht. Allenfalls können Faktoren beschrieben werden, die in diesem Zusammenhang eine mehr oder weniger bedeutende Rolle spielen. Dazu gehören eine Definition der zukünftigen Aufgaben und Funktionen der Neuner-Politik sowie eine Analyse der Anpassungsmöglichkeiten der EPZ-Struktur. Schließlich werden auch die innereuropäischen Entwicklungsbedingungen der Gemeinschaft und die Einflußfaktoren von außerhalb des Neunerkreises einzubeziehen sein Bevor aber eine Antwort auf die Frage: Wohin geht die Reise der EPZ? versucht wird, sollen zunächst einige kurze Charakterisierungen des gegenwärtig erreichten Entwicklungsstadiums der EPZ gegeben werden.

Auffallend ist in erster Linie die anscheinend unaufhörliche Ausdehnung der Neuner-Konsultationen auf immer weitere Bereiche und Probleme der Außenpolitik. Die Zusammenarbeit der Neun verliert immer mehr ihren anfangs der 70er Jahre als typisch geltenden selektiven Charakter. Dennoch scheint sich hinsichtlich der sektoralen Einengung kaum etwas zu ändern. Das Tätigkeitsfeld der EPZ bleibt weiterhin die Diplomatie — unter Ausschluß ökonomischer und militärischer Fragestellungen. Themen wie die Abrüstungsgespräche im Committee of the Conference on Disarmament in Genf und in der VN in New York werden zwar durch die EPZ betreut, haben jedoch keinen markanten Stellenwert im Kontext der eigentlichen verteidigungs-und sicherheitspplitischen Auseinandersetzungen zwischen Ost und West. Ähnliches gilt hinsichtlich der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Zwar war die EPZ von Anfang an nicht dafür gedacht, in diesen Fragen substantielle Funktionen zu übernehmen, aber auch eine immerhin denkbare enge Koordinierung zwischen EG-Außenwirtschafts-Politik und EPZ-Aktivitäten ist bisher nicht zustandegekommen. Einige wenige Fälle pragmatischer Koordinierung beider Stränge europäischer Außenpolitik (in der KSZE, beim Euro-arabischen Dialog) werden durch übertriebene Abgrenzung in anderen Situationen (EPZ-Stellungnahme zum Zypern-Konflikt, Nahost-Erklärungen) wieder aufgehoben. Andererseits scheint sich anzubahnen, daß der Freiraum zwischen einigen Aktionsfeldern der EG wie auch der NATO und den „Jagdgründen" der EPZ immer geringer wird. Konsequenzen aus dieser Entwicklung sind noch nicht gezogen.

Die stetige Ausweitung der Themenbereiche darf nicht zur Annahme verleiten, die EPZ sei inzwischen primär zu einem Instrument der Neuner-Initiative in den internationalen Beziehungen geworden. Die defensive Natur des EPZ-Systems hat sich nicht grundlegend gewandelt. Der Schwerpunkt seiner Leistungsfähigkeit ist bei der gegenseitigen Information und der gemeinsamen Analyse geblieben Ziemlich unverändert ist weiterhin der niedrige Grad an politischer Verpflichtung in der EPZ. Die Anhäufung eines außenpolitischen Fundus an gemeinsamen Sichtweisen und abgestimmten Haltungen hat insofern wenig bewirkt. Von nationalen Profilierungsmöglichkeiten auf Kosten der Neuner-Solidarität wird nach wie vor reger Gebrauch gemacht. Die Ausnahmen bestätigen hier nur allzu häufig die Regeln

Neben der Themenausweitung in der EPZ läßt sich in der zunehmenden Bildung von EPZ-Gremien mit gelegentlichen Tendenzen zur Verselbständigung eine zweite, auffallend dynamische Entwicklung beobachten. Es handelt sich um mehr als nur eine proportionale Erweiterung entsprechend den vermehrten Problembereichen. Negativ ausgedrückt, könnte von einer Ausuferung des EPZ-Apparates gesprochen werden, der — wie z. B. im Rahmen des Euro-arabischen Dialogs — eine nahezu unübersehbare und kaum mehr steuerbare Anzahl von Arbeits-, ad hoc-, Experten-und Untergruppen hervorbrachte, die selbst bereits eine Koordinierungsgruppe erforderlich machte. Innerhalb einer nationalen Administration bleibt der Einzugsbereich nicht mehr auf die Mitarbeiter der Außenministerien begrenzt, sondern dehnt sich auf die Experten vieler Fachministerien aus. Gleichzeitig steigt das Ausmaß der Konsultation und Kooperation unter den Diplomaten der Neun in Dritt-ländern und bei internationalen Organisationen. In jedem Fall verstärken sich hierbei Verselbständigungstendenzen: Experten (vor Ort) haben untereinander häufig eine — gemessen an der offiziellen nationalen Position — „zu große Einsicht" in das, was notwendigerweise getan werden sollte, so daß aie nationale politische Entscheidung nicht selten unter den Druck der Vorschläge gerät, die bereits einen „Neuner-Stempel" tragen.

Während sich bislang die EPZ in einer prozeduralen Aufbauphase befand, scheint nunmehr hier und da der Punkt erreicht, wo das ganze Gebilde aus den Fugen geraten könnte. Das Politische Komitee, Zentralorgan der EPZ und Bindeglied zwischen der politischen und der administrativen Ebene, steht hier vor schweren Aufgaben. Selbst inzwischen allzu sehr formalistisch geworden, gerät dieses ehemalige Davignon-Komitee allmählich zu einem technokratischen Club ohne besonderen politischen Impetus, zumal auch die „Männer der ersten Stunde" inzwischen alle „ihr Kind" verlassen haben. Der Ruf nach Direktorensitzungen ä la Gymnich, wie sie die Außenminister im entspannten Rahmen pflegen, ist nur ein Symptom des erreichten Entwicklungsstandes. Ein Trend zur Arteriosklerose ist unverkennbar.

Ohne weitere Charakteristika des gegenwärtigen Stadiums der EPZ anzuführen, läßt sich vorläufig zusammenfassen, daß sie heute ein Entwicklungsniveau erreicht hat, auf dem der vorgegebene Systemrahmen weitgehend ausgefüllt wird. Dem augenblickliche! } Trend folgend stößt sie aber an einigen Stellen (Themenausdehnung, prozedurale Ausuferung) bereits an selbstgesteckte Grenzen. Welche Entwicklungsmöglichkeiten vorstellbar sind, wird noch zu behandeln sein (vgl. Kap. III). Hier soll zunächst darauf eingegangen werden, wo die zukünftigen Handlungsschwerpunkte der EPZ liegen könnten bzw. sollten, und wie diesem Aufgabenhaushalt organisatorisch und politisch entsprochen werden kann.

Arbeitsschwerpunkte der Neuner-Politik Die bisherigen (geographischen) Arbeitsschwerpunkte der EPZ werden aller Voraussicht nach auch in Zukunft erhalten bleiben: Osteuropa, Naher Osten, Mittelmeerraum, Afrika, Nordamerika und Vereinte Nationen. Hinzutreten könnten allenfalls Problemkomplexe in Mittel-und Ostasien sowie in Mittel-und Südamerika. Zwar hat im Rahmen der EPZ über Fragen aus diesen Regionen bereits sporadisch ein Meinungsaustausch stattgefunden, im Vergleich zu den übrigen Regionen der Weltpolitik haben die Europäer hier bisher jedoch wenig Anlaß für abgestimmte Diplomatie größeren Umfangs gesehen. Gegenwärtig sind auch keine verläßlichen Anzeichen auszumachen, die auf eine baldige Veränderung dieser Lage schließen ließen Vielmehr dürften zukünftig eher die alten Grenzpunkte der EPZ-Tätigkeit noch deutlicher und umfassender in Erscheinung treten

So hatten sich die EPZ-Aktivitäten im Hinblick auf die Beziehungen zu den osteuropäischen Ländern bisher weitgehend darin erschöpft, die Neun in der KSZE mit einer Stimme auftreten zu lassen. Die EPZ könnte aber künftig nicht nur als Managementform für die Vorbereitung und das Durchstehen einer Ost-West-Konferenz betrachtet, sondern von den Regierungen der Neun auch dazu verwendet werden — selbst ohne Konferenzanlaß —, die diplomatischen Beziehungen mit dem Osten auf breiterer Basis unter den Westeuropäern abzustimmen. Diese Prognose bedarf einiger Sätze der Erläuterung. Für die Glaubwürdigkeit der Position der Neun ist offenbar entscheidend, daß sie — über die Ergebnisse von Helsinki und Belgrad hinaus — von einer gemeinsamen Argumentationsbasis auch bei anderen multilateralen oder bilateralen Ost-West-Gesprächen ausgehen können. Folgt man dieser Auffassung, so wird in der Zukunft weniger die Vorbereitung auf das KSZE-Folgetreffen in Madrid die Arbeitskraft der Westeuropäer beanspruchen als vielmehr die Vielfältigkeit der Formen, unter denen speziell die Sowjetunion die Geschlossenheit des Westens prüft. Dabei sind die Themen breiter gestreut, als die „Kompetenz" der EPZ reicht, sie stehen aber mit ihrem Arbeitsfeld in Wechselbeziehung: Mitsprache Moskaus in westlichen kommunistischen Parteien, die MBFR-Verhandlungen, die Rückwirkungen der SALT-Vereinbarungen, das Verlangen nach „gleichberechtigten" Beziehungen zwischen COMECON und EG, Breschnews Vorschläge zu paneuropäischen Konferenzen über Energie-, Umwelt-und Verkehrsfragen, die sowjetischen Vorstellungen zu der weltweiten Abrüstungskonferenz im VN-Rahmen etc.

Zweifellos ist die östliche Seite bei diesen Themen nicht immer in starker, sondern meistens eher in ambivalenter Position gegenüber dem Westen. Für die Westeuropäer kommt es aber auf zwei Dinge an, einmal sich nicht als Europäer (z. B. bei Abrüstungsfragen) und nicht in der Atlantischen Allianz (z. B. durch pan europäische Unternehmungen) auseinanderdividieren zu lassen, zum zweiten in dem Konglomerat von östlichen Avancen den Überblick zu behalten, sehr verschiedenartige Dinge zusammenzusehen und beispielsweise Kooperationsbereiche nicht vom antagonistischen Hintergrund isolieren zu lassen, nur weil es westlicherseits dafür unterschiedliche Handlungsrahmen gibt. Es ist von den gegebenen Wirkungsgrenzen der Neuner-Zusammenarbeit her ausgeschlossen, eine Gesamtschau der Ost-West-Beziehungen zu bewerkstelligen und evtl, noch umfassende operative Vorschläge anzubieten. Aber die Neun werden möglicherweise unter dem Druck der anstehenden Aufgabe Lösungswege suchen, und dabei könnte auch von der EPZ ein bescheidener Beitrag erwartet werden.

Im Gegensatz zum Ost-West-Verhältnis bilden in den Nord-Süd-Beziehungen die ökonomischen Fragen in ihrer Verknüpfung mit politischen Aspekten die spezifische Herausforderung für die Westeuropäer. Die Neun werden hier wohl immer weniger damit auskommen, eine Dritte-Welt-Politik zu verfolgen, die sich — um es zu überzeichnen — allein auf die Höhe der Textilimporte aus Entwicklungsländern oder auf die Art und Weise richtet, wie die Europäer ihre Rohstoffversorgung sichern können. Parallel zu diesen Zielen könnte es darauf ankommen, was die Europäer unter dem Stichwort „neue Weltwirtschaftsordnung“ wirklich anzubieten haben und welches Verhalten sie in konkreten Fällen gegenüber den nationalen „Befreiungsbewegungen", den systemaren, politisch-sozi23 alen Veränderungsprozessen und den Fragen der Rassenprobleme in den Ländern der Dritten Welt an den Tag legen. Hier könnten in der Zukunft für die Westeuropäer weitere heikle Fragen zu beantworten sein, die wiederum — wie im Falle der Ost-West-Problematik — das Wirkungsvermögen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit bei weitem übersteigen, ihr aber hilfreiche Nebenrollen zuweisen könnten. Eine Aktionsebene dafür bieten die Diskussionen und Entschlüsse in den VN, wo die Neun inzwischen von einer bescheiden erfolgreichen Tradition konzertierten europäischen Vorgehens ausgehen können. Dabei wird es nur von begrenzter Bedeutung sein, wenn die Neun allzu gebannt auf ihre „voting pattem" starren. Vielmehr könnte der Wert und der Anspruch westeuropäischer Zusammenarbeit in VN-Fragen eher darin liegen, Koalitionen mit anderen Staatengruppen herzustellen, um eigene substantielle Beiträge in diesem großen Forum überhaupt zur Geltung bringen zu können

Die Nord-Süd-Probleme stellen sich aber nicht nur in weltweitem Rahmen, sondern haben zusätzlich noch ihre regionalen Formen und Besonderheiten/So werden die Neun auch in Zukunft wohl kaum um eine Antwort herumkommen, wenn beispielsweise der saudi-arabische Minister Jamani seine Zurückhaltung bei einer Olpreiserhöhung mit Hoffnungen auf Veränderungen in der europäischen Haltung hinsichtlich der PalästinaFrage motiviert. Auch müssen die Neun zumindest soweit auf neue Krisen vorbereitet sein (wie z. B. jene am Horn von Afrika), daß sie dem Druck konfligierender Parteien widerstehen können. Besonders im Nahen Osten und im südlichen Afrika, wo die Neun in politischer Kooperation eine ganze Serie von öffentlichen Stellungnahmen abgegeben haben, könnte es in der Folge notwendig sein, die Linien aufrechtzuerhalten und bei Veränderungen in den Konfliktlagen (wie z. B. die Verhandlungen Begin-Sadat) zu anpassenden Neubewertungen zu kommen oder sogar Vermittlungsdienste anzubieten (wie es z. B. die Namibia-Kontaktgruppe in bezug auf das Südliche Afrika getan hat) über eine konstruktive Haltung in krisenbezogenen Spannungssituationen hinaus hatten die Neun langfristig ein tiefergehendes Interesse, ihre Beziehungen mit den Staaten der Dritten Welt auf gegenseitige Interdependenzen zu gründen. Als exemplarisch kann in dieser Hinsicht der Euro-arabische Dialog (EAD) gelten, wo die Neun unter sich und mit den Staaten der arabischen Liga pragmatische Formen gefunden haben, um möglicherweise eine allmähliche Verständigung und interregionale Kooperation aufzubauen Solche Strukturierungsprozesse können nicht ohne ein gewisses Maß an umfassender Konstellati-

onsanalyse unter Einschluß sicherheitspolitischer Aspekte geführt werden. Ein so umfassender „approach" hat auf europäischer Seite dem EAD aber nie zugrundegelegen Die EPZ, die in enger Kooperation mit der EG den Dialog führt, stand und steht hier vor konzeptionellen Aufgaben, für die es keine Vorläufer gibt. Die Vorgehensmethode glich bisher einer zögernden, schrittweisen Ausweitung und Vertiefung des Dialogs. Seit kurzem ist im Euro-arabischen Dialog neben der ökonomischen und kulturellen auch (in begrenztem Umfang) sicherheitspolitische Information möglich. Bei großzügiger Interpretation könnte damit behauptet werden, daß in einem konkreten Fall der vorläufige Beweis erbracht sei, mit dem Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit ließen sich mehrere sektorale Politiken zumindest organisatorisch integrieren. Selbst wenn man dieser Wertung folgt, ist die inhaltliche Substantiierung der europäischen Politik im Rahmen des Dialogs damit noch nicht garantiert: Es ist ein bekanntes Problem von EPZ wie EG, den Erklärungen Taten folgen zu lassen

Ein weiterer Schwerpunkt der Europäischen Politischen Zusammenarbeit lag bisher im südlichen Europa und betraf den Zypernkonflikt unter Einschluß der griechisch-türkischen Auseinandersetzungen sowie die Umwandlungsprozesse der Rechtsdiktaturen in Griechenland, Portugal und Spanien. Hier hat sich die politische Szene inzwischen total gewandelt, so daß es die EPZ in Zukunft offenbar mit einer ganz neuen Situation zu tun haben wird. Einmal geht es um die Frage, wie sich im Rahmen der Süderweiterung der Gemeinschaft der „Beitritt zur EPZ" gestalten soll, zum zweiten geht es um die neuen außenpolitischen Dimensionen der Gemeinschaft nach der Erweiterung

Im Gegensatz zum EG-Vertrag enthalten die Absprachen und Regeln der EPZ keine Vorschriften für Beitrittsverhandlungen. Zunächst wird es deshalb darum gehen, sicherzustellen, daß der mit Hilfe der EPZ angesammelte politische Konsens unter den Neun nicht gefährdet wird. Dies wird für die schriftlich nicht fixierten größeren Verständigungsbereiche schwieriger sein als für die Gebiete, wo öffentliche Erklärungen vorliegen. Der Beitritt neuer Mitglieder zum EPZ-Club wird daher nur schwerlich im herkömmlichen Sinne zu „verhandeln" sein.

Die hier und da erwogene Beteiligung der EG-Mitgliedsaspiranten an der außenpolitischen Zusammenarbeit der Neun vor dem Beitritt scheint problematisch. Das konvergente Vorgehen von EG und EPZ würde durch abweichende Mitgliedschaften in beiden Gremien leiden. Die Disziplin der Nicht-EG-Mitglieder wäre wahrscheinlich geringer; die politische Verpflichtung in der EPZ wäre noch unsicherer. Andere westliche Staaten könnten sich auf einen solchen Präzedenzfall berufen wollen, insbesondere die Türkei, ob-wohl gerade für ihren Fall die Überlegungen hinsichtlich einer vorzeitigen Mitgliedschaft in der EPZ angestellt worden sind. Jedenfalls aber wird den alten EPZ-Mitgliedern die Aufgabe wohl nicht abgenommen werden können, die neuen Mitglieder in einer „Übergangsphase" an das Prozedere und den außenpolitischen Konsens heranzuführen.

Nahezu jede Frage europäischer Außenpolitik berührt die europäisch-amerikanischen Beziehungen. In diesem Sinne ist die Europäische Politische Zusammenarbeit der Neun auch ein weiterer Mechanismus, mit dem versucht wird, die europäische Einigung mit den Atlantischen Beziehungen kompatibel zu halten. Bislang betrachteten die Neun die EPZ eher als ein Mittel, ihre eigene Identität neben den USA zu finden denn als Instrument zur außen-politischen Verständigung mit Washington Vor diesem Hintergrund schlug Tindemans in seinem Bericht zur Europäischen Union vor, ein Mitglied des Europäischen Rates mit der Wahrnehmung eines besonderen Euro-amerikanischen Dialoges zu betrauen. Inzwischen beginnen sich aber die Interessen-schwerpunkte auf beiden Seiten des Atlantiks zu verlagern. Die inneratlantischen Auseinandersetzungen (EPZ versus US-Diplomatie) haben — zumindest vorübergehend — an Bedeutung verloren. In den Vordergrund könnten daher die Erarbeitung und Vertretung konzertierter Positionen außerhalb der atlantischen Szene treten. In Zypern, dem südlichen Afrika und dem Nahen Osten ist dies in unterschiedlichem Grad der Fall gewesen. Es besteht der Eindruck, daß die USA sich heute bereitwilliger bei internationalen Konflikten von den Europäern flankieren lassen. Auch sieht es so aus, als ob von der Carter-Administration diese „junior partnership" bei weltweiten Stabilisierungsfragen verstärkt gesucht würde. Weniger die Struktur der Partnerschaft steht dabei im Vordergrund als das Bewußtsein einer westlicherseits zu tragenden Verantwortung

Washington sucht offenbar starke Partner für weltweites stabilitätspolitisches „bürden sharing" — entweder die Neun, einzelne oder eine Gruppe von ihnen. Deshalb dürfte es für den europäischen Einfluß auf die USA nicht mehr vorrangig sein, unter allen Umständen ein innereuropäisches Eine-Stimme-Resultat mit Hilfe des EPZ-Modus zu erzielen. Die Funktion der Europäischen Politischen Zusammenarbeit der Neun kann in diesen Fällen eine andere sein. Sie wird nicht überflüssig, sondern spielt eine indirektere Rolle, indem sie dazu dient, die . atlantisch gestützten'Aktivitäten einiger westeuropäischer Staaten mit dem Rest der europäischen Partnerstaaten zu harmonisieren. Auf ökonomischem Feld können inzwischen die Gipfeltreffen ä la Rambouillet dafür ein Modell sein. Bisher haben nichtökonomische Fragen bei diesen Gipfeln nur eine marginale — jedenfalls keine offizielle — Rolle gespielt. Unter der wachsenden Verknüpfung ökonomischer mit sicherheitspolitischen und diplomatischen Fragen könnte sich hier in Zukunft einiges ändern. Die Mitglieder der EPZ werden wohl aufgrund ihrer außen-wirtschaftlichen und außenpolitischen Abhängigkeiten ein zunehmendes Interesse an breit angelegten Kontakten mit allen Staaten westlicher Prägung entwickeln. Dies ginge weit über einen Dialog mit den USA hinaus und schlösse ausdrücklich auch Konsultationsverhältnisse zwischen der EPZ und Kanada, Japan, Australien, Norwegen, der Türkei u. a. ein Für diesen multiplen Dialog mit westlichen Staaten könnten die Teilnehmer der EPZ auf neue Gestaltungsformen angewiesen sein.

Künftige Funktionen der EPZ Die künftigen Problemlagen im Einzugsbereich der EPZ werden durch drei Eigenschaften gekennzeichnet: Einmal müssen die Neun mit Folgewirkungen aus bisherigen gemeinsamen Erklärungen und Demarchen rechnen (z. B. im südlichen Afrika), zum zweiten wird die inhaltliche Verknüpfung der bisher punktuellen Aktivitäten der Neun immer häufiger (z. B. Verbindungen zwischen der KSZE und dem Euro-arabischen Dialog; Überlagerungen von Nord-Süd-und Ost-West-Konflikt in den VN), zum dritten scheint die Vermischung von ökonomischen, sicherheitspolitischen und diplomatischen Aspekten zur typischen Problemform der Zukunft zu werden (z. B.der internationale Krisenraum Mittelmeer). Unter diesen Bedingungen wird es nicht hinreichend sein, im Stil des „Business as usual" fortzufahren. Vielmehr wäre eine Reihe von Funktionsverlagerungen zu erwägen, die das bisherige EPZ-System nicht überfordern muß, es der wahrscheinlichen Intensivierung der Aufgabenstellungen aber eher gerecht werden läßt.

In erster Linie wäre zu überlegen, ob sich nicht der bisherige Schwerpunkt der EPZ von den informativ-analytischen Funktionen zu den analytisch-operativen hin verschieben sollte. Dafür gibt es gute Gründe. Die Entwicklung des außenpolitischen Informationspools der Neun gerät nämlich allmählich in den Bereich des abnehmenden Grenznutzens, wo weitergehende Informationsansammlung mehr Organisationslast als merklichen Zugewinn bringt. Allenfalls ist dort noch eine Lük-ke, wo es um die Unterrichtung des Neuner-Kreises über individuelle Kontakte mit Drittstaaten geht. Ansonsten könnte es in Zukunft eher darauf ankommen, Informationen vor dem Weiterleiten im Neuner-Kreis europapolitisch aufzubereiten, als sie lediglich unbearbeitet kursieren zu lassen.

Diese Aufgabe könnte die kleineren Partnerländer in Personalprobleme bringen, während den größeren EPZ-Mitgliedern (insbesondere im Fall der Präsidentschaft) ein zusätzlicher Verzicht auf nationale Interessenvertretung abverlangt würde. Erfahrungsgemäß sind damit ernstliche Hindernisse angesprochen.

Nicht einfacher stellt sich die Situation hinsichtlich der konsultativen Aufgaben der EPZ dar. Wichtiger als die automatische Verständigung (Koordinationsreflex) unter den Partnerstaaten könnten in Zukunft die Inhalte dieser Konsultationen werden. Konsultation in wichtigen außenpolitischen Fragen setzt — anders als die bloße Unterrichtung — größere Dispositionsbereitschaft voraus. Darin liegt ebenso eine Hauptschwierigkeit wie eine Chance der Neuner-Kooperation. Die besseren Ergebnisse wurden hier bisher ohne Zweifel auf bilateraler Ebene (z. B.deutsch-französische Konsultationen bis hin zum „Grünen Telefon" zwischen Schmidt und Giscard d'Estaing) erzielt. Mit der bevorstehenden zweiten Erweiterungsrunde der Gemeinschaft wird sich ein besseres Konsultationsverhältnis auf der Ebene des EPZ-Kreises nur schwerlich einstellen. Eher ist ein verstärkter Trend zum Bilateralismus zu erwarten. Das muß an sich nicht negativ sein, wenn die geeignete Rückbeziehung zur multilateralen Ebene bewahrt bleibt. Die EPZ könnte geradezu als Sammelstelle all dieser Bilateralismen verstanden werden.

Neben der Frage nach der Konsultation unter den EPZ-Mitgliedern stellt sich die des künftigen Kontaktes zu Staaten und Organisationen außerhalb der EPZ-Gruppe. Auch hier könnte sich erweisen, daß mit bloßer Information immer weniger auszurichten ist. Je mehr sich die Spezialisierung der EPZ auf die „klassische" Diplomatie verfestigt, desto mehr ist sie darauf angewiesen, — bei wachsender Problemkomplexität — mit anderen spezialisierten Einheiten (EG, OECD, NATO) und wichtigen Staaten (USA, Kanada, u. a.) zusammenzuarbeiten. Wie diese sachliche und politi-sehe Konsultation zu organisieren wäre, davon wird weiter unten noch ausführlich die Rede sein. An dieser Stelle geht es lediglich um den Hinweis, daß aus den Konsultationsnotwendigkeiten gegenüber Dritten eine Verschiebung von der bisher hauptsächlich informativen Funktion der EPZ hin zur vermehrt konsultativen Aufgabe in Erwägung zu ziehen wäre.

In welchem Ausmaß es dazu kommt, ist heute nicht absehbar. Einerseits wäre es — wie oben ausgeführt — zur Bewältigung künftiger außenpolitischer Problemstellungen für Westeuropa unerläßlich, eine aktivere Rolle im Management der internationalen Politik zu übernehmen, andererseits bestehen die Beschränkungen des eigenen Vermögens fort (wofür der begrenzte Wirkungsauftrag der EPZ nur allzu symptomatisch ist), so daß die Voraussetzungen für einen wirklichen Funktionswandel noch kaum in Sicht sind.

Dennoch geht man wohl nicht zu weit, es — bei kontinuierlicher Entwicklung der EPZ — für überlegenswert zu halten, daß von den Funktionen, die das Kooperationssystem im Innenverhältnis der Neun erfüllen kann, die analytische gegenüber der konsultativen und informativen Funktion in den Vordergrund zu rücken wäre. Damit würde dem künftigen außenpolitischen Problemhaushalt Europas zweifellos am ehesten entsprochen, denn das gemeinsame Erarbeiten von Positionen und die laufende Verständigung über „europäische" Bewertungsmaßstäbe werden in jedem Fall zunehmend für eine effiziente Vorgehensweise zu neunt Voraussetzung sein. Auf diesem Wege ließe sich wohl auch der Fundus an gemeinsamen Sichtweisen, die „communaute de vue“, am ehesten erweitern und vertiefen. Gleichzeitig könnte sich die Basis und die Gewohnheit der Verständigung untereinander so weit entwickeln, daß zumindest die interne Abstützungsfunktion der EPZ in Krisen und sonstigen kritischen politischen Situationen besser in Anspruch genommen werden kann.

Analyse schloß in der EPZ bisher nur in seltenen Fällen Schlußfolgerungen hinsichtlich des künftigen Vorgehens (der anzustrebenden Ziele und der einzusetzenden Mittel) ein. Wo es versucht wurde, war der Dissens unter den Neun besonders vielfältig und häufig. Der qualitative Schritt von der gemeinsamen Einschätzung einer Situation zur konkreten Handlung wurde aus den angeführten Gründen vergleichsweise selten getan. Es ist aber wahrscheinlich, daß die Selbstbehauptung Westeuropas sich in der Zukunft immer weniger aus der Defensive heraus sichern lassen wird. Die Gefahr, daß die Neun durch eine solche Politik nur noch weiter in die Defensive gedrängt werden (Beispiel Afrika), ist nicht zu unterschätzen. In den Ost-Westwie in den Nord-Süd-Auseinandersetzungen könnten die Neun daher versucht und gehalten sein, vermehrt initiativ zu werden, um ihre Positionen einigermaßen verteidigen zu können. Zu diesem Zweck könnten die bisherigen Erfahrungen der EPZ-Konferenzdiplomatie (KSZE, VN, EAD) vermehrt genutzt werden. Die Verhandlungsstärke der Neun könnte dabei durch ein „policy mix" aus nationalem und europäischem Vorgehen verbessert werden, wie es in der Generalversammlung der VN schon ansatzweise praktiziert wird. Wo sich eine realistische Chance bietet, könnten die Neun auch zunehmend „vermittelnde" Positionen einnehmen, wie dies annäherungsweise in der Menschenrechtsfrage auf der KSZE II geschehen ist, wo in der Auseinandersetzung mit der UdSSR die Neun eine gemäßigtere Haltung eingenommen haben als die USA.

Selbstverständlich erzeugt der Aufbau und die Durchsetzung einer anerkannten, eigenen westeuropäischen Position im weltweiten Kontext Kompatibilitätsund Anpassungsprobleme größeren Stils. Das trifft in besonderem Maße auch für die innenpolitische Tragfähigkeit einer solchen Politik zu. Möglicherweise wird eine stärkere Exponierung westeuropäischer Außenpolitik von den politisch relevanten Gruppen innerhalb der EPZ-Mitgliedstaaten nicht mehr so indifferent aufgenommen wie die bisherigen, eher zurückhaltenden Aktivitäten der Neuner-Diplomatie.

Diese Bedenken könnten auch eine Rolle spielen, wenn die Neun das EPZ-System zu ihrem hauptsächlichen Instrument für internationales Krisenmanagement bei sicherheitspolitischen Fragen entwickeln würden. Bisher kann man sich Westeuropa nur schwer in der Rolle eines „Weltpolizisten" vorstellen, obwohl sich die Neun in einer beschränkten Anzahl von Fällen und mit begrenztem Einsatz und Erfolg in der Vergangenheit an der Beilegung von lokalen Konflikten mit beteiligt haben: Zypern, Horn von Afrika, Rhodesien, Namibia, Zaire, u. a. Diese Tendenz deutet an, daß die Neun (bzw die Z ö künftig stärker in Krisenfälle involviert sein könnten, als dies bisher gewünscht war. Hierfür lassen sich einerseits zweifellos noch Reserven im EPZ-System ausmachen, etwa durch die Fähigkeit zum Direktverbund der Neun am Krisenort und in den jeweils betroffenen Hauptstädten; andererseits werden die Neun dann auch die Bereitschaft aufbringen müssen, substantielle Vermittler-und Garantiefunktionen zu übernehmen. Aber es ist fraglich, ob die Westeuropäer — falls sie bereit sein sollten — dafür wirklich die materielle und politische Substanz aufbringen können. Bei der Krisenhilfe z. B. für Portugal haben die Neun zwar einen Beweis erbracht, daß sie all ihre verfügbaren Instrumente (von der EG-Finanzhilfe über Kontakte auf „interparty level" bis zur Aktivierung der „special rela-tionships" und diplomatischen Demarchen) zum Einsätz bringen können. Aber dieses Beispiel dürfte wohl kaum zu verallgemeinern sein

II. Möglichkeiten zur Anpassung der EPZ-Struktur

Zur inneren Fortentwicklung der EPZ-Struktur Der EPZ-Apparat hat bisher ein relativ hohes Maß an Anpassungsfähigkeit bewiesen. Die KSZE-Verhandlungsrunden demonstrierten die schrittweise Verbesserung des kooperativen Rahmens der Neun anschaulich. Anpassung bis an die Systemgrenzen läßt sich dagegen am Euro-arabischen Dialog verfolgen. Aus diesen und weiteren Erfahrungen mit den nun schon langjährigen EPZ-Aktivitäten können eine Reihe von Erkenntnissen gewonnen werden, mit denen die Fortentwicklung des EPZ-Systems zu betreiben wäre. Das Befassen mit der eigenen Organisation ist den Mitwirkenden in der EPZ nicht fremd, wie allein schon die Abfassung des Luxemburger und des Kopenhagener Berichts beweist. Ein dritter solcher Bericht ist bisher nicht angekündigt. Ob er ein Mittel zur Vorbereitung der Neun auf einige der neuen Funktionen und der verlagerten Aufgabenschwerpunkte in der Zukunft wäre, bleibt eine zu diskutierende Frage: Die beiden ersten Berichte jedenfalls hatten eher den Charakter einer schriftlichen Fixierung bereits geübter Verfahrensweisen. Hier wäre also nicht nur eine Veränderung im Berichts-stil erforderlich. Vielmehr wären einige Schwachstellen im EPZ-System ganz deutlich beim Namen zu nennen. Dazu könnte z. B. gehören, daß die Nachteile anhängig gemacht werden, die sich aus der Tatsache ergeben, daß die EPZ keine feste Tagungsstätte, kein festes eigenes Sekretariat und eben keinen „Sitz" hat, sondern einem ständigen halbjährigen Wechsel unterworfen ist.

Es gibt gewichtige, politische Gründe, bisherige Eigenheiten des EPZ-Systems — im Prinzip — zu bewahren, aber um der Effizienzsteigerung willen sollten doch einige graduelle Veränderungen erwogen werden.

Würde beispielsweise ein erheblicher Teil der Treffen von EPZ-Gremien statt in den Hauptstädten in Brüssel abgehalten, so würden damit nicht nur die Prozeduren der Zusammenarbeit stabilisiert, sondern auch die wachsenden Strapazen und der umfangreiche Organisationsaufwand hinsichtlich Reise, Kommunikation und Koordinierung geringer.

Um dies zu erreichen, könnte beispielsweise erwogen werden, eine technische Clearing-Stelle in Brüssel zu installieren, die den Neun und insbesondere der jeweiligen Präsidentschaft helfen könnte, auch unter kommenden Mehrbelastungen die EPZ-Maschinerie intakt zu halten. Ohne Zweifel leidet die Administration der Präsidentschaft schon jetzt unter Überlastung. Dies gilt sowohl für kleine wie für große Vorsitzländer, wie das jüngste Beispiel Großbritanniens gezeigt hat. überwiegend technische Managementfunktionen der Präsidentschaft (Organisation von hunderten von Neunertreffen, Austausch und Registratur tausender von Telexen, Sprachen-und Übersetzungsdienste, Archivierung) könnten zu einem Großteil in Brüssel lokalisiert sein, wo bereits alle Arten technischer Infrastruktur für die EG aufgebaut sind.

Mit diesem Vorschlag soll keine Hintertür für die Etablierung eines unabhängigen Politischen Sekretariats der EPZ geöffnet werden, da da-durch der Parallelismus von EG und EPZ unnötig verstärkt und außerdem ein politischer Tabu-Bereich berührt würde. Denkbar wäre vielmehr eine pragmatische Lösung: Der EPZ-Stab des jeweiligen Präsidentschaftslandes könnte den permanenten EPZ-Dienst verwalten, der beim Generalsekretariat des Rates eingemietet wäre. So wie im Generalsekretariat der EG-Kommission wäre dann auch dort ein EPZ-Dienst, u. a. eine wichtige Voraussetzung für engere Kommunikation zwischen Rat, Kommission und EPZ —, geschaffen. Das Wesentliche aber ist, daß der Brüsseler EPZ-Dienst als technische Einheit errichtet würde, die unter (wechselnder) nationaler Hoheit bliebe und eine Clearing-Stelle zur Entlastung der Präsidentschaft wäre. Der Zweck liegt letzten Endes darin, der Präsidentschaft zu ermöglichen, sich auf die politischen Aufgaben des temporären Amtes zu konzentrieren, d. h. das interne politische Management unter den Neun zu betreiben, sowie die repräsentativen und operativen Aufgaben nach draußen wahrzunehmen.

Die wachsende Bedeutung des Präsidentschaftslandes als Sprecher der Neun rechtfertigt es, dort die Entlastungsreformen anzusetzen. Insofern könnte auch die halbjährliche Rotation der Präsidentschaft zur Revision anstehen, denn sie entspricht in keiner Weise den tatsächlichen Arbeitsbedingungen im Feld der internationalen Beziehungen. Denkbar wäre ein systematischeres überlappen der amtierenden mit der vorherigen und nachfolgenden Präsidentschaft Der vorgeschlagene technische EPZ-Dienst in Brüssel könnte zusätzlich den häufigen Vorsitzwechsel weiter glätten, könnte erlauben, die technische Arbeitsplanung langfristiger anzulegen, sowie die informativen und organisatorischen Hilfeleistungen für den Übergang von einer zur anderen Präsidentschaft zu erbringen. Schließlich könnte auf diesem Wege auch eine verbesserte Koordinierung von EG-und EPZ-Aktivität erreicht werden.

So wertvoll das Präsidentschaftssystem zur Überbrückung einiger struktureller Defizite der EPZ ist, so begrenzt sind andererseits doch seine Möglichkeiten. Die angeführten Unterstützungen (technischer EPZ-Dienst, Überlappung) entlasten es lediglich im organisatorisch-technischen Bereich. Hilfestellung wäre aber auch auf operativ-politischem Gebiet von Nöten. Mangels einer Kommission (wie im EG-System) sieht sich im EPZ-System die Präsidentschaft in die Rolle des „Initiativorgans" gedrängt. Der Vorschlag für die Aufnahme neuer Konsultationsgebiete und der Entwurf von Lösungskonzepten für anstehende Probleme werden mehr und mehr von der Präsidentschaft als „Amt" erwartet. Das jeweilige Präsidentschaftsland handelt aber wegen der gleichzeitigen Wahrnehmung nationaler und europäischer Funktionen mit „zwei Seelen in einer Brust"

Doch nicht nur aus diesem Grund ist die Initiativfunktion im EPZ-System ungenügend besetzt. Will man aus der Überbetonung der defensiven Ausrichtung der Neuner-Zusammenarbeit („reaktive“ Natur; fehlende Operationsorientierung; Hang zu status-quo-Politik) herauskommen, müssen die Aufgabenverteilungen in dieser Hinsicht klarer strukturiert werden. Dabei sollte jedenfalls die neunfache konzeptuelle Initiativkraft möglichst voll zur Geltung kommen und nicht durch die Funktion der Präsidentschaft abgeschaltet werden. Diesem Ziel wäre am ehesten gedient, wenn die Neun sich entschließen könnten, in das System der verschiedenen EPZ-Gremien eine eigene „Initiativgruppe" aufzunehmen, die sich aus engen Mitarbeitern der neun Außenminister zusammensetzen könnte. Initiativgruppe und Politisches Komitee würden sich in einer gewissen Dialektik gleichzeitig gegenüberstehen und ergänzen (annähernd vergleichbar mit Politischer Abteilung und Planungsstab im Auswärtigen Amt). Die Initiativgruppe wäre keine weitere Arbeitsgruppe im technischen Sinne, sondern hätte in der EPZ-Arbeit eine Motorfunktion zu erfüllen, und zwar mit konkreter operativer Orientierung. Die Gruppe wäre also eher vergleichbar mit einer „task force" als mit einem Planungsstab. Sie hätte weniger „Futurologie“ zu betreiben als vielmehr den Hauptakzent auf die inhaltliche Breite ihrer Vorschläge zu anhängigen Problemen zu legen. Im Gegensatz zum technischen EPZ-Dienst in Brüssel würde sich die Initiativgruppe zwar nicht in Permanenz treffen, aber doch in höherer Frequenz als die vierwöchigen Sitzungen der Politischen Direktoren. Die „Nähe" der Initiativgruppenmitglieder zu ihren Außenministern würde das politische Selbstverständnis der Gruppe unterstreichen. Dennoch wäre damit natürlich nicht sichergestellt, daß sich das Schwergewicht der EPZ-Arbeit hinreichend von der Analyse zur Operation verlagert, um den zukünftigen qualitativen Aufgabenentwicklungen zu entsprechen. Aber es ließe sich zumindest ein vorhandener Wille zur Innovation demonstrieren, zumal dieser sich unmittelbar von der politischen Entscheidungsebene ableiten würde.

Arbeitsteilung zwischen EG und EPZ Ausgehend von den rechtlichen Kompetenzen und den politischen Verpflichtungen sowie den jeweiligen „Stärken“ bei EG und EPZ läßt sich für sie ein hypothetisches Muster der Arbeitsteilung und des Zusammenspiels entwerfen:

— Fragen der neuen Weltwirtschaftsordnung, des internationalen Handels und der Entwicklung entsprechen weitgehend dem Kompetenzbereich der Gemeinschaft. Innerhalb dieses etablierten Rahmens sollten jene Fragen voll verantwortlich wahrgenommen werden, und zwar bei großzügiger Auslegung des Vertragsspielraums. Die Gemeinschaft ist für diesen Aufgabenkreis relativ gut ausgestattet, sie hat erfahrene Verhandlungsteams und eigene Vertretungen an den wichtigsten Orten der internationalen wirtschaftspolitischen Diskussion (Genf, Paris, New York, Tokio, Ottawa, Carracas).

— Die tägliche Vertretung der Neun in den bilateralen und multilateralen Beziehungen zu Drittstaaten bei nichtwirtschaftlichen Konferenzen und internationalen Organisationen wäre weiterhin die Domäne des EPZ-Kreises. Die Erfahrung zeigt, daß die Politische Zusammenarbeit das momentan beste gemeinsame Instrument ist, um die traditionellen nationalen Haltungen an neue, kompatible Interessen der Neun anzupassen und gemeinsame europäische Positionen in den internationalen Beziehungen zu vertreten. Dazu ist der neunfache heimische und weltweite diplomatische Apparat eine unentbehrliche Voraussetzung, den die Regierungen nicht aus der Hand geben werden, solange sie selbst gemeinsame Handlungen letztlich einzeln verantworten müssen. — Die Fragen der militärischen Sicherheit bleiben auch in Zukunft in der Atlantischen Allianz am besten aufgehoben. Abgesehen von einigen rüstungsund militärtechnischen Einzelaspekten (EUROGROUP, Europäische Programmgruppe) bilden die Westeuropäer keinen eigenständigen politischen Block im Bündnis. Die Fragen ökonomischer und politischer Sicherheit müssen dagegen als „Grauzonen" gesehen werden, bei denen eine europäisch-amerikanische Abstimmung die Regel sein sollte. Allerdings ist hier fallweise zu entscheiden, wie weit die Abstimmung gehen soll und in welcher Form die Europäer dabei verfahren (EG, EPZ, bilateral, kombiniert).

Eine solche Kompetenzzuordnung an spezialisierte Einheiten macht nur Sinn, wenn sie ergänzt wird durch die gleichzeitige Regelung ihres Zusammenwirkens. Für die Koordinierung von EG-Außenpolitik und Politischer Zusammenarbeit der Neun bestehen bisher mehr Usancen als durchdachte Regeln. In der Zukunft käme es darauf an, sich auf beiden Seiten arbeitsteilig zu begreifen. Beide Systeme müßten sich — ohne sich zu vermischen — stärker zueinander öffnen, um hinreichende Kommunikation in beiden Richtungen zu ermöglichen, sowie abgestimmte Analysen und koordinierte operative Funktionen übernehmen zu können.

Eigentlich gibt es für diese Fragen inzwischen eine Vielzahl von Präzedenzfällen und prag-

matischen Lösungen, bezogen auf die komplizierten Organisations-und Koordinierungsprobleme, so daß hier keine allzu großen Innovationen mehr erforderlich sind. Die EG-Kommission verfügt durch ihre doppelte Teilnahme sowohl an den Arbeiten der EG-, als auch der EPZ-Gremien über die beste Ausgangsposition zur Vermittlung zwischen beiden Willensbildungsund Handlungssystemen. In der Perspektive des Aneinanderrükkens und der zunehmenden Überschneidung von EG-und EPZ-Tätigkeit wird hier eine unersetzliche Funktion übernommen. Die Kommission kann diese „Nebentätigkeit" jedoch nicht beliebig ausdehnen. Sie bleibt letztlich an ihren Wirkungskreis innerhalb der Gemeinschaftsorgane gebunden Ein ent-krampftes und konstruktives arbeitsteiliges Verhältnis zwischen EG und EPZ läßt sich auf europäischer Ebene wohl nur bis zu einem gewissen Grad realisieren, wenn nicht in den Hauptstädten die Rivalitäten der beiden Entscheidungsstrukturen eingeschränkt werden, d. h. die politischen Abteilungen und die EG-befaßten Stellen der Ministerien enger kooperieren. Die gegenseitige Beteiligüng an den getrennt verlaufenden Informations-, Willensbildungs-und Entscheidungsgängen müßten eher extensiv gehandhabt werden. Erfahrungsgemäß werden sich dagegen Neustrukturierungen der neun Außenämter auf ein gleiches Muster hin (z. B. auf das britische Modell der Integrierung von EG und EPZ in einer Abteilung des Foreign Office), nicht so bald durchführen lassen. Dennoch wird man daran auf längere Sicht nicht vorbeikommen

Die koordinierte Arbeitsteilung auf administrativem Niveau in den Hauptstädten wie in Brüssel zielt auf ein umfassenderes „briefing“ der politischen Ebene ab. Die Außenminister, wie die Staats-und Regierungschefs, sind zwar frei, Gemeinschaftsfragen und EPZ-Materien als einen Tagesordnungspunkt zu diskutieren, aber es fehlt ihnen bisher an dementsprechend breit angelegten Vorbereitungsdossiers für ihre Besprechungen. Die Leitidee für das Verfahren bei komplexen außenpolitischen Fragen wäre demnach die Verbindung zentraler Entscheidung mit dezentraler Vorbereitung und Implementierung. Die Kooperation von EG und EPZ zum Zwecke praktischer Umsetzung von Entschlüssen ist im Vergleich zu ihrer Vorbereitung wenig entwickelt. Ein Fortschritt in dieser Hinsicht sind die jüngsten Fälle von „joint representation", d. h. Kommissions-und Präsidentschaftsvertreter treten im Drittland gemeinsam auf.

Mut zur politischen Öffentlichkeit Ohne Zweifel hat sich die EPZ bisher weitgehend „im Verborgenen" abgespielt. Daran haben auch die gelegentlichen öffentlichen Erklärungen und Auftritte des Neuner-Kreises gegenüber Drittstaaten nichts grundsätzliches verändert. Das gleiche gilt für die spärlichen Debatten über EPZ-Themen in den nationalen Parlamenten sowie die immerhin etwas ausgedehntere Beschäftigung des Europäischen Parlaments mit den Aktivitäten der EPZ. Insbesondere blieb der umfangreiche Fundus an europäischen Übereinstimmungen, die „com-

munaut de vue", bisher außerhalb breiterer Diskussion durch die politische Öffentlichkeit der Neun Der über die Jahre diskret angesammelte Grundkonsens beruht mithin in erster Linie auf der Verständigung in einer Gruppe von europäischen Diplomaten. Die EPZ scheint inzwischen aber an einem Punkt ihrer Entwicklung angelangt, wo die Fortsetzung dieser Praktik ernstlich in Frage gestellt werden muß.

Gewiß wäre es verfehlt, die Tätigkeit der EPZ bei all ihren Einzelaktionen (bis hin zu aktuellen Schritten im außenpolitischen Krisenmanagement) in die Öffentlichkeit zu ziehen, eine kontinuierliche öffentliche Auseinandersetzung über europäische Grundoptionen ist damit jedoch nicht ausgeschlossen. Die EPZ nimmt (in Verbindung mit der EG und in der Zusammenarbeit mit der US-Diplomatie) inzwischen einen Stellenwert in der internationalen Politik ein, der es rechtfertigen würde, die europäischen Gemeinsamkeiten auf eine breitere öffentliche Basis zu stützen. Es geht hier einerseits um Vorstellungen hinsichtlich der Demokratisierung europäischer Außenpolitik und im Blick auf integrationspolitische Wünsche, andererseits um die langfristige Wirksamkeit eines außenpolitischen Instruments der Neun.

III. Europäische Außenpolitik — ein offener Entwicklungsprozeß

Entwicklungsvarianten Mit der bisherigen Entwicklung der EPZ ist ein Weg eingeschlagen worden, der es vorläufig offen läßt, zu welcher außenpolitischen Form Westeuropa finden wird. Bis auf weiteres wird neben den Bemühungen im Rahmen der EG die EPZ der wichtigste Versuch der Neun bleiben, europäische Einigung auf dem Sektor der Außenbeziehungen voranzubringen. Aus diesen beiden Strukturen, EG und EPZ, setzt sich heute und in überschaubarer Zukunft europäische Außenpolitik zusammen. Damit ist jedoch über die künftige Gestalt und die Wirkung des außenpolitischen Akteurs Westeuropa noch wenig ausgesagt. Es lassen sich auch keine präzisen Angaben machen Allenfalls kann man potentielle Ent-wickfungsrichtungen aus dem gegenwärtigen Stand heraus projezieren.

In einer ersten Entwicklungsvariante ist es denkbar, daß sich der bisherige Entwicklungstrend fortsetzt. Dann wird in mittelfristiger Zeitspanne zu erwarten sein, daß — wie am Anfang dieses Beitrags beschrieben — von der EPZ immer weitere Aufgaben übernommen und ihre Verfahren immer weiter ausgedehnt werden. Diese quantitative Ausdehnung könnte geschehen, ohne daß eine neue qualitative Stufe hinsichtlich integrativer oder sachbezogener außenpolitischer Ziele erreicht wird. Die Mitgliedstaaten würden mit der EPZ ebenso verfahren wie im Rahmen der Gemeinschaft: Erweiterung statt Vertiefung, Themenausweitung statt Intensivierung der Problemlösungen. Wenn aber die quantitativen Ambitionen nicht von einer entsprechenden Befähigung, Probleme zu lösen, begleitet werden, wird auch der Wert der EPZ für die Gestaltung europäischer Außen-und Integrationspolitik nicht steigen können. Der Prozeß geht über eine Konsolidierung des Bestehenden nicht hinaus; intraorganisatorisch führt er möglicherweise sogar zwischen den Mitgliedern zu Spannungen. (Vgl. Kap. I.)

Der pragmatische Einsatz der EPZ würde gewiß ihren instrumenteilen Charakter weiter verstärken. Eine institutioneile Verfestigung der Kooperationsprozeduren wäre nicht zu erwarten. Die Entwicklung zum eigenständigen Organ oder die Einverleibung in die Organ-struktur der EG wären als dysfunktional abzulehnen, denn die EPZ „lebt" von ihrer Zwanglosigkeit und Unverbindlichkeit. Die duale Struktur europäischer Außenpolitik bliebe erhalten.

Die EPZ würde zwar kein bedeutendes Integrationsvehikel, ihre faktische „integrative" Wirksamkeit wäre aber nicht zu leugnen. Bisher schon hat die EPZ vermocht, europäische Gemeinsamkeiten festzustellen und sie nach außen vernehmbar zu machen. Von außen wird weiterer Druck auf die Neun ausgehen, ihre europäische Identität zu demonstrieren. Aber dieser Druck wird — wie bisher — ambivalente Wirkungen auf die europäische Gemeinsamkeit haben. Solange der Apparat weder mit den relevanten innergemeinschaftlichen Kräften verbunden wird, noch er die erforderlichen Aktionsmittel an die Hand bekommt, wird sich auch an der in der Tendenz reaktiven EPZ-Politik nichts ändern. Die Addition von EG-Außenpolitik und EPZ würde allenfalls verhindern, daß sich die Neun in den internationalen Beziehungen allzusehr an die Optionen der Supermächte anpassen müßten

Statt des extrapolierten Iststandes der EPZ ist ferner eine zweite Entwicklungsrichtung vorstellbar. Diese Variante läuft auf einen Abbau integrationspolitischer Dynamik hinaus. Im Spannungsverhältnis zwischen Gemeinschaftsinteresse und nationalem Interesse würde sich eine Mehrzahl der Regierungen für einen Stillstand in der Integrationsentwicklung engagieren. Praktisch würde das so aussehen, daß politisch-psychologisches Taktieren unter den Neun, das Streben nach nationaler Profilierung und die Verfolgung von politischen und wirtschaftlichen Sonderinteressen in jedem Fall gewichtiger wären als das europäische Engagement. (Siehe die Reaktion der Neun im Rahmen der Ölkrise 1973/74.) Die EPZ wäre in diesem Entwicklungszusammenhang eher eine Methode zum Kaschieren nationaler Alleingänge als zur kollektiven Durchsetzung nationaler Interessen. Europäische Abstimmung und Konsultation würde weitgehend als lästig empfunden. Versuche, diesem Trend entgegenzuwirken, wie etwa der Appell an die Neuner-Solidarität oder gar die Drohung gegenüber allzu egoistischen Ländern, ihnen auf anderen Gebieten die Loyalität aufzukündigen, hätten keinerlei disziplinierende Wirkung mehr. Ein solcher Niedergang ist vor allem dann nicht auszuschließen, wenn sich die Gemeinschaft hinsichtlich ihrer Aufgaben und Mitglieder zahlenmäßig ausweitet, ohne damit eine „Vertiefung" zu verbinden, bzw. ohne einen ermutigenden Versuch, die wachsende politische und soziale Heterogenität unter den Partnerstaaten abzubauen. In diesem Falle würde die sowieso begrenzte Wirkungskraft der EPZ stagnieren bzw. sinken. Die Kooperationstradition unter den Neun würde beeinträchtigt, der außenpolitische „acquis politique" würde abbröckeln, die „diplomatic Community" der Neun wäre untergraben. Dieser Zustand ließe sich nach außen nicht lange verbergen. Die Neun würden mehr eine bloße Zahl als eine zu beachtende politische Kraft in den internationalen Beziehungen sein.

Eine sinkende Effizienz und ein verminderter Status der EPZ würden gegenüber der Gesamtgemeinschaft nicht ohne Einfluß bleiben. Die EG-Außenwirtschaftsbeziehungen würden ihren diplomatischen Flankenschutz und ihre außenpolitische Einbettung verlieren. Das bisherige Kielwasser außenpolitischer Integrationsdynamik würde fehlen. Eine Mentalität der integrationspolitischen Indifferenz könnte sich sogar in andere Bereiche der Gemeinschaftsbildung ausweiten. Der vorübergehende Musterknabe der europäischen Politik könnte wieder zum Problemkind werden. Der flexible Grundcharakter der EPZ bräuchte zwar eine „Politik des leeren Stuhles" nicht aufkommen zu lassen, aber ein inhaltlich entleerter und als Handlungsinstrument stumpfer Kooperationsapparat würde schließlich doch die kritische Masse dessen unterschreiten, was eine Aufrechterhaltung nicht wert machte.

In einer dritten Entwicklungsvariante würde die EPZ hingegen in einen dynamischen Entwicklungstrend geraten, der neben der thematischen und prozeduralen Ausweitung auch qualitative Verbesserungen der Struktur beinhalten würde. Bei den Mitgliedstaaten würde die Bereitschaft wachsen, die EPZ als zentrale Institution kollektiver Außenpolitik zu begreifen, die keinen künstlichen, sachfremden Beschränkungen mehr unterliegt. Insbesondere würde die politische Verpflichtung zur außenpolitischen Gemeinsamkeit gestärkt. Abweichungen würden nicht sanktioniert. Die EPZ würde problemgerechter operieren können, nämlich unter Einbezug der verschiedenen Aspekte einer gegebenen außenpolitischen Fragestellung. Dazu wäre ein arbeitsteiliges Verhältnis vor allem zur EG, aber auch zu sicherheitsund verteidigungspolitischen Gremien eingespielt. Dieses würde nicht nur für die Informationsverarbeitung und die Analyse internationaler Konstellationen gelten, sondern auch im Entscheidungs-und Aktionsprozeß Anwendung finden.

Schließlich wären die Handlungsgesetze und -apparate der EPZ auf eine aktive Mitgestaltung relevanter Fragen der Regional-und Weltpolitik eingestellt. Ein solcher Entwicklungsgang wäre nur denkbar, wenn eine breite politische Basis in der europäischen Öffentlichkeit zur Promovierung gemeinschaftlicher außenpolitischer Interessenwahrnehmung vorhanden wäre, und wenn ferner die politische Infrastruktur genügend ausgebildet wäre, um einen solchen Grundkonsens in der Außenpolitik Westeuropas auch zum Tragen bringen zu können.

Ohne sich im einzelnen daran zu orientieren, würde die europäische Außenpolitik nach dieser Variante dem von Leo Tindemans in seinem Bericht zur Europäischen Union beschriebenen Modell nahekommen. Das heißt, es würde ein einheitliches außenpolitisches Entscheidungszentrum entstehen, mit zwar noch immer dualem, aber koordiniertem Unterbau. Neben der politischen Verpflichtung zu gemeinsamer Außenpolitik in festgelegten Bereichen würde es die Rechtsverpflichtung zur Konsultation auch bei sonstigen nationalen außenpolitischen Entscheidungen geben. Europäische Außenpolitik wäre nicht nur die Bündelung der „zufällig" vorhandenen außen-politischen Instrumente sondern würde getragen von einer eigenen politisch fundierten organgestützten Identität und einer integrationspolitischen Grundkonzeption, wie sie etwa im Tindemans-Bericht zum Ausdruck kommt. Dem Sektor Außenbeziehungen käme ein zentraler Platz in der Integrationsphase der Europäischen Union zu. Zwar bleiben die europäischen Außenbeziehungen weiterhin eine Funktion des inneren Ausbaus der Gemeinschaft. Umgekehrt würden aber von den Verpflichtungen und Handlungen nach außen ebenso bedeutende Impulse auf die europainternen politischen Vertiefungsbzw. Integrationsprozesse ausgehen. Die Veränderungen würden schrittweise erfolgen, was allmählich zu einem massiven überschreiten der bisherigen Konsensgrenzen der Neun führen würde. Die Gemeinschaft erhielte nicht nur in ihren Außenbeziehungen, sondern insgesamt einen merklichen Integrationsschub. Mit diesen drei Varianten sind Entwicklungsmöglichkeiten der EPZ aufgezeigt und Folgerungen für eine europäische Außenpolitik insgesamt sowie deren Bedeutung im allgemeinen Integrationszusammenhang gezogen worden. Es sind Richtungsangaben, die die Offenheit des Prozesses außenpolitischer Gemeinschaftsentwicklung unterstreichen sollen. Die Westeuropäer haben nicht die freie Wahl zwischen den angedeuteten Optionen. Die tatsächliche Entwicklungsrichtung wird vielmehr von Faktoren bestimmt, auf die die Neun nur teilweise Einfluß haben.

Entwicklungsbedingungen Die Entwicklungsrichtung der EPZ war in der Vergangenheit von Faktoren beeinflußt, die im wesentlichen aus drei Quellen stammten: der Eigenentwicklung des EPZ-Apparates, den politischen Gegebenheiten innerhalb der Neun und dem für die Neun relevanten internationalen Umfeld. Aus diesen Einflußkomponenten hatte sich eine relativ günstige Konjunktur für den bisherigen Aufbau und den Einsatz dieses neuen außenpolitischen Instruments ergeben

Dieser Trend muß sich nicht fortsetzen. In der Entwicklung des EPZ-Apparates gibt es einige Anzeichen, die — wie bereits eingangs dieses Beitrags erwähnt — auf eine organisatorische prozedurale Ausuferung hinweisen. Ohne genügende Straffung könnte sich also ein Kooperationsungetüm mit unüberschaubaren Verzweigungen ergeben. Es wäre nicht ausgeschlossen, daß, bei weiterer Aufgabenausdehnung ohne hinreichende Vertiefung der Problembewältigung, die EPZ lediglich ihren Ruf als Informations-und Analyseinstrument der Neun stärkt. Folgen aber aus dieser Tätigkeit keine substantiellen, operationeilen Schritte, so könnte die Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit der EPZ dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden. Westeuropa hätte einen weiteren Apparat mit abnehmenden Funktionen. Stärker noch als bei ehemals vielversprechenden Institutionen wie z. B.der WEU würde an die-* sen Gremien vorbei Politik gemacht. Weniger fortgeschritten, aber durchaus merkbar sind solche Effekte bei der NATO und teilweise auch bei den EG-Organen schon seit längerem eingetreten.

Eine solche Entwicklung würde auch um so mehr gefördert, je schwerfälliger außenpolitische Entscheidungen in diesem Gremium Zustandekommen. Gerade in dieser Hinsicht steht den Neun aber eine Bewährungsprobe bevor, deren Ausgang völlig offen ist. Die Erweiterung der Gemeinschaft auf zwölf Mitglieder könnte allein schon aufgrund der erhöhten Zahl der Beteiligten am Konsultationsprozeß die Funktionsfähigkeit der EPZ in Frage stellen. Die großen Mitgliedstaaten werden in der erweiterten Runde noch weniger als bisher bereit sein, alle außenpolitischen Karten auf den Tisch der EPZ zu legen. Das Kooperationssystem könnte zum Feld der Auseinandersetzung zwischen „Groß" und „Klein“ werden, mit der Folge, daß einigen Staaten die Abstimmung ihrer Außenpolitik lästig wird. Ein teilweiser Rückzug einzelner Mitgliedstaaten aus dem Konsultationsverband und eine rangniedrige Beschickung seiner Gremien sind daher ebenso vorstellbar wie der vermehrte Versuch der großen Mitgliedstaaten, unter dem Deckmantel der Effizienz die Meinungsbildung zu dominieren. Zwar besteht seit Anbeginn bei der EPZ wie auch in der EG eine de-facto-Leitgruppe; das Eigengewicht dieser Gruppe der großen Mitgliedsländer wird aber nunmehr wohl noch deutlicher hervortreten. Das Interesse auch der kleinen Partnerländer an der EPZ könnte daher in dem Maß abnehmen, in dem Dominanzen durch einige der Zwölf zunehmen, oder in dem Direktoriumsvorstellungen sogar organisatorisch abgesichert würden.

Eine noch gravierendere Belastung könnte der Geschlossenheit des EPZ-Kreises aus der zunehmenden politischen Heterogenität der Mitgliedsländer erwachsen. Während bisher die EPZ gerade als ein ermutigender Versuch angesehen werden konnte, innereuropäische Divergenzen zu mediatisieren, könnten die Disparitäten bei den ökonomischen, politischen und militärischen Haltungen und Zielen so groß werden, daß sie auch mit flexibler EPZ-Methode nicht mehr überbrückbar erscheinen. Wachsende Unterschiede in der Rohstoffabhängigkeit, in der Einstellung zu protektionistischer Handelspolitik, in der Schlagkraft der nationalen Streitkräfte, in der Perzeption der sicherheitspolitischen Bedrohung, in der innenpolitischen Stabilität und Toleranz (Beispiel Italien/Bundesrepublik Deutschland) sind einzelne Beispiele für den generell feststellbaren Trend der Heterogenisierung unter den Neun, der durch die Erweiterung auf Zwölf nur noch markanter zu werden verspricht. Von diesem Hintergrund kann die Aufgabenwahrnehmung der EPZ nicht abstrahieren. Die Voraussetzung für europäische Einigung verschlechtert sich zusehends Die bestehenden multilateralen Organisationen sind dann möglicherweise nicht mehr in der Lage, die Dynamik der innereuropäischen Disparitäten einzufangen.

Zu den Entwicklungsbedingungen der EPZ gehören weiterhin jene Faktoren, die von außen auf Westeuropa einwirken. Ohne diese Bedingungen im einzelnen hier beschreiben zu müssen, läßt sich dazu — zumindest als Hypothese — folgende allgemeine Einschätzung geben: Bei einer Reihe externer Einflußgrößen und Herausforderungen, die vor allem in der alltäglichen Diplomatie liegen, sind die Neun durchaus in der Lage, mit Hilfe der EPZ Aufgaben zufriedenstellend zu erfüllen. Dagegen sehen sich die Neun offenbar bis auf weiteres nicht imstande, die Bedrohung durch die eine und die Abhängigkeit von der anderen Weltmacht grundsätzlich aufzuheben, sowie gleichzeitig noch den Forderungen der Dritten Welt Rechnung zu tragen. Vielmehr hat sich die Verunsicherung in allen drei Richtungen vervielfältigt, zumal eben auch die innereuropäische Aussicht auf größere Selbständigkeit Europas schwindet. Insofern dürfte die EPZ für die Neun auch weniger ein Mittel zur grundsätzlichen Umwandlung struktureller Gegebenheiten im internationalen Umfeld sein als vielmehr eine Methode eigener Anpassung an diese Gegebenheiten, mit der Chance zukünftige Strukturen mitgestalten zu können

Fussnoten

Fußnoten

  1. Für weitere Bestimmungsfaktoren westeuropäischer Außenpolitik vgl. Roger A. Rieber: The Future of the European Community in International Politics. In: Canadian Journal of Political Science, Vol. 9, No. 2 (Juni 1976), S. 207— 226.

  2. Vgl. Beitrag Wessels in Reinhardt Rummel, Wolfgang Wessels (Hrsg.), Europäische Politische Zusammenarbeit, Bonn 1978.

  3. Jüngstes Beispiel ist der von Paris in Belgrad eingebrachte Vorschlag eines Schlußdokuments für die KSZE II, der von dem Neuner-Kollegium nicht getragen wurde.

  4. Interessanterweise hat auch die EG-Außen-handels-und Entwicklungspolitik bisher eine ähnliche geographische Schwerpunktsetzung. Die EG-Kommission strebt aber eine größere Ausgewogenheit der Beziehungen zu Asien, Afrika und Lateinamerika an. Wilhelm Haferkamp: Die Rolle der Gemeinschaft in den internationalen Beziehungen. Vortrag am 23. Februar 1978, Bonn (Niederschrift der DGAP)

  5. Die hauptsächlichen Tätigkeitsfelder der EPZ lassen sich m. E. auch an den bisherigen öffentlichen Erklärungen der neun Außenminister ablesen. Vgl. die Zusammenstellung im Anhang des Sammelbandes Reinhardt Rummel, Wolfgang Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  6. Vgl. dazu die Einschätzungen im Beitrag Linde-mann in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  7. Einige der bisherigen Erfahrungen der Neuner-bleme beschreibt Nick van Praag in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  8. Dieses und weitere Motive für den interregionalen Dialog beschreibt David Allen in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  9. Einen etwas breiteren Ansatz zur Beurteilung des EAD versucht Ursula Braun: Der Europäisch-Arabische Dialog — Entwicklung und Zwischenbilanz. In: Orient, Vol. 18, No. 1 (1977), S. 30— 56.

  10. Diese Schwierigkeit wird gerade in der Praxis des EAD besonders deutlich. Vgl. Klaus Meyer: Der europäisch-arabische Dialog am Wendepunkt? Stand und Aussichten. In: Europa-Archiv, Vol. 33, No. 10 (1978), S 290— 298.

  11. Die Unterschiede der Aufgabenstellung für die EPZ im Mittelmeer werden besonders evident, wenn die zukünftigen außenpolitischen Herausforderungen dieses Raumes verglichen werden mit den bisherigen Problemlagen in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  12. Vgl. zur protektionistischen Funktion der EPZ im Blick auf die Beziehungen zu den USA den Beitrag von Beate Kohler in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  13. Zu den Möglichkeiten und Grenzen dieses „westlichen Bewußtseins“ vgl. Reinhardt Rummel: Neue Entwicklungen in der atlantischen Partnerschaft. In: Liberal, Vol. 19, No. 11 (Nov. 1977), S. 828— 840.

  14. Charles Pentland: Linkage Politics: Canada’s Contract and the Development of the European Community's External Relations. In: International Journal, Vol. 32, No. 2 (Frühjahr 1977), S. 207— 232.

  15. Da sich die Gemeinschaft mit der Süderweiterung in den „Krisenraum“ Mittelmeer hineinentwickeln wird, wäre es indessen bereits ein Positivum, wenn zumindest ein umfassendes Management der hier auftretenden Krisen gewährleistet wäre. Vgl. Lothar Ruehl: Europas Sicherheitsprobleme im Mittelmeerraum. In: Europa-Archiv, Vol. 33, No. 2 (Jan. 1978), S. 33— 42.

  16. Die Kontinuität der Präsidentschaft ließe sich auch durch einen obligatorischen „Amtsbericht" verbessern, in dem Tätigkeiten der EPZ während der abgelaufenen Präsidentschaft zu verzeichnen wären — mit dem aber auch eine Zusammenschau der abgestimmten Positionen an die übrigen acht und insbesondere an das nächste Präsidentschaftsland weitergereicht werden könnte.

  17. Die Entwicklungsbedürftigkeit des Präsidentschafts-Systems ist die Schlußfolgerung einer Untersuchung dieses Amtes unter Einschluß der Erfahrung mit Großbritannien als Präsidentschaftsland: Geoffrey Edwards/Helen Wallace: The Council of Ministers of the European Community and the President-in-Office. A Federal Trust Paper, London 1977.

  18. Umgekehrt besteht auch für das Politische Komitee — schon aus fachlichen Gründen — kaum Möglichkeit, in EG-Angelegenheiten allzuweit vordringen zu können. Vgl. dazu das von Nick van Praag beschriebene Beispiel im Rahmen des Zypernkonlfikts in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  19. Vgl. in diesem Kontext die Einschätzungen und Anregungen im Beitrag Wallace in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O.

  20. Vgl. dazu die Bemerkungen im Beitrag Wessels in diesem Band.

  21. Wie schwer es fällt, diesen Entwicklungsprozeß mit etwas Zuverlässigkeit zu beurteilen, haben Wissenschaftler wiederholt betont. William Wallace: A Common European Foreign Policy: Mirage or Reality? In: New Europe, Vol. 5, No. 2 (Spring 1977), S. 21— 33.

  22. Vgl. die für diese Entwicklungsvariante charakteristische Einschätzung von Ralf Dahrendorf: International Power: A European Perspective. In: Foreign Affairs, Okt. 1977, S. 72— 88.

  23. Das ehemalige, langjährige deutsche Mitglied der EPZ-Korrespondentengruppe, Otto von der Gablentz, verwendete insofern den Ausdruck „gebündelte Außenpolitik" statt „gemeinsame Außenpolitik“. Otto von der Gablentz: Wege zu einer europäischen Außenpolitik. In: Schneider/Wessels (Hrsg.): Auf dem Weg zur Europäischen Union? Bonn 1977 (Europäische Schriften des Instituts für Europäische Politik, Band. 46/47).

  24. Vgl. dazu Allen/Wallace in: R. Rummel, W. Wessels, Europäische Politische Zusammenarbeit, a. a. O. Möglicherweise ist es — um weiterhin zuversichtlich zu bleiben — nicht hinreichend, die geistig-moralischen und wirtschaftlich-technologischen Kräfte dieser Gemeinschaft zu beschwören, wie dies ein (Berufs) -Optimist in Sachen Europa zu tun pflegt. Hans-Dietrich Genscher: Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer europäischen Außenpolitik. In: Europa-Archiv, Vol. 31, No. 13 (1976), S. 427— 432.

  25. Die grundsätzlichen außenpolitischen Optionen tragen weiterhin — und eher vermehrt — ihre nationalen Ausprägungen. Die EPZ ist keineswegs stark genug, um hier etwa Prioritäten massiv zu verschieben. Lothar Ruehl: Un point de vue ouest-allemand sur la Cooperation politique en Europe occidentale. In: Defense Nationale (März 1978), S. 65— 75. Robert Toulemon: Europe europeenne on Europe atlantique? In: Defense Nationale (Jan. 1978), sowie derselbe: Les chemins de l'independance. In: Defense Nationale (Febr. 1978), S. 17— 30. Geoffrey Goodwin: The external relati-ons of the European Community — shadow and substance. In: British Journal of International Stu-dies, No. 3 (1977), S. 39— 54.

  26. Vgl. dazu ausführlicher Reinhardt Rummel: Neue Entwicklungen in der atlantischen Partnerschaft. In: Liberal, Vol. 19, No. 11 (Nov. 1977), S. 828— 840.

Weitere Inhalte

Reinhardt Rummel, geb. 1944; wiss. Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik und Lehrbeauftragter an der Universität München. Veröffentlichungen u. a.: Soziale Politik für Europa, Bonn 1975; zus. mit H. Kramer: Gemeinschaftsbildung Westeuropas in der Außenpolitik, Baden-Baden 1978; hrsg. mit W. Wessels: Die Europäische Politische Zusammenarbeit.