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Die deutschen Kommunisten 1945 in der SBZ Probleme bei der kommunistischen Kaderbildung vor der SED-Gründung | APuZ 31/1978 | bpb.de

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APuZ 31/1978 Artikel 1 Nach zehn Jahren — Rückblick auf den Prager Frühling Die deutschen Kommunisten 1945 in der SBZ Probleme bei der kommunistischen Kaderbildung vor der SED-Gründung

Die deutschen Kommunisten 1945 in der SBZ Probleme bei der kommunistischen Kaderbildung vor der SED-Gründung

Hermann Weber

/ 21 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Während über die politischen Konzeptionen der deutschen Kommunisten 1945/46 eine ganze Reihe von Veröffentlichungen Auskunft gibt, fehlen entsprechende Darstellungen der organisatorischen Entwicklung bis zur SED-Gründung. Bereits vor der Zulassung der'Partei durch die SMAD (10. Juni 1945) begann der organisatorische Neuaufbau, zunächst beschränkt auf die alten Funktionäre. Nachdem die alten Kader das Organisationsgerüst der Partei geschaffen hatten und damit die Disziplinierung möglich war, wollte die Führung rasch eine Massenbasis bilden. Obwohl sich die KPD durch Identifizierung mit der sowjetischen Besatzungsmacht von der Bevölkerung isolierte, konnte sie die Mitgliederzahl rasch steigern. Die Kommunisten besaßen als Widerstandskämpfer gegen Hitler Autorität, sie hatten überdies Posten zu vergeben, da sie mit der Besatzungsmacht liiert waren. Während die KPD vor 1933 auf dem Gebiet der heutigen DDR 100 000 Mitglieder zählte, erreichte die Partei bis Frühjahr 1946 600 000 Mitglieder. Es gab erhebliche regionale Unterschiede, in Mecklenburg z. B. kamen auf einen Altkommunisten 20 neue Mitglieder. Beispiele aus verschiedenen Orten zeigen, wie die alten Kader zur Minderheit in der Partei wurden. Das Drängen der KPD zur Vereinigung mit der SPD hatte so auch kaderpolitische Überlegungen: Um alle Funktionen in Staat, Verwaltung usw. besetzen zu können, hätte die Partei weitere Mitglieder aufnehmen müssen, damit auch Karrieristen die Tore geöffnet. Durch die Einschmelzung der SPD und die Assimilierung der Sozialdemokraten war das Problem besser zu lösen. Die Kommunisten hatten überdies im führenden Funktionärkorps Schwierigkeiten. Durch die hohen Verluste im Kampf gegen Hitler mußte die Führungselite der späteren DDR neu rekrutiert werden. Von 376 Parteiführern der alten KPD standen nur 105 Funktionäre in der SBZ zur Verfügung, allein 102 waren als Opfer des Hitler-Regimes umgekommen, aber auch 27 bei den Stalinschen „Säuberungen“. Außerdem zeigte sich, daß ein Teil der in der früher oppositionellen KPD tätigen höheren KPD-Funktionäre für die neuen Positionen der Staatspartei nicht geeignet waren und ebenfalls durch Nachwuchskräfte ersetzt werden mußte.

Die heutige SED versteht sich als die konsequente Fortführerin der Kommunistischen Partei Deutschlands. Doch bisher hat die DDR-Geschichtsschreibung den Wiederaufbau der KPD 1945 nur sporadisch untersucht. Vor allem fehlen umfassende Angaben über Mitgliederstruktur und Entwicklung des Funktionärskorps bis zur Gründung der SED im April 1946.

1932 1945 1946 Mio. 1946 Ende Juni: Juli/August: September: Oktober: Dezember: Januar: Februar: April: Einwohner: 30 000 32 000 58 000 64 000 75 000 2, 6 30 000 135 000 150 000 194 000 4, 4 20 000 40 000 99 000 120 000 146 000 3, 1 10 000 62 000 73 000 2, 2 6 000 14 730 25 583 40 949 58 158 66 000 1, 9 3 190 935 3 500 15 248 16 549 31 975 38 118 55 000 70 516 1, 5 Berlin Sachsen Sachsen-Anhalt Thüringen Brandenburg Mecklenburg

Um zu verstehen, wie die 1933 zerschlagene KPD 1945 wiederaufgebaut wurde und wie die Kommunisten dann ihre Führungsrolle in der SBZ und später in der DDR durchsetzten, sind Einblicke in Organisations-und Kaderprobleme aber ebenso wichtig wie — bisher in der Literatur weit mehr behandelte — politische Strategien und Konzeptionen Einige Kader-probleme der KPD 1945 sollen hier skizziert, in erster Linie aber entsprechendes Material über die Lage der Kader zusammengestellt werden, allerdings nur für das Gebiet der späteren DDR.

15. Oktober 1945 15. November 1945 15. Dezember 1945 10. Januar 1946 10. Februar 1946 10. März 1946 10. April 1946 5 436 7 364 9 209 10 126 10 735 11 900 12 332 (7 209) (8 708) (9 789) (10 787) (11 927) (13 367) (14 544)

Die Ausgangslage ist bekannt: Deutschland war 1945 wirtschaftlich ruiniert, das Klassenbewußtsein der Arbeiter nach zwölf Jahren NS-Herrschaft und Krieg weitgehend verschüttet. Die politische Macht in Deutschland lag 1945 bei den Besatzungstruppen. Doch die überlebenden Funktionäre der früheren Arbeiterbewegung versuchten sofort einen Neubeginn, ein antifaschistisches Deutschland war Ziel ihrer Aktivitäten. Die spontanen Ansätze zu antifaschistischen Organisationsformen versandeten jedoch, da die politischen Möglichkeiten angesichts der Bestimmungen der Besatzungsmacht und der Lethargie der verelendeten Massen zu gering waren Da die Sowjetische Militäradministration bereits im Juni 1945 in ihrer Zone wieder Parteien zuließ, bestimmte rasch die tradierte Form des Parteiensystems die Organisation des politischen Lebens.

Die KPD war schon am 11. Juni 1945 als erste Partei mit ihrem Gründungsaufruf an die Öffentlichkeit getreten, der wie eine Abkehr von den revolutionären Traditionen der Partei wirkte. Die KPD-Führer sprachen sich ausdrücklich gegen die Einführung des Sowjetsystems in Deutschland aus und forderten die Errichtung einer parlamentarisch-demokratischen Republik und engste Zusammenarbeit aller antifaschistischen Parteien

Der Aufbau der Partei war durch die Mitglieder der Gruppen Ulbricht, Ackermann und Sobottka, die bereits Anfang Mai mit sowjetischen Instruktionen aus Moskau in Deutschland eintrafen vorbereitet worden. Die KPD-Kader im Lande hatten freilich aus eigener Initiative sofort die Parteiorganisation wieder aufgebaut. In Berlin begann man Anfang Mai mit der Schaffung von Betriebsgruppen Ehemalige Mitglieder wurden aufgefordert, „an die Reorganisation der Zellen zu gehen, um die bezirkliche Erfassung zu ermöglichen und für die Entgegennahme der Anweisungen der Zentrale bereit zu sein“ Obwohl noch keine Parteien zugelassen waren, duldeten bzw. unterstützten die sowjetischen Besatzungsoffiziere offensichtlich diese kommunistischen Aktivitäten Es gab an der Basis allerdings zahlreiche Versuche, anstelle von KPD und SPD eine einheitliche Arbeiterpartei zu gründen. Nur einen Tag nach dem KPD-Aufruf, am 12. Juni 1945, forderte ein Vertreter Spandaus, eine „einheitliche große Bewegung mit dem Namen . Deutsche antifaschistische Arbeiterpartei'ins Leben zu rufen" Diese Bestrebungen wurden von der KPD-Führung ebenso verhindert wie die Absicht, Antifa-Komitees als Machtorgane zu schaffen Zum anderen gab es auch Versuche, einfach an die Politik von 1933 anzuknüpfen und traditionelle kommunistische Politik zu machen. Während die Ulbricht-Führung (dem Leitungszentrum der KPD — dem Sekretariat — gehörten Ulbricht, Pieck, Dahlem und Ackermann an) die Symbolik der alten KPD bewußt vermied, um die neue Linie glaubhaft zu machen, hielten untere Einheiten an Hammer und Sichel oder am Sowjetstern fest . Ein „Ortskomitee" bestimmte am 14. Mai 1945 in Pirna z. B. folgendes: „Der neue Gruß ist: Rot Front, der alte Gruß der kommunistischen Freiheitskämpfer. Die Anrede: Genossin oder Genosse und Du."

Der Ruf nach Schaffung des kommunistischen Jugendverbandes war ebenso zu hören wie altbekannte kommunistische Forderungen nach Diktatur des Proletariats oder Räterepublik . Es ist bekannt, wie rasch die Führung solche „Abweichungen" überwinden konnte. Dies ist nicht nur auf die traditionelle Parteidisziplin in der KPD zurückzuführen, die nach dem Aufruf vom 11. Juni 1945 schnell eine einheitliche Parteilinie ermöglichte, sondern auch auf die Umstrukturierung der Parteiorganisation, in der die alten Kader bald nur noch eine Minderheit bildeten.

Im Mai und Juni 1945 versuchten viele Funktionäre, das Parteiwachstum zu bremsen. „Seid wachsam, prüft jeden auf Herzen und Nieren" war die Parole, oder: „Wir wollen nicht mehr, sondern nur eine schlagfertige Clique sein" Doch bereits die ersten Schritte waren unterschiedlich. Ende Juni 1945 ergab eine Revision Ulbrichts in der Nähe Berlin folgendes Bild: In Potsdam hatte die KPD 100 Mitglieder, davon 75 Altkommunisten und 15 ehemalige Sozialdemokraten. In Strausberg waren nur 56 Altkommunisten aufgenommen worden, ebenso in Schwedt („Neue haben wir grundsätzlich nicht aufgenommen"). In Werder gab es 400 Mitglieder, darunter nur 150 alte Genossen, in Königs-Wusterhausen 53 Mitglieder, darunter 25 frühere Sozialdemokraten und 20 Kommunisten

Die Partei wurde schon Ende Juni von der Führung aufgefordert, keine „Sekte" zu sein, sondern Mitglieder zu werben. Die Frage, wer Mitglied der KPD werden könne, wurde im Juli mit dem Hinweis beantwortet, wer für den Weg des „Aufbaus einer freien und fortschrittlichen Nation" eintrete, „der kann nicht nur, der sollte Mitglied der KPD werden". Die KPD solle „Volkspartei" werden, „alle Schichten des werktätigen Volkes repräsentieren!" Nachdem die alten Kader das Organisationsgerüst der Partei geschaffen hatten und damit die Disziplinierung möglich war, wollte die Führung rasch eine Massen-partei bilden. Dabei spielte auch Ulbrichts These eine Rolle, „daß möglichst bald die Zusammensetzung der Partei geändert werden muß durch Hereinnahme aktiver Antifaschisten“, da die Mehrheit der alten Kader „sektiererisch" eingestellt sei Es sollten also neue Kader gewonnen werden. Die Grundlage dazu war in der SBZ gegeben. Die Kommunisten besaßen nach dem Schock des totalen Zusammenbruchs 1945 die Chance für eine Massenbasis, weil sie als entschiedene Widerstandskämpfer gegen das Hitler-Regime erhebliche Autorität besaßen, aber auch, weil sie mit der siegreichen Sowjetmacht liiert waren. So konnte die Partei ab Juli 1945 einen Zustrom neuer Mitglieder registrieren.

Doch geriet die KPD bald in einen Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung. Die KPD identifizierte sich mit der sowjetischen Besatzungsmacht, sie rechtfertigte die Übergriffe der Roten Armee, die Behandlung der Kriegs-gefangenen, die Reparationspolitik usw. und sie schwenkte stets auf die jeweilige Strategie und Taktik der UdSSR ein. Obwohl sich die KPD als Arbeiterpartei verstand, vertrat sie bei Interessenkonflikten zwischen der Sowjetunion und der deutschen Arbeiterschaft ohne Zögern den Kurs Moskaus. So mußte die Partei in die Isolierung geraten. Gleichzeitig zerstörten die Kommunisten den Grundkonsens, der zwischen allen antifaschistischen Kräften nach dem Zusammenbruch bestanden hatte. Die deutschen Kommunisten, die unter Hitler entschiedenen und opferreichen Widerstand geleistet hatten, wollten zwar in erster Linie die Überreste des Nationalsozialismus überwinden und jede Wiederkehr einer faschistischen Diktatur verhindern, aber darüber hinaus schrittweise ihre Vorherrschaft, ihre „führende Rolle", ausbauen. Für die KPD wurde der „Antifaschismus" zum Instrument ihrer Parteipolitik, und auch das führte zur Isolierung.

Andererseits übertrug die Besatzungsmacht gerade der KPD zahlreiche Funktionen in Staat und Verwaltung. Damit hatte die Partei erstmals auch privilegierte Posten zu vergeben. Das führte zu einem starken Zulauf und täuschte eine Massenbasis vor. Die Partei geriet jedoch eher in Gefahr, von Karrieristen unterwandert zu werden. Zunächst eröffneten die Säuberungen Aufstiegsmöglichkeiten für KPD-Mitglieder. Allein in Sachsen-Anhalt wurden von 140 000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes 50 000 NSDAP-Mitglieder bis 1946 entlassen In die Landes-und Stadtverwaltungen rückten erstmals Kommunisten ein. In der Landesverwaltung Sachsen saßen Anfang 1946 440 Mitglieder der KPD, 521 der SPD, 90 der LDP, 89 der CDU und 901 Parteilose. In der Stadtverwaltung Leipzig waren es Ende 1945 2 000 Mitglieder der KPD, 4 000 der SPD, 600 der beiden anderen Parteien und 12 000 Parteilose Gerade solche Parteilose aber strömten bei den Werbekampagnen der KPD in den folgenden Monaten in die Partei. Auch die alten kommunistischen Kader übernahmen Staatsfunktionen. Von 64 Oberbürgermeistern und Landräten bzw.deren Stellvertretern in Thüringen gehörten Ende 1945 30 der KPD an der SPD, 5 der CDU oder LDP und 7 waren parteilos). In Mecklenburg waren von 20 Landräten 8 (nach anderen Angaben sogar 13) Mitglied der KPD 22). Die neue Funktion der KPD als privilegierte Staatspartei führte einerseits zu einer großen Nachfrage nach Kadern, andererseits zur Abkapselung von den Massen. Der spätere Widerspruch im DDR-Kommunismus — die Isolierung der Führungseliten von der Bevölkerung, damit die Abhängigkeit des Systems von der UdSSR und die diktatorische Herrschaft der Partei über die Masse — bildete sich also in Ansätzen bereits 1945 heraus. Vor diesem Hintergrund ist die Kaderpolitik als zentrales Problem der Parteiführung zu sehen und die Frage interessant, wie groß die Rekrutierungsbasis der KPD in der sowjetisch besetzten Zone war.

Die KPD zählte Ende 1932 rund 250 000 zahlende Mitglieder (registriert waren sogar 360 000) Davon wohnten 130 000 in Westdeutschland, 20 000 in Ostdeutschland und 100 000 in der heutigen DDR (registriert sogar, etwa 140 000 Mitglieder). Auch nach der Zahl ihrer Wähler war die KPD in ihren Hochburgen Berlin, Halle-Merseburg, Sachsen und Thüringen überproportional stark vertreten. Im November 1932 hatte die Partei in Mittel-deutschland (Einwohner ca. 18 Millionen) 2, 3 Millionen Stimmen, in Westdeutschland (Einwohner ca. 37 Millionen) 3 Millionen und in Ostdeutschland (Einwohner 9 Millionen) eine halbe Million Stimmen erhalten.

Die Realität entsprach in Mitteldeutschland 1945 aber nicht unbedingt der starken Repräsentation von 1932/33. Die Zusammenbruchsituation, zwölf Jahre NS-Einfluß, politische Lethargie, Bevölkerungsverschiebungen durch Vertreibung, Bombenkrieg, Kriegsgefangenschaft (die frühere KPD-Hochburg Berlin zählte im Mai 1945 nur noch 2, 6 Millionen der ehemals 4, 3 Millionen Einwohner) — all das hatte auch zu Veränderungen in der politischen Landschaft geführt.

Vor allem aber waren die KPD-Kader durch den Nazi-Terror dezimiert. Nach Angaben der SED waren von 300 000 Mitgliedern die Hälfte, nämlich 150 000, inhaftiert gewesen. Zehntausend Kommunisten — oft wird sogar von Zehntausenden gesprochen — wurden ermordet Die Rote Hilfe hatte für die Zeit von 1933 bis Mitte 1935 bereits 4 656 vom Hitler-Regime Ermordete registriert Allein für Berlin gab die KPD 1945 bekannt: „Uber 800 Berliner Genossen wurden von Hitlers Verbrecherbanden ermordet." Von 4 000 KPD-Mitgliedern in Leipzig waren 2 280 im Zuchthaus oder KZ gewesen, von 4 000 Dresr dner Mitgliedern 1 562 und von 4 000 Mitgliedern aus Chemnitz 1 600. Auch in Sachsen gab es „viele Hunderte“ Todesopfer. Thüringen hatte 1945 6 000 frühere politische Häftlinge, anerkannte „Opfer des Faschismus"

Die KPD hatte durch ihre verfehlte Politik vor 1933 („Sozialfaschismus" -These usw.) ungewollt den Aufstieg Hitlers gefördert. Solche Zahlen zeigen aber, daß die KPD nach 1933 erbitterten Widerstand gegen das Hitler-Regime leistete und die größten Blutopfer brachte. Von diesem Aderlaß, der ja vor allem die qualifiziertesten und ergebensten Parteifunktionäre betroffen hatte, konnte die KPD sich nicht ohne weiteres erholen.

Die Beschreibung einer Funktionärsversammlung im Mai 1945 in Stettin durch Erich Wiesner kann als typisch angesehen werden: „Von den damals (d. h. im Januar 1933) 620 Genossen saßen nur noch 80 im Saal, alle grau im Gesicht und durch Leiden gealtert, aber mit leuchtenden Augen, daß sie diese Stunde noch erleben konnten. Von den Mitgliedern des vor 1933 bestehenden Bezirkssekretariats war ich der einzige überlebende. Alle anderen waren von den Nazis ermordet worden oder waren verschollen.“

Die Unterdrückung durch das NS-Regime hatte die KPD-Kader geprägt und zusammengeschweißt. Da die überlebenden der KZs und Zuchthäuser (so auch der zum Tode verurteilte Robert Havemann) ihre Befreiung der Sowjetarmee verdankten, war die ohnehin positive Grundeinstellung gegenüber der UdSSR noch gewachsen, Stalins Ansehen als Führer der siegreichen Sowjetarmee gestiegen. Diszipliniert ordneten sich die befreiten Kommunisten der Autorität der Führung unter und schwenkten auf die neue Linie ein.

Geht man (trotz der oben angeführten Gründe) davon aus, daß entsprechend dem Stand von 1932 in der Sowjetzone ein Stamm von 100 000 Kommunisten vorhanden war, so müßten diese bereits im Juli 1945 alle wieder organisiert gewesen sein, denn die KPD erreichte damals eine Mitgliederzahl von etwa 100 000. Doch schon im November 1945 zählte die KPD 270 000 Mitglieder, Ende 1945 etwa 400 000, im Februar 1946 511 000 (in ganz Westdeutschland dagegen nur 160 000!) und im April 1946 schließlich fast 600 000 Mitglieder Ein halbes Jahr nach der Zulassung der KPD kamen also auf ein altes Mitglied drei neue, und unmittelbar vor der Vereinigung mit der SPD auf ein altes fünf neue KPD-Mitglieder. Die zugänglichen Unterlagen lassen leider kein vollständiges Bild der regionalen Entwicklung zu, doch zeigt die folgende Tabelle erhebliche Unterschiede an

Gab es in Berlin bis zur Vereinigung das Zweieinhalbfache von neuen gegenüber den alten Kadern, so in Sachsen das Sechsfache, in Thüringen und Sachsen-Anhalt das Siebenfache, in Brandenburg das Zehnfache und in Mecklenburg sogar das Zwanzigfache. Gerade in den ländlichen Gebieten gingen die alten Kader fast völlig in der neuen Mitgliedschaft auf, hier mußten sogar wichtige Funktionen an „Neukommunisten“ übertragen werden. In Industrieorten und in früheren KPD-Hochburgen schwoll die Mitgliedschaft ebenfalls an. In Gotha zählte die KPD am 14. Juni 1945 nur 80 Mitglieder, im April 1946 1 057. Im Stadtteil Zentrum in Halle waren es im Juli 1945 50 Mitglieder, im Oktober 900. In Plauen zählte die KPD im September 1945 879, im Januar 1946 1 748 Mitglieder. In Bischofswerda (etwa 10 000 Einwohner) hatte die KPD vor 1933 50 Mitglieder, im April 1946 520

Nicht anders war es in Großstädten. In Leipzig erreichte die KPD ihren Stand von vor 1933, 4 000 Mitglieder, zwar erst im Oktober 1945, sie zählte aber im März 1946 (allerdings Stadt-und Landkreis) 26 000 Mitglieder (SPD: 36 000)

Die einzige Stadt, über die fortlaufende Angaben zu finden waren, ist Chemnitz Vor 1933 gab es 4 000 Mitglieder, im Mai 1945 000) 32).

Die einzige Stadt, über die fortlaufende Angaben zu finden waren, ist Chemnitz 33). Vor 1933 gab es 4 000 Mitglieder, im Mai 1945 bauten 50 Funktionäre die Partei wieder auf, die sich folgendermaßen entwickelte (in Klammern die Mitgliederzahlen der SPD):

Der rasche, aber kontinuierliche Anstieg der KPD-Mitglieder ist einmal auf den Willen der Leitung zurückzuführen, eine Massenpartei aufzubauen (was für Ulbricht auch bedeutete, daß die alten Kader aufgesogen wurden und mit den „unbeschriebenen Blättern“ leichter Politik gemacht werden konnte). Zum anderen ist ein Zulauf sowohl aus ideologischen (antifaschistische Haltung) wie materiellen (Karriereaussichten) Gründen festzuhalten. Schließlich spielt die Konkurrenzsituation zur SPD eine Rolle. Ein kleiner Teil früherer Sozialdemokraten war 1945 zur KPD gestoßen. Die SPD konte jedoch von einer besseren Ausgangsbasis ausgehen (sie hatte vor 1933 in der heutigen DDR 581 000 Mitglieder) 34) und damit die KPD überflügeln.

Allerdings war die KPD im Sommer 1945 stärker als die SPD, und noch Ende 1945 zählte die SPD mit 376 000 Mitgliedern eher etwas weniger als die KPD 35). Zunächst war das freilich auf die Haltung sowjetischer Orts-kommandanten auf dem Land zurückzuführen, die eher KPD-als SPD-Ortsgruppen zuließen. Denn ausgerechnet auf dem Lande, auf dem die KPD traditionell schwach verankert war, überflügelte sie die SPD 36). Beispielsweise war in Brandenburg „in den ländlichen Gebieten die KPD stets stärker als die SPD. So hatte am 15. August im Kreis Ostprignitz die KPD 52 Ortsgruppen, die SPD bis dahin aber nur eine Ortsgruppe in Pritzwalk" Doch in der Stadt Brandenburg standen 1 100 KPD-Mitgliedern 2 000 der SPD gegenüber, in Rathenow zählte die KPD 230 Mitglieder, die SPD 600.

Anfang 1946 waren KPD und SPD in den agrarischen Bezirken Mecklenburg und Brandenburg etwa gleich stark, doch im industriellen Sachsen-Anhalt hatte die KPD im Januar 1946 99 000, die SPD 131 000 Mitglieder, in Sachsen die KPD 135 000, die SPD 145 000 Mitglieder Auch in den Betrieben dominierte keineswegs überall die KPD. Im März 1946 hatten die Gruppen von KPD und SPD in Leuna je 600 Mitglieder, in den Eisenbahnwerkstätten Chem-nitz standen nur 70 KPD-520 SPD-Mitgliedern gegenüber, umgekehrt bei Brabag Zeitz 800 KPD-nur 250 SPD-Mitglieder

Es gelang der KPD zwar nicht, die SPD an Mitgliedern zu überrunden, doch sie konnte sie fast einholen. Aber während die SPD praktisch ihren traditionellen Mitgliederstand wieder herstellte (681 000 im März 1946 gegenüber 581 000 1932) war die KPD eine Partei mit neuen Mitgliedern, in denen die alten Kader untergingen. Da die KPD außerdem eine neue Linie vertrat und eine neue Funktion ausübte, nämlich die Besetzung von Positionen in Staat, Verwaltung, Wirtschaft, Bildung usw., war sie überfordert.

Aus der Kadersituation ist der Schluß abzuleiten, daß das Drängen der KPD zur Vereinigung mit der SPD ab Frühherbst 1945 nicht nur die bekannten politischen Gründe hatte, sondern auch kaderpolitische Überlegungen. Um auf den unteren und mittleren Ebenen die Funktionen in Verwaltung, Wirtschaft usw. besetzen zu können, hätte die KPD noch weit mehr Mitglieder aufnehmen müssen, darunter wohl nicht wenige Karrieristen. Eine Einschmelzung der SPD löste dieses Problem, da jetzt bewährte Arbeiterfunktionäre einzusetzen waren. Freilich mußten die Kommunisten die wichtigsten Hebel in der Hand behalten, um ihre Linie durchzusetzen (doch die Macht lag ja ohnehin noch bei den Sowjettruppen), und sie mußten die früheren Sozialdemokraten durch Schulung, Ausschlüsse von Opponenten usw. assimilieren Doch das galt ebenso für die Neukommunisten, und wie die Entwicklung zeigt, erreichte die Führung im großen und ganzen ihr Ziel.

Allerdings läßt ein Blick auf die Parteispitze erkennen, daß es auch im führenden Funktionärskorps kaderpolitische Schwierigkeiten gab. Hier waren die Verluste der KPD bis 1945 so groß, daß die Führergarnitur der späteren DDR weitgehend neu rekrutiert werden mußte. Die DDR-Geschichtsschreibung, von der man erwarten sollte, daß sie das Schicksal des kommunistischen Führungskorps näher untersucht, gibt darüber nur bruchstückhaft Auskunft Aus diesem Grunde sollen hier erstmals Zahlen vorgelegt werden Das Führungskorps der KPD von 1932 setzte sich zusammen aus 254 Abgeordneten des Reichstags und der Landtage sowie 240 wichtigen Funktionären im Parteiapparat (ZK-Mitglieder, ZK-Apparat, Führung der Massenorganisationen und wichtige Bezirksfunktionen). Durch Doppelbesetzungen nahmen insgesamt 367 Personen, von denen 347 erfaßt werden konnten, diese Spitzenpositionen ein. Die Mehrzahl kam aus dem heutigen Gebiet der DDR (mit dem Sitz der Zentrale in Berlin!), nämlich 192 Funktionäre (133 waren aus Westdeutschland, nur 22 aus Ostdeutschland). Zusammen mit weiteren 29 Parteiführern, die nach 1933 wichtige Funktionen übernahmen, sind insgesamt 376 Personen als das Führungskorps der KPD anzusehen Von diesen 376 Parteiführern waren 1945 jedoch 142, also fast 40 Prozent, tot. Von den 234 überlebenden befanden sich 1945 78 in Westdeutschland, 26 noch in der Emigration (25 unbekannt), nur 105 Funktionäre standen 1945 in der SBZ zur Verfügung (1946 und 1947 kamen 17 weitere aus der Emigration zurück). In der sowjetisch besetzten Zone konnte sich die KPD 1945 also nur auf ein gutes Viertel des Führungskorps von 1932 (und auch nur auf die Hälfte derjenigen, die früher in diesem Gebiet wohnten) stützen. Von den 105 Parteiführern kamen 22 aus dem sowjetischen und 13 aus dem westlichen Exil, die meisten, nämlich 60, direkt aus Zuchthäusern und KZs, nur 10 waren beim Zusammenbruch in Freiheit. Die unterschiedlichen Erfahrungen dieser Parteiführer machten sich später im oft aufbrechenden Gegensatz von Exilierten und Inhaftierten deutlich.

Von den 1945 bereits toten 142 Parteiführern waren allein 102 als Opfer des Faschismus gefallen. Daß mehr als ein Viertel des KPD-Führungskorps im Widerstand gegen die NS-Diktatur ihr Leben ließ, unterstreicht die wichtige Rolle der KPD in diesem Kampf. Es ist für die Partei aber auch bedeutsam, daß 27 der Führer von 1932 als Opfer des Stalin-Terrors in der sowjetischen Emigration ums Leben kamen. Es gibt keine vollständige Liste derjenigen deutschen Kommunisten, die während der Säuberungen in der UdSSR um-kamen, doch ihre Zahl ist nicht gering

Schließlich darf nicht übersehen werden, daß von den Mitgliedern der obersten Spitzenführung, dem Politbüro des Januar 1933, unter Hitler Ernst Thälmann und John Schehr ermordet wurden, unter Stalin aber Hermann Remmele, Hermann Schubert, Ernst Schulte und der 1932 vom Mitglied zum Kandidaten zurückgestufte Leo Flieg. Auch Heinz Neu-mann, bis 1932 Kandidat des Politbüros, wurde Opfer der Stalinschen „Säuberungen“. Daß ein Großteil der Spitzenfunktionäre dieses Schicksal erlitt, gehört zu den Ursachen des „Stalinismus-Trauma" der deutschen Kommunisten, das bis heute fortwirkt

Die KPD mußte aber 1945 nicht nur sehr große Verlußte in ihrem zentralen Funktionärs-korps feststellen. Ähnliches galt für die Bezirke. Die großen Lücken im Führungskorps mußte die KPD durch Nachwuchsfunktionäre füllen, teilweise konnte sie Kommunisten aus der CSR und Funktionäre aus Westdeutschland heranziehen.

Die oberste Spitzenführung der SED setzte sich in den folgenden Jahren (soweit sie aus der KPD kam) selbstverständlich aus Funktionären zusammen, die fast alle dem alten Führungskorps angehört hatten. Das gilt für alle 7 Zentralsekretariats-Mitglieder nach dem Vereinigungsparteitag und 7 von 8 Zentralsekretariats-Mitgliedern nach dem II. SED-Parteitag 1947. Der größere Teil jener 105 Funktionäre des alten Führungskorps, die 1945 in der SBZ waren, erhielt allerdings in den folgenden Jahren keine führenden Positionen mehr. Der III. Parteitag der SED 1950 wählte ein ZK aus 51 Personen (darunter 32 Altkommunisten), von denen nur 15 dem alten Führungskorps angehört hatten (von 30 Kandidaten des ZK nur 3). Schon in den ersten Landtagen 1946 waren die Mitglieder des alten Führungskorps schwach vertreten.

Hier läßt sich ein weiteres Kaderproblem der KPD nach 1945 ablesen: Offensichtlich waren viele der in der früher oppositionellen KPD tätigen höheren Funktionäre für die neuen Positionen der Staatspartei nicht „tauglich"; sie mußten durch Nachwuchskräfte ersetzt werden.

Die KPD-Führung hatte 1945 politische Schwierigkeiten; sie mußte die neue Linie durchsetzen und die Partei in eine staatstragende Funktion überführen. Das galt allerdings im wesentlichen nur für die Sowjetische Besatzungszone, wodurch die zentralistisch organisierte und einheitlich auf ganz Deutschland ausgerichtete KPD in weitere Schwierigkeiten geriet. Durch die kritiklose Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht schließlich isolierte sich die KPD von der Masse der Bevölkerung.

Diese komplizierte Lage wurde durch die Situation der Kader verschärft. Die alten Parteimitglieder wurden in der neuen Massenpartei zur Minderheit. Die großen Blutopfer gerade der Funktionäre im Widerstandskampf 1933-1945 erschwerten das Problem der Funktionsbesetzungen in der Partei und vor allem in Staat und Gesellschaft. In dieser Sachlage wurde die Einschmelzung der SPD wichtig jedoch noch bedeutsamer die Umwandlung der SED in eine stalinistische Partei „neuen Typus" ab 1948: Die nun zahlreich vorhandenen Kader konnten geschult, diszipliniert und notfalls ausgewechselt werden. Soweit sie nicht angepaßt waren, wurden in den fünfziger und sechziger Jahren die alten KPD-Kader von 1945 ausgewechselt oder abgeschoben, denn sie hatten im wesentlichen ihren Zweck erfüllt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Von der neueren Literatur sei hier nur genannt Dietrich Staritz, Sozialismus in einem halben Land, Berlin (West) 1976.

  2. über die Antifa-Bewegung vgl. jetzt: Lutz Niet-hammer, Ulrich Borsdorf und Peter Brandt (Hrsg.), Arbeiterinitiative 1945, Wuppertal 1976. Neben Antifa-Ausschüssen im Westen wird auch über solche in Leipzig berichtet. M. E. werden in diesem Band die Chancen für diese Ansätze zu positiv gesehen.

  3. Der Aufruf ist u. a. abgedruckt in: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Reihe III, Bd. 1, Berlin (Ost) 1959, S. 14 ff. (bei diesem Aufruf fehlen bezeichnenderweise die Unterschriften der Parteigründer), und Hermann Weber (Hrsg.), Der deutsche Kommunismus. Dokumente, Köln 1963, S. 431 ff.

  4. Vgl. die Interna bei Wolfgang Leonhard, Die Revolution entläßt ihre Kinder, Köln 1955, S. 334 ff.

  5. Erinnerungsbericht von Karl Helms, in: Die Befreiung Berlins 1945. Eine Dokumentation, hrsg. v. Klaus Scheel, Berlin (Ost) 1975, S. 208.

  6. Aufruf der „Zelle Süd Ost 16" der KPD, ebd., S. 180.

  7. Nach einem Bericht Wiesners gestattete Anfang Mai der sowjetische Kommandant die Partei-tätigkeit und meinte „schmunzelnd... natürlich

  8. Vgl. Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band II, 2. Zusatzband, Berlin (Ost) 1968, S. 316.

  9. Vgl. z. B. Schafft die Einheit. Die Gründung der SED in Chemnitz, Karl-Marx-Stadt o. J. (1959), S. 49.

  10. Geschichte der SED. Abriß, Berlin (Ost) 1978, S. 87.

  11. Vgl. die Dokumente in in Günter Meusel, Brüder, in eins nun die Hände. Der Prozeß der Vereini-gung von KPD und SPD im Kreis Hoyerswerda, Hoyerswerda 1971, S. 18 ff. Karl Urban, Die Verei-nigung von KPD und SPD in der Provinz Bran-denburg, Potsdam 1976, S. 97 ff. (Dokumentation von J. Schulz, K. Urban und W. Wölk); Ulbricht wandte sich Ende Juni ausdrücklich gegen die frü-heren Symbole „Rot Front", Hammer und Sichel usw. Vgl. Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band II, Zusatzband, Berlin (Ost) 1966, S. 233.

  12. Vgl.den Faksimileabdruck: Neue Zeit. Amtliches Organ des Ortskomitees Pirna und Umgegend in: Herbert Anger/Heinz Rieger, Hell aus dem dunklen Vergangenen. Beiträge zur Vereinigung der Arbeiterparteien des Kreises Pirna, Pirna °-J. (1961), S. 15.

  13. Vgl. Richard Gyptner, in: Wir sind die Kraft, a. a. O., (Anm. 7), S. 89.

  14. Vgl. Siegfried Thomas, Der Wiederbeginn des politischen Lebens in Berlin, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 8. Jg. 1960, S. 1322.

  15. Aus einem Leitartikel der Volkszeitung, Halle, zitiert in: Karl-Heinz Schiller, Wie die SED in Halle entstand, Halle o. J., S. 32.

  16. So der Vertreter von Blankenfelde, in: Ulbricht, Zur Geschichte... (Zusatzband), a. a. O., (Anm. 11), S. 227.

  17. Ebd., S. 223 ff.

  18. Ebda, S. 227. Franz Dahlem, Wer kann Mitglied der KPD werden? in: Deutsche Volkszeitung, Zentralorgan der KPD, Nr. 39 vom 27. Juli 1945; Ulbricht, Zur Geschichte, Zusatzband, a. a. O., (Anm. 11), S. 227.

  19. Ulbricht, ebd. , S. 205.

  20. Robert Siewert, in: Wie die Arbeiter-und Bauern-Macht entstand. Erlebnisberichte aus Sachsen-Anhalt. 2. erg. Aufl. Halle o. J. (1960), S. 61. In Berlin wurden Anfang Juli 1945 „ 25 740 Nazis entlassen“. Befreiung und Neubeginn, Berlin (Ost) 1968, S. 182; vgl. auch: Aufbruch in unsere Zeit. Erinnerungen an die Tätigkeit der Gewerkschaften von 1945 bis zur Gründung der DDR, Berlin (Ost) 1976, S. 25.

  21. K. H. Schöneburg, R. Mand, H. Leichtfuß, K. Urban, Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik, Bd. 1, Berlin (Ost) 1966, S. 326. In der Landes-verwaltung Schwerin arbeiteten 40 Kommunisten, 118 Sozialdemokraten, 29 CDU-Mitglieder und 327 Parteilose. Vgl.: Theorie und Praxis. Wissenschaftliche Beiträge der Parteihochschule „Karl Marx“ beim ZK der SED, Heft 1, 1975, S. 71.

  22. Schöneburg u. a., a. a. O., S. 326. Helene Fiedler, SED und Staatsmacht, Berlin (Ost) 1974, S. 24. 13 KPD-Landräte gab es hingegen nach: Die Befreiung vom Faschismus durch die Sowjetunion — entscheidende Voraussetzung für den weiteren Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus. Protokoll der Konferenz vom 3. /4. April 1945, Teil II. Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Greifswald, Greifswald 1976, S. 259. Nach diesen Angaben gehörten von 107 Oberbürgermeistern, Landräten und Bürgermeistern in Mecklenburg Ende 1945 61 der KPD, 25 der SPD, 1 der CDU an, 20 waren parteilos. Nicht die Präsidenten, aber alle 5 Vizepräsidenten der von der SMAD eingesetzten Landes-und Provinzialverwaltungen gehörten der KPD an, vgl. Theorie und Praxis, a. a. O., S. 25.

  23. Für diese und die folgenden Zahlen über die KPD vgl. Hermann Weber, Die Wandlung des deutschen Kommunismus, Bd. 1, Frankfurt/M. 1969, S. 361 ff.

  24. Vgl. z. B. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 5, Berlin (Ost) 1966, S. 436; Sachwörterbuch der Geschichte Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 1, Berlin (Ost) 1969, S. 72; Geschichte der SED, a. a. O., (Anm. 10), S. 68; Fundierte Angaben bei Horst Duhnke, Die KPD von 1933 bis 1945, Köln 1972, S. 525, dort weitere Hinweise auf DDR-Angaben.

  25. Vgl. Klaus Mammach, Die KPD und die deutsche antifaschistische Widerstandsbewegung 1933 bis 1939, Frankfurt/M. 1974, S. 89.

  26. Einstimmig beschlossen: SED Groß-Berlin, 2-O. u. J. (Berlin 1946), S. 16.

  27. Bericht über die Verhandlungen des 15. Partei-tages der KPD, Berlin 1946, S. 173 f. Für Chemnitz wurden später 44 ermordete Antifaschisten und 114 an den „Folgen unmenschlicher Behandlung" Verstorbener angegeben (Schafft die Einheit, a. a. O„ Anm. 9, S. 8). Chronik zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Thüringen 1945— 1952, Erfurt o. J. (1975), S. 43.

  28. Wiesner, a. a. O. (Anm. 7), S. 493 f.

  29. Für die „unmittelbaren Nachkriegstage“ gibt Staritz (a. a. O., Anm. 1, S. 68) „ca 50 000 Mitglieder“ an, was etwas hoch gegriffen scheint. Die Zahlen für Juli und Ende 1945 sind geschätzt aus den unten angegebenen Regionalmitgliederzahlen. Zu den übrigen Zahlen: Ulbricht, Zur Geschichte..., 2. Zusatzband, a. a. O., (Anm. 8), S. 327; Ulbricht, Zur Geschichte..., Zusatzband, a. a. O., (Anm. 11), S. 359; Bericht 15. Parteitag, a. a. O. (Anm. 26), S. 66, 137 (am 31. 3. 1946 zählte die KPD danach 584 897 Mitglieder); Carola Stern, Porträt einer bolschewistischen Partei, Köln 1957, S. 282.

  30. Die Zahlen wurden nach folgenden Unterlagen zusammengestellt oder errechnet: Weber, Wandlung, a. a. O., (Anm. 22), S. 367 ff.; Bericht des Parteivorstandes der SED an den 2. Parteitag, Berlin 1947, S. 30; Akten Ostbüro (Archiv der sozialen Demokratie), 0301 II SED; Einstimmig..., a. a. O., (Anm. 25), S. 24; Siegfried Thomas, Entscheidung in Berlin, Berlin (Ost) 1964, S. 135 f.; Walter Ulbricht, Der Plan des demokratischen Neuaufbaus, Berlin 1946, S. 46; Berliner Arbeiterbewegung. 25 Jahre SED, Berlin (Ost) 1971, S. 11; Matern, in: Wir sind die Kraft, a. a. O., (Anm. 7), S. 44; Helfried Wehner (Hrsg.), Kampfgefährten — Weggenossen, Berlin (Ost) 1975, S. 52 f; Urban, a. a. O., (Anm. 11), S. 306; Heinz Vosske, über die Initiativgruppe des ZK der KPD in Mecklenburg,

  31. Uber die Situation der Sozialdemokraten auf regionaler und lokaler Ebene mit entsprechenden Einsichten auch für die Tätigkeit der Kommunisten, auf die hier nicht eingegangen werden kann, informiert der Beitrag: Beatrix W. Bouvier, Antifaschistische Zusammenarbeit. Selbständigkeitsanspruch und Vereinigungstendenz, in: Archiv für Sozialgeschichte, XVI. Band 1976, S. 417 ff.; zu den Zahlen vgl.: Gotha. Zur Geschichte der Stadt, Gotha-Leipzig 1975, S. 129, 133; Schiller, a. a. O., (Anm. 15), S. 32; Alfred Leonhardt u. a., Plauen vor 20 Jahren, o. O. u. J. (1966), S. 49; Theorie und Praxis, Heft 2, April 1961, S. 22.

  32. Anfang Oktober 1945 zählte die KPD in Leipzig 4 000 Mitglieder, die SPD 12 000, die CDU 1 200 und die Demokraten 1 000 (Akten Ostbüro 0301 I). Am 19. Oktober 1945 forderte Ulbricht für Leipzig „die Mitgliederzahl der Partei in verhältnismäßig kurzer Zeit zu verdoppeln", vgl. Ulbricht, Zur Geschichte, Zusatzband, a. a. O. (Anm. 11), S. 284; in der „Leipziger Volkszeitung“ vom 30. 8. 1947 berichtete Ernst Lohagen, vor der Vereinigung habe die KPD 26 222 Mitglieder gezählt, die SPD 35 900 Mitglieder. Auf jeden Fall gab es im Stadt-und Landkreis Leipzig insgesamt 26 000 KPD-Mitglieder; bei der SPD ist vermutlich nur die Mitgliederzahl der Stadt Leipzig angegeben. Vgl. auch: 15 Jahre Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, Leipzig o. J. (1961), S. 45.

  33. Vgl. Schafft die Einheit, a. a. O., (Anm. 9), S. 89; Hansjörg Model, Die Gründung der SED in Chemnitz, in: ... daß die Sonne schön wie nie. Aufsätze und Geschichte der Arbeiterbewegung in Karl-Marx-Stadt, o. O. u. J. (1965), S. 36; Die Gründung der SED in Chemnitz. Eine Dokumentation von Rudolph Strauß, Karl-Marx-Stadt 1966, S. 29; Durch Aktionseinheit zur Einheitspartei. Zur Geschichte der SED im Bezirk Karl-Marx-Stadt, Karl-Marx-Stadt 1976, S. 61.

  34. Das führte zu Verschiebungen in der Mitgliederstruktur. Im November 1945 sagte Ulbricht, da die KPD eine „sehr große Zahl" von Bauern gewonnen habe, man nunmehr „die Aufnahme neuer Mitglieder ein wenig zu regulieren" habe, nämlich „das Schwergewicht auf die Aufnahme von Betriebsarbeitern“ zu legen sei, „von denen bisher relativ wenig aufgenommen worden sind"; vgl. Ulbricht, Zur Geschichte, 2. Zusatzband, a. a. O., (Anm. 8), S. 327.

  35. Karl Urban, Zur Geschichte der Vereinigung der KPD und SPD in der Provinz Brandenburg, Potsdam 1963, S. 91; Urban, a. a. O., (Anm. 11), S. 22 f.

  36. Vgl. Anm. 30 und Akten Ostbüro, O 301 II. In den folgenden Monaten nahm die SPD rascher an Mitgliedern zu als die KPD. Wenn bei der Vereinigung die SPD 680 000 und die KPD 620 000 angaben (vgl. z. B. Geschichte der SED. Abriß, S. 128), so war einmal die Zahl 620 000 offenbar übertrieben, denn nach der Abrechnung von Ende März zählte die KPD 585 000 (vgl. Anm. 29), zum anderen lag es an den Berliner Verhältnissen: die SED zählte bei der Vereinigung in Berlin 99 000 Mitglieder (vgl. Bericht des PV, a. a. O., Anm. 30, S. 30), die KPD brachte davon 75 000 ein (s. d. Tabelle), von den Berliner SPD-Mitgliedern (Februar: 66 000) gingen also nur 24 000 zur SED. In der SBZ zählte dann aber die SPD 655 000, die KPD nur 525 000 Mitglieder!

  37. Vgl. Neuer Weg, Heft 1, Januar/Februar 1946, S. 3 f.

  38. 40. Parteitag, a. a. O., (Anm. 34), S. 82.

  39. „Die Sozialdemokraten hatten entscheidenden Anteil bei der Besetzung von Verwaltungsstellen, deren Funktionieren sie nicht selten durch ihre Sachkompetenz garantierten. Wenn sie damit auch einen Teil der wichtigen . mittleren Ebene-stellten, so waren es doch die Kommunisten, die durch Besetzung der strategisch wichtigsten Positionen die politische Linie bestimmten... es war besonders diese Gruppe (Sozialdemokraten) sowohl in Partei-als auch Verwaltungsfunktionen, deren Mitglieder beim späteren Kurs auf . eine Partei neuen Typus'am häufigsten ausgeschaltet wurden." Vgl. Bouvier, a. a. O., (Anm. 31), S. 468.

  40. Die DDR-Gesdiichtsschreibung muß verschleiern, daß KPD-Führer nicht nur unter Hitler, sondern auch unter Stalin ermordet wurden oder sich von der KP abwandten. Als Beispiel dieser Schwierigkeiten kann die Herausgabe und spätere Einziehung sowie dann erneute Verbreitung des „Biographischen Lexikons“ zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung gelten. Vgl. dazu Deutschland Archiv, 9. Jg. 1970, S. 928 ff. und 1116 f.

  41. Eine genaue Übersicht mit Biographien und deren Auswertung wird an anderer Stelle erfolgen. Die Auswahlkriterien sind die gleichen, die in der „Wandlung des deutschen Kommunismus“ für frühere Zeiträume angewandt wurden (vgl. Anm. 22, Bd. 2, S. 6 ff.).

  42. Die KPD selbst nannte 422 Funktionäre als Führungskader (davon waren 1935 219 verhaftet, 24 ermordet und 125 in der Emigration). Vgl. Wilhelm Pieck, Gesammelte Reden und Schriften, Bd. V, Berlin (Ost) 1972, S. 238.

  43. Vgl. dazu: Exil in der Sowjetunion, in: Europäische Studien, Heft 14/15-1976 und Heft 34/36-1976;

  44. Vgl. Hermann Weber, DDR. Grundriß der Geschichte 1945— 1976, Hannover 1976, S. 8 f.

  45. Uber die weitere Entwicklung der Mitgliedschaft nach der Vereinigung, auch die regionale und strukturelle Zusammensetzung, vgl. z. B. Walter Beling, Planmäßige Werbung, in: Neuer Weg, Heft 8, 1947, S. 11 ff.

Weitere Inhalte

Hermann Weber, Dr. phil., geb. 1928 in Mannheim, o. Professor an der Universität Mannheim (Lehrstuhl für Politische Wissenschaft und Zeitgeschichte II). Veröffentlichungen u. a.: Von Rosa Luxemburg zu Walter Ulbricht, Hannover 1961 (4. verb. Aufl. 1970); Der deutsche Kommunismus, Dokumente, Köln 1963 (3. Aufl. 1973); Lenin, Ausgewählte Schriften, München 1963; Konflikte im Weltkommunismus, München 1964; Die Kommunistische Internationale, Hannover 1966; Von der SBZ zur DDR, Hannover 1968; Der Gründungsparteitag der KPD, Frankfurt/Main 1969; Die Wandlung des deutschen Kommunismus, 2 Bände, Frankfurt/Main 1969 (einbändige Studienausgabe 1971); Demokratischer Kommunismus?, Hannover 1969; Lenin, Hamburg 1970; Ansätze einer Politikwissenschaft in der DDR, Düsseldorf 1971; Das Prinzip links, Hannover 1973; Lenin-Chronik (zusammen mit Gerda Weber), München 1974; Die SED nach Ulbricht, Hannover 1974; DDR-Grundriß der Geschichte 1945— 1976, Hannover 1976; SED-Chronik einer Partei 1971— 1976, Köln 1976.