Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland und das Wahlrecht Wahlrechtsausgestaltung zwischen politischer Opportunität und demokratischer Legitimität | APuZ 51/1977 | bpb.de
Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland und das Wahlrecht Wahlrechtsausgestaltung zwischen politischer Opportunität und demokratischer Legitimität
Eckhard Jesse
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Zusammenfassung
Das Wahlrecht steht im Spannungsfeld von demokratischer Legitimität und politischer Opportunität. Einerseits dienen Wahlen der Legitimation des politischen Systems, andererseits unternehmen die Parteien immer wieder Vorstöße zur Revision des Wahlrechts. Die Analyse versucht, die beiden Stränge der politischen Opportunität und der demokratischen Legitimität anhand der Wahlrechtsausgestaltung in der Bundesrepublik Deutschland zusammenzuführen. Die Parteien in der Bundesrepublik betonen vorrangig staatspolitische Motive bei der Wahlrechtsausgestaltung. Dabei fällt eine gewisse . Interessenprüderie'auf, geben sie doch selten zu, daß Zweckmäßigkeitserwägungen im Vordergrund stehen. Es hat sich gezeigt, daß sich eine einmal erfolgte Wahlrechtsgestaltung grundlegend kaum mehr revidieren läßt Die CDU/CSU befürwortete das Mehrheitswählsystem, konnte sich aber trotz verschiedener Vorstöße in der Wahlrechtsfrage nicht durchsetzen. Die SPD ging von der Propagierung des Verhältniswahlsystems allmählich ab, als sie realistische Erfolgsaussichten bei einem Mehrheitswahlsystem besaß. Trotzdem zögerte sie in der Wahlrechtsreformdiskussion 1967/68, das bestehende Wahlsystem zu revidieren. Die FDP hielt entsprechend ihrer Interessenlage als kleiner Partei durchgehend und geschlossen an einem Verhältniswahlsystem fest. Die demokratische Legitimität eines Herrschaftssystems liegt erst dann vor, wenn es dem Prinzip der Volkssouveränität, das die Bevölkerung gleichzeitig akzeptiert, Rechnung trägt und vorstaatliche Grundwerte nicht antastet. Wahlen sind der grundlegende Legitimationsakt für eine Demokratie. Ob ein Staat wie die Bundesrepublik Deutschland ein demokratisch legitimiertes Wahlrecht besitzt, hängt von mannigfachen Faktoren ab. Wahlrechtsgrundsätze ordnungsgemäß einzuhalten, reicht dafür bei weitem nicht aus. Das demokratische Wahlrecht muß u. a. eine Entscheidung auf Zeit beinhalten, das Mehrheitsprinzip beachten und eine sinnvolle Zuordnung von Stimmen und Mandaten gewährleisten. Politische Opportunität und demokratische Legitimität sind zwei Kriterien, die sich nicht durchgehend widerstreiten. Da es keine absolut richtigen Maßstäbe für die demokratische Legitimität eines Wahlrechts gibt, spielen Opportunitätsgesichtspunkte legitimerweise eine gewichtige Rolle. Es entspricht daher häufig vordergründig-moralisierender Kritik, am Verhalten der Parteien deshalb Anstoß zu nehmen, weil sie ihr Votum für ein bestimmtes Wahlsystem auch von den eigenen Chancen abhängig machen. Andererseits müssen der robusten Interessenwahrnehmung der Parteien bei der Wahl-rechtsges taltung Grenzen gesetzt sein. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland haben jedoch die Prinzipien der politischen Opportunität nie derart überzogen, daß die demokratische Legitimität des Wahlrechts je bedroht gewesen wäre.
Die Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland um das „richtige" Wahlsystem gehört heutzutage der Vergangenheit an. Weder Politiker noch Wissenschaftler haben zur Zeit ein Interesse daran, den Disput neu zu beleben Dieser Beitrag beabsichtigt nun nicht, die klassische Wahlsystemkontroverse zwischen den Anhängern des Proportional-modells, die mehr auf eine gerechte Repräsentation der Interessen im Parlament abstellen, und den Befürwortern eines mehrheits-bildenden Wahlsystems, die stärker das Prinzip einer stabilen Regierung betonen, wieder aufzurollen.
Das Wahlrecht steht im Spannungsfeld von demokratischer Legitimität und politischer Opportunität. Einerseits sind Wahlen zur Legitimationsgrundlage des demokratischen Staates geworden. Ihre Legitimationskraft erweist sich als so stark, daß selbst Staaten, die den Willen ihrer Bürger ignorieren, sich genötigt sehen, (manipulierte) Wahlen abzuhal-ten. Andererseits gibt es auch in einem System wie dem der Bundesrepublik Deutschland, in dem die tragenden Kräfte der Gesellschaft Wahlen als verbindliches Legitimationselement akzeptieren, immer wieder Vorstöße der Parteien zur Revision des Wahl-3 rechts. Schließlich erhöhen bzw. vermindern sich die Chancen der Parteien je nach der Ausgestaltung des Wahlrechts.
Da in der Bundesrepublik Deutschland (vorerst?) ein gewisser Abschluß in der Wahlrechtsausgestaltung und -diskussion erreicht ist und die Forschung inzwischen so manchen „weißen Fleck" getilgt hat, scheint es angezeigt, dem Problem nachzugehen, ob die Opportunitätsbestrebungen der Parteien die demokratische Legitimität des Wahlrechts bedrohen bzw. gar aushöhlen. Ein erster Abschnitt zeichnet zunächst die wichtigsten Stationen der Wahlrechtsausgestaltung und -diskussion in der Bundesrepublik Deutschland nach Gewürdigt wird dabei sowohl die Wahlrechtsausgestaltung als auch die Wahl-rechtsreformdiskussion 1967/68.
Der zweite Abschnitt untersucht das Verhalten der Parteien. Wäre das jeweilige Wahlsystem bloß eine rechtstechnische Verfahrens-regelung, so bedürfte es nicht der vielen Auseinandersetzungen in und unter den Parteien. Da aber die Zusammensetzung des Parlaments auch vom Wahlsystem abhängt, nimmt es nicht wunder, daß die Parteien diese Thematik nicht der Wissenschaft überlassen, sondern engagiert in die Diskussion eingreifen bzw. sie sogar bestimmen, zumal das Grundgesetz die Entscheidung über das Wahlsystem (innerhalb gewisser Grenzen) zur Disposition der Parteien stellt Dabei beschränkt sich der Verfasser auf die drei Bundestagsparteien CDU/CSU, SPD und FDP. Die Sichtweise und das Verhalten rechter und linker Flügel-parteien, die in der Bundesrepublik Deutschland eine Quantite negligeable bilden, bleiben hier außer Betracht. Einmal steht bei ihnen aufgrund der geringen Stärke das Plädoyer für ein Verhältniswahlsystem von vornherein fest; zum andern vermochten sie keinerlei Einfluß auf die Ausgestaltung des parlamentarischen Wahlrechts zu nehmen, da sie (von der ersten Legislaturperiode abgesehen) dem Bundestag nicht angehörten. In diesem Haupt-abschnitt sollen Antworten auf folgende Fragen gefunden werden: Welche Gesichtspunkte berücksichtigten die Parteien bei der Ausgestaltung des Wahlrechts? Entspricht die (staatspolitische) Motivierung dem realen Verhalten der Parteien? Haben sich stark auf politischer Opportunität beruhende Ambitionen ausgezahlt?
Da das Wahlrecht ein Kernstück der Demokratie darstellt, erfolgt im dritten Abschnitt eine Antwort auf die Frage, wodurch sich ein demokratisches Wahlrecht auszeichnet. Ohne auf die überbordende Legitimitätsdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland einzugehen, werden (in aller Kürze) Maßstäbe für die demokratische Legitimität des Wahlrechts erhellt. Es geht darum, Grundlagen einer demokratischen Wahl knapp darzulegen, die Wahlrechtsgrundsätze zu beleuchten und weitere Kriterien für die demokratische Legitimität des Wahlrechts aufzuspüren. Verzichtet wird hier darauf, eine Antwort auf die „Gretchenfrage" zu geben, ob ein Verhältnis-oder Mehrheitswahlsystem ein höheres Maß an demokratischer Legitimität für sich beanspruchen darf. Die „vielhäutige Wahlrechtszwiebel" für allgemein-zeitlose Aussagen viel zu kompliziert, bedürfte einer Erörterung, die sich ganz spezifisch auf die Situation des jeweiligen Landes beziehen müßte.
Im letzten Abschnitt unternimmt der Verfasser knapp den Versuch, die beiden Stränge der politischen Opportunität und der demo-kratischen Legitimität aufeinander zu beziehen und dem Problem nachzuspüren, wie das Verhalten der Parteien zu bewerten ist. Sind reine Zweckmäßigkeitserwägungen bei der Wahlrechtsausgestaltung überhaupt legitim?
Gefährden Opportunitätsbestrebungen die demokratischen Prinzipien des Wahlrechts? In welchem Verhältnis stehen die Kriterien der politischen Opportunität und der demokrati-sehen Legitimität zueinander?
I. Chronologie der Wahlrechtsausgestaltung und -diskussion in der Bundesrepublik Deutschland
1. Wahlrechtsausgestaltung „Mit keiner anderen Frage hat sich der Parlamentarische Rat so intensiv befaßt, wie mit der Wahlrechtsfrage." Um eine Änderung des Wahlsystems nicht zu erschweren, lehnte er es ab, das Wahlsystem in der Verfassung zu verankern. Die CDU/CSU vermochte sich im Parlamentarischen Rat nicht durchzusetzen. Ihr Vorhaben, ein relatives Mehrheitswahlrecht einzuführen, scheiterte am Widerstand der SPD und der kleineren Parteien denen ein solches Wahlverfahren erheblich geschadet hätte. Ob freilich für den Parlamentarischen Rat in der Wahlrechtsfrage eine „Situation des Nullpunktes" bestand, läßt sich füglich bezweifeln, denn allein seine Zusammensetzung, die nach Proporzgesichtspunkten erfolgte, begünstigte von vornherein ein Verhältniswahlsystem. Zudem bleibt zu bedenken, daß die Westalliierten trotz uneinheitlicher Auffassungen gewisse Weichen für ein Verhältniswahlrecht stellten. So schufen sie nach 1945 Vielparteiensysteme und nahmen — direkt oder indirekt — Einfluß auf die weitgehend von Proporzgesichtspunkten bestimmten Wahlrechtsgestaltungen in den Ländern; hinzu kam die Rücksichtnahme auf die Sowjetunion, die das Verhältniswahlrecht befürwortete Das erste Bundeswahlgesetz weitgehend ein Proportionalwahlrecht, galt nur für die Bundestagswahl 1949.
Kennzeichnend für die folgende Zeit sollte werden, daß sich eine einmal vorgenommene Wahlrechtsgestaltung kaum grundlegend revidieren läßt, obwohl der Ruf nach einer Wahlrechtsreform lange Zeit nicht verstummte. 1953 brachte das Bundeskabinett einen nach dem Innenminister Lehr benannten Gesetzentwurf ein, bei dem jeder Wähler über zwei Stimmen verfügte, eine Haupt-und eine Hilfsstimme. Die Hilfsoder Nebenstimme käme dann zur Geltung, wenn die Hauptstimme nicht zum Erfolg führt. Ohne im einzelnen auf die Kompliziertheit des Lehr'schen Gesetzentwurfes einzugehen — er sah Listenverbindungen Und einen internen Proporz vor —, läßt sich konstatieren: Der Sinn dieser Hilfsstimmenkonstruktion lag darin, die Position der CDU/CSU auf Kosten der Sozialdemokraten zu stärken, denn die Wähler der kleineren Parteien, die zumeist den Christlichen Demokraten nahestanden, Würden ihre Hilfsstimme mehrheitlich der CDU/CSU gegeben haben, so daß in vielen Wahlkreisen die CDU/CSU die SPD aufgrund der gewonnenen Hilfsstimmen überrundet hätte Der Versuch dieses „maßgeschneiderten Wahlgesetzes" stieß in der Öffentlichkeit, die es als „Koalitionssicherungsgesetz" empfand, auf nahezu einhellige Ablehnung Die Bundesregierung sah sich gezwungen, den Entwurf wieder zurückzuziehen. Das neue Gesetz das ebenfalls nur für eine Bundestagswahl galt, nahm lediglich geringfügige Änderungen vor. So wurde u. a. das Zwei-Stimmen-System eingeführt und die Sperrklausel modifiziert.
Die nächste Auseinandersetzung um die Wahlrechtsgestaltung ließ nicht lange auf sich warten. Die CDU/CSU und die DP unternahmen 1955/56 den Versuch, ein sogenanntes „Grabensystem" durchzusetzen Dieser Vorschlag lief darauf hinaus, die direkt errungenen Sitze nicht mehr auf die Listenmandate anzurechnen. Die Konsequenz eines solchen Wahlsystems, das sich berechtigt als ein Mischwahlsystem charakterisieren läßt, weil es sowohl dem Prinzip der Verhältniswahl wie dem der Mehrheitswahl Rechnung trägt, hätte darin bestanden, Parteien, die (wie die CDU/CSU) überwiegend Direktmandate erringen, in erheblichem Maß zu stärken und — längerfristig betrachtet — möglicherweise den Weg für ein reines Mehrheitswahlsystem zu ebnen Die FDP, von der sich eine Minderheit absplitterte, verließ u. a.deswegen die Koalition im Bund, und schon vorher wurde in Nordrhein-Westfalen der CDU-Ministerpräsident Karl Arnold durch ein konstruktives Mißtrauensvotum mit Hilfe der FDP gestürzt. Bei den folgenden Beratungen um ein neues Wahlrecht mußte die CDU/CSU daher zurückstecken: Das mit den Stimmen der SPD, der FDP und der Mehrheit der CDU beschlossene Wahlgesetz von 1956 modifizierte das vorige nur unmaßgeblich
Die Gestaltung des Wahlrechts der Bundesrepublik Deutschland seit 1949 beweist den en-gen Spielraum des Wahlgesetzgebers-’ „Wahlsystemänderungen zuungunsten eines koalitionswichtigen Partners sind politisch ebenso unmöglich wie Wahlsystemverände-rungen zugunsten einer Regierungskoalition und zu Lasten der Opposition. Der Spielraum, der bleibt, ist eine Änderung zuungunsten kleinerer unwichtiger Parteien und eine Änderung, deren Auswirkung, was zumindest die kurzfristige Prognose angeht, parteineutral ist; das aber setzt eine höchst seltene Parteienkonstellation voraus." Das Wahlgesetz von 1956, das im Prinzip auch heute (mit lediglich unwesentlichen Modifikationen) noch gilt, ist kein „Mischwahlrecht" weil die im Wahlkreis direkt errungenen Mandate mit den Landeslistensitzen verrechnet werden. Das Proportionalprinzip wird nur durch die Fünfprozentklausel und die Möglichkeit von Überhangmandaten ein wenig durchbrochen: Parteien, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erreichen oder nicht mindestens drei Direktmandate gewinnen, erhalten keine Bundestagssitze. Überhangmandate können entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland aufgrund ihrer Erststimmen mehr Mandate errungen hat, als ihr nach den Zweitstimmen zustehen. So gewann die CDU 1961 — vor allem wegen der geringen Größe der Wahlkreise in Schles-wig-Holstein — fünf Überhangmandate. Seit 1965 wurden überhaupt keine mehr erzielt 2. Wahlrechtsreformdiskussion 1967/68 Nach dem Wahlgesetz von 1956 ebbte die Auseinandersetzung über das Wahlsystem ab. 1957 erreichte die CDU/CSU. die absolute Mehrheit; damit lag kein Grund vor, über ein neues Wahlsystem zu diskutieren. Die im Herbst 1962 nach der „Spiegel" -Affäre zunächst vertraulich geführten Kontakte zwischen der CDU/CSU und der SPD, an denen sich u. a. Lücke, von und zu Guttenberg und Wehner beteiligten, dienten der Vorbereitung einer Großen Koalition, die ein relatives Mehrheitswahlrecht schon für die Bundestagswahlen 1965 beschließen sollte Da sich die SPD-Fraktion jedoch nicht bereitfand, einer Wahlrechtsänderung zuzustimmen, scheiterten die offiziellen Koalitionsverhandlungen zwischen der CDU/CSU und der SPD.
Diese Vorgänge bildeten gewissermaßen die „Generalprobe" für die Ereignisse des Jahres 1966. Nach dem Auseinanderbrechen der CDU/CSU/FDP-Koalition im Herbst 1966 kam angesichts zunehmender ökonomischer Schwierigkeiten eine Große Koalition zustande, zu deren vordringlichsten Aufgaben es gehören sollte, ein mehrheitsbildendes Wahlsystem zu verabschieden. Die Regierungserklärung Kurt Georg Kiesingers ließ keinen Zweifel daran, den Sinn eines solchen Bündnisses auch darin zu erblicken, daß es hinfort nicht mehr notwendig wird: „Die stärkste Absicherung gegen einen möglichen Mißbrauch der Macht ist der feste Wille der Parteien der Großen Koalition, diese nur auf Zeit, also bis zum Ende der Legislaturperiode fortzuführen. Während dieser Zusammenarbeit soll nach Auffassung der Bundesregierung ein neues Wahlrecht grundgesetzlich verankert werden, das für künftige Wahlen zum Deutschen Bundestag nach 1969 klare Mehrheiten ermöglicht. Dadurch wird ein institutioneller Zwang zur Beendigung der Großen Koalition und eine institutionelle Abwehr der Notwendigkeit zur Bildung von Koalitionen überhaupt geschaffen. Die Möglichkeit für ein Uber-gangswahlrecht für die Bundestagswahl 1969 wird von der Regierung geprüft."
In dem Maße, wie sich die Aussicht erhöhte, ein neues Wahlsystem lasse sich politisch durchsetzen, nahm schlagartig auch das wissenschaftliche Interesse zu. Befürworter und (in geringerer Zahl Gegner einer Reform traten auf den Plan. Eine Vielzahl von Wahlsystemen wurde propagiert, erörtert und verworfen. Der wissenschaftliche Ertrag dieser oft Kurzatmigen, aktualitätsbezogener Sicht verhafteten Beiträge fiel im allgemeinen bescheiden au
Dabei braucht nicht eigens betont zu werden, daß es verkehrt wäre, bei Forschern ausschließlich von hehrer wissenschaftlicher Ambitioniertheit auszugehen. Allerdings werden die von politischer Opportunität geprägten Überlegungen auf wissenschaftlicher Seite selten deutlich gemacht Gegner wie Anhänger einer Wahlrechtsreform stimmten darin überein, eine tatsächliche Chancengleichheit der beiden großen Parteien bei der Bundestagswahl sei eine conditio sine qua non für eine Wahlrechtsreform. Während die eine wahlsoziologische Forschungsrichtung (u. a. Kaltefleiter, Scheuch) angesichts einer hohen Zahl an Wechselwählern eine Chancengleichheit der Parteien und damit auch die effektive Möglichkeit eines Regierungswechsels als gegeben ansah, leugnete die andere (vor allem: Liepelt, von der Vring) eine solche Voraussetzung, da die sozialökonomische Stellung das Wählerverhalten vorrangig präge Der SPD sei nur der traditionell linke Bereich sicher, der CDU/CSU aber der traditionell katholische und der traditionell konservative, so daß ein strukturelles Ungleichgewicht zuungunsten der SPD vorliege. Diese Kontroverse hat entscheidend den Verlauf der. wissenschaftlichen und indirekt auch der politischen Wahlrechtsdiskussion bestimmt.
Unter der Überschrift „Kalendarium eines politischen . Rückzugsgefechtes’" kennzeichnet Rüdiger Bredthauer die Ereignisse in der Wahlrechtsreformauseinandersetzung, auf die hier nur in aller Kürze eingegangen wird Das Vorhaben, zunächst ein Übergangswahlrecht und erst für die übernächste Wahl ein Mehrheitswahlsystem einzuführen, scheiterte schon bald. Manche Wissenschaftler und Politiker erhoben gegen ein Übergangswahlrecht verfassungsrechtliche und politische Bedenken Der Sinn eines Übergangswahl-rechtes leuchtete in der Tat auch wenig ein. Die Frage stellte sich nämlich, wie denn der Bürger wählen soll, um seinen Unmut über die Reform zum Ausdruck zu bringen. Eine Bundestagswahl ist schließlich in erster Linie keine Abstimmung über eine spezifische Sachfrage
Der vom Bundesinnenministerium einberufene „Beirat für Fragen der Wahlrechtsreform" vofierte mit 6 : 1 Stimmen für die Einführung eines relativen Mehrheitswahlrechts Allerdings durfte diese Empfehlung nicht sonderlich verwundern, da sowohl die vorgegebene Fragestellung als auch die vorgenommene Auswahl der Wissenschaftler das Ergebnis präjudizierte Die Wissenschaft sollte das legitimieren, was politisch als opportun galt. Die von der CDU/CSU und der SPD eingesetzten Wahlrechtskommissionen empfahlen ebenfalls mehrheitsbildende Wahlsysteme, aber ihre Beschlüsse blieben auch in den eigenen Reihen nicht ohne Bedenken.
Die Widerstände vor allem in der SPD — insbesondere auf der unteren Parteiebene — gegenüber einem Mehrheitswahlsystem nahmen immer mehr zu. Eine umstrittene und publizistisch groß „aufgemachte" Analyse des der SPD nahestehenden infas-Instituts, die der SPD bei einem mehrheitsbildenden Wahlrecht wenig Chancen einräumte, verstärkte die Bedenken, so daß auf dem Nürnberger Partei-tag im Frühjahr 1968 das heikle Thema auf den nächsten Parteitag 1970 vertagt und damit praktisch ad acta gelegt wurde.
Daraufhin trat der Innenminister Paul Lücke zurück. Er sah keine Chancen mehr für ein neues Wahlrecht, das er als eine Schicksalsfrage der Demokratie empfandB Die Diskussionen um die Einführung der Wahl in Dreieroder Viererwahlkreisen, die das Jahr 1968 bestimmten, erwiesen sich lediglich als Scharmützel ohne tiefgreifende Wirkungen. Mit der Wahl Gustav Heinemanns zum Bundespräsidenten schließlich büßte das Thema „Wahlrechtsreform" vollends an Aktualität ein.
Seither hat die wahlrechtspolitische Diskussion die „Gemüter" in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr erhitzt. Während der Regierungskrise von 1972 wurde kaum über ein neues Wahlrecht diskutiert Nur einige „Unentwegte" wie Ferdinand A. Hermens machten ihr „ceterum censeo" geltend Auch nach dem knappen Wahlausgang 1976 blieb diese Thematik tabu.
II. Parteien und die Wahlrechtsausgestaltung
i. CDU/CSU Die weltanschauliche Grundhaltung für das Mehrheitswahlsystem, die u. a. in der katholischen Staatslehre und in konservativ-protestantischen Gedankengängen wurzelt, weil diese der Regierungsstabilität und der Funktionsfähigkeit des Staates gegenüber der ungefilterten parlamentarischen Repräsentation der Interessen des Volkes Vorrang einräumen, spielte bei der CDU/CSU nach 1945 keine dominierende Rolle mehr.
Im Parlamentarischen Rat konnte sich die CDU/CSU, die ungeschickt agierte mit ihrem Plädoyer für das relative Mehrheitswahlrecht nicht durchsetzen. Die hier an den Tag gelegte Haltung der CDU/CSU zum Wahlrecht bringt Volker Otto folgendermaßen zum Ausdruck: „Die Bildung einer regierungsfähigen Parlamentsmehrheit, nicht die Frage der Verwirklichung des Volkswillens stand für sie im Vordergrund." Fortan setzten sich die Christlichen Demokraten weiter für ein mehrheitsbildendes Wahlrecht ein. * So heißt es im Hamburger Programm der CDU von 1953: „Wir erstreben das Personen-und Mehrheitswahlrecht. Es fördert echte politische Willensbildung, wirkt der Zersplitterung entgegen und schafft klare Mehrheitsverhältnisse im Parlament, die stetige Regierungsarbeit sichern. Es verbindet die Wähler mit ihren Abgeordneten, mit der Volksvertretung und den Parteien."
Die CDU/CSU nahm ihre Interessen bei der Ausgestaltung des parlamentarischen Wahlrechts robust wahr. So entsprach der Gesetz-entwurf, den Innenminister Lehr 1953 einbrachte, dem offensichtlichen Interesse der Regierungskoalition und insbesondere dem der CDU/CSU. Wegen seiner allzu vordergründigen politischen Zielrichtung erlangte der Entwurf jedoch keine Gesetzeskraft. Mit dem Grabenwahlsystem startete die CDU/CSU 1955/56 einen erneuten Vorstoß, um ihre Position zu stärken. Wiederum erkannte sie nicht: Mit der Berücksichtigung allzu offensichtlicher Opportunitätsgesichtspunkte erweist man der eigenen Partei einen Bären-dienst. Dieser umstrittene Vorschlag führte nämlich zum Bruch mit der FDP. Das pointierte Urteil von Erhard H. M. Lange kennzeichnet im Grunde treffend den Sachverhalt: „So muß der , Graben‘-Wahlgesetzvorstoß, welcher im Dezember 1955 aus der CDU/CSU-Fraktion mit seiner doppelten Spitze gegen die Koalitionspartner der CDU/CSU und gegen die Sozialdemokraten unternommen wurde, als Akt politischen Dilettantismusses, als Kurzschlußhandlung, gewertet werden, ein Urteil, das sich rückschauend allenthalben auch in CDU-Kreisen vernehmen läßt. Jener Vorstoß glich dem Verhalten eines Schachspielers, welcher nur sieht, daß er dem Spielpartner einen ungedeckten Bauern nehmen kann, ohne zu berücksichtigen, daß er damit eine höherwertige Figur beim nächsten Zug verliert."
Ob man allerdings so weit gehen kann, „daß mit den durch den , Graben'-Gesetzvorschlag in Gang gesetzten Ereignissen ein erster Stein für den Weg der CDU/CSU in die (Bundes-) Opposition gesetzt worden sei" soll hier dahingestellt bleiben. Nach der Wahl 1957 besaß die CDU/CSU im Bundestag eine sichere Mehrheit für ein mehrheitsbildendes Wahlrecht, welches sie zur Sicherung der Demokratie als notwendig ausgab. Sie machte jedoch — vor allem aus Rücksichtnahme auf die Koalitionspartner in den Bundesländern — von der parlamentarischen Mehrheit keinen Gebrauch; zudem lag auch keine zwingende Notwendigkeit vor, da das 1956 verabschiedete Wahlgesetz nicht bloß für eine Legislaturperiode galt Der Versuch einer Reform wäre mit Sicherheit unter berechtigten Manipulationsverdacht gestellt worden. Wie Rüdiger Bredthauer nachweist, initiierte die CDU/CSU viele Vorschläge zur Revision des Wahlsystems deshalb (jedenfalls bis zum Beginn der sechziger Jahre), um Druck auf die aufmüpfige FDP auszuüben. Das Damoklesschwert einer Wahlsystemänderung sollte dazu beitragen, die Liberalen zu domestizieren. Die Verhandlungen zwischen der CDU/CSU und der SPD 1962 illustrieren diese These.
Die Bildung einer Großen Koalition 1966 schien die CDU/CSU ihrem Ziel näherzubringen. Die Wahlrechtskommission der CDU/CSU, die 1967 ihren Bericht vorlegte, sprach sich überwiegend für ein relatives Mehrheitswahlrecht aus, weil es klare Mehrheiten schaffe, den Koalitionszwang aufhebe, dem Wähler optimale Chancen zum Machtwechsel biete und übersichtlich sei Bleibt hinzuzufügen: Die CDU/CSU besaß bei diesem Wahlsystem trotz des Bias der sie beträchtlich benachteiligte, hervorragende Chancen, wie die verschiedenen Wahlsystemsimulationen bewiesen Dennoch betonte die Wahlrechtskommission: „Bei ihren Votum hat sie sich jedoch in erster Linie von staatspolitischen Erwägungen leiten lassen." Diese Aussage ist allerdings insofern richtig, als die Wahl in Dreierwahlkreisen der CDU/CSU noch bessere Aussichten eingeräumt hätte.
Die CDU/CSU trat bei der Wahlsystemkontroverse 1967/68 keineswegs geschlossen auf. Außenseiter wie der Hamburger Dietrich Rollmann meldeten gegen ein Mehrheitswahlsystem Bedenken an: Die parlamentarische Repräsentation „verprovinzialisiere", und christlich-demokratische Abgeordnete aus manchen Bundesländern würden kaum oder überhaupt nicht in den Bundestag gelangen Die Einwände der Christlichen Demokraten gegenüber einem mehrheitsbildenden Wahlrecht kamen besonders aus jenen Gebieten, in denen sie wahrscheinlich in der Minderheit bleiben würden. Das legt den Verdacht nahe, daß auch hier Opportunitätsgesichtspunkte das Votum für das jeweilige Wahlsystem mitbestimmten. Allerdings hielten sich die Gegner eines Mehrheitswahlsy-stems in der CDU/CSU ab 1967 weitgehend zurück, um eine gewisse Geschlossenheit zu wahren, zumal die SPD mit keinem einheitlichen Willensbildungsprozeß aufzuwarten vermochte. Ohne die Chance für die Verwirklichung eines mehrheitsbildenden Wahlsystems hinreichend zu reflektieren, propagierte die CDU/CSU während der Großen Koalition ununterbrochen das Mehrheitswahlsystem. Sie „scheint die programmatischen und innerparteilichen Wandlungstendenzen beim Haupt-adressaten FDP nicht oder zumindest nicht rechtzeitig genug perzipiert zu haben, um die Parteistrategie entsprechend zu modifizieren. Sie hat damit — gewiß entgegen ihren Absichten — den innerparteilichen Durchbruch des sozial-liberal orientierten Reformflügels um Scheel unterstützt und zu einer temporären Konsolidierung der FDP beigetragen." Lediglich Gerhard Schröder früher ein engagierter Anhänger des Mehrheitswahlsystems, erkannte den Fehler vieler CDU/CSU-Politiker, die in sisyphusartigen Bemühungen danach trachteten, das Wahlsystem neu zu gestalten, obwohl sie damit die Kräfte in der FDP, die mit der SPD eine Koalition einzugehen wünschten, unfreiwillig stärkten. Der Meinungswandel Gerhard Schröders läßt sich wohl auf persönliche Ambitionen zurückfüh-ren, gedachte er sich doch 1969 als potentieller Kanzlerkandidat einer Regierung aus CDU/CSU und FDP zu profilieren.
„Wir wollen ein mehrheitsbildendes Wahlrecht, das den Einfluß der Wähler auf die Regierungsbildung verstärkt und stabile politische Verhältnisse sichert. ” Diese Forderung aus dem Berliner Programm der CDU stellt für sie heutzutage keineswegs ein „essential" dar. Die CDU/CSU muß die öffentliche Propagierung und (erst recht) die Verwirklichung dieser Forderung hintansetzen, denn eine Koalition mit der FDP vermag nur dann aussichtsreich zu sein, wenn die CDU/CSU die derzeitige Wahlrechtsausgestaltung nicht in Frage stellt.
Die CDU/CSU hat bei der Wahlrechtsgestaltung in der Bundesrepublik Deutschland keineswegs glücklich agiert und die Chancen, die sich ihr boten, nicht genügend genutzt, weil sie des öfteren — im Bestreben, die eigene Stellung optimal zu verbessern — zu weit vorpreschte und damit ihre günstige Ausgangsposition untergrub Sprichtwörtlich gesagt: Für sie zählte die „Taube auf dem Dach" mehr als der „Spatz in der Hand". 2. SPD Das weltanschaulich bedingte Engagement für das Verhältniswahlrecht bestimmte im Kaiserreich und in der Weimarer Republik das sozialdemokratische Verhalten Gleich-heits-und Gerechtigkeitsgedanke ließen nur das Votum für das Verhältniswahlsystem zu, dessen Wirkung in der spiegelbildlichen Repräsentation der Interessen bestand. Bis zum Ende der Weimarer Republik besaß das Verhältniswahlrecht bei der Sozialdemokratie nahezu kanonische Geltung. Entsprechend ihrer weltanschaulichen Überzeugung hielt die SPD in der Weimarer Republik konsequent an einem Proportionalwahlrecht fest, obwohl ein Mehrheitswahlsystem für sie günstiger gewesen wäre. Das Weimarer Wahlsystem, keineswegs, wie Heinrich Brüning in seinen Memoiren meint, „zugeschnitten auf die Befestigung einer entscheidenden Stellung der Linken“ diente damit nicht parteipolitischen Zielen derer, die es einführten. Mit dem Untergang der Weimarer Republik nahm der Pragmatismus zu, und das Verhältnis-wahlsystem betrachteten SPD-Politiker nicht mehr als „heilige Kuh“ Obwohl die SPD sich nach dem Zweiten Weltkrieg keineswegs dogmatisch auf ein Wahlsystem festlegte blieben engagierte Anhänger des Mehrheitswahlsystems wie Hermann Lüdemann und Fritz Piefke zunächst jedoch klar in der Minderheit.
So befürwortete die SPD im Parlamentarischen Rat das Verhältniswahlsystem und setzte es (zusammen mit anderen kleineren Parteien) gegen die CDU/CSU durch. Die politischen Strömungen in einem neuen Staatswesen sollten sich zunächst in größtmöglichster Offenheit artikulieren. Natürlich bestand 78 auch die Befürchtung, bei einem Mehrheitswahlsystem nur „zweiter Sieger" zu werden.
Die Absage der SPD 1953 und 1956 an mehrheitsbildende Gesetzentwürfe beruhte weniger auf ideologisch-dogmatischem Gedankengut als auf wähltaktischen Überlegungen, denn ein Mehrheitswahlsystem hätte die SPD zu jener Zeit möglicherweise unter die Sperrminorität gedrückt und sie in die politische Diaspora gedrängt. Sie stimmte daher nur solchen (geringfügigen) Modifikationen des Wahlgesetzes zu, die sich nicht gravierend zu ihren Lasten auszuwirken versprachen.
Angesichts der kontinuierlichen sozialdemokratischen Stimmengewinne bei den Bundestagswahlen nahm die Bereitschaft der SPD für ein Mehrheitswahlsystem allmählich zu. So sprach sich Herbert Wehner 1965 für ein Mehrheitswahlrecht aus: „Ich bin für ein un-manipuliertes Mehrheitswahlrecht, also für das englische System, das relative Mehrheitswahlrecht. Aber es gibt in absehbarer Zeit keine Chance, das bei uns durchzusetzen, ohne daß man dabei zusätzliche Schwierigkeiten schafft. Ich sehe, daß bei der CDU/CSU Modelle ausgedacht worden sind, die fast alle manipuliertes Mehrheitswahlrecht sind; und dazu habe ich nicht nur keine Neigung, sondern das würde die Lage auch nicht grundlegend verbessern können." In der sozialdemokratischen Führungsspitze überwog zu Beginn der Großen Koalition 1966 das Plädoyer für ein mehrheitsbildendes Wahlsystem Die SPD-Wahlrechtskommission unter der Leitung des baden-württembergischen Innenministers Walter Krause sprach sich für das von dem Mathematiker Ernst G. Wrage propagierte Dreier-Wahlrecht aus Im Gegensatz zur relativen Mehrheitswahl, meinte die Kommission, rutsche die SPD hier nicht unter die Sperrminorität, und eine „Verödung" politischer Regionen trete nicht ein. Allerdings schätzte die Wahlrechtskommission die Chance des Regierungswechsels — ein für die SPD essentieller Gesichtspunkt — geringer als beim relativen Mehrheitswahlrecht ein. Vom rein machttaktischen Gesichtspunkt her entsprach ein relatives Mehrheitswahlrecht der SPD eher, weil sie aufgrund des Bias schon mit einem Stimmenrückstand von knapp drei Prozent gegenüber der CDU/CSU die Mehrheit der Mandate gewonnen hätte
Obwohl die Führungskräfte der SPD die Regierungserklärung Kiesingers mit dem Passus der Wahlrechtsreform weiterhin (formal) bejahten, trieben sie eine Wahlrechtsreform allenfalls halbherzig voran, erschöpften sich doch die „Reformbemühungen" weitgehend in verbalen Pflichtübungen. Vor allem viele Bezirksverbände bezweifelten den Sinn einer solchen Reform. Hier spielte die Angst eine große Rolle, durch ein Mehrheitswahlsystem zum „ewigen Verlierer" zu werden Vielerorts schätzte man die Aussichten nicht richtig ein und befleißigte sich eines gewissen (Zweck-) Pessimismus, der von manchen Publizisten unterstützt wurde. Noch 1970(1), nach der Bundestagswahl 1969, bei der die SPD die Mehrheit der Direktmandate erreichte (SPD: 127 — CDU/CSU: 121), spricht beispielsweise Karl Loewenstein davon, die Wahlreform hätte „die Herrschaft der Union-parteien auf unabsehbare Zeit im politischen Prozeß vermehrt"
Die sozialdemokratischen Gegner eines Mehrheitswahlsystems erhielten Schützenhilfe auch von Intellektuellen, die dem linken Flügel der SPD angehörten bzw. ihm nahestanden Diese befürchteten vor allem, ein Mehrheitswahlsystem zwinge innerparteiliche Minderheiten zur Anpassung und fördere den Konservativismus Die SPD-Führung schlug eine „Hinhalte-Taktik" ein, zumal sich inzwischen — 1968 — eine gewisse Annäherung zwischen der SPD und der FDP abzeichnete. Diese Haltung der SPD unterzogen Kritiker heftiger Schelte Die Vertagung der Wahlrechtsreform auf dem Nürnberger Parteitag der SPD im März 1968 bedeutete praktisch das „Aus" für eine Revision des Wahlsystems, wenngleich kurzfristig nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, die der NPD mit 9, 8 Prozent der Stimmen das für sie beste Ergebnis brachten und damit die dortige Regierungsbildung erschwerten, die Diskussion in der SPD um ein mehrheitsbildendes Wahlrecht wieder eine kurze Zeit auf-flackerte. Später versuchte die SPD (wenig überzeugend), das uneingelöste Wahlrechtsreformversprechen der Bundesregierung auf Schwierigkeiten und Uneinigkeiten in der CDU/CSU abzuwälzen
Es kann davon ausgegangen werden, daß die SPD-Führung zumindest ab Ende 1968 ein mehrheitsbildendes Wahlsystem nicht mehr wünschte und daher Rückzugsgefechte antrat, konnten doch Initiativen in der Wahlrechts-frage die Annäherung zur FDP, die mit der Wahl Heinemanns einen ersten Höhepunkt erreichte, massiv stören. Seit dem Beginn der Koalition mit der FDP schweigen bei der SPD (genau so wie bei der CDU/CSU) Befürworter eines mehrheitsbildenden Wahlrechts. 3. FDP Der klassische Liberalismus betrachtete das Wahlrecht vor allem unter dem Gedanken der Führungsauslese Die liberale Staatstheorie sah die „Persönlichkeitswahr'als die geeignete Form des Wahlverfahrens an. Dafür eignete sich ein Mehrheitswahlsystem eher als ein Verhältniswahlsystem. Das anonyme und starre Listenwahlsystem wurde vielfach für den rapiden Verlust der liberalen Wählerstimmen in der Weimarer Republik verantwortlich gemacht. Wenn auch bei der FDP nach 1945 die weltanschauliche Begründung anfangs teilweise noch fortwirkte, nahm sie jedoch keinen entscheidenden Raum mehr ein. Schwankten die liberalen Gruppierungen nach Kriegsende zunächst in der Wahlrechts-frage, so legte sich die FDP Anfang 1949 weitgehend auf ein Verhältniswahlrecht fest, weil es ihren Zielen als kleinerer Partei entgegenkam. Entsprechend ihrer Interessenlage versuchten die Liberalen, „die Verbindung der Forderung nach Führungsauslese mit dem Mehrheitswahlverfahren zu lösen und behaupteten jetzt gerade umgekehrt, daß das Verhältniswahl-recht der Selektion einer geeigneten Führungsschicht besonders diene" Im Parlamentarischen Rat sprachen sich die fünf Vertreter der FDP daher gemeinsam mit denen der SPD für ein Verhältniswahlsystem aus.
Immer wenn die FDP befürchtete, eine beabsichtigte Wahlrechtsgestaltung tangiere nachteilig ihre Interessen, setzte sie sich resolut zur Wehr. So lehnte die FDP die besonders von den Unionsparteien gewünschte Regierungsvorlage mit der Hilfsstimme 1953 schließlich ab, weil sie die Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von der CDU/CSU befürchtete, und der Grabenwahlgesetzentwurf scheiterte 1956 ebenfalls an den Liberalen, die damit rechnen mußten, eine derartige Wahlrechts-gestaltung bringe sie so ins Hintertreffen, daß sie über kurz oder lang unter die Fünfprozentklausel abrutschen.
Als Wissenschaftler und Politiker ab 1966 ein mehrheitsbildendes Wahlrecht diskutierten und vorschlugen, nahm die FDP die klarste Haltung von allen Bundestagsparteien ein. Sie sprach sich geschlossen dagegen aus. Dies darf nicht verwundern, denn die politische Existenz der FDP stand auf dem Spiel. Ihr Glaube, auch bei einem relativen Mehrheitswahlsystem „mit bis zu zehn Abgeordneten im Parlament vertreten zu sein" beruhte auf gänzlich unrealistischen Annahmen. Gegen einen solchen Zweckoptimismus sprachen alle wissenschaftlichen Simulationsergebnisse. Die FDP begründete ihre Gegnerschaft zum Mehrheitswahlsystem überwiegend nicht mit dem (legitimen) Argument, sie werde aus dem Bundestag ausgeschaltet. Statt dessen betonte sie stärker den Manipulationscharakter einer solchen Reform und malte ihre nachteiligen Auswirkungen überpointiert an die Wand. Das parteipolitische Interesse der Befürworter eines Mehrheitswahlsystems wurde kräftig herausgehoben, weniger jedoch das eigene. Führende FDP-Politiker zweifelten die genannten staatspolitischen Motive einer Wahlrechts-reform an: „In Wirklichkeit zählt nur das parteipolitische Machtkalkül ..." Teilweise nahmen FDP-Politiker zu grotesk-verzerrten Vergleichen Zuflucht: So konstatierte etwa der Bundestagsabgeordnete Hermann Busse, nachdem er zunächst betont hatte, das System der Bundesrepublik Deutschland hebe sich durch freiheitliche Errungenschaften von dem der DDR ab: „Ist dieser Unterschied noch wirklich so überzeugend, wie wir ihn wünschen sollten, wenn bei uns dem Wähler zwei Listen zur Auswahl angeboten werden, statt, wie in der SBZ, eine?" sich vielmehr: Die SPD versprach sich von einem Zusammengehen mit der FDP mehr Erfolg als bei einem „Alleingang" unter einem Mehrheitswahlsystem gegen die CDU/CSU.
Die FDP hat es — insgesamt gesehen — vorzüglich verstanden, ihre Interessen bei der jeweiligen Wahlrechtsausgestaltung wahrzunehmen. Da sowohl die Sozialdemokraten als auch die Unionsparteien die „Dritte Kraft" benötigen, braucht die FDP in den nächsten Jahren vor einer Wahlsystemänderung vermutlich nicht zu zittern, wenngleich hier nicht der Auffassuung gehuldigt wird, eine Wahlrechtsreform sei ad calendas graecas verschoben. Diese Gewißheit besitzt die FPD keineswegs; denn es kann eine prekäre Parteienkonstellation eintreten (etwa wiederholte „Patt-Situation”) und zu solchen Schwierigkeiten führen (z. B. Koalitionsquerelen), daß viele Politiker der beiden großen Parteien den Zwang, ein Mehrheitswahlsystem einzuführen, übermächtig ansehen.
Der Kelch einer Wahlrechtsreform ging an der FDP, deren Kampf gegen das Mehrheitswahlsystem angesehene Publikationsorgane unterstützen — z. B. „Der Spiegel" und als „Die Zeit" —, nicht deshalb vorüber, weil die wissenschaftlichen Argumente gegen 4. ein Mehrheitswahlsystem bei den Politikern „durchschlugen"; als entscheidend erwies 103a)
Fazit Die Bundestagsparteien umgeben sich bei der Wahlrechtsausgestaltung allesamt mit dem Flair staatspolitischer Absichten. Die Wahlgesetzgebung, heißt es, soll dem Gemeinwesen dienlich sein und nicht das Interesse bestimmter Parteien im Auge haben. Diese Form der . Interessenprüderie'findet sich in hohem Maße bei der CDU/CSU und der FDP, während die SPD parteitaktische Gesichtspunkte begrenzt transparent gemacht hat. Dem jeweiligen Gegner werden häufig parteipolitische Absichten unterstellt. Die eigene Partei dagegen firmiert nach außen als der Prototyp der Uneigennützigkeit. b) Tatsächlich kontrastierte die Betonung staatspolitischen Gedankenguts auffallend mit den Zweckmäßigkeitserwägungen, von denen sich die Parteien (wenn auch nicht ausschließlich) leiten ließen. Erhard H. M. Lange hat nachgewiesen, daß sich „Protokolle über parteiinterne Beratungen zum Wahlrecht und nach außen dringende Äußerungen zu dem Problemkreis im allgemeinen ganz erheblich" unterscheiden. Sehr häufig bestimmte der „Rechenstift" die An-und Absichten aller Parteien, und die Frage nach dem „Cui bono?" stand im Vordergrund. Dem widerspricht nicht unbedingt, daß in den Parteien oftmals unterschiedliche Vorstellungen zur Wahlsystemfrage zum Ausdruck kommen, lassen sich doch die Interessen aller Abgeord-neten einer Partei nicht immer auf einen Nenner bringen.
c) Mit der Tatsache, daß sich die Parteien bei der Wahlrechtsgestaltung und -diskussion vor allem von Nützlichkeitserwägungen leiten lassen, hängt zusammen: Weltanschaulich bedingte Betrachtungsweisen, die früher eine stärkere Rolle spielten, nehmen immer mehr ab. Dies bedeutet natürlich nicht von vornherein, daß das Plädoyer eines Politikers für ein bestimmtes Wahlsystem automatisch und ausschließlich „handfesten" Interessen und taktischen Schachzügen entspringt So haben etwa die Wahlrechtskommissionen der CDU/CSU und der SPD während der Reformdiskussion zur Zeit der Großen Koalition Wahlsysteme vorgeschlagen, die nicht optimal ihren Interessen entsprachen 8. Auch zeigt sich, daß trotz unterschiedlicher Interessenlagen in der Frage des Wahlrechts bei den führenden Politikern über viele Jahre hinweg kaum ein Meinungswandel eintritt Allerdings fällt auf, daß Abgeordnete, die ein anderes Wahlsystem propagieren, sich nur dann zu Worte melden, wenn dessen Durchsetzung im Bereich des Möglichen liegt.
d) Der Versuch der Parteien, Interessen, die sie freilich oftmals nicht richtig einschätzen, bei der Wahlrechtgestaltung für sich auszunutzen, hat sich nicht immer ausgezahlt. Mancher Vorstoß erwies sich lediglich als vorder-gründiger Pyrrhussieg. Dies hat die CDU/CSU in fast allen Wahlsystemkontroversen zu spüren bekommen. Indem sie ihre Forderungen Überzog, erreichte sie schließlich nicht einmal die vorher für sie im Bereich des Möglichen liegenden Ziele; in einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie sind einseitigen parteipolitischen Bestrebungen in der Gestaltung des Wahlsystems nämlich enge Grenzen gezogen.
e) Nicht Erkenntnisse der Wissenschaft förderten die Wahlrechtsausgestaltung und aktualisierten die (teilweise hektische) Wahlsystemdiskussionen in und zwischen den Parteien, sondern die jeweilige politische Entwicklung trieb die Wahlrechtsausgestaltung und -diskussion voran. Interessen der Parteien haben grundsätzliche Erwägungen der Wissenschaft bei der Entscheidungsbildung überlagert. Die den Parteien genehmen wissenschaftlichen Aussagen dienten oftmals nur dazu, politisch angestrebte Wahlrechtsausgestaltungen abzusichern und zu untermauern
f) Eine einmal erfolgte Wahlrechtsgestaltung — wie sie der Parlamentarische Rat 1949 vorgenommen hat — läßt sich angesichts der vielfältigen Interessenkonstellationen kaum mehr grundsätzlich revidieren, weil die „Kraft des Faktischen" eine Eigendynamik entfaltet. Dabei ergibt sich eine Paradoxie: Eine prinzipielle Revision des parlamentarischen Wahlrechts scheint insbesondere dann kaum möglich, wenn eine zwingende Notwendigkeit eintreten sollte, weil die verschiedenen Parteien ein Interesse daran haben, den Status quo aufrechtzuerhalten; dagegen steigen bei klaren Mehrheitsverhältnissen die Chancen für eine Reform, obwohl sie in diesem Fall nicht vordringlich ist.
III. Kriterien für die demokratische Legitimität des Wahlrechts
1. Grundlagen für die demokratische Legitimität der Wahl Der Begriff der demokratischen Legitimität hat im Laufe der Zeit einen deutlichen Bedeutungswandel erfahren Galt etwa in der Restaurationsperiode der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die „Heilige Allianz“ nur die Herrschaft von „Gottes Gnaden" als legitim, so bedeutet das demokratische Legitimationsprinzip heutzutage, Herrschaft habe sich auf den Willen des Volkes zu gründen. Die Berufung auf das „demokratische Prinzip" ist zwar allgemein — totalitäre Systeme machen da keine Ausnahme —, die demokratische Legitimität eines Systems läßt sich jedoch erst dann konstatieren, wenn mindestens folgende Voraussetzungen vorliegen: a) Die Herrschaftsausübung durch die Regierenden hat ihren Ausgangspunkt beim Volk. Nur dort, wo die Volkssouveränität tatsächlich besteht, läßt sich Herrschaft rechtfertigen. b) Die Regierten müssen von der Anerkennungswürdigkeit ihrer Ordnung überzeugt sein. Die Opposition darf ihre grundsätzliche Loyalität dem System nicht versagen. c) Nur wenn über die Bejahung bestimmter Grundwerte, die in der Bundesrepublik Deutschland etwa die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung umschreiben, unter den tragenden Kräften der Gesellschaft Einigkeit herrscht, besitzt das System demokratische Legitimität. Auch die Volkssouveränität findet dort ihre Grenzen, wo sie diese Werte zur Disposition stellt
Wenn auch die Ausgestaltung des parlamentarischen Wahlrechts für die Legitimität eines Staates nur ein Faktor unter anderen darstellt, gilt doch: Erst Wahlen legitimieren demokratische Herrschaft. „Die Parlamentswahl ist in einer Demokratie mit parlamentarischem Regierungssystem der grundlegende Legitimationsakt für die Träger der Staatsgewalt.“
Im Zentrum des demokratischen Wahlbegriffs steht die Freiheit der Wahl Dieser Begriff muß weit gefaßt sein, um die Struktur-prinzipien und Wesensmerkmale des politischen Systems nicht auszublenden und in den Griff zu bekommen. So konstatiert Ernst Fraenkel zu Recht: „Freiheit der Wahl vermag nur dann als geeignetes Kriterium für den unterschiedlichen Charakter des demokratischen Regimes der BRD und des scheindemokratischen Regimes der DDR zu dienen, wenn die Durchführung der einzelnen Wahlen nicht als isolierter Vorgang, sondern als ein Teilausschnitt aus einem kontinuierlichen Prozeß begriffen wird. Freiheit der Wahl bedeutet mehr als Ordnungsmäßigkeit der Wahl; sie bedeutet Übereinstimmung mit den Wertvorstellun-gen, die untrennbar mit dem Begriff . Freiheit’ verbunden sind. Darum reicht es nicht aus, sich auf die Analyse der mehr rechtstechnischen Bestimmungen der Wahlgesetze zu beschränken." Der Begriff der Freiheit der Wahl bedeutet sowohl a) Freiheit der Auswahl als auch b) Freiheit im Angebot a) Der Bürger soll seine Entscheidung zwischen mehreren Wahlvorschlägen treffen können. Wahl bedeutet immer Auswahl. Durch das faktische Monopol der Parteien bei der Kandidatenaufstellung wird die Auswahlfreiheit des Bürgers freilich reduziert, da mit der Kandidatenaufstellung, die sich nur auf einen Teil der Parteimitglieder verengt, in derMehr-zahl der Fälle bereits feststeht, wer in den Bundestag einzieht
b) Die Freiheit auszuwählen, verliert jedoch ihren Sinn, wenn das Angebot, das zur Wahl steht, keine wirklichen Alternativen bietet. Ein von einer einzigen Partei gesteuertes „Parteiensystem" verdient diesen Namen nicht Fehlt die Konkurrenz, „liegt auch kein Wahlakt. . . vor“ Die Alternativen dürfen sich nicht bloß auf unterschiedliche Personen beschränken, wie aus der Schum-peterschen Auffassung „Wähler entscheiden keine Streitfragen’’ hervorgeht. „Die Konkurrenztheorie der Demokratie wird den an sie zu stellenden Erfordernissen nicht gerecht, wenn sie in den Wahlen zum Parlament nichts anderes erblickt als ein Personalplebiszit zwischen zwei Persönlichkeiten, die sich um das Amt des Regierungschefs reißen."
Eine noch so perfekte Ausgestaltung des Wahlrechts bleibt eine Farce, wenn die hier knapp beschriebenen Grundlagen einer demokratischen Wahl fehlen. Dies ist voraus-zuschicken, ehe Kriterien für die demokratische Legitimität des Wahlrechts umrissen werden. 2. Wahlrechtsgrundsätze Art. 38 des Grundgesetzes legt die Wahlrechtsgrundsätze fest: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt." Unabhängig davon, für welches Wahlsystem sich der Gesetzgeber entscheidet: Die demokratischen Wahlrechts-grundsätze, die heutzutage nicht mehr in Frage stehen, müssen beachtet werden: a) Allgemein ist ein Wahlrecht dann, wenn es allen Staatsbürgern zusteht. Der Gesetzgeber besitzt nicht das Recht, „bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen" Jedoch müssen gewisse sachliche Erfordernisse erfüllt sein (z. B. Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte, Mindestalter, deutsche Staatsangehörigkeit). In der Vergangenheit wurde das Wahlrecht häufig von Besitz, Bildung, dem Geschlecht oder der Konfession abhängig gemacht. Heute dagegen wäre ein solches gegen die Volkssouveränität verstoßendes Wahlrecht „ohne legitimierende Wirkung, weil der Stand des politischen Bewußtseins eine entsprechende Differenzierung der Bürger nicht anerkennen würde " b) Unmittelbar bedeutet: Die Wahlberechtigten wählen ihre Vertreter direkt. Das Wahlergebnis soll allein vom Wahlakt der Bürger abhängen. Mit Beginn der Stimmabgaben endet der Einfluß der Partei auf die Auswahl der Kandidaten Eine mittelbare Wahl liegt vor, wenn der Bürger eine Zwischeninstanz wählt, die ihrerseits erst — in freier Verantwortung — die Repräsentanten beruft. Sie wäre verfassungswidrig. „Nur wenn die Wähler das letzte Wort haben, haben sie das entscheidende Wort." Eine Bevormundung des Wählers soll auf jeden Fall vermieden werden. c) Frei (im engeren Sinn) nennt man eine Wahl, die ohne Zwang, Druck, Furcht und Nötigung ausgeübt wird. Der Begriff „frei" gehört nicht zu den klassischen Wahlrechts-grundsätzen; er fand in das Grundgesetz Aufnahme, um den Mißbrauch zu verdeutlichen, den die Machthaber mit Wahlen im national-sozialistischen Reich und in der (damaligen) SBZ nach 1945 trieben. „Grundsätze für die technische Ausgestaltung der Wahlrechtsausübung im einzelnen lassen sich aus diesem Grundsatz nicht herleiten.“ Die anderen Wahlrechtsgrundsätze decken sie schon ab. Der politisch-programmatische Charakter dieses Begriffs liegt daher auf der Hand. „Indes, stärkere begriffliche Klarheit wird damit nicht gewonnen, zumal die Kommunisten mit der gleichen Selbstverständlichkeit ihre Wahlen auch als .frei'bezeichnen." Die Frage, ob eine Wahlpflicht, die das Grundgesetz nicht kennt, mit dem Grundsatz der „freien" Wahl kollidiert, verneint die Mehrheit der Interpretationen, „da dadurch nicht die Richtung der Entscheidung des Wählers beeinflußt würde“ d) Gleich muß die Wahl sein, damit jedermann über die gleiche Anzahl von Stimmen verfügt Dieser Grundsatz schließt auch ein unterschiedliches Stimmgewicht aus. Der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, ein „Anwendungsfall des allgemeinen Gleichheitssatzes" soll den gleichen Einfluß jeden Wählers auf das Ergebnis verbürgen. Seine Durchbrechung bedarf einer besonderen Rechtfertigung So erfährt die Erfolgswertgleichheit eine gewisse Einschränkung durch Sperrklauseln. Bedeutet „gleich" bei ei-nem Verhältniswahlrecht gleicher Zähl-und Erfolgwert, so gilt für das Mehrheitswahlsystem lediglich die Zählwertgleichheit. Der Vorschlag — aus vermeintlich progressiver Sicht — von Theo Schiller, demjenigen Bürger eine zweite Stimme zu geben, „der einen bestimmten Grad an Informiertheit über einige Grundsätze der Verfassung und der Demokratie vorweisen" kann damit, so Schiller, „ein Anfang vom Ende der manipulativen Herrschaft" gemacht wird, wäre tatsächlich ein Anfang vom Ende der demokratischen Legitimität des Wahlrechts. f) Geheim ist eine Wahl, bei der die Wahl-entscheidung des Bürgers niemand erfährt. Der Wähler muß die Gewißheit haben, seine Stimme frei von (eventuellen) Sanktionen abgeben zu können. Davon unberührt bleibt natürlich das offene Engagement des Wählers für eine Partei (z. B. in Wählerinitiativen) Der Grundsatz der geheimen Wahl bezieht sich auch auf die Wahlvorbereitungen. Dabei wird er jedoch teilweise relativiert: WahlVorschläge für eine Partei, die im Bundestag oder einem Landtag nicht mindestens fünf Abgeordnete stellt, erfordern eine gewisse Anzahl von Unterschriften um die Ernsthaftigkeit der Wahlteilnahme zu er-mitteln Daß Carl Schmitt die geheime Wahl in seiner so umstrittenen wie einflußreichen Schrift „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarium" als undemokratisch denunziert hat, zeigt die Nähe Schmitts zur Diktatur schon vor 1933 3. Weitere Merkmale für ein demokratisches Wahlrecht Die in Art. 38 genannten Wahlrechtsgrundsätze sind für die demokratische Legitimität des Wahlrechts keineswegs ausreichend. Wer meint, „in diesem lapidaren Satz steckt — heute abgeschlossen und gesichert — die ganze Geschichte der Volkssouveränität und des Wahlrechts" verkennt völlig, daß die Wahlrechtsgrundsätze wohl für eine demokratische Wahl notwendig, jedoch bei weitem noch nicht hinreichend sind. Hier sollen einige weitere Kriterien genannt werden: a) Entscheidung auf Zeit: Nur wenn in regelmäßigen, im vorausbestimmbaren nicht zu weit auseinanderliegenden Abständen die Volksvertreter sich dem Urteil des Wählers unterwerfen, ist die Möglichkeit des Machtmißbrauchs der Regierenden eingeschränkt und die der dauernden Einflußnahme des Wählers gesichert. Wahl auf Lebenszeit vereinbart sich nicht mit den Prinzipien einer Demokratie, die sich durch das Prinzip „Herrschaftsauftrag auf Zeit" legitimiert. Der Wähler erhält die Gelegenheit, seine Stimmabgabe zu revidieren. „Jeder Mißbrauch des anvertrauten Amtes im Sinn einer Etablierung auf Dauer führt daher einen Verlust an Legitimität herbei." Der Verlierer einer Wahl hat die Niederlage anzuerkennen und die (befristete) Herrschaft des Siegers zu akzeptieren. b) Gültigkeit des Mehrheitsprinzips: Da ein vorgegebenes und allgemein erkennbares Gemeinwohl nicht existiert, kann lediglich das Mehrheitsprinzip zur Grundlage der Demokratie erhoben werden. Das Wahlsystem muß daher so ausgestaltet sein, daß es dieser Entscheidungsregel Rechnung trägt Es gibt kein höheres „Prinzip", das die Regierenden davon entbinden könnte, ihre Legitimität aus einer anderen „Quelle" zu beziehen, während es beispielsweise für Kommunisten orthodoxer Couleur im Grunde gleich bleibt, „ob sie aus einer Position der Mehrheit oder Minderheit regieren. Sie . wissen'sich berufen, für die wahren Interessen der Werktätigen einzustehen und der geschichtlichen Notwendigkeit einer kommunistischen Welt zum Siege zu verhelfen."
c) Sinnvolle Zuordnung von Stimmen und Mandaten: Die Übertragung der Stimmen in Mandate muß so erfolgen, daß sie dem Wähler einleuchtet, das Wahlergebnis nicht grob verfälscht und den Einfluß des Wählers wahrt. Hier spielt auch die Einfachheit und Verständlichkeit des Wahlsystems eine nicht zu unterschätzende Rolle Ein Wahlsystem, das etwa der stärksten Partei alle Mandate zukommen läßt, wäre demokratisch nicht legitim, weil es willkürlich das Prinzip der Volkssouveränität aufhebt Der Wäh-ler würde es vermutlich nicht akzeptieren. Die Bewertung der Wahlverfahren fällt nicht immer leicht. Ist beispielsweise ein Wahlsystem demokratisch illegitim, das der stärksten Partei eine „Prämie" zuerkennt, damit sie eine Mehrheit im Parlament erhält, um allein regieren zu können?
d) Traditionelle Verankerung: Die Legitimität eines Wahlrechts kann auch daran gemessen werden, wie lange es existiert und wie stark es in der Gesellschaft verankert ist. Dem gleichen Wahlrecht, das in einem Land als demokratisch legitimiert gilt, versagt die Bevölkerung eines anderen Staates möglicherweise die Anerkennung, prägt doch die politische Kultur unterschiedliche Vorstellungen aus. So überwog bei den Anhängern aller Bundestags-parteien während der Wahlsystemkontroverse zur Zeit der Großen Koalition die negative Einstellung zu einem Mehrheitswahlsystem Ohne zwingenden Grund das bestehende Wahlsystem zu ändern, kann das Prinzip der demokratischen Legitimität erschüttern, weil ein „Bruch mit der Tradition" vorliegt.
Die hier aufgeführten Kriterien für die demokratische Legitimität ließen sich noch ergänzen. So muß ein demokratisch legitimiertes Wahlrecht dem Wähler einen angemessenen Einfluß auf die Zusammensetzung des Parlaments gewährleisten, andererseits soll das Wahlrecht garantieren, daß das Parlament eine einigermaßen homogene und daher handlungsfähige Regierung hervorbringen kann. Dieses Beispiel zeigt, daß die Kriterien für ein demokratisches Wahlrecht untereinander kollidieren. Ein Wahlverfahren, welches allen Gesichtspunkten in Reinheit gleichermaßen Rechnung trägt, gibt es nicht. Würde sich nämlich der gesellschaftliche Pluralismus „ungefiltert" im Parlament niederschlagen, wäre eine handlungsfähige Regierung kaum möglich; andererseits könnte eine Regierung um so stabiler sein, je geringer sich die widerstreitenden Interessen im Parlament bemerkbar machen (z. B. durch ein Wahlsystem, das der stärksten Partei alle'Mandate zukommen läßt).
Aber weder das eine noch das andere Extrem sicherte die demokratische Legitimität. Beide Kriterien müssen — relativiert — erhalten bleiben. Das jeweilige Wahlsystem kann entscheidenden Anteil daran haben, ob die Repräsentations-oder die Regierungsbildungsfunktion Vorrang gewinnt. Wofür sich der Gesetzgeber entscheidet, ist letztlich eine politische Frage Die höhere demokratische Legitimation eines Wahlsystems läßt sich nicht von vornherein und für immer ausmachen. Abstrakt Wahlsysteme miteinander zu vergleichen, ist daher höchst problematisch und nur von geringer Aussagekraft. Es kommt u. a. auf die politische Kultur, die ökonomische Lage und das Parteisystem an.
IV. Resümee: Spannungsverhältnis zwischen politischer Opportunität und demokratischer Legitimität bei der Wahlrechtsausgestaltung
Parteien streben nach politischer Macht, um ihre Ziele zu verwirklichen. Dabei wird weder die machiavellistische Anbetung der Macht noch ihre Verteufelung dem Machtpro-blem gerecht Machtinteressen sind daher auch bei der Wahlrechtsausgestaltung vorhanden und grundsätzlich legitim. Jedoch verschleiern Politiker nur allzuoft die eigenen Interessen und geben vor, unparteiischen Vorstellungen zu dienen. Auch bei der Diskussion über die angemessene Ausgestaltung des parlamentarischen Wahlrechts der Bundesrepublik Deutschland ignorierten manche Politiker, daß das Wahlsystem einen Machtregelungsfaktor darstellt.
Der so häufig ertönende Vorwurf, die Parteien passen ihre Wahlentscheidungen „eigensüchtigen Interessenlagen" an, hängt einmal mit einr gewissen Sehnsucht nach einer konfliktlosen und interessenfreien Gesellschaft zusammen, die einem Harmonieglauben entspringt und der spannungsreichen Realität, geprägt von dem Mit-und Gegeneinander einer Vielzahl legitimer Interessen, auch in der Frage des Wahlrechts, nicht ausreichend Rechnung trägt. Zum anderen beruht die Auffassung auf der Vorstellung, es gäbe ein schlechthin demokratisch-legitimes Wahlrecht, welches dem „Parteienkampf" entzogen bleiben müsse. Wer dieser Maxime huldigt, übersieht dabei jedoch: Die Wahlrechtsausgestaltung kann nicht anders als aus einem Kampf von (legitimen) Interessen hervorgehen. „Letzte Wahrheiten" über die demokratische Legitimität eines Wahlrechts gibt es nicht. Nur Wahlrechtsdogmatiker können sich der Fata Morgana verschreiben, ein demokratisch-legitimes Wahlsystem lasse sich objektiv erkennen. Die höhere demokratische Legitimität eines wie immer gearteten Wahlsystems wird stets kontestabel bleiben.
Es muß für jede Partei legitim und nicht prinzipiell verwerflich sein, wenn sie ihr Votum für ein bestimmtes Wahlsystem auch von den eigenen Chancen abhängig macht. Eine derartige Haltung kann keinesfalls als „nackter Opportunismus" denunziert werden. Eine moralisierende Betrachtungsweise, die die Eigeninteressen der Parteien bei der Ausgestaltung des Wahlrechts hintansetzt bzw. ignoriert, huldigt nämlich einer unpolitischen Denkweise. Rüdiger Bredthauser beklagt: „Die geäußerten hehren staatspolitischen Motive dienten lediglich der Verschleierung der tatsächlichen höchst eigennützigen Machtin-teressen." Kritikwürdig am Verhalten der Parteien ist hier nicht so sehr, wie Bredthauer suggeriert, die Wahrnehmung von Machtinteressen, viel bedenklicher stimmt die , Inter-
essenprüderie’. Die Parteien geben die eigenen Interessen oft nicht offen zu, sondern kleiden sie in das Gewand hehrer staatsmännischer Begrifflichkeit (z. B. „Sorge um die Demokratie"). Möglicherweise nehmen sie noch den Verfassungsauftrag für ihre Interessen in Anspruch Bestrebungen zur Wahlrechtsausgestaltung, die aus politischer Opportunität herrühren, brauchen aber keineswegs von vornherein der demokratischen Legitimität zu widerstreiten. So haben die Parteien in der Bundesrepublik Deutschland bei ihren Versuchen, das Wahlrecht zu revidieren, keinesfalls gegen fundamentale Prinzipien der demokratischen Legitimität verstoßen. Weder wurden die Wahlrechtsgrundsätze in Frage gestellt noch Prinzipien wie die Gültigkeit der Mehrheitsregel angetastet.
Auch wenn hier die prinzipielle Legitimität der Parteien bejaht wird, bei der Gestaltung des parlamentarischen Wahlrechts auf Opportunitätsgesichtspunkte gebührend Rücksicht zu nehmen, so kann dies nicht heißen, Zweckmäßigkeitserwägungen zu verabsolutieren. Sie sind insbesondere dann gefährlich, wenn die Prinzipien der demokratischen Legitimität offensichtlich mit ihnen kollidieren. Wahlrechts-fragen, keineswegs nur Machtfragen dürfen nicht zu einem bloßen Mittel der Parteien zur Absicherung ihrer Macht degradiert werden.
Eine das Machtphänomen überbewertende Sichtweise ist nämlich problematisch, weil sie nicht genügend die ethischen Ziele der Politik berücksichtigt. Wird Politik (hier: die Auseinandersetzung um das Wahlrecht) zu einem reinen Machtkampf reduziert, kann sich die Idee des Gemeinwohls nicht entfalten. Damit leistet man der Auffassung Vor-schub, es gehe nur darum, (wertfreie) Interessen durchzusetzen, ohne die Frage nach der Qualität der jeweiligen Ordnung aufzuwer-fen. Daher hat sich auch die Ausgestaltung des parlamentarischen Wahlrechts an Werten zu orientieren. Der ethische Aspekt läßt sich nicht ausklammern, wenngleich sich die Grenzlinie zwischen moralisierender und ethischer Beurteilung schwer ziehen läßt. Natürlich liegt für die Parteien die Versuchung nahe, diejenigen Wahlrechtsregelungen, die ihnen offenkundig nützen, als staatspolitisch vorrangig auszugeben und — die eigenen Interessen oftmals verschleiernd — ohne Rücksicht auf demokratische und ethische Prinzipien durchzusetzen.
Daß ein zu forscher Umgang einer Partei mit der Wahlrechtsausgestaltung ihr mehr schaden als nützen kann, hat gerade die Wahlrechtsdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland gezeigt, weil „maßgeschneiderte" Wahlgesetze sich kaum verwirklichen lassen. Die parlamentarische Opposition, ein großer Teil der öffentlichen Meinung und das Bundesverfassungsgericht würden in der Bundesrepublik Deutschland eine allzu offenkundig parteipolitischer Opportunität huldigende Wahlrechtsgestaltung nicht goutieren. Bei all dem bleiben zusätzliche Imponderabilien zu bedenken: Selbst ein noch so systematisch ausgeklügeltes Wahlsystem vermag den Wählerwillen nicht exakt einzukalkulieren. Auch insofern tut eine besonnene Zurückhaltung not, wenn es darum geht, die alten Wahlrechtsregelungen zu revidieren, sofern sie nicht gravierende Schwächen offenbaren.
Es macht zudem einen gewaltigen Unterschied aus, ob die Nationalversammlung ein Wahlsystem neu beschließt oder das Parlament ein bestehendes abzuändern gedenkt. Allein schon die Dauerhaftigkeit eines Wahl-systems schafft ein gewisses Maß an Legitimität. Ein Wechsel könnte sie gefährden, wenn die Bevölkerung sich an das bestehende Wahlsystem gewöhnt hat, zumal Änderungen „immer den Makel der Zielrichtung gegen bestimmte Parteien tragen müßten" Diese Aussage läßt sich auch auf die Wahlsystem-kontroverse 1967/68 beziehen, bei der die Verfechter einer Wahlrechtsreform — trotz teilweise hektisch-betriebsamer Agilität — nicht zwingend nachweisen konnten, eine „Sternstunde der Demokratie" sei verpaßt worden.
Zwischen den Merkmalen der demokratischen Legitimität und der politischen Opportunität bei der Ausgestaltung des Wahlrechts existiert ein (nicht auflösbares) Spannungsverhältnis, denn die beiden Kriterien sind keine schroffen Gegensätze, aber sie bilden auch keine homogene Einheit. Politische Opportunität braucht nicht notwendigerweise einen Aderlaß an demokratischer Legitimität zu bedingen. Weder die Scylla wissenschaftlicher Anmaßung, die einem bestimmten Wahlsystem von vornherein und für immer optimale demokratische Legitimität zuweist, noch die Charybdis parteipolitischer Taktiererei, die unverhohlen Zweckmäßigkeitserwägungen verabsolutiert, können für zukünftige Diskussionen wegweisend sein.
Eckhard Jesse, Diplom-Politologe, geb. 1948 in Wurzen; Verwaltungslehre, Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg, Studium der Politikwissenschaften und der Geschichtswissenschaften an der FU Berlin (1971— 1976); seit 1972 Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. Veröffentlichungen u. a.: Die parlamentarische Demokratie, Bonn 1976 — Partei-demokratie und Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1977, jeweils Reihe „Informationen zur politischen Bildung" der Bundeszentrale für politische Bildung, Hefte 119/124 und 171; Die Bundestagswahlen 1953 bis 1972 im Spiegel der repräsentativen Wahlstatistik, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen 3/1975; Parlamentarismus in Deutschland, in: Neue Politische Literatur 3/1977.
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