I. Frauenerwerbstätigkeit — Besonderheiten
Unter der Überschrift „Zurück zur Familie" erschien im August 1977 ein Leserbrief in einer großen überregionalen süddeutschen Zeitung, in dem folgendes zu lesen stand: „Der Schlüssel zur Lösung der Arbeitslosigkeit liegt bei den Frauen. Wenn auch nur jede zehnte berufstätige Frau erkennen würde, daß es schöner und wertvoller ist, ganz für das Glück einer lieben Familie dazusein, als in herzlosen Fabriken, Kaufhäusern oder Büros neurotisiert, emanzipiert (!) und verheizt zu werden, dann wären Millionen Arbeitsplätze frei ... und die Arbeitslosigkeit wäre auf ein kleines Strukturproblem zusammengeschrumpft ..."
Dieser Leserbrief, „natürlich“ von einem Mann geschrieben, spiegelt durchaus treffend die derzeitige Tendenz und Stimmung in der Bundesrepublik wider, die Probleme der Arbeitslosigkeit durch Verdrängung von Frauen aus dem Arbeitsmarkt zu „lösen“. Weitere Anzeichen dafür finden sich überall: Zunächst im mehr atmosphärischen Bereich: Doppelver-dienertum wird negativ bewertet; der Rückgang der Geburtenziffern und Schwierigkeiten bei der Erziehung von Kindern werden mit der Berufstätigkeit der Mütter (nicht etwa der Väter) in engen Zusammenhang gebracht.
Auch im Bereich der politischen Vorschläge von Regierung und Opposition wird Vergleichbares sichtbar. In den Vorschlägen der Christdemokraten läßt sich das am deutlichsten erkennen: Teile von ihnen — in erster Linie die Sozialausschüsse — schlagen in letzter Zeit verstärkt die Einführung von Erziehungsgeld vor. Es soll für die Dauer eines Jahres gezahlt werden, wenn die Mutter eines Kleinkindes ihren Beruf aufgibt. Die Frage, was mit diesen Frauen geschieht, wenn das Kleinkind größer wird, bleibt dabei nur scheinbar offen. Bei Fortdauer der jetzigen Arbeitsmarktlage werden sie kaum einen neuen angemessenen Arbeitsplatz finden, wenn ihr Anspruch auf Erziehungsgeld abgelaufen ist. Ihre Verdrängung aus dem Berufsleben bleibt somit bestehen. Die Vorschläge aus Teilen der SPD-Bundestagsfraktion und Partei laufen auf ein „Babyjahr neuen Typs“ hinaus und wollen diese Nachteile vermeiden: Sie dehnen den Anspruch alternativ auf die Väter aus und verbinden sie mit einer Arbeitsplatzgarantie, die ihr Vorbild im Wehrpflichtgesetz findet.
So gut sich dies anhört, bleiben doch andere Fragen ungelöst: Ob diese Arbeitsplatzgarantie tatsächlich greift oder ob ihre Einführung Arbeitgeber noch stärker als bisher schon von der Einstellung junger Frauen abhält, ob bei Einführung einer solchen Regelung die Zahl der Arbeitslosen wirksam verringert werden kann, bleibt offen. Ich neige eher zur Skepsis. Sicher scheint mir nur eines zu sein: Von beiden Vorschlägen haben die Frauen in erster Linie negative Folgen zu erwarten, laufen sie doch letztlich beide auf die Verdrängung der Frauen aus dem Berufsleben hinaus. Mit der Verankerung der Frauen in das Berufsleben ist es ohnehin noch nicht weit her. Das zeigt sich z. B. an der relativ geringen Frauenerwerbsquote: In der Bundesrepublik Deutschland arbeitet nur jede dritte Frau in außerhäuslicher Erwerbstätigkeit — bei den Männern liegt diese Zahl mehr als doppelt so hoch. Diese niedrige Frauenerwerbsquote bedeutet nicht, daß von drei Frauen eine während ihres gesamten Lebens erwerbstätig ist. Es ist vielmehr so, daß die familienbedingte Berufsunterbrechung immer noch fest in den Lebensplan der Frauen aufgenommen ist, daß viele Frauen, die verheiratet sind und Kinder haben, ihr Leben nach dem „Dreiphasenmo3 dell" (Ausbildung — Berufstätigkeit/Familienphase ohne Berufstätigkeit/erneuter Wieder-eintritt in den Beruf) gestalten wollen und auch gestalten — zumindest, was die ersten beiden Phasen anbelangt.
Das zeigt sich zum anderen an einer ganzen Reihe weiterer Tatsachen, die heute im Zusammenhang mit der Frauenarbeit offenkundig sind: Frauen verdienen etwa ein Drittel weniger als Männer — ihre Rente liegt folglieh ebenfalls niedriger. Frauen arbeiten auf schlechteren, anspruchloseren, unattraktiveren Arbeitsplätzen und haben erheblich weniger Aufstiegschancen. Frauen können weniger an Allgemein-und Berufsausbildung aufweisen; sie sind an Fortbildungs-und Um-schulungsmaßnahmen insgesamt erheblich weniger beteiligt. Frauen gehören schließlich weit weniger zum Stammpersonal eines Betriebes, sind häufiger am Rand des Arbeitsmarktes zu finden.
II. Frauenarbeitslosigkeit
1. Zahlen
Durch ihre geringere Integration in das Berufsleben macht sich auch in der heutigen Zeit bemerkbar, daß Frauen von der Arbeitslosigkeit erheblich stärker betroffen sind als Männer: Frauen stellen zwar etwa rund ein Drittel aller Arbeitnehmer, doch ist ihr Anteil an den Arbeitslosen seit einiger Zeit konstant auf mehr als die Hälfte gestiegen. Zählt man diejenigen dazu, die nicht aus der Statistik unmittelbar hervorgehen, werden es noch erheblich mehr: Die von der Bundesanstalt für Arbeit monatlich veröffentlichten Zahlen enthalten die bei den Arbeitsämtern als Arbeitssuchende registrierten Arbeitslosen. Diese Statistiken geben aber keine Auskunft über die Arbeitsverhältnisse weiterer Personengruppen, z. B.der schulentlassenen jungen Mädchen, die zum Arbeitsamt kommen, nicht um einen Arbeitsplatz, sondern um einen Ausbildungsplatz zu suchen, diesen jedoch nicht finden. Oder: diejenigen Frauen, die nach dem „Dreiphasenmodell" am Ende der zweiten Lebensphase stehen und jetzt wieder in den Beruf zurück wollen, werden sich heute schnell davon überzeugen lassen müssen, daß sie von der fehlenden (Vor-und Fort-) Bildung und von ihrem Alter her nicht mehr gefragt sind. Gehen sie wieder nach Hause und „stellen" ihre Berufswünsche „zurück", so sind sie zwar arbeitslos, tauchen aber in der Statistik nicht auf. Dasselbe gilt für diejenigen Frauen, die nach der Entlassung, spätestens nach Ablauf des Anspruchs auf Arbeitslosengeld keine Arbeitslosenhilfe erhalten — etwa weil der Mann arbeitet und ausreichend verdient — und die sich nicht beim Arbeitsamt als Arbeitssuchende registrieren lassen.
Diese Gruppen zählen zur „stillen Arbeitsmarktreserve“. Ihr Umfang ist in den letzten Jahren stark angestiegen und wird zur Zeit auf mehr als eine halbe Million Menschen geschätzt. Die Frauen stellen auch hier den größten Teil.
2. Struktur
Auch im Hinblick auf die Struktur der Arbeitslosigkeit gibt es Besonderheiten bei den Frauen. So ist der Zusammenhang zwischen der Konzentration der Frauenerwerbstätigkeit auf wenige Berufs-und Tätigkeitsbereiche und der unverhältnismäßig hohen Arbeitslosigkeit von Frauen nicht zu übersehen: Frauen arbeiten heute überwiegend in wenigen Berufen, die — um es überspitzt auszudrük-ken — als „weiblich" angesehen werden. Dieser Einschätzung liegen verschiedene Ursachen zugrunde: Bei Pflege-, Erziehungs-und Gesundheitshilfsberufen beruht dies auf der Weiblichkeitsideologie des 19. Jahrhunderts, die noch heute fortwirkt. In anderen Bereichen, beispielsweise in den untergeordneten Tätigkeiten einiger Industriezweige (Fließbandarbeit im Textil-und Bekleidungsbereich, Feinmechanik, Optik usw.) oder im Büro-, Verwaltungs-und Organisationsbereich, dürften die Gründe darin liegen, daß diese Tätigkeiten für Männer nicht attraktiv, nicht aufstiegsträchtig, nicht gut genug bezahlt sind.
Daß Heimarbeit und Teilzeitarbeit ebenfalls weitgehend ausschließlich Domänen der Frauen sind, liegt an der immer noch weitgehend unveränderten Situation, daß allein der Beruf der Frau sich den Erfordernissen der Familien anzupassen hat.
Die Häufungs-und Ballungserscheinungen der Frauenerwerbstätigkeit in bestimmten Wirtschaftszweigen sind aus den verschiedensten Anlässen (Bezahlung, Arbeitsbedingungen, gewerkschaftlicher Organisationsgrad) häufig beklagt und kritisiert worden. Im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit erhalten sie eine neue Dimension: Wird beispielsweise im Textilbereich — wie in den letzten Jahren geschehen — rationalisiert, so trifft das Frauen in weitaus stärkerem Maße. Verweigern die kommunalen Behörden die Einstellung weiterer Sozialarbeiter, schließen sie Jugendhäuser und Kindergärten, so sind wieder verhältnismäßig viele Frauen betroffen. Schwappt die Rationalisierungswelle durch den Einsatz moderner computergestützter Datenverarbeitungs-, Informations-und Textverarbeitungssysteme durch die Büros, so werden überwiegend Frauen „freigesetzt".
Neben diesen geschlechtsspezifischen Konzentrationserscheinungen führt auch die schlechtere allgemeine und berufliche Aus-und Fortbildung der Frauen zu verstärkter Arbeitslosigkeit: Es steht seit langem außer Zweifel, daß solche Arbeitnehmer besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die keine abgeschlossene oder nur eine äußerst geringe schulische und/oder berufliche Ausbildung haben. Insbesondere in der Gruppe der über 35 Jahre alten arbeitslosen Frauen wird diese Bildungssituation als erhöhter Risikofaktor deutlich.
Ein weiterer Negativfaktor sind die Tätigkeitsformen oder Tätigkeitszeiten, die außerhalb der normalen Ganztags-und Regelarbeitszeit liegen. Teilzeitarbeit — besonders verheirateten eine Domäne von Frauen mit Kindern — ist Konjunktur-und rationali-sierungs, anfällig'. Ihre Anlage als Konjunkturpuffer, ihr Einsatz zum Abfangen anders nicht zu bewältigender Produktionsspitzen im Interesse der Unternehmen hat sich in den letzten Jahren mit Deutlichkeit erwiesen: Von dem Zeitpunkt an, in dem die Konjunktur nachzulassen begann, wurden als erste die Heimarbeitsund Teilzeitarbeitsplätze abgebaut. Auf diese Weise haben bis zum Sommer dieses Jahres rund die Hälfte der noch vor zehn Jahren in Heimarbeit beschäftigten Arbeitnehmer (über 90 Prozent Frauen) ihren Arbeitsplatz verloren. Mehr als die Hälfte aller arbeitslosen Frauen war vor der Entlassung in Teilzeitarbeit tätig — und sucht wie -der Teilzeitarbeit.
Noch eine weitere Verbindungslinie zwischen typischen Besonderheiten der Frauenerwerbstätigkeit und der Frauenarbeitslosigkeit läßt sich aufzeigen: Aus den bereits angedeuteten Gründen (tradierte „weibliche" Sozialisation, geringere Bildung, Familienabhängigkeit) arbeiten Frauen häufig auf weniger qualifizierten, kaum Vorbildung erfordernden oder höhere Anforderungen stellenden Arbeitsplätzen. Diese sind häufig von ihrer Struktur her an die Bedienung von Maschinen gebunden und können oft verhältnismäßig einfach durch Automaten ersetzt werden. Frauen arbeiten also häufig auf rationalisierungsgefährdeten Arbeitsplätzen und werden deshalb in besonders starkem Maße Opfer jeder neuen Rationalisierungswelle.
Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Diese Tatsachen werden den Frauen häufig als „persönliche Defizite" im Sinne eines eigenen Verschuldens angelastet, für die die erhöhte Arbeitslosigkeit eben die Quittung darstelle. Daß dies nicht zutrifft, ist ebenso deutlich. Verantwortlich hierfür sind gesellschaftlich bedingte Erscheinungsformen und Restbestände aus der vordemokratischen Zeit des 19. Jahrhunderts. Ihre Überwindung muß eines der vorrangigen Ziele der Politiker und der gesellschaftlichen Organisationen bleiben. Die Überwindung der derzeitigen Arbeitsmarkt-probleme oder doch ihr langsamer Abbau bilden die Voraussetzung für eine Lösung auch der Probleme der Frauenarbeitslosigkeit, doch zeigen die Maßnahmen, die in den letzten Jahren zur Bewältigung der allgemeinen Arbeitslosigkeit getroffen wurden, daß ihre Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit der Frauen minimal waren:
Soweit die Sonderprogramme von Bund und Ländern aus den Jahren 1974, 1975 und 1977 öffentliche Gelder in die Wirtschaft leiteten, um mit Hilfe von Investitionszulagen, Investitionsprämien, anderen Investitionshilfen oder Anreizsystemen die Konjunktur zu stützen sowie die Wirtschaft anzukurbeln und auf diesem Wege Arbeitsplätze zu sichern, liefen sie an den Frauen und deren Problemen auf dem Arbeitsmarkt fast völlig vorbei.
Wenn überhaupt, so sind positive Arbeitsmarktwirkungen in Bereichen eingetreten, in nahezu Reine (z. B. Tiefbau) denen Hochbau, oder nur sehr wenig (Schwerinvestitionsgüter, Produktionsgüter) Frauen beschäftigt sind. Die direkten Effekte solcher Maßnahmen mindern die Arbeitsmarktprobleme der Frauen kaum. Auch die indirekten Wirkungen fielen für Frauen kaum ins Gewicht. Die eigentlichen Schwerpunktgebiete der Frauenarbeits5 losigkeit — die Organisations-, Büro-und Verwaltungsberufe, Handel und einige Bereiche der Konsumgüterindustrie — haben von diesen Maßnahmen kaum profitiert Ähnlich ist es mit einer anderen Art von Maßnahmen und deren Auswirkungen bestellt: Die Bundesanstalt für Arbeit hat in den letzten Jahren — zum Teil aus eigenen Haushaltsmitteln, zum Teil aus mehreren Sonder-programmen des Bundes und der Länder — erhebliche Beträge zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt. Während die Frauen von den — in ihren Auswirkungen äußerst problematischen und daher nicht wieder aufgegriffenen — -Lohnkostenzu schüssen an Arbeitgeber für neu eingestellte Arbeitnehmer und von den Einarbeitungszuschüssen noch am meisten profitierten, wurden sie bei anderen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bisher kaum berücksichtigt: Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurden vordringlich in solchen Bereichen bewilligt, die — wie der Hoch-und Tiefbau, die Landschaftspflege, die Land-und Forstwirtschaft — kaum Frauen beschäftigen. Erst in jüngster Zeit werden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verstärkt im Bereich der Büro-, Verwaltungs-und Organisationsberufe wie auch der sozialen und Gesundheitshilfsberufe geplant.
Auch die durch die Sonderprogramme des Bundes und der Länder ausgebauten Mobilitätsprämien für Arbeitnehmer zeigten kaum positive Auswirkungen bei der Lösung der Probleme der Frauenarbeitslosigkeit. Das wird deutlich, wenn man die einzelnen Prämienarten genauer auf ihre Auswirkungen untersucht. Neben den in § 53 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) enthaltenen Förderungsmöglichkeiten — zum Beispiel Zuschüsse für Bewerbungs-, Reise-und Umzugskosten, Kosten für Arbeitsausrüstung, Tren-nungsund Uberbrückungsbeihilfen —, konnten, allerdings ohne Rechtsanspruch, zusätzliche Prämien in drei Fällen gezahlt werden: Erstens dann, wenn eine Arbeit außerhalb der täglichen Ein-und Auspendelmöglichkeiten angenommen wurde; zweitens, wenn die neue Tätigkeit mindestens 15 Prozent weniger Lohn einbrachte als die zuletzt ausgeübte; drittens, wenn eine „andersartige" Tätigkeit angenommen wurde, für die der Verdienst unter dem der bisher ausgeübten lag.
Die erste Prämienart — für örtliche Mobilität der Arbeitnehmer — wird von verheirateten Frauen mit Familien kaum in Anspruch genommen, denn wegen der Erwerbstätigkeit der Ehefrau wird heute nicht umgezogen; um so weniger, wenn der Ehemann am bisherigen Wohnort einen Arbeitsplatz hat. Von der zweiten Prämienart — der „Dequalifizierungs-prämie" — kann die Frauenarbeitslosigkeit insgesamt wegen der eingangs geschilderten negativ Arbeitsbedingungen nur betroffen werden; dies auch dann, wenn vereinzelt arbeitslose Frauen eine derartige Prämie durch Annahme einer (noch) schlechter bezahlten Arbeitsmöglichkeit in Anspruch nehmen. Die dritte Prämienart schließlich hätte für Frauen eine günstige Auswirkung haben können, wenn man sie gezielt zur Durchbrechung der beruflichen Konzentration der Frauenerwerbstätigkeit eingesetzt hätte. Das ist jedoch — bis zum Zeitpunkt des Auslaufens dieser Mobilitätsprämien im Mai 1977 — nicht geschehen. 4. Bundesanstalt für Arbeit — Weitere Möglichkeiten Der Bundesanstalt für Arbeit sind durch das Arbeitsförderungsgesetz 1969 eine Reihe von Aufgaben übertragen worden, bei deren Ausführung auch die überproportional hohe Frauenarbeitslosigkeit gemildert werden könnte: Beratung bei der Berufsaufnahme, finanzielle Förderung von Umschulung und Fortbildung boten nach 1969 die Möglichkeit, beim Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen (Eignung, Neigung), den Frauen auf rationalisierungsgefährdeten Arbeitsplätzen durch vorausschauende Strukturmaßnahmen zu helfen. Hätten diese Bestimmungen schon Chancen zur Entzerrung der geschlechtsspezifischen Konzentration geboten, so hätten die Vorschriften über die berufliche Wiedereingliederung von älteren Frauen am Ende der familienbedingten Berufsunterbrechung von einer anderen Seite her den Anforderungen der Frauen von großem Nutzen sein können.
Daß diese Möglichkeiten — hauptsächlich die zuerst geschilderten — längst nicht in dem wünschenswerten Maße genutzt, angeboten und propagiert wurden, zeigen einerseits die Zahlen, denn der Anteil der Frauen an solchen Bildungsmaßnahmen stieg nur einmal in den Jahren zwischen 1969 und 1976 auf ein Viertel aller Teilnehmer an, zum anderen wird dies aus den auf dem Arbeitsmarkt anzutreffenden strukturellen Arbeitslosigkeitsproblemen deutlich.
Das Haushaltsstrukturgesetz brachte ab 1976 eine — gesetzliche — Einschränkung dieser Förderungsmöglichkeiten: Der Kreis der Förderungsberechtigten wurde verkleinert, die „vorbeugenden", strukturverbessernden Maßnahmen zugunsten der direkten Stützungsmaßnahmen im Bereich der Arbeitslosigkeit zurückgedrängt. Für Frauen, die von diesen direkten Maßnahmen wiederum nur weit un-terdurchschnittlich profitierten, war schon dies ein erheblicher Verlust. Verstärkt wurde er durch die Einschränkung der Wiedereingliederungshilfen. Zwar berücksichtigen die neuen Vorschriften ausdrücklich die Lebens-situation geschiedener und verwitweter Frauen, die bisher ohne Arbeit waren, aber „aus zwingenden Gründen wieder erwerbstätig sein müssen". Damit wird jedoch tendenziell wieder die mindere Bewertung der Erwerbstätigkeit jener Frauen eingeführt, die auf Grund ihrer familiären Situation ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen hatten und jetzt — getreu dem sosehr propagierten Drei-Phasen-Modell — wieder ins Berufsleben zurück „wollen", bei denen aber gesetzlich anerkannte zwingende Gründe nicht vorliegen.
Was ist an dieser Regelung zu beanstanden? Zwei Punkte in erster Linie: Einmal, daß jetzt jeglicher Anreiz gerade für Frauen aus den unteren sozialen Schichten fehlt, sich einer Bildungsmaßnahme zu unterziehen. Denn da die Einschränkung der Wiedereingliederungshilfe keine Rücksicht darauf nimmt, ob der Ehemann viel oder wenig verdient, wird dies gerade dort, wo Bildungsmaßnahmen am dringlichsten erforderlich wären, zusätzlich „abschreckend" wirken. Ein weiteres kommt hinzu: Die neue Regelung verfestigt die Abhängigkeit der Frauen von der Zustimmung des Ehemanns ebenso wie die traditionelle Teilung der Bewertung der Berufstätigkeit von Frauen in die Gruppe derjenigen, die „es nötig haben", und in die Gruppe jener, die „es nicht nötig haben".
Zahlen belegen diese Veränderungen recht deutlich: Nach dem Inkrafttreten des Haushaltsstrukturgesetzes sank die Zahl der Antragsteller auf Wiedereingliederungshilfen in den ersten vier Monaten um mehr als 42 Prozent. Der Anteil der Frauen blieb mit ca. 25 Prozent auf ungefähr derselben Höhe wie früher, das heißt aber, daß auch die absolute Zahl der geförderten Frauen um mehr als 42 Prozent gesunken ist.
Interessant sind auch die Unterschiede, die sich im Rahmen solcher Maßnahmen zwischen der Förderung von Männern und Frauen im Hinblick auf die Dauer und die Bereiche der gerade angesprochenen Fortbildungsbzw. Umschulungsmaßnahmen aufzeigen lassen: Bei praktischen — verhältnismäßig voraussetzungslosen — Maßnahmen wie Einarbeitungshilfen sind Frauen deutlich überrepräsentiert. Bei Maßnahmen, an deren Ende beruflicher Aufstieg, die Anpassung der beruflichen Bildung an den technologischen Fortschritt, die Stabilisierung und Integration der Frauenerwerbstätigkeit stehen könnte, sind Frauen nur unterdurchschnittlich vertreten.
Die Auswirkungen solcher Hilfen auf die Arbeitslosigkeit und ihre Bewältigung hält sich damit in engen Grenzen: Zwar weisen die Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit aus, daß die Wiedereingliederungschancen für einen Arbeitslosen günstiger sind, wenn er zuvor eine berufliche Bildungsmaßnahme durchlaufen hat. Bei den Frauen lassen sich jedoch diese Erfolge nicht beobachten. Auch mit der Neuvermittlung klappte es nicht so gut wie bei den Männern. Das liegt an der Tatsache, daß Frauen verstärkt an Kurzzeitmaßnahmen teilnehmen, während Männer das Schwergewicht auf langfristige Maßnahmen mit qualifizierten Abschlüssen legen. Kurzzeitmaßnahmen aber steigern die Beschäftigungschancen kaum. Vor allem dann nicht, wenn sie in Berufsbereichen mit einem relativ hohen Stand von Arbeitslosen stattfinden.
5. Gewerkschaften — Arbeitgeber
Es bleibt somit die bedauerliche Erkenntnis, daß die von Regierung und Bundesanstalt für Arbeit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bisher unternommenen Versuche an den Problemen der arbeitenden Frauen und damit auch an den Problemen der Frauenarbeitslosigkeit weitgehend vorbeigelaufen ist. Dies gilt — zumindest tendenziell — auch für die Haltung der Gewerkschaften und ihre Forderungen: Während wenigstens in einzelnen Tarifbereichen einiger Industriegewerkschaften mittlerweile Tarifverträge gelten, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben und dort entlastend wirken, z. B. Rationalisierungsschutzabkommen, Tarifverträge zur Sicherung älterer Arbeitnehmer, Pausenregelungen u. ä., die dem zunehmenden Arbeitsstress entgegenwirken, so sind Ansätze durch Tarifverträge, die in irgendeiner Weise die Probleme der erwerbstätigen Frauen auf ihren besonders risikoträchtigen Arbeitsplätzen berücksichtigen, bisher nirgendwo zu sehen. Spricht man mit Gewerkschaftsfunktionären über das Problem der Frauenarbeitslosigkeit, so findet man allerdings heute wesentlich mehr Problembewußtsein vor als noch vor einiger Zeit. Die Kongresse der Gewerkschaftsfrauen haben hier gute Arbeit geleistet. In den Betrieben selbst ist die Lage häufig noch anders. An der Basis, weniger zwar bei den Betriebsräten und Vertrauensleuten, ist die Bereitschaft, Frauen-arbeitslosigkeit als Problem überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und es entschlossen anzupacken, noch sehr begrenzt.
Auf der Arbeitgeberseite finden sich ebenfalls kaum erfolgversprechende Ansätze. Zwar wird in Broschüren immer wieder der Wert der Frau für unsere Wirtschaft bestätigt und man kann z. B. lesen, „daß die Frau aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken sei". Mehr aber — insbesondere konkrete, machbare Dinge zur Verbesserung der Lage der arbeitslosen Frauen, zur Verbesserung der Integration der Frauen in die Belegschaften (etwa durch betriebsinterne stärkere Förderung der Frau, durch Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen, die durch stärkere Integration in die betrieblichen Arbeitszusammenhänge sicherer gegen konjunkturelle und Rationalisierungseinflüsse gemacht würden, durch Schaffung von Arbeitsplätzen mit familienfreundlicher Arbeitszeitregelung) — findet sich nicht: Zusätzliche Kosten oder mögliche betriebsorganisatorische Schwierigkeiten stehen dem entgegen — man findet ja jetzt auch Arbeitnehmer ohne solche zusätzlichen Leistungen. Im Gegenteil: Schutzvorschriften mit einseitig geschlechtsspezifischer Ausrichtung auch dort, wo diese vom Schutzgegenstand her (Schutz von Leben und Gesundheit gegen gefährliche Werkstoffe, Arbeitsplatz-vorrichtungen) für Männer und Frauen erfor-
derlich wären, wirken sich wegen des damit verbundenen Kostennachteils in der wirtschaftlichen Krise ebenso gegen die Beschäftigung von Frauen aus wie Mutterschutzregelungen und andere biogenital bedingte, unabdingbar erforderliche Sonderschutzbestimmungen für Frauen.
Auch bei der Einstellung von Arbeitslosen, bei der Ausschreibung von offenen Stellen zeigt sich deutlich, wie wenig das Problem der Frauenarbeitslosigkeit erkannt und wie wenig auch von Unternehmerseite zu seiner Bewältigung getan wird: Die offenen Stellen, die beim Arbeitsamt gemeldet werden, berücksichtigen Frauen in weitaus geringerem Umfang als Männer; die Stellen sind zu einem außerordentlich hohen Grade auch dort ausschließlich für männliche Arbeitslose ausgeschrieben, wo dies von der Art der Tätigkeit und des Arbeitsplatzes her keinesfalls zwingend wäre.
Man kann geradezu von einer Stellenausschreibung ausschließlich für Männer als der Regel, von der alternativen Ausschreibung als der kleinen Ausnahme reden. Hinzu kommt ein weiteres: Legte man die Stellenangebote und ihre Ausrichtung auf Männer oder Frauen zugrunde, so ergäbe sich eine Konzentration der Frauenerwerbstätigkeit auf noch weniger Berufe und Tätigkeitsfelder, als wir sie heute schon vorfinden. Danach wäre der Verdrängungsprozeß von Frauen aus dem Berufsleben noch erheblich intensiver.
Bleibt auch hier als Ergebnis die Feststellung: Zwar sind Frauen häufiger und länger arbeitslos als Männer; zwar sind ihre Aussichten, bald wieder in eine andere, angemessene Arbeitsstelle vermittelt zu werden — auch nach einer Fortbildungsund Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamtes — weit geringer als die der Männer. Dennoch wurden und werden gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der arbeitslosen Frauen nicht in Gang gesetzt. Dies gilt für die Sonder-programme von Bund und Ländern ebenso wie für Maßnahmen der Arbeitsämter, die Haltung der Arbeitgeber, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften.
III. Zur künftigen Entwicklung der Frauenarbeitslosigkeit
Schon unser heutiger Wissensstand läßt mit einiger Wahrscheinlichkeit erwarten, daß die in den letzten Jahren begonnenen Rationalisierungen im Bereich von Büro-, Verwaltungs-und Organisationsberufen weitergehen werden. Der Großteil der davon betroffenen Arbeitnehmer sind Frauen. Rationalisierungen in Teilbereichen des produzierenden Gewer-bes werden ebenfalls zum Verlust zahlreicher Arbeitsplätze führen: Die Verwendung von Mikroprozessoren und ihre sozialen Auswirkungen dringen immer deutlicher ins. Bewußtsein der Öffentlichkeit. Auch von dieser Entwicklung werden schätzungsweise erheblich mehr Frauen als Männer betroffen — auf jeden Fall aber zuerst. Schließlich muß und wird die internationale Arbeitsteilung intensiviert werden. Aus den verschiedensten Gründen steht die Lösung der „sozialen Frage des 20. Jahrhunderts" (W. Brandt), der Abbau des Gefälles zwischen den nördlichen Industriestaaten und den südlichen Entwicklungsländern der Erde, dringend an. In diesem Zusammenhang wird man über die traditionelle Entwicklungshilfe weit hinausgehen und insbesondere auch die heimischen Märkte in verstärktem Umfang für Produkte öffnen müssen, die in den sich entwik-kelnden Industrien der Dritten Welt hergestellt werden können. Das wird zwangsläufig mit neuen, zusätzlichen Arbeitsmarktproblemen in einigen Bereichen der deutschen Wirtschaft verbunden sein. Prüft man, welche Bereiche dies — wahrscheinlich — am ehesten betreffen wird, welche Arbeitsplätze also schneller unsicher werden und wegfallen müssen, so zeigt sich, daß es sich vornehmlich um Arbeitsplätze im Bereich von Textil, Bekleidung, Schmuck, Leder, Feinmechanik, Optik und EBM-Waren handeln dürfte. All dies sind Branchen, in denen Frauen einen hohen Anteil der Erwerbstätigen stellen.
Werden durch diese heute schon vorhersehbaren Entwicklungen die Arbeitsplätze insgesamt erheblich knapper — wobei die Konjunkturentwicklung der kommenden Jahre keineswegs einen Ausgleich für den Verlust von Arbeitsplätzen erwarten läßt —, so wird die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Frauen durch einen weiteren Faktor überproportional belastet werden: Jedermann weiß, daß in den nächsten Jahren die zunehmenden wirtschaftsstrukturellen Schwierigkeiten durch die Tatsache verschärft werden, daß besonders geburtenstarke Jahrgänge in das Berufsleben eintreten. Es wird sehr schwierig sein, für diese Hunderttausende zusätzlicher Arbeitnehmer den ihnen von ihrer Ausbildung her zustehenden Arbeitsplatz überhaupt zu schaffen.
Wer sich um die Bewältigung der Frauenarbeitslosigkeit Gedanken macht, sieht damit zugleich ein anderes: Mit diesen jungen Arbeitnehmern wächst eine zusätzliche spezifische Konkurrenz gerade für die Frauen heran, handelt es sich doch um jüngere, mit weniger familiären Belastungen behaftete, leistungsfähigere und meistens besser ausgebildete Arbeitskräfte, deren moralischer Anspruch auf einen angemessenen Arbeitsplatz in der Öffentlichkeit weit höher bewertet wird als etwa die Verstärkung der Integration der Frauen in das Erwerbsleben.
Bleibt als Ergebnis: Die Zahl der arbeitslosen Frauen wird unter den heute erkennbaren Bedingungen weiter stark anwachsen. Die Probleme der Frauenarbeitslosigkeit lösen sich damit nicht von selbst. Im Gegenteil: Sie werden sich noch erheblich verschärfen.
IV. Vorschläge zur Überwindung der Frauenarbeitslosigkeit
Damit stellt sich jetzt die Frage nach den Maßnahmen zur Überwindung der Frauenarbeitslosigkeit in aller Klarheit: Sie richtet sich an Gesetzgeber und Regierung, an Arbeitgeber und Gewerkschaften wie auch an die Arbeitsämter. Die inhaltliche Ausrichtung müßte — entsprechend deu eingangs festgestellten Besonderheiten von Frauenerwerbstätigkeit und Frauenarbeitslosigkeit — von zwei Faktoren bestimmt werden: Einmal von der Erkenntnis, daß es falsch wäre, durch neue Maßnahmen Konkurrenzsituationen von Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmergruppen um zu knappe Arbeitsplätze zu vertiefen oder solche Situationen gar neu entstehen zu lassen. Von daher ergibt sich zweierlei: Die Schaffung neuer Arbeitsplätze hat Vorrang vor allen anderen Bemühungen; eine alleinige und gesonderte Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit müßte scheitern. Zum anderen müßten wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit im Rahmen einer aktiven Politik zur Verminderung der allgemeinen Arbeitslosigkeit in zwei Richtungen zugleich weisen: Sie müssen sowohl auf eine stärkere Beteiligung der Frauen an den unmittelbaren Leistungen der Arbeitsämter als auch auf die mittel-und langfristige Verbesserung der Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt hinwirken. Daraus ergeben sich einige konkrete Forderungen, die durch Regierung, Gesetzgeber, Gewerkschaften und Arbeitgeber sowie die Bundesanstalt für Arbeit verwirklicht werden müssen: 1. Berücksichtigung arbeitsloser Frauen im Verhältnis ihres Anteils an den Arbeitslosen in den Hilfs-und Förderprogrammen des Staates. Mehr Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Bereichen, in denen auch unter den bestehenden Bedingungen Frauen in stärkerem Maße als bisher beschäftigt werden können. Erhöhte Berücksichtigung der arbeitslosen Frauen bei der Zuweisung in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. 2. Veränderung des Verfahrens bei der Besetzung offener Stellen: Grundsätzliche Ausschreibung aller eingehenden, anmeldepflichtigen offenen Stellen in Betrieben und Unternehmen beim Arbeitsamt zugleich für männliche und weibliche Arbeitssuchende. Einschränkung dieses Stellenangebots auf Männer oder Frauen erst nach Begutachtung von Tätigkeit und Arbeitsplatz und nach entsprechender Beratung des betroffenen Arbeitgebers wie auch in Frage kommender Arbeitsloser durch geschulte Mitarbeiter der Arbeitsämter. Es ist offensichtlich, daß bei einer Änderung des bisherigen Verfahrens in dem geschilderten Sinne zahlreiche neue qualifizierte Mitarbeiter bei den Arbeitsämtern erforderlich sein werden. Um sie zu erhalten, werden nicht nur zusätzliche Planstellen in ausreichendem Umfang geschaffen, sondern auch neue Wege eingeschlagen werden müssen. Will man spätestens in drei Jahren mit der Verwirklichung solcher Änderungen beginnen (solange dauern Ausbildung und Eingangspraxis), so wird man unverzüglich durch Anwerbung geeigneter, häufig stellenloser Absolventen einer pädagogischen, betriebswirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Ausbildung neue Personenkreise in die Arbeitsämter ziehen müssen und ihnen so zugleich zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten bieten können. 3. Die staatlichen Maßnahmen aller Stufen müssen mittelfristig konsequent auf die Entzerrung der Frauenerwerbstätigkeit ausgerichtet sein. Das gilt vordringlich für alle Leistungen, die durch Arbeitsämter gewährt oder vermittelt werden. 4. Zur Unterstützung dieser Entzerrung wird an zusätzliche flankierende Maßnahmen zu denken sein: An Anreizsysteme, die es Arbeitgebern erleichtern, Frauen und Mädchen auf Dauer in Berufen zu beschäftigen bzw. auszubilden, die zu den traditionell „unweiblichen“ Berufen zählen. Die es zugleich den Frauen und Mädchen erleichtern, aus dem engen Bereich traditioneller Frauenberufe auszubrechen. Auch in diesem Bereich werden zusätzliche Beratungsleistungen durch geschulte Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit angeboten werden müssen. Nur eine solche begleitende Beratung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnte sicherstellen, daß mit Gewißheit zu erwartende Anfangsschwierigkeiten überwunden werden können. 5. Die geltenden Bestimmungen des Frauenarbeitsschutzes müssen unter folgenden Gesichtspunkten durchforstet werden: Vorschriften, die Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit allgemein schützen (z. B. Arbeitszeitschutz-Vorschriften, Bestimmungen zum Schutz vor bestimmten gefährlichen Werkstoffen bzw. gefährliche Arbeitsplätze), müssen durch Gesetz bzw. Tarifvertrag auf alle Arbeitnehmer, unabhängig vom Geschlecht, ausgedehnt werden.
Vorschriften, die ausschließlich auf einem überholten Familien-und Frauenbild beruhen (z. B. Hausarbeitstag für Frauen), müssen an die geänderte Verantwortlichkeit beider Ehepartner für den häuslichen Bereich angepaßt werden.
Biogenital dringend erforderliche Schutzvorschriften, so z. B.des Mutterschutzes, sind in ihrem gegenwärtigen Bestand und bei einer notwendigen Erweiterung im einzelnen so auszugestalten, daß aus ihnen bisher geradezu zwangsläufige, aber bei veränderten Vorschriften vermeidbare Konkurrenznachteile für Frauen abgebaut werden (z. B. bei der Regelung der Finanzierung und Aufbringung des Mutterschaftsgeldes). 6. Erziehungsgeld — bzw. „Babyjahr" neuen Typs in der bisher vorgeschlagenen Form — wäre auf die Dauer eher negativ zu bewerten. Umgestaltungen und Ergänzungen könnten indes auch diese Vorschläge sich sehr positiv auswirken lassen: Würde man beispielsweise den bezahlten Mutterschaftsurlaub nach Ablauf der biologisch notwendigen Erholungszeit nach der Geburt in einen Elternschaftsurlaub umwandeln, d. h.seine verlängerte Inanspruchnahme etwa vom 2. bis 12. Lebensmonat nach der Geburt eines Kindes von der Voraussetzung abhängig machen, daß die Hälfte der Zeit die Mutter, die andere Hälfte indes der Vater zur Erziehung des Kleinkindes die Berufstätigkeit unterbricht, so würde man gleich vier positive Auswirkungen miteinander verbinden: Günstige, weil verknappende Arbeitsmarkteffekte, staatliche Honorierung der Erziehungsleistung und damit Si-B cherung einer festen Bezugsperson in einem für die Entwicklung des Kleinkindes maßgeblichen Lebensabschnitte, die Stärkung des Vater-Kind-Verhältnisses und schließlich die Vermeidung der Verdrängung der Mutter aus der Berufstätigkeit mit all ihren negativen Folgen. 7. Die Vermehrung von Teilzeitarbeitsplätzen steht in gängigen Katalogen von Forderungen zur Überwindung der Frauenarbeitslosigkeit meist an prominenter Stelle. Diese Forderung ist — im Interesse der erwerbtätigen Frauen — indes durchaus problematisch, hat sich doch die erhöhte Konjunktur-und Rationalisierungsanfälligkeit dieser Arbeitsplätze in der zurückliegenden Zeit mehr als deutlich erwiesen. Wenn für eine Übergangszeit dennoch diese Forderung erhoben wird, so geschieht dies aus der Erkenntnis heraus, daß eine hohe Zahl heute arbeitsloser Frauen wegen fehlender Infrastrukturmaßnahmen (Kindertagesstätten, Ganztagsschulen, Hausaufgabenbetreuung, Sozialstationen) familiären Belastungen unterliegen, die ihre Abhängigkeit von familienangepaßten Arbeitszeiten fortdauern lassen.
Die Forderung nach Vermehrung der Teilzeitarbeitsplätze ist jedoch an die Bedingung geknüpft, durch zusätzliche gesetzliche und tarifpolitische Maßnahmen deren Integration in die betriebliche Organisation zu verbessern und damit das Risiko der Arbeitslosigkeit zu vermindern sowie deren Attraktivität und Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern.
Auch von seiten der Arbeitsämter sollten neue Wege geprüft werden: Nicht nur sollte die Vermittlung von Teilzeitbeschäftigung wie bisher gesondert vorangetrieben werden; vielmehr sollte durch Modelle in geeigneten Regionen mit besonders hoher, möglicherweise vergleichbar strukturierter Frauenarbeitslosigkeit erprobt werden, ob vielleicht auch nur für eine Übergangszeit die Arbeitsämter durch die Gründung eigener Firmen (Teilzeit-Arbeitsverleih) in der Lage wären, flexibler bei der Lösung dieses Problems der Frauenarbeitslosigkeit zu helfen. 8. Bei der Durchsetzung einzelner Vorschläge zur Arbeitszeitverkürzung, die in den letzten Monaten verstärkt diskutiert werden, sollten bestimmte Formen bevorzugt werden, die — im Interesse der Frauen — zwei Elemente verbinden: Sie sollten einerseits ausreichende Entzugseffekte aufweisen, zugleich aber wenigstens auch dazu beitragen, einige Ursachen der Frauenarbeitslosigkeit zu bewältigen. Legt man diesen Maßstab an, so wird zunächst jede Regelung Vorrang haben müssen, welche die Bildungsvoraussetzungen der berufstätigen, der arbeitslosen und der neu ins Berufsleben eintretenden Frauen und Mädchen verbessert: Die Einführung eines 10. Pflichtschuljahres in geeigneter Form und mit pädagogisch sinnvollen Inhalten ist ebenso wie die Einführung eines regelmäßigen Bildungsurlaubs einer Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit wie auch etwa der Herabsetzung des Rentenalters vorzuziehen.