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Die Europäische Union im Tindemans-Bericht. Bilanz einer einjährigen Diskussion | APuZ 52/1976 | bpb.de

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APuZ 52/1976 Artikel 1 Mehr Kompetenzen für Europa. Zur innen-und außenpolitischen Handlungsfähigkeit der EG Die Europäische Union im Tindemans-Bericht. Bilanz einer einjährigen Diskussion

Die Europäische Union im Tindemans-Bericht. Bilanz einer einjährigen Diskussion

Wolfgang Wessels

/ 38 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Bericht des belgischen Premierministers Tindemans zur Europäischen Union steht im Mittelpunkt der aktuellen Debatte um Gestalt und Inhalt westeuropäischer Einigungspolitik. Tindemans'Überlegungen mußten die grundsätzlichen Positionsunterschiede zwischen Föderalisten einerseits und Gralshütern nationaler Souveränität andererseits genauso in Rechnung stellen wie andere 1975 dominierende Elemente, nämlich eine weit-verbreitete Europaskepsis, die enge Zusammenarbeit zwischen Giscard d’Estaing und Schmidt sowie die aktualisierten Pläne zur Direktwahl des Europäischen Parlaments. Das Integrationskonzept, das Tindemans vorlegt, beruht nicht auf einer durchgängigen Formel, sondern geht von Zielbündeln aus, denen er konstituierende Komponenten zuordnet. Im Abschnitt zur Rolie der Europäischen Union in der Welt unterbreitet er Vorschläge, die die europäische Handlungsfähigkeit steigern und die die vorläufigen Kernbereiche gemeinsamer Außenpolitik festlegen sollen. Seine Vorstellungen, von einer koordinierten zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu kommen, werden teils als sinnvoll und brauchbar, teils aber auch als systemwidrig und unzureichend betrachtet. Kritik wird auch besonders vom linken Parteienspektrum her laut, das in den Kernbereichen ein „christdemokratisch begrenztes Weltbild" angelegt sieht. Die Ausführungen Tindemans'zu einer neuen Gesellschaftsordnung werden wesentlich von Elementen geprägt, die sich dem Modell einer „aufgeklärten sozialen Marktwirtschaft“ annähern. Besondere Aufmerksamkeit begegnete seinen konkreten Vorschlägen zur Wirtschaftsund Währungspolitik auf dem Weg zur Europäischen Union. Neben seinen Auffassungen von der „Währungsschlange" gerieten seine Vorstellungen von einer abgestuften Phasenpolitik, von einigen Kritikern auch als „ZweiklassenEuropa“ bezeichnet, in die wissenschaftliche und politische Kontroverse. Auch seine Vorschläge auf institutionellem Gebiet waren einem Kreuzfeuer verschiedener Denkschulen und politischer Lager ausgesetzt. Seine Empfehlungen, die primär auf eine gemeinschafts-bezogene Verstärkung der Rolle der nationalen Regierungen hinauslaufen, versprechen den Föderalisten zu wenig demokratische Integration und bedeuten den Gaullisten schon zu viel Einbindung.

I. Der Tindemans-Bericht eine neue Konjunktur westeuropäischer Integration

Abbildung 1

1. Die ungelöste Frage nach dem „Wohin“

europäischer Integration Die Frage nach dem „Wohin" des europäischen Integrationsprozesses begleitet die westeuropäische Einigungspolitik seit ihrem Beginn. Angesichts des Mosaiks unvollständiger Institutionen und bruchstückhafter Politiken ist es wenig erstaunlich, daß die Debatten um Inhalt und Gestalt des Endzustands der westeuropäischen Integration in unregelmäßigen Abständen kontrovers und intensiv aufflammen. Als die neun Staats-und Regierungschefs auf ihrer Pariser Gipfelkonferenz vom Dezember 1974 ihren Kollegen, den belgischen Premierminister Tindemans, baten, einen Bericht zu dem vorzulegen, was man unter der von ihnen selbst geprägten Formel „Europäische Union" verstehen könne, wies die europäische Integrationsgeschichte bereits einen reichen Fundus an Überlegungen und Debatten zur Zielsetzung europäischer Integration auf.

Trotz Häufigkeit und Intensität haben aber die bisherigen Konjunkturen westeuropäischer Einigungsbemühungen keine eindeutige, von allen wesentlichen politischen Kräften getragene Übereinstimmung ergeben. Das Ausbleiben einer tragfähigen Antwort dokumentiert sich nicht nur im Scheitern der Mehrzahl der vorgelegten Pläne, sondern auch im Kompromißcharakter und in der Vertagung dieser Frage bei den Projekten, die in die Realität umgesetzt wurden. Weder aus dem EWG-Vertrag noch aus dem Luxemburger Bericht zur Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) lassen sich unmittelbar eindeutige Hinweise auf die zukünftige Gestalt Westeuropas herauskristallisieren. Auch Tindemans wurde die Unbestimmtheit mit auf den Weg gegeben: Schon mit der Wahl der Formel „Europäische Union“ — der nur wenig präzisere Begriff „politische Union" wurde abgelehnt — gaben die Staats-und Regierungschefs auf der Pariser Gipfelkonferenz vom Herbst 1972 zu verstehen, daß sie wohl die Frage nach der Zukunft der Integration Europas aufgreifen wollten. Gleichzeitig kam jedoch zum Ausdruck, daß sie sich nicht in der Lage sahen, eine Antwort auf die selbstgestellte Frage auch nur andeutungsweise zu geben. Die bei dieser Gelegenheit in feierlicher Er-klärung verkündete Absicht, „in absoluter Einhaltung der bereits geschlossenen Verträge die Gesamtheit der Beziehungen der Mitgliedstaaten in eine Europäische Union umzuwandeln" gab wenig Aufschluß über die Form und Ausgestaltung des Einigungsprozesses. Spätere Interpretationsversuche habe die Aussageschwäche dieser Formel unterstrichen 2. Das politische Umfeld der Tindemans-Mission Neben der Unbestimmtheit des Auftrags wurde die Tindemans-Mission auch von anderen Strukturelementen geprägt, die denen früherer integrationspolitischer Anläufe ähneln. So sah sich auch Tindemans im Spanhungsfeld zwischen den Erwartungen und Zielvorstellungen engagierter Europäer föderalistischer Prägung einerseits und Gralshütern nationaler Souveränitäten andererseits. Orientieren mußte er seinen Bericht jedoch an „Pragmatikern" in „verantwortlichen" Positionen, die zwischen Notwendigkeiten europäischen Handelns, spezifisch nationalen Interessen und eigener Machterhaltung einen vorsichtigen Weg einschlagen. Trotz der offensichtlichen Vieldeutigkeit des Beschlusses der Gipfelkonferenz von 1972, wiesen die integrationspolitischen Rahmenbedingungen — im Vergleich zu früheren „Europakonjunkturen’’ — eine zunächst günstigere Ausgangsposition auf, denn eine Reihe von Problemen, die in den fünfziger und sechziger Jahren intensivere Diskussionen bereits im Vorfeld belastet oder gar verhindert hatten, waren geklärt worden. Von den drei „bahnbrechenden" Beschlüssen der Haager Gipfelkonferenz von 1969 — Vollendung, Erweiterung und Vertiefung — waren zwei — Erweiterung und Vollendung — politisch abgeschlossen. Auch in der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) hatten sich neue Kooperationsformen entwickelt. Damit waren bereits einige Weichenstellungen vorgenommen worden, die den von allgemeinem Konsens getragenen Sockel europäischer Politik erhöhten und verstärkten. Zudem hatten die

Staats-und Regierungschefs in ihrer Pariser Erklärung von 1972 eine Reihe tragender Prinzipien — Demokratie, Meinungsfreiheit, Freizügigkeit — postuliert und eine breite Palette von richtungsweisenden Anstößen zu Fortschritten beim inneren Ausbau und bei der Gestaltung der Außenbeziehungen gegeben. Ergänzt wurden diese Erklärungen noch auf der Kopenhagener Gipfelkonferenz vom Winter 1973 durch ein — heute fast vergessenes — Dokument zur „Europäischen Identität" Der Vorrat an Gemeinsamkeiten schien trotz vieler weiterbestehender Meinungsunterschiede auf eine zusammenfassende, gestaltende und zukunftsweisende Einordnung in einen Rahmen „Europäische Union" zu warten.

Tindemans mußte jedoch auch andere Rahmenbedingungen als die der 1972er Gipfelkonferenz einbeziehen. Als die Staats-und Regierungschefs auf der Pariser Gipfelkonferenz vom Dezember 1974 Tindemans beauftragten, auf der Grundlage von Berichten der EG-Organe sowie von Konsultationen mit den „lebenden Kräften" der Gemeinschaft einen zusammenfassenden Bericht zur Europäischen Union zu erstellen hatte die seit Mitte 1973 einsetzende Weltwirtschaftskrise, verstärkt durch die Preissteigerungen im Energiebereich, den langfristig angelegten Plänen zur Wirtschafts-und Währungsunion die wirtschaftliche und politische Geschäftsgrundlage entzogen. Konfrontiert mit den seit dem 4. Nahostkrieg verschärften inneren und äußeren Herausforderungen konnte die Gemeinschaft nur mit Mühe ihren bisherigen Stand sichern. Zu einem effektiven Krisenmanagement fehlte ihr die innere Geschlossenheit. Dem absoluten Tiefpunkt der Gemeinschaft im Winter 1973/74 folgte zögernd eine Wiederbelebung, die maßgeblich durch den Regierungswechsel in Paris begünstigt wurde. Der Tindemans-Bericht ist damit vor dem Flintergrund traumatischer Schwäche und einer langsamen, pragmatisch orientierten Neubelebung zu sehen. Die Skepsis vor langfristigen und globalen Entwürfen war damit eine weit verbreitete Einstellung, mit der Tindemans rechnen mußte.

Die Tindemans-Mission stand darüber hinaus in Wechselbeziehungen zu anderen Entwicklungen auf europäischer Ebene. Geprägt wurde diese Zeitspanne durch das enge persönliche Verhältnis Giscard d'Estaing/Schmidt, die in dem neu gegründeten Europäischen Rat der Staats-und Regierungschefs ihr Aktionsorgan sahen. Gekoppelt war diese Gemeinsamkeit im institutionellen Bereich mit einer engen wirtschaftsund währungspolitischen Zusammenarbeit, die in der Rückkehr des Französischen Franc in die Währungsschlange ihren Ausdruck fand. Viele Beobachter entdeckten denn auch die starke Orientierung der Tindemansschen Vorstellungen an Vorschlägen und „Lieblingsideen" dieser Regierungen.

Auch das ebenfalls auf der Gipfelkonferenz von 1974 wiederbelebte Vorhaben einer Direktwahl zum Europäischen Parlament stand in enger Wechselwirkung zum Tindemans-Be-richt. Die Tindemans-Mission erhielt dadurch sowohl eine erhöhte Publizität als auch eine ablenkende Nebenkampagne seitens europäisch Engagierter. Der zukunftsweisende Tindemans-Bericht gab Gegnern der Direktwahl Ansatzpunkte für eine Anti-Direktwahl-Polemik. Dieser diplomatisch-politischen Wechselwirkungen war sich Tindemans bewußt. So heißt es, daß seine auffällige Zurückhaltung in Fragen der Kompetenzerweiterung des Europäischen Parlaments von der Überlegung geprägt war, die Angriffe gegen die Direktwahl von Seiten der „Souveränitätsverfechter" so gering wie möglich zu halten.

Weitere Faktoren des Umfelds waren die von der Tindemans-Mission selbst induzierten Berichte und Stellungnahmen. Die EG-Organe — außer dem Ministerrat —, europäische Verbände, wissenschaftliche Institute und Ausschüsse legten ihre Vorschläge und Anregungen vor Das Feld für den Tindemans-Bericht wurde so schon vor dem Erscheinen intensiv gepflügt. Tindemans konnte deshalb zwar eine erhöhte Aufmerksamkeit für seine Vorschläge erwarten, er mußte aber gleichzeitig mit einer Reihe bereits festgelegter Positionen rechnen, die er nicht mehr wesentlich beeinflussen konnte. 3. Das Konzept Europäische Union Bei der Bestimmung der wesentlichen Merkmale der Europäischen Union boten sich Tindemans eine Vielzahl unterschiedlicher Versuche an, den Prozeß europäischer Integration begrifflich zu fassen und ihm ein Leit-bild zu geben Soweit sie als durchgängige Formeln gefaßt sind, bergen sie jedoch die Gefahr in sich, verkürzte oder verzerrte Aussagen über Inhalt und Gestalt der europäischen Einigung zu machen. Tindemans selbst prägt keine einheitliche, inhaltliche bestimmte Formel von „Europäischer Union". Anstelle einer Formel tritt die Skizzierung eines Leitbildes der europäischen Einigung und die Auflistung notwendiger Komponenten. Erst die Summe der parallelen Fortschritte bei diesen gleichwertigen Komponenten führt zu einem qualitativ neuen Zustand europäischen Einigung, den Tindemans mit „Europäischer Union" bezeichnet

Ziele und Leitbilder einer Europäischen Union sind für Tindemans notwendig, um einzelne Politikbereiche in die Gesamtperspektive des europäischen Einigungswerkes einzuordnen. Tindemans unterscheidet ein Bündel externer Ziele: „Europa in der Welt", von einem internen: „der neuen Gesellschaftsordnung Europas". Eine Konkretisierung erfolgt in den konstituierenden Komponenten der Union

1) Die Europäische Union setzt gemeinsames Handeln in der Außen-und Sicherheitspolitik, bei den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und in der Kooperationspolitik voraus.

2) Die Europäische Union impliziert eine gemeinsame Politik im Wirtschafts-und Währungsbereich zur „Verwaltung des Wohlstandes" und eine gemeinsame Politik für Industrie, Landwirtschaft, Energie und Forschung.

3) Die Europäische Union fordert eine „wirkliche und wirksame Solidarität unserer Völker. Die Regionalpolitik gleicht Zentralisierungseffekte aus und korrigiert Entwicklungsunterschiede ... Durch Sozialmaßnahmen werden Einkommensunterschiede gemildert."

4) Die Europäische Union „trägt dazu bei, die Rechte des Bürgers zu schützen und seine Lebensverhältnisse zu verändern".

5) Die Europäische Union muß Organe erhalten, die „über die notwendige Autorität" ver fügen, um ein gemeinsames, umfassendes und zusammenhängendes politisches Leitbild zu entwickeln, die ein wirkliches Handeln ermöglichen und die überdies die für eine demokratische Kontrolle erforderliche Legitimität besitzen".

6) Zum Bauprinzip erhebt Tindemans, da'Europäische Union schrittweise entsteht, dem sie sich zunächst auf politische Verpflichtungen der Staaten stützt, die zunehmend in rechtliche Bindungen übergehen sollen.

Diese Komponenten stellen einen eindrucksvollen und hochgesteckten Katalog von Aufgaben auf dem Weg der Gemeinschaft zur Europäischen Union dar. In der Vielzahl dieser Komponenten und in ihrer Nebeneinander-stellung spiegeln sich die seit der Gipfelkonferenz von Den Haag 1969 vielfach unzusammenhängend proklamierten Pläne wider. Trotz der mehrfach von Tindemans betonten Notwendigkeit der Kohärenz europäischer Politik wohnt dieser Auflistung die Gefahr inne, daß aus diesem Bericht die Berechtigung für isolierte Maßnahmen auf einigen Gebieten abgeleitet wird, ohne daß die verpflichtende Gesamtkonzeption eingehalten wird

Für die Europäische Union müssen die Staaten einen Preis in Form von Übertragungen von Befugnissen auf gemeinsame Organe und in Form eines Ressourcentransfers zahlen. Tindemans stellt diesem Preis die Alternative gegenüber, was geschehen würde, wenn Europa untätig bliebe. Ein Zerfall der Gemeinschaft würde entschieden „teurer" werden

II. Die Rolle der Europäischen Union in der Welt

1. Die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Union Die Einschätzung, daß dem statistischen Gewicht und Potential der Gemeinschaft eine nur ungenügende internationale Handlungsfähigkeit gegenübersteht, wird von den politischen Kräften der Gemeinschaft weitgehend geteilt. Diese Situation kann nach allgemeiner Auffassung zu einer Destabilisierung des internationalen Systems führen, bei der die Europäer die ersten Opfer sind. Mit dem Bild des „Kolosses mit einem Spatzengehirn“ wird vielfach die Forderung verbunden, mit „einer Stimme zu sprechen" und „geschlossen zu reagieren" Tindemans teilt die Analyse. Ausgehend von der objektiven — da machtpolitisch bestimmten — Notwendigkeit des gemeinsamen Auftretens und.des weitverbreiteten Gefühls der Verwundbarkeit und der relativen Ohnmacht entwickelt er ein System von Vorschlägen, daß zum Aufbau eines wirklichen und handlungsfähigen Entscheidungszentrums der Europäischen Union führen soll. Die wesentlichen Elemente seines Systems sind: a) Die Schaffung eines gemeinsamen Entscheidungszentrums, das sich ein „vollständiges und zusammenhängendes“ Bild von den Außenbeziehungen machen kann. Dazu soll die bestehende formale Unterscheidung zwischen den Sitzungen des EG-Ministerrats einerseits und den Tagungen der Außenminister im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) andererseits aufgehoben werden. Stichwort dieses Vorschlags ist die „Kohärenz des Handelns".

b) Die Umformung der politischen Verpflichtungen zur außenpolitischen Konsultation in eine rechtliche Verpflichtung.

c) Die Ausdehnung einer gemeinsamen Außenpolitik, deren wesentliches Kriterium — im Gegensatz zur Koordinierung — die Verpflichtung sei, gemeinsam eine Politik zu erarbeiten und „gemeinsam zu handeln". Um den notwendigen Impuls zu geben, sollen die Mitgliedstaaten zunächst die politische Verpflichtung eingehen, in klar umrissenen Gebieten (bei der neuen Weltwirtschaftsordnung, bei den Beziehungen zur USA, bei der Sicherheitsund Entspannungspolitik und bei Krisen in der unmittelbaren geographischen Umgebung Europas) eine gemeinsame und nicht nur eine koordinierte Außenpolitik zu betreiben, bei der sich dann d) „die Minderheit nach Schluß der Beratungen der Mehrheit anschließt".

e) Die politischen Verpflichtungen zum gemeinsamen Handeln müssen mit fortschreitender Ausgestaltung der Europäischen Union durch eine rechtsverbindliche Verpflichtung bekräftigt werden.

f) Im übrigen „eigentlich politischen Bereich der Außenbeziehungen muß die Europäische Union die Zusammenarbeit so lange fortset19 zen, bis die dynamische Entwicklung ... dazu führt, die zwingendere Formel einer gemeinsamen Politik zu akzeptieren".

Dieses System geht davon aus, daß die Versuche, lediglich eine koordinierte Politik der Neun zu betreiben, nicht zu der gewünschten Handlungsfähigkeit führt, da die Koordinierungsmechanismen zu schwerfällig sind und sie letztlich keine Garantie für ein gemeinsames Auftreten nach außen bieten können. Tindemans setzt mit seinen Vorschlägen auf die motorische Kraft der zuerst politischen, dann rechtlichen Verpflichtungen, auf die Zunahme der als gemeinsam wahrgenommenen Interessen und auf „Sachzwänge", die sich aus bereits eingeleiteten Politiken der Gemeinschaft ergeben.

Die Verfahrensvorschläge bedeuten primär eine Verstärkung der horizontalen Ebene europäischer Entscheidungsfindung. Die ge-gegenwärtige Vorherrschaft der nationalen Außenpolitik wird nicht durch ein qualitativ neues System überwunden. Vielmehr sollen sich die bisherigen Entscheidungsträger einer stärkeren — bis an die Grenze der Selbstaufgabe als Entscheidungsmonopole gehender — Gruppendisziplin unterwerfen.

Geht man von dieser Anlage des außenpolitischen Entscheidungsprozesses einer Europäischen Union aus, so sind die Vorschläge auf ihre Realisierbarkeit sowie auf ihre Schwächen und Stärken zu prüfen: — Für die postulierte Kohärenz des Handels ist nicht nur eine Aufhebung der formalen Trennung zwischen EG-und EPZ-Fragen auf Ministerebene notwendig, sondern zur Über-windung der „dualistischen Struktur" von EG und EPZ ist bereits eine intensivere Abstimmung zwischen den vorgeschalteten Beamten-gremien, konkret zwischen dem Ausschuß der Ständigen Vertreter und dem Komitee der politischen Direktoren, notwendig. Diese Forderung kann gegenwärtig nicht auf eine Verschmelzung beider Strukturen hinauslaufen, wohl aber eine Verbesserung der Kooperation beider Stränge nach sich ziehen 13a). Es ist deshalb fraglich, ob der Vorschlag Tindemans'

ausreicht, die bestehende Pluralität außenpolitischer Methoden von einem Nebeneinander in eine Bündelung zu überführen. — Rechtliche Verpflichtungen sind in vielen Bereichen der Außenpolitik schwer zu verwirklichen. Sie sind letztlich weder zu kontrollieren noch einzuklagen. Die Attribute einer Außenpolitik — Flexibilität, Vertraulichkeit und Schnelligkeit — lassen die Frage stellen, ob eine rechtliche Verpflichtung ein Mehr für eine integrierte Außenpolitik bringen kann, solange die nationalen Entscheidungsträger ihre Monopolansprüche verteidigen. Der legalistische Ansatz scheint eher für ordnungspolitische Marktregulierungen und den Abbau von Grenzen geeignet zu sein als für die unmittelbare Gestaltung politischer Vorhaben.

— Mehrheitsbeschlüsse können sicherlich die Schnelligkeit der Entscheidungen erhöhen. Aus Gemeinschaftskreisen wird jedoch vorgebracht, daß Mehrheitsbeschlüsse nur dann nicht minderheitenfeindlich sind, wenn — so wie im EG-System die Kommission — ein Organ den Nationalstaaten gegenübersteht, das das Gemeinschaftsinteresse vertritt. Darüber hinaus scheint es wenig wahrscheinlich, daß die Mitgliedstaaten gerade auf einem Sektor ihr Veto-Recht aufgeben, der viel weniger in feste formale und materielle Vorschriften gegossen ist als die Sektoren des EWG-Vertrags, bei denen die EG-Staaten ihr VetoRecht bisher ebenfalls noch nicht aufgegeben haben.

— Die politische Verpflichtung zu gemeinsamen Politiken kann — zumal wenn sie von einigen wenigen Kernbereichen ausgeht — ein erster realistischer Schritt auf dem Weg zur Annäherung der außenpolitischen Konzepte der EG-Mitgliedstaaten sein. Doch schon die Übereinkunft über die Auswahl dieser Kernbereiche ist zur Zeit nicht zu verwirklichen. Die Reaktionen auf die Vorschläge von Tindemans weisen auf unterschiedliche Prioritäten und nationale „Reservate" hin.

— Das Kriterium „Kohärenz des Handelns" und die Auswahl von Kernbereichen hat in Diskussionen die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit „Außenpolitik teilbar" ist, konkret, inwieweit es möglich ist, einzelne Sektoren der West-West-Beziehungen auf bestimmte Entscheidungsträger (Europäische Union) zu übertragen, während andere, eng damit verbundene Bereiche — z. B. die Ost-West-Beziehungen — in der Verantwortung anderer Konstellationen derselben Akteure (z. B. Regierungen der Mitgliedstaaten oder Nato) verbleiben. Dieses Problem, das sich analog zu dem Problem „unteilbarer" Souveränitäten stellt, ist im Bericht nicht genügend ausgelotet worden. Politische Einwände gegen dieses Konzept kommen aus unterschiedlichen Positionen. Die heftige Kritik, die an diesen Maßnahmen sowohl aus dem Lager der „Vaterländer Europas" als auch aus umfangreichen Teilen des linken Parteienspektrums kommt, basiert auf der Besorgnis, bei einer gemeinsamen Außenpolitik nationale und/oder gesellschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten zu verlieren. Demgegenüber sehen Föderalisten in diesen Vorschlägen nur unzureichende und unwirksame Möglichkeiten, die bestehende Regierungskooperation zu ergänzen und zu verstärken. 2. Ziel und Inhalt europäischer Außenpolitik Die Rolle der Gemeinschaft im internationalen System wird in einem Spannungsverhältnis zwischen Elementen ziviler, partnerschaftlicher Art einerseits und andererseits macht-und sicherheitspolitischer Prägung gesehen. Charakterisiert eine Position die Rolle der Gemeinschaft als eine Zivilmacht, die „durch den zivilen Charakter von Mitteln und Zwekken und einen für sie konstitutiven Sinn für gemeinsames Vorgehen" die „komplexen Anziehungsund Abstoßungsverhältnisse der Interdependenz als Gegebenheit" akzeptiert „und das Beste aus ihnen" macht so wird andererseits die Gemeinschaft bereits als kapitalistische Großmacht gesehen, deren , Impe-rialismus’ auf struktureller Gewalt in Form von „Ausbeutung, Spaltung und Durchdringung" beruht

Auf die Frage nach der prägenden Rollenbestimmung europäischer Außenpolitik gibt Tindemans keine oder doch nur sehr ausweichende Antworten. Global werden verschiedene Rollenaspekte angeschnitten: Es wird von der Europäischen Union „als Träger von Werten" gesprochen von welchen, wird jedoch nicht näher ausgeführt. Es wird ebenfalls von der Verteidigung berechtigter Interessen gesprochen „Kräfteverhältnisse" und „weltweite Dimensionen der Probleme", „Verwundbarkeit" und „relative Ohnmacht" sind weitere Schlaglichter eines Konzeptes, das aber unscharf bleibt

Auch bei den Vorschlägen zu den von ihm ausgewählten Kernbereichen gemeinsamen europäischen Handelns — neue Weltwirtschaftsordnung, Beziehungen zur USA, Sicherheitsund Entspannungspolitik und Krisen in der unmittelbaren geographischen Umgebung Europas — wird die Standortbestimmung nur wenig genauer. Seine Prioritätenliste ist mehr von Fragen geprägt, welche Probleme seiner Meinung nach gemeinsam angegangen werden müssen und ob sich diese Sektoren für eine gemeinsame Außenpolitik eignen, als von der Suche nach einer Rolle der Europäischen Union in der Welt. Die konkrete Politik, die er für seine Kernbereiche vorschlägt, bleibt allgemeinen Formeln (z. B. Solidarität zwischen den Menschen, Stabilität in der Welt, Gleichheit, Freisein von jedem Anzeichen der Abhängigkeit etc.) verhaftet. Tindemans beschwört geradezu in mehreren Fällen das „übergeordnete Interesse einer gemeinsamen Aktion" ohne deren Notwendigkeit konkret zu belegen und ohne den Inhalt der notwendigen Politik ausreichend abzustecken. Prozeduralvorschläge drängen materielle Fragen in den Hintergrund. Mit dem Einbezug der Sicherheitspolitik in die Außenpolitik der Union, mit den entsprechenden Verweisen bei den Beziehungen zu den USA und mit Andeutungen bei den „Krisen im europäischen Raum" weist Tindemans aber auch unmittelbar auf die sicherheitspolitische Dimension einer Europäischen Union hin. Er verstärkt damit die Diskussion um diese — häufig bewußt verdrängte — Komponente potentieller europäischer Außenpolitik. Die Feststellung Tindemans: „Die Europäische Union bleibt solange unvollständig, wie sie keine Verteidigungspolitik besitzt" kann jedoch über eine vielleicht notwendige Beschäftigung mit dieser Frage hinaus Geister heraufbeschwören, die eine nüchterne Diskussion aus Besorgnis vor zu weitgehenden Schritten blockieren

Die Wahl dieser Kernbereiche für erste gemeinsame Politiken wurde vielfach kritisiert: — Der Einbezug der Sicherheitspolitik in den Kompetenzbereich einer Europäischen Union bleibt umstritten. Während Liberale und Christdemokraten diesen Einbezug unterstützen, lehnen Kommunisten und Gaullisten jegliche Überlegungen in dieser Richtung ab; die Sozialisten/Sozialdemokraten sind gespalten. — Die französischen Sozialisten lehnen besondere Beziehungen zu den USA ab und fragen, warum eine explizite Erwähnung des Verhältnisses zu den osteuropäischen Staaten fehlt.

— Politiker demokratischer Staaten Westeuropas, die nicht Mitglieder der EG sind, vermissen die Ein-und Zuordnung der Europäischen Union in das größere Europa des Europarats, wobei sie u. a. auf die Rolle des Europarats in Fragen der Menschenrechte und der demokratischen Gestaltung Westeuropas hinweisen. — Bei einem stärkeren Engagement der Gemeinschaft im Mittelmeerraum („Krisen in unmittelbarer geographischer Umgebung Europas") wird eine „Polizistenrolle''befürchtet

Diese wenigen Stellungnahmen zeigen, daß die allseits unterstützte Forderung nach größerer Unabhängigkeit einer Europäischen Union bei Vorschlägen zu einer konkreten Umsetzung auf stark differenzierte Meinungen stößt. Der Vorwurf eines „christdemokratisch begrenzten Weltbildes" ist ein besonders deutliches Indiz für die Uneinigkeit über die Rolle der Union in der Welt.

Der Tindemans-Bericht ist, verglichen mit anderen offiziellen Berichten zur Europäischen Union, derjenige, der den Fragen der Außenpolitik den weitesten Bereich und die höchste Priorität einräumt. Tindemans’ Betonung der internationalen Dimension einer Europäischen Union greift auf Überlegungen zurück, die, ausgehend von der außenpolitischen Erfolgsbilanz der letzten Jahre (Lome-Konvention der EG und politische Zusammenarbeit auf der KSZE), die Europäische Union „von außen" wachsen sehen und die den wesentlichen Integrationsimpuls von den Herausforderungen im internationalen System erwarten.

Offen bleibt jedoch:

— Inwieweit besteht ein Nachholbedarf auf dem außenpolitischen Gebiet gegenüber anderen Sektoren der Gemeinschaftspolitik?

— Wird mit den weitgesteckten Vorschlägen Tindemans’ ein von den internen Fortschritten der Union „nicht gedeckter" Scheck ausgestellt? — Kann wirklich vom außenpolitischen Sektor der Impuls zu einem Aufbau der Europäischen Union ausgehen, während tiefgehende Differenzen über den Inhalt der Außenpolitik und spezifische nationale Interessen fortbestehen?

III. Die innere Gestalt der Europäischen Union

1. Die prägenden Elemente des gesellschaftspolitischen Konzepts Wie auf dem Gebiet der Außenbeziehungen herrscht auch bei der Frage der inneren Ordnung der Europäischen Union eine weit aufklaffende Lücke zwischen einem Konsens über die Europäische Union als einem „Gesellschaftstyp neuer Prägung" oder als einer „pluralistischen und demokratischen Gemeinschaft" einerseits und der Auseinandersetzung über die konkreten Ordnungsvorstellungen andererseits. Tindemans glaubt einen europäischen Minimalkonsens feststellen zu können über — „eine neue Form des Wirtschaftswachstums, der der Lebensqualität und der menschlichen und natürlichen Umwelt stärker Rechnung trägt und wirtschaftliche und soziale Zielsetzungen besser miteinander in Einklang bringt", — „die persönliche Mitverantwortung jedes Einzelnen am wirtschaftlichen und sozialen Leben durch die Beteiligung der Arbeitnehmer an dem Entscheidungsprozeß, der Kontrolle und den Gewinnen der Unternehmen, durch eine größere Freiheit in der Organisation der Arbeit und durch mehr Transparenz, Dezentralisierung und Konsultation in der öffentlichen Verwaltung." Die spezifische Rolle der Europäischen Union liegt nach Tindemans darin, daß sie — „dieser Entwicklung einen Rahmen gibt und sie fördert";

— durch „eine neue Autorität den verminderten Einfluß der nationalen Strukturen" ausgleicht; — „Reformen und Kontrollen in Gang bringt";

— der „faktischen Solidarität unserer Volkswirtschaften, unserer Finanzen und unseres sozialen Lebens eine organische Form gibt";

— „die Rechte des Einzelnen schützen und durch Institutionen, die ihre Legitimität aus dem Willen unserer Völker herleiten, die Demokratie stärken" wird.

Die Europäische Union soll so einen „Teil des Schutzes und der Kontrolle unserer Gesellschaft zurückgeben, die sich der Autorität der Staaten wegen der Art der Probleme und der Internationalisierung in allen Bereichen des sozialen Lebens allmählich entzieht" Sind diese Vorstellungen zunächst auch nur in globale Formeln gekleidet, so bringt Tindemans doch eindeutig zum Ausdruck, daß die Gesellschaftspolitik ein unverzichtbares Element für jeden weiteren Ausbau der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union ist.

Folgende Elemente sind für seine konkreten Vorschläge prägend:

— Eine Globalsteuerung des europäischen Wirtschaftsablaufes durch eine gemeinsame Währungsund Wirtschaftspolitik, die ihren Ausgangspunkt in der Vertiefung und Ausdehnung der Währungsschlange findet;

— auf bestimmten Sektoren der Europäischen Union — so Landwirtschaft, Energie, Forschung — begrenzte gemeinsame Interventionen;

— eine Sozialpolitik, die nicht primär die Umverteilung des Wohlstandes anstrebt — dies soll im wesentlichen Aufgabe der Mitgliedstaaten bleiben —, sondern die Normen zur sozialen Sicherung setzt, einen sozialen Dialog gewährleistet und die betriebliche Mitbestimmung einführt;

die Übertragung eine — Regionalpolitik, „echte von Ressourcen zugunsten der ärmeren Länder erfordert

— ein Europa der Bürger; dieser Abschnitt stellt ein heterogenes Restkapitel dar, in dem nebeneinander Menschen-, Bürger-und Verbraucherrechte sowie Fragen des Bildungswesens erwähnt werden

Die Grundordnung, die sich aus diesen verstreuten Elementen ableiten läßt, nähert sich dem Modell einer „aufgeklärten" sozialen Marktwirtschaft, die durch eine Globalsteuerung des Wirtschaftsablaufes, durch begrenzte staatliche Direktinterventionen auf gewissen Sektoren sowie durch soziale und regionale Ausgleichsmaßnahmen gekennzeichnet ist. Ergänzend treten noch liberal-individuelle Rechte sowie Elemente eines politischen und gesellschaftlichen Pluralismus hinzu. 2. Tindemans'Vorschläge zur Wirtschafts-und Währungspolitik a) Priorität der Währungspolitik Tindemans geht von dem System der innerhalb bestimmter Bandbreiten aneinandergebundenen Währungen einiger EG-Mitgliedstaaten aus. Diese „Währungsschlange’ als heutiger „Kern der Währungspolitik" soll durch gemeinsame Verpflichtungen bei der Geldmengensteuerung, bei Umfang und Finanzierung der Haushaltsdefizite und im Hinblick auf Schlüsselfaktoren der Wirtschaftspolitik gestärkt und ausgebaut werden. Damit soll die „Grundlage für eine echte Konvergenz der Wirtschaftsund Währungspolitik" gelegt werden. In unbestimmter Weise werden weitere Fortschritte von einer „globalen Betrachtungsweise" und der „Interdependenz der Lösungen" wie von dem Bewußtsein, vor einem „irreversiblen Vorgang" zu stehen, erwartet Die vielfachen, aber unterschiedlich interpretierbaren EG-Erfahrungen der letzten Jahre und die Intensität der wissenschaftlichen Kontroversen der letzten Jahre prägen die wissenschaftliche Kritik an diesen Vorschlägen Tindemans: — Die „Schlange" ist sicherlich — wenn sie funktioniert — ein brauchbares Instrument; sie ist aber zunächst nur ein Schritt zu einem Bretton-Woods-System auf regionaler Basis, ohne unmittelbar zur weiteren Integration in Richtung einer Währungsunion zu führen. Die Währungsschlange hat sich darüber hinaus nur in ihrer „hegemonialen" Ausprägung als „DM-Zone" bewährt. Der Einbezug des französischen Francs — die wesentliche politische und wirtschaftliche Voraussetzung für den Ansatz von Tindemans — hat sich bisher währungspolitisch eher als destabilisierend erwiesen Eine Vergemeinschaftung der Schlange droht letztlich nur zu einer stabilitätspolitisch unerwünschten Aufweichung zu führen.

— Als unrealistisch kann die erhoffte Auswirkung der Schlange auf eine Konvergenz der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Mitgliedstaaten betrachtet werden. Die Schlange erfordert zwar die Disziplin der beteiligten Staaten; diese werden aber — wie der bereits zweite Austritt Frankreichs aus der Schlange zeigt — eher die „Konsequenzen“ ziehen als sich „disziplinieren" lassen.

— Die notwendige Verstärkung der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit, die Tindemans lediglich andeutet, muß qualitativ angereichert und präzisiert werden

— Trotz des selbst gestellten Postulats einer Parallelität wirtschafts-und währungspolitischer Maßnahmen gerät Tindemans in die nicht unberechtigte Kritik, dem währungspolitischen Vorgehen nun doch eine Priorität einzuräumen

Tindemans'wirtschafts-und währungspolitische Vorstellungen bieten auch dem Nicht-Experten Ansatzpunkte für Fragezeichen, da sie wenig konkret und unmittelbar zur Lösung des am stärksten empfundenen wirtschaftlichen Problems der Gemeinschaft, der Arbeitslosigkeit, beizutragen scheinen.

Tindemans'indirekter Ansatz über die Währungszusammenarbeit mag vielleicht effizienter sein; für viele Bürger der Europäischen Union ist jedoch ein Zusammenhang mit den ureigensten Problemen zunächst nicht offensichtlich.

Tindemans hat sich nur auf einen Ansatzpunkt zur Wirtschaftsund Währungsunion gestützt. Verglichen mit den aufgefächerten und vertieften Vorschlägen, wie sie etwa der Kommissionsbericht zur Europäischen Union und noch detaillierter der Spierenburg-Bericht zur Europäischen Union entwickeln, deutet Tindemans vielfach nur eine Richtung an. So wird seine Zurückhaltung auf diesem Gebiet von vielen „Europäern" kritisiert. b) Der neue Lösungsansatz: Eine Politik der Phasenverschiebung Die Debatte um Schwerpunkt und Umfang der Wirtschafts-und Währungspolitik einer Europäischen Union wurde von der heftigen Kontroverse um den „neuen Lösungsansatz" Tindemans’ in den Hintergrund gedrängt.

Er schlägt vor, daß — ausgehend von objektiven Unterschieden in der Wirtschaftsund Finanzlage der Mitgliedstaaten — eine Phasenverschiebung bei der nationalen Durchführung von gemeinsam beschlossenen Maßnahmen notwendig und sinnvoll sein kann

Die Kritik aus dem Verständnis einer Gemeinschaft gleichberechtigter Partner wird besonders von der Kommission vorgetragen Sie spricht sich für eine gleichberechtigte und gleichmäßige Teilnahme aller Staaten aus: „Die rechtliche und geographische Kohärenz der Union" müsse erhalten bleiben. Diese kategorische Ablehnung muß im Lichte dieser und anderer Versuche gesehen werden, die Gemeinschaft durch „Klassifizierungen in der Mitgliedschaft" effizienter und handlungsfähiger zu gestalten. Neben dieser Kritik aus der Sicht eines bestimmten Integrationskonzepts stehen sich abweichende Meinungen über die Zweckmäßigkeit dieses Ansatzes gegenüber. Für den Ansatz werden folgende Argumente vorgetragen — Es ist für die Gemeinschaft sinnvoll, Formen wirtschafts-und währungspolitischer Zusammenarbeit, die sich neben oder außerhalb der Gemeinschaft entwickeln, in einen Gemeinschaftsrahmen zurückzuholen. Integrationspolitisch unvollkommene Formen der Zusammenarbeit geben der Gemeinschaft mehr Gemeinsamkeiten als die resignierende Fest-Stellung, daß das Ideal einer Wirtschaftsund Währungsunion nicht zu erreichen sei.

— Angesichts der gegenwärtigen Stagnation auf dem Wirtschafts-und währungspolitischen Sektor ist ein Neuansatz politisch dringend erforderlich.

— Es gibt bereits faktische Formen von Abstufungen, die die Grundlage für ein Netzwerk gemeinsamer — aber nicht ausschließlich gemeinschaftlicher — Regelungen darstellen. — Ein Vorgehen von zunächst weniger Mitgliedstaaten hat mehr Erfolgschancen, da in einem engeren Kreis ein höheres Maß an Konvergenz und Homogenität vorausgesetzt und mit einer Erweiterung des politischen Handlungsspielraums gerechnet werden darf. — Bei der abweichenden Bereitschaft einzelner Mitgliedstaaten, qualitative Fortschritte mitzutragen, müssen die Kosten einer Blokkierung mit den Nachteilen der Aushöhlung des Gemeinschaftsideals aufgerechnet werden. — Hinzu tritt ein taktischer Gesichtspunkt: Durch eine erfolgreiche Zusammenarbeit in einem engeren Kreis von Mitgliedstaaten erhofft man sich einen wirkungsvollen Druck auf die . Zurückgebliebenen“.

Gegen den Ansatz wird vorgebracht

— Es bleibt in diesem Konzept ungeklärt, wie und durch welche Finanztransfers die Gräben zwischen den beiden Klassen der Mitgliedstaaten überwunden werden können. — Eine Phasenverschiebung erhöht die Gefahr dauernder politischer und wirtschaftlicher Spaltung, da sich die Kluft tendenziell verstärken wird. — Der erreichte Bestand des Gemeinsamen Marktes wird gefährdet, da sich die „Reststaaten" im Sog der wirtschafts-und währungspolitischen Entscheidungen der Kern-gruppe zu vertragswidrigen Schutzmaßnahmen (Importkontingente und Zölle) gedrängt sehen könnten. — Eine institutionelle Spaltung ist als Resultat nicht auszuschließen. — Auch taktische Überlegungen können gegen das Konzept sprechen, da es einigen Mitgliedstaaten günstige Anlässe bieten könnte, sich nicht an Gemeinschaftsaktionen zu beteiligten und sich der gemeinsamen Disziplin zu entziehen: Zwischen „pouvoir“ und „vouloir" klafft nur ein schmaler, nicht erkennbarer Spalt

Auch wenn der Nutzen einer Integration mit Phasenverschiebung zunächst offenbleiben mag, so ist doch nach der Schärfe dieser Diskussion eindeutig, daß sich dieser „neue Lösungsansatz" nicht für eine offiziell deklarierte Politik auf dem Weg zur Europäischen Union eignet, sondern höchstens als Anregung für Fall-zu-Fall-Entscheidungen in einzelnen Politikbereichen verstanden werden kann.

Tindemans'neuer politischer Ansatz und seine Vorstellungen über die währungspolitischen Prioritäten geben wenig Anlaß, konkrete Ergebnisse aus seinen Vorschlägen zu erwarten. Taktisch erscheint es wenig nützlich, den Fortgang der wirtschafts-und währungspolitischen Integration hauptsächlich auf einem Mechanismus aufbauen zu wollen, an dem sich gegenwärtig wichtige Mitgliedstaaten nicht beteiligen wollen oder können. Vielleicht ist Tindemans hier Opfer „seiner" Epoche der Europapolitik geworden, in der die Schlange und eine enge deutsch-französische Wirtschaftszusammenarbeit noch als Rudimente und Ausgangsbasis für eine Wirtschafts-und Währungsunion gelten konnten. Das erneute Ausscheiden des französischen Francs aus der Schlange hat jedoch die Brüchigkeit dieser Basis bewiesen und den Vorschlägen von Tindemans die politische Geschäftsgrundlage noch weiter entzogen. 3. Eine neue Gesellschaftsordnung?

Betont Tindemans nachdrücklich die machbare Lenkung der europäischen Gesellschaft in Richtung auf das von ihm skizzierte Gesellschaftsmodell, so stecken seine konkreten Vorschläge eine Wirtschaftsordnung ab, die dem Leitbild einer qualitativ andersartigen Gesellschaftsordnung nicht gerecht wird, sondern die an den Status quo des jetzigen Systems anknüpft. Zwischen selbstgestelltem Postulat und den Vorschlägen zur konkreten Umsetzung öffnet sich eine eindeutige Diskrepanz Man kann das Konzept von Tindemans teilen, aber das Etikett einer neuen Gesellschaftsordnung scheint nicht angebracht zu sein. Eine plausible Erklärung für diese Feststellung kann in jener Spannung zwischen den hochgesteckten europäischen Erwartungen der Gipfel-* konferenz von 1972 einerseits und dem krisen-und haushaltsbedingten skeptischen Realismus der Epoche der Tindemans-Mission andererseits vermutet werden.

Mündet diese Spannung in eine von vielen Beobachtern als konservativ bezeichnete Wirtschaftspolitik, so setzt sich der Tindemans-Bericht naturgemäß einer starken Kritik von Seiten des linken Parteienspektrums aus. Die sozialistische Agenor-Gruppe aus Brüssel bemängelt in einem „Anti-Tindemans-Bericht" die unkritische Weiterführung eines nicht selektiven Wachstums Die französischen Sozialisten werfen dem Konzept mangelnde Realitätsnähe vor: Es fehle eine ausreichende Erklärung der tiefen kapitalistischen Krisen des gegenwärtigen Europas; besonders verdeutlicht sehen sie dieses Manko in der fehlenden Analyse der Rolle der multinationalen Unternehmungen. über die Mängel in der Analyse hinaus kritisieren die Sozialisten auch die fehlende Orientierung der Europäischen Union an einem „Europa der Arbeiter". Die Vorstellungen zur Kontrolle wirtschaftlicher Macht bleiben hinter den sozialistischen Erwartungen zurück.

Die Kritik verschärft sich an den spezifisch europäischen Komponenten, insbesondere an der Forderung nach einer verstärkten nationalen Haushaltsdisziplin im Rahmen der gemeinsam und möglicherweise sogar in Mehrheitsabstimmungen getroffenen Entscheidungen einer Europäischen Union. Besonders die französischen Sozialisten sehen darin die Gefahr, daß sie ihre geplante, spezifisch französische Form des Sozialismus nicht verwirklichen können, da ihnen die Partner per Mehrheitsbeschluß die von ihnen zu führende Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik vorschreiben könnten. Die „Währungsschlange" wird aus dieser Sicht um eine „Haushaltsschlange" ergänzt, deren primärer Zweck in der Disziplinierung abweichender Partner liege

Die Breite und Intensität der Diskussion um die Gesellschaftsordnung der Europäischen Union zeigt, daß die politischen Gruppierungen aller Richtungen ihre gesellschaftsund wirtschaftspolitischen Leitbilder in die Europäische Union hineinprojizieren. Eine zu starre Verknüpfung gesellschaftspolitischer Vorstellungen mit der Entwicklung zur Europäischen Union droht jedoch die weitere Integration zu blockieren: In der Ablehnung europäischer Fortschritte, die nicht unmittelbar und vollständig den jeweiligen gesellschaftspolitischen und integrationspolitischen Vorstellungen entsprechen, finden sich „unheilige" Antiintegrationskoalitionen, die Fortschritte blockieren, aber keine gangbaren Alternativen aufzeigen können.

IV. Die Institutionen der Europäischen Union — das altbekannte europäische Dilemma

1. Die Konstruktionspfeiler des Tindemansschen Institutionsgebäudes Auch die Diskussion um die Institutionen der Europäischen Union wird von einer Diskrepanz zwischen der fast allseits akzeptierten Forderung nach einem effizienten und demokratischen „Entscheidungszentrum" und der konkreten Ausformung der Strukturen und Funktionsbedingungen eines solchen Organs oder Organsystems geprägt, über das zum Teil widersprüchliche, zum Teil unklare Vorstellungen vorliegen Die Hauptdefizite des gegenwärtigen Systems werden in der unzureichenden Zielsetzungskraft, in Koordinierungsschwächen, in der fehlenden Entscheidungs-und Durchsetzungskapazität und schließlich in der mangelnden Legitimität des gemeinschaftlichen Entscheidungssystems gesehen. Die Reformvorschläge variieren primär in dem Maße, in dem sie das Schwergewicht auf Organe und Gremien nationalstaatlicher Entscheidungsträger oder auf davon unabhängige europäische Organe legen, wobei Zwischenformen in breiter Zahl vorhanden sind. Tindemans ließ sich davon leiten, daß ein parlamentarisches Modell unrealistisch und ein intergouvernementales System wenig wünschenswert sei Zur Verbesserung der Autorität, der Leistungsfähigkeit, der Legitimität und der Kohärenz der Gemeinschaftsolgane schlägt Tindemans folgende Veränderungen vor 1) Das Europäische Parlament soll:

a) ein Initiativrecht und ein erweitertes Diskussionsrecht erhalten, damit es „einen effektiven Beitrag zur Definition gemeinsamer Politiken" leisten kann

b) mindestens einmal im Jahr eine allgemeine Orientierungsdebatte zur Lage der Union unter Einbezug nationaler Führungskräfte abhalten;

c) den vom Rat gewählten Kommissionspräsidenten bestätigen 2) Der Europäische Rat soll

a) die „allgemein kohärente Orientierung der Union" bestimmen;

b) die Autorität der Staats-und Regierungschefs kollektiv nutzen, um „dem europäischen Einigungswerk die erforderlichen Impulse zu geben und gemeinsam eine politische Einigung zu erzielen, die einen dynamischen Fortschritt ermöglicht";

c) jeweils das Organ bzw. die Organe bestimmen, die die von ihm getroffenen Entscheidungen innerhalb bestimmter Fristen ausführen soll. 3) Der Ministerrat soll:

a) als Folge der Koordinierung der Fachministerräte durch den allgemeinen Rat der Außenminister und durch Aufhebung des Unterschieds zwischen Ministertagungen im Rahmen der EPZ und EG-Ratstagungen kohärenter handeln;

b) durch Mehrheitsbeschlüsse schneller agieren;

c) durch Verlängerung des Mandats des Vorsitzenden auf ein Jahr und durch Delegierung zeitlich begrenzter Aufgaben kontinuierlicher arbeiten 4) Die Kommission soll

a) in wachsendem Maße mit der Ausführung und Verwaltung gemeinsamer Politiken beauftragt werden;

b) durch die Ernennung ihres Präsidenten seitens des Europäischen Rats, durch dessen Bestätigung seitens des Europäischen Parlaments und durch dessen Mitwirkung bei der Auswahl seiner Kollegen in ihrer Autorität und Kohäsion gestärkt werden.

Der Gerichtshof muß auch auf den von der Union erfaßten Bereichen gemeinsamer Politik die gleichen Befugnisse haben, über die er gegenwärtig im Rahmen der Römischen Verträge verfügt; er muß das gegenwärtige Rechtssystem der Gemeinschaft verbessern und erweitern. 2. Die Vorstellungen Tindemans in der Kritik Das System der Institutionen, das Tindemans aufzeigt, kann als eine von mehreren möglichen logischen Fortsetzungen der Entwicklung der letzten Jahre und der Beschlüsse der Gipfelkonferenzen und des Europäischen Rates verstanden werden. Es ist wesentlich dadurch geprägt, daß die Ratsebene durch die direkte und aktive Beteiligung der Staats-und Regierungschefs gestärkt werden soll. Neben diesem zentralen Organ wird das Europäische Parlament zweitklassig eingestuft. Obwohl ihm in Form von verstärkten Initiativrechten und Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Wahl des Kommissionspräsidenten neue Rechte zugesprochen werden sollen, bleibt das Parlament ein Fremdkörper im Entscheidungssystem der Europäischen Union.

Fraglich erscheint, ob ohne weitere dynamische Elemente der notwendige Prozeß zu Kompetenzverlagerungen auf die europäische Ebene zustande kommen kann. Die von Tindemans postulierte Eigendynamik kann von seinen institutionellen Vorschlägen zunächst nicht erwartet werden. So fehlt u. a. ein erleichtertes Verfahren, um Kompetenzen von der nationalen Ebene auf die der Europäischen Union zu verlagern und die verfassungsmäßigen Interorganbestimmungen zu verändern Erleichterungen für den Wandel des Systems und im System werden nicht vorgeschlagen.

Tindemans will mit seinen Vorschlägen noch nicht die institutionelle Struktur eines Endzustandes des europäischen Einigungswerkes bestimmen Es ist aber zu erwarten, daß bei weiteren Verstärkungen die Ratsebene ein nur schwer zu überwindendes Eigengewicht entwickeln und wiederum nur bestimmte Änderungen der Strukturen zulassen werden. Tindemans'Vorschläge können so bei ihrer Umsetzung durchaus schon eine wichtige Vor-entscheidung in Richtung einer Ratsverfassung der Europäischen Union bedeuten. Tindemans'Vorstellungen sind auch einer Reihe von einzelnen Kritikpunkten ausgesetzt Bei den Vorschlägen zum Europäischen Parlament konzentrieren sie sich auf folgende Punkte:

— Ein Initiativund Diskussionsrecht ist de facto schon vorhanden wie politisch ohne größere Bedeutung.

— Das Initiativrecht reicht nicht für die erforderliche Stärkung des Europäischen Parlaments aus und kann gegebenenfalls die Rolle der Kommission als Initiativorgan der Gemeinschaft beeinträchtigen.

— Die Bestätigung des Kommissionspräsidenten ist ein erster Schritt in die richtige Richtung der Ausstattung des Europäischen Parlaments mit einer Investiturkompetenz. Ob das Präsidentenamt aber der beste Ansatz ist und welche Konsequenzen eine eventuelle Nicht-bestätigung für den institutioneilen Zusammenhalt einer Union nach sich zieht, bleibt offen.

Darüber hinaus fehlt eine Reihe praktikabler Ansatzpunkte, z. B. eine Übertragung des beim Haushaltsrechts bekannten Konzertierungsverfahren zwischen Rat und Parlament auf den legislativen Bereich oder Überlegungen zur Investiturkompetenz des Parlaments in bezug auf die Gesamtkommission.

Bei den Ausführungen zum Europäischen Rat wird zunächst nach der Erfolgskontrolle des von Tindemans so hervorgehobenen Organs gefragt. Auch wenn man dem Europäischen Rat gegenüber den Ministerräten ein „Mehr"

an Entscheidungsfähigkeit zuspricht, so scheint es doch mehr als fraglich zu sein, daß der Europäische Rat angesichts seiner immanenten Strukturschwäche die ihm von Tindemans zugedachte Rolle spielen kann.

Die Vorschläge zum Ministerrat werden an folgenden Punkten kritisiert: — Den Befugnissen des Ministerrats wird durch die Betonung der Rolle des Europäischen Rats die politische Macht entzogen. Schon heute wird der Ministerrat zunehmend zu einem Vorbereitungs-und Zuarbeitungsor-gan für den Europäischen Rat. — Die Koordinierungsaufgabe des Rats der Außenminister gegenüber den Fachministern ist „eine langgehegte, am Kräfteverhältnis in den nationalen Regierungen scheiternde Illusion" — Die Verlängerung der Präsidentschaft wird den jeweiligen Ratspräsidenten angesichts seiner nationalen, europäischen und internationalen Aufgaben überlasten. — Mehrheitsbeschlüsse auf zentralen Politikbereichen der Gemeinschaft oder sogar im Bereich der außenpolitischen Zusammenarbeit werden weiterhin für viele politische Kräfte und Regierungen inakzeptabel bleiben.

Bei den Vorschlägen zur Kommission wird betont, daß eine Heraushebung des Präsidenten gegen das innere Kollegialitätsprinzip der Kommission spricht

Mehr noch als in anderen Abschnitten seines Berichtes war Tindemans bei den institutionellen Vorschlägen einer besonderen Kumulation von Erfahrungen und Diskussionen ausgesetzt. Die Intensität, aber auch die Sterilität der Debatte um die Institutionen setzten Tindemans quasi automatisch einer scharfen Kritik aus — einer Kritik freilich, die sich an einigen Widersprüchen und Ungereimtheiten seiner Vorschläge besonders entzünden konnte.

V. Die Integrationsstrategie des Tindemans-Berichtes — ein evolutionär-pragmatischer Ansatz

Inhalt und Gestalt einer Europäischen Union waren und sind Gegenstand intensiver Debatten. Unterbelichtet ist dagegen das komplementäre Problem der politischen Strategie, die die Wege und Kräfte zur Verwirklichung der gesetzten Ziele aufzeigt. Der Tindemans-Bericht ist deshalb auch unter folgenden Perspektiven zu untersuchen:

— Wie und von wem soll der Prozeß zur Europäischen Union begonnen werden?

— In welcher Form wird sich der Prozeß zur Europäischen Union entfalten? — In welchem Verhältnis stehen Prozeß und Endzustand der Integration? — Bietet Tindemans eine Strategie an, die einen realisierbaren und realistischen Weg zur weiteren Integration aufzeigt?

Im Vergleich mit früheren Plänen und anderen Berichten zur Europäischen Union können einige Elemente des Tindemans-Berichtes als prägend für seine Strategie herausgestellt werden: — Der Prozeß zur Europäischen Union wird einen glatten, fast unmerklichen Start haben (eine globale Entscheidung durch den Europäischen Rat). Es wird also nicht ein einzelner weitreichender Schritt vorgeschlagen, etwa in Form eines neuen Vertrages, einer umfassenden Vertragsrevision oder einer Verfassung. — Politische Verpflichtungen zu konkreten Schritten auf den wesentlichen Bereichen werden einen qualitativen Wandel erreichen — und nicht Verfassungsdiskussionen. — Auch der Prozeß selbst wird als flexibler Vorgang gesehen. Es gibt keinen zentralen Bereich, in dem der strategische Durchbruch zur Europäischen Union angelegt wird. Der Prozeß zur Europäischen Union ist durch parallele, aber getrennte Entscheidungen zu verschiedenen Politikbereichen und zu institutioneilen Reformen gekennzeichnet. Die Europäische Union ist damit das Produkt von evolutionären Veränderungen auf einer Vielzahl von Integrationsfeldern. — Tindemans beschreibt nicht die Eigenschaften des Endzustandes europäischer Integration. Der Prozeß soll sich offen entwickeln und quasi seine eigene Vollendung suchen. Tindemans will damit nutzlose und störende dogmatisch. Debatten vermeiden.

Ist die Beurteilung zu vertreten, daß Tindemans angesichts der scharfen Kritikpunkte von allen Seiten genau „den goldenen Mittelweg zwischen politischen und technischen Aspekten, zwischen Gesamtschau und Detail-betrachtung gefunden hat" oder daß seine Vorstellungen den Vorteil haben, „zwischen dem unbefriedigenden Ist und dem idealen Sollen sachlich und zeitlich gleichsam zu interpolieren“ oder ist diese Strategie, wie die Föderalisten es sehen, nur eine Fortsetzung des so oft versuchten, aber selten erfolgreichen und gegenwärtig noch weniger erfolgsversprechenden Pragmatismus?

Die Strategie hat zunächst den Vorteil, offener gegenüber neuen politischen Konstellationen zu sein. Es wird kein Plan festgezurrt, der das Produkt einer singulären politischen Konstellation in einem bestimmten historischen Moment ist und damit an Bedeutung und Tragfähigkeit von den damals vorherrschenden Kräften abhängt. Dahrendorf hat eine derartige Strategie, die eng von seinen Über-lungen zu einem „zweiten Europa" ausgehen, mit dem Bild „Laßt tausend Blumen blühn" gekennzeichnet Diese Strategie scheint geeignet, eine Reihe von „künstlichen" Hindernissen im Vorfeld der eigentlichen Probleme zu überwinden.

In diesem Aspekt ähnelt die Tindemans-Strategie der Entwicklung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) in den letzten Jahren, die unverbindlich und unter Ausklammerung der wichtigsten Streitpunkte (z. B. Sekretariat, Verhältnis zur EG) einen pragmatischen Weg zu einer vom Konsens getragenen Arbeitsweise fand. Diese Strategie kann deshalb von großem Wert sein, um einen Prozeß zur Integration in Politikbereichen zu starten oder zu erleichtern, in denen bisher -keine oder nur rudimentäre europäische Politiken existieren.

Es scheint jedoch zweifelhaft zu sein, daß seine Strategie in Integrationsfeldern erfolgreich sein wird, in denen der Prozeß zur Findung europäischer Politiken so weit fortgeschritten ist, daß er mit stark divergierenden und festgefahrenen Interessenunterschieden zwischen Mitgliedstaaten konfrontiert ist und/oder politisch aktive Gruppen der Gesellschaft unmittelbar betroffen und involviert sind. Beide Kriterien treffen besonders auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Sektoren einer Europäischen Union zu

Grundsätzlich wird schließlich zu seiner Strategie gefragt, ob und wie ein Übergang zur Europäischen Union in einem derartigen Prozeß überhaupt erfolgen kann. Die Vertreter dieser Kritik unterstreichen, daß ein qualitati-ver Sprung in Form von vertraglichen Gründungsakten unumgänglich ist Allerdings werden Flexibilität, Vielfalt und Breite der Vorschläge aber auch als ein Vorteil gesehen, da sie die Möglichkeit für ein umfassendes Gesamtverhandlungspaket eröffnen Da der Bericht für jeden Mitgliedstaat und viele politische Kräfte „etwas" im europäischen Korb anbietet, könnte es zu einem umfassen-den Prozeß des „Gebens* und „Nehmens’ kommen. Jedoch ist aus den oben aufgeführten Reaktionen auf den Tindemans-Bericht kein konkreter politischer Ansatzpunkt erkennbar, der die Fäden für ein derartiges Gesamtverhandlungspaket zusammenziehen könnte. Es zeichnen sich sogar verhandlungs-politische Junktims ab, die den weiteren Integrationsprozeß lähmen könnten.

VI. Schlußbemerkung: Wenn nicht Tindemans ...?

Die Diskussion um den Tindemans-Bericht hat eine Vielzahl tiefreichender Meinungsunterschiede zu den wichtigsten Fragen der europäischen Integration wieder neu belebt. Werden gewisse Leerformeln zu einer Europäischen Union von vielen Kräften noch geteilt, so sind schon die meisten Vorschläge Tindemans, die nur die Prozedur — weniger die Substanz betreffen — einer heftigen Kritik aus unterschiedlichsten politischen Positionen ausgesetzt. Deutlich stellte sich bei dem Europäischen Rat in Den Haag (November 1976) heraus, daß die Staats-und Regierungschefs nicht in der Lage sind, diese Divergenzen zu überwinden. Sollte der Tindemans-Bericht deshalb in den Aktenschränken der Diplomaten und in den Archiven der Historiker vergilben, so ist nach den Ursachen des Mißerfolgs zu suchen:

— Ist der Europäische Rat strukturell ungeeignet, um die europäische Integration voranzutreiben? Können andere Akteure oder andere Konstellationen von Akteuren erfolgreicher den Weg zur Europäischen Union beschreiten? — Ist ein derartig umfassendes Globalkonzept einer „Europäischen Union" gegenwärtig inopportun?

— Ist die Strategie, vom gegenwärtigen Status quo der Gemeinschaft auszugehen, zu eng angelegt?

— Oder waren doch noch zu viele tragende Elemente des Berichtes in der Epoche der Tindemans-Mission verankert? Ist die Betonung des Europäischen Rats und der Währungsschlange durch den Abschwung der „Gis-

card/Schmidt-Konjunktur" europäischer Politik überrollt worden?

Aus den Antworten auf diese Fragen lassen sich Rückschlüsse für andere Strategien ziehen: a) Bedarf es der Installierung eines radikal neuen Systems in Form eines wahrhaft föderalen Bundesstaats? Einige Vertreter dieser Position gehen dabei davon aus, daß alle Mit-träger des gegenwärtigen Systems, ob Regierungen, ob europäische oder nationale Parlamente oder ob Parteien jeglicher politischer Richtung, konservativ dem Status quo der Integration verhaftet sind und nicht die Kraft aufbringen, ein europäisches System aufzubauen, das den gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüchen genügt. Wo freilich die Akteure für eine derartige Neuorientierung zu finden sind, bleibt offen. b) Wird und kann ein direkt gewähltes Europäisches Parlament als ständige Konstituante den Weg zur Europäischen Union vorbereiten? Die von starken Meinungsverschiedenheiten geprägten Diskussionen des Europäischen Parlaments zur Europäischen Union und seine interne Heterogenität lassen zunächst Zweifel an einer derartigen motorischen Integrationsrolle aufkommen. Mit einer gewissen Berechtigung kann von einem direkt gewählten Parlament gegenüber dem heutigen Parlament ein „Mehr" bei der demokratischen Gestaltung der europäischen Politik erwartet werden. Ob dieses Parlament jedoch in naher Zukunft einen ausreichend tragfähigen Konsens für einen großen Integrationssprung vorwärts entwickeln kann, wird von weiteren Entwicklungen — etwa der Parteienstruktur — abhängig sein. c) Ein dazu komplementärer Ansatz ist die Politisierungsstrategie die durch verstärkten Einbezug politisch brisanter Materien in den Integrationsprozeß auf die Schaffung horizontaler Parteien-und Gruppenkonstellationen zielt. Von der Wahrnehmung der eigenen Interessen dieser Gruppen wird ein selbsttragender Prozeß zur Europäischen Union erwartet. Die stark divergierenden Reaktionen auf den Tindemans-Bericht lassen jedoch zunächst keine Ansätze für stabile Strukturen von europäisch organisierten Parteien-und Interessengruppierungen erkennen; noch weniger sind tragfähige und vorwärtstreibende Integrationskoalitionen zu erkennen, vielmehr zeichnen sich Umrisse von „Anti-Integra-tions" -Koalitionen ab.

d) Ist vielleicht bewußt auf jeglichen „großen Wurf" zu verzichten und sind in einem „trialand-error" -Verfahren pragmatische Fortschritte zu suchen, die nicht unbedingt ausgewogen und zusammenhängend sind? Entsprechend einer derartigen Strategie sollten Fortschritte immer dort gesucht werden, wo sich eine Möglichkeit für mehr Integration bietet. Erfahrungen früherer Konjunkturen in der Debatte um Gestalt und Inhalt europäischer Zukunft sprechen dieser Strategie noch die höchsten Erfolgschancen zu; ein umfassender Sprung vorwärts hatte bisher auf europäischer Ebene wenig Erfolg. Möglichkeiten, sich auf einzelne konkrete Fortschritte zu einigen, sind dagegen eher zu erwarten. Die Nachteile einer derartigen Strategie liegen in der mangelnden Abstimmung verschiedener Schritte, die zu — sich gegenseitig aufhebenden — Effekten führen können; schließlich sollte die Europäische Union gerade diesen Zustand überwinden. Darüber hinaus ist zu fragen, ob die Gemeinschaft angesichts der divergierenden politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der EG-Mitgliedstaaten die Zeit und die Kosten für eine derartige Strategie erübrigen kann. e) Eng mit dieser „trial-and-error" -Strategie ist eine andere Überlegung verbunden: Muß man auf dem Weg zur Europäischen Union zunächst auf bessere wirtschaftliche und politische Randbedingungen innerhalb der Mitgliedstaaten und im internationalen System warten? Müßte bis zum Eintreffen dieser Bedingungen eine Art „Überwinterungsstrategie" eingeschlagen werden? Ausgangspunkt dieser Strategie ist die These, daß der Integrationsprozeß durch Faktoren außerhalb seines Gestaltungsraums determiniert wird — zu forsche Integrationsversuche zur Unzeit können oft nur kontraproduktiv wirken. Eine erste Analyse anderer Konjunkturwellen europäischer Integrationsgeschichte unterstützt jedoch die These, daß auch Faktoren, die unmittelbar auf europäischer Ebene angesiedelt waren, nachweisbar zu Fortschritten oder Fehlschlägen beigetragen haben. Es wäre also zu überprüfen, ob und in welchem Ausmaß der Weg zur Europäischen Union von Faktoren begrenzt oder determiniert wird, die sich dem Einfluß unmittelbarer europäischer Politik entziehen Je stärker die Integrationsbemühungen von außen beeinflußt werden, um so weniger wäre dann eine aktive Integrationspolitik möglich und sinnvoll.

Tindemans mag vielleicht nicht die intergrationspolitische Bedeutung eines Robert Schuman erlangen Es kommt ihm aber das Verdienst zu, das Bündel wesentlicher europäischer Fragen erneut mit aller Schärfe und mit einigen neuen Perspektiven in die Diskussion gestellt zu haben. Ob Tindemans'eigene Vorstellungen zum Tragen kommen oder nicht — die Probleme, die er anschneidet, werden auf der europäischen Tagesordnung bleiben. Hinweis: In der Ausgabe B 47/76 erschien unter dem Titel: „Neues Recht durch neue Richter?" ein Beitrag von Dieter Huhn. Wie uns der Günter Olzog Verlag, München, mitteilte, erfolgte die Verwendung dieses Titels durch den Verfasser ohne Zustimmung des Verlages. Die Bundeszentrale für politische Bildung und der Günter Olzog Verlag legen Wert auf die Feststellung, daß der Titel „Neues Recht durch neue Richter?" nur für die Veröffentlichung innerhalb der Schriftenreihe „Berichte und Studien der Hanns-Seidel-Stiftung e. V. München", Bd. 8, herausgegeben von Peter Gutjahr-Löser, verwendet werden darf.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Schlußerklärung der Pariser Gipfelkonferenz, Ziff. 16, abgedruckt in: Christoph Sasse, Regierungen, Parlamente, Ministerrat. Entscheidungsprozesse in der Europäischen Gemeinschaft, Europäische Studien des Instituts für Europäische Politik, Band 6, 1975, S. 245 ff.

  2. Vgl. etwa: Bericht der Kommission über die Europäische Union, Kom (75) 400 Brüssel, 25. Juni 1975, S. 1 f.; Stellungnahme des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments (EP) zur weiteren institutioneilen Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union, Dokument 174/75 des EP.

  3. Abgedruckt in: Allen/Wallace, Die Europäische Politische Zusammenarbeit, Institut für Europäische Politik, Bonn 1976, S. 65 ff.

  4. Kommunique der Konferenz der Regierungschefs der neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft in Paris am 9. /10. Dezember 1974, Ziff. 13, abgedruckt bei Sasse, a. a. O., S. 225.

  5. Vgl. für eine Übersicht: Heinz Kramer, Reinhard Rummel, Hindernisse und Voraussetzungen für die Europäische Union, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3/76, S. 18 ff.

  6. Vgl. Heinrich Schneider, Leitbilder europäischer Integration, erscheint demnächst in: Europäische Studien des Instituts für Europäische Politik.

  7. Leo Tindemans, Bericht über die Europäische Union, Sonderbeilage zu Europa-Union — Europäische Zeitung, März 1976, S. 8.

  8. Vgl. zum folgenden ebd., S. 7 ff.

  9. Tindemans sieht diese Gefahr selbst und betont, daß der Bericht ein „kohärentes Ganzes" darstellt; Leo Tindemans, Die Situation der Europäischen Gemeinschaft nach dem Europäischen Rat in Luxemburg, Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, am 17. 5. 1976. Abgedruckt in: Europa-Archiv, Folge 11/1976, D. 262 ff.

  10. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 8.

  11. Erklärung des Europa-Kongresses der (überparteilichen) Europäischen Bewegung vom 5. — 7. Februar 1976, abgedruckt in: Informationsdienst des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung, Beilage zur Zeitung Europa Union Nr. 3, März 1976, S. 1.

  12. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 8.

  13. Vgl. zu den folgenden Ausführungen, ebenda, S. 8 ff.

  14. Vgl. Francois Duchene, Die Rolle Europas im Weltsystem: Von der regionalen zur planetarischen Interdependenz, in: Kohnstamm/Hager (Hrsg.), Zivil-macht Europa. Supermacht oder Partner, Frankfurt 1973, S. 19 ff.

  15. Duchene, a. a. O., S. 33.

  16. So Johan Galtung, Kapitalistische Großmacht Europa oder Die Gemeinschaft der Konzerne, Reinbek 1973.

  17. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 6.

  18. Ebenda.

  19. Ebenda, S. 9.

  20. Ebenda, S. 11.

  21. Ebenda, S. 12.

  22. Vgl. von der Gablentz, a. a. O.

  23. So der französische Sozialist Cot vor AFEUR am 30. /31. 1. 1976 (persönliche Aufzeichnung des Autors).

  24. Lucien Radoux, Der Tindemans-Bericht zur Europäischen Union — eine brauchbare Diskussionsgrundlage — nicht weniger, aber auch nicht mehr, in: Europa-Nachrichten der SPD-Fraktion, 26. 1. 1976, S. 2.

  25. So z. B. Stellungnahme des Wirtschaftsund Sozialausschusses der EG zur Europäischen Union, Brüssel, Juli 1975, S. 6.

  26. Entschließung des Europäischen Parlaments zur Europäischen Union, in: Informationsdienst des Deutschen Rats, Beilage zur Zeitung Europa-Union, 9/1975, S. 23.

  27. Vgl. zum folgenden Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 6 ff.

  28. Ebenda, S. 24.

  29. Ebenda.

  30. Vgl. Eberhard Grabitz, Eine neue Gesellschaftsordnung? Statement zu Kapitel IV des Tindemans-Berichtes: „Das Europa der Bürger", Diskussions-runde des Instituts für Europäische Politik am 23. /24. April 1976 (hektographiertes Manuskript)! erscheint demnächst in: Auf dem Weg zur Europäischen Union, a. a. O. Dieses Kapitel zum „Europa der Bürger" und die Fragen der Sozial-und Regionalpolitik werden nicht vertieft, da der Bericht hierzu wenig neue Aspekte einbringt.

  31. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 17.

  32. Ebenda, S. 17.

  33. Ebenda, S. 17— 18.

  34. Vgl. Hans E. Scharrer, Thesen zu Tindemans Vorstellungen zur Wirtschafts-und Währungspolitik, Diskussionsrunde des Instituts für Europäische Politik am 23. /24. April 1976 (hektographiertes Manuskript), S. 2, erscheint demnächst in: Auf dem Weg zur Europäischen Union, a. a. O.

  35. Stellungnahme der Bundesregierung zum Tindemans-Bericht über die Europäische Union, Drucksache 7/4969 des Bundestages, S. 38.

  36. Ebenda, S. 38 ff.

  37. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 15.

  38. Vgl. Bericht der Kommission zur Europäischen Union, a. a. O., Ziffer 3 und Ziffer 7; vgl. auch die Stellungnahme des Präsidenten der EG-Kommission, Ortoli, zitiert nach Agence Europe, Nr. 1911, vor dem Vorstand des Deutschen Rates der Europäischen Bewegung am 12. März 1976 (persönliche Aufzeichnung des Autors).

  39. Bericht der Kommission, ebenda.

  40. Vgl. Interview mit Walter Hallstein, in: Wirtschaftsdienst, März 1976, Heft 3, S. 122, Stellungnahme, a. a. O., S. 38, und Scharrer, a. a. O.

  41. Vgl. besonders Stellungnahme, a. a. O., S. 38.

  42. So der Präsident der EG-Kommission, Ortoli, vor dem Vorstand des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung am 11. 3. 1976 in Bonn.

  43. Beate Kohler, Tindemans ordnungs-und gesellschaftliches Leitbild, erscheint demnächst in: Auf dem Weg zur Europäischen Union, a. a. O.

  44. Agenor Nr. 57, Anti-Tindemans-Bericht, Option for the left, Brüssel 1976.

  45. So Cot, a. a. O.

  46. Vgl. etwa Entschließung des Europäischen Parlaments zur Europäischen Union, a. a. O., S. 3.

  47. Vgl. die Übersicht des Beraters des belgischen Premierministers, Jaques Vandamme, Les Milieux socio-economiques et les Institutions de l'Union Europeenne, XXIXme Table Ronde des Problemes de 1 Europe, Bonn 2. /3. April 1976 (hektographiertes Manuskript).

  48. Vgl. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 3 und S. 25.

  49. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 25.

  50. Ebenda, S. 25.

  51. Ebenda, S. 28.

  52. Ebenda, S. 26.

  53. Ebenda, S. 27.

  54. Ebenda, S. 27 und 28.

  55. Ebenda, S. 27.

  56. Dazu Heinrich Schneider, Wolfgang Wessels, Europäische Union 1980, Institut für Europäische Politik, Bonn 1975, S. 21 ff.

  57. Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 3.

  58. Vgl. besonders Christoph Sasse, Die Institutionen der Europäischen Union. Einleitende Thesen zur Diskussionsrunde des Instituts für Europäische Politik am 23. /24. April 1976 (hektographiertes Manuskript), S. 2, erscheint demnächst in: Auf dem Weg zur Europäischen Union, a. a. O., S. 42.

  59. Sasse, a. a. O., S. 3.

  60. Hans von der Groeben, Tindemans oder das Europa der kleinen Schritte, in: Europa-Union, Februar 1976, S. 7.

  61. Ulrich Weinstock, Das Europa Tindemans — oder was sonst, in: Die Neue Gesellschaft, 3, 1976, S. 256. Vgl. auch Wolfgang Wessels, Die Integrationsstrategie des Tindemans-Bericht, in: Auf dem Weg zur europäischen Union, a. a. O.

  62. Ebenda.

  63. Vgl. Interview mit Ralf Dahrendorf, in: Europäische Gemeinschaft, 1973, Heft 11, S. 11 ff.

  64. Tindemans selbst hat bei diesen Sektoren eine Politik der großen Schritte für unausweichlich gehalten (Tindemans-Bericht, a. a. O., S. 18), ohne deshalb seine Strategie zu ändern.

  65. „Die Europäische Union wird sich Kraft eines Vertrages konkretisieren." Stellungnahme des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments, a. a. O., S. 6.

  66. Weinstock, a. a. O., S. 256. )

  67. Vgl. Andrea Chiti-Batelli, Le probleme de l'Union Europeenne, vue par un federaliste a part entiere, XXIXeme Table Rond® des problemes de l’Europe, Bonn, 2. /3. April 1976, S. 17 ff.

  68. Schlußerklärung des Europa-Kongresses, a. a. O.

  69. Vgl. Heinz Kramer, Reinhard Rummel, Hindernisse und Voraussetzungen für die Europäische Union, a. a. O., S. 10 ff.

  70. Die mit diesen Strategien verbundenen Fragen können hier nur angeschnitten werden. Es wäre die Aufgabe der Integrationstheorie, hierzu fundierte Erkenntnisse beizusteuern, die die Wahl einer Strategie oder einem Strategie, „mix" erleichtern und theoretisch absichern könnte.

  71. Diesen Vergleich zieht Alain Poher, zitiert nach Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 40, 19. 2. 1976, S. 2.

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Wolfgang Wessels, Diplom-Volkswirt, geb. 1948; Studium der Wirtschafts- und Politikwissenschaften in Köln und Madison, N. J.; Tätigkeit bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften; seit Mai 1973 Geschäftsführer des Instituts für Europäische Politik (Bonn); seit 1976 auch Sekretär der Trans European Policy Studies Association (TEPSA). Veröffentlichungen: Die EG: Versuch einer freiheitlich-demokratischen Integration souveräner Staaten?, in: Konvergenz — Koexistenz oder Zusammenarbeit in Europa, Bonn 1973; Auszehrung des Parlamentarismus? Die Kompetenzverschiebung von den nationalen Parlamenten zum Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft, in: Parlamentarismus und europäische Integration, Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung, Bd. 107, Bonn 1975; (mit Heinrich Schneider) Europäische Union 1980. Fragen und Thesen im Hinblick, auf den Tindemans-Bericht zur Europäischen Union, Bonn 1975; (mit Heinrich Schneider) Gestalt und Inhalt einer »Europäischen Union". Ein Diskussionsbeitrag zur Tinde-mans-Mission, in: Europa-Archiv, Folge 19, 1975; Probleme europäisch-arabischer Beziehungen, und: Elemente eines europäischen Konzeptes für eine europäische Arabienpolitik, in: Europa und die arabische Welt, Bonn 1975.