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Partizipationsausweitung in sozialen Entscheidungsprozessen. Zur Diskussion über das Problem der „Demokratisierung“ | APuZ 48/1976 | bpb.de

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APuZ 48/1976 Artikel 1 Partizipationsausweitung in sozialen Entscheidungsprozessen. Zur Diskussion über das Problem der „Demokratisierung“ Die zweite Phase der peruanischen Revolution Konsolidierung eines politischen Experiments

Partizipationsausweitung in sozialen Entscheidungsprozessen. Zur Diskussion über das Problem der „Demokratisierung“

Volker Szmula

/ 34 Minuten zu lesen

I. Problemaufriß

Demokratisierung, die „universalste gesellschaftliche Forderung unserer Zeit hat sich zu einem Reizwort für soziale Veränderungen entwickelt. Unter diesem Begriff lassen sich die unterschiedlichsten, inhaltsvagen, mit Emotionen beladenen Vorstellungen subsumieren. So diabolisieren Wilhelm Hennis und Helmut Schelsky Demokratisierung, da sie abendländische Grundwerte der Gesellschaft in die Krise führe, „politisch polarisiere“ und zur „despotischen Allmacht des Staates hinleite. Utilitaristisch orientierte Befürworter weisen der Demokratisierung hingegen eine Stabilisierungsfunktion für das bestehende System zu sie wird als Organisationsmethode begriffen, da sie die Grundprobleme der Gesellschaft durch „Integration durch Konflikt" löse „Integration" erweist sich als möglich, wenn „fundamentale Gemeinsamkeit" vorausgesetzt und „Konflikt" mit Freiheit besetzt wird

Von der methodischen Argumentationsebene hebt sich diejenige ab, die Demokratie als Mittel und Ziel zugleich begreift, nämlich Aufhebung der Herrschaft und Selbstbestimmung in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verwirklichen. Es wird primär nicht nach dem adäquaten oder stabilen Funktionieren der Demokratie gefragt, sondern danach, wie die Gesellschaft durch Demokratisierung in allen ihren Lebensbereichen von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zwängen zu befreien ist. Die Formalisierung der Demokratie als eines „Sets von Spielregeln" wird zugunsten der „Idee der Herrschaft des Volkes“ abgelehnt. Denn „Demokratie arbeitet an der Selbstbestimmung der Menschheit, und erst wenn diese wirklich ist, ist jene wahr“ Demokratie zielt also nach Jürgen Habermas darauf ab: „in dem Maße, in dem mündige Bürger unter Bedingungen einer politischen fungierenden Öffentlichkeit, durch einsichtige Delegation ihres Willens und durch wirksame Kontrolle seiner Ausführung, die Einrichtung ihres gesellschaftlichen Lebens selber in die Hand nehmen, wird personale Autorität in rationale überführbar. Das würde den Charakter von Herrschaft verändern ...“

Demokratie „als geschichtlichen Prozeß" zu begreifen, die „nicht unter beliebigen gesellschaftlichen Voraussetzungen möglich" ist, führt Fritz Vilmar dazu, den Begriff der Demokratisierung ambivalent zu sehen: „er bezeichnet sowohl das producere wie das pro-ductum von demokratischen Normen und Strukturen in gesellschaftlichen Subsystemen. Er ist sowohl eine Aktionsbestimmung wie eine Zielbestimmung sozialen Handelns." Er ist „Herstellung von Gleichheit und Freiheit in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen . . ." Als Variante kollektiver Befreiung von politisch-ökonomischer Herrschaft — aber mit zentralistischem Eingriff — erweist sich die Position von Anton Pelinka in seiner „konkreten Utopie gesellschaftlicher Gleich-heit": „Zunächst muß, grundsätzlich durch einen zentralistischen Eingriff, das egalitäre Prinzip im wirtschaftlichen Subsystem verstärkt werden — dann erst kann es zur Dezentralisierung kommen. Zunächst muß die Autonomie des wirtschaftlichen Subsystems aufgehoben werden — dann erst kann eine Rückgabe dieser Autonomie demokratiekonform sein." Bekanntlich sind die sozialistischen Staaten in der ersten Phase (dem zentralistischen Eingriff) steckengebliebenI

Die Ansätze, Demokratisierung als Methode oder aber als Mittel/Ziel zu erfassen, gehen von der Prämisse aus, daß alle Menschen gleich sind. Dieser Egalitätsgedanke dient als Fixpunkt für die verschiedenen Konzeptionen, soziale Gleichheit zu postulieren, in Annäherung zu bringen bzw. erreichen zu wollen. Um ein Mehr an Gleichheit zu verwirklichen, wurden unterschiedliche Strategien zur Demokratisierung der Gesellschaft entwickelt. Dabei gewinnt die Frage, ob eine Annäherung an das Ziel der Gleichheit eine Leistungssteigerung oder wenigstens eine Leistungserhaltung der Gesamtgesellschaft bringt, an kardinaler Bedeutung. Deshalb analysiere ich im folgenden einige Gleichheitskonzeptionen und konfrontiere sie dann mit dem Problem der Leistung, um herauszuarbeiten, welches Leistungspotential durch ein Mehr an Gleichheit erreicht werden kann.

Der dem Frühliberalismus entstammende, ökonomisch begründete Leistungsgedanke pervertiert die im Humanismus entwickelte Gleichheitsforderung; Gleichheit als sittlicher Wert der Gesellschaft verstanden, beinhaltet das Recht und auch die Pflicht, an allen gesellschaftlichen Entscheidungen mitzuwirken. Ohne die bestehenden Eigentumsverhältnisse grundlegend verändern zu müssen, läßt sich Gleichheit im gesellschaftlichen Bereich durch vermehrte Partizipation in den Entscheidungszentren in Annäherung erreichen. Verläßt man den weithin praktizierten Grundsatz, daß Entscheidungsträger ihre Befugnisse auf Dauer übertragen bekommen zugunsten eines Rotationsprinzips, so erhöht sich durch ein solches Verfahren das Entscheidungspotential. Dieser gangbare Weg, den ich als Fortentwicklung bestehender gesellschaftlicher Strukturen in der Bundesrepublik konzipiere, zielt auf Herrschaftsveränderung, nicht aber auf die illusionäre Aufhebung jeglicher Herrschaft.

In einer so gegliederten inhaltlichen Erörterung bedarf es zuvor der Klärung der Begriffe . Demokratisierung'und . Partizipation'.

II. Begriffliche Klärung

Hinter der sprachlichen Ungenauigkeit des Begriffs Demokratisierung verbirgt sich ein reales Erleben des Menschen: „Nachdem der notwendige Lebensbedarf gesichert, ist das nächst stärkste persönliche Bedürfnis unter den menschlichen Dingen die Freiheit." Diese, eingeschränkt durch Fremdbestimmung in einer „organisierten, verwalteten Welt, weckt das Verlangen nach mehr Selbstbestimmung. Werte werden gerade durch ihre Abwesenheit als wertvoll erfahren. . Demokratisierung'bringt dieses Verlangen nach mehr Mit-und Selbstbestimmung bündig auf einen Nenner." *

Ausgehend von der Wortbedeutung beinhaltet Demokratisierung, die Herrschaft des Volkes in Gang zu setzen. Diese im Wort enthaltene Prozeßhaftigkeit intendiert ein dynamisches und damit veränderndes Element. Daher werden bestehende Demokratien als formal oder nur im politischen Bereich wirksam angesehen. Helmut Schelsky macht in der Demokratisierung deshalb eine „Strategie der Systemüberwindung" aus. Und Wilhelm Hennis pflichtet ihm bei: Demokratisierung wird nicht mehr begriffen „als Herstellung einer demokratischen Herrschaftsweise, sondern als ein Pro-zeß', in dessen Folge Herrschaft überhaupt abgeschafft wird" Fritz Vilmar widmet triumphierend diesem Gegner der Demokratisierung seine zweibändige Schrift „Strategien der Demokratisierung", weil die „Vorstellung von prozeßhaft sich verändernden politischen Positionen" die „Grundstruktur" seines Denkens ist: „Demokratie, geschichtlich verstanden als Demokratisierungsprozeß, ist ... die Anstrengung, die Entfremdung der Menschen in Herren und Knechte aufzuheben." Erst Demokratisierung führt zur „Verwirklichung demokratischer Grundsätze in allen Bereichen der Gesellschaft — Demokratie als gesamtgesellschaftlicher Prozeß"

Um die Antinomie von „bürgerlicher" und „sozialistischer" Demokratie zu überwinden, modelliert Anton Pelinka eine „dynamische Demokratie"; „ihrem Wesen nach unfertig", richtet sie „sich gegen jede Form gesellschaftlicher Stabilisierung" Das Element der Instabilität macht er zum Stabilitätsfaktor der Demokratisierung.

Der oszillierende Begriff der Demokratisierung birgt in sich Programm und Ideologie zugleich — selbst dann, wenn eine „Demokratisierung ohne Dogma" gefordert wird —, da sie die gesellschaftliche Entwicklung durch folgende Postulate in eine richtungsgebundene Offenheit leitet: 1. Politisierung der Gesellschaft, 2. Nivellierung von Herrschaft des Menschen über Menschen und damit 3. Egalisierung der Gesellschaft sowie 4. Selbstbestimmung des Menschen. Alle vier Punkte beinhalten einen „Neuanfang unter entschiedenstem Bruch mit der Vergangenheit" Demokratisierung geriert sich somit revolutionär in ihrem Anspruch und ihrer Zielsetzung. Fritz Vilmar stellt daher provokant fest:. „Die Revolution hat bereits begonnen" die Gesellschaftsprozesse, „die aus der Untertanengesellschaft herausführen in Richtung auf eine emanzipierte, mündige und klassenlose Gesellschaft" werden durch „die theoretische Arbeit", die ihrerseits „das Reich der Vorstellungen revolutioniert", begleitet.

Ulrich von Alemann hat darauf hingewiesen, daß im Begriffsfeld der Demokratisierung auch Partizipation, Mitbestimmung, Mitwirkung, Selbstbestimmung, Selbstverantwortung, Autonomie etc. auftauchen und häufig synonym verwandt werden. Er unterscheidet die Begriffe zunächst nach Ziel und Mittel. „Reale, inhaltliche, direkte Demokratie: dies sind am deutlichsten Zielwerte, wenn auch für sich vage genug." In Demokratisierung, Partizipation, Mitbestimmung etc. erkennt er kaum einen Eigenwert, sondern sieht sie „nur als Mittel oder Form zur Realisierung bestimmter Ziele oder Werte" Ulrich von Alemann versucht dann, eine Abstufung in der Art eines Kontinuums vorzunehmen: Mitbestimmung sei „als eine nicht wirklich ausschlaggebende Mitwirkung, Mitverwaltung, Beteiligung zu verstehen; . Partizipation'als zwar ausgeweitetes Teilhaben, aber auch nur , Teilhaben'vieler an Entscheidungen; . Demokratisierung'schließlich als weitestgehende Form wäre als Mittel zur Realisierung gesamtgesellschaftlicher Selbstbestimmung oder . realer'Demokratie, was auch immer das sein mag, anzusehen" Da die einzelnen Begriffe aber in der öffentlichen Diskussion häufig verwendet werden, erscheint ihm eine solche säuberliche Abstufung ziemlich künstlich.

Um den inhaltsvagen Begriff der Demokratisierung zu klären, zerlegt Ulrich Lohmar Demokratisierung in Funktionen; er unterscheidet dabei u. a.: a) Chancengleichheit. Demokratie begreift sich so lange als dynamisch, bis „der rechtlichen Garantierung auch die faktische Ermöglichung von gleichen Entwicklungschancen in allen gesellschaftlichen Bereichen" entspricht. b) Partizipation. „In dem Begriff der Chancen-gleichheit ist zugleich die wachsende Teilnahme an allen gesellschaftlichen und politischen Prozessen, insbesondere Entscheidungsvorgängen, involviert." c) Mobilität. Permanente Reform als Wesenszug jeder Demokratie bedeutet im Institutioneilen ständig fluktuierende Funktionseliten, was entsprechende Dispositionen im personellen Bereich voraussetzt. d) Transparenz. „Voraussetzung für die Realisierbarkeit aller bisherigen und der meisten weiteren Kriterien ist eine maximale Transparenz politischer Prozesse, vor allem der Entscheidungen vorbereitenden." e) Kontrolle. Im wesentlichen geschieht Demokratisierung durch Kontrolle der institutionalisierten Organe. Kontrolle wird notwendigerweise durch den Wähler ergänzt, der „ein waches Bewußtsein für Machtmißbrauch und für seine Verantwortlichkeit in der Ausübung von Kontrollfunktionen" besitzt

Lohmars Subordination der Partizipation erscheint problematisch, da sie mit Demokratisierung eher in Konkurrenz zu sehen ist. Denn Partizipation bedeutet im ursprünglichen Wortsinn Teilnahme oder Teilhabe an irgend etwas, ohne zu implizieren, daß eine solche Teilnahme auch die Ebene des Mitbestimmens einschließen muß. Partizipation beinhaltet damit stärker eine passive Komponente, wohingegen Mitbestimmung eine aktive betont. Partizipation und Mitbestimmung beinhalten nicht — wie die Demokratisierung — eine Globalforderung nach Herrschaft des Volkes, sondern begnügen sich mit der Teilhabe am bestehenden Herrschaftssystem; sie wirken damit integrativ und systemstabilisierend. In dem Maße aber, in dem Teilnahme in formal-demokratisch strukturierten Systemen stattfindet, läßt sich eine Differenzierung von Partizipation und Mitbestimmung kaum noch aufrechterhalten, weil der originäre Anspruch der Demokratie — alle Menschen sind gleich — eine Teilnahme ohne Mitbestimmung schwerlich zuläßt.

In der klassischen Demokratietheorie wird Partizipation deshalb stets unter dem Anspruch der Selbstbestimmung formuliert Eine Demokratie, die materiell bestimmt ist, definiert sich immer auch als eine partizipatorische. Dennoch lehnt es Gisela Zimpel ab, den Teilnahmebegriff in einer materiellen Demokratie „ein für allemal definitiv abzugrenzen; . . . dieser läßt sich allenfalls in seinen Dimensionen umreißen" Teilnahme soll sich auf die gesamten Lebensverhältnisse beziehen; „starre und äußerliche Trennung zwischen po-iitischer und unpolitischer Teilnahme muß damit entfallen . . . Ein solcherart erweiterter, auf Selbstbestimmung abzielender Teilnahme-begriff nimmt in sich zwei Elemente auf, die im früheren, revolutionären Anspruch der Partizipation einmal rudimentär enthalten waren, die aber mit der Formalisierung der bürgerlichen Kategorien dann verloren gingen: es sind dies die politische Motivation der Teilnahme und ihre politische Wirkung." Damit schließt sich der Kreis. Partizipation übernimmt den Begriffsinhalt der Demokratisierung, oder anders ausgedrückt: Partizipation hat sich im Laufe des geschichtlichen Prozesses im liberalen Rechtsstaat in einen politischen und in einen revolutionären Zweig gespalten Gisela Zimpel beabsichtigt daher, mit ihrer auf die Wurzel der Partizipation zurückreichenden Begriffsbestimmung die stattgefundene Dichotomie wieder zusammenzuführen. Der Begriff der Teilnahme gerinnt somit zum Synonym für Demokratisierung und verhindert zu unterscheiden zwischen Partizipation „am zentralen gesellschaftlichen Willensbildungsprozeß und Teilnahme an den Entscheidungen in einzelnen gesellschaftlichen Teilbereichen" Die Partizipation am „zentralen gesellschaftlichen Willensbildungsprozeß" findet vor allem in „Verbänden und Parteien, durch Einflußnahme auf die Bildung der öffentlichen Meinung und durch Wahlakte" statt Partizipation an der Basis gesellschaftlicher Teilbereiche definiert Roland Eckert dann „als . Selbstverwaltung'. . ., wenn sie gesamtgesellschaftlich delegierte Freiräume ausfüllt, und wäre als . Bürgerinitiative'zu bezeichnen, wenn sie Mängel des Verwaltungshandelns kompensiert oder die gesellschaftliche Willensbildung in der genannten Weise vorbereitet"

Ausgespart in Eckerts Begriffsbestimmung bleibt der ökonomische Sektor. Ohne ihn aber ist eine umfassende Definition der Partizipation nicht möglich. Partizipation im ökonomi-sehen Bereich wird heute in der Bundesrepublik vorwiegend mit dem Begriff „Mitbestimmung" gleichgesetzt. Wenn im folgenden der Begriff Partizipation gebraucht wird, dann schließt er die drei aufgeführten Bereiche mit ein: Teilnahme am zentralen gesellschaftlichen Willensbildungsprozeß, Teilnahme an den Entscheidungen in einzelnen gesellschaftlichen Teilbereichen und Mitbestimmung im ökonomischen Bereich.

Anders der Anspruch der Demokratisierung; sie soll der gesamten sozialen Struktur, einschließlich ihrer Subsysteme, eine bestimmte Legitimität geben: eine solche, die sich ausschließlich aus dem Willen des gesamten Volkes herleitet. Damit wirkt Demokratisierung auch von ihrem Legitimitätsanspruch her revolutionär. Partizipatipn unterscheidet sich somit von Demokratisierung in ihrem Anspruch an die Gesellschaft. Sie will in der bestehenden Demokratie die Möglichkeit zur Teilnahme an Entscheidungsprozessen erweitern, akzeptiert aber die unterschiedlichen Struktur-muster der gesellschaftlichen Subsysteme. Sie parallelisiert nicht die Entwicklung in den Subsystemen, sondern überläßt diese der sozialverantwortlichen Entfaltung ihrer Mitglieder.

III. Das Prinzip der Egalität

Man hat wiederholt betont, daß die Losungsworte der Französischen Revolution — Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit — nach und nach realisiert werden. Nach dem Kampf um Freiheit steht heute die Gleichheit im Feuer heftiger Kontroversen. Carl Joachim Friedrich hat darauf hingewiesen, daß es für „gleich" keine Steigerung gibt: „Zwar läßt Gleichheit keine Vergleiche zu . . . Und doch ist zuzugeben, daß es ein Mehr oder Weniger an Gleichheit geben kann. So sagt man etwa, daß die Neger heute in den Vereinigten Staaten ein größeres Maß an Gleichheit besitzen als vor fünfzig Jahren. Im Grunde ist das eine ungenaue Vereinfachung der Feststellung, daß die Stellung des Negers der angestrebten Gleichheit näherkommt. Durch diese präzisere Formulierung wird . . . ein weiterer Aspekt der Gleichheit verdeutlicht, die Tatsache nämlich, daß Gleichheit ein Ziel ist, das zwar annähernd erreicht, aber nicht „verwirklicht’ werden kann."

Das teleologische Element der Gleichheit hat im Menschen das Bestreben freigesetzt, ihr grundsätzlich einen hohen Wert zuzumessen. Von der Werthaftigkeit der Gleichheit gehen die Befürworter der Demokratisierung aus und konstatieren: „Das Maß an Gleichheit, das in einer Gesellschaft herrscht, bestimmt deren demokratischen Charakter."

Nun wird von Widersachern der Demokratisierung der Gleichheitsanspruch nicht rundweg abgelehnt, sondern auf die politische Ebene begrenzt; sie auf andere Bereiche der Gesellschaft auszudehnen, hieße negieren, „daß zwischen einem Arzt und einem Patienten, zwischen einem Lehrenden und einem Lernenden einige in der Sache begründete Kompetenzdifferenzen bestehen ..

Demokratisierungsbefürworter leugnen diesen Sachverhalt keineswegs, fordern aber, daß Kompetenzen und Einflußnahme rational zu begründen sind und demokratischen Legitimitätsansprüchen gerecht werden müssen. In dieser Diskussion wird der Begriff der Gleichheit also von keiner Seite auf die biologische Ebene ausgedehnt, sondern der Streit bezieht sich „ausschließlich auf die Gesellschaft und ihre Strukturen; die das Maß an Gleichheit beeinflussen" Gleichheit soll gleiche Le-bensbedingungen herstellen; Hindernisse sind folglich abzubauen, sofern ihr Ursprung in der sozialen Sphäre liegt, die wiederum politisch beeinflußbar ist.

Die Hindernisse, die der vollen menschlichen Entfaltung entgegenstehen, bündeln sich im Machtkomplex. Amitai Etzioni postuliert deshalb: „so far as the members are concerned, the more egalitarian the distribution of power among them, the more responsive the overlayer will tend to be to their needs" Die Korrelation von Machtverteilung und Demokratie setzt einen Machtbegriff voraus, der „alle in der Gesellschaft geübten Formen der Macht, auch die informelle Machtausübung, miteinschließt. Der weite Begriff von Macht impliziert eine wesentliche Schwierigkeit, die Macht und damit die Gesellschaft zu messen."

Dieser Aufgabe, Macht zu messen, widmet sich C. B. Macpherson; für ihn ist Macht, die Möglichkeit des Menschen „to use and develop his human capacities" Bei einer solchen Definition gerät nicht Macht, sondern ihr Gegenteil, die gesellschaftlich verursachten Hindernisse, in den Blickpunkt der Operationali-sierbarkeit. Macpherson unterscheidet dabei drei Arten von Mängel: Mangel an adäquaten Mitteln des Lebens, Mangel an Zugang zu den Mitteln der Arbeit und Mangel an Schutz ge-gegen den Angriff anderer Die dritte Art des Mangels läßt Macpherson außer Betracht, da im demokratischen Gemeinwesen der Staat die personelle Schutzfunktion übernimmt. „Die gleiche Verteilung dieser Mängel, also die gleiche Verteilung der durch diese Mängel negativ bestimmten Macht, ist die Konsequenz einer die Fiktion der Trennung von Staat und Gesellschaft überwindenden Demokratie."

Sein Konzept, sich der Machtgleichheit zu nähern, zielt auf eine breite Streuung der Dispositionsfähigkeit über jene Güter, die aufgrund von Knappheit mit einem Wert versehen sind, und zielt auf möglichst gleichmäßigen Zugang zur Produktion eben dieser Güter. „In short, to equalize access, which is to equalize developmental powers, is to maximize developmental powers."

Soll Machtgleichheit in Annäherung gebracht werden, fällt dem Entscheidungskomplex die Kardinalfunktion in der gesamten Konzeption zu, denn er erweist sich als Kristallisationspunkt für eine herrschaftliche oder aber demokratische Struktur der gesellschaftlichen Organisation.

Um Machtgleichheit von der sozio-ökonomischen Seite zu erreichen, visiert Christopher Jencks das Ziel der Gleichheit über schulische Sozialisation an Die Ergebnisse einer dreijährigen Untersuchung am Center for Educa-tional Policy Research vermitteln ihm jedoch ein deprimierendes Bild: Es gibt vornehmlich drei Gründe, „weshalb Schulreformen die Erwachsenen nicht gleichermachen können. Erstens scheinen Kinder weit mehr von den häuslichen Vorgängen beeinflußt zu werden als von dem, was in der Schule passiert. . . Zweitens haben die Reformer nur sehr wenig Kontrolle über die Aspekte des Schullebens, die sich auf die Kinder auswirken. . . Drittens bestehen selbst in dem Fall, daß Schulen einen ungewöhnlichen Einfluß auf Kinder ausüben, die daraus resultierenden Änderungen nicht fort, wenn die Kinder erwachsen sind." Jencks will deshalb den Hebel für eine Nivellierung der Ungleichheit im Fiskalsystem ansetzen. „Wir können ein System schaffen, in dem der Bildungszugang von der Zahlungsbereitschaft des Schülers bzw. Studenten abhängt — nicht zu dem Zeitpunkt, da er seine Bildung erhält, sondern später, wenn er aller Voraussicht nach von ihr profitiert." Nach einem Alter von sechzehn Jahren sollen die Mittel für die weiterführende Ausbildung von denjenigen finanziert werden, die aus ihr bereits Nutzen gezogen haben. Ungerecht erscheint ihm, diejenigen zu besteuern, die diese Ausbildung nicht erhalten haben. Den Einwand, ein solches „System der Bildungsfinanzierung" laufe Gefahr, die Gesamtnachfrage nach Ausbildung zu vermindern, kann Jencks nicht entkräften.

Ein weiterer Versuch, das Problem der sozialen Gleichheit zu lösen, führt Partizipationstheoretiker dazu, zwischen Gleichheit und Chancen-gleichheit zu unterscheiden Vor allem Peter Bachrach kritisiert diesen Ansatz, da bei ihm nicht die effektive Verwirklichung, sondern nur die Chance des gleichen Zugangs zu Machtpositionen gefordert wird: „Die Eliten-Massen-Natur der Gesellschaft bliebe weiterhin bestehen." Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, wird Chancengleichheit dichotomisch begriffen in punktuelle und lineare: „Chancengleichheit als punktuelle Gleichheit ist ihrem Wesen nach statisch — es geht um einen durch einmalige Inanspruchnahme konsumierbaren Anspruch. Chancengleichheit als lineare Gleichheit ist ihrem Wesen nach dynamisch — es geht um einen Anspruch, der niemals vollständig verbraucht ist, der somit ständig an die Gesellschaft gestellt werden kann, der ein Element permanenter gesellschaftlicher Beeinflussung und Beunruhigung ist. .. Eine solche Chancengleichheit kann freilich als Gleichheit schlechthin bezeichnet werden." Die Frage, wie das sich im Normativen bewegende Postulat in den sozialen Kontext umzusetzen ist, wirft Pelinka nicht auf.

Die unterschiedlichsten Ansätze, das Postulat der Gleichheit zu verwirklichen, enthalten gleichzeitig auch Strategien zur Demokratisierung der Gesellschaft. Gleichheit, um sie zu erreichen bzw. sich ihr zu nähern, kommt letztlich nicht ohne zentralistische Distributionsinstanzen aus. Auch müssen die Gleichheitsstrategen noch klären, ob die Annäherung an das Ziel der Gleichheit eine Leistungssteigerung oder wenigstens eine Leistungserhaltung der Gesamtgesellschaft bringt.

IV. Das Prinzip der Leistung

Ein wesentliches Konstituens der bürgerlichen Gesellschaft bildet das Prinzip der Leistung; unter dieser Fahne unternahm sie den erfolgreichen Versuch, die Legitimitätsbasis der Adelsherrschaft zu erschüttern und schließlich abzuschaffen. Ihr Leistungsprinzip gereichte der Gesellschaft zum Bewertungsmaßstab für Handlungen im ökonomischen Kontext. Vornehmlich auf diesem Sektor führte eine immer stärker werdende Arbeitsspezialisierung zur Leistungssteigerung. John Locke, einer der Apologeten des Bürgertums, legitimierte soziale Ungleichheit aufgrund von Leistung Schon vorher wies James Harrington in seiner „Oceana" darauf hin, daß der ökonomischen Leistung des Bürgertums die politische Gleichheit folgen müsse — eine Kausalität, die sich das liberale Bürgertum zu eigen machte. Die Formel „one man, one vote" erfüllte sein Demokratiepostulat, widersprach aber letztlich seinem Leistungsgedanken. Nach errungenem Sieg über den Adel konnte das liberale Bür-gertum die Forderung nach politischer Gleichheit jedoch nicht nur auf die eigene Klasse beschränken, ohne unglaubwürdig zu werden. Die Trennung in Staat und Gesellschaft bot ihm darüber hinaus die Chance, die Forderung nach Gleichheit und den Leistungsgedanken nebeneinander bestehen zu lassen, ohne sie harmonisieren zu müssen: Das Prinzip der Gleichheit fand im großen und ganzen auf politischem Gebiet in Wahlen seine Anwendung, während das der Leistung im ökonomischen galt.

Verhindert das Prinzip der Leistung eine Gleichstellung im ökonomischen Bereich? Ich will keineswegs negieren, daß weiterhin unterschiedliche Leistungen erbracht werden müssen, meine aber, daß das Recht zur Mitentscheidung und damit zur Gestaltung des ökonomischen Bereichs von den Leistungen zu trennen ist.

Leistung hat im wesentlichen zwei Bedingungen, denen sie unterliegt: zum einen die genetische, zum anderen die soziale. Die genetische ist nicht variabel bzw. sollte es auch dann aus ethischen Gründen nicht sein, wenn es eines Tages möglich sein sollte; die sozial bedingte dagegen unterliegt Wandlungen. Zu überlegen ist, ob eine Gesellschaft, die sich die Würde des Menschen zum obersten Prinzip ihrer Verfassung gemacht hat, nicht andere Kriterien als die bestehenden anlegen will. „Es wäre töricht, wollte man Leistung als solche verteufeln, aber man kann sich doch fragen, ob jener aggressive und kompetitive Begriff von Leistung nicht ebenso obsolet geworden ist wie der Wachstumsfetischismus und ob es nicht besser wäre, auch hier die Entwicklung eines qualitativ neuen Leistungsbegriffs anzustreben. Als Leistung müßten dann auch Haltungen und Verhaltensweisen anerkannt werden, die in unserer Gesellschaft immer seltener geworden sind: Hilfsbereitschaft, tätige Menschenliebe, Solidarität mit den Schwachen ..

Wenn Karl Otto Hondrich in „Demokratisierung und Leistungsgesellschaft" die These vertritt: „In allen sozialen Systemen führt die Demokratisierung zu Leistungssteigerung .. und sie an einige Bedingungen knüpft, dann meint er wohl diesen Aspekt der sozial bedingten Leistung. Leistung ist für Hondrich existent, „wenn Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen bereitgestellt werden. Sieht man vom Grenzfall des isolierten Individuums ab, das nur für sich selbst sorgt, dann ist jede Leistung zumindest in ihrer objektiven Wirkung ... . sozial', das heißt, auf die Bedürfnisse von anderen bezogen." Dieser Komplex, in dem Leistung durch Bedürfnisse bestimmt wird sowie sich mit ihnen verändert und in dem sie „erst durch Mittel erbracht" wird, „die auf Bedürfnisse ausgerichtet sind" bedarf einer Strategie, die auf Partizipation aller an diesem Prozeß Beteiligten ausgerichtet ist, um dem Legitimitätspostulat der Demokratie gerecht zu werden. Damit rückt das eigentliche Problem der Demokratisierungsdiskussion in den Blickpunkt: Wie können Entscheidungen gefunden und durchgeführt werden, die das Postulat der Demokratie, d. h.der Herrschaft des Volkes erfüllen?

Bevor ich diesen Komplex behandele, will ich noch auf den Leistungsbegriff bei Frieder Naschold und Anton Pelinka eingehen. Mit einem normativen Akzent versehen formuliert Naschold: „Wie können bei gegebener System-Umwelt-Konstellation Organisationen so umstrukturiert werden, daß innerhalb der einzelnen Entscheidungstypen das Partizipationspotential der Organisationsmitglieder bei gleichzeitiger Leistungserhaltung bzw. Leistungssteigerung der Organisation erweitert wird?" Durchgängig argumentiert Naschold daß Demokratisierung und Leistungsfähigkeil korrelieren, mehr noch, daß seine hochkomplexen Organisationskonzepte für Systeme stehen, „in denen gerade Demokratisierung zu einem Höchstmaß der Leistungsfähigkeit führt" Naschold definiert dabei nicht, was er unter Leistung versteht; dieser Begriff müsse noch für sein Organisationskonzept geklärt werden. Er steckt lediglich ab, daß Leistung im Rahmen aller Demokratisierungsbemühungen nicht „am starren, statischen und äußerlichen Konzept des Ausführungshandelns der , Scientific-Management'-Schule orientiert sein" könne, sondern „in der Verschmelzung von Arbeit und Spiel" In der Schwingbreite dieser beiden Ansätze müsse eine Demokratietheorie eine Konzeption des Leistungsbegriffes finden

Diesen „kryptischen Hinweis" zur Klärung von Nascholds Demokratietheorie kritisiert Dieter Oberndorfer: „Die Suche Nascholds nach einem Leistungsbegriff für komplexe Organisationen . innerhalb einer Spannweite', die durch die gegensätzlichen Konzepte technokratischer Sachzwang einerseits und Arbeit und Spiel andererseits umschrieben werden, wirkt als Programm unbefriedigend, weil weder der Spielraum der Spannweite noch der Punkt, an dem die Lösung innerhalb dieser Spannweite gefunden werden muß, deutlich wird. Dieses Dilemma ergibt sich, weil der Begriff der Leistung ohne Einordnung in eine umfassende Wertdiskussion und Güterabwägung gebraucht wird." Nun trifft die Kritik von Oberndorfer m. E. nur zu, wenn man von einer fertigen, abgeschlossenen Demokratie-konzeption ausgeht; in ihr wird eine „Wertreflexion" beim Leistungsbegriff unumgänglich. Eine offene Demokratietheorie dagegen, die als oberstes Prinzip die Selbstbestimmung der in dem System sich Organisierenden postuliert, kann denjenigen, die selbst bestimmen sollen, keine abschließende Leistungsdefinition vorschreiben. Naschold aber unter-liegt in seinem Leistungsbegriff der Kritik Oberndorfers, weil seine demokratisierten Organisationen hierarchische und oligarchische Elemente enthalten. Das Organisationsziel beschreibt Naschold dann so, daß Demokratisierung Effizienzsteigerung bedeutet, den Eindruck aber erweckt, „als habe er bewiesen, daß Partizipation mit Effizienz vereinbar ist oder sie sogar fördert"

Modellhaft versucht Pelinka eine negative bzw. positive Korrelation von Effizienz und Gleichheit herzustellen Ihr Zusammenhang bildet die Nahtstelle, an der sich immer wieder erweisen muß, ob sich Demokratie ausweiten läßt. Es „muß immer wieder untersucht werden, welche Formen der Arbeitsteilung um der Leistung willen notwendig sind und auf welche Leistungen um der Demokratie willen verzichtet werden kann" Bei dieser Konstruktion wird das Kriterium, welche Arbeitsteilung um der Leistung willen bzw. welche Leistung um der Demokratie willen erforderlich ist, zum Problem.

V. Die Entscheidungsebene

Das zentrale Feld, auf dem das Demokratisierungspotential in komplexen Organisationen untersucht werden kann, ist die Entscheidungsebene. Naschold widmet ihr deshalb sein Hauptaugenmerk; für das Ziel seiner Studie unterscheidet er sechs voneinander abgrenzbare Entscheidungstypen: Routine-, Zweck-, Krisen-, Innovations-, Machtzuwachs-entscheidungen sowie Entscheidungen zur Entscheidungsentlastung. „ Routineentscheidungen sind systeminterne Informationsverarbeitungsprozesse bei gleichbleibender System-Umwelt-beziehung." Bei Zweckentscheidungen ist das Mittel zu suchen — im Unterschied zu Routineentscheidungen, bei denen Ziel und Mittel vorgegeben sind. Krisenentscheidungen sollen bei gleichbleibender System-Umwelt-Beziehung Störungen, die durch Routine-und Zweckentscheidungen nicht behoben werden können, innerhalb kürzester Zeit bewältigen. Innovationsentscheidungen erfolgen unter dynamischer System-Umwelt-Beziehung. Sie „bedeuten eine Umorientierung der System-zwecke, eine Veränderung der Schaltstrukturen und Verknüpfungsregeln und führen zu Systemwandlungen, welche auch das gesamte Gefüge der Routine-und Zweckentscheidungen umformen" Machtzuwachsentscheidungen passen sich nicht wie Innovationsentscheidungen der Umwelt an, sondern bezwecken, die Kontrolle über die Umwelt zu verstärken. Sie bedeuten somit eine „Umstrukturierung des gesamten Informationsverarbeitungsprozesses, um Umweltprobleme besser bewältigen zu können" Entscheidungen über Entscheidungsentlastungen dagegen sind „systemextern orientiert bei statischer wie dynamischer System-Umwelt-Beziehung". Eine Organisation kann Entscheidungen aus dem System auslagern und wieder an die Umwelt abgeben, ohne sie jedoch der vollen Kontrolle seitens der Umwelt zu unterwerfen. Solche Entscheidungen steigern die Macht der Organisation durch Entscheidungsentlastung

Oberndorfer kritisiert an dieser Klassifizierung von Entscheidungen, daß Naschold „die so geordneten Phänomene . ohne nähere Bestimmung'als Informationsverarbeitungsprozesse hinstellt" und damit Entscheidungen übergeht, „die durch einen sozialen Prozeß, etwa . Bargaining", zustande kommen" Im einzelnen sei Nascholds Vorschlag, Routine-und Zweckentscheidungen zu demokratisieren, durch Programmierung in der Organisationspraxis weitgehend realisiert Skepsis sei auch bei den Innovations-und Machtzuwachs-entscheidungen, die ein Unterfall ersterer seien, angebracht, übersetze man Nascholds „verschachteltes System der Meinungs-und Willensbildung''mit „Delegation", dann sei nicht erkennbar, „wie durch ein solches Entscheidungssystem das Grundproblem der Oligarchisierung ... überwunden werden kann" Da es sich bei dem Typ der Krisen-entscheidung um eine besonders akute Inno-vationsoder Zweckentscheidung handelt, trifft ihn dieselbe Kritik. Beim Typ der Entscheidungen zur Entscheidungsentlastung hieße Demokratisierung nur noch, „daß der Organisation und ihren Mitgliedern Tätigkeiten zugewiesen werden, die sie nicht mehr überfordern und die sie daher erbringen können" Nascholds Vorschlag gerät damit zur Beliebigkeit für Organisationen.

Fritz Vilmar kritisiert, daß Nascholds sechs Entscheidungstypen in der sozialen Wirklichkeit „nicht nur Informationsverarbeitung —, sondern auch Interessenvertretungsprozesse sind. Die Ausklammerung des Machtproblems zeigt sich ... auch ... darin, daß er nichts zu der zentralen Frage der Durchsetzbarkeit der von unten entwickelten Entscheidungen ausführt. Es scheint fast, als seien komplexe Organisationen herrschaftsfreie Räume." Herrschaftskonflikte prägen noch die kleinsten gesellschaftlichen Subsysteme, und an ihnen erweist sich „das Demokratisierungsproblem im politischen Alltag ganz massiv als Problem des Macht-wechsels oder der Machtkontrolle"

Analog zu Naschold ist für Vilmar die Strukturierung verschiedenartiger Entscheidungsprozesse in gesellschaftlichen Subsystemen der „Ausgangspunkt herrschaftlicher oder aber demokratischer Gestaltung einer sozialen Organisation" Vilmar unterscheidet deshalb mit zunehmender Relevanz fünf Entscheidungsbereiche gesellschaftlicher Subsysteme: Marginale-, Verfahrens-, personelle, Produktions-und Systementscheidungen. Unter den Bereich „marginale" fallen Regelungen zwischenmenschlicher Verhaltensweisen, soweit sie nicht „wesensnotwendig" dem Arbeitsprozeß zugehören. Verfahrensentscheidungen sind solche, die das „Wie" entweder als arbeitstechnologische oder als arbeitsorganisatorische Entscheidungen enthalten. Personelle Entscheidungen umfassen den Komplex der Einstellung, Umbesetzung, Entlastung von Arbeitskräften infolge von Produktions-oder Systementscheidungen. Produktionsentscheidungen betreffen das „Was" der Arbeitsaufgaben bzw. Produktionen Systementscheidun-gen beziehen sich auf die Existenz, „die innere (Um-) Organisation, prinzipielle Änderungen der Zielsetzung oder des Umweltverhaltens eines Subsystems oder wesentlicher seiner Teile" Vilmar will mit dieser „Skala von Entscheidungsbereichen das gesamte Macht-und daher Kampfpotential der Demokratisierung" darstellen. Seine Demokratisierungsstrategien setzen dann an diesen Entscheidungsressorts an. In Übereinstimmung mit Naschold verwirft Vilmar als Leitnorm für Demokratisierung das Repräsentationskonzept und will die „klassische Demokratievorstellung der direkten Kontrolle von unten durch neue organisatorische und entscheidungstheoretische Methoden zumindest teilweise realisierbar ... machen"

Die Auffächerung der Entscheidung in die genannten Bereiche ist unter wissenschaftstheoretischen Aspekten durchaus zu begrüßen;

Skepsis erhebt sich allerdings, wenn sie für Demokratisierungsstrategien herhalten soll.

(Aufgrund der Parallelität der Entscheidungstypen trifft die folgende Kritik Vilmar wie Naschold.) Die Verzahnung aller Bereiche miteinander, vor allem die beiden „oberen Bereiche'der Produktionsund Systementscheidung, läßt eine Umsetzung dieser Ausdifferenzierung in die Praxis als problematisch erscheinen. Bei Personalentscheidungen werden zumindest auch langfristige Produktions-und Systementscheidungen getroffen.

Die Deklarierung und Zuweisung der Entscheidungen in die von Vilmar vorgegebenen Typen bedürfen der Interpretation und bilden ein Politikum. Die Frage der Zuordnung in die einzelnen Ressorts vor der eigentlichen Entscheidungsfindung gerät zum Kristallisationsproblem der Dezisionsdemokratisierung. Da weder Vilmar noch Naschold auf hierarchische und oligarchische Elemente in der Struktur ihrer Subsysteme verzichten, gerät die Entscheidungsdifferenzierung zur intellektuellen Spielwiese: Entscheidungszuweisungen fallen nach hierarchischem, die Entscheidungsfindung nach demokratisiertem Muster, d. h., den Organisationen und ihren Mitgliedern werden Tätigkeiten delegiert, die sie bisher auch erbringen konnten. Anzudeuten ist hier nur das Problem, Informationen auf der Ebene der Dezisionszuweisung zurückzuhalten oder zu manipulieren.

VI. Ein gangbarer Weg

Gleichheit als Prämisse demokratischer Theorien formuliert, bildet zugleich auch deren Ziel. Gleichheit als einen Wert zu begreifen, der nicht vollständig zu verwirklichen ist, sondern dem sich nur anzunähern möglich ist, beinhaltet den Anspruch an die Gesellschaft, ein Mehr an Gleichheit in den sozialen Kontext umzusetzen. Im politischen Bereich ist die Forderung des „one man, one vote" durchgängig akzeptiert und mit Hilfe des repräsentativen Systems verwirklicht worden. Für den übrigen sozialen Sektor wird nunmehr das Postulat „Mehr Demokratie wagen” erhoben; das „Wie" seines Umsetzens in institutioneile Formen scheidet die Demokratisierungsautoren. Einige befürworten, das repräsentative System auch auf die übrigen sozialen Bereiche auszudehnen, andere plädieren für direkt-demokratische Organisationsformen, die sich in einer Art Rätesystem verdichten, andere suchen nach Wegen, Räte-und repräsentative Elemente zu mischen. Mit meinem Votum für die erste Form, bestehende repräsentative Organisationsstrukturen in der Bundesrepublik zu belassen und sie auf alle sozialen Ebenen auszudehnen, verwerfe ich eine Fundamental-demokratisierung. Denn diese birgt in einem funktionierenden, auf politischem Sektor bereits demokratisch strukturierten Gemeinwesen die Gefahr in sich, übergroße soziale Verwirrung und Spannungen hervorzurufen. Darüber hinaus ist es unrealistisch anzunehmen, daß die herrschenden Eliten kampflos ihre Positionen räumen. Revolutionäre Vorgänge im Sozialwesen, die nur einen Elitenaustausch hervorbringen, helfen wenig oder gar nicht, ein Mehr an Gleichheit für alle Bürger zu erreichen. Kleine Schritte in Form von sektoraler Ausdehnung bestehender demokratisch strukturierter Organisationsformen erscheinen mir effektiver, um das eigentliche Ziel eines demokratischen Gemeinwesens zu erreichen: die soziale Gleichheit aller Bürger.

Einem Irrtum unterlag Karl Marx, als er an-nahm, daß nur die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse und die kapitalistische Produktionsweise zu einer Entfremdung des Menschen führen würden. Die Entwicklung in den osteuropäischen Staaten hat mittlerweile verdeutlicht, daß die Ursachen für die Entfremdung vor allem in bestimmten Merkmalen der Industriegesellschaft liegen. Die Verstaatlichung des Eigentums an Produktionsmittel hat hieran nichts Wesentliches geändert. Wandeln kann sich die Situation des Arbeitenden erst, wenn seine Einflußund Bedeutungslosigkeit aufgehoben wird. Eine Partizipationsausweitung an den Entscheidungsprozessen im gesamten sozialen Bereich bietet erste Ansatzpunkte, Herrschaftsverhältnisse zu mildern und zu verändern. Aus dieser Erkenntnis heraus erscheint es mir unumgänglich, die Wahl als demokratische Legitimationsbasis in allen sozialen Bereichen zu verankern, die Partizipationsebenen für Dezisionen und die Zahl der Entscheidungsträger zu erweitern, soll die Affinität des Bürgers zum demokratischen Gemeinwesen gesteigert, seine Frustration abgebaut und seine Entfremdung beseitigt werden.

Entscheidungen treffen und mitverantworten stärkt das Selbstbewußtsein der Beteiligten. Schon John Stuart Mill hat dieses Faktum erkannt. Er plädierte dafür, vor allem untere Bevölkerungsschichten an kommunalen Verwaltungsinstitutionen partizipieren zu lassen Die Mehrheit der Bürger kann nur durch aktive Teilhabe an „Entscheidungen des Gemeinwesens Selbstbewußtsein gewinnen und ihre Fähigkeiten besser entfalten" Auch Amitai Etzioni stellt die Forderung nach größerer Partizipation der Bürger auf: „And the broader the political base becomes, in terms of the participation of the membership of a society in the political processes, the more responsive the polity becomes." Diese Forderung auf den gesamtgesellschaftlichen Bereich ausgedehnt bedeutet einen Schritt in Richtung auf die Versöhnung von Herrschern und Beherrschten und damit ein Stück in Hinblick auf die angestrebte Gleichheit.

Wenn Aristoteles in der „Politik" schreibt, „daß Regieren und Regiertwerden miteinander abwechseln" sollen, trifft er — wenn dieser Ansatz vom gouvernementalen auch auf alle übrigen sozialen Bereiche ausgedehnt wird — den Kern einer möglichen Strategie, die darauf abzielt, ein hohes Maß an Mobilität unter den Regierenden und Regierten zu erreichen. Ihren Wechsel in einem quantitativ großen Sozialgebilde zu beschleunigen, führt mich zu der These, die Amtsdauer für Entscheidungs- träger auf allen gesellschaftlichen Ebenen zeitlich zu begrenzen. Eine solche Forderung führt zu einer Menge von Implikationen, die erörtert werden müssen, und wohl auch zu dem Vorwurf, die Demokratisierungsdiskussion von der inhaltlichen Dimension auf die formale zu reduzieren. Bedenkt man, welche ungeheuren sozialpolitischen Umwälzungen die formale Änderung des Wahlrechts im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts gebracht hat, dann wird sich jedoch der Vorwurf, formale Änderungen zögen keine nennenswerte Umgestaltung des sozialen Lebens nach sich, nicht mehr aufrechterhalten lassen. Die formale Ausdehnung der Partizipation auf alle sozialen Bereiche könnte einen ähnlichen Prozeß in Gang bringen wie die Änderung des Wahlrechts im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In der formalen Ausdehnung der Partizipation sind immer auch Ansätze zur inhaltlichen Umgestaltung enthalten.

Will ein Gemeinwesen, das sich demokratisch nennt, nicht unglaubwürdig erscheinen, dann darf es sich nicht nur im gouvernementalen Bereich demokratischen Grundsätzen unterwerfen, sondern muß das Prinzip der demokratischen Wahl auch auf alle anderen sozialen Subsysteme ausdehnen. Nur die Wahl legitimiert das künftige Handeln aller Dezisionsträger, soll die Identität von Entscheidungsträgern und Entscheidungsunterworfenen erreicht werden. Ohne eine solche Identität fehlt aber dem Konzept der Partizipationsausweitung in komplexen Organisationen die Basis. Die Wahl als Basiskonstituante für Handlungsfunktionen wirft die Frage auf, wer als Entscheidungsträger zu bezeichnen ist. Den Dezisionskomplex wie Naschold bzw. Vilmar aufzufächern, habe ich weiter oben als unergiebig für das Demokratisierungspotential verworfen. Dennoch stellt sich mir auch beim Konzept der Partizipationsausweitung das Problem, wo die Schnittstelle ansetzen soll, Entscheidungsträger demokratisch zu legitimieren. Es ist wohl einsichtig, daß nicht jeder Positionsinhaber von Entscheidungsbefugnissen der Wahl unterliegen darf, es sei denn, man wolle den Wahlgedanken zu Tode reiten.

Das Postulat, die Wahl an der Basis anzusetzen — wie sie sich beispielsweise in Jugoslawien institutionalisiert hat —, würde acht lassen, daß sich in der Bundesrepublik das hierarchische Entscheidungsprinzip in weiten Teilen der Sozialstruktur festgesetzt hat, und hieße, sich der Illusion hingeben, eine fundamentale soziale Umstrukturierung hätte heute eine Chance. Eine enthierarchi-sierte Sozialstruktur zu erreichen, wäre vielleicht nach dem Zusammenbruch von 1945 möglich gewesen; mit der Rekonstruktion des Privateigentums und der Verfügungsgewalt an den Produktionsmitteln besteht heute nur noch die Möglichkeit einer schrittweisen Veränderung des gesamtgesellschaftlichen Systems. Eine solche Veränderung läßt sich durch Druck von der Basis und durch eine Bewußtseinsänderung der Entscheidungsträger in die Wege leiten. Die Chance, eine solche Bewußtseinsänderung bei den Entscheidungsträgern zu erreichen, sehe ich darin, ihre Bestimmung durch Wahl stattfinden zu lassen und sie mit dem Rotationsgebot der Amtsinhaber zu koppeln. Will man schrittweise die Sozialstruktur in der Bundesrepublik verändern, dann existieren zwangsläufig neben hierarchischen Strukturmustern solche, die sich aus der Wahl legitimieren. In der Phase der Koexistenz müssen beide Strukturen ihre Validität erweisen. Um nicht von vornherein die Konkurrenz beider Strukturmuster zugunsten des hierarchischen zu gewichten, sollte m. E. das Wahlprinzip für Entscheidungsträger in der ersten Phase an der Entscheidungsspitze ansetzen, bevor es später einmal auf weitere Bereiche in den sozialen Subsystemen ausgedehnt wird. Im wirtschaftlichen Bereich sollte die Entscheidungsspitze das gesamte Management umfassen, im Bereich der Verwaltung, der Justiz, der Polizei und des Militärs sollten die leitenden Beamten der B-Kategorie sie bilden.

Wenn ich den Vorgang der Partizipationsausweitung als einen Prozeß der Bewußtseinsänderung der Entscheidungsträger, d. h. global gesprochen als einen des Herrschaftsabbaus deute, heißt das, Partizipation „als einen Prozeß im Wandel der Autorität zu begreifen, als einen Übergang von einem Typus von Autorität zu einem anderen Typus von Autorität" Willy Strzelewicz unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Herrschaftsautorität und Auftragsautorität. Erstere cha-rakterisiert er „durch eine Graduierung der Mündigkeit zwischen denjenigen, die da herrschen und führen, und denjenigen, die beherrscht und geführt werden .. Im Falle der Auftragsautorität „beruht die Führungsrolle auf einem ausdrücklich erteilten Auftrag der Geführten" Der Unterschied zwischen den Führenden und den Geführten ist „lediglich funktional und temporär"

Verstehe ich Auftragsautorität funktional und temporär, sind Entscheidungsträger durch Wahl zu bestimmen. Ein einheitlicher Wahl-modus für die verschiedenen Subsysteme in der Bundesrepublik würde aufgrund der historischen Gewachsenheit ihre Eigenart zerstören und den Prozeß einer Partizipationsausweitung eher hemmen. Mit dem vor einiger Zeit verabschiedeten Mitbestimmungsgesetz für den wirtschaftlichen Bereich ist ein erster, entscheidender Schritt im Hinblick auf eine Partizipationsausweitung getan worden; weitere müßten vor allem im Hinblick auf einen Abbau der Oligarchisierungserscheinung, die sich nicht nur bei den Arbeitgebern, sondern auch bei den Arbeitnehmern deutlich zeigt, folgen. Das Rotationsprinzip müßte auch hier zusätzlich zur Geltung kommen. Im primären und sekundären Bildungsbereich wäre ein Ratssystem zu errichten, das die Interessen der Lehrenden, Lernenden und der Erziehungsberechtigten gleichermaßen berücksichtigt. Im Hochschulbereich hat sich das Rats-system bewährt, allerdings ist der bestehende Bestellungsmodus, der die Hochschullehrer einseitig bevorrechtigt, abzubauen. In Fürsorge-Institutionen müßte ein Wahlverfahren — in Form einer Ratsstruktur — gefunden werden, das sowohl den Trägern als auch den Arbeitnehmern gerecht wird.

Die nach den verschiedenen Verfahren in den einzelnen Subsystemen Gewählten üben ihr Mandat frei aus. Ein imperatives Mandat erscheint mir problematisch, da z. B. strikte Weisungsgebundenheit seitens der Wähler die Aktionsfähigkeit des Entscheidungsträgers sehr beschneiden würde; plötzlich neu auftauchende Tatbestände könnten Flexibilität in der Entscheidung notwendig machen.

Faßte dagegen die Wahlversammlung ein imperatives Mandat so, daß es nur Grundzüge in der Geschäftspolitik festlegt könnte es den Effekt der Identität der Führenden und Geführten verstärken und wäre zu begrüßen.

Abzulehnen ist eine Recall-Möglichkeit seitens der Wähler, es sei denn, strafrechtliche Tatbestände würden erhoben. Das Prinzip des Recalls beinhaltet nicht nur das stärkste Kontrollrecht seitens der Wähler und wäre als solches zu bejahen, sondern es enthält auch die negative Wirkung seitens der Gewählten, nach den Wählern zu schielen, in der ständigen Angst, abberufen zu werden. In einem solchen Klima ist mutige und selbstbewußte Entscheidungsfindung nicht möglich. Das Prinzip des freien Mandats dagegen beruht auf dem Konzept des Vertrauens der Wähler zum Gewählten; ihre Unzufriedenheit bekunden sie, wenn die den Mandatsträger nicht wiederwählen. Ein freies Mandat mit einer Richtliniendirektive seitens der Wähler scheint mir geeignet zu sein, die positiven Elemente des freien und imperativen Mandats zu verbinden. In einem komplexen Gemeinwesen kann sich die Forderung nach Ausdehnung der Partizipation an Entscheidungen erfüllen, wenn die Dezisionsfunktionen zeitlich so limitiert werden, daß diejenigen, die von Entscheidungen ausgeschlossen sind, wissen, daß sie in geraumer Zeit ihrerseits eine Chance erhalten am Entscheidungsprozeß teilzuhaben. Das in der empirischen Partizipationsforschung immer wieder konstatierte Phänomen der Apathie, sich in sozialen Organisationen nicht zu beteiligen rührt im wesentlichen daher, daß die Chance der Teilnehmer, am Entscheidungsprozeß aktiv beteiligt zu werden, minimiert ist. Eine zeitliche Begrenzung der Funktionsträger könnte so entstandene Apathie zwar nicht beseitigen, jedoch vermindern helfen. Das Rotationsprinzip bewirkt, daß jede Organisation aktive Mitgliederwerbung be-treiben muß, um sich Nachwuchs für die frei werdenden Entscheidungspositionen heranzuziehen. Der Zwang zu aktiver Mitgliederwerbung führt dazu, Reserven stärker auszuschöpfen; dadurch wird die bisherige Apathie an der Basis verringert.

Robert Michels hat in der „Soziologie des Parteiwesens" konstatiert, daß jede durch Arbeitsteilung entstandene Organisation zur Oligarchisierung neige Das in diesem Zusammenhang auftauchende Argument, die Führer im Entscheidungsprozeß würden sich, um das Prinzip der Funktionslimitierung zu unterlaufen, Marionetten heranziehen, ist wohl nicht stimmig: Es hat sich in der Praxis immer wieder gezeigt, daß Menschen, die in Entscheidungspositionen gelangt sind, sich durchaus eigendynamisch verhalten und Manipulationen widerstehen. Die zeitliche Limitierung der Entscheidungsträger erhöht deren Quantität. Wie verhält sich dazu ihre Qualität? Sie wird erhöht. Diejenigen, die Entscheidungen treffen, haben ein Interesse, sie weiterhin zu fällen. Wird ihnen diese Möglichkeit durch zeitliche Limitierung ihrer Position gekappt, richtet sich ihr Interesse darauf, Nachfolger zu finden, die ihre Ziele weiterverfolgen. Die Förderung des Nachwuchses und sein Verlangen zu erfahren, zu welchem Zweck und wieso Entscheidungen so gefällt wurden, zwingt die Entscheidungsträger, ihre Entscheidungsstrukturen offenzulegen. Der Zwang zur Transparenz der Entscheidung fördert zugleich das integrative Engagement aller Organisationsmitglieder, da vermehrter Informations-und Kritikfluß erfolgt. Kritik aber ist der Anfang alles Schöpferischen. Ein weiterer Aspekt in diesem Spektrum ist das Senken des Manipulationsniveaus. Ehemalige Entscheidungsträger sind mit den Praktiken so vertraut, daß sie unwillkürlich eine Art Kontrolle über getroffene Entscheidungen ausüben bzw. die momentanen Entscheidungsträger unter den psychischen Druck setzen, daß sie es tun könnten. Andererseits können die Ehemaligen besonders gut den Rahmen abschätzen, in dem Machbares möglich ist. Ihre vermehrte Kritikfähigkeit wirkt daher kaum destruktiv, sondern erhöht das konstruktive Element. Die Ehemaligen übernehmen wieder andere Funktionen und helfen in ihrem Ar-* beiissektor mit, Informationen und Kritik zu transponieren und damit verständlich zu machen. Ihr Adressatenkreis ist die Basis. Solcher hin-und herlaufender Informationsfluß sowie die für den einzelnen abschätzbare Chance, selbst Entscheidungsträger zu werden, erhöht die Bereitschaft zur Partizipation in Organisationen, senkt die Apathieneigung und fördert den Identitätseffekt des einzelnen mit seiner Organisation.

Außerdem fördert der Wechsel der Funktionen innerhalb der politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Bereiche das Bewußtsein bei den Partizipanten für die ineinander verzahnte Komplexität eben dieser Bereiche; damit wird die bestehende Trennung in Staat und Gesellschaft wenn nicht aufgehoben, so doch gemildert.

Zu klären bleibt noch, in welchem Zeitraum Rotation erfolgen soll. Analog zum präsidialen Verfahren in den USA plädiere ich für eine vierjährige Amtsdauer der Volksvertreter und der Regierungsmitglieder bei einmaliger Wiederwahl. Der Zeitraum von acht Jahren sollte auch in allen anderen gesellschaftlichen Subsystemen als Maximum für Positionen gelten, in denen Entscheidungen, im weiter oben definierten Sinne fallen. Der maximale Zeitraum von acht Jahren erscheint mir für die Stelleninhaber genügend, damit sie verantwortungsvoll in ihrer Position handeln können, und kurz genug, damit die in der bisherigen Praxis immer wieder beobachteten Verschleißerscheinungen gering gehalten werden.

Ein spezielles Problem bilden die öffentlichen Verwaltungen, die im Rotationssystem zum beherrschenden Faktor der Organisation geraten könnten. Karl Moersch unterbreitete kürzlich den Vorschlag, Angehörige des höheren Dienstes der B-Kategorie, also etwa ab leitender Ministerialrat bis Staatssekretär, auf Zeit zu bestellen. Der eigentliche Aufstieg eines Beamten würde bei der Besoldungsstufe A 16 enden. „Alle darüberliegenden Positionen würden auf mindestens fünf Jahre besetzt werden." Anschließend geht ein solcher „Zeitbeamter" wieder auf seine bisherige Stelle zurück. Die Funktionszulage, die er in seiner Position als „Zeitbeamter" erhalten hat, ist nicht ruhegehaltsfähig. „Der Ministerialrat, der ein paar Jahre Staatssekretär war, bekommt Ministerialratspension." Moersch möchte seinen Vorschlag auch auf „Wahlbeamte" wie Regierungspräsidenten und Schulleiter ausgedehnt wissen Hinzuzufügen ist, daß diese Zeitlimitierung auch in den Bereichen Hochschule, Justiz, Polizei und Militär Anwendung finden sollte. Mit der Regelung, Spitzenpositionen im öffentlichen Dienst an das Rotationsprinzip anzuschließen, wäre ein entscheidender Schritt auf dem Wege zur Partizipationsausweitung in sozialen Organisationen erreicht.

Partizipationsausweitung findet also dann im bestehenden System auf zweierlei Weise statt: Zum einen wird die gegebene Entscheidungsstruktur in allen sozialen Subsystemen zugunsten einer solchen umgebaut, die auf Wahl basiert; die Mitglieder in diesen Entscheidungsgremien, wie Fachbereichsräte in Hochschulen, Vorstände in wirtschaftlichen Unternehmungen etc., werden durch spezielle Wahlverfahren ermittelt und üben ein freies Mandat aus. Zum anderen unterliegen alle so gewählten Entscheidungsträger sowie die Volksvertreter, Mitglieder der Regierungen und „Beamte auf Zeit" der Rotation nach maximal acht Jahren. Auf diese Art und Weise wird die Durchlaufquantität von Entscheidungsträgern erhöht, die Formaldemokratie inhaltlich erfüllt und damit elastischer und lebensfähiger. Erst vermehrter Partizipationsdurchlauf schafft über einen größeren Zeitraum das Potential für echte soziale Strukturveränderungen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wilhelm Hennis, Demokratisierung. Zur Problematik eines Begriffs, in: Martin Greiffenhagen (Hrsg.), Demokratisierung in Staat und Gesellschaft, München 1973, S. 47.

  2. Helmut Schelsky, Systemüberwindung, Demokratisierung und Gewaltenteilung. Grundsatzkonflikte der Bundesrepublik, München 19733, S. 47.

  3. Hennis, a. a. O., S. 49.

  4. Lester W. Milbrath, Political Participation: How and Why Do People Get Involved in Politics?, Chicago 1965, S. 146.

  5. Warnfried Dettling, Demokratisierung. Wege und Irrwege, Köln 19743, S. 116.

  6. Ebd„ S. 116 f.

  7. Jürgen Habermas, über den Begriff der politischen Beteiligung, in: ders. und Ludwig von Friede-burg, Christoph Oehler, Friedrich Weitz, Student und Politik. Eine soziologische Untersuchung zum politischen Bewußtsein Frankfurter Studenten, Neuwied 1969, S. 15.

  8. Ebd., S. 16.

  9. Ebd., S. 16.

  10. Fritz Vilmar, Strategien der Demokratisierung, Bd. I: Theorie der Praxis, Neuwied 1973, S. 102.

  11. Ebd., S. 21.

  12. Anton Pelinka, Dynamische Demokratie. Zur konkreten Utopie gesellschaftlicher Gleichheit, Stuttgart 1974, S. 97.

  13. John Stuart Mill, Grundsätze der politischen Ökonomie nebst einigen Anwendungen derselben auf die Gesellschaftswissenschaft. Aus der fünften Ausgabe des Originals übersetzt von Adolf Soetbeer, Hamburg 1864, S. 166.

  14. Dettling, a. a. O., S. 11 f.

  15. Schelsky, Die Strategie der „Systemüberwin-düng", in: a. a. O., S. 19— 37.

  16. Hennis, a. a. O.. S. 55.

  17. Vilmar, Strategien, a. a. O., S. 59.

  18. Fritz Vilmar, Systemtheorie als Ideologie contra Systemveränderung, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 51— 52/74, S. 32.

  19. Vilmar, Strategien, a. a. O., S. 21.

  20. Pelinka, a. a. O., S. 116.

  21. Dettling, a. a. O., S. 14.

  22. Karl Griewank, Der neuzeitliche Revolutionsbegriff. Entstehung und Entwicklung, Frankfurt a. M. 19692, S. 20.

  23. Vilmar, Strategien, a. a. O., S. 21.

  24. Vilmar, Systemtheorie ..., a. a. O., S. 32.

  25. Ulrich von Alemann (FIrsg.), Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung — Problemstellung und Literatur in Politik, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft. Eine Einführung, Opladen 1975, S. 17. Dieser Aufsatz erschien auch in gekürzter Fassung in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7/75, S. 3— 16, unter dem Titel: Demokratisierung der Gesellschaft.

  26. Ebd., S. 17.

  27. Ebd., S. 18.

  28. Ulrich Lohmar, Wissenschaftspolitik und Demokratisierung. Ziele, Analysen, Perspektiven, Düsseldorf 1973, S. 18— 20. Vgl. auch: ders., Das Hohe Haus. Der Bundestag und die Verfassungswirklichkeit, Stuttgart 1975, S. 48— 58.

  29. Gisela Zimpel, Selbstbestimmung oder Akklamation? Politische Teilnahme in der bürgerlichen Demokratietheorie, Stuttgart 1972, S. 6 und S. 41.

  30. Ebd., S. 205.

  31. Ebd., S. 205.

  32. Ebd., S. 99.

  33. Roland Eckert, Politische Partizipation und Bürgerinitiative, in: Offene Welt, Nr. 101/1970: Partizipation. Aspekte politischer Kultur, Opladen 1970, S. 36. Siehe auch: Martin Greiffenhagen, Freiheit gegen Gleichheit? Zur „Tendenzwende" in der Bundesrepublik, Hamburg 1975, S. 68— 85; Fritz Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung, Konstanz 1970, S. 54— 65.

  34. Eckert, a. a. O., S. 37.

  35. Ebd., S. 41.

  36. Auf die spezielle Problematik der Mitbestimmungsdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland soll hier nicht eingegangen werden. Mitbestimmung als Synonym für Partizipation auf wirtschaftlichem Sektor beinhaltet im folgenden paritätische Mitbestimmung, wie sie im schwedischen 1 Mitbestimmungsgesetz von 1976 niedergelegt ist.

  37. Carl Joachim Friedrich, Politik als Prozeß der Gemeinschaftsbildung. Eine empirische Theorie, Opladen 1970, S. 155.

  38. Pelinka, a. a. O., S. 63.

  39. Hennis, a. a. O., S. 54.

  40. Pelinka, a. a. O., S. 58.

  41. Amitai Etzioni, The Active Society. A Theory of Societal and Political Processes, New York 1968, S. 518 f.

  42. Pelinka, a. a. O., S. 63 f.

  43. C. B. Macpherson, Democratic Theory: Essays in Retrieval, Oxford 1973, S. 58.

  44. Ebd., S. 59 f.

  45. Pelinka, a. a. O., S. 65.

  46. Macpherson, a. a. O., S. 75.

  47. Christopher Jencks, Chancengleichheit, übers, von Jürgen Abel, Reinbeck 1972. Der Originaltitel heißt: „Inequality — A Reassessment of the Effect of Family and Schooling in America." Der deutsche Titel „Chancengleichheit" ist eine grandiose Fehlleistung des Übersetzers, da Jencks in seinem ganzen Buch nicht für Chancengleichheit, sondern für Gleichheit plädiert.

  48. Ebd., S. 275 f.

  49. Ebd., S. 81.

  50. Siehe z. B.: Robert A. Dahl, Power, Pluralism and Democracy, Vortrag, gehalten auf der Jahres-versammlung der American Political Science Association, Chicago 1964, zitiert nach: Peter Bachrach, Die Theorie demokratischer Elitenherrschaft, Frankfurt a. M. 1970, S. 107 f.

  51. Bachrach, a. a. O., S. 109.

  52. Pelinka, a. a. O., S. 67.

  53. John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, Frankfurt/M. 1967, S. 217— 233 (5. Kapitel: Das Eigentum). Dazu auch: C. B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt a. M. 1967, S. 249 ff.

  54. Iring Fetscher, Demokratie zwischen Sozialdemokratie und Sozialismus, Stuttgart 1973, S. 150.

  55. Karl Otto Hondrich, Demokratisierung und Leistungsgesellschaft. Macht-und Herrschaftswandel als sozio-ökonomischer Prozeß, Stuttgart 1972, S. 9.

  56. Ebd„ S. 23.

  57. Ebd., S. 23.

  58. Frieder Naschold, Organisation und Demokratie. Untersuchung zum Demokratisierungspotential in komplexen Organisationen, Stuttgart 19723, S. 62.

  59. Dieter Oberndorfer, Demokratisierung von Organisationen? Eine kritische Auseinandersetzung mit Frieder Nascholds „Organisation und Demokratie", in: Dieter Oberndorfer (Hrsg.), Systemtheorie, Systemanalyse und Entwicklungsländerforschung. Einführung und Kritik, Berlin 1971, S. 587.

  60. Naschold, a. a. O., S. 80.

  61. Ebd., S. 80.

  62. Oberndorfer, a. a. O., S. 588.

  63. Ebd., S. 607, siehe auch S. 593; Klaus von Beyme, Die politischen Theorien der Gegenwart, München 1972, schreibt dazu: „Naschold hat nie behauptet, daß . Demokratisierung per definitionem Effizienzsteigerung bedeutet'..., aber er konnte nicht verhindern, daß er in diesem Sinne gedeutet wurde" (S. 219).

  64. Pelinka, a. a. O., S. 69 f.

  65. Ebd., S. 71.

  66. Naschold, a. a. O., S. 59.

  67. Ebd., S. 60.

  68. Ebd., S. 60.

  69. Ebd., S. 60 f.

  70. Oberndorfer, a. a. O., S. 594. Oberndorfer verweist auf J. G. March, H. A. Simon, Organisations, New York 1958, S. 130.

  71. Ebd., S. 603, sowie wiederum: J. G. March, H. A. Simon, a. a. O., S. 139— 149.

  72. Ebd., S. 605.

  73. Ebd., S. 606.

  74. Vilmar, Strategien, a. a. O., S. 130 f.

  75. Ebd., S. 131.

  76. Ebd., S. 115.

  77. Ebd., S. 118 f.

  78. Ebd., S. 119.

  79. Ebd., S. 119.

  80. Naschold, a. a. O., S. 55.

  81. Vilmar, Strategien, a. a. O., S. 127.

  82. John Stuart Mill, Betrachtungen über die repräsentative Demokratie, Paderborn 1971, S. 226 f.

  83. Bachrach, a. a. O., S. 119.

  84. Etzioni, a. a. O., S. 512.

  85. Aristoteles, Politik, München 1965, 1259 b.

  86. Vgl. Herwig Roggemann, Das Modell der Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien, Frankfurt 1970. Roggemann beschreibt darin den institutioneilen Rahmen, in dem die Arbeiterselbstverwaltung ein-außer

  87. Willy Strzelewicz, Demokratisierung und Erwachsenenbildung, Braunschweig 1973, S. 32.

  88. Ebd., S. 32 f.

  89. Ebd., S. 35.

  90. Ebd., S. 36.

  91. Vgl. zum Problem der Kontrolle: Paul Kevenhörster, Das imperative Mandat. Seine gesell-

  92. Wilfried Nelles/Henning von Vieregge, Partizipationsforschung - wozu und wohin?, in: Ulrich von Alemann (Hrsg.), a. a. O., S. 282, schreiben: „Vor allem der Arbeiter ist... aus vielen Gründen, die mit seiner gesellschaftlichen Stellung und seiner Lage im Arbeitsprozeß Zusammenhängen, kaum in der Lage gegebenenfalls vorhandene Partizipationsangebote angemessen wahrzunehmen." Auch Joachim Raschke, Innerparteiliche Opposition. Die Linke in der Berliner SPD, Hamburg 1974, konstatiert dieses Phänomen bei seiner empirischen Untersuchung der Berliner SPD. Siehe auch seinen Aut-satz: „Demokratisierung durch innerparteilichen Gruppenwettbewerb?, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 14/75, S. 15 ff., vor allem S. 24.

  93. Robert Michels, Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens, Neudruck der 2. Aufl., Stuttgart 1970, S. 366.

  94. Karl Moersch im Spiegel-Interview, in: Der Spiegel, Nr. 29, 1975, S. 34.

  95. Ebd., S. 34.

  96. Ebd., S. 34.

Weitere Inhalte

Volker Szmul a , Dr. phil., geb. 1941 in Königsberg; Studium der Politischen Wissenschaft, der Alten, Mittelalterlichen und Neueren Geschichte sowie des Völkerrechts in Heidelberg und Bonn; 1972— 1975 Wissenschaftlicher Assistent im Fadi Politische Wissenschaft an der Gesamthochschule Paderborn; seit 1975 Akademischer Rat. Veröffentlichungen u. a.: Die Arbeit des Geschäftsordnungsausschusses — Aufgabe und Bedeutung eines Bundestagsausschusses, Diss. Heidelberg 1970; Verfasser mehrerer Beiträge im Handbuch des deutschen Parlamentarismus, hrsg. von Röhring/Sontheimer, München 1970; Zum Selbstverständnis des Deutschen Bundestages — Parlamentsreform als Ausdruck eines sich wandelnden Selbstverständnisses, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/74; Planung im bürgerlich-liberalen Staat, in: Politische Vierteljahresschrift, 1976, Heft 2, S. 243 ff.