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Der Einfluß der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft auf die CDU. Ein Beitrag zur Parteientheorie | APuZ 46-47/1976 | bpb.de

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APuZ 46-47/1976 Mitbestimmung und politische Sozialisation. Komponenten liberaler Gesellschaftspolitik Der Einfluß der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft auf die CDU. Ein Beitrag zur Parteientheorie Artikel 1

Der Einfluß der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft auf die CDU. Ein Beitrag zur Parteientheorie

Gertrud Kramer/Johannes Kramer

/ 76 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Ausgangspunkt der Analyse ist die sowohl von politischer wie von wissenschaftlicher Seite her aufgestellte Behauptung, der Arbeitnehmerflügel in der CDU — institutionalisiert in den Sozialausschüssen — hätte auf die CDU keinen Einfluß. Dies würde nicht nur innerparteilich dem Anspruch der CDU, eine Volkspartei zu sein, widersprechen, sondern auch ein Ungleichgewicht der Interessenwahrnehmung in einer pluralistischen Gesellschaft bedeuten. Die Analyse erfolgt in drei Schritten: Zunächst wird die CDU mit ihrem Vereinigungsprinzip unter besonderer Beachtung der Sozialausschüsse dargestellt. Die Sozialausschüsse verstehen sich dabei nicht nur als Transmissionsriemen der Partei zur Arbeitnehmerschaft, sondern begreifen sich in einer älteren Tradition selbst als Teil der Arbeitnehmerbewegung. In Anlehnung an die Eliten-und Interessengruppenforschung wird der Stellenwert der Sozialausschüsse in der Partei, in den Gewerkschaften und in den Betrieben untersucht. Der Ansatz zeigt, daß die Sozialausschüsse zumindest ausreichend vertreten sind, um Einfluß geltend zu machen, und ihnen ein größerer Stellenwert eingeräumt werden muß, als es dem Vereinigungsprinzip entsprechen würde. In einem entscheidungsgenetischen Ansatz wird in Form einer Fallstudie am Beispiel der Mitbestimmung untersucht, ob die positionelle Vertretung sich auch inhaltlich in Entscheidungen der CDU niederschlägt. Die Analyse der Mitbestimmungsdiskussion in der CDU vom Berliner Parteitag 1968 bis zum Hamburger Parteitag 1973 kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, daß die Sozialausschüsse inhaltlich einen sogar erheblichen Einfluß auf die Mitbestimmungsentscheidung der CDU ausüben konnten.

I. Einleitung

Abbildung 7

Die „Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft" in der CDU haben in der Vergangenheit häufig Schlagzeilen gemacht. Diese Wirkung auf die Massenmedien besteht vielfach darin, daß die Austragung unterschiedlicher Interessen und politischer Weltanschauungen als „Krach in einer politischen Partei“ eher eine „attraktive Schlagzeile und einen spannenden Bericht abgibt" „Für den Journalisten ... sind die Sozialausschüsse das Salz im Eintopf der Union." Dabei muß die Konfliktaustragung in einem demokratischen Parteiensystem und in einer Volkspartei als „normal" und systemnotwendig angesehen werden. Solange sich hinter diesen Schlagzeilen und in der öffentlichen und innerparteilichen Meinung nur eine „gestörte" Einstellung zur Normalität dieser Konfliktaustragung verbirgt, könnte man die publizistische Wirkung der Sozialausschüsse mit einem nachdenklichen Wort über die „Mündigkeit des politischen Bürgers in der Demokratie" abtun.

Aber hinter diesen Schlagzeilen verbirgt sich häufig — zumindest bei den Gegnern der Unionsparteien, aber auch in einigen wissenschaftlichen Untersuchungen — die Vorstellung der unzureichenden Arbeitnehmerinteressenvertretung und der politischen Ohnmacht der Sozialausschüsse in der CDU. Da die Sozialausschüsse als die Organisation der Arbeitnehmerinteressen in der CDU gelten, würde der Vorwurf der politischen Einfluß-

losigkeit nicht nur den Anspruch der CDU, eine alle Schichten der Bevölkerung umfassende Volkspartei zu sein, verletzen, sondern 1 auch einen empfindlichen Nerv unseres Parteiensystems treffen.

Die Stellung und Aufgabe der Parteien ergibt sich aus dem Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland, das durch die Verfassung eines freiheitlich demokratischen und sozialen Rechtsstaates charakterisiert und konkretisiert wird. Für das Grundgesetz und seine Ordnung gilt die Formel Fraenkels vom „Pluralismus als Strukturelement der freiheitlich rechtsstaatlichen Demokratie" Das in Art. 21 GG gewährleistete Mehrparteiensystem gibt das Spiegelbild einer differenzierten, auf legitimen Interessengegensätzen beruhenden Gesellschaft wider. Durch die verfassungsrechtliche Aufgabenstellung: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit", werden die politischen Parteien gegenüber reinen Interessenverbänden in eine privilegierte Position gestellt.

Gleichzeitig bedingt diese Aufgabenstellung für die Parteien ein Spannungsverhältnis zwischen „reiner Interessenvertretung und Gemeinwohl". „Die Aufdeckung der dialektischen Spannung zwischen Interessenrepräsentation und volonte generale, das niemals endende Bemühen, mittels freier und offener Auseinandersetzungen einen Ausgleich zwischen beiden Prinzipien herzustellen, bildet eines der kennzeichnenden Merkmale der westlichen .Demokratie'" Wenn Parteien zugunsten eines organisierten partialen Interesses auf die politische Gesamtkonzeption verzichten, besteht die Gefahr zur Entartung einer „pressure group" Die Orientierung am Gemeinwohl kann jedoch nur gewährleistet sein, wenn die Parteien auch in ihrer inneren Ordnung nach demokratischen Gesichtspunkten strukturiert sind. „Für die politischen Parteien schreibt Art. 21 GG . .. vor, daß auch ihre innere Ordnung nach demokratischen Gesichtspunkten zu regeln ist (Art. 21 Abs. 1 Satz 3; vgl. § 6 ff. Parteiengesetz). Mit dieser Entscheidung überträgt das Grundgesetz die Prinzipien demokratischer Organisation auf den politisch wichtigsten Bereich gesellschaftlicher Selbstorganisation. Das Grundgesetz fodert von den Parteien damit ein Maß an Übereinstimmung mit den demokratischen Ordnungs-und Organisationsr Prinzipien, wie es dies sonst nur für den staatlich organisierten Bereich vorsieht. Diese Homogenitätsforderung erklärt und legitimiert sich daher aus der demokratischen Funktion der Parteien und ihrer privilegierten Position im politischen Willensbildungsprozeß." Definiert man diese demokratische Anforderung an die innere Struktur der politischen Parteien als die Möglichkeit, für die pluralen Interessen in der Gesellschaft und in der Partei gleichberechtigt am innerparteilichen Willensbildungsund Entscheidungsprozeß teilzunehmen, so müßte die These, daß eine relevante gesellschaftliche und innerparteiliche Interessengruppe keinen Einfluß habe, dieser wichtigen demokratischen Anforderung und damit einer zentralen Funktion der Parteien in unserem Gesellschaftssystem widersprechen. Die Verzerrung der pluralistischen Struktur unseres Parteiensystem müßte analog die Tendenzen zu einer Unausgewogenheit der gesamtgesellschaftlichen pluralistischen Struktur verstärken. Unter Hinweis auf den Mitbestimmungsbeschluß der CDU in Düsseldorf 1971 warfen SPD-Mitglieder während einer Debatte im Deutschen Bundestag den Sozialausschüssen eine „Feigenblatt-Funktion" innerhalb der CDU vor Als im Juni 1971 in Hamburg 18 Mitglieder aus der CDU austraten, gaben sie folgende Erklärung ab: „Die CDU/CSU ist aufgrund ihrer internen Struktur nicht mehr fähig, den Weg einer , Volkspartei'und einer . Partei der Mitte'zu gehen ... Statt dessen stellt die CDU/CSU gegenwärtig das Sammelbecken rechtsorientierter und reformfeindlicher Interessengruppen dar ... Vor dem Hintergrund dieser Machtkonstellation, muß auch das Dasein der . Sozialausschüsse’ gesehen werden.

Sie sind seit eh und je eine unbedeutende Kraft innerhalb der Union. Nie hat sich das so deutlich gezeigt wie in Düsseldorf." Könnten diese Erklärungen zum einen Ausfluß der politischen Auseinandersetzung, zum anderen aus einer angespannten und emotionalisierten Situation speziell in Hamburg entstanden sein, so stimmt das Ergebnis einer Studie von Eb-bighausen und Kaltenborn weitaus nachdenklicher. Sie stellen zusammenfassend fest: „Die Sozialausschüsse sind aus der Tradition der aufgezeigten Entwicklung heraus faktisch nicht in der Lage, Arbeiterinteressen in der CDU zu vertreten und durchzusetzen, erfüllen vielmehr mittelbar in erster Linie intern integrative, nach außen hin rechtfertigende, propagandistische und, in bezug auf die Gewerkschaften, pazifizierende Funktionen einer durch Kapitalinteressen dominierenden Partei, wie sie die CDU nach wie vor darstellt."

Es fällt auf, daß oft als Beweis für die zu konstatierende Einflußlosigkeit der Sozialausschüsse in der CDU der Mitbestimmungsbeschluß des Düsseldorfer Parteitages genommen wird. Da nun im Rahmen dieser Arbeit nicht alle sachpolitischen Bereiche der CDU einer Analyse unterzogen werden können und die Mitbestimmungsfrage auch für die Sozialausschüsse eine zentrale Bedeutung hat soll versucht werden, anhand dieses Problems den Einfluß der Sozialausschüsse zu messen.

Die Untersuchung erfolgt in drei Abschnitten. Zunächst wird der zu untersuchende Gegenstand, d. h. die Volkspartei CDU mit ihrem Vereinigungsprinzip unter besonderer Berücksichtigung der Sozialausschüsse dargestellt. In Anlehnung an die Eliten-und Interessengruppenforschung soll dann versucht werden, in einem positionellen Ansatz, der im Sinne der Systemtheorie um einen funktionalen Aspekt erweitert wird, die personelle Vertretung der Sozialausschüsse in der CDU aufzuzeigen. Im dritten Abschnitt soll mit Hilfe des entscheidungsgenetischen Ansatzes in Form einer Fallstudie der Entscheidungsprozeß zur Mitbestimmung nachgezeichnet werden.

Die Analyse der Mitbestimmungsdiskussion ist zeitlich begrenzt vom Berliner bis zum Hamburger Parteitag, auf dem die innerparteiliche Diskussion ihren vorläufigen Abschluß fand. Die Haltung der CDU zum Mitbestimmungskompromiß der Bundesregierung von 1976 ist nicht einbezogen worden, da die Entscheidungen weniger Ausdruck innerparteilicher Machtpositionen, als vielmehr durch den nahen Wahltermin bestimmt waren. Das gleiche gilt auch für die möglichen Auswirkungen der vom Generalsekretär der CDU, von Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, vorgelegten Dokumentation über den „Mißbrauch gewerkschaftlicher und politischer Macht durch SPD-und Gewerkschafts-Funktionäre". Zu diesem Zeitpunkt ist nicht abzusehen, ob die dadurch zwischen CDU und DGB und in der CDU aufgetretenen Spannungen von Dauer sein und Einfluß auf die Stellung der Sozialausschüsse in der CDU nehmen werden.

II. Die Volkspartei CDU und ihre Vereinigung Sozialausschüsse

Abbildung 8

1. Die CDU als Volkspartei Will man die Willensbildungsund Entscheidungsprozesse in der CDU analysieren, so ist zunächst zu fragen, welche Struktur eine Volkspartei aufweisen muß. Kierey definiert eine Volkspartei wie folgt: „Eine politische Partei ist dann eine Volkspartei, wenn alle Gruppen und Schichten der Gesellschaft in angemessenem Verhältnis innerhalb der Mitgliedschaft, der Wählerschaft und der die Partei repräsentierenden Mitglieder in den Parlamenten vertreten sind. Sie muß nach ihrer grundsätzlichen Programmatik, ihrer aktuellen politischen Zielsetzung, der tatsächlich von ihr betriebenen Politik und ihrer Organisation in der Lage und auch willens sein, die Gruppen am innerparteilichen Entscheidungsprozeß teilhaben zu lassen und ihre Interessen nach außen hin zu vertreten. In ihr dürfen nicht spezifische Gruppen andere majorisieren und die Partei von sich abhängig machen." Charakteristisches Element einer Volkspartei muß demnach ihre Offenheit für alle Gruppen und sozialen Schichten der Gesellschaft sein. Untersucht man die CDU in bezug auf ihre Mitgliederstruktur, so zeigt sich eine deutliche Unterpräsentation von Arbeitern innerhalb der CDU mit nur ca. 12 °/o und eine überproportionale Vertretung von Selbständigen, Angestellten und Beamten mit insgesamt zwei Dritteln der Mitglieder Die Wahlentscheidungen ausgewählter Berufsgruppen zeigen hingegen einen relativ repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung

Eine ausgewogene Repräsentation der Bevölkerung durch die Mitglieder in der Partei und in den Parlamenten ist in keiner Partei zu konstatieren nicht zuletzt aufgrund vielfältiger Sozialisationsmechanismen, die nach Meinung der Verfasser den innerparteilichen Aufstieg für Angehörige der unteren Schichten zwangsläufig hemmen müssen

Trotz der nicht ausgewogenen Repräsentation aller sozialer Schichten in der Mitgliederstruktur und der dadurch bedingten Gefahr, „sich zu einer Mittelstandspartei zu verengen" ist die CDU Volkspartei in dem Sinne, daß sich in ihr die großen sozialen Gruppen der Bevölkerung deutlich abzeichnen. „Das System selbständiger Suborganisationen in der CDU trägt zu deren Erfolg bei, denn es führt der Union Anhänger verschiedener sozialer Herkunft zu. Die Suborganisationen heben insofern den , Mangel'der Volkspartei CDU auf, der darin besteht, daß die Mitgliedschaft stark bürgerlicher Herkunft und nicht für die Gesamtbevölkerung repräsentativ ist." 2. Vereinigungen als „Strukturelemente" der CDU Das Prinzip der Vereinigungen ist ein besonderes Strukturmerkmal der CDU. Die Union versucht hiermit, dem gesellschaftlichen Pluralismus durch eigenständige innerparteiliche Organisationen Rechnung zu tragen. Aufgrund des Statuts der CDU vom 7. November 1968 wird den Vereinigungen im Vergleich zu Unterorganisationen in der SPD und FDP eine weitestgehende Unabhängigkeit zugestanden. Da Unabhängigkeit den Vereinigungen am ehesten die Durchsetzung politischer und personeller Ziele in der CDU erlaubt kommt ihnen eine starke Position im innerparteilichen Gefüge der CDU zu, welche sich zum Beispiel bei der Kandidatenaufstellung und der hierbei deutlich werdenden Berücksichtigung des Führungspersonals der Vereinigungen zeigt

Norbert Blüm bezeichnet die Vereinigungen in der CDU als eine erwünschte Strukturierung der Meinungsbildung in einer Volkspartei. „Die Meinungsbildung in den großen Volksparteien vollzieht sich nicht über ein atomisiertes Mitgliedergefüge, sondern über Gruppen." Wird aus der Institutionalisierung der Vereinigungen auch wenig über die Ausgewogenheit des Interessengefüges und der realen Einflußmöglichkeiten gesagt, so bleibt doch festzuhalten, daß die CDU durch ihre innere Heterogenität und pluralistische Struktur gute Voraussetzungen für erfolgreiche außer-und innerparteiliche Einwirkungen auf ihren sachpolitisch-programmatischen Willensbildungsprozeß bietet.

In der Parteientorschung sind die Vereinigungen in der CDU als ein besonderes und erfolgreiches Merkmal der organisatorischen Struktur, ja oft als ein Erfolgsgeheimnis gesehen worden Man kann dieses Vereinigungsprinzip, den „institutionalisierten Pluralismus", als „zusätzliches Element der Machtverteilung" und „Möglichkeit eines zweiten Willensbildungsweges" unter dem Aspekt der innerparteilichen Demokratie begrüßen. Die Schaffung von Mechanismen der innerparteilichen Diskussion und Konfrontation begrenzt die „Kriegsschauplätze der Interessenauseinandersetzungen" und läßt die Konflikte an den vorgezeichneten Organisationslinien entlanglaufen Bezogen auf die Struktur der CDU bedeutet dies: um zur Entscheidungsfindung zu gelangen, muß eine friedliche Konfliktregelung zumeist auf dem Weg des Kompromisses gefunden werden. Diese ausgleichende Funktion kommt zumeist dem Bundesvorstand der CDU zu, insbesondere vor anstehenden Parteitagen. 3. Die Sozialausschüsse in der CDU als Vereinigung Die Sozialausschüsse werden in dem Statut der CDU als eine christliche Vereinigung neben anderen erwähnt. Betrachtet man das Statut der CDA, so wird die Betonung des eigenständigen Charakters der CDA sowohl vom Namen als auch von ihrer Aufgabenstellung her deutlich: § 1 (1) „Die Sozialausschüsse der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) sind ein organisatorischer Zusammenschluß von christlichen Arbeitern, Angestellten und Beamten. (2) Sie sind gemäß Statut der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) eine Vereinigung der CDU. Ihr satzungsgemäßes Ziel ist . Einfluß auf das politische Leben nach den Grundsätzen der christlich-sozialen Idee zu nehmen und dazu beizutragen, eine Gesellschaftsordnung auf der Grundlage der sozialen Gerechtigkeit zu verwirklichen'."

Die CDA ist die einzige Vereinigung innerhalb der CDU, die das , C'in ihrem Namen trägt. Die betonte Eigenständigkeit der CDA, nicht allein die Belange der CDU zu vertreten, sondern von ihren Aufgaben und Zielen her mit eigenen Tendenzen und Forderungen innerhalb der Union zu wirken wird in einer Entschließung der Bundestagung der CDA in Bochum 1973 deutlich. Zum Verhältnis der Sozialausschüsse und CDU heißt es u. a.: „Die Gesellschaft, in der wir leben, ist eine Arbeitnehmergesellschaft. Die Politik der Sozialausschüsse muß deshalb auch immer von einer allgemeinen politischen Verantwortung getragen werden"

Das politische Selbstverständnis der CDA weist über die „Rolle einer Fachgruppe für bestimmte Interessen" innerhalb der CDU hinaus. Im Gegensatz zur Mittelstandsvereinigung und Wirtschaftsrat z. B., die ihren eigenen Begriffen nach zwar legitime, aber nichts anderes als Vertreter materieller Interessen innerhalb der CDU sind versteht sich die CDA nicht bloß als eine Vereinigung der CDU, sondern als Erbe und Teil einer allgemeinen christlich-sozialen Bewegung, deren Gedankengut in der katholischen Arbeiterbewegung (Ketteier, Kolping) und der christlichen Gewerkschaftsbewegung wurzelt.

Ohne im einzelnen näher auf die historische Entwicklung der christlichen Arbeiterbewegung einzugehen, ist darauf zu verweisen, daß die CDA im Vergleich zur CDU in einer viel stärkeren historischen Tradition steht. Mit Vorliebe beruft sich die CDA auf den Vorsitzenden der christlichen Gewerkschaftsbewegung, der in seiner berühmten Essener Rede 1920 zum erstenmal die Idee der christlichen Volkspartei formulierte

In der Tat war die Gründung der CDU in hohem Maße ein Produkt der christlichen Arbeiterbewegung. Die Sozialausschüsse hatten sich schon 1945 zum Teil auf lokaler Ebene konstituiert, und am 30. November 1947 wurde in Herne „die Reichsarbeitsgemeinschaft der Sozialausschüsse" als „Sammlung der christlichen Arbeitnehmerschaft in der CDU" gegründet In vielen Leitsätzen und Dokumenten der Gründungszeit zeigte sich der Einfluß der Sozialausschüsse, die durch die christlichen Gewerkschafter Andreas Hermes, Jakob Kaiser und Ernst Lemmer in Berlin, die Linkskatholiken Walter Dirks, Werner Hilpert und Karl-Heinz Knappstein in Frankfurt und die ehemaligen Zentrumspolitiker Leo Schwering, Karl Arnold und Johannes Albers in Köln repräsentiert wurden Zwei Bewußtseinsströmungen zeigten sich in diesen Dokumenten und Leitsätzen: die christliche Sozial-lehre und sozialistisches Gedankengut. Während die Kölner Leitsätze eine Demokratisierung und Mitbestimmung in der Wirtschaft verlangten, forderten die Frankfurter Leitsätze eine enge Verbindung von Demokratie, Sozialismus und Christentum sowie die Einführung einer Plan-und Gemeinwirtschaft

„Die CDU verstand es damals, durch eine radikal soziale Programmatik jenen Teil der Arbeitnehmerschaft an sich zu binden, die sich der Tradition der christlichen Gewerkschaftsbewegung verpflichtet fühlten." Als „Summe der bis dahin proklamierten Zielsetzungen der CDU" wird das „Ahlener Programm von 1947" von der CDA bezeichnet, die darin ihren geistigen Standort dokumentiert sieht. Neben dem oft zitierten Satz: „Das kapitalistische System ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden" wird oft übersehen, daß es weder revolutionär noch antikapitalistisch im strikten Sinn dieser Worte war, sondern die gesellschaftliche Machtverteilung zum Prinzip erhob Kem dieses machtverteilenden Prinzips war der Gedanke der Mitbestimmung. „Das Ahlener Programm ist während der nächsten Jahre dadurch, daß es den Mitbestimmungsgedanken auf den Weg der politischen Diskussion brachte, zu anhaltender Wirkung gekommen"

Doch der Einfluß der CDA und damit das „Ahlener Programm" schwand in den folgenden Jahren immer mehr. Das Mitbestimmungsgesetz für die Montan-Industrie konnte erst nach einer Streikdrohung der Gewerkschaften und persönlicher Intervention Adenauers verabschiedet werden, das Betriebsverfassungs-gesetz entsprach schon nicht mehr den Wünschen der CDA.

Der Führungsstil Adenauers, der der Partei keine großen Entwicklungsmöglichkeiten ließ, das Primat der Außenpolitik und die zunächst durchaus erfolgreiche Erhardsche Konzeption einer „Sozialen Marktwirtschaft" drängten die CDA, trotz einiger Erfolge im sozialpolitischen Sektor wie die Rentenreform, immer mehr an die Seite. „Die Sozialausschüsse sind tot“ schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Anfang der sechziger Jahre Erst während der Rezession 1966/67, der daraus resultierenden großen Koalition zwischen der CDU und SPD, deren eifrige Verfechter die Sozialausschüsse waren, und insbesondere seit der Oppositionsphase 1969 beginnt der Einfluß der CDA innerhalb der Partei wieder zu wachsen.

Auf der Bundestagung der Sozialausschüsse in Bochum 1973 forderte Katzer dann auch für die Gesamtpartei eine Rückbesinnung auf die Prinzipien des Ahlener Programms Von der CDU wurde das Ahlener Programm lange Zeit als „Sündenfall" abgetan. Eine besondere Genugtuung war deshalb für die CDA folgende Aussage von Prof. Biedenkopf in einem Vortrag an der Katholischen Akademie Bayern in München am 9. Oktober 1973: „Die Grundwerte, die unsere Politik bestimmen, sind sowohl im Ahlener wie im Düsseldorfer Programm in einer für den Charakter der CDU prägenden Weise enthalten. Das Ahlener Programm enthält die wichtigsten programmatischen Aussagen der christlichen Soziallehre, die Düsseldorfer Leitsätze beschreiben die wesentlichsten Positionen des ordnungspolitischen Liberalismus in der CDU." Die CDA wurde hiermit wieder von der Position eines „Linken Flügels" in den Kern der CDU als Mitbegründer der geistigen Grundlagen gestellt. Ob diese Aussage nur theoretisch war oder ob sie sich in der konkreten Politik zeigte, wird in den nächsten Kapiteln zu zeigen versucht.

III. Die positionelle Vertretung der CDA

1. Methodische Vorbemerkung Wie einleitend festgestellt wurde, bietet die empirische Sozialforschung die beiden Möglichkeiten der Eliten-und Interessengruppen-forschung an, die Macht und den Einfluß bestimmter Gruppen innerhalb eines politischen Systems zu analysieren Die verschiedenen methodischen Ansätze lassen sich im Falle der Einflußnahme der CDA auf die CDU nicht scharf trennen. Die CDA versteht sich einerseits aisinteressengruppe der christlichen Arbeitnehmerbewegung, die auf ein politisches System einwirkt andererseits nimmt sie als Vereinigung mit ihren Führungsspitzen an der Konkurrenz der Eliten innerhalb des politischen Systems „Partei" teil und repräsentiert darüber hinaus zusammen mit den Führungskräften anderer Teilgruppen die Elite der CDU nach außen. Zugleich ist sie Träger der christlich-sozialen Idee (Ahlener Programm), die zusammen mit dem Ordoliberalismus (Düsseldorfer Programm) die geistige Grundlage der CDU darstellt Deshalb soll im Rahmen dieses Kapitels die Fragestellung nicht auf den zu eng gefaßten positioneilen Ansatz der Eliten-forschung beschränkt bleiben, wie er etwa bei Adam und Wehling dargestellt wird sondern soll umfassender den Stellenwert mit einbeziehen, den die CDA innerhalb und für die CDU einnimmt. Die Frage nach der positionellen Vertretung der CDA beschränkt sich damit nicht auf den eher institutioneilen Aspekt der Anzahl und sozialen Struktur von CDA-Führungskräften in CDU-Gremien bzw. in CDU-relevanten Gremien, sondern wird erweitert um den funktionalen Aspekt der Frage, welche Funktionen die CDA für die CDU wahrnimmt bzw. wahrnehmen könnte und welche Bedeutung und Position sie dadurch für die Gesamtpartei erhält. Der Maßstab für die Beurteilung institutioneller Vertretung kann z. T. nur aus dessen funktionaler Bedeutung gewonnen werden. Einfluß bemißt sich nicht nur danach, daß man „in einem konkreten Entscheidungsprozeß als Handelnder auftritt", sondern auch danach, verhindern zu können, „daß bestimmte Handlungsweisen überhaupt auf den Tisch der Entscheidungen kommen" Man muß nicht unbedingt selbst am „Tisch sitzen", und es ist schon gar nicht nötig, dort in der Mehrzahl zu sitzen. Denkbar wäre z. B. eine innerparteiliche Arbeitsteilung, nach der bestimmte The-menkomplexe in die Verantwortung bestimmter Gruppen fallen, die Sozialpolitik z. B. (nur) von den Sozialausschüssen zu bearbeiten wäre. Der funktionale Aspekt dieser Frage ermöglicht aber noch in eine andere Richtung eine differenziertere Stellungnahme. Denkbar wäre beispielsweise, daß in den Augen der CDU die durch die CDA artikulierten Interessen oder vermeintlich abgedeckten Funktionen zeitweilig oder für immer durch andere Partei-gruppierungen besser wahrgenommen werden.

Beispielsweise könnte in einer stark wachstums-orientierten Phase die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen eher einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik und — unterstellen wir die innerparteiliche Arbeitsteilung — damit eher der Wirtschaftsbzw. Mittelstandsvereinigung zugesprochen werden. In diesem Falle könnte eine CDU-Strategie zur Gewinnung von Arbeitnehmerstimmen durchaus mit einer Einflußminderung der CDA einhergehen. Umgekehrt ist eine Einflußminderung der CDA nicht ohne weiteres gleichbedeutend mit einer schwächeren Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen durch die CDU

Nur unter diesem Doppelaspekt der institutionellen und funktionellen Vertretung der CDA kann der positionelle Ansatz die Frage nach dem Einfluß klären. Im weiteren Vorgehen wird deshalb zunächst nach der Funktion der CDA für die CDU gefragt. Die Frage, in welchen Bereichen diese Funktion wie erfüllt wird, verweist sowohl auf die sachlich inhaltliche als auch auf die personelle Vertretung. 2. Welche Funktion erfüllt die CDA für die CDU?

Formell hat die CDU die Rolle der Vereinigungen in ihrem Statut geregelt. Es heißt dort: „Die Vereinigungen sind organisatorische Zusammenschlüsse mit dem Ziel, das Gedankengut der CDU in ihren Wirkungskreisen (junge Generation, Frauen, Arbeitnehmer, Vertriebene und Flüchtlinge) zu vertreten und zu verbreiten, sowie die besonderen Anliegen der von ihnen repräsentierten Gruppen in der Politik der CDU zu wahren."

Statuarisch sind den Vereinigungen damit zwei Funktionen zugewiesen: 1. Die Außenwirkung: Die CDU-Politik soll in spezifischen Gesellschaftsbereichen vertreten werden durch speziell dafür ausgerichtete Vereinigungen. Je stärker die politische Meinungsbildung in den sogenannten Primärgruppen abläuft, desto stärker wird diese Funktion berücksichtigt.

2. Die Binnenwirkung: Die besonderen Interessenlagen gesellschaftlicher Teilbereiche sollen durch entsprechende „Fachleute" in den innerparteilichen Willensbildungsprozeß eingebracht und einem solchen Interessenausgleich zugeführt werden, der der Partei die Chance der Regierungsbildung ermöglicht. Diese beiden Funktionen sind ihrerseits abgeleitet und konkretisiert aus Funktionen, die die Partei insgesamt wahrzunehmen hat und entsprechend ihrem Selbstverständnis interpretiert. Mit Zeuner können für eine Partei wie die CDU, die sich als Volkspartei versteht, folgende Funktionen angenommen werden

a) Die Funktion des Transmissionsriemens: Parteien verbinden die Gesellschaft mit den staatlichen Herrschaftsorganen. Es ist nicht die einfache Vermittlung eines vorhandenen Volkswillens, sondern ein Prozeß, in dem die Parteien sowohl Orientierungshilfen für die zukünftige Entwicklung geben als auch Interessen artikulieren und in den Entscheidungsprozeß einbringen.

b) Die Funktion der Führerauswahl oder — umfassender — die Rekrutierungsfunktion Die Personalbereitstellung durch die Parteien beschränkt sich nicht nur auf die Eliten in Partei und Regierung, sondern beinhaltet die Bereitstellung des gesamten Organisationsgefüges. c) Die Funktion der Gruppenintegration: Gerade eine Volkspartei, die „prinzipiell allen Bevölkerungskreisen offensteht" und deren „Mitgliedund Anhängerschaft (sich) nicht mit einer bestimmten Interessengruppe deckt", ist „schon auf Grund des Interessenplurals ... gehalten, übergeordnete Gesichtspunkte für die politische Zielsetzung zu gewinnen" und den „Ausgleich zwischen der Partei immanenten Interessen zu suchen"

Die Interdependenz all dieser Funktionen wird deutlich, wenn man sich die auf das Ziel der Mehrheitsgewinnung ausgerichtete Partei als einen Regelmechanismus vorstellt, der in die Bereiche Problemfindung, -aufnahme, -Verarbeitung und -Umsetzung ausdifferenziert werden kann. „Die Parteien nehmen die sozialstrukturell bedingten Interessen und Wünsche der Gesellschaft auf und projizieren sie letztlich in Form von Sach-und Personalentscheidungen in das politische System."

Aus der Sicht der CDU lassen sich jetzt für die CDA folgende Aufgaben ableiten: a) Die CDA soll im Bereich der Arbeitnehmerschaft die Interessen der Arbeitnehmer aufspüren und deren spezifische Probleme artikulieren. Sie soll dazu in den Gewerkschaften und in den Betrieben präsent sein. b) Die CDA soll die Interessen der Arbeitnehmer in die CDU hineintragen und diese in der innerparteilichen Willensbildung wirksam zum Ausdruck bringen. c) Die CDA soll sich an der innerparteilichen Problemlösung und Interessenaggregation beteiligen und hierzu qualifizierte Mitglieder bzw. „Personal" bereitstellen. d) Die CDA soll helfen, die Entscheidungen und Ideen der CDU nach außen hin zu vertreten und zur Durchsetzung zu verhelfen. Hierzu soll die CDA in der Arbeitnehmerschaft verankert sein und mit ihren Führungskräften die Handlungsfähigkeit der Partei erhöhen.

Die CDA hat diesen Aufgabenkatalog in ähnlicher Form in ihrer Satzung verankert : „§ 2 (1) Zweck des Zusammenschlusses ist es, Einfluß auf das politische Leben nach den Grundsätzen der christlich-sozialen Idee zu nehmen und dazu beizutragen, eine Gesellschaftsordnung auf der Grundlage der sozialen Gerechtigkeit zu verwirklichen. In der CDU und deren Politik vertreten und wahren sie die Anliegen der Arbeitnehmerschaft. (2) Hieraus ergeben sich folgende Aufgaben: — Sammlung und Aktivierung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft zum gemeinsamen Handeln in der Christlich-Demokratischen Union, in den Gewerkschaften, in den Genossenschaften, in den christlich-sozialen Betriebsgruppen. — Zusammenarbeit mit befreundeten Organisationen in allen gesellschaftspolitischen Fragen.

— Erforschung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Zusammenhänge.

— Staatspolitische, gesellschaftspolitische und berufspolitische Bildung und Schulung sowie Herausgabe hierauf gerichteter Publikationen. — Herausgabe der Monatszeitschrift „Soziale Ordnung — Christlich-Demokratische Blätter der Arbeit."

Betrachtet man diesen Aufgabenkatalog, der der CDA von der Partei zugeschrieben wird und der in der eigenen Satzung in ähnlicher Form aufgeführt ist, dann wird man der CDA theoretisch einen hohen Stellenwert einräumen müssen, der zumindest dem der anderen Vereinigungen in nichts nachsteht.

Die theoretische bzw. statuarische Zuteilung bestimmter Aufgaben an eine Vereinigung muß aber nicht heißen, daß in den Augen der Partei diese Aufgaben von der Vereinigung auch wahrgenommen werden oder die Interpretation durch die anderen Vereinigungen auf Grund ihrer Interessenlagen eine solche Aufgabenwahrnehmung auch akzeptieren.

Der Partei kommt es darauf an, daß die — eben dieser Interpretation der verschiedenen Vereinigungen unterliegenden — Funktionen mit einem entsprechenden Output erfüllt werden. Dabei ist die direkte Zuordnung von Vereinigung und Funktion nicht zwingend.

In Anlehnung an G. Almond wird versucht, dieses Funktionengeflecht in einer Input/Out-put-Ubersicht darzustellen (s. Kasten S. 25). Nach dieser theoretischen Erörterung der Frage, welche Bedeutung die CDA für die CDU hat, um daran den Einfluß der CDA zu messen, soll nun an einzelnen Punkten der Versuch einer empirischen Untermauerung erfolgen. 3. CDA und Gewerkschaften Unstrittig ist, daß eine — prinzipiell allen Bürgern offenstehende — auf Interessenpluralismus bedachte Volkspartei ohne eine breite Beteiligung der Arbeitnehmer nicht denkbar wäre. „Ohne den hohen Anteil von Arbeitnehmer-stimmen hätte die CDU nie jene Zahl von Wählerstimmen auf sich vereinigen können, die sie in allen Nachkriegsjähren verbuchen konnte." Während die CDU die Sozialausschüsse als „Transmissionsriemen zu wichtigen Wähler-schichten" ansieht, verstehen sich die Sozialausschüsse selbst als Teil der christlich-sozialen Bewegung, die eine ältere Tradition besitzt und sich deshalb „nach 1945 nicht aus dem Bedarf der Union nach Dienstleistungen und Kommunikation für den Bereich der Arbeitnehmerschaft, also als ein Instrument der CDU entwickelt" hat „In diesem Verständnis bieten die Sozialausschüsse der Union ebenso wie den Gewerkschaften ihre Dienste an ... In diesem Sinne verfolgen sie das Ziel, der Union durch die Integration eines möglichst großen gleichorientierten Teils der Arbeitnehmerschaft zu helfen, Mehrheiten zu bilden"

Diese Politik wird entscheidend geprägt durch die Bildung der Einheitsgewerkschaft nach 1945 — einer Idee, die von den Christlich-Sozialen von Anfang an voll mitgetragen wurde und auch heute mitgetragen wird. Die Notwendigkeit der einheitlichen Gewerkschaftsvertretung, die eine wirkungsvollere Arbeitnehmerinteressenvertretung ermöglicht als Richtungsgewerkschaften, wird von der CDA, die sich als Bestandteil dieser Arbeitnehmer-bewegung versteht, betont. Die CDA ist deshalb notwendig DGB-orientiert

Dieses Verhältnis zu den Gewerkschaften und deren vielfach zu beobachtende SPD-Lastigkeit sind Ursache für eine Reihe komplexer Spannungen sowohl zwischen CDA und CDU als auch zwischen CDA bzw. CDU und DGB sowie zwischen CDA und dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) als verbleibender Richtungsgewerkschaft.

Innerparteilich haben die Auseinandersetzungen zwischen der CDA und der christlich-sozialen Kollegenschaft den Einfluß der Sozialausschüsse in der Vergangenheit geschwächt. Die Christlich-Soziale Kollegenschaft hat sich 1951 als Bildungs-und Aktionsgemeinschaft christlicher Arbeitnehmerschaft im DGB gegründet, arbeitet aber seit 1960 nicht mehr im DGB, sondern fühlt sich dem 1955 gegründeten CGB verbunden

Der Anspruch der CDA, für die Partei die Arbeitnehmerinteressen wahrzunehmen, wird mit hohem publizistischem Aufwand bestritten. Die „Gesellschaftspolitischen Kommentare" als Organ der Christlich-Sozialen Kollegenschaft verstehen sich z. T. als Kampfblatt gegen die Sozialausschüsse Auf eine Formel gebracht lautet der Vorwurf, die CDA würde „DGBPolitik in der CDU statt CDU-Politik im DGB" machen Da die Mitglieder des CGB bzw.der CSK häufig auch gleichzeitig Mitglieder der» Sozialausschüsse sind, wird nicht nur die Geschlossenheit der Arbeitnehmerinteressenvertretung, sondern auch die Geschlossenheit der Vereinigung durchbrochen. Nach Wehling aber sind die „Repräsentativität" der Interes-senvertretung und die „Kohäsion" eines Verbandes wesentliche Erfolgskriterien

Mit abnehmender politischer Bedeutung des CGB nach Mitgliederzahl (ca. 220000) Berücksichtigung in der Öffentlichkeit und in der Partei wird der Einfluß der Sozialausschüsse desto stärker. Als Beleg für diesen Trend kann die Repräsentanz gewerkschaftlich organisierter Abgeordneter in der Bundestagsfraktion der CDU/CSU genommen werden, die eine stetige Verschiebung zuungunsten des CGB und zugunsten des DGB ergibt. Im 4. Bundestag standen 31 CGB-Organisierten nur 13 DGB-Gewerkschafter gegenüber; im 6. Bundestag waren DGB und CGB mit je 19 Abgeordneten gleich stark vertreten und im 7. Bundestag überwog der DGB mit 23 Gewerkschaftlern den CGB mit 13, von denen allein sieben Mitglieder der CSU waren Eine ähnliche Kräfteverschiebung hat sich auch innerhalb der Sozialausschüsse zugunsten der im DGB gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer ergeben Die vom CGB aufgestellte Frage, ob ein CDU-Mitglied überhaupt ein DGB-Gewerkschaftsmitglied sein kann charakterisiert das grundsätzliche Mißtrauen der CDU gegenüber den Gewerkschaften. Die CDU hat bisher kein „gewerkschaftspolitisches Leitbild" entwickelt. Abgesehen von dem Vorwurf der Parteilichkeit zugunsten der SPD ist ein Großteil der CDU-Mitglieder davon überzeugt, „daß die DGB-Gewerkschaften in ihrer Programmatik und Zielsetzung eine systemüberwindende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse anstreben" Damit aber ist die Parteilichkeit der Gewerkschaften zugleich Ursache und Folge der distanzierten Haltung der CDU. über die genaue Vertretung von CDU-Mitgliedern in den Gewerkschaften lassen sich nur wenige Angaben machen. „Im Apparat der Gewerkschaften, abgesehen von den wenig einflußreichen christlichen Gewerkschaften, schwankt das Verhältnis von SPD-zu CDU-Mitgliedern zwischen 6 : 4 in günstigsten Fällen und 8 : 2 zum Beispiel im Bundesvorstand des DGB”

Die Sozialausschüsse stellen bei keiner Einzel-gewerkschaft den Vorsitzenden. Bei den meisten Gewerkschaften sind sie aber entweder als stellvertretende Vorsitzende oder zumindest im Hauptvorstand vertreten In einem Spitzengespräch zwischen den Vorsitzenden Hans Katzer und Heinz Oskar Vetter haben denn auch die Sozialausschüsse ihre Forderungen angemeldet. Gewünscht wird eine stärkere Berücksichtigung bei den Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften und ein größerer Einfluß auf die Referentenpositionen in den Gewerkschaftsverwaltungen

Nicht so sehr die zum Politikum hochstilisierte Wahl eines CDU-Mitgliedes zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden des DGB, sondern der Anteil an den Delegierten auf den DGB-Bundeskongressen — auf dem Bundeskongreß 1975 in Hamburg war der Anteil der CDU-Delegierten geringer als der der DKP — zeigt den echten Nachholbedarf christlich-demokratischer Gewerkschaftspolitik.

Die Union hat diese Unterrepräsentation und die Unterstützung der SPD durch die Gewerkschaften in der Vergangenheit häufig den Sozialausschüssen zum Vorwurf gemacht. Die Sozialausschüsse hätten es nicht geschafft, den DGB zu neutralisieren und mehr Arbeitnehmer an die CDU zu binden. Das Verständnis der Union von der Funktion einer Vereinigung hat — was die CDA betraf — nur die eine Seite nachvollziehen können und deren Wirken einseitig nur in Richtung des DGB gesehen, nicht aber umgekehrt. Versuchten die Sozialausschüsse auch den anderen Aspekt ihrer Funktion innerhalb einer Volkspartei auszufüllen, nämlich die Probleme der Arbeitnehmer in die Partei hineinzutragen, dann galten sie als unbequem.

Spätestens nach den Wahlniederlagen von 1969 und vor allem 1972 begann in der CDU ein Umdenkprozeß. Das Problemfeld Arbeitnehmerschaft wurde als Aufgabe der gesamten Partei erkannt. Zunächst versuchte die Partei unter Kohl und Biedenkopf, bei ihrer Annäherung an die Gewerkschaften die unbequemen Sozialausschüsse zu umgehen. In einem Gespräch mit Vetter soll Kohl angedeutet haben, „daß in Zukunft nicht mehr die CDA. als ständiger Gesprächspartner in Arbeitnehmerangelegenheiten mit dem DGB konferieren soll". Vetter soll auf die gute und sachliche Zusam-menarbeit zwischen DGB und CDA hingewiesen und Kohl eine Abfuhr erteilt haben

Die Sozialausschüsse sind aus dieser Entwicklung gestärkt hervorgegangen. Die Partei hat erfahren müssen, daß sie — unabhängig von dem Druck der öffentlichen Meinung, dessen Wirkung später an der Mitbestimmungsfrage deutlich wird — den Zugang zu den Interessenorganisationen der Arbeitnehmer nur über die CDA erhält. Die Partei wird sowohl in ihrem Verhalten nach außen als auch nach innen ein gewerkschaftsfreundlicheres Klima schaffen müssen, um z. B. mehr CDU-Mitglieder zum Eintritt in die Gewerkschaft zu bewegen. Eine solche Klimaverbesserung aber kann die Position der CDA in der CDU nur weiter anheben. Institutionell hat sich dies bereits niedergeschlagen, indem der Gewerkschaftsreferent der CDA diese Arbeit auch für die Bundespartei übernommen hat

Neben der Gewerkschaftsarbeit ist die Betriebsarbeit Maßstab dafür, wie die CDA ihre Aufgaben innerhalb der Arbeitnehmerschaft löst und welche Position ihr daraus erwächst. 4. Die Betriebsarbeit der CDA Wie schon im vorigen Abschnitt dargestellt wurde, haben vor allem die Analysen der Wahlniederlagen der CDU nach 1969 deutlich gemacht, welche Zielgruppe für dieses Wahlergebnis ausschlaggebend war und wo diese Niederlage erfolgt ist. Wie stark inzwischen die Arbeit in den Betrieben von der CDU eingeschätzt wird, zeigt eine Äußerung des hessischen CDU-Vorsitzenden Alfred Dregger auf einer Betriebsrätekonferenz der CDU-Sozialausschüsse in Flörsheim: „Der Betrieb ist mehr und mehr zu einem zentralen Kampfplatz geworden, auf dem sich das Schicksal unseres Volkes entscheidet. Hier stellt sich eine Aufgabe, die die ganze Partei zu erfüllen hat." Die Zielgruppe der Arbeitnehmer ist am besten in den Betrieben selbst zu erreichen. Ziel der parteipolitischen Arbeit im Betrieb ist dementsprechend die Einflußnahme auf die Arbeitnehmer und darüber auf die Gewerkschaften. In einer Dokumentation zur Situation in den Betrieben und zu den Bedingungen der Betriebsarbeit, die der Betriebsgruppenreferent der CDA, Karl-Heinz Vorbrücken, der Sozial-Sekretärskonferenzvom 27. /28. 3. 1974 vorge-legt hat, heißt es: „Betriebsgruppenarbeit ermöglicht es der CDU, Einfluß in den Gewerkschaften und bei den Mandatsträgern im Betrieb zu bekommen. Dies ist ein Ziel unserer betrieblichen Tätigkeit. Das andere Ziel ist, den Arbeitnehmern in den Betrieben die Möglichkeit zu geben, ihre Probleme in unsere Partei hineinzutragen und bei deren Lösung mitzuarbeiten." Die Dokumentation nennt aber auch die Voraussetzung einer erfolgreichen Betriebsarbeit, in dem sie feststellt, „daß beide Ziele nur auf der Grundlage koordinierter Zusammenarbeit zwischen CDU und CDA zu erreichen sind" Ebenso wie die Gewerkschaftsarbeit kann die Betriebsarbeit von den Sozialausschüssen nicht ohne die Unterstützung der Gesamtpartei bewältigt werden

Wenn man die Betriebsarbeit der CDA beurteilen will, wird man zunächst nach den Bedingungen dieser Arbeit fragen müssen. Die langjährige CDU-Regierung hat eine Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften, die auf Grund ihrer Funktion fordernd auftreten, und der parlamentarischen Opposition in Gestalt der SPD gefördert. Umgekehrt hat die SPD seit 1969 zunehmend Spannungen zwischen der Partei und der Arbeitnehmerschaft aufzufangen. Nicht zuletzt ist die Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD eine Reaktion auf diese Spannungen

Hinzu kommt die größere ideologische Nähe der SPD zu den Gewerkschaften, die sich bis 1959 als Arbeiterpartei verstand und danach auch in ihrem Selbstverständnis als Volkspartei eine enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften pflegte. Dieses hat sich niedergeschlagen in einer hohen Identität von Gewerkschafts-und SPD-Mitgliedern. Gleichzeitig hatte die CDU zu den Gewerkschaften ein gespanntes und distanziertes Verhältnis

Während vor allem die SPD schon seit Jahren einen Schwerpunkt ihrer Arbeit in den Betrieben sah und dabei auch auf die Unterstützung der Gewerkschaften zurückgreifen konnte, hat die CDU in der Vergangenheit die Betriebs-arbeit der Sozialausschüsse kaum unterstützt Vor dem Hintergrund dieser Bedingungen muß die Arbeit der CDA in den Betrieben als äußerst erschwert angesehen werden.

Christlich-soziale Betriebsarbeit war lange Zeit nicht so formiert gewesen wie die der Sozialdemokraten. Christliche Arbeitnehmer standen häufig in Mehrfachbindung und waren in ihrem Engagement häufig weniger politisch als religiös-sozial motiviert. Katholische-Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), Kolping und Evangelische-Arbeitnehmer-Bewegung (EAB) haben bis 1965 bzw. 1967 eigene aktive Betriebsgruppenarbeit geleistet. Die CDA hat sich bemüht, alle Christlich-Sozialen in ihren Betriebsgruppen zusammenzufassen und die Arbeit effektiver zu gestalten. Die Bundesvorsitzenden von KAB und EAB sind Mitglieder der CDA. Nachdem die konfessionellen Organisationen ihre Betriebsarbeit einstellten, blieb die CDA als einzige christlich-soziale Organisation aktiv.

Die Sozialausschüsse haben den Schwerpunkt ihrer Betriebsgruppenarbeit in die Großbetriebe gelegt, wo sie mit ihren relativ beschränkten Mitteln und der geringen Anzahl hauptamtlicher Mitarbeiter, die für die Betriebsarbeit zur Verfügung stehen, eine relativ große Wirkung erzielen und viele Arbeitnehmer ansprechen können. Die Großbetriebe sind es auch, die der parteipolitischen Polarisierung am stärksten unterworfen sind. Die CDA hat bei Betriebsratswahlen die Betriebe, die bundesweit bekannt sind, zentral von der Hauptgeschäftsstelle in Königswinter aus betreut. Aus einem vorläufigen Abschlußbericht (349 von 500 Großbetrieben) zu den Betriebsratswahlen 1972 geht hervor, daß die Sozialausschüsse bei diesen Wahlen die Anzahl der Betriebsräte von 451 auf 843 Sitze steigern konnten. Da gleichzeitig in diesen erfaßten Großbetrieben auch die Gesamtzahl der Sitze von 4 314 auf 5 109 angestiegen ist, konnte eine echte Steigerung von 6, 05 0/0 erzielt werden. Damit hat sich der Anteil der CDA-Betriebsräte von 11, 85% auf 19, 7 °/o verbessert In den 500 Großbetrieben werden von den Sozialausschüssen zur Zeit erfaßt:

161 Betriebsratsvorsitzende, 59 stellv. Betriebsratsvorsitzende, 857 Betriebsräte.

Dariber hinaus bestehen in 152 Betrieben Betriebsgruppen Neben der zentral erfaßten Arbeit in den Großbetrieben wird die Arbeit in den Mittel-• und Kleinbetrieben auf Branchen-oder Bezirksebenen durchgeführt. „Wenn auch im Bereich der Klein-und Mittelbetriebe eine Betriebsgruppenarbeit nicht so effizient ist wie in Großbetrieben, so stellen wir gerade hier sehr viele Betriebsräte." Die Erklärung hierfür liegt auf der Hand. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad und die parteipolitische Polarisierung dürften in diesen Betrieben nicht so ausgeprägt sein. Nimmt man die ersten Ergebnisse der Betriebsratswahlen 1. 975, die von den Sozialausschüssen in Niedersachsen vorgelegt worden sind, als einen Trend an, dann haben die Sozialausschüsse einen weiteren Anstieg um 10% erreichen können. Danach haben sie in den Großbetrieben trotz allgemeinen Rückganges der Beschäftigtenzahlen ihre Position halten können, während sie in Mittelbetrieben die Position deutlich ausbauen und in Kleinbetrieben 20 % dazu gewinnen konnten. In Niedersachsen gehören jetzt rund 30 % der Betriebsräte den CDU-Sozialausschüssen an. Der Anteil der sozialdemokratischen Betriebsräte ist um 6, 5 °/o gesunken

Trotz dieser Erfolge in den letzten Jahren muß die Betriebsarbeit noch als ein Schwachpunkt bezeichnet werden. Die Gründe müssen vor allem in der mangelnden Unterstützung durch die CDU gesehen werden. „Als weitere Schwierigkeiten für die betriebliche Arbeit der CDA sind innerparteiliche Konflikte auf Landes-und Bezirksebene zu nennen. In einigen Kreis-verbänden versagt die CDU der CDA jegliche Unterstützung für ihre Arbeit, was vor allem in politischen Differenzen begründet sein dürfte. Die Situation vieler CDA-Kollegen ist durch einen zermürbenden Zwei-Fronten-Kon-

flikt gekennzeichnet: Im Betrieb werden sie als . Schwarze’, in der eigenen Partei als , Rote'bekämpft." So hat z. B. die Bundespartei zum erstenmal unter Rainer Barzel die Betriebsratswahlkämpfe der CDA 1972 finanziell unterstützt Ebenso verhindert die geringe Anzahl von 26 hauptamtlichen Sozialsekretären, die daneben auch eine Reihe anderer Aufgaben für die Partei wahrzunehmen haben, den weiteren Ausbau der Betriebsgruppenarbeit Es hat denn auch bei der Betriebsarbeit genauso wie bei der Gewerkschaftsarbeit nicht an Versuchen gefehlt, die „Erfolglosigkeit" und „Funktionslosigkeit" der CDA nachzuweisen und die Schuld für diese Unterrepräsentation der CDU ausschließlich den Sozialausschüssen zuzuschieben. Charakteristisch hierfür ist folgende Bemerkung: „Dennoch haben diese eigentlichen Verlierer der Wahl den seltsamen Mut, sich nach verlorener Schlacht als die Traditionsträger der christlich-sozialen Bewegung auszugeben — und das, obwohl ihnen die Arbeitnehmer davongelaufen sind. Eine reumütige Selbstbesinnung, was man bei politischen Sachfragen und im organisatorischen Bereich falsch gemacht hat, wäre angebrachter als den starken Mann gegenüber denjenigen zu spielen, die bei der Wahl besser abgeschnitten haben." Angesichts der mangelnden Unterstützung durch die Gesamtpartei kann diese Interpretation nur als der interessenbedingte Versuch verstanden werden, den eigenen Einfluß zu Lasten der Sozialausschüsse innerparteilich zu vergrößern.

Da es in der Partei außer der CDA keine Gruppierung gibt, die die Betriebsgruppenarbeit durchführen könnte, mußte eine Annäherung der CDU an die Gewerkschaften und eine stärkere Berücksichtigung der Betriebs-arbeit zwangsläufig zu einer Stärkung der Sozialausschüsse führen. „Auch in einem Land, in dem nicht gewählt wird, sind heute die führenden Persönlichkeiten der Partei anwesend, wenn die christlich-demokratische Arbeitnehmerschaft ihre Politik in der Öffentlichkeit formuliert." 5. CDA in der CDU Nachdem bisher untersucht wurde, wie die CDA im institutionellen Vorfeld der Partei und im Primärgruppenbereich präsent ist, um sowohl die CDU-Politik dort zu vertreten als auch die Probleme der Arbeitnehmerschaft aufzuspüren soll nun die Binnenwirkung der CDA in der CDU untersucht werden. Angesprochen sind die anderen Funktionen der CDA: Einbringen der Arbeitnehmerinteressen in den innerparteilichen Willensbildungsprozeß und Beteiligung an der Interessenaggrega-tion und Problemlösung Unter diesem Gesichtspunkt wird für die verschiedenen Partei-bereiche die personelle Voraussetzung der CDA-Vertretung analysiert.

über die Mitgliederstärke der CDA gibt es nur wenige Angaben. Nimmt man Äußerungen der Hauptgeschäftsführer der Sozialausschüsse, dann kann man einen Mitgliederzuwachs von rd. 50 000 (1969) auf rd. 120 000 (1975) verzeichnen. Genaue Statistiken über Zahl und Struktur der Mitglieder scheint es nicht zu geben bzw. werden nicht veröffent-licht. Vermutlich wird mit den Angaben zur Mitgliederstärke auch Politik gemacht, so daß die tatsächliche Zahl geringer anzusetzen ist. Die CDA unterscheidet zwischen Mitgliedern und Mitarbeitern. Katzer sprach in Oberhausen 1963 auf der 10. Bundestagung von 135 000 Mitarbeitern und 7 000 Vertrauensleuten, die „mit uns verbunden sind" Dabei ist der Status eines Mitarbeiters nicht abgegrenzt. Viele Mitarbeiter und Mitglieder der CDA kommen aus der christlichen Arbeiterbewegung KAB, EAB und Kolping. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die christlichen Standes-Organisationen im politischen Vorfeld der Parteien ständig an Einfluß verlieren und in ihrer Mitgliederstärke abnehmen. Außerdem orientieren sich im stärkeren Maße Teile der EAB, aber auch der KAB-, an der SPD. Die Schwächung der CDA durch den Rückgang der christlichen Standesorganisationen konnte kompensiert werden durch eine neue intellektuelle Mitgliederschicht, die ihr neue Impulse geben und den traditionellen Themenkatalog erweitern konnte In einer vertraulichen Studie des Wirtschaftsrates wird festgestellt, daß die CDA noch nie so mächtig war wie heute. Nach Flaimo George, dem Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsrates, sind die CDA in der Partei tonangebend, zumal sie im Bündnis mit der JU und dem RCDS auch die Positionen für die Programmatik besetzt hätten

Die Sozialausschüsse sind von der Partei finanziell unabhängig Bis auf die Unterstützung der Betriebsratswahlen 1972 und 1975 sowie einer Umlage für die Sozialsekretäre erhalten sie von dort keine Zuschüsse Neben den Beiträgen der Mitglieder und Spender trägt vor allem die „Jakob-Kaiser-Stiftung e. V." zur finanziellen Unterstützung der CDA bei

Wie die anderen Vereinigungen gibt auch die CDA eigene Publikationen heraus, mit denen sie sowohl innerparteilich als auch in der Darstellung nach außen auf die Meinungs-und Willensbildungsprozesse Einfluß nimmt. Monatlich erscheint die „Soziale Ordnung" in einer Auflage von rd. 100 000 Exemplaren Unregelmäßig wird die „Betriebsinformation" (bi) in den Betrieben verteilt in einer Auflage von 200 000 Exemplaren Ein Vergleich mit den Auflagen der Publikationen der anderen Vereinigungen zeigt das publizistische Gewicht der CDA:

JU — „Entscheidung", Auflage ca. 10 000; Frauenvereinigung — „Frau und Politik", ca. 5 000; Mittelstandsvereinigung — „Mittelstandsbrief", ca. 55 000.

Als einzige Zeitschrift strebte „Der Dialog"

des Wirtschaftsrates eine höhere Auflage von 250 000 an und sollte dabei von einem Organ des Wirtschaftsrates zu einer selbständigen Zeitschrift herausgebildet werden Die Zeitschrift hat inzwischen ihr Erscheinen eingestellt.

Die relative Selbständigkeit der CDA als Vereinigung der CDU wird auch dadurch betont, daß ihre Mitglieder nicht gleichzeitig bzw. automatisch Mitglied der CDU sein müssen. Von dieser Regelung wird stark Gebrauch gemacht, so daß sogar der weit überwiegende Teil der CDA-Mitglieder nicht Mitglied der CDU ist. Einer Statistik der zentralen Mitgliederkartei der Partei zufolge ist die Zahl der CDA-Mitglieder in der CDU von rd. 17 000 (1971) auf rd. 20 000 (1975) angestiegen Somit wäre nur jedes fünfte CDA-Mitglied in der Partei. Da die CDU in diesem Zeitraum von rd. 340 000 auf rd. 550 000 Mitglieder stark anstieg, hat der prozentuale Anteil der Sozialausschüsse in der CDU von 4, 98 °/o auf 3, 64 °/o abgenommen Einem anderen Bericht ist zu entnehmen, daß nur 30 °/o der CDA-Mitglieder nicht der CDU angehören Das würde bedeuten, daß die CDA 1971 nur rd. 24 000 und 1975 nur rd. 29 000 Mitglieder zu verzeichnen hatte. Insgesamt ist die Bereitschaft, sich als CDU-Mitglied in den Vereinigungen zu organisieren, relativ gering ausgeprägt. Nur rd. ein Drittel (mit abnehmender Tendenz) ist gleichzeitig in einer Vereinigung. Ein Vergleich der Vereinigungen zeigt die relative Stärke der CDA in der CDU:

Anteil der Vereinigungen an der CDU 1975: JU 7, 72 °/o Frauen 17, 78% Mittelstand 2, 75 % CDA 3, 64 %

Der herausragende Anteil der Frauenvereinigung erklärt sich durch die Regelung, jede Frau bei Eintritt in die CDU statistisch als Mitglied dieser Vereinigung zu führen. Die Wirtschaftsvereinigung wird nicht in der Mitgliederkartei aufgeführt.

An dem Verhältnis von Nichtmitgliedern zu Mitgliedern der CDU in den Vereinigungen wird deutlich, wie stark die CDU über die Partei hinaus in den vorparteilichen Raum hineinreicht. Aus einer anderen Statistik geht hervor, wie der Anteil der CDU-Mitglieder in den Sozialausschüssen sich auf die einzelnen CDU-Landesverbände verteilt. Mit Stand vom 31. 12. 1969 waren 16 050 oder 5, 29% CDA-Mitglieder in der Bundespartei. Eindeutiger Schwerpunkt bildet das Rheinland mit 11 144 CDA-Mitgliedern (17, 35 °/o). Erst mit weitem Abstand folgen die Landesverbände Braunschweig (4, 19 %) und Nord-Württemberg (4, 26%). Nimmt man die absoluten Zahlen, so folgen auf das Rheinland die Landesverbände Westfalen mit 1 633 (= 2, 96 °/o) und Rheinland-Pfalz mit 1 039 (= 2, 67 %) Die Konzentration der CDA im Landesverband Rheinland und die relativ schwache Vertretung in den anderen Landesverbänden der CDU hat Vor-und Nachteile. Die Vorteile müssen in der Möglichkeit der CDA gesehen werden, einen großen CDU-Landesverband wesentlich zu bestimmen und sich hierüber auch auf Bundesebene der Partei Gehör zu verschaffen. Andererseits kann die Willensbildung in den überwiegenden Landesverbänden nur wenig beeinflußt werden. Ist die Partei auch bestrebt, nicht nur den Ausgleich zwischen den Vereinigungen zu suchen, sondern auch zwischen den Landesverbänden, dann wirkt eine solche Verteilung sich gegen die CDA aus. Die anderen Vereinigungen sind wesentlich gleichmäßiger verteilt

Um ihren Einfluß zu stärken, haben sich JU und CDA zu einer engen Zusammenarbeit entschlossen. Dieses Bündnis wurde nach dem Deutschlandtag der Jungen Union 1973 in Her-ford mit der Wahl eines neuen Bundesvorstandes unter Matthias Wissmann möglich. Zu dieser Zusammenarbeit meinte Wissmann: „Ich glaube, es gibt mehr als nur ein kurzfristiges Zweckbündnis. Es gibt eine programmatisch begründete Zusammenarbeit, die vor allem lebt aus gemeinsamen Grundsätzen. Grundsätzen, wenn es etwa um die Frage der Verwirklichung des Gedankens der sozialen Partnerschaft in der Gesellschaftspolitik geht . . ., wenn es etwa um die Frage der Solidarität mit den Randgruppen der Wohlstandsgesellschaft geht . . . Und, das möchte ich ganz besonders betonen, wenn es um die Verwirklichung des einzigen, mit Theorie verbundenen Elements im Namen der CDU/CSU geht, nämlich das C in der praktischen Politik."

Auf dem Mannheimer Bundesparteitag der CDU vom 23. /25. Juni 1975 konnten die Sozialausschüsse das Bündnis um die Frauen-vereinigung erweitern. Hierdurch sind wesentliche Akzente inhaltlicher wie personeller Art von dieser Koalition gesetzt worden. Friedrich Nowotny kommentierte in einer Fernsehsendung: „Dregger scheiterte an der Front von CDA, Frauenvereinigung und JU, die zusammen immerhin 250 Delegierte von 750 stellen."

In dem in Mannheim gewählten Bundesvorstand der CDU ist die CDA mit drei Personen vertreten. Hans Katzer, der Vorsitzende der CDA, gehört als stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender dem Präsidium der Partei an.

Ein Vertreter der Mittelstandsvereinigung wurde nicht hineingewählt.

In der CDU/CSU spielt bei der Verteilung von Wahllistenplätzen die Interessenrepräsentation der Vereinigungen eine große Rolle. „Bei der CDU läßt sich das Gewicht der Vereinigungen und Interessengruppen am deutlichsten an der nordrhein-westfälischen Landes-liste ablesen: Auf ihr gibt es traditionelle Reservate der Unternehmer, der Sozialausschüsse, der Jungen Union und anderer Gruppen."

So haben die CDA bei den Bundestagswahlen 1961, 1965 und 1969 in NRW kontinuierlich über sechs sichere Plätze auf der Landesliste verfügen und 1972 die Position auf acht Plätze ausbauen können Einem anderen Bericht zufolge haben die CDA in NRW 1972 sogar die Zahl der sicheren Listenplätze von elf auf 16 erhöhen können und sich auch in den wichtigen Landesverbänden Liessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz verbessert Im 7. Bundestag wurde die Stärke der Arbeitnehmergruppe mit 60 von 196 CDU-Abgeordneten angegeben Mit 87 Abgeordneten ist der Diskussionskreis Mittelstand aber noch etwas stärker. Im Fraktionsvorstand ist die CDA mit Katzer als stellvertretendem Fraktionsvorsitzendem und mit sieben weiteren Mitgliedern stark vertreten. Die CDA ist in allen Bundestagsausschüssen vertreten, bildet aber einen eindeutigen Schwerpunkt im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Arbeitskreisen der Fraktion. Bei der zu starken Betonung der sozialpolitischen Arbeitskreise und der Vernachlässigung etwa des Arbeitskreises Wirtschaft und Finanzen wird die von Katzer postulierte „enge Verzahnung von Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik" nicht berücksichtigt. Es besteht die Gefahr, daß die Arbeitskreise in der Fraktion sich gegenseitig behindern und z. B.

finanzwirksame sozialpolitische Vorhaben am Einspruch des Arbeitskreises Finanzen scheitern.

6. Zusammenfassung Die Analyse der positioneilen Vertretung der CDA in der CDU zeigt, daß a) die CDU die CDA funktional als „Transmissionsriemen" zu den Gewerkschaften und zu den Arbeitnehmern in den Betrieben benötigt;

b) die CDA diese Funktion in dem gleichen Maße erfolgreicher ausfüllen kann und ausgefüllt hat, wie die CDU nach den Wahlniederlagen von 1969 und 1972 die Gewerkschaftsund Betriebsarbeit als Problemfeld erkannt hat;

c) die CDA ihre Funktionen und Ziele nicht isoliert aus eigener Kraft erfüllen kann, sondern auf das Zusammenwirken der gesamten Partei angewiesen ist, umgekehrt ihr aber auch eine zu geringe Zielerreichung nicht allein angelastet werden kann;

d) die personelle Vertretung in den Partei-gremien und in der Bundestagsfraktion zumindest ausreichend ist, um die spezifischen Interessen der Arbeitnehmerschaft in den Willensbildungsprozeß von Partei und Fraktion einbringen zu können-, e) es folgende innerparteiliche Faktoren gibt, die in der Vergangenheit den Einfluß der CDA gemindert haben:

— die distanzierte Haltung der CDU zu den Gewerkschaften und das damit verbundene Ressentiment gegenüber den DGB-orientierten Sozialausschüssen, — die Konkurrenz von CSK bzw. CGB und CDA, die die „Repräsentativität" der Arbeitnehmerinteressenvertretung erheblich einschränken, — die mangelnde Geschlossenheit der CDA — und die Konzentration der CDA auf den CDU-Landesverband Rheinland.

Mit dieser Analyse ist noch nichts darüber ausgesagt, ob die CDA auf Grund der institutionellen, personellen und funktionalen Voraussetzungen auch qualitativ in der Lage ist, ihre Vorstellungen durchzusetzen.

Deshalb soll in der folgenden Fallstudie am Beispiel der Mitbestimmung untersucht werden, wie die CDA die Interessen der Arbeitnehmerschaft — Mitbestimmung als Symbol — innerparteilich artikuliert und inwieweit sie in der Volkspartei CDU Berücksichtigung findet.

IV. Die CDA und die Mitbestimmungsdiskussion in der CDU

1. Vorbemerkung Da es im Rahmen dieser Fallstudie nicht darum geht, die Mitbestimmungsdiskussion in der CDU darzustellen, sondern exemplarisch an der Frage der Mitbestimmung den Einfluß der CDA auf den Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß innerhalb der CDU nachzuweisen, werden inhaltliche Bewertungen zu entsprechenden Beschlüssen vermieden und nur im Hinblick auf Erfolg-bzw. Mißerfolg der CDA dargestellt. Die Kontroverse innerhalb der CDU geht hauptsächlich um die Frage der Ausgestaltung der Mitbestimmung auf Unternehmensebene; deshalb sollen sich im wesentlichen die Ausführungen darauf beschränken. Es wird sich jedoch nicht immer vermeiden lassen, ausführlichere Darstellungen der jeweiligen Beschlüsse zu geben, da sich oft in Nuancen der Formulierungen Einflüsse der CDA nachweisen lassen.

Die Darstellung ist zeitlich eingegrenzt vom Berliner Parteitag der CDU 1968, wo zum erstenmal die Interessengegensätze in der Mitbestimmungsfrage deutlich zutage traten, bis zum Hamburger Parteitag 1973, der vorläufige Schlußpunkt der Mitbestimmungsdiskussion in der CDU, da die Ergebnisse der dort eingesetzten Unternehmensrechtskommission noch nicht vorliegen. Aus den Ausführungen wird deutlich, daß die Verfasser im wesentlichen die Bundesparteitage der CDU zum Ausgangspunkt ihrer Analyse nehmen. Da die Massenmedien jedoch oft jedes Zeichen von Uneinigkeit als Schwäche der jeweiligen Partei auslegen, wird eine auf Werbewirksamkeit bedachte Partei — dem Vorurteil potentieller Wähler huldigend — hauptsächlich Einigkeit und Geschlossenheit demonstrieren Die innerparteilichen Auseinandersetzungen werden häufig auf den Parteitagen möglichst gering gehalten und, unter Ausschluß der Öffentlichkeit, in die Organe der Parteiführung, der Fraktionen oder in informelle Führungskreise der Partei verlagert. Soweit für die Verfasser die Möglichkeit bestand, wurden diese mitberücksichtigt.

Andererseits werden die Parteitage von den Massenmedien besonders gerne aufgegriffen, so daß neben den Parteitagsprotokollen die Zugänglichkeit des Materials hier am größten ist. Notwendigerweise muß eine entsprechende Wertung der jeweiligen innerparteilichen Entscheidungen deshalb seitens der Verfasser subjektiv bleiben und kann nicht generalisiert werden. 2. Der Bundesparteitag der CDU 1968 in Berlin als Ausgangspunkt der Mitbestimmungsdiskussion a) Die Diskussion vor dem Berliner Parteitag Durch eine Großkundgebung des DGB im Oktober 1965 in Dortmund mit der Forderung nach Übertragung der paritätischen Mitbestimmung nach dem Vorbild der im Montan-Bereich geltenden Regelung auf die übrige Wirt-schäft wurde die Mitbestimmung wieder in die aktuelle politische Diskussion gebracht. Die CDA griff schon sehr früh die Forderung nach Ausweitung der Mitbestimmung auf, allerdings mit einer klaren Absage an das DGB-Modell Im Gegensatz dazu ließ die CDA durch Nell-Breuning auf einer sehr abstrakten Ebene unter Berufung auf die christliche Soziallehre erste eigene Ansätze in einer Gleich-gewichtigkeit von Kapital und Arbeit auf Unternehmensebene darstellen Die Diskussion in der CDA über ein konkretes Modell war jedoch völlig offen.

Die erste heftigere Kontroverse zwischen Wirtschaftsrat und CDA trat jedoch bald im Frühjahr 1967 auf. Auf ihrem Wirtschaftstag hatten sich die Unternehmer in sehr pointierter Form gegen eine Ausweitung der Mitbestimmung ausgesprochen und sogar jegliche Diskussion darüber abgelehnt. Die CDA reagierte darauf mit einem Artikel in der Sozialen Ordnung, in dem es heißt: „Die Sozialausschüsse sind nicht dogmatisch auf einen bestimmten Mitbestimmungsvorschlag festgelegt. Sie wehren sich allerdings energisch gegen eine Verteufelung des Mitbestimmungsgedankens, und sie reagieren empfindlich auf den Versuch, die Diskussion vorzeitig abzubrechen."

In der „Offenburger Erklärung" der CDA im Juli 1967 wird dann zum erstenmal von einer im Grundsatz paritätischen Mitbestimmung gesprochen, nämlich von einer „gleichberechtigten Stellung der Arbeit in den Aufsichtsorganen der Großunternehmen" und im Mai 1968 veröffentlichen die Sozialausschüsse ein Mitbestimmungsmodell, welches in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregte.

Unter dem Titel „Zur Diskussion gestellt" wurde das Konzept einer neuen Unternehmensverfassung dargestellt, in dem der Aufsichtsrat durch einen Unternehmensrat ersetzt und im Verhältnis von 40 : 40 : 20 von Vertretern der Anteilseigner, Vertretern der Arbeitnehmer und Vertretern des öffentlichen Interesses besetzt werden soll

Der Bundesvorstand der CDA erklärte dieses Mitbestimmungsmodell allerdings jedoch noch nicht für verbindlich Statt dessen wurde für den bevorstehenden Berliner Parteitag auf einer gemeinsamen Konferenz der Sozialausschüsse in NRW eine andere Taktik festgelegt. In der zum Abschluß des Treffens einstimmig angenommenen Entschließung wird „lediglich" erklärt, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (von paritätischer Mitbestimmung wird nicht gesprochen) sei „eine erstrangige Frage unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verfassung". Alle in der Union wirkenden Kräfte sollten sich in Offenheit dieser Frage stellen. „Ersatzlos streichen" sei keine Antwort auf Fragen, die die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zweifellos aufwerfe Dementsprechend wurde die Vorlage des CDU-Bundesvorstands unterstützt, der in dem Bemühen um eine Kompromißformel seine ursprüngliche Vorlage revidierte und wesentliche Elemente der Mitbestimmungspassage der CDU-Rheinland übernahm. Die CDU-Rheinland, ohnehin stark von den Sozialausschüssen beeinflußt, vertrat ebenfalls das Konzept einer neuen Unternehmensverfassung, allerdings so allgemein, daß die Vorstellungen der CDA nicht unbedingt damit identisch waren Schon vor dem Berliner Parteitag wurde die Übernahme der neuformulierten Mitbestimmungspassage von vielen Landesverbänden abgelehnt Die Diskussion auf dem Parteitag sollte zeigen, daß dieses als Zugeständnis gegenüber der CDA verstanden wurde. b) Die Diskussion auf dem Berliner Parteitag Ziel dieses Berliner Parteitages der CDU war es, ein Aktionsprogramm zu verabschieden, welches wie niemals zuvor auf allen Ebenen der Partei diskutiert worden war Das Hauptaugenmerk der Massenmedien richtete sich jedoch auf die Mitbestimmungspassage, da sich hier deutlich das breite Spektrum der Interessen in der CDU kundtat. Es wurde von der Zerreißprobe der Partei gesprochen — eine Aussage, die sich im folgenden vor jedem Parteitag der CDU, bei der die Mitbestimmung diskutiert wurde, wiederholte.

Die Sozialausschüsse und Vertreter der Bundesvorstandsvorlage hatten einen starken Gegner in Wirtschaftsrat, Mittelstandsvereinigung und sechs Landesverbänden der CDU, die sich noch am Vorabend des Parteitages zu einem gemeinsamen Vorgehen entschlos-sen In einem Initiativantrag nannten sie ihre Vorstellungen: „Wir bekennen uns zu einer modernen und fortschrittlichen Betriebs-verfassung. Das betriebliche Geschehen ist partnerschaftlich zu gestalten. Das Betriebsverfassungsgesetz muß voll ausgenutzt und weiter ausgebaut werden. Eine Ausweitung der paritätischen Mitbestimmung auf die übrige Wirtschaft wird abgelehnt." Von einer Ausweitung der Mitbestimmung auf Unternehmer-ebene wurde also gar nicht gesprochen.

Die Vorlage des Bundesvorstandes lautet hingegen: „Wir bekennen uns zu einer modernen und fortschrittlichen Unternehmensverfassung. Das wirtschaftliche Geschehen ist partnerschaftlich zu gestalten . .. Ob eine weitergehende Mitbestimmung bei Großunternehmen sinnvoll ist, muß sorgfältig geprüft werden, insbesondere auf der Grundlage des Berichtes, den die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zu erstatten hat." Ziel der Vertreter des Initiativantrages war es hingegen, eine klare Entscheidung gegen die Ausweitung der Mitbestimmung zu treffen und endlich „Ruhe" in die CDU einkehren zu lassen In einem Diskussionsbeitrag des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU Nord-Württemberg auf dem Parteitag wird dies deutlich: „Wir sind aber gegen diese kompromißlerische Formulierung in der Vorlage des Bundesvorstandes, zu prüfen, ob eine weitergehende Mitbestimmung bei Großunternehmen sinnvoll ist. Meine Parteifreunde, weder die Prüfung ist sinnvoll noch die paritätische Mitbestimmung. Die CDU muß heute und hier entscheiden." Obwohl nach Meinung der Befürworter dieses Antrages eine klare Grund-stimmung gegen die Bundesvorstandsvorlage festzustellen sei, herrschte eine Taktik des Vertagens und eine Tendenz zu Kompromissen vor

Es zeichnete sich jedoch in der Diskussion ein unerwartet starker Widerstand gegen den Initiativantrag ab. Nachdem sich schon viele CDA-Delegierte in die Debatte eingeschaltet hatten und eindringlich für die Bundesvorstandsvorlage plädierten, war der Höhepunkt des Parteitages die Rede von Hans Katzer, dem Vorsitzenden der Sozialausschüsse. Er setzte sich in einer leidenschaftlichen, mit viel Beifall aufgenommenen Rede noch einmal für die Bundesvorstandsvorlage ein Eine daraufhin neu eingesetzte Antragskommission erarbeitete dann folgenden Kompromißvorschlag: „Wir bekennen uns zu einem moder-nen und fortschrittlichen Unternehmensrecht.

Das wirtschaftliche Geschehen der Mitbestimmung muß auf der Grundlage des Berichtes, den die von der Bundesregierung eingerichtete Kommission zu erstatten hat, sorgfältig geprüft werden .. . eine schematische Übertragung des Modells der Montan-Mitbestimmung kann nicht befürwortet werden." Dieser Beschluß war für die CDA nicht nur ein „Kompromiß auf dem Verfahrensweg" sondern das einzig realistische Erreichbare zu dem damaligen Zeitpunkt, ja, ein Erfolg in der Sache.

Eine schematische Übertragung der Montan-Mitbestimmung auf andere Unternehmen hatte die CDA ohnehin nicht vorgehabt. Das Bemühen der Sozialausschüsse in Berlin ging dahin, das Aktionsprogramm für eine spätere Entscheidung zugunsten der paritätischen Mitbestimmung offen zu halten. Ziel war es, die Mitbestimmungspassage so vage zu halten, daß sie eine alleinige Interpretation zugunsten der Gegner der paritätischen Mitbestimmung ausschloß. Dieses war der CDA in Berlin gelungen. In einer Stellungnahme zum Berliner Beschluß sagte Hans Katzer später: „ 1968 ging ein sehr mächtiger Wirtschaftsrat mit der Einstellung auf den Parteitag in Berlin: . Mitbestimmung ist kein Thema für die CDU, dieses Thema muß vom Tisch.'Das ist eine wörtliche Formulierung. Die Sozialausschüsse haben wie ein Mann gekämpft. Das Ergebnis war, die Mitbestimmung kam nicht vom Tisch, sie wurde ein Thema der CDU."

Ein weiterer Grund für den Erfolg der Sozialausschüsse mag darin zu suchen sein, daß Hans Katzer damals Arbeitsund Sozialminister war und die CDU es sich nicht leisten konnte, die Sozialausschüsse und damit ihren Vorsitzenden zu brüskieren, wenn sie dem Vorschlag des Wirtschaftsrates gefolgt wäre. Jetzt galt es für die CDA, die Zeit bis zum nächsten Parteitag zu nutzen, um in der angekündigten Mitbestimmungskommission die Beschlüsse in Richtung der Sozialausschüsse zu beeinflussen.

Außerdem mußte das eigene CDA-Modell weiterentwickelt werden. Hans Katzer sagte selbst auf dem Parteitag: „Ich weiß nicht, vielleicht gibt es bessere Formen. Ich sage es ehrlich und ich bekenne es: Ich persönlich glaube auch nicht, daß das der richtige und der letzte Weg ist." 3. Düsseldorfer Parteitag 1971 — Niederlage für die CDA Für die Delegierten des Bundesparteitages der CDU vom 25. bis 27. Januar 1971 standen in der Mitbestimmungsfrage im wesentlichen drei Modelle zur Abstimmung. a) Das Bundesvorstandsmodell der CDU, nach dem in den Aufsichtsräten neben sechs Anteilseignern vier Arbeitnehmer und zwei von beiden Gruppen kooptierte Mitglieder sitzen — also ein Übergewicht der Kapitalseite b) Der Antrag der Landesverbände Hessen, Schleswig-Holstein, Nordwürttemberg, der Mittelstandsvereinigung und des Wirtschaftsrates, nach dem der Aufsichtsrat mit dem Über-gewicht von sieben Anteilseignern gegenüber fünf Arbeitnehmern zu besetzen sei c) Das Minderheitsvotum der Sozialausschüsse, nach dem „in einer neuen Unternehmens-verfassung in den Führungsorganen gleich-gewichtig Kapital und Arbeit vertreten und funktionsgerecht mit dem Management eingeordnet sind Interessanterweise wurde dieser Entwurf entgegen üblicher Handhabung vom Bundesvorstand der CDU als Minderheitsvotum in die Diskussion um ein Reformprogramm an alle Kreis-und Landesverbände mit verschickt. Hans Katzer interpretierte dies so: „Damit haben die führenden Gremien der CDU bewiesen, daß sie sich der Bedeutung der Mitbestimmungsentscheidung bewußt sind und daß sie die Diskussion in der gebotenen Sachlichkeit geführt wissen möchten." a) Analyse der Niederlage Das Ergebnis des Düsseldorfer Parteitages ist allgemein bekannt. Der Wirtschaftsrat (durch den Antrag des Landesverbandes Hessen) und der hessische CDU-Vorsitzende Dregger setzten sich durch. Das bedeutete, die Mehrheit der Delegierten entschied sich bei 531 abgegebenen Stimmen mit 259 : 235 abgegebenen Stimmen für eine noch unter dem Bundesvorstandsmodell liegende Regelung. Die Abstimmung wurde allgemein in den Massenmedien als Sieg des „rechten Flügels" in der CDU gewertet. Zugleich wurde das Ergebnis nicht nur als gravierende Niederlage der Sozialausschüsse dargestellt, sondern generell als Zeichen für die Einflußlosigkeit der CDA in der CDU gewertet In der Tat scheint diese Folgerung schlüssig. Wie konnte es nun zu dieser schweren Niederlage der CDA kommen? Ist der Beschluß generell als Zeichen der Einflußlosigkeit der CDA in der CDU zu werten? b) Die Arbeit in der Mitbestimmungskommission der CDU Auf dem Berliner Parteitag wurde ein Entschließungsantrag angenommen, wonach der Bundesvorstand eine Kommission bilden soll, die der Partei Vorschläge zur gesetzgeberischen Verwirklichung der in Berlin verabschiedeten Mitbestimmungspassage machen soll. Gleichzeitig sollte hier die Gesetzesvorlage der CDU/CSU-Fraktion zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes vorbereitet werden. Als Leiter dieser Mitbestimmungskommission der CDU, später mit der Kommission der CDU/CSU-Fraktion zusammengelegt, fungierte der Bundestagsabgeordnete Thomas Ruf, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des Wirtschaftsrates und zugleich Vorsitzender des Diskussionskreises Mittelstand der CDU/CSU-Fraktion Dennoch kann daraus nicht abgeleitet werden, daß der Wirtschaftsrat gegenüber den Sozialausschüssen in eine von vornherein überlegene Position kam Die Mitbestimmungskommission hatte 40 Mitglieder, „davon waren 16 von der Partei benannt, 6 Mitglieder gehörten nicht der Bundestagsfraktion an, 20 Mitglieder, also genau die Hälfte, gehörten zu den Sozialausschüssen bzw.der Arbeitnehmergruppe der Fraktion" Diese durchaus gleichgewichtige Besetzung ließ kein von vornherein einseitiges Ergebnis erwarten. Grundlage für die Diskussion in der Ruf-Kommission war der von der CSU-Landesgruppe verabschiedete Gesetzentwurf zur „Neuregelung der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen" vom 7. Mai 1970 (7 : 5) sowie die von den Sozialausschüssen vorgelegten Abänderungensvorschläge zum Betriebsverfassungsgesetz. In der Tat konnten die Sozialausschüsse in der Programmkommission ihren Einfluß zunächst geltend machen. Auf einer Klausurtagung der Kommission in Königswinter am 24. Juni 1970 wurde folgende Formulierung für den Programmentwurf beschlossen „Zur stärkeren Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen auf Unternehmensebene gehört, daß die Arbeitnehmer in Großunternehmen mehr Vertreter als bisher nach dem Betriebsverfassungsgesetz in den Aufsichtsrat wählen. Dabei werden wir die Empfehlungen der Biedenkopf-Kommission berücksichtigen." Da im Frühjahr 1970 bereits die Ergebnisse der Biedenkopf-Kommission vorlagen, die von einer eindeutigen Parität im Aufsichtsrat abrieten, mag das Abstimmungsergebnis überraschend sein. Mit Ausnahme von Norbert Blüm stimmten alle Anwesenden für diesen Antrag. Möglicherweise wurde diese Formulierung als tragfähiger Kompromiß angesehen. Der Hauptgrund wird jedoch vermutlich darin zu suchen sein, daß die Sozialausschüsse zu dem damaligen Zeitpunkt noch ihren eigenen Mitbestimmungsvorschlag modifizierten. c) Mangelnde Mobilisierung der CDA-Basis Zwar hatte sich die CDA schon früh zum Grundsatz der Parität erklärt, dem auch von der Bundestagung in Offenburg 1967 mit großer Mehrheit (220 : 7 Stimmen) zugestimmt wurde, über das konkrete Modell, durch das die Parität institutionalisiert werden sollte, wurde allerdings drei Jahre lang nicht entschieden

Die Sozialausschüsse revidierten dann ihren ursprünglichen Plan zur Unternehmensverfassung mit dem „öffentlichen Interesse" als dritten Faktor im Unternehmensrat, da es Definitionsschwierigkeiten für den Faktor „öffentliches Interesse" gab Statt dessen veröffentlichte der Bundesvorstand der CDA ohne eine breitangelegte Diskussion an der Basis am 4. September 1970 einen neuen Vorschlag in Anlehnung an den Horn-Plan. Der ehemalige Vorsitzende des Vorstandes von Felten & Guilleaume hatte sein Modell 1968 in die Diskussion eingebracht. Die CDA behielt in ihrem Modell das Drei-Bänke-System bei, doch statt des öffentlichen Interesses wurde das Management hereingenommen Obwohl während des gesamten Jahres 1970 innerhalb der CDA über die Mitbestimmungsfrage diskutiert wurde muß der Zeitpunkt der Vorlage eines neuen Modells als zu spät angesehen werden. Hans Katzer wies auf dem Bundesparteitag selbst auf die Zeitknappheit hin Auf keiner Bundestagung der CDA konnte darüber diskutiert werden. Erst am 9. September, rd. 3 Monate vor Düsseldorf, wurde das Modell als Material für die Diskussion in den CDU-Kreisverbänden verschickt Wichtigen Zwischenträgern zwischen CDA-Spitze und Basis wie den Sozialsekretären wurde erst Ende November auf einer Sozialsekretärskonferenz das Horn-Modell erläutert In einem Gespräch mit A. Hasinger, Leiter des Arbeitskreises Mitbestimmung in der CDA, wurde zugegeben, daß die Mitarbeiter der CDA zu wenig und zu kurzfristig für das Minderheitsvotum mobilisiert werden konnten

In den Kreis-und Landesverbänden wurde deshalb die Alternative, die das CDA-Modell anbot, zuwenig offensiv vertreten; eine entsprechende Beeinflussung der Delegierten für den Bundesparteitag konnte nicht im genügenden Maße stattfinden. Nur zehn Kreisverbände, vorwiegend aus dem Rheinland und Westfalen, in denen die Sozialausschüsse ohnehin stark vertreten sind, unterstützten das Minderheitsvotum der CDA d) Verhalten des CDU-Bundesvorstandes Nach Meinung der Verfasser konnte die CDA aus dem Stand der innerparteilichen Diskussion heraus nicht ernsthaft damit gerechnet haben, eine Mehrheit für ihren Mitbestimmungsvorschlag zu gewinnen, sondern sah die erarbeitete Bundesvorstandsvorlage als tragfähigen Kompromiß an. Dieses wird aus dem Abstimmungsergebnis für eine endgültige Fassung der Mitbestimmungspassage deutlich

Am 30. September 1970 tagte die CDU-Programm-Kommission unter Vorsitz von Helmut Kohl in Bonn ausschließlich zum Thema Mitbestimmung. Zur Diskussion und zur Abstimmung standen auf der einen Seite die Formulierung der Mitbestimmungskommission der CDU und der CDU/CSU-Fraktion und auf der anderen Seite das Votum des Bundesvorstandes der Sozialausschüsse über das CDA-Modell wurde zunächst abgestimmt. Es wurde mit 28 : 12 Stimmen abgelehnt

Auch die Vorlage der Programmkommission wurde geändert, da die Formulierung „Dabei werden wir die Empfehlung der Biedenkopf-Kommission berücksichtigen", nicht konkret genug erschien. Sie erhielt dann die vom Bundesvorstand auf dem Parteitag vorgelegte Fassung Diese Formulierung ist von der Kommission mit 32 Ja-Stimmen bei acht Enthaltungen angenommen worden.

Das Abstimmungsergebnis und die dann vom Bundesvorstand übernommene Vorlage wurde von vornherein vom „rechten Flügel" der Partei abgelehnt. „Die Formulierung der Ziffer 71 des Programmentwurfs zeigt, wie weit sich die CDU bereits nach links geöffnet hat, d. h. welch starken Einfluß die CDU-Sozialausschüsse innerhalb der CDU erlangt haben." Mag dieses Argument auch zweckgebunden sein, für Wirtschaftsrat und Mittelstandsvereinigung war der CSU-Entwurf, der ein klares Über-gewicht der Anteilseigner im Aufsichtsrat vorsah, immer noch die beste Regelung Ohne jetzt im einzelnen auf den in den Massenmedien ausführlich dargestellten Verlauf des Parteitages einzugehen, bleibt doch die Rede Dreggers hervorzuheben, der durch eine emotionalisierende und antigewerkschaftliche Rede das CDA-Mitbestimmungsmodell in die Nähe des Sozialismus rückte Zweifellos mag diese Rede viele Delegierte dazu bewogen haben, für das 7 : 5-Modell zu stimmen. Andererseits bleibt doch die Vermutung, daß es zu dieser einseitigen Entscheidung nur durch das Fehlverhalten des CDU-Bundesvorstandes kommen konnte. Der mangelnde Einsatz des Bundesvorstandes für seine eigene Vorlage während der Debatte wurde von vielen Delegierten kritisiert. Erst nachdem Helmut Kohl, der als Leiter der CDU-Programm-kommission innerhalb des CDU-Vorstandes das Modell durchgesetzt hatte, mehrmals aufgefordert wurde, dafür Stellung zu beziehen, kam er diesen Aufforderungen nach. Unter anhaltendem Beifall der Delegierten forderte Josef Mick, CDA, den Bundesvorstand auf, Stellung zu beziehen: „Herr Dregger sprach von der schweigenden Mehrheit in Sachen Mitbestimmung. Nun, ich muß sagen, zu dieser schweigenden Mehrheit scheint mir zwei-fellos der Bundesvorstand zu gehören ... Ich glaube, daß dieser Parteitag nun langsam doch ein Recht darauf hat, die Meinung des Bundes-vorstandes zu hören." Als dann das Bundesvorstandsmodell unterlag, regte sich heftige Kritik gegen das Verhalten der Parteiführung.

Außer Katzer, Schröder und Frau Wex stimmte der gesamte CDU-Vorstand gegen seine eigene Vorlage Hans Katzer kritisierte daraufhin, die Parteiführung habe auf dem Düsseldorfer Parteitag ihre Integrationsaufgabe nicht ausreichend wahrgenommen, weil die Interessen der Arbeitnehmer in bezug auf die Mitbestimmung im Unternehmen übergangen worden seien. Eine Volkspartei müsse die Interessen aller Gruppen vertreten. Der Parteivorstand hätte vorher einen annehmbaren Kompromiß ausgearbeitet, dann aber zugelassen, daß eine einseitige Lösung verabschiedet wurde 4. Konsequenzen aus der Niederlage a) Mitarbeit der CDA am Betriebsverfassungsgesetz Die CDA benutzte verschiedene Taktiken, um ihren Einfluß nach der Niederlage in Düsseldorf auf die Partei zu verstärken. Zunächst verweigerten sie der CDU ihre Leistungen, indem sie die Mitarbeit in der Ruf-Kommission zu einer Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes aufkündigten Diese Leistungsverweigerung mußte die CDU/CSU-Fraktion unter erheblichen Druck stellen, da schon am 11. Februar, also zwei Wochen nach Düsseldorf, die erste Lesung zur Novellierung des BVG im Bundestag stattfand und Hans Katzer als ehemaliger Arbeitsund Sozialminister zum Hauptredner vorgesehen war

Die CDU/CSU-Fraktionsspitze unter Barzel versuchte daraufhin, die CDA zum Einlenken zu bewegen. Nach Auskunft Barzels an Journalisten gab es nächtelang Sitzungen von Kommissionen, in der es noch zu Einzelpunkten kontroverse Abstimmungen gab, bis zum Schluß in einer Sondersitzung am 5. Februar mit einer Stimmenthaltung beschlossen wurde, den Gesetzesentwurf in den Bundestag einzubringen

Die CDA hatte in diesen Sitzungen noch einige beachtliche Erfolge erzielt. Entgegen den Vorstellungen der CSU bzw. Wirtschaftsrat und Mittelstandsvereinigung konnte erreicht werden, daß in der eingebrachten Vorlage den Gewerkschaften ein Vorschlagsrecht für zwei externe Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eingeräumt wurde. Der ursprüngliche Entwurf sah nur einen externen Arbeitnehmervertreter seitens der Gewerkschaften vor, während die CSU überhaupt keine externen Arbeitnehmervertreter akzeptierte Positiv gewertet wurde von der CDA ebenso der Begründungszwang von Aufsichtsratsentscheidungen, bei denen die Anteilseigner geschlossen abstimmen, und die daraus folgende Befreiung der Schweigepflicht für Arbeitnehmervertreter

Obwohl auch im betriebsverfassungsrechtlichen Teil wesentliche Vorschläge der CDA Eingang fanden — die SPD übernahm entgegen den Vorstellungen der FDP in ihrem verabschiedeten Gesetz 21 wichtige Punkte dar-

aus —, stand die 1. Lesung ganz im Zeichen der Niederlage der CDA. Da im unternehmensrechtlichen Teil der Düsseldorfer Beschluß ausgeführt wurde, zeigte sich der CDU/CSU-Vorschlag in der Öffentlichkeit insgesamt arbeitnehmerfeindlich. Die CDA selbst trug zu diesem Eindruck bei, indem Hans Katzer weiterhin erklärte, man könne von den Sozialausschüssen nicht erwarten, die Gesetzesvorlage vor dem Parlament zu vertreten Erst bei der endgültigen Verabschiedung des BVG im November 1971 wurde von der CDA der eigene Anteil daran stärker bewertet und als erfolgreich herausgestellt b) Zunehmende Konfliktbereitschaft der CDA Parteitage sind für die Öffentlichkeit ein Symbol schlechthin. Kein anderes Organ, auch nicht der Parteivorstand, wird ebenso intensiv mit der jeweiligen Partei identifiziert. Die Massenmedien berichten ausführlich über den Ablauf der Verhandlungen Für den Hambur-ger Parteitag der CDU 1973 hatten sich beispielsweise 1 500 Journalisten angemeldet „Das Interesse der Massenmedien beruht ... auf der Vermutung, hier manifestiere sich die Stimmung der Gesamtpartei. Auch die Parteiführung wird darauf hinarbeiten, in Erwartung der Berichterstattung durch die Massenmedien den Ablauf der Parteitage werbewirksam zu gestalten." Durch die Schwäche in der Parteiführung wurde gerade dieses Prinzip der Werbewirksamkeit durchbrochen. Indem die Union einen nur dem Wirtschaftsrat zugesprochenen Antrag verabschiedete, mußte in der Öffentlichkeit, durch die Massenmedien geschickt aufgegriffen, der Eindruck entstehen, daß die CDU eine Unternehmerpartei sei, was sich auch in Meinungsumfragen der Bevölkerung widerspiegelt Die CDA griff nun diese Wirkung auf die Öffentlichkeit bewußt auf und übte dadurch indirekt Druck auf die Partei aus, wenn sie in Massenmedien ihre Einflußlosigkeit beklagte oder gar, wie Norbert Blüm, in einem Spiegel-Interview erklärte: Man könne den Eindruck haben, die CDU sei eher eine Unternehmer-als eine Arbeitnehmerpartei

Auf Versammlungen der Sozialausschüsse in Köln und Bochum, in Solingen und Remscheid wurde immer wieder die Forderung laut, sich von der CDU zu trennen Mag diese Forderung auch nur von einzelnen CDA-Mitgliedern vorgetragen worden sein, so signalisierte das doch die Bereitschaft der CDA, den Kurs, den die CDU eingeschlagen hatte, nicht zu akzeptieren. Noch deutlicher wurde die zunehmende Konfliktbereitschaft auf der Hauptversammlung der rheinischen Sozialausschüsse im März 1971. Neben der Geschlossenheit der CDA, die in Duisburg demonstriert wurde — bemerkenswerterweise einschließlich der christlichen Gewerkschaftler —, wurde die einmütige Haltung der Sozialausschüsse erkennbar, in der Mitbestimmungsfrage weiterhin aktiv zu bleiben. „Aus der Diskrepanz zwischen angenommener Werbewirksamkeit und tatsächlicher Bedeutung in der Partei wächst seit Düsseldorf ihre Resignation, die aber jetzt in Trotz, in ein , Nun-erst-recht'-Gefühl um-schlägt." Als herausragendes Ergebnis kann jedoch der Beschluß gewertet werden, der die Bundestagsabgeordneten der Sozialausschüsse beauftragt, einen eigenen Gesetz-entwurf zur paritätischen Mitbestimmung ein-zubringen Neben dem CDU/CSU-Gesetz-entwurf, der von einer gleichberechtigten Stellung von Kapital und Arbeit deutlich absah, hätte sich das Parlament dann mit zwei Anträgen der CDU/CSU zu befassen. „In der Regel werden Initiativanträge im Bundestag zu gesellschaftspolitisch so wichtigen Themen zunächst in der Fraktion diskutiert und dann als Fraktionsentwürfe eingebracht. Der Wille der Sozialausschüsse des Rheinlandes, Partei-und Fraktions-Räson zu umgehen, macht deutlich, daß der Riß in der CDU noch keineswegs gekittet ist." Obwohl aus dieser Entschließung keine Folgen entstanden, konnte dahinter auch die Drohung der CDA zu verstehen sein, eventuell das Prinzip der wechselnden Mehrheiten im Bundestag anzuwenden.

Schon vor dem Berliner Parteitag hatte der Schatzmeister der CDA, Josef Hermann Russe, in der ZDF-Sendung Bilanz angedroht: „Wenn der Parteitag am morgigen Tage die Diskussion über die weitere Mitbestimmung verneinen sollte, dann ist damit für uns eine neue Situation eingetreten. Wir werden dann zu prüfen haben, ob wir denjenigen unser Ohr zu öffnen uns verpflichtet fühlen, die bereit sind, den Dialog über die Mitbestimmung fortzusetzen und gegebenenfalls gesetzgeberische Initiativen in diesem politischen Sachbereich zu ergreifen." Katzer hat eine Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten im Bundestag gerade in bezug auf die Mitbestimmung auch später noch öfters anklingen lassen 4 Der CDU-Führung konnte die Unruhe, die seit Düsseldorf in die CDA gekommen war und zu einer starken Verschärfung der innerparteilichen Spannungen führte, nicht gleichgültig sein. Ein offener Bruch, wie von Teilen der CDA angekündigt, oder ein eigenständiges Vorgehen der CDA im Bundestag hätte es der CDU sehr schwer gemacht, ihren Wählern gegenüber glaubhaft zu vertreten, eine Volkspartei zu sein, die ihre Integrationsfunktion wahrnimmt. Am 3. Mai 1971 trafen sich deshalb das Präsidium der CDU und der geschäftsführende Bundesvorstand der Sozialausschüsse, um die aufgetretenen Spannungen zu beseitigen.

Schon vier Monate nach dem Düsseldorfer Parteitag gab die CDU-Parteiführung zu verstehen, daß sie den Mitbestimmungsbeschluß nicht als einen tragfähigen Kompromiß ansah. Kiesinger gab indirekt zu, daß in Düsseldorf eine einseitige Entscheidung gefallen sei, indem er betonte: „daß sich die Parteiführung in Zukunft vor so wichtigen Entscheidungen nicht mehr darauf verlassen dürfe, eine bestimmte Mehrheit zu erhalten" In einem daraufhin verabschiedeten Kommunique heißt es dann: „Aufbauend auf das Berliner Programm wird die CDU realistische Reformvorhaben auf den Gebieten der .. . Mitbestimmung erarbeiten. Die Sozialausschüsse werden verstärkt ihre Aufgaben in Betrieb, Gewerkschaften und in der Union wahrnehmen. Das Präsidium der CDU wird die CDA nachhaltig unterstützen, insbesondere bei den Betriebsratswahlen 1972."

Es wurde der CDA dann auch, wie bereits erwähnt, eine langjährige Forderung erfüllt, indem sie personelle und finanzielle Hilfen von der CDU für die Betriebsratswahlen erhielten. 5. Bundestagswahl 1972 — mehr Einfluß für die CDA Auf dem Wahlparteitag der CDU vom 9. bis 11. Oktober 1972 in Wiesbaden wurde von selten der CDA demonstrativ Geschlossenheit mit der CDU gezeigt. Diese loyale Haltung der CDA in Hinblick auf einen künftigen Wahlsieg kennzeichnete die Rede Katzers: „Die Mitbestimmung ist unter der sozialliberalen Koalition kein Stück weitergekommen . .. Schließlich kann niemand übersehen, daß die 7 : 5-Lösung ein Stück Fortschritt gegenüber dem geltenden Recht der Drittelparität im Aufsichtsrat bedeutet." Ein weiterer Grund für diese Loyalität mag in der Person Barzels zu sehen sein, der seit Beginn seiner politischen Laufbahn durch seine Mitgliedschaft und durch eine enge Freundschaft mit Hans Katzer den Sozialausschüssen verbunden ist Einflüsse einer Gruppe vermögen sich durchaus durch solche Bindungen zu manifestieren, wie es sich nach der Wahlniederlage 1972 später nachweisen läßt. Die Analyse der Wahl 1972 ergab, daß das schlechte Abschneiden der CDU vor allen Dingen bei den Jungwählern und bei der katholischen Arbeitnehmerschaft, insbesondere im Rheinland und in Westfalen gesehen werden mußte. Für die CDA war das Wahlergebnis keineswegs überraschend. Sie fühlten sich im Gegenteil in ihrer inhaltlichen Position bestätigt. „Wer die Mitbestimmung zum Sozialismus erklärt, mich schreckt das Wort nicht, aber wer mit diesem Wort Diffamierungsabsichten verbindet, der darf nicht darauf vertrauen, daß er gerade von dem Teil der katholischen Arbeitnehmerschaft mit Beifall bedacht wird, der uns jetzt leider abhanden gekommen ist, wie die Wahlanalysen zeigen." In dem Schock, den die Partei durch ihre unerwartet hohe Niederlage getroffen hatte, sahen die Sozialausschüsse eine Chance für eine Rückentwicklung der CDU zu einer sozialen Volkspartei, die die Interessen der Arbeitnehmer stärker als bisher berücksichtigen würde. Zur Verbesserung des Erscheinungsbildes der Union in der Öffentlichkeit gehörte der Abbau der falschen Identifizierung der CDU als Unternehmerpartei. Auf der Suche nach einem Selbstverständnis der CDU sahen viele in den Sozialausschüssen die Alternative, der man Reformbereitschaft zutraute, insbesondere, was das überdenken von Grundsatzpositionen anging. Neben Barzel war es besonders die Junge Union, die sich den Sozialausschüssen als Bündnispartner anbot.

In 29 Thesen zur politischen Strategie der Union forderte eine Gruppe von Nachwuchs-politikern eine programmatische Erneuerung der Partei durch Zusammenschluß der Reform-kräfte in der Union und die Entwicklung eines gemeinsamen taktischen Konzepts. Wichtigster Ansatzpunkt könnten dabei die Junge Union, der RCDS und die Sozialausschüsse sein. Als ein sachpolitischer Denkansatz und in die Zukunft weisendes Mitbestimmungskonzept wird das Modell der Sozialausschüsse empfohlen Unter dem Eindruck der verlorenen Wahl bahnte sich eine Entwicklung in der CDU an, in der die Arbeitnehmerseite zunehmend mehr Einfluß bekam. Schon am 26. Februar 1973 wies Katzer darauf hin, daß der Mitbestimmungsbeschluß von Düsseldorf für die Partei keine Gültigkeit mehr habe und revidiert werden müsse. Außerdem rechne er sich für den kommenden Parteitag in Hamburg gute

Chancen für das CDA-Modell aus. Die Bereitschaft zu einer offenen und bereitwilligen Auseinandersetzung gehe bis weit in den Partei-Vorstand hinein

Diese Entwicklung in der CDU und die offene Unterstützung der CDU-Parteispitze erfüllte den „rechten Flügel" mit Unbehagen, „Die CDU ist in einem desolaten Zustand — nicht nur ihr äußeres Erscheinungsbild, sondern noch mehr ihre innere Verfassung . .. Die mit viel Aufwand an innerparteilicher Diskussion erstellte und auf dem Düsseldorfer Parteitag im Januar 1971 beschlossene Fassung soll als überholt gelten." Doch selbst Dregger gab in einem Interview zu bedenken, daß bezüglich der Mitbestimmung zwar kein Paritätsmodell, aber doch eine neue Wertentscheidung getroffen werden müsse

Der Rücktritt Rainer Barzels mußte die Position der CDA innerhalb der Partei wieder schwächen. Mit Helmut Kohl wurde ein Mann CDU-Vorsitzender, dessen Verhalten bei der Abstimmung zur Mitbestimmungsvorlage in Düsseldorf der CDA noch schlecht in Erinnerung war, und mit Kurt Biedenkopf als Generalsekretär ein zwar differenzierender, aber doch erklärter Gegner der paritätischen Mitbestimmung. Außerdem konnte man durch die neue Besetzung des CDU-Bundesvorstandes den organisatorischen Apparat der CDU-Bundesgeschäftsstelle und der Fraktion nicht mehr in dem Maße benutzen, wie dies zu Zeiten Rainer Barzels der Fall gewesen war 6. Die Diskussion vor dem Hamburger Parteitag a) Bochumer Beschluß der CDA als Alternative Auf der 15. Bundestagung der CDA in Bochum vom 19. /20. Mai 1973 verabschiedeten die Sozialausschüsse nach eingehender Diskussion mit überwältigender Mehrheit ein Modell, welches in den wesentlichen Punkten mit dem Düsseldorfer Vorschlag übereinstimmte. Durch eine intensive Diskussion auf allen Ebenen der Partei und insbesondere im Arbeitskreis Mitbestimmung, der seit dem Düsseldorfer Parteitag regelmäßig tagte, wurde versucht, „auf die Fragen, die in dem Düsseldorfer Beschluß offengeblieben waren eine Antwort zu geben. Die wesentlichen Prinzipien wie gleichgewichtige Besetzung des Mitbestimmungsorgans in den Unternehmen mit Vertretern der Arbeitnehmer und Anteilseigner sowie die Forderung nach Fortentwicklung eines neuen Unternehmensrechts wurden beibehalten. Ohne im einzelnen auf das Modell 2 einzugehen ist der einzige Unterschied im Vergleich zu Düsseldorf wohl darin zu sehen, daß deutlich hervorgehoben wurde, Vorstand und Aufsichtsrat nicht — im Gegensatz zum angelsächsischen board — in einem Organ zu verschmelzen. Die Aufgaben beider Organe werden im Bochumer Beschluß genau beschrieben. Darin liegt eine wesentliche Konkretisierung gegenüber dem Antrag der Sozialausschüsse auf dem Düsseldorfer Parteitag. Für eine eventuelle Patt-Situation im Unterneh-

mensrat wird keine besondere Regelung gegeben. Durch die gleichgewichtige Besetzung sei ein Zwang zur Einigung gegeben.

Die CDA konnte eine wachsende Zahl vo• n Anhängern ihrer Mitbestimmungsvorstellungen konstatieren. Der RCDS hatte sich schon 1971 auf seiner Bundesdelegiertenversammlung in Oldenburg für die paritätische Mitbestimmung im Sinne der CDA ausgesprochen. Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union vom 1. bis 3. Juni 1973 in Herford wurde die Nachwuchsorganisatic zum deutlichen Bündnispartner der CDA, ras sich später auf dem Hamburger Parteitag bestätigen sollte. Mit einer klaren Mehrheit von 154 : 52 Stimmen setzte sich das CDA-ähnliche Modell der JU-

Rheinland durch Dies war das Ergebnis eines langwierigen Umdenkprozesses in der Jungen Union der sich in der Wahl Wissmanns zum Vorsitzenden auch personell niederschlug.

Der Bündnispartner Junge Union ist für die CDA auch insofern von Bedeutung, da nach dem Proporzsystem ein relativ hoher Anteil der Delegierten von Parteitagen von der Jungen Union gestellt wird. Auf dem Bundesparteitag in Düsseldorf stellte die JU z. B. 110 Delegierte, die CDA 139 1969 brachte die JU z. B. 45 Abgeordnete in den Deutschen Bundestag b) Der Vorschlag Biedenkopfs Da die von Barzel eingesetzte Kommission Mitbestimmung’ keine Ergebnisse vorweisen konnte, stand der neue Parteivorstand vor dem Dilemma, in möglichst kurzer Zeit eine Alternative zu dem CDA-Modell anbieten zu müssen. Auf einer CDU-Vorstandssitzung im August 1973 wurde von Prof. Biedenkopf unter der Überschrift „Auf dem Weg zur Unternehmensgemeinschaft" ein Diskussionsvorschlag veröffentlicht. Danach würde sich der etwa 12köpfige Aufsichtsrat aus sechs Vertretern der Anteilseigner, vier Vertretern der Arbeitnehmer, einem Vertreter der leitenden Angestellten und einem Vertreter der vermögensrechtlichen Interessen der Arbeitnehmer zusammensetzen. Für die vier Vertreter der Arbeitnehmer lehnte Biedenkopf ein direktes oder indirektes Delegationsrecht der Gewerkschaften ab. Bei Stimmengleichheit im Aufsichtsrat sollten die Stimmen der Anteilseigner den Ausschlag geben

Dieser Vorschlag stieß zunächst sowohl bei den Arbeitgebern als auch vor allem bei den Sozialausschüssen auf heftigen Widerstand. Der Arbeitskreis Mitbestimmung unter Leitung Hasingers setzte sich eingehend mit dem Modell auf einer Sitzung vom 8. September 1973 in Königswinter auseinander. Es wurde einstimmig abgelehnt; gleichzeitig wurde in einem Schreiben an Prof. Biedenkopf der Wunsch geäußert, gemeinsam mit ihm über die Probleme der Mitbestimmung zu sprechen

Der Widerstand der CDA bezüglich des Biedenkopf-Vorschlags richtete sich im wesentlichen auf die Pattsituation im Aufsichtsrat. Es wurde von einer „Parität mit doppeltem Boden" gesprochen, da im Falle einer Stimmengleichheit bei der Vorstandsbestellung die Anteilseigner das letzte Wort hätten

Gleichzeitig setzte man sich in der „Sozialen Ordnung" intensiv mit dem Biedenkopf-Modell auseinander: „Mit den nachfolgenden . Argumentationshilfen'möchten wir unsere Mitglieder in die Lage versetzen, in dieser Diskussion im Vorfeld des Parteitages den Standpunkt der Sozialausschüsse überzeugend und erfolgreich für die Union zu vertreten." c) Vorlage des CDU-Bundesvorstandes zur Mitbestimmung Für den bevorstehenden Parteitag im November 1973 in Hamburg wurde eine Fülle von neuen Mitbestimmungsvorschlägen produziert. Neben der Wirtschaftsvereinigung der CDU des Rheinlandes und dem Bezirksverband Nord-Württemberg hatte sich nur noch die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU für ein deutliches Übergewicht der Anteilseigner ausgesprochen. Alle anderen Vorschläge beinhalteten eine numerische Parität Ende September 1973 legte der rheinische CDU-Vorsitzende und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Heinrich Koppler ebenfalls ein Modell vor, welches von der CDA begrüßt wurde. Vogt, ein führendes Mitglied der CDA, äußerte:

„Der Vorschlag Kopplers sichere ohne Vorbehalte die personelle Parität zwischen Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer."

Am 6. Oktober endlich beschließt die Klausurtagung des CDU-Bundesvorstandes eine Mitbestimmungsvorlage. Der Vorschlag der CDA wurde mit 16 Nein-Stimmen, sechs Ja-Stimmen und sechs Enthaltungen abgelehnt Der Biedenkopf-Vorschlag vom August des Jahres wurde jetzt dahingehend revidiert, daß die Präambel des Bochumer Beschlusses der CDA fast wörtlich übernommen wurde: „Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist Ausdruck christlichen sozialen Gedanken-gutes und eine Grundlage der sozialen Marktwirtschaft. Wir wollen die gleichberechtigte

Kooperation der im Unternehmen tätigen Kräfte, denn die Würde des arbeitenden Menschen verlangt seine Teilhabe an den Entscheidungen, die die Bedingungen für seine Arbeitswelt setzen." Das konnte als ein Teilerfolg der CDA gewertet werden.

Weiterhin wurde die Forderung nach einer Neugestaltung des Unternehmensrechts von CDA und JU übernommen. Diese Übernahme konnte allerdings auch als eine geschickte Taktik des Bundesvorstandes verstanden werden. Gegenüber der CDA konnte jetzt argumentiert werden, die Einführung einer uneingeschränkten Parität sei erst möglich bei einer Gesamtreform des Unternehmensrechts. „Gerade, weil wir eine neue Unternehmensverfassung politisch wollen, dürfen wir nicht durch eine voreilige Festschreibung die künftige Diskussion einengen." Die nur numerische Parität im Aufsichtsrat wurde beibehalten, da die Anteilseignervertreter bei der Bestellung des Vorstandsvorsitzenden weiterhin den Stichentscheid hatten. Dennoch konnte Helmut Kohl zugestimmt werden, wenn er sagte: „Die Beschlußvorlage ... ist alles andere als ein Kompromiß auf den kleinsten gemeinsamen Nenner" da einige Zugeständnisse an die CDA gemacht wurden. d) Die Landesparteitage der CDU in Dortmund und Frimmersdorf Konnte die CDU hoffen, mit der Bundesvorstandsvorlage dem Parteitag einen tragfähigen Kompromiß anzubieten, so mußte diese Hoffnung spätestens nach den Landesparteitagen von Rheinland und Westfalen am 4. November 1973 vorbei sein. Im Oktober hatte sich bereits der Landesvorstand der CDU-Rheinland mit der eindrucksvollen Mehrheit von 16: 4 Stimmen für das CDA-Modell entschieden Dieses mußte für die Sozialausschüsse schon ein Erfolg sein. Die Abstimmungsergebnisse in Dortmund und Frimmersdorf gaben der CDA die berechtigte Hoffnung, ihr Modell * auf dem Hamburger Parteitag durchsetzen zu können.

Der Parteitag der CDU Rheinland sprach sich mit 280 : 94 Stimmen für das CDA-Modell aus. In Dortmund enschieden sich 216 : 78 Delegierte für das CDA-Modell (zum Vergleich: auf dem rheinischen Parteitag von Düsseldorf 1971 sprachen sich nur 90 Delegierte für das CDA-Modell aus). Am Wochenende davor hatte sich bereits die CDU des Saarlandes im Prinzip für die Mitbestimmungsvorlage der Sozialausschüsse entschieden

Nach diesen eindeutigen Abstimmungsergebnissen in den beiden mitgliedstärksten Landes-verbänden — mehr als ein Drittel der Gesamtpartei — mußte es für den CDU-Bundesvorstand zwingend notwendig werden, eine neue Kompromißvorlage zu erarbeiten, um nicht eine Niederlage zu erleiden.

Dieser große Erfolg der Sozialausschüsse wurde in der Öffentlichkeit deutlich registriert. Während der DGB die Mitbestimmungsposition der CDU in NRW begrüßte schrieb die Welt unter der Überschrift „Wird die CDU eine linke Partei?" „die Sozialausschüsse gleiten in eine andere Wirtschaftsordnung ab" und „auch in der Partei hatte man bis zum vergangenen Wochenende die Lage zwar für ernst, aber nicht gefährlich gehalten" Der bevorstehende Parteitag hatte nun Aufschluß darüber zu geben, wie groß der Einfluß der CDA in der Mitbestimmungsfrage wirklich war. In zwei gemeinsamen Sitzungen des Bundesvorstandes der Jungen Union und der CDA wurde die Vorgehensweise für Hamburg abgestimmt. Demnach sollte darauf gedrängt werden, von Anfang an kontrovers über beide Vorschläge —• Modell Junge Union/Sozialaus-schüsse/NRW und Modell Bundesvorstand — zu diskutieren. Auf Kompromisse, die von seifen des Bundesvorstandes erwogen wurden, wollte map nach diesen Absprachen nicht eingehen 7. Hamburger Parteitag — Sieg oder Niederlage für die CDA?

Unmittelbar vor dem 22. Bundesparteitag der CDU in Hamburg vom 18. bis 20. November 1973 waren viele CDU-Mitglieder der Über-zeugung, daß es der CDA dieses Mal gelingen würde, ihre Vorstellungen zur Mitbestimmung durchzusetzen. Neben Nordrhein-Westfalen hatte sich bereits Anfang Mai der Landesverband Oldenburg für eine paritätische Mitbestimmung ausgesprochen In Hessen unterlagen die Sozialausschüsse im Bunde mit der . Jungen Union nur mit 140 gegen 153 Stimmen.

Ob dieser Stimmungswandel sich in dem Maße, wie er auf den Landesparteitagen zum Ausdruck kam, in Hamburg niederschlagen würde, war allerdings eine andere Frage. Die Zusammensetzung der Bundesparteitagsdelegierten entspricht in vielen Fällen nicht denen von Landesparteitagen. Außerdem fühlen sich die Delegierten nicht immer an die Beschlüsse der jeweiligen Parteitage gebunden. Der westfälische CDU-Landesvorsitzende z. B. wurde von der JU Westfalen auf Grund seines mangelnden Einsatzes in Hamburg für das auf dem Landesparteitag beschlossene CDA-Modell heftig kritisiert.

Insbesondere dem neuen Parteivorstand unter Kohl und Biedenkopf stand durch die kompromißlose Haltung von CDA und JU eine Bewährungsprobe bevor. Sollte es dem Bundes-vorstand nicht gelingen, eine Mehrheit für seine Vorlage zu bekommen, mußte das Ansehen Kohls und Biedenkopfs in der gesamten Partei erheblich darunter leiden. So wurde die Vermutung geäußert, daß Katzer bewußt einen harten Konfrontationskurs betreiben würde, um für Barzel und Kraske „späte Rache“ an Kohl und Carstens zu nehmen

Noch am Vorabend des Bundesparteitages, am 17. November 1973, beschloß der Bundesvorstand eine Neufassung seines Antrages zur Reform des Unternehmensrechts.

Der Abschnitt, der für die Zukunft ein neues Unternehmensrecht fordert, ist insofern geändert worden, als ausdrücklich gefordert wird, daß das neue Unternehmensrecht „ein partnerschaftliches Verhältnis von Arbeitnehmer, Kapitalseigner und Unternehmensleitung auf der Grundlage der Parität gewährleisten" soll. Dieses war ein erhebliches Zugeständnis gegenüber der CDA. Neu war auch die Forderung nach Einberufung einer Kommission, die ein neues Unternehmensrecht erarbeiten soll.

Bis zur Schaffung dieses neuen Unternehmens-rechts wird auf der Grundlage des geltenden Gesellschaftsrechts eine Übergangslösung vorgeschlagen. Bei einem paritätisch besetzten Aufsichtsrat soll im Fall der Stimmengleichheit bei zustimmungspflichtigen Geschäften der Aufsichtsratsvorsitzende den Ausschlag geben, er wird allerdings mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Wenn nach wiederholten Wahlgängen ein Beschluß nicht zustande kommt, so entscheidet „entsprechend § 8 Montanmitbestimmungsgesetz die Hauptversammlung" Sozialausschüsse und Junge Union brachten erst unmittelbar vor Beginn der Mitbestimmungsdebatte einen neuen Antrag ein. Er baute folgende Gegenposition auf: Langfristig sollte die Fortbildung des Unternehmensrechts in der Weise fixiert werden, wie es der Bochumer Beschluß vorsieht. Dieser Vorschlag wurde mit 427 gegen 200 Stimmen abgelehnt

Für den Teil des Mitbestimmungsbeschlusses, der als Übergangslösung gedacht ist, hatte die CDA auf der Grundlage des geltenden Rechts einen Vorschlag eingebracht, der eine echte Paritätslösung vorsieht. Bei Patt-Situationen soll ein neutraler 11. Mann (Montan-Regelung) den Ausschlag geben. Auch in dieser Abstimmung unterlagen die Sozialausschüsse mit 218 gegen 448 Stimmen Die kurzfristig ausgehandelte Regelung der CDA, einen neutralen 11. Mann nach dem Montan-Modell einzufühB reo, mag zum Teil die Delegierten verwirrt haben. Es wurde nicht deutlich genug von der CDA herausgestellt, daß die Übernahme der Montanregelung sich nur auf die Patt-Situation bezog. Andererseits zeigte die vom Bundesvorstand am Vortage ausgearbeitete Vorlage ein derartiges Entgegenkommen, daß die überwiegende Anzahl der Delegierten dies als eine zufriedenstellende Regelung ansehen mußte. Die Schlußabstimmung — 559 Delegierte stimmten mit Ja, nur 93 mit Nein — machte deutlich, daß es dem Vorstand gelungen war, die erwartete Zerreißprobe zu vermeiden.

Wie ist dieses Ergebnis von Hamburg nun aus der Sicht der CDA zu bewerten? Es gab geteilte Reaktionen innerhalb der Sozialausschüsse. Unmittelbar nach Hamburg sagte Hasinger in der ersten Enttäuschung: „Der Vorschlag des Bundesvorstandes in der vorliegenden Form ist der Wein von Düsseldorf mit neuem Etikett. Wir sollten uns ernsthaft fragen, ob es nicht klarer wäre, es bei einem glatten 7 : 5 zu belassen." Geht man von der Tatsache aus, daß die angenommene Vorlage des CDU-Bundesvorstandes keine volle Parität im Sinne der CDA darstellt, so ist das Ergebnis zunächst enttäuschend. Andererseits ist jedoch zu sehen, daß die CDU im Vergleich zum Parteitag 1971 einen wesentlichen Schritt nach vorne gemacht hat.

Geißler, der Sozialminister von Rheinland-Pfalz und führendes CDA-Mitglied, meinte dazu: „Die Sozialausschüsse und die Junge Union haben auf diesem Bundesparteitag in der Frage der Mitbestimmung einen vor wenigen Monaten noch nicht erhofften Sieg errungen. Der untaugliche Versuch, diesen Erfolg in eine Niederlage umzufälschen, sollte auf SPD und . Spiegel’ beschränkt bleiben." Doch auch die Massenmedien reagierten auf diesen Beschluß überwiegend positiv. Die „Welt der Arbeit" betonte in einem Vergleich mit der Untätigkeit der sozial-liberalen Koalition bezüglich der Mitbestimmung, daß die CDU in die richtige Richtung gegangen sei

„Die Aussagen der für die Sozialausschüsse katastrophalen Folgen des Düsseldorfer Parteitages wurden ausradiert." Vergleicht man die Aussagen der CDU zur Mitbestimmung mit denen von Düsseldorf oder Berlin, so muß in diesem Ergebnis der eigentliche Einfluß der CDA und — später — Junger Union gesehen werden. Indem die Sozialausschüsse immer wieder die paritätische Mitbestimmung forderten, zwangen sie die Partei in eine Diskussion, deren vorläufiger Endpunkt Flamburg war. Mit den Beschlüssen zur Neuordnung eines Unternehmensrechts, die den Arbeitnehmer als Mitglied des Sozialverbandes Unternehmen behandelt und ein partnerschaftliches Verhältnis von Arbeitnehmern, Kapitaleignern und Unternehmensleitung auf der Grundlage der Parität gewährleisten, ist eine langjährige Forderung der CDA erfüllt worden. Dadurch ist eine Wandlung in der CDU eingetreten, die nur auf das beständige Drängen der Sozialausschüsse zurückzuführen ist.

Schritt um Schritt hatte sich die CDU durch die permanente Alternative, die das CDA-Modell anbot, auf die Vorstellungen von Sozialausschüssen und Junger Union zubewegt. Unumstritten ist inzwischen nach den Parteitagsbeschlüssen die Forderung nach einem neuen Unternehmensrecht auf der Grundlage der Parität. Wie dieses neue Unternehmensrecht aussieht, hängt nicht zuletzt von den Ergebnissen der Kommission ab, die sich nach Hamburg bildete. Die personelle Zusammensetzung läßt auf jeden Fall positive Ergebnisse im Sinne der CDA erwarten. Am 6. Juni 1974 fand die erste konstituierende Sitzung unter dem gemeinsamen Vorsitz von Biedenkopf und Katzer statt. Die Unternehmensrechtskommission besteht aus folgenden Mitgliedern

Vertreter der Wissenschaft: Dr. C. T. Claussen Dr. Flume Prof. Dr. Oberhauser *) Prof. Säcker Prof. Söllner Hermann Josef Wallraff ’)

Vertreter der CDU : Barzel ’)

Mikat *)

Pieroth Schwarz-Schflling Friedrich Vogel Otto Zink *) Meinhard Ade *) Hasinger *)

An der Besetzung der Kommission ist vor allen Dingen auffallend, daß kein ausdrücklicher Vertreter der Mittelstandsvereinigung einbezogen wurde.

V. Schlußbetrachtung

Es gilt zunächst eine methodische Vorbemerkung zu machen. Die Vorgehensweise dieser Arbeit war bestimmt vom Prinzip des Falsifizierungsversuches aufgestellter Thesen. Behauptet worden war, daß die CDA in der CDU keinen Einfluß hätte und als Alibi einer den Kapitalinteressen dienenden Partei fungierte. Dementsprechend mußte im Sinne dieses Prinzips der Versuch unternommen werden, den Einfluß der CDA nachzuweisen. Es hätte den Rahmen dieser Arbeit gesprengt, eine stärker differenzierende Analyse zu leisten, die für die verschiedensten Bereiche der Partei und in den verschiedensten Sachgebieten nachweist, wo und in welcher Intensität Einfluß ausgeübt wird und wo nicht. Es ist deshalb dürchaus möglich, daß hier ein zu positives Bild gezeichnet wurde, das nicht alle den Einfluß tangierenden Aspekte berücksichtigt hat.

Das Ergebnis muß als eindeutig bezeichnet werden. Sowohl der um den funktionalen Aspekt erweiterte positioneile Ansatz als auch der anhand der Fallstudie der Mitbestimmung durchgeführte entscheidungsgenetische Ansatz weisen einen sogar erheblichen Einfluß der Sozialausschüsse auf die CDU nach. Dieser Einfluß muß höher angenommen werden, als es dem Vereinigungsprinzip nach entsprechen würde.

Vor allem nach den Wahlen 1969 und 1972, in denen die CDU insbesondere in der industriellen Arbeitnehmerschaft eine empfindliche Niederlage einstecken mußte, zeichnete sich ein stärkerer Einfluß der CDA ab. Ein vorläufiger Höhepunkt war der Mannheimer Parteitag 1975 mit der Koalition aus Junger Union, Frauenvereinigung und Sozialausschüssen, gegen die nach Meinung vieler Beobachter keine Entscheidung mehr gefällt werden kann. In dem Bemühen um die Zielgruppe Arbeitnehmerschaft benötigt die Partei die CDA.

Die Gründe für diese Bedeutung der CDA müssen in folgenden Punkten gesehen werden: 1. Nach dem Gespräch zwischen Vetter und Kohl kann die CDU keine Gewerkschaftspolitik ohne die CDA betreiben.

2. Auf Grund der personellen und organisatorischen Vertretung der CDA in den Betrieben und der Tatsache, daß keine andere Parteigruppierung dort vertreten ist, kann die CDU ohne die CDA auch keine Betriebsarbeit leisten.

3. In den Augen der Öffentlichkeit wird die CDA als Interessenvertretung der Arbeitnehmer in der Partei verstanden. Wird die

CDA nicht genügend personell und inhaltlich berücksichtigt, dann gefährdet die CDU ihr Image als Volkspartei. Die Auseinandersetzung um die Mitbestimmung zwischen dem Düsseldorfer und dem Hamburger Parteitag und der Einfluß der CDA sind nur vor diesem Hintergrund verständlich.

Als Fazit läßt sich festhalten, daß die CDA durch diese Entwicklung für die Partei einen größeren Stellenwert bekommen hat und dadurch im Sinne von Claus Offe „konfliktfähiger" wurde Dies hat sich auch in der Strategie der CDA niedergeschlagen, indem sie konfliktträchtiger und häufiger den Weg bewußt über die Öffentlichkeit suchte.

Es lassen sich aus dieser Analyse weitere, für den Einfluß der Sozialausschüsse entscheidende Bestimmungsfaktoren feststellen: 4. Parallel zu einer gewerkschaftsorientierten Politik der CDU, die unter Kohl und Biedenkopf zunehmend zu einer Öffnung der Partei führt, erhöht eine stärkere Konflikt-fähigkeit und Konfliktbereitschaft der Sozialausschüsse in den DGB-Gewerkschaften nicht nur ihren Einfluß im DGB, sondern auch in der Rückkoppelung in der CDU. 5. Je weniger selbstverständlich es sein wird, daß die CDA ihre Mitglieder aus den traditionellen, konfessionell orientierten Arbeitnehmergruppierungen wie KAB und EAB rekrutieren kann, um so mehr wird sie auf neue, z. T. intellektuelle Mitglieder-schichten zurückgreifen müssen. Hier bieten sich vor allem die JU und der RCDS an. Diese Entwicklung geht einher mit einem Wandel der Gesellschaft von der Industrie-zur Dienstleistungsgesellschaft, wonach die Arbeitnehmer ein zunehmendes Mittelschichtenbewußtsein entwickeln. Damit aber kann die CDA in Konkurrenz zur Mittelstandsvereinigung der Partei geraten. 6. Eine ständige programmatische Arbeit der CDA erhöht das Leistungsangebot an die Partei und damit ihren Stellenwert in der CDU bei deren Suche nach programmatischen Alternativen. Die Diskussion neuer Themenbereiche muß bis zur Identifizie-rung der CDA mit diesen Themen geführt werden.

7. Angesichts der innerparteilichen Arbeitsteilung, die den Sozialausschüssen die Sozialpolitik und der Wirtschafts-bzw.der Mittelstandsvereinigung die Wirtschaftspolitik zuordnet, kann eine Wirtschaftssituation wie die letzte Rezession zu einer Einflußminderung der CDA führen.

Die Wahrnehmung auch der Arbeitnehmer-interessen wird in einer solchen Situation in der erfolgreichen Anwendung wirtschaftspolitischer Maßnahmen zur Erreichung der Vollbeschäftigung gesehen. Nur der bewußte Aufbau eines Images, das sowohl personell als auch inhaltlich den Zusammenhang von Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik verkörpert, könnte die Abhängigkeit des Einflusses der Sozialausschüsse vom Konjunkturverlauf abmildern. In dem konfliktträchtigen Weg über die Öffentlichkeit, der in der Vergangenheit den Einfluß erhöht hat, wird aber zugleich auch ein strukturelles Problem sichtbar, das sich zum Nachteil auswirken kann und ausgewirkt hat, und das erklärt, warum in der Öffentlichkeit vielfach „Niederlagen" der Sozialausschüsse festgestellt werden und daraus die Schlußfolgerung gezogen wird, sie hätten keinen Einfluß.

Der Weg über die Öffentlichkeit, der sowohl als Druck auf die Gesamtpartei als auch zur Mobilisierung der eigenen Anhänger gewählt wird, setzt eine maximale Zielsetzung voraus, die bis zum Entscheidungstag durchgehalten werden muß. Stellt sich dann auf dem Bundesparteitag ein Kompromiß ein, der sogar sehr nahe an die Zielvorstellung der CDA heran-reichen kann, dann hat in den Augen der Öffentlichkeit die CDA sich nicht (voll) durchsetzen können. Verkürzt: Die CDA hat ihr Ziel nicht erreicht. Der notwendige Interessenausgleich und Kompromißcharakter von Parteitagsbeschlüssen einer Volkspartei wird in der Öffentlichkeit und in der Rückkoppelung über die Meinungsbildung der Massenmedien auch bei den eigenen Mitgliedern häufig verkannt. Der Anspruch der CDA, „Motor" der CDU zu sein, wird immer mit solchen „Niederlagen" rechnen müssen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. So die vollständige Bezeichnung; im folgenden abgekürzt angegeben als „Sozialausschüsse" oder „CDA".

  2. Hans Werner Kettenbach, Zwischen Krach und Harmonie. Zur Selbstdarstellung der Sozialausschüsse, in: Ferdi Breidbach und Rüdiger May (Hrsg.), Das soziale Feigenblatt. Die Sozialausschüsse in der Union, Düsseldorf, Wien 1975, S. 153.

  3. Ebenda.

  4. Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 5. erweiterte Auflage 1973, S. 32 ff.

  5. Ebenda, S. 40.

  6. Otto Stammer, Interessenverbände und Parteien, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozial-psychologie, 1957, S. 600.

  7. Materialien zum Bericht zur Lage der Nation 1974, hrsg. vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, S. 160 f., Tz. 257.

  8. Vgl. Soziale Ordnung 2/3, 1971, S. 13.

  9. Ossip K. Flechtheim, Die Parteien der Bundesrepublik, Hamburg 1973, S. 469 ff.

  10. Rolf Ebbighausen und Wilhelm Kaltenborn, Arbeitnehmerinteressen in der CDU? Zur Rolle der Sozialausschüsse, in: Jürgen Dittberner und Rolf Ebbighausen, Parteiensystem in der Legitimationskrise, Opladen 1973, S. 199.

  11. Vgl. unten S. 32 ff.

  12. Vgl. Hans-Georg Wehling, Wer hat Macht in der Bundesrepublik — Fragen an die Interessengruppenforschung, in: Der Bürger im Staat. Politische Kontrolle wirtschaftlicher Macht, H. 4/73, S. 293 ff.; Hermann Adam, Pluralismus oder Herrschaft des Kapitals, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 14/74, S. 26 ff.

  13. Karl-Joachim Kierey, Ist die CDU eine Volkspartei, in: Sonde 3/72, S. 22.

  14. Karl-Joachim Kierey, a. a. O., S. 23; vgl. hierzu auch Nils Diederich, Zur Mitgliederstruktur von CDU und SPD, in: Dittberner/Ebbinghausen, a. a. O., S. 40 f.

  15. Vgl. Flechtheim, a. a. O., S. 64.

  16. Ebenda, S. 408.

  17. Heinrich Roth (Hrsg.), Begabung und Lernen, Stuttgart 1970 — darin die Aufsätze von Klaus Mollenhauer, Sozialisation und Schulerfolg, S. 269 ff., und Ulrich Oevermann, Schichtenspezifische Formen des Sprachverhaltens und ihr Einfluß auf die kognitiven Prozesse, S. 297 ff.

  18. Kierey, a. a. O., S. 23.

  19. Jürgen Dittberner, Die Bundesparteitage der Christlich Demokratischen Union und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands von 1946 bis 1968, Diss. Berlin 1969, S. 12.

  20. Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Opladen 1971, S. 545.

  21. Vgl. unten S. 23.

  22. Vgl. Helmut Unkelbach/Rudolf Wildenmann/Werner Kaltefleiter, Wähler, Parteien, Parlament. Bedingungen und Funktionen der Wahl. Demokratische Existenz heute, Schriften des Forschungsinstituts für politische Wissenschaft der Universität zu Köln, Heft 13, Frankfurt am Main 1965, S. 108 f.

  23. Bodo Zeuner, Wahlen ohne Auswahl — Die Kandidatenaufstellung zum Bundestag, in: Kritik, Bd. 3, hrsg. von Winfried Steffani, Opladen 1971, S. 180 f.

  24. Norbert Blüm, Reaktion oder Reform — Wohin geht die CDU, Reinbek b. Hamburg 1972, S. 16.

  25. Helmuth Pütz, Innerparteiliche Willensbildung, Mainz 1974, S. 165.

  26. 27V 2g 8l. Sonde 3/4, 1973, S. 26.

  27. Oscar Gabriel, Innerparteiliche Demokratie, in: Beiträge zum Problem politischer Arbeit in der modernen Gesellschaft, hrsg. von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn 1973, S. 77.

  28. Bodo Zeuner, Innerparteiliche Demokratie, a. a. O., S. 94.

  29. Hans-Leo Baumanns/Wolfgang Bergsdorf, CDU im dritten Jahrzehnt, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 40/71, S. 12.

  30. Vgl. Joachim Raschke, Mehrheitswahlrecht — Mittel zur Demokratisierung oder Formierung der Gesellschaft, in: Kritik Bd. 3, a. a. O., S. 208. — Raschke sieht dieses allerdings negativ als Zementierung des „Status quo". Vgl. hierzu auch zum Konfliktbegriff Sylvia und Wolfgang Streeck, Parteiensystem und Status quo, Frankfurt 1972.

  31. Auf die Aufgabenstellung wird in Kapitel III ausführlicher eingegangen.

  32. Satzung der CDA, beschlossen auf der 11. Bundestagung in Köln 1965, geändert auf der 14. Bundestagung in Koblenz 1971.

  33. Vgl. Gerhard Schulz, Die Organisationsstruktur der CDU, in: Z. f. P. 3/1956, S. 159.

  34. Soziale Ordnung 6/7/8 1973, S. 14; im folgenden: SO.

  35. Johannes Groß, Problemtagung der CDA am 27. 4. 1974. Christlich-sozial, liberal, konservativ — die geistigen Grundlagen der CDU, unkorrigierte Abschrift der Tonbandaufzeichnung der Diskussion, S. 96.

  36. Vgl. hierzu H. Grebing, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1966.

  37. Vgl. Dokumente zur christlichen Demokratie — Deutschland, Österreich, Schweiz, Handbücher der Politischen Akademie Eichholz, Bd. 2, Hrsg. Politische Akademie Eichholz 1969, S. 127 f.

  38. Gerhard Schulz, a. a. O., S. 159. Zur Gründungsphase der CDU sei u. a. verwiesen auf Leo Schwering; Frühgeschichte der Christlich Demokratischen Union, Recklinghausen 1963, und Hans-Georg Wieck, Die Entstehung der CDU und die Wiedergründung des Zentrums im Jahre 1945, Düsseldorf 1953.

  39. Vgl. Dokumente, a. a. O., S. 162 ff.

  40. Vgl. Dokumente, a. a. O., S. 17 f.

  41. Blüm, a. a. O., S. 13.

  42. Ders., ebd.

  43. Ebd., S. 107, Das Ahlener Programm - Programmatische Erklärung des Zonenausschusses der CDU der britischen Zone auf der Tagung vom 1. - 3. Februar 1947 in Ahlen.

  44. Vgl. Heinz-Theo Risse, Der „Linke Flügel" der CDU, in: Frankfurter Hefte, Zeitschrift für Kultur und Politik 5/1962, S. 300.

  45. Gerhard Schulz, Die CDU - Merkmale ihres Aufbaus, in: Parteien in der Bundesrepublik, Schriften des Instituts für Politische Wissenschaft, Bd, 6, Stuttgart und Düsseldorf 1955, S. 91.

  46. Vgl. Problemtagung CDA, a. a. O.

  47. Vgl. SO 6/7/8/1973, S. 15.

  48. Kurt Biedenkopf, Die Politik der Union — die freiheitliche Alternative zum Sozialismus, Vortrag vor der Katholischen Akademie München am 9. 12. 1973 S 5

  49. Vgl’. Wehling, a. a. O., S. 293.

  50. Vgl. auch Aufgaben der CDA, S. 19 f.

  51. Vgl. Kapitel II.

  52. Vgl. Adam, a. a. O., S. 28 f., und Hans-Georg Wehling, a. a. O., S. 293 f.

  53. Wehling, a. a. O., S. 293.

  54. Vgl. Kapitel II. Diese Situation dürfte sich — ohne hier weiter darauf eingehen zu wollen — für die Phase des sogenannten Wirtschaftswunders des Wiederaufbaues so gestellt haben. Eine wirtschaftspolitische Konzeption, die Leistungen für Arbeitnehmer nur als das Ergebnis vorher erbrachter wirtschaftlicher Leistungen ansah, mußte zwangsläufig die CDA gegenüber der Wirtschaftsvereinigung schwächen.

  55. Statut der CDU, § 39.

  56. Zeuner, a. a. O., S. 13 f.

  57. Karl-Heinz Naßmacher, Politikwissenschaft I. Politische Systeme und politische Soziologie, Düsseldorf 1973, S. 115.

  58. Manfred Hättich, Zur Typologie politischer Parteien, in: Gilbert Ziebura (Hrsg.), Beiträge zur allgemeinen Parteienlehre. Zur Theorie, Typologie und Vergleichung politischer Parteien, Darmstadt 1969, S. 392.

  59. Jürgen Dittberner, Entwicklungstendenzen des Parteiensystems, in: ders. und Rolf Ebbighausen, a. a. O., S. 479.

  60. Satzung der CDA, beschlossen auf der 11. Bundestagung in Köln 1965, geändert auf der 14. Bundestagung in Koblenz 1971.

  61. Wehling, a. a. O., S. 294.

  62. Norbert Blüm, Einheitsgewerkschaft und christlich-demokratische Arbeitnehmer, in: Gewerkschaftliche Monatshefte 4/74, S. 239.

  63. Wirtschaftswoche 27/71 vom 2. 7. 1971.

  64. Grundlage zur Diskussion auf der Problem-tagung der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft am 27. 4. 1974 in Königswinter, Königswinter, April 1974, S. 27.

  65. Ebd., S. 28.

  66. Vgl. Gesellschaftspolitische Kommentare 2/73 vom 15. 1. 1973, S. 15.

  67. Vgl. Westfälische Nachrichten vom 18. 12. 1974.

  68. Gesellschaftspolitische Kommentare, künftig zitiert als GK; vgl. K. D. Ziehmann, Geraten die Sozialausschüsse ins Abseits?, in: GK 11/73 vom 1. 6. 1973, S. 13 f.; ders., Zur Situation der CDU-Sozialausschüsse, in: GK 20/73 vom 15. 10. 1973, S. 235 f.

  69. Vgl. Westfälische Nachrichten vom 18. 12. 1974.

  70. Vgl. Wehling, a. a. O„ S. 297.

  71. Vgl. Deutsche Gewerkschaftszeitung, Juli 1975.

  72. Vgl. Zur Soziologie der politischen Parteien (III): Gewerkschaftsredit im Bundestag?, in: Gegenwartskunde 3/70, S. 293; Kurt Hirche, Gewerkschafter im siebten Deutschen Bundestag, in: Gewerkschaftliche Monatshette 2/73, S. 83 f

  73. Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 26. 5. 1970.

  74. Erwin Aymann, Kann ein CDU-Mitglied Gewerkschaftsmitglied sein?, in: GK 20/73 vom 15. 10. 1973, S. 239 f.

  75. Ebd., S. 239.

  76. Ferdinand Breidbach, Union und Arbeitnehmer, in: G. Götter und E. Pieroth, Die Union in der Op-

  77. Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 26. 5. 1970: „CDUSozialausschüsse wollen mehr Einfluß".

  78. Ebenda.

  79. Westfälische Nadirichten.

  80. JA — aktuell. Mitteilungen der Jungen Arbeitnehmerschaft in den Sozialausschüssen der CDA des Münsterlandes Nr. 1/1974 vom 18. 1. 1974, S. 2, vgl. auch Der Spiegel Nr. 53 vom 31. 12. 1973, Mannheimer Morgen vom 18. 12. 1973.

  81. Vgl. Spiegel vom 31. 12. 1973.

  82. Zeit Nr. 21 vom 16. 5. 1975.

  83. Im weiteren zitiert als: Dokumentation Vorbrükken, S. 6.

  84. Dieses ist nicht als Wertung der Funktionserfüllung der Sozialausschüsse zu verstehen, sondern die Feststellung eines Zusammenhangs zwischen Zielgruppenarbeit einer Vereinigung und der Arbeit der Partei insgesamt.

  85. Vgl. Rede von Herbert Wehner auf dem Bundeskongreß der AfA in Duisburg 1973.

  86. Vgl. Abschnitt 3.

  87. Vgl. Dokumentation Vorbrücken, S. 7, 16, 28.

  88. Vgl. für die weiteren Ausführungen: Dokumentation Vorbrücken, S. 21 f.

  89. Heinz Bus, Abschlußbericht zu den Betriebsratswahlen 1972.

  90. Dokumentation Vorbrücken, S. 26.

  91. Ebd„ S. 25 f.

  92. Deutsches Monatsblatt Juli/August 1975, S. 16.

  93. Dokumentation Vorbrücken, S. 28.

  94. Vgl. Gespräch der Verfasserin mit Rainer Barzel am 29. 3. 1974.

  95. Vgl. Dokumentation Vorbrücken, S. 27. Im Vergleich dazu: Die SPD hat 87 hauptamtliche Mitarbeiter für diese Arbeit abgestellt; allein 4 in der Bundesgeschäftsstelle. Darüber hinaus hat die Bundeskonferenz der AfA gefordert, noch mehr einzustellen und in jedem Unterbezirk mindestens einen Mitarbeiter zu haben.

  96. Bernhard Koch, CDU und organisierte Arbeitnehmerschaft, in: GK 2/73, S. 14.

  97. Soziale Ordnung, Nr. 3/75, S. 8.

  98. Vgl. Funktion a) und d) auf Seite 24.

  99. Vgl. Funktion b) und c) auf Seite 24.

  100. Norbert Blüm, in: Capital Nr. 12/1969, S. 44.

  101. Albrecht Hasinger, in: Kölner Stadtanzeiger vom 13. 6. 1975.

  102. Rolf Ebbighausen/Wilhelm Kaltenborn, Arbeitnehmerinteressen in der CDU? Zur Rolle der Sozialausschüsse, in Dittberner/Ebbighausen, a. a. O., S. 183.

  103. Vgl. Tonbandprotokoll der Fernsehsendung „Links denken" des WDR vom 16. 10. 1974 unter der Leitung von Rudolf Rohlinger.

  104. Ebd.; vgl. Haimo George, Sozialausschüsse und S. Partei, in: Ferdi Breidbach/Rüdiger May, a. a. O., S. 97 ff.

  105. Volker Oerter, Rechtsfragen des Verhältnisses zwischen politischen Parteien und ihren Sonder-und Nebenorganisationen, Dissertation, Bochum 1971, S. 131.

  106. Vgl. S. 32.

  107. Lt. Gespräch mit Dieter Lange, Bezirkssozialsekretär der CDA des Münsterlandes.

  108. Vgl. Capital Nr. 12/1969, S. 44.

  109. Oerter, a. a. O., S. 165.

  110. Wolfgang Falke, Partei und Führung. Zu den innerorganisatorischen Aufgaben der CDU, in: Die politische Meinung, Sonderheft April 1974, S. 50.

  111. Heinz Bus, Betriebsgruppenarbeit, in: CDA-Arbeitsunterlagen der 15. Bundestagung der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft vom 19. — 20. 5. 1973 in Bochum, S. 14.

  112. Falke, a. a. O„ S. 50.

  113. Vgl. Statistischer Bericht der zentralen Mitgliederkartei, Stand 30. 4. 1971 und 28. 2. 1975.

  114. Ebd.

  115. Süddtsch. Zeitung vom 6. 7. 1971.

  116. Statistischer Bericht der Zentralen Mitglieder-kartei, a. a. O.

  117. Die Mitgliedschaft der Christlich-Demokratischen Union nach den Unterlagen der Zentralen Mitgliederkartei: Statistik der Bundesgeschäftsstelle Juni 1970, S. 22.

  118. Statistik der Bundesgeschäftsstelle Juni 1970, S. 20, 21 und 24.

  119. Tonbandprotokoll der Fernsehsendung „Links denken", a. a. O.

  120. Tonbandprotokoll einer Sendung des WDR vom 25. 6. 1975: Die CDU nach dem Bundesparteitag.

  121. Bodo Zeuner, Wahlen ohne Auswahl — Die Kandidatenaufstellung zum Bundestag, in: Win

  122. Wahlergebnisse der führenden Mitglieder der CDU-Sozialausschüsse bei der Bundestagswahl 1972. Archiv der CDU-Bundesgeschäftsstelle.

  123. Vgl. „Spiegel" Nr. 43 vom 16. 10. 1972, S. 52.

  124. Vgl. Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 17. 9. 1972.

  125. Vgl. Publik vom 9. 7. 1971.

  126. Dittberner, Die Bundesparteitage, a. a. O., S. 42 ff.

  127. Vgl. SO 1/1966, S. 4 f.

  128. Vgl. SO 3/1966, S. 7 f.

  129. Vgl. SO 2/1967, S. 4 f.

  130. CDA-Dokumentation I, Hrsg. Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, S. 25.

  131. Vgl. Hans Edgar Jahn, CDU und Mitbestimmung, Stuttgart 1969, S. 17.

  132. Vgl. GK Nr. 20 vom 15. 10. 1968, S. 239.

  133. Ebd., S. 240.

  134. Vgl. GK Nr. 17 vom 1. 9. 1968, S. 204.

  135. Vgl. Jahn, a. a. O„ S. 21.

  136. Vgl. Uwe-Rainer Simon, Das Berliner Programm der CDU, in: Sonde 1/1969, S. 4.

  137. Vgl. Jahn, a. a. O., S. 23 f.

  138. Ebd.

  139. Ebd., S. 173.

  140. Ebd., S. 161.

  141. GK, Nr. 20 vom 15. 10. 1968, S. 239.

  142. Jahn, a. a. O:, S. 47.

  143. Ebd., S. 37.

  144. Jahn, a. a. O., S. 57 ff.

  145. Ebd., S. 175.

  146. Ebbighausen/Kaltenborn, a. a. O., S. 188.

  147. „Liberal konservativ, christlich-sozial — die geistigen Grundlagen der CDU, Problemtagung vom 26. 4. 1974 im Adam-Stegerwald-Haus, a. a. O., S. 75.

  148. Jahn, a. a. O„ S. 65.

  149. Vgl. Entwurf der CDU-Programm-Kommission zum Thema „Mitbestimmung" für das Berliner Programm, 2. Fassung, beschlossen am 30. 9. 1970, in: Anträge für den 18. Bundesparteitag Düsseldorf, S. 93 ff.

  150. Vgl. Anträge für den 18. Bundesparteitag, a. a. O., S. 93 ff.

  151. Ebd., S. 132.

  152. Mitbestimmung — Der Vorschlag der Sozialausschüsse der CDA zum Düsseldorfer Parteitag 1971, Vorwort Hans Katzer.

  153. Vgl. Jürgen Dittberner. Der Wirtschaftsrat der CDU e. V., in: Dittberner/Ebbighausen, a. a. O., S. 224.

  154. Vgl. Dittberner, a. a. O., S. 223.

  155. Vgl. Pressedienst des Diskussionskreises Mittelstand der CDU/CSU Fraktion vom 15. 10. 1970; die personelle Verflechtung zwischen Wirtscenfts rat und Mittelstandsvereinigung wird deutlich.

  156. Vgl. Dittberner, a. a. O., S. 223.

  157. Schreiben von Thomas Ruf an die Verasserin vom 25. 6. 1974.

  158. Folgende Angaben aus dem Schreiben von Thomas Ruf ersichtlich.

  159. Vgl. Blüm, a. a. O., S. 78.

  160. Vgl. ebd., S. 79.

  161. Vgl. GK 1. 11. 1970, S. 256.

  162. Vgl. SO 1. 12. 1970.

  163. Vgl. 18. Bundesparteitag der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, Düsseldorf 25. - 27. Januar 1971, Niederschrift, Hrsg.: CDU Bundesgeschäftsstelle.

  164. Vgl. „Informationen“ der CDA vom 9. 9. 1970.

  165. Vgl. SO 12/1970, S. 22.

  166. Gespräch der Verfasserin mit A. Hasinger vom 4. 3. 1974.

  167. Vgl. Anträge für den 18. Bundesparteitag der CDU, Düsseldorf 1971, S. 93 ff.

  168. Folgende Angaben stammen aus einem Schreiben von Thomas Ruf an die Verfasser vom 25. 6. 1974.

  169. Vgl. oben S. 48.

  170. Die mangelnde Geschlossenheit (vgl. Kapitel III) wird hieraus ersichtlich.

  171. Vgl. oben S. 48.

  172. Volker Weyel, Links von Biedenkopf, in: GK 1/1971, S. 5.

  173. Vgl. dkm Pressedienst, a. a. O., S. 2.

  174. Vgl. 18. Bundesparteitag, a. a. O., S. 275 ff.

  175. Vgl. 18. Bundesparteitag, a. a. O., S. 313'.

  176. Vgl. SO 2/3 1971, S. 7.

  177. Vgl. Hans Katzer, Bedenkliche Schwäche der Parteiführung ebd., S. 3.

  178. Im folgenden BVG.

  179. Vgl. Kölner Stadtanzeiger vom 3. 2. 1971, außerdem geht dieses aus einem Schreiben des Kommis-sionsv. Thomas Ruf an Barzel vom 1. 2. 1971 hervor. Dieses Schreiben wurde den Verfassern von Thomas Ruf übersandt.

  180. Vgl. SO 2/3 1971, S. 12.

  181. CDU/CSU Fraktion des Deutschen Bundestages — Pressereferat — vom 5. 2. 1971.

  182. Thomas Ruf in einem Schreiben an Dr. Rainer Barzel vom 1. 2. 1971, und Hans Katzer, Erklärungen des Bundesvorsitzenden der Sozialausschüsse zur Vorlage der CDU/CSU-Fraktion für eine Verbesserung des Betriebsverfassungs-und Unternehmensrechts, in: „Information", Hrsg. CDA, vom 8. 2. 1971, S. 2.

  183. Vgl. ebd., S. 2.

  184. Vgl. SO 11/1971, S. 2.

  185. Vgl. Katzer, Erklärungen . . ., a. a. O., S. 1.

  186. Vgl. SO 11/1971, S. 3.

  187. Vgl. Dittberner, Die Bundesparteitage . . ., a. a. O., S. 44.

  188. Vgl. Zeit vom 23. 11. 1973, Nr. 48.

  189. Dittberner, a. a. O., S. 44.

  190. Werner Kaltefleiter und Manfred Rabeneick, Die CDU/CSU — Volkspartei oder Interessenpartei?, in: Breidbach/May, a. a. O., S. 64 ff.

  191. Vgl. Spiegel, Nr. 6 vom 1. 2. 1971, S. 22.

  192. Vgl. Christ und Welt vom 12. 2. 1971.

  193. Vgl. Kölner Stadtanzeiger vom 8. 3. 1971.

  194. Ebd.

  195. Die Welt vom 8. 3. 1971.

  196. Günter Windschild, Sendung des Westdeutschen Rundfunks, Hauptabteilung Politik vom 8. 3. 1971.

  197. Jahn, a. a. O., S. 25.

  198. Vgl. Union in Deutschland (UiD) 40/1974 vom 3. 10. 1974, S. 14.

  199. Die Welt vom 4. Mai 1971.

  200. Kommunique über das Gespräch zwischen Präsidium der CDU und geschäftsführenden Vorstand der Sozialausschüsse der CDA (Archiv der CDU-Bundesgeschäftsstelle).

  201. Hans Katzer, Reformpolitik der Vernunft. 20. Bundesparteitag Wiesbaden, 9. - 11. Oktober 1972, unkorrigiertes Manuskript, S. 7.

  202. Gespräch der Verfasserin mit R. Barzel vom 29. 3. 1974.

  203. Vgl. Kaltefleiter, a. a. O., S. 159.

  204. Norbert Blüm in einem Interview mit Günter Gaus. Protokoll Südwestfunk Fernsehen — Information, Sendung vom 15. Januar 1973.

  205. Vgl. Pütz/Radunski/Schönbohm/Simon/Stronk, 29 Thesen zur politischen Strategie der Union, in: Sonde 4/72, S. 9 u. S. 20.

  206. Vgl. Der Spiegel Nr. 9 vom 26. 2. 1973, S. 36.

  207. GK vom 1. 4. 1973.

  208. Vgl. dpa 6. 5. 1973.

  209. Gespräch der Verfasserin mit Norbert Blüm rom 26. 3. 1974.

  210. CDA-Dokumentation 2. Mitbestimmungsvor-schlag der Sozialausschüsse, Hrsg. CDA, S. 8.

  211. Vgl. ebd.

  212. Vgl. Deutsches Monatsblatt 6/1973.

  213. Vgl. Helmut Bilstein/Hartmut Hohlbein/Hans-Ulrich Klose, Jungsozialisten — Junge Union — Jungdemokraten. Die Nachwuchsorganisationen der Parteien in der Bundesrepublik, Opladen 1972.

  214. Vgl. Handelsblatt vom 25. 1. 1975.

  215. Bilstein u. a. a. a. O., S. 53; dieses bedeutet jedoch nicht, daß die JU geschlossen in jedem Fall mit der CDA stimmen wird.

  216. Vgl. Biedenkopf, Kurt. „Auf dem Weg zur Unternehmensgemeinschaft", Diskussionsbeitrag für die Mitbestimmungsbeschlüsse der CDU, August 1973, hrsg. Bundesgeschäftsstelle der CDU.

  217. Auskunft von A. Hasinger an die Verfasserin vom 4. 3. 1974.

  218. Vgl. CDA Dokumentation 2 — a. a. O., S. 29.

  219. SO 9/1973, S. 7.

  220. Vql. Deutsches Monatsblatt 9/1973.

  221. Welt 21. 9. 1973.

  222. Auskunft von Hasinger vom 4. 3. 1974 an die Verfasserin.

  223. Hervorhebung durch die Verfasser.

  224. Union in Deutschland, UiD Dokumentation 40/73 v. 16. 10. 1974.

  225. Helmut Kohl, Gleichberechtigte Mitbestimmung, in: UiD 40/73, 16. 10. 1974.

  226. Kohl, ebd.

  227. Vgl. SO 10/1973, S. 2.

  228. Vgl. FAZ 5. 11. 1973.

  229. DBG Nachrichten Dienst vom 6. 11. 1973.

  230. Die Welt vom 6. 11. 1973.

  231. Vgl. Die Welt vom 12. 11. 1973.

  232. Vgl. SO 11/1973, S. 10.

  233. Vgl. Gesellschaftspolitische Information vom 15. 11. 1973.

  234. Hervorhebung durch die Verfasser.

  235. Vgl. 22. Bundesparteitag Hamburg, 18. — 20. November 1973, Antrag D 222, Maschinenschrift.

  236. Vgl. 22. Bundesparteitag der CDU, Hamburg 1973, Niederschrift, Hrsg.: CDU Bundesgeschäftsstelle, S. 324.

  237. Ebd.

  238. Vgl. 22. Bundesparteitag, a. a. O., S. 326.

  239. Handelsblatt vom 22. 11. 1973.

  240. Heinrich Geißler, in: UiD vom 6. 12. 1973.

  241. Welt der Arbeit, 30. 11. 1973.

  242. Welt der Arbeit, 30. 11. 1973.

  243. Auskunft von M. Ade an die Verfasserin vom 13. 3. 1975.

  244. durch *) sind CDA bzw. nahestehende Mitglieder gekennzeichnet.

  245. Claus Offe, Politische Herrschaft und Klassen-strukturen. Zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme, in: Gisela Kress/Dieter Senghaas (Hrsg.), Politikwissenschaft. Eine Einführung in ihre Probleme. S. 135 ff., insbesondere S. 145.

Weitere Inhalte

Gertrud Kramer, geb. 1950 in Cloppenburg, 1969— 1975 Studium in Münster, Studienreferendarin für Sozialwissenschaften und Deutsch. I Johannes Kramer, Dipl. -Volksw., geb. 1947 in Wildeshausen, 1966— 1971 Studium der Volkswirtschaft und Politikwissenschaft in Mainz und Münster, 1972— 1975 Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster, dort seit 1975 Lehrbeauftragter; seit 1975 persönlicher Referent des CDA-Vorsitzenden Hans Katzer. Veröffentlichungen: Art. „Lohn", in:. Gert von Eynern (Hrsg.); Wörterbuch zur politischen Ökonomie, Opladen 1973; Verteilungspolitik als zentrales gesellschaftspolitisches Problem, in: Dieter Grosser (Hrsg.), Politischer Unterricht. Fach-wissenschaftliche und didaktische Analysen, Freiburg 1976.