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Auftrag und Ethos der CDU | APuZ 32-33/1976 | bpb.de

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APuZ 32-33/1976 Auftrag und Ethos der CDU Parteipolitik zwischen Machtstreben und Gemeinwohl Politik unter Sachzwängen — Gibt es noch politische Alternativen? Das Verhältnis von Programm und Pragmatismus in der politischen Praxis Artikel 1

Auftrag und Ethos der CDU

Kurt H. Biedenkopf

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Bei den Beiträgen dieses Heftes handelt es sich um — für den Druck geringfügig überarbeitete — Referate, die auf der Tagung des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing (26. — 30. 5. 1976) gehalten wurden. Die Tagung stand unter dem Thema „Parteipolitik zwischen Machtstreben und Gemeinwohl". Im Programm hieß es hierzu u. a.: „Die Bedeutung der politischen Parteien wird zur Zeit in der Bundesrepublik unterschiedlich beurteilt. Einerseits können die im Bundestag vertretenen Parteien sich eines unerwartet großen Mitgliederzuwachses rühmen. Andererseits aber mehren sich — nachweisbar etwa in der wachsenden Zahl der Bürgerinitiativen — die Zweifel an der Fähigkeit der Parteien, die an den Staat gerichteten Leistungsanforderungen der gesamten Gesellschaft erfassen und kanalisieren zu können. Diese Vermittlungsaufgabe der Parteien ist zwar mit der Ausdehnung der Staatstätigkeit auf den wirtschaftlichen und sozialen Lebensbereich immer wichtiger geworden. Aber viele Wähler scheinen den Parteien die Erfüllung dieser Aufgabe nicht mehr wie bisher zuzutrauen. Sie sind unsicher geworden, weil sie den Eindruck gewonnen haben, daß es bei den Auseinandersetzungen der Parteien vor allem um Machterhalt bzw. Machterwerb geht, kaum oder gar nicht um sachliche Alternativen für die Gestaltung der Zukunft. Können die Parteien den Anforderungen gerecht werden, die ihnen heute von den Wünschen, Bedürfnissen und Interessen der Wähler gestellt werden? Gelingt ihnen im Kampf um die Macht und unter dem Druck von Verbandsinteressen noch der Ausgleich zwischen kurzfristigen Ansprüchen und langfristigen Notwendigkeiten?"

Die Frage nach den Grundwerten unseres politischen Handelns stellt sich heute dringlicher als früher. Dies ist kein Zufall. Die Renaissance der Grundwertediskussion, die wir in allen demokratischen Parteien der Bundesrepublik erleben, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß mit dem weitgehenden Abschluß der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg und der Neugestaltung unserer freiheitlichen Gesellschaftsund Wirtschaftsordnung die aus dem Wiederaufbau resultierenden Sachzwänge überwunden sind. Diese Phase war beherrscht durch konkrete Nöte, durch die elementaren Sorgen des Alltags sowie durch den Glauben an die problemlösende Kraft wirtschaftlichen Wachstums. Diese einst beherrschende Orientierung der Politik ist inzwischen in den Hintergrund geraten. Unsere Institutionen in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft haben sich eingespielt. Dadurch wurden politische Energien freigesetzt, die neu die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach gemeinsamen Werten, nach den Zielen unseres Gemeinwesens aufgeworfen haben.

Dieses Zugehen auf das Grundsätzliche, das wir heute beobachten, bedeutet keine Flucht vor der Lösung dringlicher Sachfragen. Hier besteht vielfach ein hohes Maß an Konsens; nicht zuletzt deshalb, weil wir bei vielen Problemen, insbesondere, wenn es sich um instrumentelle Probleme handelt, auch gar keine großen Alternativen haben. So gibt es nur ganz bestimmte Möglichkeiten, ohne die Zerstörung der Gesellschaft öffentliche Haushalte zu sanieren. Es gibt nur ganz bestimmte Möglichkeiten, eine hochgradig arbeitsteilige Produktion zu organisieren. Es gibt nur ganz bestimmte Möglichkeiten für ein exportabhängiges Volk, Wirtschaftpolitik zu machen. Das heißt: Die Forderung nach radikalen Alternativen geht an der Realität vorbei.

Daraus dürfen wir jedoch nicht schließen, daß diese instrumentelle Ähnlichkeit Ausdruck auch eines prinzipiellen Konsens ist. Die gleichen Instrumente können nämlich für höchst verschiedene langfristige Zielsetzungen eingesetzt werden. Wir sind jetzt im Begriff, das nachzuholen, was nach dem Zweiten Weltkrieg versäumt wurde, weil es vielen als selbstverständlich erschien: Das noch unmittelbar empfundene, schreckliche Erlebnis, die eigene Erfahrung von Unfreiheit und Unterdrückung ersetzte in vielen Bereichen den Zwang zu einer weiteren Begründung der Freiheit. Dies hat sich inzwischen gründlich geändert. Die Erfahrung der Unfreiheit ist für viele, insbesondere die junge Generation, wenig mehr als Geschichte. Kollektive Erfahrungen lassen sich ohnehin nicht von einer Generation auf die nächste übertragen. Deshalb ist es verständlich, ja notwendig, daß jene Generationen, die jetzt in das politische Bewußtsein hineinwachsen, nach inhaltlichen Begründungen suchen, daß sie drängende Fragen nach der deutschen Geschichte, nach der deutschen Identität, nach der Herkunft der Bundesrepublik, nach der Einordnung unseres Staates in die historische Kontinuität der europäischen Entwicklung stellen. Für die jungen Menschen isr die Freiheit keine aus eigenem Erleben begründete gefahrvolle Möglichkeit, sonder eine Fiktion, die nur durch den Entzug der Freiheit zur Realität werden könnte. Durch Erfahrung zur Einsicht — dies war die tragische Lehre der griechischen Tragödie. Für die Gründergeneration der Bundesrepublik waren Einsicht und Erfahrung existentiell gegenwärtig. Unsere Aufgabe ist es, den Umweg der Erfahrung zur Begründung der Notwendigkeit von Freiheit zu vermeiden;

Historisch gesehen stehen wir vor einer einmaligen Situation: Eine freiheitliche Gesellschaft zu erhalten, ohne daß die jeweils nachrückenden Generationen durch eine eigene Krise, durch eine eigene existentielle Bedrohung erst wieder den Wert der Freiheit erfahren müssen. Anders ausgedrückt: Wir versuchen, die Erfahrung der konkreten Unfreiheit durch rationale Reflektion über die Unver-zichtbarkeit von Freiheit zu ersetzen. Ob das möglich ist, muß erst bewiesen werden. Die politische Anstrengung, die wir unternehmen, ist darauf gerichtet, das zu tun.

In dieser Lage sehen wir unseren Auftrag in der Aufgabe, als Anwalt der Freiheit immer wieder die Kräfte neu zu mobilisieren, ohne die unsere Freiheit nicht gesichert und ausgebaut werden kann. Mit dem Anspruch, Anwalt der Freiheit zu sein, erheben wir keinen Ausschließlichkeitsanspruch. Wir nehmen für die CDU nicht in Anspruch, der einzige Anwalt der Freiheit zu sein oder sein zu wollen. Wir sind in höchstem Maße daran interes-siert, daß die Zahl der Anwälte der Freiheit Legionen beträgt. Aber wir nehmen für uns das Recht in Anspruch, jeden, der sich als Anwalt der Freiheit darstellt, danach zu fragen, welche Wirkungen für die Freiheit mit der Verwirklichung seiner Politik verbunden 'sind. Nicht die Frage nach der prinzipiellen Bereitschaft zur und nach dem Bekenntnis für die Freiheit steht zur Debatte. Wir fragen vielmehr danach, was andere unter der Freiheit verstehen, für die sie eintreten; wir fordern die anderen auf, die inhaltlichen, politischen und strukturellen Konsequenzen aufzuzeigen, die die von ihnen vorgeschlagenen gesellschaftspolitischen Modelle und Entwürfe für die Freiheit der Menschen haben.

Wir müssen uns gerade in unserer heutigen Grundwertedebatte daran erinnern, daß die freiheitliche Gesellschaft kein Naturzustand ist. Historisch gesehen ist die freiheitliche Gesellschaft, in der alle Menschen die Chance zur Freiheit haben, ein Ausnahmezustand. Es gibt nur ganz wenige Zeitabschnitte der menschlichen Geschichte, in der eine menschliche Gesellschaft der Freiheit, wie sie heute bei uns existiert, auf Dauer verwirklicht wurde. Vor der Aufklärung war die Freiheit ein Privileg weniger zu Lasten der vielen. Die Demokratisierung der Freiheit, die damit verbundene Gewährung von Freiheit für alle, erfolgte mit der Verwirklichung des demokratischen und sozialen Rechts-und Verfassungsstaates. Dieser ermöglicht, setzt aber auch ein geordnetes Gemeinwesen voraus, das in ständigem, dauerhaftem Bemühen erhalten und weiterentwickelt werden muß. Dieses Bemühen erstreckt sich sowohl auf die geistige Verteidigiung der Freiheit als auch auf die Aufrechterhaltung jener Vorkehrungen und Einrichtungen, durch welche die Freiheit des einzelnen in Staat und Gesellschaft gesichert wird: von der Verfassung bis hin zur Ausgestaltung der rechtlichen und gesellschaftlichen Institutionen im einzelnen.

Früher wurde diese Freiheit aller durch jene bedroht, die sie als ihr eigenes Privileg ansahen. Heute wird die Freiheit durch jene gefährdet, die sie — wenn auch in anderem, unverdächtigerem Gebäude — nur für sich als eigenes Privileg anstreben. Die Erhaltung der Freiheit bewährt sich deshalb heute in der Auseinandersetzung mit denjenigen, die in einer freien Gesellschaftsordnung keine ausreichenden Chancen zur Machtausübung finden. Sie schränken deshalb, um ihre eigenen Möglichkeiten, Macht auszuüben, zu steigern, die Freiheit aller ein oder versuchen gar, sie bis zur Einlösung des Versprechens einer „Neuen Gesellschaft" absoluter Freiheit auszusetzen: die absolute Freiheit einer fernen Zukunft als Rechtfertigung für die Einschränkung konkreter Freiheiten in der Gegenwart.

Dieser Sachverhalt, daß kleine Gruppen in der Gesellschaft ihre Machtchancen zu Lasten aller zu erhöhen versuchen, ist ein Kontinuum der menschlichen Geschichte. Wir beobachten diesen Sachverhalt auch in freiheitlichen Gesellschaften. Daraus ergibt sich die Konsequenz, daß heute wie früher die Erhaltung einer freiheitlichen Gesellschaft immer auch Kampf bedeutet. Es ist die große Tragik der bürgerlich-freiheitlichen Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert, vor allem aber im frühen 20. Jahrhundert, daß allzu viele glaubten, die freiheitliche Gesellschaft erhalte sich gleichsam von selbst und erfordere nicht eine ständige, kämpferische Auseinandersetzung mit denjenigen, die — aus welchen Gründen auch immer, mit welcher Legitimation auch immer, mit welchen möglicherweise subjektiv guten Zielen auch immer — diese freiheitliche Gesellschaft verändern wollen. Eine wirkungsvolle kämpferische Auseinandersetzung wiederum ist nicht möglich ohne ein eigenes Bekenntnis und ohne den Glauben, daß sich dieser Einsatz auch lohnt. In diesem Bekenntnis zur freiheitlichen Gesellschaft kommt die Entschlossenheit zum. Ausdruck, Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen, sich auch als Minderheit in einer Minderheitsposition zu bekennen, Nachteile zu riskieren, Risiken einzugehen, um eine freiheitliche Ordnung zu erhalten oder zu verwirklichen.

Die augenblickliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland wie in Westeuropa scheint mir dadurch gekennzeichnet zu sein, daß die Kräfte der politischen Mitte zum ersten Mal das Gefühl haben, um die freiheitliche Ordnung in Friedenszeiten wirklich kämpfen zu müssen. Im Unterschied zu früher spüren und akzeptieren sie die Notwendigkeit, sich zur Freiheit bekennen und für sie eintreten zu müssen. Es ist erstaunlich und überraschend zu beobachten, wie Menschen aus jenen sozialen Schichten, die in der Weimarer Republik jede tatkräftige Unterstützung des demokratischen Gedankens und einer freiheitlichen Republik verweigert haben, jetzt plötzlich das Empfinden haben, daß diese demokratische Ordnung ohne ihren intensiven, ohne ihren teilweise auch risikobereiten Einsatz nicht lebensfähig ist. In diesem freiheitlichen, demokratischen Erwachen, in der Bereitschaft, kämpferisch für die Freiheit einzutreten, sehe ich eine ungeheure Chance der Freiheit.

Sicherung und Ausbau einer freiheitlichen Ordnung

Unser Auftrag, Anwalt der Freiheit zu sein, bedeutet zunächst, die Freiheit zu sichern. Die Sicherung der Freiheit geschieht durch die Lösung einer zweifachen Aufgabe: Die eine Aufgabe besteht darin, den einzelnen von der Willkür der Macht vor dem Zugriff nicht legitimierter Macht zu schützen. Die Lösung dieser Aufgabe gibt Antwort auf die Frage: Freiheit wovor? Die zweite Aufgabe besteht darin, die Voraussetzungen für den verantwortlichen Gebrauch der Freiheit zu schaffen. Ihre Lösung gibt Antwort auf die Frage: Freiheit wofür?

Das Problem der Sicherung des einzelnen vor willkürlicher und nicht legitimierter Macht verleitet manche, gerade junge Menschen dazu, die Lösung in einer macht-oder herrschaftsfreien Gesellschaft zu suchen. Alle Versuche jedoch, die menschliche Gesellschaft durch einen individuell zustimmungspflichtigen Gesellschaftsvertrag oder „basisdemokratisch" und dadurch machtfrei zu gestalten, sind theoretisch und praktisch von vornherein zum Scheitern verurteilt. Selbst kleinste menschliche Gemeinschaften können auf — wenn auch auf ungeordnete und nicht formalisierte — Hierarchien nicht verzichten. Eine Gemeinschaft ist ohne ein gewisses Skelett von Beziehungen der Zuordnung und Unterordnung nicht lebensfähig. Es ist das Skelett, daß der Gemeinschaft Struktur und damit Handlungsfähigkeit gibt. Diese Machtgerüste sind um so komplizierter, um so umfangreicher und damit auch um so mißbrauchsanfälliger, größer die organisierte Gesellschaft ist.

Das Grundgesetz hat diese Illusion einer macht-oder herrschaftsfreien Gesellschaft eindeutig verabschiedet. Alle Staatsgewalt geht zwar vom Volke aus, soll aber nicht vom Volke, sondern von den dazu berufenen Organen ausgeübt werden. Das Grundgesetz will Herrschaft nicht beseitigen, sondern kontrollieren. Staatliche Macht wird in unserem Gemeinwesen zunächst durch demokratische Prozesse legitimiert. Dieses demokratische Prinzip ist der strukturelle oder formale Teil der Demokratie. Die Legitimation der Macht im Sinne ihrer Legitimität, nicht im Sinne ihrer Legalität, ist damit — wie ich später noch ausführlicher darlegen und begründen werde — aber nicht erschöpft. Staatliche Macht darf, auch wenn sie ihre formale Legitimation nachweisen kann, nur zu ganz bestimmten Zwecken eingesetzt werden. Auch eine Mehrheit kann nicht tun, was sie will. Das Grundgesetz normiert deshalb Grundwerte, die dem staatlichen und politischen Zugriff entzogen sind.

Das demokratische Mehrheitsprinzip ist nicht das einzige Verfahren zur Kontrolle von Macht. Ein weiteres Macht kontrollierendes und Freiheit verwirklichendes Prinzip der Demokratie sehen wir in der Gewaltenteilung, verstanden nicht nur als föderatives Organisationsprinzip des Staates, sondern allgemein im Sinne des Subsidiaritätsprinzips.

Das Subsidiaritätsprinzip ist für uns das wichtigste Prinzip der Domestizierung von Macht durch ihre Verteilung dorthin, wo Gemeinschaftsprobleme ohne die Hilfe übergeordneter Instanzen gelöst werden können. Es unterscheidet sich prinzipiell vom Prinzip der Dezentralisation. Die Schwierigkeit der Unterscheidung liegt darin, daß das strukturelle Ergebnis das gleiche ist. Eine dezentralisierte Gesellschaft stellt sich — wenn man nur die Strukturen betrachtet — nach außen zunächst wie eine auf der Basis des Subsidiaritätsprinzips geordnete Gesellschaft dar. Der prinzipielle Unterschied liegt in der jeweils verschiedenen Quelle der Legitimation. Der letzte Grund der Legitimation nach dem Subsidiaritätsprinzip ist das Individuum, die letzte Quelle der Legitimation nach dem Prinzip der Dezentralisation ist der kollektivistisch begründete Staat. Dieser kann Autonomie an Teilsysteme gewähren, aber auch wiederum zurücknehmen. Nach dem Subsidiaritätsprinzip entspringt die Autonomie hingegen originär dem einzelnen. Der entscheidende Unterschied liegt also darin, daß im ersten Fall die Einheit, die Zentrale, jederzeit über den Umfang der Delegation von Autonomie disponieren kann. Der Umfang der Autonomie wird damit zu einer Frage der Zweckmäßigkeit. Entsprechende Formulierungen, die das deutlich machen, sind beispielsweise im Orientierungsrahmen '85 der SPD zu finden. Dort heißt es: „Ersatzlösungen für bisher dezentrale, insbesondere marktmäßig organisierte Regelsteuerungen dürfen nicht nur theoretisch entworfen und ihre Anwendung gefordert werden. Wir müssen auch dafür sorgen, daß sie mit unseren organisatorischen Kapazitäten nach operationalen Zielsetzungen tatsächlich politisch gesteuert werden können. Andererseits müssen wir uns Instrumente schaffen und anwenden, um dezentrale Prozesse neu zu organisieren und ihren Ablauf innerhalb des gewünschten Rahmens zu sichern."

Dieser Unterschied kann auch an der Einstellung zur jeweils kleineren Gemeinschaft ver-deutlicht werden. Die kleinste und wichtigste Gemeinschaft ist die Familie. Die eine der beiden politischen Grundströmungen sieht in der Familie den autonomen Kern selbständigen Handelns mit originärer Autonomie, so daß jeder Eingriff von außen einer Rechtfertigung bedarf. Die gegenteilige Auffassung sieht in der Familie eine Agentur der Gesellschaft, die gesellschaftliche Aufträge übernimmt, folglich diese gesellschaftlichen Aufträge an die Gesellschaft verlieren kann, wenn sie diese nicht im politisch bestimmten Sinne oder im gesellschaftlichen Interesse durchführt. Wir haben in der Rahmenrichtliniendiskussion in Hessen leidenschaftliche Auseinandersetzungen gerade über dieses konkurrierende Verständnis im Hinblick auf die Rolle und den Stellenwert der Familie gehabt.

Kontrolle und Legitimation von Macht durch das Mehrheits-und Subsidiaritätsprinzip allein bietet jedoch nicht in ausreichendem Umfang die Gewähr gesicherter Freiheit für den einzelnen wie für die Gesellschaft. Zur Sicherung dieser Freiheit muß die. staatlich verfaßte Gemeinschaft überall dort, wo unkontrollierte oder schwer kontrollierbare Macht tatsächlich auftritt, solche Machtstrukturen im Interesse der Freiheit einschränken, kontrollieren oder — wenn möglich — auflösen. Das ist uns im wirtschaftlichen Bereich; in Ansätzen wenigstens gelungen. Hier haben wir eine Reihe, wenn auch z. T. unvollkommene Gesetze, die dem Staat die Möglichkeit geben, die Freiheit des einzelnen und der Gemeinschaft zu schützen und Machtmißbrauch zu verhindern. Darin sehe ich eine wichtige Aufgabe künftiger Politik. Jede Grundlage gesellschaftlicher Macht, nicht nur das Eigentum, unterliegt der Sozialbindung. Jeder autonome Machtträger in der Gemeinschaft ist gemeinwohl-bzw. sozialpflichtig in dem Sinne, daß er bei der Ausübung seiner Autonomie im Unterschied zur Autonomieausübung des Individuums den Gebrauch seiner Macht Dritten gegenüber rechtfertigen muß.

Verantwortete Freiheit

Der Schutz der persönlichen Freiheit vor Übergriffen staatlicher oder gesellschaftlicher Macht ist eine ständige Aufgabe. Doch darin erschöpft sich Freiheit nicht. Für uns ist Freiheit keine im Sinne des klassischen Liberalismus individualistische, sondern eine personale und damit auch soziale, auf die Gemeinschaft bezogene Kategorie. Diese gemeinschaftsbezogene Dimension der Freiheit haben wir in dem Begriff „Verantwortete Freiheit" zum Ausdruck gebracht. Damit meinen wir nicht nur die Verantwortung des einzelnen für sich selbst, sondern auch für die Gemeinschaft. Dies ist die aktive Dimension der Freiheit. Dabei geht es um die Sicherung der Freiheit zur Mitverantwortung, zur Mitgestaltung, zur Mitwirkung in der Gemeinschaft und zur Sicherung der Chancen, Verantwortung für den Nächsten zu übernehmen.

Die Frage nach der „Freiheit wofür?" läßt sich inhaltlich nicht verbindlich beantworten.

Sie bezieht sich auf die Freiheit des Bürgers, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen, soweit er dazu in der Lage ist. Sie ist insoweit Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips, die die größere Gemeinschaft zur Hilfe verpflichtet, wenn die kleinere sich nicht selbst helfen kann, ihr in diesen Fällen auch das Recht zum Eingriff gibt, ihr aber ebenso verbietet, den Gestaltungsspielraum der kleineren Gemeinschaften oder des einzelnen einzuschränken, wenn diese ihre Angelegenheiten auch selbst ordnen können. Die Antwort auf die Frage „Freiheit wofür?“ lautet somit: Freiheit zur Gestaltung der eigenen Lebensbereiche, zur Übernahme von Verantwortung für den nächsten ohne staatliche Intervention, soweit nicht überragende Gemeinschaftsgüter eine Intervention erforderlich machen.

Jeder Versuch, die Freiheit zur Gestaltung der eigenen Lebensbereiche inhaltlich festzulegen, d. h. die Art und Weise der Gestaltung vorzuschreiben, führt notwendig zum Verlust der Freiheit. Dies gilt sowohl für den Fall dogmatischer Festlegung der Ziele, die der einzelne oder die kleinere Gemeinschaft bei der Wahrnehmung ihrer Freiheit zur Gestaltung ihres Lebensbereiches verfolgt, wie auch für die inhaltliche Festlegung der Ziele durch sogenannte Demokratisierungsprozesse. Das Grundgesetz schließt durch seine inhaltliche Bindung an die Würde des Menschen die Fremdbestimmung der eigenen Gestaltungsfreiheit aus.

Versuche, die Verfassung politisch einseitig festzulegen, beobachten wir auch in der aktuellen politischen Auseinandersetzung. Es mehren sich die Bestrebungen, die Verfassung durch gesellschaftspolitische Gesamtkonzeptionen ideologisch zu überlagern. Die Grundwerte werden aus dem Zusammenhang der Verfassung gerissen und dann mit beliebigen Inhalten gefüllt: Diese Umdeutung zentraler Begriffe war von jeher Kennzeichen revolutionärer Strategie. Zunächst rinnen dank einer formalen Interpretation der Grundrechte die Grundwerte mehr und mehr aus unserer Verfassung heraus. Die auf diese Weise entleerte Verfassung wird dann einseitig-ideologisch aufgeladen und zur Waffe in der politischen Auseinandersetzung; schließlich wird die bestehende Demokratie, da der materiale Gehalt von Rechten und Verfahren immer unerkannt blieb, an abstrakten Gerechtigkeitsidealen gemessen und von innen her als eine „formale" Demokratie denunziert, die ihre Erfüllung dann nicht mehr in den Grundwerten der Verfassung, sondern in den politischen Endzielen einer Partei finden soll.

Die Union versteht sich als Anwalt der Freiheit: Darin sieht sie ihren Auftrag. Ihr Ethos gründet in ihrem Verständnis der Grundwerte, die ihr Handeln bestimmen. Nach unserem Verständnis sind die Grundwerte nicht über Mehrheiten manipulierbar. Zwar müssen sie immer wieder neu aktualisiert werden, bleiben aber in ihrer Substanz dem Wechselspiel von Meinungsbildung und Mehrheitsentscheidung entzogen. Wir halten die Auffassung für falsch und gefährlich, daß das Grundgesetz nur formale Grundrechte, nicht aber materielle Grundwerte kenne und daß demzufolge der Staat nur die Grundrechte, nicht aber die Grundwerte zu schützen habe. Auch die Grundrechte drücken Grundwerle aus. Die Grundrechte sind normativ-ethisch begründet — oder sie wären grundlos. Das Grundrecht auf Leben z. B. ist nichts anderes als ein Ausdruck des Grundwertes von der Würde und Unantastbarkeit der menschlichen Person.

Für die Union sind die Grundwerte letztlich metaphysisch begründet. Dadurch unterscheiden wir uns grundsätzlich von anderen politischen Richtungen wie etwa dem Liberalismus oder Sozialismus. Grundwerte lassen sich nämlich theoretisch auf zweierlei Weise begründen: aus ihrem metaphysischen Ursprung oder als Ergebnis eines gesellschaftlichen Konsenses. Diese beiden Begründungen unterscheiden sich . fundamental dadurch, daß im zweiten Fall die Grundwerte mehrheitsabhängig sind, damit zur jeweiligen Disposition der Gesellschaft stehen und durch den gesellschaftlichen Mehrheitsentscheid verändert werden können. Demgegenüber vertritt die Union die Auffassung, daß die Grundwerte in ihrem Kern — wie z. B. die Würde des Menschen, die Meinungsfreiheit, die Religionsausübung, die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens — mehrheitlicher Disposition auch dann in absoluter Weise entzogen sind, wenn sich die Mehrheit der Gesellschaft gegen diese Grundwerte entscheiden sollte.

Damit weicht die Union prinzipiell von der These der SPD und Helmut Schmidts ab — er hat sie kürzlich wieder vor der Katholischen Akademie Hamburg wiederholt, wonach die Grundwerte ihre Legitimation und ihren Ursprung in der Gesellschaft haben und sich mit der Gesellschaft verändern. Schmidt unterscheidet auf höchst bedeutsame und — wie ich meine — auf gefährliche Weise zwischen Grundrechten und Grundwerten. Die Trennung von Grundrechten und Grundwerten bedeutet im Ergebnis, daß die materielle Substanz der Grundrechte aus diesen herausverlagert wird in den Begriff der Grundwerte. Da diese Grundwerte dann zur Disposition gesellschaftlicher Mehrheitsbildung gestellt werden, besteht die Gefahr, daß vom Grundrecht-katalog der Verfassung nur eine, wenn auch sehr stabile, dennoch aber materiell entleerte und relativierte Worthülse übrig bleibt.

Helmut Schmidt vertritt hier Positionen des Rechtspositivismus. Dieser Positivismus ist immer davon ausgegangen, daß sich die Grundrechte verselbständigen und von den ethischen, moralischen und geistigen Grundlagen, auf denen sie aufbauen, abtrennen lassen. Eine solche positivistische Rechtsauffassung ist deshalb ungeeignet, einem inhaltlich politischen Angriff auf die Grundrechte dauerhaft Widerstand zu leisten. Sie schafft vielmehr selbst durch die materielle Entleerung der Grundrechtpositionen ein Vakuum, das es ermöglicht, ja dazu einlädt, die Grundrechte mit anderen Inhalten zu füllen und somit beliebig manipulierbar zu machen.

Da die Verfassung die Veränderung der Grundrechte nicht zuläßt, sondern in Artikel 79 eine Bestandsgarantie ausspricht, indem sie die wichtigsten Grundrechte ausdrücklich einer verfassungsändernden Mehrheit entzieht, kann der Inhalt der Grundrechte nun dadurch verändert werden, daß zwischen Grundrechten und Grundwerten unterschieden und auf diese Weise sichergestellt wird, daß die Formulierungen in den Grundrechten, welche die Grundwerte zum Ausdruck bringen, frei werden zur Besetzung mit anderen Wertvorstellungen. Dies ist die Strategie, die Helmut Schmidt, bewußt oder unbewußt, wenn nicht selbst einschlägt, dann immerhin ermöglicht.

Ich will unsere Position an einem Beispiel verdeutlichen. Das Recht auf Freiheit von Forschung und Lehre ist ein verbrieftes Grundrecht. Dieses Grundrecht gehört zusammen mit den Meinungsrechten zu den zentralen Grundrechten einer freiheitlichen Gesellschaft. Man kann darüber streiten, ob eine freiheitliche Gesellschaft ohne Privateigen-tum denkbar ist. Man kann auch darüber streiten, ob eine freiheitliche Gesellschaft theoretisch ohne das Koalitionsrecht denkbar ist. Mit Sicherheit ist eine freiheitliche Gesellschaft aber nicht ohne Meinungsfreiheit denkbar. Die Meinungsfreiheit ist ein materiell begründetes Grundrecht, das sich nur von einem Verständnis vom Menschen her begründen läßt, in dessen Mittelpunkt seine Einzigartigkeit und Unverfügbarkeit steht.

Gegen genau diese Meinungsfreiheit und ihre Ausprägung in Form der Wissenschaftsfreiheit richtet sich der dogmatische Angriff sozialistischer Theorie. Er behauptet, daß der Grundwert der Freiheit von Wissenschaft und Forschung inhaltlich definiert sei durch den Wissenschaftsbegriff des Marxismus. Der Wissenschaftsbegriff des Marxismus wird gegen den sogenannten bürgerlichen Wissenschaftsbegriff scharf mit der Behauptung abgegrenzt, daß Wissenschaft im Sinne des Marxismus zu objektiv richtigen Erkenntnissen führe, folglich der sogenannten bürgerlichen Wissenschaft überlegen sei.

Der Marxismus geht als Folge des ihm inhärenten dialektischen und historischen Materialismus davon aus, es sei möglich, ähnlich wie im Bereich der Naturwissenschaften auch im Bereich der Geisteswissenschaften zu objektiv richtigen Aussagen zu gelangen. Er behaupte auf dem Hintergrund der Determiniertheit der geschichtlichen Entwicklung, daß sich auch hier politische Antworten mit dem Anspruch objektiver Richtigkeit geben lassen. Diese inhaltiche Bindung des Wissenschaftsbegriffs hat in der deutschen Hochschuldiskussion Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre eine zentrale Rolle gespielt. Wenn der Grundwert der Wissenschaftsfreiheit in dieser Weise neu interpretiert und gleichzeitig zwischen Grundwert und Grundrecht unterschieden wird, so ist damit der Weg geöffnet, den neuen „Grundwert" in das entleerte Grundrecht „Meinungsund Wissenschaftsfreiheit" einzufügen, damit den Grundrechtsschutz für einen neuen Grundwert zu beanspruchen, der seinem Wesen entsprechend einen ausschließlichen Anspruch für sich reklamiert. An diesem Beispiel wird deutlich, wie gefährlich es ist, mit dem Gedanken der formalen oder neutralen Demokratie zu spielen, wie der Bundeskanzler dies in seinem Vortrag in Hamburg getan hat. Wir sind der Meinung, daß unsere freiheitlich verfaßte Gesellschaft nicht wertneutral sein kann, sondern einer bestimmten Wertordnung verpflichtet ist, die auf dem autonomen, sich selbst und der Gemeinschaft verpflichteten Individuum aufbaut.

Wir verstehen Demokratie also nicht nur als eine formale und wertneutrale, sondern auch als eine normative, d. h.den menschlichen Grundwerten verpflichtete Veranstaltung. Der Vorstellung einer inhaltlich determinierten Demokratie im Sinne einer marxistischen oder sozialistischen Philosophie und der Vorstellung einer formalen, wertneutralen Demokratie (klassischer Liberalismus) stellen wir unser Verständnis von einer den Grundwerten verpflichteten Demokratie entgegen. Auch wir verzichten nicht auf eine inhaltliche Bestimmung. Diese Bestimmung begründen wir jedoch aus dem Prinzip sittlich verpflichteter Freiheit, wobei die Freiheit für uns wiederum ihren Grund hat in der Ebenbild-Gottes-Natur des Menschen. Diese personale, metaphysisch begründete Freiheit schließt implizit eine Verantwortung des einzelnen für sich und die Gemeinschaft vor seinem Gewissen und vor Gott ein.

Aus unserem Verständnis vom Menschen leiten wir die Grundwerte unseres Handelns ab. Diese Grundwerte sind für uns christlich begründet, aber es sind deshalb keine christlichen, sondern allgemein-menschliche Grundwerte. Wir verstehen Freiheit, wie es Helmut Kohl vor der Katholischen Akademie Hamburg ausgedrückt hat, weder als eine gesellschaftliche Leistung noch als Ausdruck individualistischer Emanzipation:

„Ursprung der Freiheit ist weder der Mensch selbst noch die Gesellschaft." (Entwurf des

Grundsatzprogrammes)

Für uns gründet Freiheit in der Würde des Menschen als Person, in seinem Recht, sein Leben nach seinem Entwurf zu leben. Niemand soll seinem Nächsten vorschreiben dürfen, auf welche Weise er glücklich zu sein hat. Diese persönliche Freiheit des Menschen ist nur als gemeinsame Freiheit aller möglich. Unser Begriff von Freiheit meint nie nur die eigene Freiheit, er schließt immer auch die Freiheit des anderen, des Nächsten ein.

Dagegen sieht die Theorie des Sozialismus den entscheidenden Unterschied zwischen der „bürgerlichen" Freiheit und dem eigenen Freiheitsverständnis darin, daß die „bürgerliche" Freiheit die Freiheit auch zu einer Privatangelegenheit von Politik erkläre, während der Sozialismus Freiheit stets als eine gesamtgesellschaftliche Leistung verstehe.

Diese Entscheidung ist von fundamentaler Bedeutung. CDU CSU und SPD verstehen unter Freiheit höchst verschiedene, ja unvereinbare Dinge. Auch deshalb ist die Grundsatzdebatte über Freiheit heute unerläßlich. Wenn ich Freiheit stets als eine gesamtgesellschaftliche Leistung interpretiere, dann bedeutet das eben, daß die Gesamtgesellschaft auch disponieren kann, ob jemand freiheitlich handelt oder nicht, ob er seine Freiheit im Interesse der Gesamtgesellschaft gebraucht oder ob er sie mißbraucht. Wenn ich dagegen zur Freiheit auch das Recht des einzelnen zähle, sich aus gesamtgesellschaftlichen Sachverhalten zu lösen, also auch frei vom Staate, von der Politik, von der Gesellschaft zu sein, daß er sich dem Anspruch auf gesamtgesellschaftliche Verantwortung durch die Berufung auf seine'Letztverantwortlichkeit gegenüber seinem Gewissen zurückziehen kann. Der einzelne wird zur ersten und letzten Instanz, nicht die Gesellschaft. Dieser entscheidende Unterschied folgt aus dem Menschenbild; ob ich den Menschen von der Unverwechselbarkeit seines Wesens her verstehe oder als Teil eines Kollektivs.

Dieses Freiheitsverständnis der SPD führt konsequent zur Forderung nach der soge-nannten Demokratisierung aller Lebenssachverhalte. Diese Forderung gehört zu den zentralen Aussagen des Sozialismus, wie sie sich zuletzt im Orientierungsrahmen '85 der SPD finden. Diese Forderung wird politisch begründet mit der Notwendigkeit, alle politischen Entscheidungen in gesellschaftlich relevanten Sachverhalten mehrheitsfähig zu machen. Dieser Überlegung liegt die Annahme zugrunde, politische Entscheidungen könnten nur von Mehrheiten getroffen werden, die Bürger selbst verfügten als Individuen nicht über die Kenntnis des politischen Willens der Mehrheit. Sie haben als einzelne, für sich genommen, Interessen, aber sie wissen nicht, was Allgemeinwohl ist. Das Allgemeinwohl könne nur durch politische Mehrheiten bestimmt werden. Deshalb, so lautet jetzt die Schlußfolgerung, könne man die Regelung gesellschaftlich relevanter Sachverhalte nicht der freiwilligen Koordination der Bürger untereinander überlassen, da die Bürger, jeder für sich, den Inhalt des Mehrheitswillens nicht kennen würden, könnten sie ihn in ihrer Koordination untereinander auch nicht verwirklichen. In dieser Annahme liegt die theoretische Begründung für die Ablehnung der Wettbewerbsordnung. Die Wettbewerbsordnung ist, wie die Privatrechtsordnung generell, eine Ordnung der Koordination gesellschaftlicher Sachverhalte unter den Bürgern, die nicht auf Zwang, sondern auf freiwilliger Zustimmung beruht. Die sozialistische Theorie leugnet die Allgemeinwohlfähigkeit der Privatrechtsordnung mit der Begründung, die Koordination der Bürger untereinander verwirkliche niemals das nur mehrheitlich feststellbare „Richtige" — das Gemeinwohl — für die gesamte Gesellschaft. Diese Haltung kommt auch in der Feststellung Helmut Schmidts zum Ausdruck, eine freie Marktwirtschaft sei ungeeignet, soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen und bedürfe deshalb der staatlichen, sozial-und gesellschaftspolitischen Korrektur.

Die privatrechtliche Organisation menschlicher Gesellschaft sei prinzipiell ungeeignet, das Allgemeinwohl zu verwirklichen. Sie sei allenfalls instrumentell brauchbar dort, wo man auf andere Weise das Allgemeinwohl vorgeben kann. Das kommt im Orientierungsrahmen '85 in der Feststellung zum Ausdruck, die Wettbewerbsordnung sei keine prinzipielle Ordnung etwa im Sinne ihrer verfassungsrechtlichen Absicherung, sondern sie sei ein Instrument staatlicher Gesamtplanung. Aus dem Freiheitsverständnis und der Forderung nach Demokratisierung ergibt sich zugleich die Definition des Privaten: Private Sachverhalte sind solche, die nicht gesellschaftlich relevant sind. Da der Bürger in ihnen nicht für die Gemeinschaft, sondern nur • für sich selbst handelt, kann er von allen gemeinschaftsorientierten Normen freigesetzt werden. Er kann im privaten Bereich nach Belieben handeln. Deshalb ist es eine vollkommen logische Schlußfolgerung, zum Beispiel Religion zur Privatsache zu erklären. Der private Bereich hat keine Bedeutung für die gesellschaftlich relevanten Sachverhalte, sondern nur für die Individuen, Diese Privatisierung wird als Emanzipation angepriesen — als Emanzipation des einzelnen von der gesellschaftlichen Verantwortung mit der Begründung, daß gesellschaftlich relevante Sachverhalte nur auf demokratisierte Weise gestaltet werden können. Zugleich bedeutet aber diese Definition, auch, daß der Umfang des Privaten politisch bestimmt wird: privat ist nur das, was nicht gesellschaftlich relevant, ist. Hier zeigt sich die ganze Konsequenz des sozialistischen Denkansatzes. Die Gemeinschaft — der Staat — ordnet die gesellschaftlichen Sachverhalte und entscheidet, was gesellschaftlich relevant ist und was nicht. Was übrigbleibt, ist privat. Die Beweislast dafür, daß es sich nicht um einen gesellschaftlich relevanten Sachverhalt handelt, liegt beim Individuum, nicht bei der Gemeinschaft, Wenn das Individuum Gestaltungsfreiheit ohne Fremdbestimmung beansprucht, dann muß es beweisen, daß es sich in einem Bereich bewegt, der privat, d. h. nicht von gesellschaftlicher Relevanz ist.

Es ist nun sehr interessant zu beobachten, daß überall dort, wo sozialistische Theorien in die Praxis umgesetzt werden, den Bürgern dieser Prozeß zunächst, dadurch schmackhaft gemacht wird, daß man ihm Emanzipation verspricht. Und daß man diese Emanzipation zunächst in jenen Bereichen praktiziert, in denen der Bürger am meisten auf die Hilfe der Gemeinschaft in Form gesellschaftlicher Normen und Regeln angewiesen ist. Die völlige Freisetzung des individuellen Bereiches von jeder Verpflichtung oder Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft wird vom Bürger auch zunächst als emanzipatorischer Akt empfunden, d. h. als Freisetzung des einzelnen. Daß diese Freisetzung erkauft wird mit dem Verlust der Verantwortlichkeit des einzelnen für die Gemeinschaft, wird erst später deutlich — für den einzelnen wie für die Gemeinschaft. Und daß eine übertriebene „emanzipatorische" Entwicklung zur Folge haben kann, daß der einzelne die Fähigkeit zur Verantwortlichkeit für die Gemeinschaft verliert, weil er die Fähigkeit verliert, sein individuelles Handeln zugleich gemeinschaftsverantwortlich einzurichten, ist eine Tatsache, die sich vielfältig belegen läßt.

Die Neustrukturierung des Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland wirft genau diese Probleme auf: die Wiederherstellung der Fähigkeit des einzelnen, sein individuelles Verhalten in diesem System der sozialen Sicherheit unter gemeinschaftsbezogene Normen zu stellen. Auch hier hat eine Emanzipation von der Verantwortung für den Nächsten und die Gemeinschaft zugunsten der Beliebigkeit des Handelns des einzelnen stattgefunden: Er verwechselt das System der sozialen Sicherheit mit einem Anspruch auf Selbstbedienung — mit der Folge, daß das Anwachsen der Ansprüche außer Kontrolle gerät und zu einer Kostenexplosion führt. Das ist die allgemeine Wirkung dieser Art von Emanzipation. Die Ansprüche geraten außer Kontrolle und begründen dann den gesellschaftlichen oder staatlichen Anspruch auf Planung der Verteilung dessen, was beansprucht wird. Mit der Planung der Verteilung wird aber genau der emanzipatorische Rausch wieder zurückgeführt auf die Realität, dann aber auf die Realität einer Gesellschaft, in der der einzelne seine Verantwortung für eine scheinbare Emanzipation hergegeben hat und sie jetzt mangels Voraussetzungen nicht wieder einfordern kann. Deshalb ist diese Form von Emanzipation kontraproduktiv: Sie zerstört die Bedingungen von Freiheit und Selbstbestimmung, in deren Namen sie ursprünglich gefordert wurde.

Dieser Prozeß sozialistischer Emanzipation ist in den Augen derer, die ihn uns empfehlen, ein „gesellschaftliches Experiment". Der Begriff „gesellschaftliches Experiment" ist ein hervorragendes Beispiel für die sprachliche Überwindung ganz natürlicher Widerstände gegen unbegründete Veränderungen in der Gesellschaft. „Gesellschaftliches Experiment" erweckt die Vorstellung, man habe es bei der geplanten Maßnahme mit einem Experiment zu tun. Das Wesen eines Experiments besteht darin, daß man die Möglichkeit hat, im Falle seines Scheiterns den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Deshalb ist der Widerstand gegen ein Experiment gering. Wenn nicht mit dem Experiment sonstige Risiken verbunden sind, kann man ein kontrollierbares Risiko eingehen, denn für den Fall des Scheiterns steht der Status guo ante als Auffangposition zur Verfügung. Gesellschaftliche Experimente dieser Art gibt es nicht. Denn mit der Veränderung der Gesellschaft, die ja notwendig ist, um das Experiment durchzuführen, wird der Zustand der Gesellschaft unumkehrbar verändert. Eine Rückkehr zum Status guo ante ist ausgeschlossen. Das ist auch denen, die das „Experiment" empfehlen, bekannt. Der Begriff wird verwendet, um den Widerstand gegen gesellschaftliche Veränderungen ohne Begründung zu überlisten. Als „Reform" getarnt haben wir in den vergangenen Jahren gesellschaftliche „Experimente" erlebt, deren Resultate zum Beispiel in vielen Hochschulen heute jahrzehntelange Sanierungsanstrengungen bedürfen, um die Folgewirkungen der „Reformen" abzubauen.

Auftrag und Ethos der CDU — sie betreffen die Begründung und Verwirklichung einer an Grundwerten orientierten Politik. Grundwerte in Staat und Gesellschaft werden nun von Politikern oft, vor allem, wenn direkt oder indirekt die christlichen Kirchen betroffen sind, in einer verzerrten Perspektive diskutiert. Da befürchten die einen, die sich selbst „liberal" nennen, der Staat werde als Instrument zur Durchsetzung weltanschaulicher Positionen mißbraucht. Sie glauben, im Jahre 1976, vor einem „Kirchenstaat" warnen zu müssen. Sie schlagen noch einmal die Schlachten der Vergangenheit — und halten dies auch noch für einen Ausweis ihrer politischen Tapferkeit. Sie jagen anachronistischen Fragestellungen nach — und kommen sich dabei auch noch äußerst progressiv vor.

Die anderen glauben, die Frage nach dem Konsens in Grundwerten mit dem Hinweis auf das Mittelalter erledigen und sich für die Gegenwart auf formal verstandene Grundrechtezurückziehen zu sie die Frage nach den können — während Grundwerfen an die Kirchen auslagern oder an wechselnde Mehrheiten ausliefern.

Beide Positionen scheinen mir nicht gerade auf der Problemhöhe unserer Zeit angesiedelt zu sein-, beide sind sie auch blind für die gesellschaftliche Bedeutung der Religion im besonderen und verbindlicher Grundwerte im allgemeinen. Darauf will ich zum Schluß kurz eingehen.

Liberale Gesellschaften sind notwendig auch säkularisierte Gesellschaften, in denen die Religion von vielen zur Privatangelegenheit erklärt wird. Dieser Verlust der Religion hatte Folgen für die liberalen Gesellschaften: Sie zeigten sich nach und nach unfähig, jemals eine überzeugende und verbindliche Theorie der politischen Loyalität zu entwerfen. Die Versuche des Utilitarismus jedenfalls sind gescheitert: Aus reinen Nützlichkeitserwägungen nimmt jemand allenfalls zum eigenen Vorteil an der Gesellschaft teil — Loyalität, Engagement, einen Sinn fürs Ganze wird er nicht aufbringen. Eine bloße Anhäufung selbstsüchtiger Ziele ergibt noch nicht den Anspruch auf Legitimität einer Ordnung, der allein zu Loyalität verpflichtet. Eine reine Wirtschaftsgesellschaft bedarf keiner Loyalität, wohl aber ein Gemeinwesen, das auf Grundwerten aufbaut und sich aus diesen versteht. Die Rechtfertigungen für diese Grundwerte fließen aber — jedenfalls für die große Mehrzahl der Menschen — nur aus einer religiösen Quelle. Die bürgerlich-liberale Gesellschaft lebte lange von dem moralischen Kapital der christlichen Religionen. Sozialkritiker haben immer davor gewarnt, daß die liberale Gesellschaft Gefahr laufe, von innen, von ihren Grundwerten her in Frage gestellt zu werden, wenn dieses Kapitel einmal erschöpft sei. Die Religion ist für die Stabilität der Gesellschaft ein weit wichtigerer Faktor, als dies von der Philosophie des liberalen Individualismus und des sozialistischen Kollektivismus zugegeben wird. Die Religion erbringt eine unerläßliche Leistung für ein freies Gemeinwesen: Sie ermöglicht eine freiheitliche Begründung von Grundwerten, sie bewahrt vor einem Nihilismus der Werte, dem nichts heilig und alles erlaubt ist. Eine solche Gleichgültigkeit der Werte, der alle Werte gleich gültig sind, unterspült die Grundlagen einer freien Gesellschaft, sie führt am Ende zu einer Selbstzerstörung der Freiheit.

Die Dynamik der Selbstverwirklichung in einer freien Gesellschaft schlägt nur dann nicht gegen diese selbst zurück, wenn die liberalen Freiheiten durch menschliche, bürgerliche Tugenden in Maß und Mittegehalten werden, wenn das „Selbst", das sich verwirklicht, diese Gesellschaft nicht verachtet und seine Freiheit nicht dazu nutzt, die freie Gesellschaft zu zerstören. Die Vorstellung, daß in einer freien Gesellschaft die Individuen frei von jedem Ethos, frei von Tugenden und Werten sein könnten und di Gesellschaft trotzdem frei bleiben könnte, halte ich für eine liberale Irrlehre. Diese Irrlehre schafft ein geistiges Vakuum, in das sozialistische Heilslehren eindringen.

Die verschiedenen Spielarten des Sozialismus haben sich der vorliberalen Idee verschrieben, daß der Mensch nur in einer guten, gerechten und vollkommenen Gesellschaft wirklich frei sein könne — daß Gutsein Freisein heißt. Da wir aber das Paradies auf Erden nicht verwirklichen können, führt der trotzige Versuch, es dennoch zu tun, zum Ende aller Freiheit.

Der Liberalismus geht seit 200 Jahren von der Prämisse aus, daß die Freiheit des einzelnen immer und notwendig zu einer guten, zu einer gerechten Gesellschaft führe, daß Freisein auch Gutsein bedeute. Auch diese liberale Hoffnung hat sich als eitel erwiesen. Die bloße Entfaltung persönlicher Freiheiten führt nicht automatisch zu einer gerechten Gesellschaft. Und doch wird keine Gesellschaft, die daran scheitert, Ordnung und Freiheit sinnvoll zu vereinen, von ihren Mitgliedern je als legitim anerkannt werden. Das Verlangen nach dieser Legitimität aber ist die dominierende politische Tatsache in der heutigen Welt. Unter der Oberfläche der Unruhe und Unzufriedenheit unserer Tage entdecken wir eine starkes Verlangen nach Ordnung und Stabilität — nach legitimer Ordnung und Stabilität natürlich, die Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verwirklicht. Wir werden diesem Verlangen nur gerecht, wenn es uns erneut gelingt, ein freies Gemeinwesen von seinen Grundwerten her zu begründen — Freiheit und Ordnung zu einem fruchtbaren Ausgleich zu bringen.

Das Thema, das wir hier diskutieren, ist Ausdruck einer Gruhdsatzdiskussion, die wir in den letzten Jahren mit Nachdruk angeregt haben. Durch diese Grundsatzdiskussion wollten wir auch die SPD zwingen, ihre Grundpositionen inhaltlich zu klären, die Inhalte ihrer politischen Begriffe neu zu definieren.

Wir wollten die Frage aufwerfen, ob der Kompromiß der Sozialdemokratischen Partei im Godesberger Programm ein formaler oder ein inhaltlicher Kompromiß war. Zu dieser Frage hat uns veranlaßt, daß sowohl die Jungsozialisten als auch Herr von Oertzen schon bei der Diskussion in Godesberg auf der Feststellung bestanden, daß die Verabschiedung des Godesberger Programms keineswegs den marxistischen Auftrag des Sozialismus berühre. Diese Feststellung von Herrn von Oertzen in Godesberg wurde vom linken Flügel der Sozialdemokraten, insbesondere von den Jungsozialisten, seit 1969 wieder voll vorgetragen.

Inzwischen haben wir erreicht, daß sich die SPD diesem Begründungszwang nicht länger entziehen kann. Dies ist auch deshalb unerläßlich, seit sich die jetzt notwendige Auseinandersetzung über die Grundwerte auf eine ganz neuartige Weise europäisiert hat. Andere sozialistische Bewegungen in Europa, insbesondere die französische sozialistische Bewegung, übernehmen in Europa die Funktion der Jungsozialisten in der SPD, um sie auf diese Weise von den eigenen Anstrengungen zu entlasten, die mit der Wiederaufnahme einer Grundsatzdiskussion in ihren eigenen Reihen verbunden wäre und die — wie Bruno Friedrich das bereits im Frühjahr 1974 formuliert hat — die Belastbarkeit und die Integrationsfähigkeit der SPD überfordern könnte.

Wir haben dafür konkrete Anhaltspunkte. Wenige Tage nach unserem Parteitag in Hannover, auf dem wir die Alternative zwischen unserer freiheitlichen Politik und dem Sozialismus inhaltlich begründet haben, hat Herr Mitterand gefordert, über den Zugang der Extremisten im öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland zu diskutieren. Der Kongreß, der Ende Mai in Karlsruhe stattfindet — ein Kongreß, der überwiegend von europäischen und nicht von deutschen Sozialisten getragen wird — verbindet ebenfalls die Kritik an einem ganz bestimmten innerdeutschen Sachverhalt, nämlich dem Problem des Zugangs von Extremisten in den öffentlichen Dienst, mit einer Grundsatzauseinandersetzung über unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung.

Ich habe gegen solche Auseinandersetzungen im Prinzip nichts einzuwenden. Wir müssen uns nur darüber im klaren sein, daß die Übernahme des Begriffes „Berufsverbot" aus der sozialistischen Terminologie durch die französischen Sozialisten und das Hereintragen dieser Diskussion in die Bundesrepublik bei weitgehender Zurückhaltung der SPD eine für den europäischen Gedanken höchst gefährliche Kombination zweier Dinge bedeutet: den sprachlich politischen Angriff auf die Ordnung unserer Verfassung, auf die Grundwerte unserer Demokratie — so wie wir sie verstehen — mit der Mobilisierung der Ressentiments in anderen europäischen Ländern gegen die „häßlichen Deutschen", insbesondere diejenigen in der Bundesrepublik, die — wie es in marxistischer Terminologie heißt — den Geist der Freiheit unter der Ordnung und Disziplin eines neuen „Wirtschaftsfaschismus" begraben.

Diese Kombination von Mobilisierung klassischer Ressentiments, die aus der europäischen Geschichte gegen die Deutschen erwachsen und die jetzt auch in einer außerordentlich übertriebenen Selbstdarstellung unserer Erfolge durch den Bundeskanzler wieder Nahrung finden, und dem sprachlichen und inhaltlichen Angriff auf unsere freiheitliche Ordnung gefährdet nicht nur den Konsens der politischen Begriffe in Europa und damit die Fähigkeit, politisch zusammenzuarbeiten; er ist meines Erachtens auch geleitet von der Hoffnung auf eine deutsche Überreaktion gegen diese Intervention, die dann als weitere Demonstration für einen neuen „Faschismus" in der Bundesrepublik herangezogen werden würde.

Dieses Beispiel zeigt: Wir haben längst ein politisches Europa. Nicht ein politisches Europa der Institutionen, aber ein politisches Europa der geistigen Auseinandersetzung.

Der Auftrag und das Ethos der CDU beziehen sich deshalb nicht nur auf die deutsche, sondern auf die europäische politische Auseinandersetzung. Die Freiheitsdiskussion, die wir zur Zeit haben, ist keine deutsche, sondern eine westeuropäische Auseinandersetzung: Der Europatag des CDU-Parteitages in Hannover war dafür eine eindrucksvolle Demonstration. In Europa, dem Land der Aufklärung, wird in unserer Epoche um die Frage gestritten, wer das Versprechen der Aufklärung, daß Freiheit für alle auf Dauer möglich sei, unter Bedingungen der Hochindustrialisierung tatsächlich einlösen kann. Um die Antwort auf diese Frage streiten zwei politische Richtungen: die Union, die sich als Anwalt der Freiheit versteht, und die SPD als Partei des Sozialismus, wie sie sich im Orientierungsrahmen '85 •elbst versteht. Aufgabe der CDU ist es, diese Auseinandersetzung für das Prinzip ethisch gebundener und damit verantworteter Freiheit zu entscheiden.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Kurt H. Biedenkopf, Prof., Dr. jur., geb. 1930 in Ludwigshafen; seit 1973 Generalsekretär der Christlich Demokratischen Union Deutschlands; 1967— 1969 Rektor der Ruhr-Universität Bochum; 1967— 1968 Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz von Nordrhein-Westfalen; 1968— 1970 Vorsitzender der von der Bundesregierung eingesetzten Mitbestimmungskommission; 1971— 1973 ordentl. Geschäftsführer der Henkel GmbH, Düsseldorf; 1976 Direktkandidat des Bundestagswahlkreises 117 Bochum.