Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Militärherrschaft und politische Stabilität: Der Fall Nigeria | APuZ 22/1976 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 22/1976 Wandel und Umbruch im südlichen Afrika Militärherrschaft und politische Stabilität: Der Fall Nigeria

Militärherrschaft und politische Stabilität: Der Fall Nigeria

Patrick E. Ollawa

/ 40 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Untersuchung umfaßt den Zeitraum von 1966 bis Frühjahr 1976, in dem in Nigeria vier von Militärs initiierte Staatsstreiche stattfanden. Der Autor geht dabei der Frage nach, welche Gründe jeweils für die Regierungsumstürze bestanden haben und ob sich daraus allgemeine Schlußfolgerungen im Hinblick auf die Rolle des Militärs im Entwicklungsprozeß junger afrikanischer Staaten ableiten lassen. Bei der Analyse der einzelnen Militärregierungen kommt der Autor zu dem Ergebnis, daß man nur sehr bedingt — wenn überhaupt — von den Militärs als einem progressiven Element für die Entwicklung des Landes sprechen kann, wie es häufig aus europäischer Sicht geschieht. Zumindest trifft das für Nigeria zu. Die nigerianischen Militärregierungen unterscheiden sich zwar von der von 1960 bis 1966 amtierenden Zivilregierung durch eine veränderte Legitimationsbasis und eine formal straffere Entscheidungsstruktur. Dennoch sind die Militärs nicht weniger als zivile Politiker abhängig von sozio-kulturellen und stammesmäßigen Bindungen bzw. regionalen Interesseneinflüssen. Korruption, Nepotismus und Entscheidungsunfähigkeit waren bei den untersuchten Militärregierungen ebenso anzutreffen wie bei der früheren Zivil-regierung. Die Differenz zwischen selbstgesetztem Anspruch auf Modernisierung und den Realisierungsmöglichkeiten kann darüber hinaus häufig zu einer weiteren Instabilität der innenpolitischen Verhältnisse beitragen.. Da die Militärregierungen im Unterschied zur zivilen Regierung über ein Machtmonopol verfügen, kommt es im Einzelfall auf die personelle Struktur der Führungsgruppe an, ob sie sich als Motor für einen tiefgreifenden sozialen Wandel versteht oder nur das labile Kräftegleichgewicht zu ihren eigenen Gunsten verändern möchte.

I. Ziele und Grenzen der Untersuchung

Nach den furchtbaren Erfahrungen des Bürgerkrieges (Biafra) sowie nach,, einem Jahrzehnt der Militärherrschaft versuchte eine Gruppe von Armee-Offizieren — die selbsternannten „Jungen Revolutionäre" — am 13. Februar dieses Jahres die Regierung des Bundesstaates Nigeria zu stürzen: Es war der vierte Staatsstreich, seitdem Nigeria am Oktober 1960 die Unabhängigkeit von Großbritannien erhalten hatte. Dieser neuerliche Staatsstreich — auch wenn er gescheitert ist — lenkte wieder einmal die Aufmerksamkeit auf das nicht unproblematische Verhältnis zwischen Militärherrschaft und politischer Stabilität in Entwicklungsländern 1).

Seit dem Militärputsch und der daraufhin erfolgten Absetzung der zivilen Regierung im Januar 1966 durch den General Ironsi wurde der Staatsstreich als Mittel zum Umsturz fast zu einer institutionalisierten Methode, um die Machtverhältnisse zwischen einzelnen rivalisierenden Gruppen von unterschiedlicher ethnischer oder regionaler Herkunft — vor allem den Ibos, Yoruba und Haussa — zu verändern. Der Staatsstreich diente ferner dazu, bestimmte Personen aus ihren Führungspositionen zu verdrängen oder auch physisch zu eliminieren.

Obgleich bei den einzelnen Eingriffen der Militärs in die nigerianische Politik offensichtliche Übereinstimmungen festzustellen sind, haben doch alle vier Staatsstreiche ihre jeweiligen Besonderheiten gehabt: Sie lassen sich vor allem unterscheiden im Hinblick auf den Erfolg bzw. Mißerfolg bei der Realisierung der politischen Zielsetzungen sowie der öffentlichen Zustimmung zu der geglückten bzw. gescheiterten Regierungsübernahme. Trotz ihres Machtmonopols über die staatlichen Exekutivorgane haben aber bisher alle Militärregime in Nigeria eines gemeinsam: die rasche Vergänglichkeit des Mythos mili-tärischer Omnipotenz bei der Bewältigung der zahlreichen Probleme eines Landes, dessen politische Infrastruktur geprägt ist durch das Netz vielfältiger traditioneller Rechtsansprüche, die jedoch häufig genug einander ausschließen. Die Militärregierungen besitzen zumeist keine breite soziale Basis, die ihnen eine nachhaltige Unterstützung zuteil werden lassen könnte; ferner mangelt es ihnen an Gruppenzusammenhalt und Solidarität wie auch an den notwendigen politischen Erfahrungen. Sie gewinnen ihre Macht überwiegend aus der strukturellen Schwäche des politischen Systems — einer Schwäche, die sie zugleich aber daran hindert, mit den besonderen ökonomischen und politischen Problemen des Landes fertig zu werden. Diese strukturellen Mängel nigerianischer Militärregime sowie die überkommene Instabilität des politischen Systems sind es, die immer wieder einzelne oder auch Gruppen innerhalb des Militärs dazu reizen, den zentralen Machtapparat herauszufordern.

Es soll im folgenden zunächst dahingestellt bleiben, ob die neue Militärregierung unter Lt. General Olusegun Obasanjo die sozio-ökonomische Entwicklung des Landes wie den politischen Aufbau der Nation insgesamt besser voranbringen wird als ihre unmittelbare Vorgängerin unter General Murtala Muhammed. Diese Studie will vor allem die allgemeinen Probleme politischer Stabilität in Nigeria seit der Übernahme der Macht durch die Militärs untersuchen; sie will ferner zu erklären versuchen, warum das Militär immer noch denselben Schwierigkeiten gegenübersteht — wie ehemals die zivilen Politiker der Ersten Republik —, wenn es darum geht, eine stabile politische Ordnung zu schaffen.

Zuvor muß jedoch noch auf zwei Einschränkungen in dieser Studie hingewiesen werden: Obgleich jede umfassende Untersuchung über die politische Instabilität unter der Militärherrschaft in Nigeria — wie auch in jedem anderen Entwicklungsland — sowohl die externen wie die internen Faktoren und Aspekte berücksichtigen muß, befaßt sich diese Abhandlung hauptsächlich mit den innenpoli15 tischen Faktoren. Der Mangel an Vollständigkeit kann jedoch kompensiert werden durch eine größere Genauigkeit, denn die externen Einflüsse bei den militärischen Staatsstreichen in Entwicklungsländern sind zumeist von so indirekter Art und derart verflochten, daß eine exakte Analyse sehr erschwert wird. Zwar kann ganz allgemein behauptet werden, daß ein Zusammenhang besteht zwischen zahlreichen Militärputschen und der Einmischung fremder Staaten in die Politik der Entwicklungsländer. Bei der Untersuchung des nigerianischen Beispiels zwingt jedoch die mangelnde Eindeutigkeit der vorliegenden Fakten und Informationen dazu, im Rahmen dieser Abhandlung die externen Einflüsse quasi als eine unabhängige Konstante zu betrachten. Wenn also im folgenden die wichtigsten der aufgeführten Faktoren innenpolitischer Natur sind, so deshalb, weil sie theoretisch präzis und empirisch überprüfbar sind.

Die andere Einschränkung dieser Studie ist zeitlicher Art: Es soll hier vor allem der Zeitraum von 1966 bis zum Sommer 1975 berücksichtigt werden. Für diese Begrenzung spricht zum einen die Verfügbarkeit empirischen Materials, zum anderen der Umstand, daß dieser Zeitraum die längste in sich geschlossene Periode darstellt, in der sich das Engagement der Militärs in der Politik bewähren mußte.

Bevor auf die einzelnen Fakten eingegangen wird, soll zunächst noch kurz der Begriff „politische Stabilität" erläutert werden. Politische Stabilität bedeutet im Kontext dieser Studie, daß die Verhältnisse in einem politischen System von der Fähigkeit eines Regimes oder einer Regierung geprägt sind, mit möglichst großer Effektivität Probleme zu bewältigen und Bedürfnisse zu befriedigen. Politische Stabilität beruht zumeist auf den folgenden drei Faktoren: 1.dem Maß der Übereinstimmung in Zielen und Werten bei den politischen Handelnden; 2.dem Maß der Übereinstimmung zwischen der Politik der Handelnden und der informellen Machtstruktur in der Gesellschaft; 3.der Fähigkeit der regierenden Elite, politische Macht zu stabilisieren und unterstützende Koalitionen zu bilden.

II. Die Situation in Nigeria nach dem Staatsstreich von 1966

Jede Beurteilung der politischen Rolle nigerianischer Militärregierungen muß zuallererst diejenigen Probleme berücksichtigen, die zum einen aus der sozialen Struktur der Gesellschaft herrühren und zum anderen in den organisatorischen Eigenheiten und Veränderungen innerhalb des Militärs selbst begründet liegen.

Der Staatsstreich vom Januar 1966 führte nicht nur zu einem Zusammenbruch des aus der Kolonialzeit stammenden Verfassungssystems, sondern auch zu einer gegenüber der abgesetzten Zivilregierung veränderten Legitimitätsgrundlage. Diese Vorgänge wie auch der Wechsel in der Zusammensetzung der gesellschaftlichen Machtbasis der Militärregierung trugen dazu bei, daß die meisten politischen Führer aus dem Norden des Landes sich von dem neuen System ausgeschlossen fühlten. Als die Militärregierung unter General Ironsi mit dem Dekret Nr. 34 vom Mai 1966 die frühere regionale Verfassung beseitigte konnte es nicht überraschen, daß die ehemaligen politischen Führer aus dem Norden die

Legitimierung des Militärs zu einer derart grundlegenden Veränderung des politischen Systems nicht nur in Frage stellten, sondern auch anfochten. Die Spannungen, die diesen Streit um die verfassungsrechtlichen Grundlagen und Kompetenzen der Militärregierung begleiteten, gipfelten schließlich in dem zweiten Staatsstreich vom 29. Juli 1966 und bildeten das Hauptthema der Konferenz über die nigerianische Verfassung, die im September 1966 nach Lagos einberufen wurde.

Nach langen, erbitterten Diskussionen empfahlen drei der vier regionalen Delegationen der Verfassungskonferenz die Gründung weiterer Länder in Nigeria als die beste Möglichkeit, die Furcht vor der Prädominanz eines oder zweier Länder innerhalb der Föderation zu beseitigen Ausgehend von diesen Empfehlungen wie auch aufgrund der starken Einflußnahmen von Führern ethnischer Minderheiten und nicht zuletzt der feindseligen Haltung des Oberbefehlshabers und der Militär-verwaltung in der östlichen Region Nigerias wegen verschiedener politischer Ereignisse nach dem Staatsstreich vom 29. Juli 1966 entschloß sich die Militärregierung zu einer Aufgliederung des Staates in zwölf Länder um damit die Loslösung des Ostens von der Föderation zu verhindern. Wenngleich diese Aufgliederung Nigerias in zwölf Bundesstaaten sowie die Niederlage Biafras im Bürgerkrieg die Gefahr separatistischer Tendenzen bannte, so löste das alles noch nicht das andauernde Problem der politischen Instabilität.

Es soll nun der Frage nachgegangen werden, inwieweit bestimmte Faktoren seit dem Ende des Bürgerkrieges zu der anhaltenden politischen Instabilität beigetragen haben und warum das Militärregime sie nicht erfolgreich bewältigen konnte. Diese Faktoren sind: erstens die Schaffung neuer Länder, zweitens die Volkszählung und drittens die Diskrepanz zwischen den Erwartungen in der Bevölkerung und der tatsächlichen Politik der Militärregierung.

1. Die Schaffung neuer Länder

Obgleich schon die bloße Tatsache der Auf-gliederung des nigerianischen Staates in zwölf Bundesländer ein entscheidender Schritt hätte sein können, um die Rivalitäten zwischen den einzelnen Regionen — die hauptsächlich durch ihre unterschiedliche Größe entstanden waren — aus der Welt zu schaffen, so wurde diese Chance leider vertan. Der Grund dafür liegt wohl in der Art und Weise, wie die Maßnahme durchgeführt wurde; ferner konnte die Militärregierung den Eindruck des Krisenhaften, der diese Neugliederungs-Politik prägte, nicht verhindern, so daß von der neuen föderalistischen Struktur keine Impulse für mehr politische Stabilität ausgingen. Die Konstituierung der neuen Länder wurde übereilt und hektisch vorgenommen, offenbar, um rasch ein neues politisches Bezugssystem zu schaffen. Es konnte daher kaum überraschen, daß — schon kurz nachdem die Neu-gliederung bekannt wurde — Kritik an der Grenzziehung laut wurde. Die Forderungen nach der Vereinigung von Angehörigen eines Stammes auf einem Gebiet erweiterten sich bald zu dem Verlangen, noch mehr an den jeweiligen Stammesgrenzen orientierte Länder zu schaffen. Der Chef der Militärregierung, General Gowon, wurde offensichtlich von der Hartnäckigkeit dieser Forderungen überrascht.

In seiner Rundfunkansprache an das nigeria-nische Volk vom 1. Oktober 1974 gab er schließlich das Versprechen ab, so bald wie möglich die bereits vorgenommenen Grenzziehungen zu überprüfen, um den Wünschen der Bevölkerung nach stärkerer Berücksichtigung der Stammesgebiete bei der Parzellierung entgegenkommen zu können.

In der Tat: Wenn man die derzeitigen zwölf Länder daraufhin untersucht, inwieweit sie zu einer größeren Vereinigung der einzelnen ethnischen Gruppen sowie zu einer Verbesserung ihrer Beziehungen untereinander beitragen, ferner, inwieweit sie es ermöglichen, die stammesmäßig-regional gebundenen Loyalitäten verstärkt auf den Staat insgesamt zu übertragen, so muß eingestanden werden, daß sie nicht wesentlich mehr zu der Überwindung sozio-kultureller Unterschiede in Richtung auf die nationale Einheit beisteuern als die früheren Regionen der Ersten Republik. Diese Behauptung wird durch das Ergebnis einer Untersuchung von Sam Aluko über die Hintergründe der Forderung nach mehr Ländern unterstützt Aluko stellte fest, daß in der Mehrheit der Untersuchungsfälle die Gründe für ein derartiges Verlangen nicht etwa aus ökonomischen oder politischen Überlegungen hinsichtlich der Vorteile einer dezentralisierten Verwaltung herrührten, sondern lediglich aus partikularistischen Emotionen wie etwa: „Wir finden es unerträglich, mit einem anderen Stamm in den Grenzen des gegenwärtigen Landes weiter zusammenleben zu müssen!" Diese starre Behauptung der Stammes-Unabhängigkeit ist unter anderem eine Folge davon, daß, obwohl der Bürgerkrieg gegen Biafra unter der Parole „One Nigeria" geführt und gewonnen wurde, sich die Militärregierung nur sehr wenig um die Schaffung eines nationalen Einheitsbewußtseins bemüht hat. Mehr noch: Durch ihre Entscheidungsunfähigkeit und ihre Versprechungen hat die Regierung bei einzelnen Minoritäten und kleinen ethnischen Gruppen die Hoffnung auf ein eigenes Land erst geweckt. Um nicht unglaubwürdig zu erscheinen, sahen sich die Militärs von Zeit zu Zeit genötigt, ihren Plan der Länderneugliederung öffentlich zu bekräftigen. Dies wiederum führte zu unablässigen Forderungen nach noch mehr selbständigen Regionen — ungeachtet der Tatsache, daß seit 1966 politische Aktivitäten in der Bevölkerung generell verboten waren. Die Folge von all dem war, daß einzelne wie auch Gruppen zunehmend ihre eigenen politischen Vorstellungen betonten und weder Toleranz noch Kompromißbereitschaft für die Schwierigkeiten eines Zusammenlebens und des gemeinsamen Aufbaus der Nation zeigten. Da viele Nigerianer noch nicht das Bewußtsein einer nationalen Identität besitzen, begünstigte die neue föderalistische Struktur nicht nur die politischen Kontroversen, sondern auch den Partikularismus bis hin zu separatistischen Tendenzen. Sam Aluko hat daher recht, wenn er feststellt: „Als es noch drei Regionen gab, waren die einzelnen ethnischen und sub-ethnischen Gruppen nahezu repräsentativ vertreten im regionalen öffentlichen Dienst, den Ministerien und Parlamenten, im Bildungswesen und in der privaten Wirtschaft. Heutzutage aber herrscht der Partikularismus. Für denjenigen, der nicht in dem jeweiligen Land geboren ist, ist es nahezu unmöglich geworden, in den Bereichen von Bildung, Politik, Verwaltung oder Wirtschaft eine bedeutendere Position zu erreichen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn er Angestellter der Zentralregierung ist oder von einer ausländischen Firma beschäftigt wird. Normalerweise steht sein Arbeitsplatz immer zur Disposition, wenn ein . eingeborener'Bewerber sich darum bemüht."

Ein anderer Aspekt der föderalistischen Länderstruktur, der ebenfalls das Problem der politischen Stabilität berührt, ist die Frage nach dem Gleichgewicht der wichtigsten politischen Kräfte innerhalb der Föderation; von besonderer Bedeutung ist hier das Verhältnis Nord-Süd.

Aufgrund zahlreicher „zufälliger" Faktoren der Geschichte und der geographischen Lage — welche die Art und Weise der Kontakte zwischen den verschiedenen ethnischen oder regionalen Gruppen in Nigeria mit der westlichen Kultur bestimmten — sowie vor allem auch durch unterschiedliche Maßnahmen der regionalen Kolonialpolitik kam es zu der politischen wie kulturellen Isolierung des Nordens gegenüber dem Süden. Andererseits konnte die Bevölkerung der nördlichen Landesteile im Laufe der Zeit eine sehr starke regionale und auch sozio-kulturelle Identität entwickeln, die sich sowohl an der Moslem-Religion als auch an den traditionellen Machtstrukturen sowie an der vorherrschenden Partei, der NPC, orientierte.

Dieser Sachverhalt wiederum führte sowohl bei den Politikern wie bei den traditionellen Stammesführern des Nordens zu einem starken Interesse an der Beibehaltung der alten Regionalstrukturen; im übrigen haben diese politischen Führer im Prinzip des modernen Föderalismus niemals mehr gesehen als eine Möglichkeit, neben persönlichen oder kommunalen Interessen die stärkere Integration der Nordregion zu fördern. Da die Zentralregierung Nigerias die einzige Institution ist, die größere ökonomische und politische Pfründen verteilt und kontrolliert und damit Einfluß nimmt auf Einkommen und sozialen Status bis hin zur Kapitalakkumulation, haben diese Politiker stets versucht, Einfluß auf die Zentralregierung zu gewinnen. Zugleich aber haben sie sich auch permanent jedem Versuch widersetzt, aus der Nordregion Länder auszugliedern, und Bestrebungen erfolgreich abgewehrt, welche eine Verminderung ihrer Kontrolle über exekutive Einrichtungen der Zentralregierung zum Ziele hatten.

Auch nach der Absetzung der Zivilregierung 1966 durch die Militärs und der kurz danach erfolgten Aufteilung Nigerias in zwölf Länder forderten viele politische Führer aus dem Norden wieder die alte Ordnung — und das nicht nur aus sentimentalen Gründen. Diese Tendenz erhielt noch Auftrieb durch die Art des Verhältnisses zwischen den Militärs und den zivilen Politikern. Trotz totaler Kontrolle des staatlichen Machtapparats hatte das Militärregime die Beziehungen zu den früheren Machthabern nicht völlig abgebrochen. Bis zum dritten Staatsstreich in Nigeria am 29. Juli 1975 beteiligten sich Politiker der früheren Zivilregierung aktiv an der Führung der Staatsgeschäfte. Wenn sie auch von der direkten Machtausübung ausgeschlossen waren, so ermöglichte doch ihre von den Militärs zugelassene Rückkehr durch die „Hintertür" die Wiederaufnahme ihrer politischen Einflußnahme, vor allem im Bereich der Regional-und Kommunalpolitik.

Dieser Aspekt macht übrigens auch deutlich, daß die Militärs im Grunde auf diese Kooperation angewiesen waren, um ihre Macht zu behalten. Nach dem Staatsstreich vom Juli 1966 mußte die neue militärische Führung sehr bald feststellen, daß sie zur Sicherung ihrer Position nicht nur der Unterstützung durch die führenden Politiker der gestürzten Regierung bedurfte, sondern daß dafür noch entscheidender die Zusammenarbeit mit der früheren Verwaltung sowohl auf zentraler wie auf regionaler Ebene war. Diese Kooperation mit zivilen Politikern, mit der Administration und mit den Stammesführern ermöglichte es der Militärregierung allerdings, den Bürgerkrieg zu bestehen und auch die politische Krise nach der Aufteilung des Staates in die zwölf Länder zu bewältigen.

Noch ein anderer Sachverhalt kennzeichnet die gefährliche Labilität des Nord-Süd-Verhältnisses: Vor 1961 setzte die Rekrutierung für die Armee gewisse qualitative Anforderungen voraus. Aufgrund der unterschiedlichen zivilisatorischen Entwicklung der nördlichen und südlichen Landesteile hatte hier der Norden Benachteiligungen hinzunehmen. 1961 wurde nun ein Quotensystem eingeführt, wonach der Norden einen fünfzigprozentigen Anteil am Offizierskorps erhielt — obgleich das praktisch bedeutete, auch weniger qualifizierte Offiziersanwärter aus dem Norden akzeptieren zu müssen. Nach dem Staatsstreich vom Januar 1966 wurden durch Dekret Nr. 34 vom Mai 1966 wieder Qualifikationsmaßstäbe zum entscheidenden Kriterium bei der Truppenrekrutierung gemacht. Dies führte bei vielen Offizieren aus dem Norden nicht nur zu dem Verdacht einer neuerlichen Ibo-Vorherrschaft, sondern auch zum Mißtrauen gegenüber dem zentralen Verwaltungsapparat. Man befürchtete, daß dieses Dekret dazu führen könnte, die aus dem Norden unter dem Quotensystem gemusterten Bewerber wieder zu entlassen. Auch nahm man an, daß die verschärften Qualifikationsmaßstäbe den Karriern der aus dem Norden stammenden Offiziere hinderlich sein würden.

Wenn man diese einzelnen Sachverhalte berücksichtigt, dann ist es nicht weiter überraschend, daß auch nach der Neugliederung Nigerias der regionale Zusammenhalt sowie die geschichtliche und kulturelle Bindung an den Norden die Offiziere aus dieser Region veranlaßte, nur diejenigen politischen und militärischen Maßnahmen zu unterstützen, von denen sie annahmen, daß sie dem Norden nützten. Das gleiche geschah auf den Gebieten des Bildungswesens, der Beschäftigung im öffentlichen Dienst und bei der Vergabe von Subventionen.

In seiner Untersuchung über die Auswirkungen der föderalistischen Neugliederung Nigerias auf die politische Stabilität des Landes kommt O. Adejuyigbe zu dem Ergebnis, daß die Fähigkeit des Nordens, beträchtliche Macht über den Süden auszuüben, keineswegs durch seine Aufteilung in sechs Länder vermindert worden sei, sondern im Gegenteil „Während der Norden früher nur eine unter vier Regionen war, machen die sechs nördlichen Bundesländer nun die Hälfte aller Länder aus." Adejuyigbe nennt in seiner Studie Beispiele, wo die sechs nördlichen Länder gemeinsam zur Bewahrung ihrer eigenen Interessen vorgegangen sind und damit überproportional vom Nationaleinkommen profitiert haben. Adejuyigbe zieht die Schlußfolgerung: „Wenn diese sechs Länder gemeinsam eine bestimmte Politik betreiben, dann wird es für die anderen sechs Länder schwierig sein, dagegen anzugehen. In der Tat, die Politik der nördlichen Länder dürfte sich in dem Maße durchsetzen können, wie die Länder der Südregion zu keiner Einigung untereinander kommen."

2. Das Problem der Volkszählung

Bereits in früheren Jahren war das eigentlich harmlose Vorhaben einer Volkszählung stets eine emotionsgeladene, konfliktreiche Angelegenheit in Nigeria gewesen. Während der Kolonialzeit bis etwa zum Jahr 1950 verursachte der Versuch einer Volkszählung immer wieder nachhaltige Opposition und öffentlichen Protest, und zwar hauptsächlich wegen befürchteter Verschlechterungen bei der Einkommensteuer sowie aus abergläubischen Gründen. Seit den fünfziger Jahren, als die Ergebnisse der Volkszählung von 1950 bis 1953 zum erstenmal für die Zuteilung von Parlamentsmandaten eine Rolle spielten, ist die Frage der Volkszählung auch zu einem Politikum geworden. Vor dem Hintergrund der historischen Rivalität zwischen Nord und Süd wurde die Frage nach der Mandatszahl und damit einhergehend die nach der Kontrolle über die Zentralregierung zum Mittelpunkt jeder wichtigen politischen Kontroverse in Nigeria. Es ist also verständlich, wenn bestimmte Kreise sich gern Gewißheit über die genaue Bevölkerungszahl verschaffen möchten. Die von der Militärregierung 1973 durchgeführte Volkszählung und ihre Ergebnisse wurden daher mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet. Als die voläufigen Resultate nach monatelanger Verzögerung endlich veröffentlicht wurden, verursachten sie dermaßen heftige Reaktionen im Süden, daß zum ersten-mal seit dem Staatsstreich vom Juli 1966 die überparteiliche Position der Militärregierung ernsthaft in Frage gestellt wurde. An dieser Tatsache änderte auch die Erklärung des Militärgouverneurs der Nordost-Region, Brigadier Musa Usman, wenig, der auf einer Pressekonferenz selbstbewußt erklärte, daß der Oberste Militärrat nicht beabsichtige, die Ergebnisse der Volkszählung einer Volksabslimmung zu überlassen. Darüber hinaus gäbe es „in der Öffentlichkeit keinen Grund, darüber zu diskutieren, welche Zahl vom Obersten Militärrat als offiziell anerkannt wird"

Obgleich die vorläufigen Ergebnisse dieser Volkszählung später nicht mehr beachtet und nach dem dritten Staatsstreich vom Juli 1975 ganz ihre Bedeutung verloren hatten, büßte das Militärregime aufgrund seines undurchsichtigen Verhaltens viel von seiner Glaubwürdigkeit ein. Aber ganz abgesehen davon ist schon allein die Tatsache besorgniserregend, daß nicht einmal unter einem Militärregime in Nigeria eine Volkszählung mit genauen Ergebnissen durchgeführt werden konnte.

3. Die mangelnde Leistungsfähigkeit

Was eine Militärregierung von einer gewählten Zivilregierung unterscheidet, ist im allgemeinen die Legitimitätsbasis, aufgrund derer Macht ausgeübt und Gehorsam verlangt wird. Die Legitimität einer Zivilregierung wird danach beurteilt, 1. auf welche Weise sie die Macht übernommen hat (Legitimität durch das Verfahren);

2. wieweit ihre Politiker einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung darstellen (Legitimität durch Repräsentation);

3. inwieweit die Regierung mit ihrer Politik die Erwartungen der Bevölkerung erfüllt hat (Legitimität durch Erfolg).

Gegenüber diesen drei Legitimitätskriterien, die eine zivile Regierung insgesamt beachten muß, braucht eine Militärregierung lediglich auf ihren Erfolg bedacht zu sein. Im Gegensatz zum zivilen Politiker muß der Soldat nicht um die Zustimmung der Öffentlichkeit werben. Aufgrund seines Machtmonopols kann er Gehorsam verlangen. Wenn aber die Feststellung von Rousseau richtig ist, daß auch „der Stärkste niemals stark genug ist, um stets der Herr zu sein, wenn er nicht Macht in Recht verwandelt und Gehorsam in Pflicht" so folgt daraus für die Legitimität seines Handelns zumindest, daß die Monopolisierung der Macht nicht ausreicht, sondern daß er Ergebnisse vorweisen, Erfolg haben muß.

Wie steht es nun hiermit bei dem Militärregime in Nigeria? Was hat es für Leistungen aufzuweisen, sowohl im Hinblick auf die ErWartungen der Bevölkerung auf einen besseren Lebensstandard als auch hinsichtlich des allgemeinen gesellschaftlich-politischen Fortschritts, seitdem es vor zehn Jahren die Macht übernommen hat?

In zahlreichen Studien über die Rolle der Militärs im Modernisierungsprozeß von Entwicklungsländern wird die Meinung vertreten, daß die Politik von Militärregimen nahezu gleichbedeutend sei mit rascher ökonomischer Entwicklung, sozialem Wandel und einer gerechteren Verteilung des Nationaleinkommens Diese Auffassung von den Militärs als revolutionären Initiatoren der Moderne mag als Forschungshypothese unter bestimmten Umständen für bestimmte Gesellschaften ihre Berechtigung haben; für die nigerianischen Militärregime scheint sie mir jedoch ganz und gar nicht zuzutreffen. Zugegeben, daß die Militärregime in Nigeria im Unterschied zu denjenigen in anderen Ländern mit einer Reihe von gleichzeitigen, höchst komplexen politischen und wirtschaftlichen Krisen konfrontiert waren, die zu einer erfolgreichen Bewältigung sehr viel Geschick erfordert hätten, doch ist generell festzustellen, daß die nigerianischen Militärs weder damals noch heute ausreichende technische, organisatorische und politische Fähigkeiten besaßen bzw. besitzen, um die Aufbauprobleme eines großen Entwicklungslands zu meistern. Des weiteren mangelt es ihnen an Disziplin und Gemeinschaftsgeist, um wirkliche Fortschritte zu bewerkstelligen. Insoweit es möglich ist, die nigerianischen Militärregime aufgrund der zugänglichen Fakten und Berichte zu beurteilen, muß man zu dem Schluß kommen, daß nicht nur ein erheblicher Widerspruch besteht zwischen den angekündigten Maßnahmen und der dann betriebenen Politik. Es sind auch offensichtliche Fehlleistungen der Militärs zu konstatieren, z. B. bevorstehende Krisensituationen als solche nicht erkannt, und als diese dann eingetreten waren, nicht gemeistert zu haben.

Ein eklatanter Fall für die Diskrepanz zwischen einer angekündigten Entscheidung und der dann tatsächlich erfolgten Maßnahme ist etwa die Ölkrise in Nigeria 1974/75. Obgleich Nigeria den siebten Platz in der Weltrangliste erdölexportierender Länder einnimmt, klingt es kaum glaubhaft, daß es bis zum Dezember 1975 unter einem besonders großen Benzin-mangel litt. Obwohl der Militärregierung unter Gowon einerseits der chronische Benzin-mangel bekannt war wie auch die begrenzte Kapazität der Raffinerie in Port Harcourt und andererseits die steigende Nachfrage nach Benzin wegen der rasch expandierenden heimischen Industrie und des privaten Konsums ebenfalls bekannt waren, geschah dennoch nichts. Mit dem Bau weiterer Raffinerien wurde so lange gewartet, bis die Krise akut war. Und selbst nachdem es für jedermann offensichtlich war, daß sofortige Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergriffen werden müßten, dauerte es ein weiteres Jahr, bis sich die Militärregierung darüber einigen konnte, daß zwei Raffinerien in Warri (Midwest State) und Kaduna (North and Central State) gebaut werden sollten. Zwei Jahre sind nun vergangen, seitdem diese Entscheidung getroffe wurde, aber ihre Realisierung steht nach wie vor aus.

Eine ähnliche Unfähigkeit zur Entscheidung illustriert das Beispiel der nationalen Gasversorgung. Man schätzt, daß Nigeria mehr Naturgas abfackelt als irgendein anderes Land der Welt, mit Ausnahme vielleicht von Saudi-arabien oder dem Iran, und daß das so verlorene Gas etwa ein Fünftel der gesamten nationalen Energieproduktion ausmacht Dies ist um so bemerkenswerter, als in Nigeria die Gasversorgung völlig unzureichend ist. Obwohl'die Militärregierung unter Gowon diese Krise wie auch die Notwendigkeit von dringenden Maßnahmen dagegen bekannt waren, dauerte es dennoch mehr als drei Jahre, bis eine Entscheidung über den Bau einer Gasverflüssigungsanlage erreicht wurde. Seitdem das Projekt im Jahre 1974 angekündigt wurde, hat man bis heute wenig von seiner Verwirklichung gehört. Ähnliche eklatante Unterschiede zwischen Anspruch und Wirklichkeit können auch auf anderen Gebieten der sozio-ökonomischen Entwicklung genannt werden. Symptomatisch sind beispielsweise die lang anhaltenden Verzögerungen hinsichtlich des Baubeginns der geplanten Düngemittelfabrik sowie die gleichgültige Haltung der Gowon-Regierung bezüglich der dringend notwendigen Erweiterung und des Neubaus von Häfen in Nigeria, um die katastrophale Überlastung der beiden Haupthäfen zu mildern. 14

Noch schwerwiegender jedoch als die mangelnde Entscheidungsfähigkeit bei derartigen Projekten ist das generelle Versagen der Gowon-Regierung bei der Lösung der Versorgungsprobleme von so wichtigen Gütern wie Nahrungsmitteln, Textilien, Baumaterialien etc., ferner die Dämpfung des Preisauftriebs bei Konsumgütern, und hier besonders bei den Nahrungsmitteln. Im Juli 1975 waren beispielsweise die Preise für Nahrungsmittel wie Reis, Eier, Brot, Fleisch, Tomaten oder Palmöl um 80 bis 200 °/o gegenüber den Preisen vom Januar 1974 angestiegen. Die Kosten für Baumaterialien zogen im gleichen Zeitraum bis zu 200 °/o an.

Bei diesen Preissteigerungen und Versorgungsschwierigkeiten ist besonders alarmierend, daß es sich hier in den meisten Fällen um Produkte handelt, die das Land eigentlich in ausreichender Fülle selber erzeugen müßte, z. B. Bohnen, Yams, Reis, Palmöl, Getreide und Fleisch. Der Mangel an diesen landwirtschaftlichen Produkten kann nicht allein mit der letzten Trockenzeit, die die Landwirtschaft in den meisten Teilen des Landes beeinträchtigte, erklärt werden. Zutreffender dagegen ist die Feststellung, daß trotz der offiziellen Aufrufe und Pläne nur sehr wenig getan worden ist, um den Aufbau einer Landwirtschaft in großem, industriellem Rahmen anzuregen. Auch wurde es versäumt, die ländliche Infrastruktur zu entwickeln, von der immerhin siebzig Prozent der nigerianischen Bevölkerung abhängig sind. Nicht einmal die neu eingerichtete National Agricultural Credit Bank war in der Lage, die Landbevölkerung zu verbesserten Anbaumethoden zu bewegen. Ein Grund dafür mag sein, daß die von der Bank geplanten Projekte in der Bürokratie der zentralen Verwaltung steckengeblieben sind.

Die Vernachlässigung der Landwirtschaft hat u. a. zur Folge, daß seit 1966 der Anteil der landwirtschaftlichen Produktion am Nationaleinkommen stetig gesunken ist. 1960 betrug dieser Anteil noch 63 % des Bruttosozialprodukts, 1969 nur noch 49 °/o und 1974 sank er auf 44 °/o. Machten im Jahre 1960 die landwirtschaftlichen Güter noch 80 °/o am gesamten Export Nigerias aus, so sind es gegenwärtig nur noch zehn Prozent.

Abgesehen von den genannten Versorgungsschwierigkeiten und der inflationären Preisentwicklung ist noch folgender Sachverhalt bemerkenswert: Trotz des durch die Erdölförderung verursachten Wirtschaftsaufschwunges hat die wirtschaftliche Entwicklung im allgemeines nicht Schritt gehalten mit den steigenden Er-B Wartungen in der Bevölkerung hinsichtlich einer Verbesserung des Lebensstandards. Auch die Verteilungspolitik der Militärs hat es nicht vermocht, die Ungerechtigkeiten in der sozioökonomischen Struktur der nigerianischen Gesellschaft zu mildern.

Man behauptet von Nigeria, daß hier mehr Millionäre leben als in irgendeinem anderen Land in Schwarzafrika Doch neben dieser hauchdünnen Schicht des „seelenlosen Reichtsums der Wenigen" befindet sich die überwältigende Mehrheit der in „bedrückender Armut" lebenden 70 Millionen Nigeriander. Sie versuchen zu „überleben" mit einem Prokopfeinkommen von durchschnittlich noch nicht einmal 120 Dollar jährlich. Diese scharfen Kontraste innerhalb der nigerianischen Gesellschaft veranlaßten einen Kommentator zu der Feststellung: „Es ist nun offensichtlich, daß Olreichtum nicht automatisch den Wohlstand für das gesamte Volk bedeutet ... In einer normalen Volkswirtschaft sind Reichtum und Massenarmut unversönliche Gegensätze. Einer von ihnen ist immer beherrschend und damit maßgebend für die gesamte Ökonomie. Aber in Nigeria gehen Massenarmut und Reichtum zusammen. Eine solche merkwürdige Partnerschaft muß zu der Schlußfolgerung führen, daß das nigerianische Wirtschafts-und Gesellschaftssystem krank ist: Entweder liegt die Ursache dieser Krankheit in den Köpfen der Planer oder in dem. mangelhaften organischen Wachstum der Wirtschaft oder aber in beidem."

III. Die Versäumnisse der Militärregierung unter General Gowon

Die oben genannten Sachverhalte lassen die Schlußfolgerung zu, daß die Militärregierung — zumindest bis zum dritten Staatsstreich vom Juli 1975 — keinen nennenswerten Beitrag zu einer größeren sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit, zur allgemeinen Entwicklung des Landes oder auch nur zu einer größeren politischen Stabilität geleistet hat. Alle Gründe hierfür lassen sich letztlich auf zwei Faktoren zurückführen: erstens auf die strukturelle Schwäche der Militärregierung und zweitens auf das Festhalten am militärischen Befehlssystem — einer Eigenschaft aller Militär-regierungen.

1. Die strukturelle Schwäche der Militärregierung

Das vielleicht überraschendste Moment in der Militärherrschaft Nigerias bis zum Juli 1975 ist, daß es ihr nicht gelang, ein geschlossenes militärisches Gesamtinteresse herausbilden.

In einer kürzlich erschienenen Studie über die Rolle des Militärs im Prozeß der politisch-gesellschaftlichen Entwicklung stellt Ernest W. Lefever fest, daß „afrikanische Armeen zumeist stammesunabhängige, westlich-moderne, integrierte und in sich zusammenhaltende Institutionen ihres jeweiligen Staates sind. Die Armee besitzt häufig eine größere nationale Identität als andere Institutionen. Mit ihren technischen Fähigkeiten ... ist sie die modernste Einrichtung des Staates ... ein lebendigeres Symbol der staatlichen Souveränität als die Fahne, die Verfassung oder das Parlament erweckt die Armee oft mehr nationale Empfindungen als ein führender Politiker."

Was das Militär in Nigeria betrifft, so bietet es für diese Aussage von Lefever keinerlei empirische Basis. In struktureller Hinsicht fehlte es ihm nicht nur an innerem Zusammenhalt, sondern es offenbarte auch eine mangelnde nationale Identifikation, wenn man den über den Staatsstreich vom Juli 1966 veröffentlichten Informationen glauben kann. Diese Zeichen struktureller Schwäche können vielleicht nur dann angemessen erklärt werden, wenn zur Analyse der nigerianischen Militär-politik die von Huntington formulierten verschiedenen Staatsstreichbegriffe angewendet werden der Regierungssturz, der reformerische und der revolutionäre Staatsstreich. Der Regierungssturz betrifft vor allem einen radikalen Wechsel im Staatsapparat; revolutionäre Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur sind zumeist nicht beabsichtigt. Staatsstreiche mit reformerischen Absichten bedeuten dagegen ein Engagement der Militärs gegen eine Politik, deren Inhalte und führende Männer das Vertrauen der Bevölkerung verloren haben. Revolutionäre Staatsstreiche unterscheiden sich von den beiden genannten Kategorien insofern, als sie sowohl das Regierungssystem wie auch die gesellschaftliche Struktur radikal verändern wollen. Diese revolutionäre Form des Staatsstreiches ist bis jetzt in Nigeria noch nicht erfolgt; hingegen können die beiden anderen Formen nach Motivation, Zielsetzung und Durchführung leicht in den beiden Staatsstreichen vom Januar und vom Juli 1966 wiedererkannt werden.

Den von Huntington vorgenommenen theoretischen Unterscheidungen muß noch ein weiteres Differenzierungsmerkmal hinzugefügt werden, um die auffallende strukturelle Schwäche der nigerianischen Militärregierungen erklären zu können. Es geht dabei um die Auswirkungen der gesellschaftlichen Herkunft der nigerianischen Offiziere im Hinblick auf ihre Fähigkeit, stabile politische Koalitionen aufzubauen. Im Zusammenhang mit dieser Studie verdienen dabei zwei Aspekte besondere Aufmerksamkeit: die technisch-organisatorischen Kenntnisse der Offiziere sowie die Bedeutung der Stammeszugehörigkeit bei ihrer Rekrutierung. Ähnlich wie in den meisten anderen afrikanischen Ländern sind die allgemeinen wie speziellen Ausbildungsmöglichkeiten für die Offiziere in Nigeria relativ gering, verglichen mit den Durchschnittsstandards in den Industrieländern. Ein Hauptgrund für diesen Mangel sind die fehlenden Ausbildungskapazitäten und -Institutionen. Infolgedessen nimmt die Regierung Angebote von befreundeten Staaten, wie etwa Großbritannien, wahr, um Offiziere angemessen ausbilden zu können. Das hat jedoch zur Folge, daß nur ein kleiner Teil des Offizierskorps Gelegenheit haben kann, ein spezielles Training im Ausland zu absolvieren. So hatten beispielsweise am Vorabend des Staatsstreiches vom Januar 1966 nur 22 von insgesamt 507 Offizieren der nigerianischen Armee ein Spezialtraining im Ausland erhalten.

Aus dieser Situation ergeben sich Konsequenzen: Zum einen bedeutet die kurze und mangelhafte Ausbildungszeit, daß die militärische Sozialisation des Offizierskorps äußerst schwach ist. Zum anderen ist der Grad der technischen Fähigkeiten in der nigerianischen Armee aufgrund dieser Ausbildungsprobleme gerade ausreichend, um die notwendigsten militärischen Aufgaben wie etwa Nachrichtendienst, Transportwesen, Brückenbau etc. zu erledigen.

Neben diesem unzureichenden Ausbildungsstand gibt es noch eine weitere Ursache, die den militärischen wie organisatorischen Zusammenhalt des nigerianischen Offizierskorps negativ beeinflußt. Sie hängt mit den politischen Folgen des Übergangs vom Kolonialstatus zur Souveränität zusammen. Der rapide Prozeß der Dekolonialisierung in den Jahren 1956 bis 1960 hinterließ seine Spuren auch bei der Armee des sich neu herausbildenden Staatswesens. In diesen Jahren stiegen viele frühere Unteroffiziere und Mannschaftsgrade zu Kommandeurspositionen auf, die ehedem britische Offiziere innehatten. Dies geschah jedoch ohne die Einhaltung bestimmter Laufbahnregeln, so daß die Beförderungen oft zufällig aus den Bedürfnissen der jeweiligen Situation heraus erfolgten.

Ein weiteres Merkmal dieses Beförderungswesens war es, daß häufig diejenigen aufrückten, die weder über die notwendigen militär-fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügten noch eine ausreichende Bildung besaßen, um von ihren jüngeren und besser geschulten Untergebenen, die erst später in die Armee eintraten, Respekt verlangen zu können Diese Situation wurde noch problematischer durch das Rekrutierungssystem nach regionalen Quoten, welches die erste (Zivil-) Regierung nach der Erlangung der Unabhängigkeit eingeführt hatte, weil mit Rücksicht auf die Offiziere aus dem Norden die geforderten Mindestqualifikationen nochmals gesenkt werden mußten. Dieses Quotensystem bewirkte nicht nur die Institutionalisierung sowohl des regionalen wie des ethnischen Elements in der nigerianischen Armee, sondern hatte darüber hinaus eine Schwächung der nationalen Identifikation sowie die Herausbildung von Gruppeninteressen innerhalb der Armee zur Folge.

Einzelne Gruppen in den Streitkräften identifizierten sich mit bestimmten Stammesinteressen oder mit den politischen Wünschen bestimmter Regionen. Das konnte nicht ohne Konsequenzen für die Disziplin in der Armee bleiben. Ein weiteres schwerwiegendes Hindernis für die Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin war das sprunghafte Anwachsen des Heeres von 8 000 auf mehr als 250 000 Mann. Die meisten hatten außer ihren Bürgerkriegs-erfahrungen keinerlei formale Ausbildung erhalten. Die daraus entstandenen Folgen für die Disziplin werden noch dadurch verschlimmert, daß auch nur sehr wenige der gegenwärtigen Truppenoffiziere eine ihren Aufgaben entsprechende Ausbildung genossen haben. Laut Presseberichten waren Armeeangehörige immer wieder bei bewaffneten Raubüberfällen beteiligt oder der Korruption beschuldigt worden. Besonders in den ersten Jahren nach dem Ende des Bürgerkrieges waren derartige Ereignisse symptomatisch für den Mangel an Disziplin in der Truppe.

Die strukturelle Schwäche der Militärregierungen in Nigeria wird fernerhin deutlich durch den Mangel an einheitlichen politischen Zielvorstellungen. Obgleich die beiden Staatsstreiche vom Januar und Juli 1966 grundsätzlich reformerische Absichten verfolgten, war keiner von ihnen vom gesamten Offizierskorps unterstützt worden; und bei keinem der beiden Staatsstreiche spielte die Durchsetzung bestimmter politischer Vorstellungen oder konkreter Pläne eine Rolle.

Die Regierung des Generals Ironsi wurde nicht nur deshalb im Juli 1966 gestützt, weil die Benachteiligung der Offiziere aus der Nordregion sowie die Machtverlagerung vom Norden nach dem Süden eine intensive Abneigung der Betroffenen gegenüber der Militärregierung und damit einen Loyalitätsverlust zur Folge hatten. Ebenso ausschlaggebend für den Sturz war die Tatsache, daß es innerhalb der Armee keine Verständigung mehr darüber gab, was und wie politisch gehandelt werden solle. Zum Sturz der Militärregierung Ironsi hat ferner das bereits erwähnte Dekret Nr. 34 vom Mai 1966 eine Rolle gespielt, welches die früheren Regionen abschaffte und mit der Neugliederung in Länder die Macht der Zentralregierung stärken sollte. Dieses Dekret rief einen derartigen Haß auf die Ibos hervor, daß die Regierung Mühe hatte, den inneren Frieden zu gewährleisten; die Weiterentwicklung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systems wurde dabei völlig vernachlässigt.

Nach dem Staatsstreich vom Juli 1966 und der Ermordung Ironsis wurde die neue Militärregierung unter General Gowon mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Obgleich Gowon versuchte, die Legitimationsbasis seiner neuen Regierung so weit wie möglich auszubauen, gelang es ihm nicht, die Ibos zur Mitarbeit zu gewinnen — ein Umstand, der wiederum die großen Spannungen auch im Offizierskorps bloßlegte. Der sich daraus ergebende Loyalitätskonflikt führte dann zum Bürgerkrieg mit der abtrünnigen Region Biafra in den Jahren 1966 bis 1970.

Die wichtigsten Probleme, vor denen die Regierung Gowon nach dem Ende des Bürgerkrieges stand, sind bereits genannt worden: die Forderung nach mehr Bundesländern, die emotionsgeladene Frage der Volkszählung, die Diskussion um die Festlegung eines Datums, zu dem sich das Militär aus der Politik zurückziehen solle, sowie die Forderung nach einer gerechteren Verteilung des Nationaleinkommens. Bei jedem dieser Probleme gab es innerhalb der Militärregierung weder eine einheitliche Meinung darüber, welche politischen Ziele jeweils erreicht werden sollten, noch auf welche Weise sie durchgesetzt werden könnten.

Bei seiner Politik der nationalen Versöhnung und des Aufbaus mußte Gowon daher die schwierige Aufgabe wagen, die unterschiedlichen Interessen und politischen Standpunkte innerhalb der Armee und der Regierung sowie bei den politischen Kräften im Lande miteinander auszugleichen, dabei jedoch nicht die Weiterentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft zu vernachlässigen. Angesichts des geringen Machtpotentials und der mangelnden organisatorischen Fähigkeiten der Regierung bedeutete das eine eindeutige Überforderung. Die Folge davon war Entscheidungsunfähigkeit in Krisensituationen und eine immer größer werdende Kluft zwischen Versprechungen und Leistungen.

2. Das militärische Normensystem

Die meisten Militärs sind aufgrund ihrer spezifischen Erziehung und ihres Wertekodex'traditions-und autoritätsorientiert Es ist daher nicht verwunderlich, daß sie bei einer Regierungsübernahme dazu neigen, die gleichen Wertmaßstäbe gegenüber der Gesellschaft anzuwenden, und daß sie sich gegenüber einem Wandel der gegebenen politischen und ökonomischen Machtstrukturen zumindest abwartend verhalten. Wenn aber doch neue Maßnahmen und Pläne von ihnen initiiert oder ermutigt werden, so müssen sie möglichst den militärischen Bedürfnissen dienlich sein, und sie dürfen die gegebenen Machtverhältnisse in der Gesellschaft nicht verändern. In Nigeria sind so seit 1966 ein Großteil der von der Militärregierung vorgenommenen öffentlichen Investitionen zum Aufbau des Transport-und Kommunikationswesens sowie zum Straßen-und Brückenbau verwandt worden. Die Armee selbst wuchs von 8 000 auf heute 250 000 Mann an; nur zum Teil ist dieser Zuwachs ein Folge des Bürgerkriegs. Obgleich die Militärregierung niemals verlauten läßt, wie groß der Anteil für Militärausgaben am gesamten Staatshaushalt ist, so kann doch geschätzt werden, daß 1974 mehr als 35 °/o und 1975 etwa 45% des Etats für militärische Zwecke ausgegeben wurden. Dabei kann es keinen Zweifel darüber geben, daß die hier verwandten Summen viel sinnvoller und produktiver etwa für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes oder für Investitionen im Gesundheitswesen, für die Arbeitsbeschaffung oder für die Landwirtschaft hätten genutzt werden können — dies um so mehr, als wegen des Fehlens von inneren wie äußeren Bedrohungen die Armee einschließlich der Polizeikräfte auf 100 000 Mann limitiert werden könnte.

Ein weiterer Grund für das Unvermögen der Militärregierung, erfolgreich und effektiv den notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Wandel voranzubringen, ist der militärisch-bürokratische Entscheidungsprozeß. Da es bei diesem Entscheidungs-und Verwaltungssystem keine Wechselbeziehungen gibt zwischen den aktuellen Bedürfnissen der Gesellschaft und gouvernementalen Reaktionen, sind kaum Möglichkeiten vorhanden, derartige Bedürfnisse mit Aussicht auf Erfolg zu artikulieren. Die Militärregierung hegt darüber hinaus großes Mißtrauen gegenüber allen „radikalen" Elementen in der Gesellschaft (Gewerkschaften, Intellektuellen, Studenten, Presse). Obgleich die Militärregierung einigen Zivilpolitikern die Möglichkeit zur Mitarbeit einräumte, verhinderte sie die Herausbildung ziviler politischer Institutionen, die sie von vornherein als subversiv betrachtete. Bekannte Publizisten wie Wole Soyinka wurden verhaftet, Studentendemonstrationen brutal aufgelöst, Gewerkschaften an ihrem Streikrecht oder der sonstigen Durchsetzung ihrer Interessen gehindert; mit Hilfe von Zensur und Verbot wurde die Presse reglementiert und die öffentliche Meinung gleichgeschaltet. Und auch in den wenigen Fällen, wo die Militärregierung ein Interesse an einem sozialen Wandel zeigte (z. B. bei der Schaffung neuer Länder, der Gründung von Universitäten oder der Entwicklung neuer Gehaltsstrukturen für den öffentlichen Dienst), geschah dies stets mit einem großen Vorbehalt im Hinblick auf mögliche Systemveränderungen. Die herrschende Ordnung wurde — negativ definiert — als die Abwesenheit von Konflikten bezeichnet. Daß ein solches Ordnungsdenken fehlschlagen und katastrophale Folgen haben mußte, bewiesen vor allem der Bürgerkrieg sowie die zahlreichen gegen das Militärregime gerichteten Demonstrationen, die schließlich in dem Staatsstreich vom Juli 1974 gipfelten. Die Beoachtung von Edward Shils trifft daher völlig zu, daß die Militärregierung zwar „die Gewähr von Sicherheit und Ordnung — und damit indirekt eine Modernisierung — versprochen habe, sie dies jedoch nur dadurch zu erreichen versuche, daß sie die Unruhen vorübergehend in den Untergrund verdränge, von wo diese dann von Zeit zu Zeit mit voller Kraft herausbrächen"

Nach Shils hat die Übertragung der militärischen Normen und Wertvorstellungen auf den zivilen Bereich eine Behinderung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung zur Folge Diese Normen tragen beispielsweise dazu bei, daß in den sozialen Beziehungen zunehmend Patronage-Verhältnisse zu finden sind Diese korrumpierenden Erscheinungen spielen sowohl bei den Beziehungen zwischen militärischen und zivilen Dienststellen eine Rolle als auch zwischen den über-und untergeordneten Positionen in dem jeweiligen Bereich. Entscheidungen und ihre Durchführung sind daher oft von den subjektiven Imponderabilien des jeweiligen Patronage-Verhältnisses abhängig. Ein vielsagendes Beispiel dafür, daß es nicht auf die Objektivität oder Rationalität einer Sache ankommt, sondern auf die besonderen Interessen der Vorgesetzten, war der bereits erwähnte Konflikt über die Frage der Volkszählung.

Eine weitere Auswirkung dieses intriganten Patronage-Systems ist folgende: Wenn beispielsweise verschiedene Amtsinhaber sich bei bestimmten Vorhaben oder Forderungen auf divergierende bzw. sich einander widersprechende Prinzipien und Legitimitätsgründe berufen, so werden dadurch letztlich die jeweiligen Vorgesetzten in ihrer Autorität kompromittiert. Diese Zusammenhänge lassen sich daher zu einer Strategie verdichten, die von Untergebenen manchmal gern benutzt wird, um festzustellen, wie ausgeprägt die Ri• bei ihren Vorgesetzten sind, wie stark deren Legitimitätsansprüche oder bis zu welcher Grenze sie manipulierbar oder gar ausschaltbar sind.

Ein anderes Beispiel für derartige Vorgänge ist die sogenannte „Gomwalk-Affäre". Der Militärgouverneur von Benue-Plateau, Gomwalk, war von einem Bürger seines Bundes-staates unter eidesstaatlicher Versicherung der Korruption beschuldigt worden. Anstatt nun eine Untersuchung dieser Beschuldigung anzuordnen, wie es eigentlich rechtmäßig gewesen wäre, wurde der Befehl erlassen (wahrscheinlich vom Oberkommando), den Bürger zu verhaften. Dieses Ereignis kontrastiert zu einer ähnlichen Anschuldigung der Korruption, die gegen den — zivilen — Bevollmächtigten für das Kommunikationswesen, Joseph Tarka, von einem seiner früheren Angestellten erhoben wurde; Tarka mußte daraufhin sein Amt zur Verfügung stellen. Solche Vorgänge unterstreichen auch das Vorhandensein von unvereinbaren Rechtsauffassungen bei gleichen Tatbeständen sowie von unterschiedlichen Legitimationsgrundlagen.

Die Administration spaltet sich in verschiedene Lager, die miteinander rivalisieren und den Erfolg der anderen zu verhindern suchen. Eilige Vorgänge werden aufgehalten und damit der exekutive Entscheidungsprozeß in unverantwortlicher Weise verzögert. Und selbst wenn Entscheidungen diese Hürden überwunden haben, ist ihre Durchführung aufgrund der in diesen Bereichen ebenfalls bestehenden Rivalitäten noch völlig ungewiß. Eine nicht zu unterschätzende weitere Ursache für dieses Auseinanderklaffen von politischen Absichtserklärungen einerseits und Entscheidungen bzw.den Durchführungen andererseits ist die, daß manche Amtsinhaber bei bestimmten Reformen oder Veränderungen sich sehr zurückhaltend oder gar abweisend verhalten, wenn sie befürchten müssen, daß die geplanten Maßnahmen ihren Freunden oder sympathischen Untergebenen schaden könnten. Dieser Aspekt spielt auch eine Rolle bei den Verursachern bzw.den „Machern" des Staatsstreiches vom 29. Juli 1975.

IV. Die Initiatoren des Staatsstreiches vom 29. Juli 1975

Die bisherige Darstellung von Fakten war größtenteils darum bemüht, die „Dysfunktionen" (nach Chalmers Johnsons Definition der Militärregierungen vorzustellen und zu erklären. Die genannten Sachverhalte und Konflikte schufen letztlich einen derartigen Spannungszustand, daß es einer nur wenig koordinierten Gruppe von Armeeoffizieren, die sich mit dem Regime überworfen hatten, gelang, die Regierung Gowon zu stürzen. Im folgenden soll gezeigt werden, wie diese Dysfunktionen sich zu einer allgemeinen Unzufriedenheit verdichteten — vor allem bei der nigerianischen Mittelschicht, bei Politikern der früheren Zivilregierung, bei jungen Intellektuellen sowie bei Studenten.

Wenn General Gowon ein virtuoser Handhaber der Macht gewesen wäre, wenn er die politische und ökonomische Krise bewältigt hätte, die die Untersuchungskommission über die Gehaltsstrukturen im öffentlichen Dienst heraufbeschworen hatte, wenn er schließlich seine Zusage, die State Governors zu ersetzen und die Staatsgeschäfte ab 1976 wieder einer Zivilregierung zu überlassen, nicht zurückgezogen hätte — dann hätte der Staatsstreich zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt stattfinden können. So lange man noch allgemein auf den 1976 in Aussicht genommenen Wechsel zu einer Zivilregierung wartete und alle wichtigen Meinungsführer in Nigeria auf diese Zusage vertrauten, so lange war man bereit, die Unfähigkeiten und Belastungen der Militärregierung zu tolerieren. Die Rücknahme der Versprechung setzt dann fast automatisch die Vorbereitungen für den Staatsstreich in Gang. Die politische Schwächung der Regierung Gowon und ihr Prestigeverlust begannen mit der Nichteinhaltung der Zusage, die State Governors zu ersetzen, von denen die meisten im Verdacht der Korruption standen. Da diese Governors jeweils eng mit Gowon befreundet waren, zögerte dieser verständlicherweise die Entscheidung hinaus. Die Unentschiedenheit und Schwäche in dieser Frage dokumenB tierte jedoch vor aller Öffentlichkeit seinen Autoritätsverlust. Hinzu kam seine Unfähigkeit, die Folgen eines solchen Verhaltens richtig einzuschätzen, woraufhin er vor allem im Offizierskorps die etwa noch vorhandene Loyalität einbüßte. Diese mangelnde Einsicht in mögliche Konsequenzen führte offenbar auch zu Gowons Entschluß, den angekündigten Regierungswechsel für 1976 zu widerrufen.

Anläßlich des 14. Jahrestages der Unabhängigkeit Nigerias kündigte er in einer Rundfunkansprache seine Entscheidung über die Verlängerung der Amtszeit seiner Militärregierung an und bemerkte dazu: „Vor vier Jahren, als das Jahr 1976 zum Datum der Wiedereinführung einer normalen, verfassungsmäßigen Regierung in Aussicht genommen wurde, waren die Mitglieder der Militärregierung und ich der Auffassung, daß bis zu jenem Datum und besonders nach den verlustreichen Opfern und Erfahrungen des Bürgerkrieges sich ein Zustand ausreichender Stabilität entwickelt haben würde." Was immer nun auch die eigentlichen Gründe für Gowons Entscheidung gewesen sein mögen, in jedem Fall hatte er die Stimmung in der Bevölkerung falsch eingeschätzt, wie er auch die Reaktionen innerhalb des Offizierskorps nicht richtig kalkulierte. Auf seine Ankündigung hin folgten massive Proteste, Demonstrationen und Unruhen. Von den anläßlich einer großen Studentendemonstration im Februar 1975 erhobenen politischen Forderungen sind im Kontext dieser Studie die folgenden fünf Punkten von Interesse:

1. Rückkehr zu einer zivilen Regierung im Jahre 1976;

2. Aufhebung des Ausnahmezustands sowie Freilassung derjenigen Gefangenen, die ohne Urteil inhaftiert sind;

3. Bekämpfung der Korruption und Verurteilung derjenigen, die sich der Korruption schuldig gemacht haben;

4. Zurückverweisung der von der Untersuchungskommission getroffenen Empfehlungen zur Neuregelung der Gehaltsstrukturen im öffentlichen Dienst; 5. Bekanntgabe der Gehaltsstrukturen der Armee.

Die turbulenten Unruhen, die diese Forderungen der Studenten begleiteten, führten zu einer vorübergehenden Schließung der Universitäten von Ibadan und Lagos. Die Studenten standen jedoch mit keiner ihrer Forderungen allein, sondern erhielten auch von der Presse Unterstützung. Politiker der früheren Zivilregierung — soweit sie mit dem Militärregime zusammenarbeiteten — stellten ihre Mitarbeit ein. Desgleichen waren auch viele Offiziere über den Entschluß Gowons enttäuscht; sie bedauerten ferner den zu langsamen Fortgang der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung im Lande. Dieser letzte Aspekt war es denn auch, den Brigadier Murtala Muhammed als Rechtfertigung für den Staatsstreich vom 29. Juli 1975 besonders hervorhob. In einer Pressekonferenz am 31. August 1975 machte er der gestürzten Militärregierung den Vorwurf, daß sie aufgrund ihrer Entscheidungsunfähigkeit, ihrer mangelnden Initiative und ihrer unverständlichen Haltung gegenüber den Bedürfnissen und Wünschen der Bevölkerung das Land in ein Chaos habe treiben lassen. Er beschuldigte die früheren, von Gowon ernannten State Governors, daß sie die jeweiligen Bundesstaaten quasi als ihren Privatbesitz betrachtet und sie dementsprechend behandelt hätten. Er bezichtigte sie des Nepotismus, der Korruption, der eigennützigen Verwendung von staatlichen Institutionen sowie einer unwürdigen Behandlung der traditionellen Stammesführer.

Aus dieser kurzen Aufzählung einzelner Sachverhalte wird deutlich, daß zu dem neuen Staatsstreich — ähnlich wie bei den vorangegangenen — die Summierung folgender Faktoren die Voraussetzung bildete: eine wachsende Entfremdung zwischen der Regierung und großen Teilen der mit ihr zusammenarbeitenden Führungsgruppen; sich steigernde Unzufriedenheit und Enttäuschung in der Bevölkerung, zunehmender Dissens zwischen den Mitgliedern der Militärregierung über die politischen Zielsetzungen sowie über die Fragen ihrer praktischen Durchführung.

V. Die Militärregierung von Murtala Muhammed und der gescheiterte Staatsstreich vom 13. Februar 1976

Wenn man die Zeit vor dem Sturz der Gowon-Regierung als durch ein Führungs-und Machtvakuum charakterisiert bezeichnen kann, so wurde dieses Vakuum von Gowons Nachfolger, Brigadier Murtala Muhammed, rasch gefüllt. Von Anfang an war sein Regierungsstil nicht nur durch Autorität, Phantasie und kompetente Fähigkeiten geprägt, um die schwierigen Probleme des Landes zu meistern, sondern er bemühte sich auch darum — soweit es die Umstände unmittelbar nach dem Staatsstreich zuließen—, seine politischen Vorstellungen mit denen der nigerianischen Bevölkerung in Übereinstimmung zu bringen.

Ein neues Datum — der 1. Oktober 1976 — wurde als Stichtag für den Wechsel zu einer zivilen Regierung festgesetzt und eine Verfassungskommission zur Ausarbeitung einer neuen nigerianischen Verfassung eingesetzt. Aber die größten Errungenschaften erzielte die Regierung von Muhammed in den strittigen Fragen der Neugliederung, der Korruption, der Überlastung der nigerianischen Häfen sowie der Entlassung der State Governors, der Bevollmächtigten und anderer korrupter Beamter. Auf die kontroversen Standpunkte bei der Forderung nach mehr Bundesstaaten sowie die damit zusammenhängende Beeinträchtigung der politischen Stabilität ist bereits eingegangen worden. Sofort nach der Regierungsübernahme wurde eine Kommission eingesetzt, welche die Forderung nach weiteren Staaten und die Frage, ob Lagos als Bundes-hauptstadt noch geeignet sei, zu überprüfen hatte. Der Bericht der Kommission, der von der Regierung angenommen wurde, empfahl die Schaffung von weiteren sieben Bundesstaaten. Ferner sollte die Hauptstadt von Lagos fort in einen zentral gelegeneren Teil des Landes verlegt werden.

Ganz abgesehen von der Frage der politischen Zweckmäßigkeit stand hinter der raschen Entscheidung Muhammeds über die Neugliederung der Wunsch, diese Angelegenheit so schnell wie möglich und ein für allemal zu erledigen, zugleich aber der neuen föderalistischen Struktur ein sicheres Fundament zu verleihen, das in Zukunft stärker der politischen Stabilität des Landes dienen würde.

Eine andere wichtige Maßnahme der neuen Regierung war ihr Kampf gegen die militärisch-bürokratische Korruption. Nicht nur die früheren State Governors wurden entlassen, sondern auch insgesamt etwa 10 000 Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes. Untersuchungen über Korruption, Inkompetenz und Unterschlagungen wurden auf allen Ebenen durchgeführt. Wenn dabei auch die Kriterien und Maßstäbe vielleicht etwas zu hart oder zu subjektiv angewandt wurden, so war man in der Bevölkerung doch damit zufrieden, daß endlich etwas getan wurde. Um ihr positives Image noch weiter zu verbessern, schaffte die Regierung Muhammed das Schulgeld im Mittelschulbereich ab, ergriff nahmen gegen die Inflation und verbesserte die Benzinversorgung. Um mit dem Problem der Überlastung der nigerianischen Häfen fertig zu werden, beschloß die Regierung, sofort die weitere Einfuhr von Zement zu stoppen. Gowon hatte in unverantwortlicher Weise mehr als zwanzig Millionen Tonnen im Ausland bestellt, wovon allein sechzehn Millionen Tonnen vom Verteidigungsministerium geordert worden waren

Wenn man die politische Leistungsfähigkeit der Regierung Muhammed sowie seine allgemeine Popularität in der Bevölkerung berücksichtigt, dann stellt sich zwangsläufig die Frage: Warum wurde versucht, seine Regierung so rasch zu verdrängen? Warum wurde Regierungschef Murtala Muhammed ermordet?

Erste vorläufige Stellungnahmen der gegenwärtigen Militärregierung unter Lt. General Olusegun Obasanjo lassen zwei Motive für den letzten Staatsstreich vom 13. Februar 1976 erkennen: Aufgrund von Indizien kann gesagt werden, daß General Gowon im Hintergrund dieses Staatsstreichs eine Rolle spielte. Der zweite Grund könnte die Befürchtung der am Staatsstreich Beteiligten sein, Nigeria würde — u. a. wegen seiner Haltung zu den Ereignissen in Angola — in das kommunistische Lager überwechseln; der Staatsstreich habe also die frühere Neutralitätspolitik wiederherstellen wollen. Wenn man diese Behauptung als seriös einstuft, dann bedeutet das, daß mit großer Wahrscheinlichkeit starke Einflüsse von außen mit im Spiel gewesen waren. Schließlich: Obwohl der maßgebliche Anführer bei dem Umsturzversuch, Lt. Col. Dimka, zu derselben ethnischen Gruppe gehört wie General Gowon, wurden Zusammenhänge in dieser Richtung sofort bestritten.

Wenn man jedoch die strukturelle Instabilität der Eliten berücksichtigt, die mehr oder weniger eine Art Prädisposition für die willkürliche Entfernung oder gar physische Eliminierung von Personen mit einflußreichen Stellungen in der nigerianischen Gesellschaft geschaffen hat —, so könnte man behaupten, daß der Staatsstreich vom 13. Februar 1976 nicht so sehr auf einem etwaigen Legitimati-onsverlust der Regierung Muhammed beruht, sondern eher auf einem generellen Mangel an Legitimität, der allgemein den politischen Prozeß in Nigeria seit der Erlangung der Unabhängigkeit kennzeichnet.

Eine konkrete Ursache für den versuchten Regierungsumsturz dürfte ferner in den Massenentlassungen von hohen Beamten der Gowon-Regierung liegen, die allesamt durch ihre Ämter über erhebliche wirtschaftliche und soziale Vorteile verfügten. Die innenpolitischem Auswirkungen eines solchen massenhaften Ämterwechsels hat bereits in klassischer Weise Alexander Hamilton beschrieben: „Unter den am schwierigsten zu überwindenden Hindernissen, denen sich eine neue Regierung gegenübersieht, können die Interessen einer bestimmten Gruppe von Männern genannt werden, die sich allen Veränderungen widersetzen, wenn diese eine Verminderung ihrer Macht, ihrer Einkünfte oder sonstiger Privilegien ihres Amtes beinhalten.

Wie bereits bei der Darstellung der drei vorangegangenen Staatsstreiche gezeigt worden ist, so ist auch bei dem versuchten Regierungsumsturz vom 13. Februar 1976 festzustellen, daß kein bestimmter Faktor allein ursächlich war, sondern eine Reihe von Umständen. Diese wiederum können jeweils nur vor dem Hintergrund der besonderen politischen Interaktionen und des eigentümlichen Milieus innerhalb der Militärregierungen in Nigeria verstanden werden — wozu diese Abhandlung einigen Aufschluß geben sollte.

Das wichtigste Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist, daß das nigerianische Militär trotz seiner Verfügung über den staatlichen Machtapparat nur begrenzte Fähigkeiten und Möglichkeiten besitzt, um eine revolutionäre Situation zu schaffen und aufrechtzüerhalten, die von vielen als eine notwendige Voraussetzung für sozialen Wandel, Entwicklung und die Gewinnung politischer Stabilität erachtet wird. Ein Grund dafür ist die Tatsache, daß — anders als bei den Streitkräften in entwickelten Ländern — in Nigeria die militärischen Institutionen weitaus stärker in die sozialen Strukturen des Landes eingebettet sind. Dadurch werden die Armeeoffiziere oft zu bloßen Figuren auf dem Schachbrett der divergierenden, ja, sich bekämpfenden politisch-gesellschaftlichen Interessen. Von daher wird verständlich, wenn nach einer Machtübernahme durch das Militär dessen politische Zielvorstellungen und Realisierungsversuche sich letztlich kaum von denen einer zivilen Regierung unterscheiden. Diese Schlußfolgerung stimmt mit derjenigen von Aristide R. Zoiberg überein, der feststellt: „Nirgendwo (im tropischen Afrika) konstituiert das Militär eine Elite oder einen Stand . . ., der sich nach seiner Erziehung, Rekrutierung oder gesellschaftlichen Verhaltensweise von anderen Gruppen potentieller politischer Führer unterscheidet ... Offiziere sind kein Kreis besonderer Personen, die über das genügende Maß von Solidarität und Fähigkeit verfügten, dem Land, das sie regieren, eine völlig neue Struktur aufzuprägen. .. Eine Regierungsübernahme durch Soldaten und die Herrschaft von Offizieren wird niemals eine Revolution im tropischen Afrika bewirken können, vielleicht aber eine begrenzte Veränderung der bestehenden Verhältnisse."

Fussnoten

Fußnoten

  1. Es handelt sich hier um die aktualisierte Fassung einer Untersuchung, die bereits vor dem mißglückten Staatsstreich vom 13. Februar 1976 begonnen wurde. Die wichtigsten Fakten zu dieser Abhandlung wurden vom Autor im Sommer 1975 anläßlich eines Aufenthaltes in Nigeria zusammengetragen.

  2. Federal Republic of Nigeria, Dekret Nr. 34, in: Official Gazette Nr. 51 vom 24. 5. 1955, A 153. 24. 5. 1955, A 153.

  3. Federal Republic of Nigeria, Memorandum der Delegationen an die Ad-hoc-Konferenz über Verfassungsvorschläge für Nigeria, Lagos 1966.

  4. Eine interessante chronologische Dokumentation über die politischen Ereignisse in Nigeria 1966 bis 1970 findet sich bei A. H. M. Kirk-Green, Chrisis and Conflict in Nigeria — A Docomentary Sourcebook 1966— 1970, 2 Bde., London 1971; vgl. ferner Frederic Forsyth, The Biafra Story, London 1969.

  5. „Gowon Broadcast to the Nation", Lagos, 27. 5. 1967 (Veröffentlichung des Informationsministeriums).

  6. Sam Aluko, The Issue of States, in: Africa, Nr. 44, April 1975, S. 18— 24.

  7. Ebenda, S. 23.

  8. Ebend S.23

  9. O. Adejuyigbe, The Size of States and Political Stability in Nigeria, in: African Studies Review, Vol. XVI, Nr. 2, September 1973, S. 157— 182.

  10. Ebenda, S. 173.

  11. Zitiert in: Africa, Nr. 41 vom Januar 1975, in dem Aufsatz von Peter Enahoro: Nigeria: Gowon's Quiet Coup, S. 13.

  12. J. J. Rousseau, Der Gesellschaftsvertrag.

  13. Vgl. u. a. besonders die Aufsätze von L. W. Pye und M. Halpern, in: John J. Johnson (Hrsg.), The Role of the Military in Unterdeveloped Countries, Princeton 1962, S. 68— 89 sowie S. 253— 280. Vgl. ferner Ernest W. Lefever, Spear and Scepter: Army, Police, and Politics in Tropical Africa, Washington 1970.

  14. Vgl. Alan Rake, Natural Gas — No longer Money to Burn, in: African Development, März 1975, S. N 61.

  15. Newsweek vom 11. August 1975: „The Coup in Nigeria" (S. 20 ff.)

  16. Opanyeni Ola, Oil Wealth and Poverty, in: Sunday Times (of Nigeria), 25. Mai 1975, S. 5.

  17. Für eine allgemeinere Untersuchung dieses Phänomens vgl. S. E. Finer, The Man on Horseback. The Role of the Military in Politics, London 1962, bes. S. 40— 58; ferner Morries Janowitz, The Military in the Political Development of New Nations, Chicago 1964. , s

  18. Selbst ein so bedeutendes Mitglied der Militär-hierarchie wie der aus dem Norden stammende Offizier Hassan Katsina bestätigte, daß „der Staatsstreich vom Juli (1966) kein Krieg zwischen Nord und Süd (war), sondern ein Mißverständnis zwischen einzelnen Angehörigen der Streitkräfte". Zit. bei Ruth First, a. a. O., S. 313.

  19. S. P. Huntington (Hrsg.), Changing Patterns of Military in Politics, New York 1962, S. 32 ff.

  20. Vgl. W. F. Gutteridge, Military Regimes in Africa, London 1975, S. 112 ff.

  21. Vgl. E. Shils, The Military in the Political Development of the New States, in: J. J. Johnson (Hrsg.), a. a. O., S. 31.

  22. The Military in Political Development, a. a. O., S. 65 f.

  23. Ebenda, S. 31: „Hierarchische Würde, Respekt vor Vorgesetzten, Sorge um die Untergebenen, Solidarität und Konvention schaffen bei Berufssoldaten eine Neigung zu denselben Wertvorstellungen in der zivilen Gesellschaft."

  24. Eine gründliche Untersuchung und Analyse dieser Verhältnisse mit besonderer Berücksichtigung Afrikas findet sich bei Richard Sandbrook, Patrons, Clients, and Factions: New Dimensions of Conflict Analysis in Africa, in: Canadian Journal of Political Sience, Vol. V, Nr. 1, März 1972, S. 104 bis 119.

  25. Zum Begriff der „accelerators“ vgl. Chalmers Johnson, Revolution and the Social System, Hoover Institution Studies Nr. 3, Standford 1964, S. 8.; ferner ders., Revolutionary Change, Boston 1966. Zum Begriff „precipitants“ vgl. H. Eckstein, On the Etiology of Internal Wars, in: History and Theory, Vol, 1965, S. 133— 163, bes. S. 140.

  26. Revolution and the Social System, a. a. O. r S. 8.

  27. Hunderte von Schiffen lagen zu gleicher Zeit auf Reede und konnten wegen der Überlastung der Häfen oft erst nach einem halben Jahr entladen werden — nachdem der Zement zumeist verdorben war.

  28. Vgl. Donald G. Morrison/Hugh M. Stevenson, Integraton and Instability: Patterns of African Development, in: The Amerikan Political Science Review, Vol. 66, September 1972, S. 902— 927, bes. S. 908 zur Begriffsdefinition.

  29. Alexander Hamilton, The Föderalist Papers, hrsg. von Clinton Rossiter, New York 1961, S. 33 f.

  30. A. R. Zoiberg, Military Rule and Political Development in Tropical Africa: A Preliminary Report, in: J. van Doorn (Hrsg.), The Military Profession and Military Regimes, Den Haag 1969, S. 198.

Weitere Inhalte

Patrick E. Ollawa, Dr. phil., M. A.; geb. 7. Oktober 1941; nach dem Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie sowie des Staats-und Völkerrechts in Bonn seit 1973 Dozent für Vergleichende Regierungssysteme und Entwicklungspolitik an der University of Zambia, Lusaka; 1975/73 Research Fellow der Ford Foundation und gegenwärtig mit einer empirischen Forschungsarbeit über Partizipation und Entwicklung in Sambia beschäftigt. Veröffentlichungen u. a.: Demokratie und nationale Integration in Nigeria. Eine multivariable Analyse der Spaltungs-und Spannungsstrukturen des „NationBuilding" -Prozesses in einem afrikanischen Staat (1960 bis 1965), Frankfurt 1973; Gruppenziele versus gesamtgesellschaftliche Ziele. Probleme des ethnischen und des funktionalen Pluralismus, hrsg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung, in: Die Entwicklungspolitik afrikanischer Regierungen, Bonn 1972; Labour and Politics in Nigeria 1945— 1971 (Review Article), in: Journal of African Social Research, Vol. 19, June 1975; Modern and Traditional Elites in the Politics of Lagos (Review Article), in: Journal of African Social Research, Vol. 21, June 1976; Towards a Dynamic Model for Rural Development in Africa: Concepts, Issues and Methodology — vorgelegt bei der Conference of the Eastern Africa Social Science Research Consultative Group on Rural Transport and Rural Development, Äthiopien, 14. — 19. 4. 1976.