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Vom Ersatzdienst zum Zivildienst Bestandsaufnahme und Ausblick | APuZ 4/1975 | bpb.de

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APuZ 4/1975 Artikel 1 Jugend im Spannungsfeld von Schule und Betrieb Möglichkeiten gesellschaftspolitischer Bildungsarbeit Vom Ersatzdienst zum Zivildienst Bestandsaufnahme und Ausblick

Vom Ersatzdienst zum Zivildienst Bestandsaufnahme und Ausblick

K. Dieter Hartwig

/ 25 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Mit der Diskussion über eine mögliche Abschaffung des Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer (KDV) rückt der alternativ zum Wehrdienst abzuleistende Dienst, den es in den ersten Jahren der allgemeinen Wehrpflicht nicht gab, ins Blickfeld. Dieser ist trotz der 1973 geänderten Bezeichnung in „Zivildienst" immer noch ein Ersatzdienst. Allerdings ist inzwischen ein Funktionswandel festzustellen: Ehedem wurde der zivile Ersatzdienst als „Garant von Wehrgerechtigkeit und Gleichbehandlung" verstanden; gleichzeitig ließ er sich durch eine einseitige Berichterstattung über Kriegsdienstverweigerer zu einer gewissen Herabsetzung dieser Minderheit und damit zur Verhinderung bzw. Einschränkung der Kriegsdienstverweigerung verwenden. Heute hingegen nehmen „Zivildienstleistende" eine Lückenbüßerfunktion im Sozialbereich wahr, wo aufgrund fehlender Mittel ein erheblicher Personalfehlbestand vorhanden ist. Gleichzeitig kann die Bundesrepublik ihrem Anspruch, ein sozialer Rechtsstaat (Art. 28, 1 GG) zu sein, heute und erst recht in der Zukunft nur mittels „billiger Arbeitskräfte" gerecht werden, wie es z. B. dienstpflichtige KDVs sind. Die sich anbietende Lösung beider Probleme, nämlich eine allgemeine Dienstpflicht einzuführen, erscheint aus naheliegenden Gründen (Arbeitsdienst) problematisch. Sie braucht auch nicht eingeführt zu werden, denn die allgemeine Wehrpflicht ermöglicht bereits eine allgemeine Sozialdienstpflicht. Indem das Anerkennungsverfahren zugunsten einer freien Entscheidung für Wehrdienst oder Zivildienst entfällt, ergibt sich auch die NotWendigkeit und Chance zur Neubewertung dieses Zivildienstes jenseits der Kriegsdienst-verweigerung: Zivildienstleistende können dann eine wichtige Dienst-und Mittlerfunktion zwischen Gesellschaft und Randgruppen im Sozialbereich übernehmen.

Zivildienst? — Ziviler Ersatzdienst!

Aus den Reihen der FDP-Fraktion sowie vom Bundesminister der Verteidigung sind Initiativen bekanntgeworden, deren Ziel die Abschaffung des Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer ist. Seitens der CDU-Bundestagsfraktion wird in diesem Zusammenhang von „Freie Bahn für Drückeberger?" gesprochen und ein Antrag der Abgeordneten Tübler, Wörner u. a. hat die . Verbesserung'des Anerkennungsverfahrens, nicht aber seine Abschaffung zum Inhalt

Die Diskussion um das Anerkennungsverfahren wurde lange Zeit vornehmlich mehr oder weniger am Rande der politischen Öffentlichkeit von den Betroffenen selbst und deren Organisationen geführt. Unterstützung erhielten sie dabei vor allem von Vertretern kirchlicher Organisationen. Die Parteien hielten sich bis auf wenige engagierte Abgeordnete weitgehend zurück. Nun hat sich die Auseinandersetzung um das Anerkennungsverfahren in die Öffentlichkeit verlagert. Damit wurde auch die Diskussion um Kriegsdienstverweigerung und um den alternativ zum Wehrdienst abzuleistenden Dienst — Zivildienst oder Ziviler Ersatzdienst genannt — neu entfacht. Soweit bei aufmerksamer Beobachtung der früheren und jetzigen Diskussionen um Anerkennungsverfahren und Kriegsdienstverweigerung erkennbar, wurde die Funktion des . Alternativdienstes'nur unzureichend einbezogen, von einer Untersuchung und sachlichen Würdigung ganz zu schweigen. Dieser Unterlassung bemüht sich der vorliegende Beitrag entgegenzuwirken. Es soll daher im Rückgriff auf die . Geschichte des Zivilen Ersatzdienstes'

der derzeitige und zukünftige Charakter des Zivildienstes in der Bundesrepublik Deutschland dargelegt werden.

Diese Untersuchung wendet sich sowohl an jene junge Menschen, die in absehbarer Zeit (MdB v. Schoeler, F. D. P., rechnet mit 1975)

frei, also ohne drohende Nachweispflicht einer Gewissensentscheidung, vor die Frage . Wehrdienst oder Zivildienst'gestellt sind. Ihnen soll eine Entscheidungshilfe gegeben werden.

Sie wendet sich auch an Eltern und Lehrer.

Schließlich ist die bisher unzureichend informierte Öffentlichkeit angesprochen, sich Gedanken zum Charakter und zur Funktion des Zivildienstes in der Bundesrepublik Deutschland als . sozialer Rechtsstaat'(Art. 28, 1 GG)

zu machen.

Was heute . Zivildienst'heißt, wurde noch bis Sommer 1973 offiziell , ziviler Ersatzdienst'genannt. Anerkannte Kriegsdienstverweigerer, die zum zivilen Ersatzdienst einberufen wurden, hießen im täglichen Sprachgebrauch . Ersatzdienstler'oder einfach , EDLs’. Die entsprechende neue Bezeichnung . Zivildienstler'hat sich nach der Verabschiedung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst am 25. Juni 1973 zuerst 'schleppend, dann aber wohl doch allgemein durchgesetzt. Dennoch wird in diesem Beitrag vorwiegend der Begriff . Ersatzdienst'statt . Zivildienst'und . Ersatzdienstler'statt . Zivildienstler'verwendet werden. Dies hat seine Begründung in folgendem: 1. Es darf nicht vergessen werden, daß der , Zivildienst'an Stelle des Wehrdienstes geleistet wird. Ohne die allgemeine Wehrpflicht gäbe es den Zivildienst nicht, dieser ist somit weiterhin ein Ersatz-Dienst Indem statt der ursprünglichen Bezeichnung . ziviler Ersatz-dienst'nun die Alternative zum Wehrdienst . Zivildienst'genannt wird, gerät tendenziell diese unaufhebbare logische Verbindung in Vergessenheit, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, bleibt hier noch unerörtert.

2. . Zivildienstler'leisten in der Tat . Ersatz', bzw. hat ihr Dienst Ersatz-Funktion und zwar im Sozialbereich. Dessen personelles Defizit ist weithin bekannt. Der Zivildienstbeauftragte Iven sprach anläßlich einer Diskussion des damaligen Bundespräsidenten Gustav Heine-mann mit Zivildienstleistenden am 10. Juni 1974 von 30 000 unbesetzten Arbeitsplätzen im sozialen Bereich, so daß hier . kaum ein Engpaß zu erwarten sei Anders gesagt: es wird wohl niemand im Ernst behaupten wollen, jene Tätigkeiten, die von . Zivildienstlern'ausge. übt werden, seien in der Weise künstlich geschaffen, daß ihre Wahrnehmung eigentlich überflüssig sei, daß sie also nur aus Gründen der Wehrgerechtigkeit zur Beschäftigung von Kriegsdienstverweigerern geschaffen seien. Eine eingehendere und grundsätzlichere Auseinandersetzung mit der Problematik und den Implikationen der Verknüpfung von allgemeiner Wehrpflicht und Zivildienst im Sozialbereich erfolgt im weiteren Verlauf dieses Beitrages. Hier ging es vorerst allein darum, die nach dem Gesetz . falsche'Verwendung der Begriffe . ziviler Ersatzdienst'und . Ersatzdienstler'zu rechtfertigen und einsehbar zu machen.

Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer — Garant von Wehrgerechtigkeit und Gleichbehandlung?

Die Existenz des zivilen Ersatzdienstes als Alternative zum Wehrdienst für Kriegsdienstverweigerer nach Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes gründet sich auf Art. 12 a GG, wo es im Abs. 2 heißt: „Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen ..." Bis zur Einfügung des Art. 12 a in das Grundgesetz im Zuge der Notstandsgesetzgebung im Jahre 1968 galten als gesetzliche Grundlage für die Existenz des zivilen Ersatzdienstes aus dem Wehrpflichtgesetz die §§ 3 (Inhalt und Dauer der Wehrpflicht), 25 (Wirkung der Kriegsdienstverweigerung) und 26 (Verfahren). Während also erst 1968 die Praxis des zivilen Ersatzdienstes infolge der Kriegsdienstverweigerung grundgesetzlich geregelt wurde, gab es schon seit 1960 ein diesbezügliches Ausführungsgesetz: das Gesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 13. Januar 1960. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß durch einfaches Bundesgesetz die in Art. 4 Abs. 3 GG implizierte Ersatzmaßnahme zur Herstellung von Wehrdienstgerechtigkeit geregelt wurde. Damit ist die Intention genannt, die nach offizieller Aussage mit dem zivilen Ersatzdienst, bzw. mit der Einberufung anerkannter Kriegsdienstverweigerer zu diesem Ersatzdienst verfolgt wird:

Wehrdienstwillige und Kriegsdienstverweigerer sollen gerecht und gleichbehandelt werden. Vor allem Wehrdienstwillige sollen wissen, daß Kriegsdienstverweigerer wie sie selbst aus dem Berufs-und Erwerbsleben, aus der Ausbildung, aus dem Studium herausgerissen oder am Beginn vorerst gehindert werden. Durch diese gerechte Gleichbehandlung soll der eigene Nachteil leichter erträglic werden.

Wie ist es nun in der Praxis um die Einhaltung der Prinzipien von Gerechtigkeit und Gleich-behandlung von Wehrdiensttuenden und anerkannten Kriegsdienstverweigerern bestellt? Eine diesbezügliche Untersuchung muß mit einer Betrachtung der Geschichte des zivilen Ersatzdienstes beginnen, die zugleich die Geschichte des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst ist. Hier fällt zunächst der zeitliche Abstand zwischen Verabschiedung des Wehr pflichtgesetzes (7. Juli 1956) und Verabschiedung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst (13. Januar 1960) durch den Bundestag auf. Ohne näher auf die Entwicklung dieses Gesetzes eingehen zu können, sei hier festgestellt, daß die Verabschiedung des sog. Ersatzdienstgesetzes offensichtlich schwieriger in Bundestag durchzubringen war, als dieses vor der damaligen Bundesregierung angenommen wurde.

Die Frage, ob es bis 1960 keine Kriegsdienstverweigerer gegeben habe, ob dem Prinz von Gleichheit und Gerechtigkeit bis dahin also nicht nadizukommen gewesen wäre, ist natürlich rein rhetorisch. Die Bundesregierung rechnete bei der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht mit bis zu einer 30°/oigen Kriegsdienstverweigerer-Quote die allerdings nicht erreicht wurde. Tatsächlich wurden von 1956 bis 1961 nur 14 947 Anträge auf Kriegsdienstverweigerung gestellt von denen wiederum nur 4 562 Anerkennung fanden

Dieser Beitrag geht davon aus, daß das Anerkennungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer in absehbarer Zeit abgeschafft sein wird — selbst wenn Verteidigungsminister Leber es unter bestimmten Voraussetzungen eventuell wiederbelebt wissen möchte Bedenkenswert bleibt jedoch, daß zwischen 1957 und 1961 mindestens 4 550 anerkannte Kriegsdienstverweigerer keinen Ersatzdienst zu leisten brauchten, so daß zumindest in jener Zeit gegen die seit Ende der sechziger Jahre so sehr betonten Prinzipien von Wehrdienst-Gerechtigkeit und Gleichbehandlung eklatant verstoßen wurde.

Selbst nach der Verabschiedung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst wurden jene Prinzipien keineswegs konsequent verfolgt. Dies wurde vor allem von den Gegnern der vergleichsweise vorbildlichen Regelung über die Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz immer wieder herausgestellt. Die Tatsache, daß von den anerkannten Kriegsdienstverweigerern über lange Jahre hinweg ein geringerer Prozentsatz einberufen wurde als von Wehrpflichtgen, ist bekannt Sie kann und soll nicht geleugnet werden. Wichtiger als Zahlenvergleiche sind aber folgende Feststellungen: Von Anfang an bestehen Ausnahme-regelungen, bei denen der Verdacht gerechtfertigt erscheint, daß ihre Funktion in der . Glättung von Statistiken'besteht. So werden Studenten der Theologie gar nicht erst zum Wehrdienst eingezogen, sie brauchen also auch den Kriegsdienst nicht zu verweigern.

Möglicherweise ging man davon aus, daß gerade hier ein erhebliches Reservoir an Kriegs-dienstverweigerern mit echten Argumenten vorhanden war, mittels dessen die Zahl der Kriegsdienstverweigerer als , Infragesteller’ der offiziellen Außensicherheitspolitik hoch-getrieben worden wäre. Dies suchte man sich also durch die automatische Befreiung von der Wehrpflicht für diesen Personenkreis zu ersparen. Nicht einmal auf Antrag werden Theologiestudenten als Kriegsdienstverweigerer anerkannt — während sie jedoch freiwillig Wehrdienst leisten dürfen. Aber nicht nur für diesen Personenkreis wurden und werden Ausnahmen von der gegenüber Kriegsdienstverweigerern streng befolgten Regel von Gerechtigkeit und Gleichbehandlung gemacht, sondern auch für jenen, der „aus Gewissens-gründen gehindert ist, Ersatzdienst zu leisten, jedoch freiwillig ... in einer Kranken-oder Heil-und Pflegeanstalt tätig ist oder tätig war". So § 15 a Ersatzdienstgesetz. Dieser Passus wird allerdings nur auf eine Minderheit angewendet, wie etwa Mitglieder religiöser Sekten (z. B. die Zeugen Jehovas).

Wenn von Wehrungerechtigkeit gesprochen wird, meint man meist die oben erwähnten Kriegsdienstverweigerer, die ohne eine eigene Schuld aus Platzmangel nicht zum Ersatzdienst einberufen werden konnten. Kaum erwähnt aber wurde die Tatsache, daß es schon immer wehrdiensttaugliche Wehrpflichtige gegeben hat, die nicht zum Wehrdienst einberufen wurden. Sie brauchten also wie die anerkannten Kriegsdienstverweigerer nicht zu dienen — nur mit dem entscheidenden Unterschied, daß sie ein oft inquisitorisches Anerkennungsverfahren nicht zu durchlaufen hatten. Uber diese Problematik — erinnert sei nur an das Los-verfahren der sechziger Jahre, wobei erst nach der Musterung entschieden wurde, wer wirklich eingezogen wurde — gibt es keine öffentlich zugängliche Statistik. Inzwischen ist nun erkennbar geworden, daß die Zahl der nicht-einberufenen Wehrpflichtigen zu groß werden wird, daß also auch hier die Wehrungerechtigkeit — und eben nicht nur bezüglich der nicht-einberufenen Kriegsdienstverweigerer — unerträglich wird.

Zum einen nämlich war absehbar, daß die Wehrpflichtigen-Jahrgänge zahlenmäßig sehr viel stärker werden, zum anderen kann die hochtechnisierte Bundeswehr nicht mehr im selben Umfang wie früher kurzfristig dienende Wehrpflichtige einsetzen. Daher wurde schon am 9. Juli 1970 von der Bundesregierung die Wehrstruktur-Kommission eingesetzt, die Vorschläge zur Verwirklichung größerer Wehrgerechtigkeit entwickeln sollte Die Wehrstrukturkommission stellte dazu fest: „Die Heranziehung aller Wehrdienstfähigen ... ist nicht möglich ... Im Durchschnitt der nächsten zehn Jahre können jährlich 100 000 bis 150 000 Wehrpflichtige nicht eingezogen werden" Als Abhilfemaßnahme verfiel man auf eine Verkürzung der Wehrdienstzeit sowie auf die Möglichkeit einer Ausgleichswehrpflicht (die kaum Aussicht auf Realisierung haben dürfte, wie auch die Wehrdienstzeit kaum noch zu verkürzen ist). Gleichzeitig baute man die Ersatzdienstplätze aus: von 4 000 im Jahre 1970 auf 20 500 im Jahre 1974 mit dem Ergebnis, daß die Einberufungsquote bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern nun „etwas höher" liegt als bei wehrpflichtigen Soldaten Man sorgte also für Wehrgerechtigkeit bei Kriegsdienstverweigerern angesichts der Unmöglichkeit, gleiches im Bereich der Bundeswehr realisieren zu können. Wenn berücksichtigt wird, daß das Anerkennungsverfahren wegfällt, was möglicherweise schon beim drastischen Ausbau der Ersatzdienstplätze eine wesentliche Rolle spielte, mag die Konsequenz aus dieser sich abzeichnenden Entwicklung paradox anmuten, ihre Realisierung steht indessen zu erwarten: Für Dienstwillige kann es notwendig werden, sich gegen den Wehrdienst zu entscheiden, um über den Zivildienst der Dienstpflicht nachkommen zu könnenl Ging es bisher um die Frage . Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit bei der Einberufung zu Wehrdienst und Ersatzdienst', steht nun das Problem der Gleichbehandlung oder Ungleich-behandlung im Wehrdienst und Ersatzdienst an. In manchen Fällen scheint die Gleichbehandlung bis zum Extrem betrieben zu werden, in anderen wiederum ist es an den Ersatzdienstleistenden, auf Gleichbehandlung zu drängen. Groteske Formen hat die Verfolgung des Gleichbehandlungsprinzips beispielsweise bei der gemeinschaftlichen Unterbringung von Ersatzdienstleistenden angenommen. Konkret: die gemeinschaftliche Unterbringung von Soldaten (Kasernierung) ist nach den militärischen Erfordernissen einer ständigen Bereitschaft und Verfügbarkeit sowie eines gemeinsamen Dienstes sinnvoll. Die gemeinschaftliche Unterbringung von Ersatzdienstleistenden nach § 31 Zivildienstgesetz erscheint dagegen von der Sache her keineswegs zwingend. Es sei denn, sie geschähe zum Zwecke einer besseren Überwachung der Ersatzdienstleistenden auch außerhalb der Dienstzeit. Denkbar ist auch, wenngleich selbstverständlich kaum nachprüfbar, daß über die Kasernierung von Ersatzdienstleistenden Prinzipien wie . Ordnung’, . Gemeinschaft’ und . Kameradschaftsgeist’ in Verfolgung eines bestimmten Erziehungsideals vermittelt werden sollen. Dies aber als Grundidee des Wehrdienstes nachzuweisen, würde sicherlich kaum gelingen, erst recht müßte ein solcher Versuch bezüglich des Ersatzdienstes scheitern. Solche Gedankengänge hinsichtlich der , Erziehungs‘-Funktion des Ersatzdienstes bieten sich allerdings auch deshalb an, weil in gemeinschaftlich untergebrachten Ersatzdienst-gruppen oftmals , strafversetzte'(, besserungsbedürftige'?) Ersatzdienstpflichtige eingewiesen werden. Schließlich sei an das am solidarischen Widerstand der Betroffenen und ihrer Helfer gescheiterte Modell , Sammellager Schwarmstedt'erinnert. Dort sollten 1969/70 150 Ersatzdienstleistende zentral, durch Stacheldraht und eigenen Wachdienst kontrolliert, untergebracht werden

Ist von dieser Ausformung von . Gleichbehandlung'auch nur ein kleinerer Kreis von Ersatzdienstleistenden betroffen (nur 10 % aller Ersatzdienstleistenden sind gemeinschaftlich untergebracht), so trifft die Regelung: 15 Monate Wehrdienst, aber 16 Monate Ersatzdienst alle Ersatzdienstleistenden. Begründet wird diese Diskrepanz mit den späteren Wehrübungen der Soldaten. Dabei kann rechnerisch nicht nachgeprüft werden, ob tatsächlich alle Reservisten der Bundeswehr mindestens einen Monat Wehrübungszeit , nachdienen'. Aber selbst wenn diese Praxis bei rein zeitbezogener Betrachtung nicht angreifbar wäre — sie erscheint sogar für den Ersatzdienstleistenden günstiger, weil er nicht später noch einmal aus dem Beruf oder der Ausbildung gerissen wird -bleibt doch die berechtigte Klage der Ungleich-behandlung. Die zu späteren Wehrübungen einberufenen Soldaten dienen ihren 16. Monat unter ungleich besseren finanziellen Bedingungen ab: sie erhalten in der Regel einen höheren Wehrsold, da sie mit der Entlassung meist noch befördert werden. Und es wird ihnen eine Verdienstausfallentschädigung, bzw. ein Unterhaltssicherungsgeld gezahlt. Dagegen leisten Ersatzdienstler ihren 16. Monat bei nicht höherem , Sold'als beim 14. und 15. Monat ab. Nur der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, daß erst mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst vom 25. 6. 1973 die Besoldungsordnung für Ersatzdienstleistende jener für Soldaten angeglichen wurde, so daß nun wenigstens auch Ersatzdienstler im Laufe ihrer Dienstzeit höhere Soldstufen erreichen können.

Zusammenfassend ist festzustellen: die dem zivilen Ersatzdienst offiziell und öffentlich erkennbar zugewiesene Funktion, Wehrgerechtigkeit und Gleichbehandlung zu gewährleisten, kann für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als nicht realisiert, bzw. nicht realisierbar betrachtet werden. Allerdings trifft diese Feststellung für Kriegsdienstverweigerer wie für Wehrdienstwillige zu, aber niemand wird sich wohl zu der Aussage verleiten lassen: eine Ungerechtigkeit gleicht die andere aus! Und vor allem wird diese Ungerechtigkeit in der Regel nur den als Drückebergern verrufenen Kriegsdienstverweigerern vorgeworfen. Nun kann es nur ein erster Schritt zum Verständnis des Wesens und der Funktion des zivilen Ersatzdienstes sein, die Brüchigkeit der mit ihm verfolgten Prinzipien von Gerechtigkeit und Gleichbehandlung nachzuweisen. Dies mußte mit einiger Ausführlichkeit am Anfang dieser Ausführungen geschehen. Anschließend nun sollen zwar nicht öffentlich genannte, aber dennoch erkennbare Ziele und Aufgaben, die mit dem zivilen Ersatzdienst verfolgt werden, dargestellt und untersucht werden.

Ersatzdienst — Mittel zur Diffamierung und Abschreckung einer Minderheit?

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist als Grundrecht seit der Existenz des Grundgesetzes in Art. 4 Abs. 3 gewährleistet, über die Intentionen, die mit der Aufnahme dieses Rechtes als Grundrecht an exponierter Stelle verfolgt wurden, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Am heftigsten wurde die Auseinandersetzung darüber in den fünfziger Jahren geführt, als es um den deutschen Wehr-beitrag und um die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ging Naheliegend erscheint die von Prof. W. Schätzel damals geäußerte Ansicht: »Man wollte der Welt gegenüber ein Bekenntnis pazifistischer Einstellung abgeben und die bis zum äußersten gequälte Bevölkerung darüber beruhigen, daß nie wieder Krieg und Kriegsdienst sein würde." — Dazu extrem, wenn nicht gar als Umkehrung des ursprünglich Gemeinten, muß die Interpretation K. Adenauers anmuten, der 1952 aus Art. 4 Abs. 3

GG eine allgemeine Militärdienstpflicht herauslesen wollte. Ohne sie wäre ja die Erwähnung eines Verweigerungsrechtes unnötig und überflüssig gewesen. Wer so denkt, wem die allgemeine Militärdienstpflicht als das Primäre erscheint, dem muß allerdings jeder, der sich auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung beruft, verdächtig erscheinen.

Nun kann die Inanspruchnahme eines Grundrechtes in der Bundesrepublik schwer durch direkte Maßnahmen verhindert werden. Daher wurde als Unterscheidungs-und wirksame Abschreckungsinstanz das sog. Anerkennungsverfahren eingebaut. Damit sollen in einem Gewissensprüfungsverfahren , echte'von . unechten'Kriegsdienstverweigerern geschieden werden., Echte'Kriegsdienstverweigerer waren jene, denen man nach gründlicher, quasi inquisitorischer Gewissensprüfung eine Gewissensentscheidung und damit das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zusprach. . Unechte'Kriegsdienstverweigerer waren jene, denen man eine solche Gewissensentscheidung nicht bescheinigen zu können glaubte. Diesen wurde vielmehr unterstellt, sie wollten sich vom lästigen Wehrdienst drücken, in der Hoffnung, wegen Platzmangels im Ersatzdienst auch zu diesem nicht herangezogen zu werden. Dieses umstrittene Anerkennungsverfahren soll nun wegfallen. Es war immer umstritten und in seiner Tauglichkeit sicherlich zu Recht anfechtbar. In einer unveröffentlichten Studie des Bundesministeriums der Verteidigung wurde 1972 ausgeführt, daß das Anerkennungsverfahren erst dann wegfallen könne, wenn der Ersatzdienst als Hemmungsschwelle gegen eine ausufernde Kriegsdienstverweigerer-, bzw. Drückeberger-Welle wirken könne. D. h. im Klartext: wenn es genügend Plätze für jede erwartbare Zahl von Kriegsdienstverweigerern gäbe!

Aber diese Funktion der Hemmungsschwelle nimmt der Ersatzdienst nicht erst jetzt ein und vor allem nicht allein gegenüber sog. Drückebergern. Vielmehr wurde seit seinem Bestehen der Ersatzdienst als tendenziell Druckmittel gegen jegliche Kriegsdienstverweigerung überhaupt angewendet. Als Zielgruppen wurden sowohl . potentielle Kriegsdienstverweigerer'wie auch , die Bevölkerung’, als das soziale Umfeld der Wehrdienstpflichtgen, in Betracht gezogen. Ohne auf die Problematik der Kriegsdienstverweigerung ausführlicher eingehen zu können sei hier nur erwähnt, daß es eines erheblichen Mutes bedarf, seiner Gewissensentscheidung gegen eine kaum hinterfragte gesellschaftliche Norm öffentlich Ausdruck zu geben.

Verlangte man vom wehrpflichtigen Soldaten eine Art , Eingangsprüfung', in der er seine gewissensmäßige Berechtigung und Befähigung zum Verteidigungsdienst nachweisen müßte, würde man wohl manches ernüchternde Schauspiel erleben Wer mitWehrpflichtigen näheren Kontakt z. B. in der Bundeswehr hat, wird sich ein wenig erfreuliches Bild vom Demokratieverständnis dieser jungen Menschen machen müssen. — Die Abschreckung möglicher Kriegsdienstverweigerer durch . Manipulation ihrer selbst sowie ihrer Umwelt'geschah im Wege der verächtlichmachenden oder der diskriminierenden Schilderung sowohl der Ersatzdienstleistenden als auch des Ersatzdienstes selbst. Erinnert sei an die in vielen Berichten verbreiteten einprägsamen Bilder vom . nachttopfschwenkenden, verweichlichten, weil langhaarigen’ Ersatzdienstler, dem der waffentragende, harte, entbehrungsbereite und vor allem ordentlich aussehende Wehrdiensttuende wirkungsvoll gegenübergestellt wurde.

Bereits in dem Kommentar zum Ersatzdienst-gesetz von 1960 wurde von Ersatzdienstleistenden vermeintlich Gleiches, tatsächlich aber , Höheres'verlangt als vom Wehrdiensttuenden: „Bei der Ableistung des zivilen Ersatzdienstes in Erfüllung der Wehrpflicht ... müssen alle Merkmale echten Dienstes erfüllt werden, hierfür müssen vorausgesetzt werden eine besondere Selbstzucht, nie ermüdende Hingabe, Einfühlungsvermögen sowie Geduld und nicht zuletzt ständige Selbstüberwindung des Ersatzdienstpflichtigen ..." Angesichts der Klagen über den , Gammeldienst'bei der Bundeswehr drängt sich einfach der Eindruck auf, daß hier von Ersatzdienstleistenden ohne sachliche Notwendigkeit mehr verlangt wird, als im militärischen Bereich erwartet, bzw. teilweise rigoroser nur unter Anwendung des Prinzips von und Gehorsam Befehl verwirklicht wird. Bewußtseinsmäßig findet eine Abwertung von Ersatzdienstleistenden in der Weise statt, daß sie als . schlapp'bezeichnet werden, weil die im Sozialbereich überwiegend unbrauchbaren soldatischen Tugenden dort eben nicht anzutreffen sind! Daß von Ersatzdienst-leistenden ganz andere Tugenden erwartet und erfüllt werden, wird oft unterschlagen.

Ein indirektes Eingeständnis der hier behaupteten Diffamierung und Abschreckung von potentiellen und tatsächlichen Kriegsdienstverweigerern findet sich in einem Bericht über ein Interview mit dem Zivildienstbeauftragten Iven: „Iven sorgt sich schließlich, daß bei nun auf unbestimmte Zeit fortbestehender Diskriminierung des Ersatzdienstes linksradikale Gruppen diese Chance für politische Zwecke ausschlachten werden" Insgesamt sind die . Wortmeldungen'vor allem kirchlicher Organisationen gegen die Diskriminierung und Diffamierung von Kriegsdienstverweigerern und Ersatzdienstleistenden . Legion'. So trugen Ivens Einsicht und das inzwischen verabschiedete Zivildienstgesetz, bzw. das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den zivilenEr satzdienst Erkenntnissen und Erfahrungen Rechnung, die , vor Ort’, also an den Einsatz-plätzen von Ersatzdienstleistenden, schon lange gemacht worden waren: Ersatzdienstleistende stellen in ihrer Lückenbüßer-Funktion überall dort eine echte Hilfe und Entlastung dar, wo man ihnen menschlich, d. h. in erster Linie un voreingenommen gegenübertritt und ihre Leistung anzuerkennen bereit ist.

Daß nämlich Ersatzdienstleistende trotz vorwiegend mangelhafter (einer in Ausbildung der Regel dreimonatigen militärischen und fachlichen Ausbildung von Soldaten steht nur eine kurze Einweisung am Arbeitsplatz und nur vereinzelt eine lehrgangsähnliche Einführung im zivilen Ersatzdienst gegenüber) zu durchaus brauchbaren Leistungen fähig sind, zeigt sich überall: in der Verwaltung einer Klinik, bei einer klinik-eigenen EDV-Anlage, sogar im Operationssaal. Dabei braucht der Extremfall eines ersatzdienstpflichtigen Diplomingenieurs in einem Strahleninstitut weder verschwiegen noch zu werden. So schlägt sich denn auch inzwischen das Lob für Ersatzdienstleistende regelmäßig in Zeitungsnachrichten nieder, wobei allerdings ebenso regelmäßig die Gleichung . Ersatzdienstleistender = Kriegsdienstverweigerer’ verschwiegen wird.

Es zeigt sich sogar, daß zunehmend mehr Ersatzdienstler direkt angefordert werden, daß sogar Ersatzdienstplätze unbesetzt bleiben mußten. 1972 sprach das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche z. B. von 25 °/o unbesetzten Plätzen, der CDU-Abgeordnete Wörner stellte in seinem schon erwähnten Beitrag 16 706 Plätzen nur 14 000 besetzte Plätze gegenüber, und im Weißbuch 1973/74 wird zum Stichtag 30. 9. 1973 von 3 800 unbesetzten Plätzen gesprochen! Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß von Wohlfahrtsverbänden und kirchlichen Trägern sozialer Einrichtungen in eben dem Maße Ersatzdienstplätze bereitgestellt werden könnten, wie sie benötigt werden. Voraussetzung ist aber, daß ihnen der finanzielle Beitrag von 15, 60 DM pro Ersatzdienstler und Tag erlassen würde. Zusätzlich zu den Arbeitsmöglichkeiten im Bereich der „Kranken-, Heil-und Pflegeanstalten" erschlossen sich inzwischen weitere Einsatzbereiche, die der Forderung der Kriegsdienstverweigerer nach einem . sozialen Friedensdienst'entsprechen. So war es kirchlichen Organisationen allein aufgrund des Einsatzes von Ersatzdienstleistenden möglich, bisher brachliegende Aufgaben z. B. in der Altenbetreuung und Nachbarschaftshilfe neu zu beleben oder überhaupt erst anzugehen. Die Südwestpresse (Ulm) meldete am 16. 10. 1974: „Ohne den Zivildienst würde hier (im Sozialbereich) ein absolutes Vakuum entstehen“, wobei sie den Geschäftsführer des Diakonischen Werkes der vangelischen Kirche zitierte. Damit sind die vorstellbaren Tätigkeitsfelder, deren notwendige Versorgung weder durch junge Menschen mit sozialem Engagement allein noch durch Kriegsdienstverweigerer möglich erscheint, nicht erschöpft. Weitere, wenngleich vor allem seitens der Ersatzdienstler und ihrer Organisationen sehr umstrittene Arbeitsbereiche wurden z. B. im Natur-und Umweltschutz, sowie im öffentlichen Dienst, z. B. bei Feuerwehr und Bundesbahn, gefunden. Gerade in Absicht, in Bereichen, bei denen der diesen . soziales Engagement in friedensdienstlicher Absicht'nicht erforderlich ist, Zivildienstleistende einzusetzen, ist eine Tendenzwende bezüglich der Einsatzmöglichkeiten erkennbar geworden. Dem entspricht aber noch keineswegs eine neue Beurteilung der kriegsdienst-verweigernden Zivildienstleistenden.

Früher wurde jeder Kriegsdienstverweigerer als potentielle Bedrohung der Verteidigungsbereitschaft betrachtet. Daher war das oberste Gebot, ihre Zahl und damit den Multiplikatoreffekt klein zu halten. Ohne eigene Schuld wurden und werden anerkannte Kriegsdienstverweigerer aus Platzmangel nicht zum Ersatzdienst herangezogen. Dabei soll nicht geleugnet werden, daß es mancher Wehrpflichtige unter Vergewaltigung seines Gewissens genau darauf angelegt hat solche Fälle aber boten die Möglichkeit, Kriegsdienstverweigerer insgesamt als Drückeberger zu diffamieren, wohingegen nicht-eingezogene Wehrdienst-willige allgemein beglückwünscht oder bedauert wurden, auf jeden Fall aber nicht Beschimpfungen hinnehmen mußten.

Heute nun gilt es zwar allgemein noch als . ehrenvoller', Wehrdienst zu leisten, aber es ist nicht mehr ehrenrührig, Zivildienst geleistet zu haben. Immerhin wird in der Regel auch nicht mehr unterstellt, daß der Zivildienstleistende sich im Prinzip gegen jeden Dienst zugunsten der Allgemeinheit gestellt habe.

Dieser Wende in der Beurteilung liegt über die guten Erfahrungen mit Ersatzdienstlern hinaus die grundsätzliche Erkenntnis zugrunde, daß sich Kriegsdienstverweigerer als Ersatzdienstleistende überall dort gut einsetzen lassen, wo aufgrund eines geringeren Prestige-wertes und schlechter Verdienst-und Arbeits-bedingungen das benötigte Personal nur schwer zu bekommen ist. Ja, es wird sogar die These nicht als überzogen gelten können, daß Ersatzdienstler überall dort eingesetzt werden sollen, wo sich eine erwerbswirtschaftliche Betätigung durch Private nicht lohnt, bzw. sie aus sozialpolitischen Gründen notwendig, aber unter erwerbswirtschaftlichen Bedingungen nicht praktikabel ist. Nun ist aber der — zunehmende — Bedarf nicht länger über das bisherige Rekrutierungssystem zu decken, da ja nur anerkannte Kriegsdienstverweigerer als Ersatzdienstler in Frage kommen. Darüber hinaus erschiene eine Konsequenz verblüffend: es kann zur gesellschaftlichen Forderung werden, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, damit die Bundesrepublik Deutschland ihrem grundgesetzlichen Selbstverständnis, ein sozialer Rechtsstaat (Art. 28 GG) zu sein, gerechter werden kann.

So ermöglicht nicht nur der geringere Bedarf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen die Abschaffung des Anerkennungsverfahrens, wie mit den Aussagen der Wehrstruktur-Kommission argumentierend der Eindruck in der Öffentlichkeit geweckt wird. Sondern diese Abschaffung, für die lange von Kriegsdienstverweigerern, ihren Organisationen und Helfern gekämpft worden ist, hat ihre Gründe auch in der einfacheren Rekrutierung einer ausreichenden Zahl von Zivildienstleistenden. Vorwiegend ökonomische und sozialpolitische Gründe haben so letztlich eine Veränderung der Verfahrensweise in der Wahrnehmung eines Grundrechts herbeigeführt.

Damit ist es möglich, die dem zivilen Ersatzdienst neuerdings, wengleich auch noch nicht offiziell, zugewiesene Funktion durch folgende Beziehung zwischen allgemeiner Wehrpflicht und zivilem Ersatzdienst zu beschreiben:

Die allgemeine Wehrpflicht ermöglicht auf dem Weg über den zivilen Ersatzdienst eine allgemeine Sozialdienstpflicht, ohne daß diese selbst gesetzlich eingeführt werden müßte.

Naheliegend erschiene es, gesetzlich eine . allgemeine Sozialdienstpflicht'oder eine . nationale Dienstpflicht'— wie erst kürzlich von H. Schueler in der ZEIT vorgeschlagen — einzuführen. Damit wäre auch dem Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG insofern besser nachzukommen, als junge Männer und Frauen zu einem Dienst zugunsten der Gesellschaft heranziehbar wären. Entsprechend der derzeitigen und wohl auch noch längere Zeit gültigen außenpolitischen Konstellation und sicherheitspolitischen Notwendigkeiten wäre der geringer werdende Bedarf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen dabei primär abzudecken, der größere , Rest‘ stände für andere Aufgaben zur Verfügung. Ähnliches wurde schon früher geplant, wie ein unveröffentlichter Entwurf der CDU für ein Gesetz zur . Neuordnung der Leistung persönlicher Dienste'zeigt. Sehr eindeutig brachte der Wehrbeauftragte F. Schultz die Begriffe in die . richtige'Beziehung zueinander, von dem die Frankfurter Rundschau zu berichten wußte: „Auf die Frage, ob es überhaupt möglich sei, eventuell entsprechend viele Plätze im Bereich des zivilen Ersatzdienstes zu schaffen, sagte Schultz: Wenn der Zivildienst zum Arbeitsdienst umgestaltet würde, sicherlich.'" Nun ist aber der Gedanke einer allgemeinen Dienstpflicht mit den Erlebnissen und Erfahrungen älterer Generationen vom quasi-militärischen Reichsarbeitsdienst her stark belastet. Um die Realisierungschancen eines solchen Vorhabens scheint es daher außerordentlich schlecht bestellt. Die Notwendigkeit aber bleibt, billige Arbeitskräfte für Einsatzbereiche zu erhalten, die sich durch die schon angedeuteten drei Komponenten auszeichnen: 1. Die anfallenden Aufgaben müssen bei Gefahr sozialer Unruhen wahrgenommen werden 2. Für Private sind diese Bereiche wegen geringer oder überhaupt nicht vorhandener Gewinnaussichten unattraktiv.

3. In den öffentlichen Haushalten jeder Ebene werden hierfür nur unzureichende Mittel bereitgestellt.

Kurz: Es handelt sich um nahezu alle Arten unterstützungsbedürftiger Dienstleistungsbetriebe, vor allem im Sozialbereich: Kranken-und Altenpflege, Kinder-und Behinderten-heime, allgemeine Klinikverwaltung, Feuerwehr, Bundesbahn und -post, ... die Liste ließe sich fortsetzen. Dabei geht es nicht darum, Ersatzdienstleistende an Stelle hochqualifizierten Personals einzusetzen. Vielmehr wäre dieses hochqualifizierte und knappe Personal von minderqualifizierten Arbeiten (Essensausgabe, Putzen, Wäschemangeln usw.) zu entlasten. Andererseits könnten über die Bereitstellung , billiger Arbeitskräfte'für minderqualifizierte Arbeiten die vorhandenen Mittel zur Einstellung allein hochqualifizierten Personals verwendet werden.

Was also sozialpolitisch unabwendbar ist, real-politisch aber undurchführbar erscheint, nämlich eine . nationale Dienstpflicht'einzuführen, ist über die Beibehaltung der . allgemeinen Wehrpflicht’ bei gleichzeitiger Entscheidungsfreiheit für Wehrdienst oder Zivildienst problemlos möglich!

Trotz mancherlei und sogar zunehmender Friedens-und Entspannungsbemühungen, trotz KSZE und MBFR erscheint eine zu optimistische Entspannungs-und Abrüstungshoffnung hinsichtlich einer schon bald zu erwartenden Realisierungschance auf unabsehbare Zeit verfrüht. Damit scheint auch jede Bundesregierung auf ebenso unabsehbare Zeit berechtigt, die allgemeine Wehrpflicht beizubehalten, von anderen, , demokratiepraktischen’, Gründen ganz abgesehen. Für den Friedens-wie auch für den Ernstfall wird selbst in einer hochtechnisierten Armee neben Spezialisten Bedarf an Wehrpflichtigen in der Schreibstube und beim einfachen Wartungsdienst bestehen, über eine so begründete Wehrpflicht ist ohne irgendwelche gesetzgeberischen Maßnahmen allein durch Wegfall des Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer die benötigte Anzahl Dienstpflichtiger im Sozialbereich usw. zu erhalten. Damit hat der Zivildienst weiterhin die Funktion eines Ersatzdienstes, nun aber nicht mehr für den verweigerten Kriegsdienst, Personal sondern für fehlendes infolge fehlender Mittel.

So wird denn auch die vorgenommene begriffliche Änderung von . ziviler Ersatzdienst’ in . Zivildienst'nur zu verständlich: im Zivildienst wird tatsächlich — noch — nichts anderes gemacht als im früheren zivilen Ersatzdienst. Neben der Namensänderung und mehr kosmetischer Veränderungen ändert sich nur das Rekrutierungssystem. Damit ist nun endgültig nicht mehr davon auszugehen, daß jeder Zivildienstleistende gleichzeitig Kriegsdienstverweigerer ist. Umgekehrt gebietet es aber die Fairneß, festzuhalten, daß weder früher, noch heute oder zukünftig jeder Wehrdienst-tuende auch ein begeisteter Soldat sein müsse.

Zivildienst jenseits der Kriegsdienstverweigerung

Die Entwicklung des zivilen Ersatzdienstes ist somit bis heute dargestellt: anfänglich wurde der Wehrdienst als Regelfall empfunden und ein Kriegsdienstverweigerer-Problem verschwiegen. Dann wurde das Gesetz über den zivilen Ersatzdienst eingeführt, mit dem man versuchte, der Kriegsdienstverweigerer Herr zu werden. Dem folgte Ende der sechziger Jahre parallel zu einem sprunghaften Ansteigen der Kriegsdienstverweigerer-Zahlen die Erkenntnis, daß Wehrgerechtigkeit schon allein wegen der zahlenmäßig stärker werdenden Geburtenjahrgänge nicht mehr zu gewährleisten sein würde. Nun zeichnet sich der Zivildienst ebenfalls als Regelfall ab. Die Frage stellt sich, ob mit der Abschaffung des Anerkennungsverfahrens ein Ende der Kontroversen abzusehen ist.

Wird nun nicht die Verweigerung des Zivil-dienstes von jenen mit Erfolg propagiert weren, die bisher und natürlich auch weiterhin im Zivildienst den Ersatzdienst für den Wehrlenst sehen, die Zivildienst als Ableistung der Wehrpflicht verstehen — und das nicht zu Unrecht. Ein Blick ins Grundgesetz und Wehrpflichtgesetz belehrt jeden schnell: § 3 Wehrpflichtgesetz: „Die Wehrpflicht wird durch den Wehrdienst oder im Falle des § 25 durch den zivilen Ersatzdienst (nun Zivildienst) erfüllt." Und tatsächlich ist der Fall mindestens eines . Wehrpflichtigen'bekannt dem nach Absolvierung seines Zivildienstes der Wehrpaß zugeschickt wurde, in dem vermerkt ist: „ 3. Der Inhaber des Wehrpasses unterliegt der Wehrüberwachung. * Die mögliche Argumentation potentieller Zivildienstverweigerer ist bekannt und braucht daher hier nur kurz umrissen zu werden: indem Zivildienstleistende als billige Ersatz-Arbeitskräfte überall dort bereitgestellt werden, wo nur für einen weit höheren Lohn (und oft nicht einmal dann) die Personalmisere ge-löst werden kann, wird es weiterhin möglich sein, etwa 20 % oder mehr des Bundeshaushaltes für Rüstung auszugeben statt für den Sozialbereich. Indem der Zivildienst erfolgreich verweigert würde, müßte eine Umverteilung vorhandener Mittel und damit eine Rüstungsbeschränkung auf nationaler Ebene stattfinden. So würde Verweigerung des Zivil-dienstes als Beitrag zur Friedensentwicklung verstehbar sein. So einleuchtend diese Argumentationshilfe erscheint, kann sich der Verfasser ihr bei kritischer Würdigung der sicherheits-und militärpolitischen Situation in Europa und in der Welt nicht anschließen. Das wünschenswerte Exempel mit der Abrüstung auf nationaler Ebene zu beginnen in der Erwartung, die anderen Staaten würden folgen, erscheint gegenwärtig ein existenzgefährdendes Risiko. Die Diskussion hierüber kann in diesem Beitrag nicht geführt werden Statt dessen sind Überlegungen zu einer positiven Ausgestaltung und Funktion des Zivil-dienstes als Abschluß dieses Beitrages anzustellen. Grundsätzlich darf niemals in Vergessenheit geraten, was durch die einfache Umbenennung von , ziviler Ersatzdienst'in . Zivildienst'leicht geschehen kann, wenn nicht geschehen soll: in der Regel haben sich Zivildienstleistende bewußt gegen den Kriegsdienst mit der Waffe entschieden, was umgekehrt in einer vergleichbaren Zielrichtung vom Wehrdiensttuenden nicht gesagt werden kann. — In der Entscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe manifestiert sich friedliches Bewußtsein und Potential für eine friedliche Gesellschaft. In der Entscheidung für den Zivildienst nach Wegfall des Anerkennungsverfahrens spiegelt sich zwar nicht unbedingt die Entscheidung gegen den Kriegsdienst in eben der Art wie beim Kriegsdienstverweigerer , alter Art'. Aber auch durch diese Entscheidung wird soziales Engagement erkennbar und aktiviert.

Insofern würden Wehrdienst und Zivildienst vom jeweiligen Selbstverständnis her zwei Komponenten der gleichen friedlichen Gesellschaft sein.

Wie Wehrpflichtigen eine demokratiepraktische Funktion zugeschrieben werden kann, nämlich Mittler zu sein zwischen Gesellschaft und ihrer militärischen Komponente, ist Zivildienstleistenden jenseits der alten und nicht nur begrifflich überholten Ersatzdienst-Funktion eine neue Funktion ähnlicher Qualität zuzuschreiben:

In einer sich zunehmend arbeitsteilig gestaltenden Gesellschaft verstärken und erhöhen sich die Barrieren zwischen Jungen und Alten, Produzierenden und Rentnern, Gesunden und Kranken, zwischen Starken und Schwachen bis hin zur totalen Undurchlässigkeit und Unüberwindlichkeit. Wer einmal . draußen'war, im Krankenhaus, im Pflegeheim, Haftanstalt oder Fürsorgeanstalt, findet kaum noch den Weg zurück in die Gesellschaft. Diese Barrieren durchlässiger werden zu lassen, kann von ihren spezifischen Rollenmerkmalen her die neue Funktion der Zivildienstleistenden im Sozialbereich sein.

Zivildienstleistende gehören diesem gesellschaftlichen . Außenbezirk'nur vorübergehend an. Sie sind ihm weder als Berufstätige noch als . Zwangsmitglieder'ausgeliefert. Betriebs-routine, Betriebsblindheit und Resignation sind beim zeitlebens berufsmäßig-mildtätigen Betreuungspersonal nur zu oft feststellbar — und nicht vorzuwerfen. Personallage und ständige Konfrontation mit Einzelschicksalen in großer Zahl sind hinreichende Gründe, um , abzustumpfen'. Genau diese nur zu verständliche Entwicklung braucht bei Zivildienstleistenden nicht einzutreten: zum einen werden sie nur relativ kurzfristig mit den in der Öffentlichkeit zu leicht tabuisierten Geschehnissen und Bedingungen im Sozialbereich konfrontiert. Zum anderen können sie zum Nutzen des Sozial-bereiches eigene Erfahrungen verschiedenster Art und Herkunft aus allen Bereichen der Gesellschaft einbringen. Durch ihren ständigen Kontakt mit der Gesellschaft und durch das gewährleistete . Zurücktreten'in die Gesellschaft können sie in dieser für . ihren'Sozialbereich wirken.

Dafür allerdings müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

1. müssen die Zivildienstleistenden selbst die Chance erkennen, die für sie selbst, für die Gesellschaft und besonders für freiwillig oder unfreiwillig dem Sozialbereich angehörende Menschen in dieser nur kurzfristigen Zusammenarbeit liegt;

2. müssen die Zivildienstleistenden und die Gesellschaft trotz der nicht wegzudiskutierenden Beziehung zwischen Wehrdienst und Zivildienst diesen als Beitrag für einen inneren, d. h. sozialen Frieden verstehen, bzw. anerkennen. Damit ergeht die am schwersten zu erfüllende Aufforderung allerdings an die Gesellschaft. An die Stelle jener früheren feindlichen und jetzt eher schein-neutralen Haltung gegenüber (kriegsdienstverweigernden) Zivildienstleistenden muß nun eine grundsätzlich positive, anerkennende Haltung treten. Zivildienstleistende müssen als ebenso notwendig und im Dienste aller stehend angesehen werden, wie dies bezüglich der Wehrdiensttuenden die Regel ist.

Vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche wurde jüngst vorgeschlagen, freiwillige Sozialarbeit voll auf Wehrdienst oder Zivildienst anzurechnen. Die Reaktionen von offiziellen Stellen und aus der Bevölkerung auf solche und andere Initiativen nicht nur des immer regen Diakonischen Werkes sind Gradmesser für den Bewußtseinswandel in der Beurteilung der Zivildienstleistenden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. MdB M. Wörner in der ZEIT v. 18. 10. 74, S. 5.

  2. Drucksache 7/2102 in der 106. Sitzung des 7. Bun-Nestages am 11. 6. 74, siehe: „Das Parlament", • 25/22. Juni 1974, S. 7. Im Problematik allgemein W Ua 2: iF. W. Seidler und H. Reindl, Kontrovers: den rpflicht — Kriegsdienstverweigerung — Zivil-Rima Wehrdienstgerechtigkeit, hrsg. von der pn eszentrale für politische Bildung, Bonn; ferner: we Maessen (Hrsg.), Kriegsdienstver-s" ChhgierareHr: ang, H.

  3. Siehe auch Art. 12 a, 2 GG, wo von „Ersatzdienst" gesprochen wird.

  4. Siehe Bericht in „WUB (was uns betrifft), Zeitschrift der Zivildienstleistenden in Baden-Württemberg, Wernau, Juli 1974, S. 13.

  5. Siehe: V. Möhle, Chr. Rabe, Kriegsdienstverweigerer in der BRD, Opladen 1972, S. 23 und Anm. 74.

  6. Vgl.: Weißbuch 1971/72, S. 87.

  7. Die sich anbietende Erörterung dieser Diskrepanz muß leider unterbleiben, siehe aber Möhle/Rabe, a. a. O.; G. Leder, Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Zur Problematik des Art. 4 ADs. 3 des Grundgesetzes, Freiburg i. Br. 1957;

  8. Siehe Frankfurter Rundschau v. 1. 10. 74, S. 1.

  9. Siehe Weißbuch 1971/72, S. 88.

  10. Dieser Begriff wird im Gegensatz zur Innen-Sicherheitspolitik verwendet, womit im wesentlichen eine Politik der sozialen Sicherheit, nicht der „polizeilichen" Sicherheit gemeint ist.

  11. So Pfarrer U. Finckh, siehe: Möhle/Rabe, a. a. O., S. 53.

  12. Siehe: Wehrstruktur-Kommission der Bundesregierung, „Wehrgerechtigkeit in der Bundesrepublik Deutschland", o. O. 1971; dies.. Die Wehrstruktur in der Bundesrepublik Deutschland, o. O., 1972/73.

  13. Ebd., S. 40.

  14. So H. Iven (Zivildienstbeauftragter) im SWF 3 am 26. 6. 74.

  15. Ebd.

  16. Siehe DER SPIEGEL 7/1970, S. 44.

  17. Nicht als „Ausnahmerecht", wie G. Leber im Juli 1972 meinte.

  18. Siehe hierzu ausführlich: Der Kampf um den .sehIbeitrag, Bd. 2 der Veröffentlichungen des In-i uts für Staatslehre und Politik e. V. Mainz, Mün-Mxuim ? U 1 1953, Ergänzungsband 1958, verkürzt:

  19. Eid und Gelöbnis sind keineswegs als dem Anerkennungsverfahren entsprechend zu betrachten.

  20. Bues, H., Kommentar zum Gesetz über den zivl len Ersatzdienst, Darmstadt 1960, S. 98.

  21. Siehe Frankfurter Rundschau v. 17. 10. 72 — e! ging damals um das abgelehnte Zivildienstgesetz.

  22. Es sei aber daran erinnert, daß die Zahl jener, die nur unter Vergewaltigung ihres Gewissens den Wehrdienst angetreten haben, sei es, weil sie das Prüfungsverfahren scheuten (sprachliches Unvermögen!), sei es, weil soziale Widerstände zu groß waren, sei es aber auch, weil sie nicht anerkannt wurden, unbekannt bleiben wird.

  23. DIE ZEIT v. 18. 10. 74, S. 4/5.

  24. In: Frankfurter Rundschau v. 26. 3. 73.

  25. Für Interessenten sei auf die sog. Disparitäten-theorie verwiesen, Claus Offe, Strukturprobleme des kapitalistischen Systems, Ffm 1972, ed. Suhrkamp 549; ders., Bürgerinitiative und Reproduktion der Arbeitskraft im Spätkapitalismus, in: Grossmann, Bürgerinitiativen — Schritte zur Veränderung?, Fischer-TB 1233, Ffm 1972.

  26. Art. 12 a.

  27. Siehe Frankfurter Rundschau v. 21. 10. 74, S. 2, Leserbrief v. G. Schmidt

  28. Siehe hierzu: J. Galtung, D. Senghaas, (Hrsg.), Kann Europa abrüsten?, München 1973.

  29. Die andere Argumentationskette: Zivildienstler werden als „Reserve-Armee" im nicht-industriellen Bereich guasi als Lohndrücker eingesetzt, bzw. bereitgehalten, soll hier nicht weiter verfolgt werden. Sie mag partiell dort stimmen, wo z. B. die Stelle eines hauptamtlichen Mitarbeiters zugunsten eines Ersatzdienst-Platzes gestrichen wird. Damit ändert sich aber nichts an der hier grundsätzlich herausgearbeiteten Funktion des Ersatzdienstes. Angesichts der rund 2 Millionen „Gast-Arbeiter", denen Arbeitsplätze im eigenen Lande zu schaffen oberstes Gebot ist, werden etwa 100 000 Zivildienstleistende später nicht als „Lohndrücker“ fungieren, bzw. mißbraucht werden können.

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K. Dieter Hartwig, M. A., geb. 1943 in Cuxhaven; Doktorand am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen; nach vierjährigem Wehrdienst Studium der Politikwissenschaft, Wirtschaftspolitik, Neuerer und Osteuropäischer Geschichte an der Universität Tübingen.