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Die Große Koalition in der parlamentarischen Diskussion der Bundesrepublik von 1949 bis 1965 | APuZ 33/1974 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 33/1974 Bevölkerungswissenschaft — Instrument zur Bevölkerungskontrolle? Geschichte, Methoden und gegenwärtige Tendenzen der Bevölkerungswissenschaft Die Große Koalition in der parlamentarischen Diskussion der Bundesrepublik von 1949 bis 1965

Die Große Koalition in der parlamentarischen Diskussion der Bundesrepublik von 1949 bis 1965

Heribert Knorr

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Zusammenfassung

Die Bildung der Großen Koalition Ende 1966 stellte nicht nur einen „tiefen Einschnitt in die historische, politische, parteipolitische und parlamentarische Entwicklung der Bundesrepublik" (Rainer Barzel), sondern gleichzeitig auch „ein gewagtes Experiment" (Helmut Schmidt) dar. Trotz der — gemessen am Idealtypus des parlamentarischen Regierungssystems — offensichtlichen Strukturdefekte einer derartigen Koalition war sie jedoch seit Bestehen der Bundesrepublik eine Möglichkeit, die — besonders in schwierigen politischen Situationen — von verschiedenen Seiten immer wieder erwogen und gefordert wurde. Der vorliegende Aufsatz gibt einen historisch-politischen Überblick über die Ansätze und Bemühungen um die Bildung einer großen Koalition in der Bundesrepublik von 1949 bis 1966. Die Analyse der jeweils für ein derartiges Regierungsbündnis eintretenden politischen Kräfte, ihrer Motive und Argumente im Kontext der jeweiligen politischen Situation macht deutlich, daß für die verantwortlichen Politiker „die Große Koalition nicht schon immer nur theoretisches Modell, sondern, . . . eine jederzeit mögliche, von vielen gewünschte Alternative gewesen (war)" (Johannes Gross), und erklärt auch die Gründe des Scheiterns dieser Bemühungen bis 1966.

Die nationale Notlage in Deutschland machte in der Frühnachkriegszeit die Zurückstellung der parteipolitischen Gegensätze und die Konzentration aller Kräfte erforderlich. In den Ländern der westlichen Besatzungszonen arbeiteten daher CDU bzw. CSU und SPD gemeinsam in Allparteienregierungen und Großen Koalitionen an der Bewältigung der Probleme des nationalen Wiederaufbaus

Der parteipolitische Antagonismus verschärfte sich jedoch in dem Maße, wie in der CDU die innerparteiliche Gruppe um Adenauer, die sich allen Sozialisierungstendenezn energisch widersetzte, die Oberhand über die Kräfte um die ehemaligen christlichen Gewerkschaftsführer Karl Arnold und Jacob Kaiser gewann, die „dem alten Wunschbild einer Vereinigung von Christentum und Sozialismus" anhingen und — ebenso wie die SPD — für eine Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und staatliche Wirtschaftsplanung eintraten. Nach Bildung der Bizone kam es bei der Besetzung des bizonalen Direktoriums zwischen den beiden großen Parteien zu einem folgenschweren Konflikt.

Die SPD, die in der Mehrzahl der Länder den Wirtschaftsminister stellte und auch auf die überzonale wirtschaftliche Entwicklung in ihrem Sinne Einfluß nehmen wollte, forderte als Bedingung für eine Koalition mit der CDU im Wirtschaftsrat, dem legislativen Organ der Bizone, den Posten des Direktors der Ve•rwal-tung für Wirtschaft. In der CDU war eine starke Minderheit bereit, im Interesse einer Großen Koalition dieser Forderung der SPD zu entsprechen; sie vermochte sich jedoch in der harten innerparteilichen Diskussion nicht durchzusetzen. Nachdem die SPD ein Kompromißangebot Adenauers verworfen hatte lehnte die bürgerliche Mehrheit des Wirt-schaftsrats aus CDU, CSU, DP und FDP ihren Vorschlag für die Gesamtbesetzung des Direktoriums ab und wählte den damaligen — noch parteilosen — bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Ludwig Erhard, zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft. Die SPD ging daraufhin im Wirtschaftsrat in die Opposition. Beide Entscheidungen waren von weitreichender Bedeutung für das zukünftige Verhältnis zwischen den großen Parteien, das sich — ungeachtet der weiteren Zusammenarbeit auf Länderebene — infolge wachsender sachpolitischer Meinungsverschiedenheiten auf überzonaler Ebene zunehmend verschlechterte. Zu den wirtschaftspolitischen Differenzen traten tiefgreifende außen-und innenpolitische Auffassungsunterschiede, die in den Verhandlungen des Parlamentarischen Rats und — trotz wiederholter Appelle führender Politiker an den „Einigungsund Tat-willen“ beider Parteien — besonders im Wahlkampf zum ersten deutschen Bundestag hart und kompromißlos ausgetragen wurden.

I. Die Entscheidung gegen die Große Koalition

1. Die Bemühungen um eine Große Koalition während der Regierungsbildung 1949 Das Wahlergebnis vom 14. August 1949, nach dem die CDU/CSU 139, die SPD 131, die FDP 52, die DP 17 und Splitterparteien 31 Sitze gewonnen hatten, brachte zwar keiner Partei die absolute Mehrheit, konnte aber insgesamt als Bestätigung der bisherigen Politik der Kleinen Koalition im Wirtschaftsrat interpre tiert werden. Adenauer, der den Wahlaus gang als Absage an die von der SPD vertrete ne sozialistische Politik betrachtete, versuch te noch in der Wahlnacht, die Koalitionsfragt dadurch zu präjudizieren, daß er seine feste Absicht ankündigte, auf eine Fortsetzung de bisherigen Koalition hinzuarbeiten In den folgenden Tagen ging es jedoch noch mehr um die Klärung der jeweiligen innerparteilichen Kräfteverhältnisse als um eine definitive Koalitionsaussage. Während führende Vertreter der Koalitionsparteien in in-und ausländischen Zeitungen ihre Bereitschaft zur Erneuerung der alten Koalition unterstrichen und der Parteivorstand der SPD angesichts der „mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Bürgerblockkoalition" seine Entschlossenheit zur Opposition betonte, bemühten sich sowohl in der CDU als auch in der SDP starke Kräfte um die Bildung einer gemeinsamen Regierung.

Vor allem die Ministerpräsidenten der Länder sprachen sich einstimmig für eine Große Koalition aus. Der sozialdemokratische amtierende Oberbürgermeister von Berlin, Frau Luise Schröder, erachtete für die Erledigung der „im Interesse Deutschlands unbedingt notwendigen Arbeit" ein derartiges Regierungsbündnis für unerläßlich und der sozialdemokratische Ministerpräsident von Hessen, Stock, deutete an, daß seine Partei eventuell Abstriche an ihrem Wirtschaftsprogramm vornehmen werde, um in eine Koalition mit der CDU eintreten zu können Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Arnold, einer der maßgeblichen Repräsentanten des Arbeitnehmerflügels der CDU, versuchte am 18. August in einem Gespräch, zu dem er andere führende Vertreter des Arbeitnehmerflügels mit eingeladen hatte, Adenauer für eine Große Koalition zu gewinnen, da seiner Meinung nach nur eine Regierung auf möglichst breiter Basis im Ausland die Interessen Deutschlands mit dem gebührenden Nachdruck vertreten konnte

Obwohl Arnold an die „politische Weitsichtigkeit“ der SPD appellierte, eine Regierungsbeteiligung nicht unbedingt von der Übernahme des Wirtschaftsministeriums abhängig zu machen, zeichnete sich immer deutlicher ab, daß der Streit um die Besetzung des Wirtschaftsministeriums und damit um den zukünftigen wirtschaftspolitischen Kurs die Koalitionsfrage entscheiden würde. Schon am 15. August hatte der Sprecher des SPD-Partei-vorstandes, Heine, erklärt, seine Partei werde sich nur an einer Regierung beteiligen, in de August hatte der Sprecher des SPD-Partei-vorstandes, Heine, erklärt, seine Partei werde sich nur an einer Regierung beteiligen, in der sie die Verantwortung für die Wirtschaftspolitik erhalte 12). Diesen Standpunkt bekräftigte der Parteivorstand in einer Entschließung am 17. August, in der er die Äußerungen des hessischen Ministerpräsidenten als „private Meinung" abtat, wozu „der hessische 1 Ministerpräsident von keiner Seite autorisiert worden" sei 13). Ebenso hartnäckig bestanden aber auch Teile der CDU/CSU, die vor einer Verwässerung des Regierungsprogramms warnten, auf der Besetzung des Wirtschaftsministeriums. Am 19. August betonte Erh August, in der er die Äußerungen des hessischen Ministerpräsidenten als „private Meinung" abtat, wozu „der hessische 1 Ministerpräsident von keiner Seite autorisiert worden" sei 13). Ebenso hartnäckig bestanden aber auch Teile der CDU/CSU, die vor einer Verwässerung des Regierungsprogramms warnten, auf der Besetzung des Wirtschaftsministeriums. Am 19. August betonte Erhard nach einem Gespräch mit Adenauer, er sei mit diesem „völlig darüber einig, daß, gleichgültig welche Lösung in der Regierungsbildung gefunden" werde, „auf keinen Fall die klare Linie unserer Wirtschaftspolitik angetastet werden" dürfe 14).

Die Uneinigkeit der CDU in der Koalitionsfrage wurde gefördert durch das Fehlen einer überzonalen Parteiorganisation und eines Parteigremiums, das eine für die gesamte Partei verbindliche Stellungnahme hätte abgeben können. Dazu war allein die neugewählte Bundestagsfraktion berechtigt, die aber erst für den 31. August zusammengerufen worden war. Um schon vor diesem Termin „im großen und ganzen zu einer einheitlichen Stellungnahme“ zu kommen 15), ergriff Adenauer in dieser ungeklärten Situation die Initiative und lud zur Beratung aller mit der Regierungsbildung zusammenhängenden Fragen eine Reihe von Landesvorsitzenden und andere führende Mitglieder von CDU und CSU für den 21. August in sein Haus nach Rhöndorf ein 16).

Durch eine wohlüberlegte Einladungstaktik 17) gelang es ihm dabei, die Zahl der Be-fürworter einer Großen Koalition unter den Teilnehmern auf eine unbedeutende und ungefährliche Minderheit zu beschränken. Sowohl Karl Arnold als auch einige andere einflußreiche Vertreter des Arbeitnehmerflügels fehlten bei diesem Gespräch, das Adenauer mit der Darlegung der Gründe, die nach seiner Ansicht gegen eine Koalition mit der SPD sprachen, einleitete. Er führte aus, daß das Wahlergebnis eine Absage an den Sozialismus jeglicher Schattierung und einen Auftrag zur Fortführung der sozialen Marktwirtschaft bedeute. Außerdem sei die Existenz einer starken Opposition im Parlament nötig, einmal, um der Gefahr des Aufkommens einer nationalistischen, außerparlamentarischen Opposition zu begegnen, und zum anderen, um die Bevölkerung an die Spielregeln des parlamentarischen Systems zu gewöhnen. Daher betrachte er es als „die logische Konsequenz der Wahl" wie im Wirtschaftsrat mit der FDP und der DP zu koalieren.

Gegen diese Absicht wandte sich eine Gruppe um den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Altmeier, und um Jacob Kaiser. Sie plädierte aus grundsätzlichen innenpolitischen Erwägungen für ein Zusammengehen mit der SPD und gab zu bedenken, ob man dieser nicht schon aus taktischen Gründen ein Verhandlungsangebot unterbreiten solle. Nach eingehender, teilweise heftiger Diskussion, in der der Widerstand der CSU gegen eine Große Koalition schließlich den Ausschlag gab, stimmten die Teilnehmer bei drei Gegenstimmen dem Vorschlag Adenauers zu und nominierten ihn als Kanzlerkandidaten der CDU/CSU.

Obwohl die Gesprächsrunde keine Legitimation hatte, für die Partei oder die Bundestagsfraktion zu sprechen, war damit eine Vorentscheidung über die zukünftige Regierung gefallen. Erhard stellte nach der Sitzung unmißverständlich fest, daß von Seiten der CDU/CSU kein Koalitionsangebot an die SPD ergehen werde, und selbst Jacob Kaiser nannte als mögliche Koalitionspartner die FDP und DP, da es Schumacher mit seinem Verhalten im Wahlkampf der CDU/CSU unmöglich gemacht habe, mit einem Koalitionsangebot an die SPD heranzutreten Auch der Partei-vorstand der SPD beurteilte in seiner Stellung»ahme die koalitionspolitische Situation in diesem Sinne: „Trotz vorangegangener Bemü-

hungen gewisser Kreise in der CDU, noch weiter die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie ins Auge zu fassen, hatte man sich in Rhöndorf darauf geeinigt, eine Regierung ohne die SPD zustandezubrin-gen. .. . Die SPD ist unverändert der Auffassung, daß die Zustimmung für einen Bundeskanzler Adenauer und einen Wirtschaftsmini-ster Erhard eine allzu starke Zumutung für die sozialdemokratischen Politiker wäre, die in einer solchen Regierung arbeiten müßten.“

Adenauer beeilte sich, diesen Beschluß durch die einzelnen Landesverbände sanktionieren zu lassen. Am 22. August informierte er in Anwesenheit von Ka August informierte er in Anwesenheit von Karl Arnold die nordrhein-westfälische Landtagsfraktion über das Gespräch von Rhöndorf und seine Koalitionsabsichten. Im Verlauf der Diskussion kam es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Arnold und Adenauer, dem die Fraktion aber am Ende das Vertrauen aussprach 21). Unter Verweis auf dieses Vertrauensvotum bestritt Adenauer am nächsten Tag vor der Presse die Existenz eines innerparteilichen Flügels, der gegen seine Koalitionsabsichten opponiere. Er betonte zwar nachdrücklich, daß allein die Fraktion die endgültige Entscheidung fällen könne, machte aber deutlich, daß er für seine Person den Rhöndorfer Beschluß für verbindlich halte: „Mit der Großen Koalition ist kaum zu rechnen. Wir werden im Effekt die Linie der Frankfurter Politik auch im Bundestag wiederfinden." 22) Der SPD-Sprecher sagte daraufhin „dieser Regierung den schärfsten Kampf" an

Während Adenauer die Koalitionsverhandlungen in seinem Sinne vorantrieb, versuchten die Anhänger einer Großen Koalition, durch Drohungen und beschwörende Appelle doch noch eine Wende herbeizuführen und die endgültige Entscheidung der Fraktion zu beeinflussen. In einer auf ihrer Konferenz auf dem Rittersturz bei Koblenz am 25. August einstimmig gefaßten Entschließung dr August einstimmig gefaßten Entschließung drängten die Ministerpräsidenten der Länder auf die Bildung einer Großen Koalition, da nur auf diese Weise die bestehenden Koalitionen in den Ländern aufrechterhalten werden könnten. Karl Arnold präzisierte in einer Pressekonferenz noch einmal seine Auffassung von der Notwendigkeit einer Großen Koalition 24). Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Böckler, versprach zwar ein loyales Verhalten der Gewerkschaften gegenüber jeder Regierungskoalition, ließ aber keinen Zweifel an ihrem Wunsch nach „einer möglichst großen Koalition" 25). Der sozialpo-litische Beirat der hessischen CDU forderte in einer Entschließung die Bildung der Großen Koalition, wobei er Adenauer das Recht bestritt, vor dem Zusammentritt der Fraktion im Namen der CDU bindende Erklärungen abzugeben. Im Landtagsgebäude in Düsseldorf kamen am 29. August etwa achtzig ehemalige christliche Gewerkschaftsfunktionäre — unter ihnen Karl Arnold, Landtagspräsident Gokkeln und das DGB-Vor August etwa achtzig ehemalige christliche Gewerkschaftsfunktionäre — unter ihnen Karl Arnold, Landtagspräsident Gokkeln und das DGB-Vorstandsmitglied Albers — zusammen, um Möglichkeiten zur Verhinderung einer Koalition ohne Beteiligung der SPD zu erörtern. Die Teilnehmer plädierten für »eine breite soziale Notregierung“, sahen aber im Hinblick auf die gleichzeitige Tagung des SPD-Parteivorstands in Bad Dürkheim und um die Einheit der CDU nicht zu gefährden, von der Verabschiedung und Veröffentlichung einer Entschließung ab 26).

Verlauf und Ergebnis der Tagung des SPD-Parteivorstandes am 29. und August in Bad Dürkheim verbauten dann die letzten Möglichkeiten für eine Große Koalition und machten alle weiteren Bemühungen aussichtslos. Bereits am 29. August erklärte der Sprecher der SPD, daß in den Diskussionen nicht mehr die Frage einer etwaigen Regierungsbeteiligung im Vordergrund, stehe, sondern die künftige Strategie und Taktik der SPD als Oppositionspartei. Die Bemühungen des Arbeitnehmerflügels der CDU um eine Große Koalition qualifizierte er als „Zeichen ohnmächtigen Protests und sehr später Versuche, gegen den übermächtigen Rechtskurs in der CDU zu opponieren". Er beharrte darauf, daß allein die politischen Vorschläge der SPD zum Ziele führen würden, räumte jedoch ein, daß sie für die bestimmenden Kräfte in der CDU keinen besonderen Anreiz für Koalitionsverhandlungen böten 27).

Obwohl sich die sozialdemokratischen Mini-. sterpräsidenten nachdrücklich für die Bildung einer Großen Koalition einsetzten 28), wurden die Vorstellungen der SPD in einem 16 Punkte umfassenden Aktionsprogramm formuliert, das keinerlei Kompromißformeln oder Verständigungsmöglichkeiten mehr enthielt und der Fraktion am 6. September zur Beschlußfassung vorgelegt werden sollte. Die SPD bekräftige darin u. a. ihre Forderung nach „Planung und Lenkung der Kredite und Rohstoffe für die Befriedigung des volkswirtschaftlichen Bedarfs“, „Mitbestimmung der Arbeitenden in den Betrieben" und „politische und wirtschaftliche Entmachtung des großen Eigentums und der Manager durch Sozialisierung der Grundstoff-und Schlüsselindustrien". Sie kündigte an, daß sie für diese Politik „mit allen ihr zu Gebote stehenden Kräften eintreten (und) jede andere Politik mit der gleichen Entschiedenheit bekämpfe“ werde 29).

Mit diesem „Dokument der Opposition“ (Schumacher) war die Entscheidung in der Koalitionsfrage gefallen, woran Schumacher in der abschließenden Pressekonferenz keinen Zweifel ließ. Er erklärte, daß die unterschiedlichen Auffassungen in der Wirtschaftspolitik jeden Kompromiß zwischen den beiden großen Parteien unmöglich gemacht hätten und daß sich die Ziele der SPD in der Opposition eher verwirklichen ließen, da die Möglichkeit zur Ausübung von Druck hier größer sei als bei einer Regierungsbeteiligung. Eine Koalition mit der CDU hielt er nur dann noch für möglich, „wenn auf der Gegenseite das unmögliche Wunder“ geschähe „und die Herren in Sack und Asche" gingen 30).

Auch die CDU/CSU verstand das Aktionsprogramm der SPD und die Presseerklärung Schumachers als endgültige Absage an eine Große Koalition. Selbst der Arbeitnehmerflügel kämpfte jetzt nicht mehr um die Bildung einer Koalition mit der SPD, sondern um die weitestgehende Durchsetzung und Verwirklichung der im Ahlener Programm niedergelegten wirtschaftsund sozialpolitischen Grundsätze in den Koalitionsverhandlungen. Am August hatte Jacob Kaiser die Abgeordneten des Arbeitnehmerflügels der Fraktion auf einer Zusammenkunft in Königswinter für diese Marschroute gewonnen und den dabei anwesenden Adenauer auf einen sozialen, am Ahlener Programm ausgerichteten Regierungskurs verpflichtet 31).

Nachdem Adenauer am gleichen Tag auch mit den der CDU/CSU angehörenden Ministerpräsidenten, Ministern und Landtagspräsidenten Einigkeit erzielt hatte, stimmte die Fraktion ohne größeren Widerstand auf ihrer konstituierenden Sitzung am 1. September dem Bericht Adenauers über seine bisherigen Koalitionsbemühungen zu und beauftragte den Fraktionsvorstand, in diesem Sinne die Koalitionsverhandlungen weiterzuführen die dann am 2. September mit der FDP und DP abgeschlossen wurden.

In den verbleibenden Tagen bis zur Konstituierung des Bundestags versuchten insbeson-dere Karl Arnold und Jacob Kaiser die SPD durch das Angebot, einen Sozialdemokraten zum Bundespräsidenten zu wählen, von ihrer angekündigten „unsentimentalen" Opposition abzubringen und für eine konstruktive Mitarbeit auch als Oppositionspartei zu gewinnen. Obwohl dieser Gedanke in beiden Parteien zahlreiche Unterstützung erfuhr, setzte Schumacher gegen den Willen vieler sozialdemokratischer Abgeordneter, die den ehemaligen Reichstagspräsidenten Löbe oder den Hamburger Oberbürgermeister Brauer nominieren wollten, auf der Sitzung der sozialdemokratischen Wahlmänner in einer Kampfabstimmung mit 134 gegen 112 Stimmen bei 33 Enthaltungen seine Nominierung durch. Mit dieser provokatorischen Kandidatur zwang er die anderen Parteien zur Ablehnung Sein Ziel war keine konstruktive Opposition, sondern die „intransigente Opposition" (Pirker) auf der Grundlage einer konsequenten Alternativpolitik.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in beiden Parteien maßgebliche Politiker für die Bildung einer Großen Koalition eintraten, die auch im Ausland favorisiert wurde. Auf der einen Seite waren dies die Ministerpräsidenten der Länder, denen „Theorie wenig, die . Verantwortung'. . aber alles war" und die in der Regel in ihren Ländern Allparteienregierungen bzw. Großen Koalitionen vorstanden. Die andere Gruppe bildete der Arbeitnehmerflügel der CDU, dessen Angehörige auf Grund ihrer Weimarer Erfahrungen glaubten, „daß ein christlich-sozialistisches Bündnis unter allen Umständen in besonderem Maße demokratie-und staatserhaltend sei"

Für das Scheitern dieser Bemühungen gab es verschiedene Gründe. Zweifellos spielte die persönliche Rivalität zwischen Adenauer und Schumacher für die die Koalitionsfrage gleichzeitig ein Mittel zur Festigung ihrer innerparteilichen Stellung war und die deshalb die innerparteilichen Kräfte, die für ein Koalitionsbündnis ä la Weimar plädierten, zielbewußt ausmanövrierten, eine große Rolle. Entscheidend waren jedoch nicht diese persönli-chen Grunde, sondern die Tatsache, daß ange. sichts der tiefgreifenden außen-und win.

schaftspolitischen Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Parteien die Große Koalition von einer die „Selbstaufopferung“ verlangt hätte, daß — wie Fritz Erler kommentierte — „eine Kreuzung von Schwein und Hering nicht lebensfähig" gewesen wäreM Die Kräfte, die die Auffassungsunterschiede schon für unüberbrückbar hielten, gaben letztlich in der Koalitionsfrage den Ausschlag. 2. Die Große Koalition als Wahlkampfthema 1953

Während der ersten Legislaturperiode hatten sich die innen-und außenpolitischen Meinungsverschiedenheiten zwischen den großen Parteien zu einer prinzipiellen Gegnerschaft verhärtet Entsprechend erbittert wurde der Wahlkampf zum Zweiten Bundestag geführt. Während die führenden Persönlichkeiten der Koalitionsparteien die Möglichkeit einer Großen Koalition weit von sich wiesen, trat Jacob Kaiser, der Minister für Gesamtdeutsche Fragen, Anfang August auf einer Wahlversammlung in Hamm für die Bildung einer Großen Koalition ein und deutete an, daß diese Frage nach den Wahlen erneut aktuell werden könnte Seine Äußerungen wurden jedoch umgehend von allen Koalitionsparteien scharf zurückgewiesen. Adenauer schrieb Kaiser einen Brief, in dem er seiner Verwunderung darüber Ausdruck gab, daß Kaiser unter diesen Voraussetzungen ins Kabinett eingetreten sei

Kaisers Vorstoß hatte nicht die geringste Chance der Verwirklichung, da der DGB um die gleiche Zeit mit seinem Wahlaufruf „Wählt einen besseren Bundestag" so eindeu- für die SPD Partei ergriffen hatte, daß sich selbst die Sozialausschüsse der CDU, die Kaisers Hausmacht bildeten, wegen dieser Verletzung der parteipolitischen Neutralität von dem Aufruf distanzierten. Das Vorgehen des DGB festigte die Koalition und ließ die potentiellen Anhänger einer Großen Koalition verstummen.

Dessenungeachtet verteidigte Kaiser wenige Tage später auf einer Wahlkundgebung in Essen seine Auffassung: „Ich bin kein Sozialistenfresser. .. . Ich hänge nicht an Minister-sesseln. Ich hänge an der Arbeit für ein besseres, ein geeinigtes Deutschland. Und ich bin der Meinung, daß es des sinnvollen Zusammengehens aller Stände — nicht zuletzt auch der Arbeiterschaft — bedarf, wenn dieses Ziel erreicht werden soll. Das gilt vor allem in so schweren Zeiten, wie sie unser Volk heute durchmacht." Unterstützung erhielt er nur von dem Vorsitzenden des DGB, Freitag, der sich in einer Rede vor Gewerkschaftsfunktionären, in der er die Politik der Bundesregierung heftig kritisierte, ebenfalls für eine Große Koalition einsetzte: „Das Beste wäre für die Zukunft eine Große Koalition, ähnlich wie sie früher im alten Reichstag bestanden hat. Jedenfalls wäre mir eine Koalition zwischen CDU und SPD lieber als die Verbrüderung, die die CDU in der jetzigen Koalition eingegangen ist.“ Mit dieser Rede hatte der DGB-Vorsitzende jedoch Jacob Kaiser einen Bären-dienst erwiesen. Verärgert über die Angriffe reagierten alle Koalitionsparteien darauf mit demonstrativen Bekenntnissen ihrer Entschlossenheit zur Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit. Jacob Kaiser war der einzige namhafte Politiker, der sich während des Wahlkampfs für die Bildung einer Großen Koalition aussprach, wenngleich nicht zu übersehen war, daß in der Presse unter Hinweis auf die schwierige außenpolitische Situation der Bundesrepublik wiederholt ein derartiges Regierungsbündnis gefordert wurde Obwohl sich die SPD jeder positiven wie negativen Äußerung zur Frage einer Großen Koalition enthielt, wurden allgemein — angesichts der tiefgreifenden sachlichen Differenzen zwischen Koalition und Opposition — die Voraussetzungen für die Große Koalition als nicht gegeben betrachtet. Das eindeutige Wahlergebnis ließ dann Spekulationen darüber gar nicht erst aufkommen. 3. Die Große Koalition als Wahlkampfthema 1957 Trotz heftiger Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition gab es im Wahlkampf 1957 immer wieder Stimmen, die angesichts der gefährdeten außenpolitischen Lage der Bundesrepublik die Bildung einer Allparteienregierung forderten. Auf einer Wahlveranstaltung in Flensburg sprachen sich alle drei Redner — der schleswig-holsteinische Kultusminister Osterloh (CDU), der nordrhein-westfälische Kultusminister Luchtenberg (FDP) und der Direktor des Kieler Weltwirtschaftsinstituts, Baade (SPD), — für ein Kabinett der nationalen Konzentration auf der Grundlage einer gemeinsamen, von allen drei Parteien getragenen Außenpolitik aus. Im Gegensatz zu Adenauer und der Wahlkampf-strategie seiner Partei bezeichnete dabei Osterloh die SPD als eine „völlig demokratische, völlig zuverlässige und völlig antikommunistische Partei", mit deren Regierungsübernahme nicht der „Untergang Deutschlands“ verbunden wäre

Für die beiden Hauptkontrahenten Adenauer und Ollenhauer bestand jedoch weder eine sachliche noch eine personelle Basis für eine Zusammenarbeit zwischen ihren Parteien. Gleichwohl fiel auf, daß sich die SPD „in allen Aussagen über eine zukünftige Wirtschaftspolitik eine geradezu peinliche Zurückhaltung auf(erlegte)“ und sich bemühte, „das Tor für eine etwaige Zusammenarbeit mit der CDU nicht endgültig zuzuschlagen" So wich der stellvertretende SPD-Vorsitzende Mellies auf einer Wahlveranstaltung einer klaren Antwort auf die Frage nach der Möglichkeit einer Großen Koalition aus und erklärte, er halte es für ein Unglück, schon jetzt so viel von künftigen Koalitionen zu sprechen.

In der Schlußphase des Wahlkampfs wies vor allem der FDP-Vorsitzende Reinhold Maier, dessen Partei in ihren zehn Koalitionsbedingungen „die überfällige Zusammenfassung aller Kräfte zur Besinnung auf die vaterländische Pflicht aller" forderte, auf Bestrebungen bestimmter Kreise in der CDU hin, eine Koalition mit der SPD zu bilden. Er bezog sich dabei auf verschiedene Äußerungen von Bundestagspräsident Gerstenmaier, der auf Wahl-kundgebungen die SPD als möglichen Koalitionspartner seiner Partei bezeichnet hatte Während Gerstenmaier daraufhin seine Aussagen dahin gehend abschwächte, daß er nicht für eine Große Koalition, sondern für eine gemeinsame Außenpolitik von Regierung und Opposition eingetreten sei, erklärte Bundespostminister Lemmer, ein Exponent des Arbeitnehmerflügels der CDU, daß er für die Zeit nach den Wahlen, wenn „die Wunden des Kampfes“ erst einmal verheilt seien, eine Zusammenarbeit der beiden großen Parteien lut nicht ausgeschlossen halte

Wenn sich auch durch das Wahlergebnis die Koalitionsfrage von selbst erledigte, so bleibt doch festzuhalten, daß es trotz der grundsätzlichen sachpolitischen Gegensätze in allen Parteien Kräfte gab, die aus außenpolitischen Gründen die Bildung einer Regierung auf möglichst breiter Basis für wünschenswert hielten.

II. Das Streben der SPD nach einer Koalition mit der regierenden Mehrheit

1. Die Schaffung der Voraussetzungen Schon nach der Wahlniederlage 1953 waren in der SPD erste besorgte Stimmen laut geworden, die eine schonungslose Überprüfung der „ideologischen Fehlentwicklung und des Versagens der Partei im praktischen Alltag während der ersten Legislaturperiode" forderten. Das Zentrum dieser Reformgruppe saß in Berlin, wo von Mitgliedern des Landesvorstands der Partei „ 15 Thesen zur Erneuerung der SPD" erarbeitet und veröffentlicht wurden.

Auch in der Bundestagsfraktion zeigten sich Ansätze der Bereitschaft zum überdenken der eigenen Position. Ollenhauer deutete in der Aussprache über die Regierungserklärung die Möglichkeit der „Normalisierung des Verhältnisses zwischen Regierung und Opposition" an. Carlo Schmid riet seiner Partei Anfang November 1953, ideologischen Ballast abzuwerfen und sich zu einer Volkspartei zu entwickeln Im Sommer 1954 regte er für den Fall der Ablehnung des EVG-Vertrags durch Frankreich eine einheitliche Außenpolitik aller demokratischen Parteien an wofür sein Kollege Klaus Peter Schulz schon längere Zeit plädiert *hatte Diese Erneuerungsversuche und Initiativen fanden jedoch innerhalb der Partei keinen Widerhall, da die-se „insgesamt zu einem wirklichen überdenken (ihrer Situation d. V.) noch nicht bereit war"

Nachdem aber mit dem Vollzug der entscheidenden außenpolitischen Weichenstellungen durch die Bundesregierung die außenpolitische Alternative der SPD faktisch nicht mehr praktikabel war, wurden auf dem Parteitag 1956 in München erste deutliche Anzeichen der Bereitschaft der SPD zur Abkehr von der „Politik des ewigen Verneinens" und zur Zusammenarbeit mit der CDU/CSU sichtbar Ollenhauer betonte zwar den Wunsch seiner Partei nach einer Änderung der Militärpolitik der Bundesrepublik — allerdings nur „im Rahmen der mit den Verträgen selbst gegebenen Revisionsmöglichkeiten" —, bekräftigte jedoch gleichzeitig, daß „sich die sozialdemokratische Partei nie bereitfinden" werde, „auf außenpolitischem Gebiet eine Politik der Zerreißung internationaler Verträge, die verfassungsmäßig zustande gekommen" seien, . zu betreiben" In seinen innenpolitischen Ausführungen klang der „Gedanke oppositionsloser harmonischer Allparteienregie rung" an, als er eine konstruktive Zusammenarbeit aller demokratischer Kräfte und Gruppierungen bei der Gestaltung der zukünftigen inneren Ordnung der Bundesrepublik forderte. Für den Fall eines Wahlsiegs seiner Partei kündigte er an, daß „es nicht die Absicht und das Ziel der Sozialdemokraten (sei), jetzt mit umgekehrten Vorzeichen die Adenauer-Politik der Blockbildung gegen eine andere große Partei etwa zu wiederholen ... Die Blockpsychose, die während einer ganzen Zeit die Innenpolitik beherrscht (habe), (müsse) überwunden werden" Nach wie vor aber war der innerparteiliche Widerstand gegen eine grundlegende Revision der bisherigen Haltung stark genug, um einen Durchbruch der reformerischen Kräfte zu verhindern. Nach dem enttäuschenden Wahlausgang im September 1957 verstärkte sich jedoch die innerparteiliche Unruhe. Die Wahlniederlage . glich einer Art zweitem Schlaganfall, der nun nicht mehr wie der erste verharmlost werden konnte. Nun galt es nach der einen oder anderen Seite Konsequenzen zu ziehen" Die Reformgruppe, die sich um Brandt und Wehner gruppierte, begann sich — unterstützt von Ollenhauer — allmählich durchzusetzen. Ausgangspunkt der Reformer waren die „Anerkenntnis des Bestehenden und das Ansetzen der sozialdemokratischen Politik in der Gegenwart der Bundesrepublik"

Der Anpassungsprozeß der SPD erfolgte in zwei Etappen. Noch während sie ein letztes Mal eine große außenpolitische Alternative zur Regierungspolitik aufzubauen versuchte bereitet sie die innenpolitische Kursänderung vor, die sie „an den Erfordernissen und Möglichkeiten der uns vorgegebenen Situation“ ausrichtet und die schließlich zur Verabschiedung des Godesberger Programms führte. Die außenpolitische „Frontbegradigung" vollzog sie nach dem Scheitern der Vier-Mächte-Gipfelkonferenz in Paris 1960. In seiner denkwürdigen Rede am 30. Juni plädierte Wehner im Bundestag für ein „Ringen um das höchsterreichbare Maß an Überein-stimmung bei der Bewältigung der deutschen Lebensfragen" Er versicherte, daß seine Partei davon ausgehe, „daß das europäische und das atlantische Vertragssystem. .. Grundlage und Rahmen für alle Bemühungen der deutschen Außen-und Wiedervereinigungspolitik" darstelle und „die Bundesrepublik ein zuverlässiger Vertragspartner" sei, „gleichgültig, ob die jetzige Regierung oder die gegenwärtige Opposition als Regierung die Geschäfte" führe Mit dieser außenpolitischen Revision hatte die SPD ihren Weg von der „unbedingten" zur „bedingten Opposition" abgeschlossen und ihre „Koalitionsfähigkeit" vorbereitet. Unbeirrt von dem negativen Echo der CDU/CSU verfolgte sie nun ihr Ziel einer gemeinsamen Regierung der beiden großen Parteien. Die „Staatspolitik" dominierte über die „Parteipolitik" wie sich auf dem Parteitag in Hannover im November 1960 deutlich zeigte. Wehner warf den politischen Kräften, „die den aus der gegebenen Lage unabweislich notwendig werdenden Gemeinsamkeiten weiter entgegenwirken" und „sich starr in den Weg stellen", vor, „parteiegoistisch" zu handeln Die Parole des „Appells von Hannover", der „die sachliche Einführung in den Wahlkampf sein soll(te)" hieß: „Miteinander — nicht gegeneinander“ Brandt als designierter Kanzlerkandidat und Carlo Schmid als Mitglied der „sozialdemokratischen Mannschaft“ versprachen für den Fall ihres Wahlsiegs eine „Politik neuen Stils, eine Politik des sachlichen Ausgleichs und der ehrlichen Zusammenarbeit" da „das Bemühen um mehr Gemeinsamkeit einer staatspolitischen Notwendigkeit (entspreche)". Brandt empfahl, „der bundesdeutschen Politik . . . stärkere Berliner Impulse" (wo er eine Große Koalition führte d. V.) zuzuführen und kündigte an, daß „die Frage der Gemeinsamkeit — unabhängig vom Wahlkampf — nicht mehr von der Tagesordnung der Politik verschwinden" werde Die SPD hatte das „Große Gespräch mit den Menschen unseres Volkes" begonnen und war nicht mehr bereit, „sich aus dem Staat drängen“ zu lassen 2. Die Episode a) Die Große Koalition als Wahlkampfthema 1961

Ganz im Sinne dieser Strategie und aus der realistischen Einschätzung der Lage heraus, daß die SDP nicht mit einem Wahlsieg rechnen konnte, betonte Wehner bereits in der Vorwahlkampfzeit am 23. April 1961 die Bereitschaft seiner Partei, unter bestimmten Umständen mit der CDU/CSU eine Regierung zu bilden Adenauer und andere führende Politiker der CDU/CSU, die die Gefährlichkeit des sozialdemokratischen Gemeinsamkeitskonzepts für die Wahlkampfführung ihrer Partei genau erkannt hatten, wiesen jedoch das Koalitionsangebot Wehners unter Hinweis auf die bisher von der SPD vertretene „verderbliche Ostpolitik" scharf zurück und bekräftigten, daß „eine Koalitionsgemeinschaft mit der SPD für unsere Partei nicht in Frage komm(e)“

Brandt bedauerte umgehend die polemische Absage Adenauers, da dieser damit „nein“ gesagt habe zum Zusammenwirken der Parteien in den Entscheidungsfragen der Nation Seine Partei ließ sich durch das Verhalten der CDU/CSU von dem eingeschlagenen Kurs nicht abbringen. Die Wahlkampftaktik der beiden Hauptkontrahenten war klar: Während die SPD versuchte, ihre Wandlung glaubhaft zu machen, war die CDU/CSU bemüht, diese Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Das Wahlkampfprogramm, das die SPD auf einem außerordentlichen Parteitag Ende April verabschiedete, stellte „ein Bekenntnis zur Gemeinsamkeit in den großen politischen Fragen und die Zusammenfassung der großen Gemeinschaftsaufgaben" dar und stimmte in wesentlichen Teilen nahezu vollkommen mit dem der CDU/CSU überein. Nicht das „Was", sondern nur das „Wie" versprach die SPD mit ihren unverbrauchten Kräften besser zu machen. Auf dem Wahlkongreß versicherte Carlo Schmid, daß eine sozialdemokratische Regierung eine „Staatsregierung“ und keine „Parteiregierung“ sein werde und Wehner bekräftigte, daß die SPD „keinen Alleinvertretungsanspruch erheben, ihn aber auch keiner anderen Partei" zubilligen werde

Im Wahlkampf selbst versuchte die SPD, die außen-und deutschlandpolitischen Fragen aus der parteipolitischen Auseinandersetzung auszuklammern und sich auf die innenpolitischen Gemeinschaftsaufgaben zu konzentrieren Die CDU/CSU war jedoch nicht bereit, auf das bisher für sie so erfolgreiche „Schlaginstrument Außenpolitik" zu verzichten. Als daher Brandt seine volle Zustimmung zu dem außenpolitischen Gemeinsamkeitskatalog bekundete, den Bundestagspräsident Gerstenmaier in der letzten Sitzung des Dritten Bundestags am 30. Juni aufgestellt hatte und zu dem „der herzlichste Applaus von der SPD" gekommen war warfen führende Politiker der CDU/CSU der SPD vor, Gerstenmaiers Rede wahlpolitisch zu verfälschen und eine gemeinsame Außenpolitik dokumentieren zu wollen, die es nicht gebe

Der Bau der Berliner Mauer am 13. August und die daraus resultierende internationale Krise führten zu einer Gewichtsverlagerung im Wahlkampf, in dem fortan wieder die außen-politischen Probleme dominierten. Brandt stellte nun die Notwendigkeit der „Geschlossenheit des deutschen außenpolitischen Wollens" in den Mittelpunkt seiner Wahl-kampfführung. Vor der Presse in Bonn gab et zur internationalen Lage „eine Erklärung der nationalen Verantwortung" ab, in der er die Notwendigkeit einer „Konzentration aller nationalen Kräfte in der Verantwortung“ unterstrich, da „wir alle guten Kräfte und allen guten Willen in unserem Volk ausschöpfen und zusammenfassen" müßten. Er versicherte, daß er sich bei einem sozialdemokratischen Wahlsieg um eine Regierung auf möglichst breiter Grundlage bemühen, aber auch der Aufforderung einer anderen Partei zur Mitarbeit in der Regierung nicht entziehen werde. Fragen, ob er damit eine Große Koalition angesprochen habe, wich er jedoch aus mit dem Hinweis, daß die von ihm angestrebte Regierung auf breiter Basis nicht zwingend mit den traditionellen Vorstellungen von einer Großen Koalition gleichzusetzen sei, und daß er für den Fall eines Koalitionsangebots der CDU/CSU kein „einfaches Nein" seiner Partei erwarte

Die CDU/CSU reagierte auf diese sozialdemokratische Propaganda für eine Allparteienregierung anfangs mit großer Zurückhaltung und gegen Ende des Wahlkampfes mit kategorischer Ablehnung. Während Brandt und die Mitglieder seiner Führungsmannschaft immer wieder „eine Regierung der nationalen Konzentration" oder eine „Regierung auf möglichst solider Grundlage" forderten, was unter den Zuhörern meist „tosende Zustimmung" auslöste, verfolgte die CDU/CSU ihren traditionellen Wahlkampfstil der Verketzerung der SPD weiter, bei deren Regie-rungsübernahme — wie Adenauer erklärte — „wir alle im Sumpf steckenbleiben" würden. Es gab allerdings auch in ihren Reihen Politiker, die eine Koalition mit der SPD nicht für alle Zeiten ausschließen mochten. Gerstenmaier erklärte auf einer Wahlversammlung in Bremen, daß angesichts des steigenden Nervenkriegs durchaus Situationen denkbar seien, die ein Zusammengehen aller Parteien möglich und notwendig machten Außerdem verdichteten sich in der letzten Wahlkampfwoche nach der definitiven Koalitionsabsage der FDP an die SPD und ihrem gleichzeitigen Beharren auf einer Ablösung Adenauers durch Erhard ° Gerüchte, daß Adenauer — für den Fall des Verlusts der absoluten Mehrheit der CDU/CSU und des hartnäckigen Widerstands der FDP gegen seine erneute Kanzlerschaft — der SPD ein Koalitionsangebot machen werde, dem sich diese nicht verschließen dürfte

In ihren Schlußappellen vor der Wahl ließen die führenden Politiker diese Möglichkeit offen. Adenauer bekräftigte vor der Presse* seine Entschlossenheit, bei einem Wahlsieg auch die nächste Bundesregierung zu bilden, und lehnte es ab, über mögliche Koalitionen zu sprechen. Brandt plädierte noch einmal für eine „verantwortliche Zusammenarbeit aller verantwortungsbewußten Kräfte". Auf die Möglichkeit einer Großen Koalition angesprochen, lehnte er eine Antwort ab, da darüber die zuständigen Parteigremien entscheiden müßten. Auch Strauß vermied auf dieselbe Frage eine negative Antwort, erklärte aber, eine Große Koalition sei für seine Partei erst nach einer endgültigen Klärung der außen-und sicherheitspolitischen Auffassungen der SPD möglich b) Die Gespräche Adenauers mit der SPD als Druckmittel gegen die FDP?

Aus dem Wahlergebnis vom 17. September, das die CDU/CSU um die absolute Mehrheit gebracht und damit „neue politische Tatsachen geschaffen“ hatte zog die SPD den Schluß, daß sie „ihre Bemühungen im Interesse des ganzen deutschen Volkes fortsetzen“ müsse Noch in der Wahlnacht beriet Brandt mit den in Bonn versammelten Mitgliedern des SPD-Parteipräsidiums das Wahlergebnis und kündigte am nächsten Morgen an, daß die SPD zur Übernahme von Regierungsverantwortung bereit sei und sich um die Bildung einer „Regierung der nationalen Konzentration“ bemühen werde 103a). Entscheidend für Verlauf und Ergebnis der Koalitionsverhandlungen war jedoch angesichts der Mehrheitsverhältnisse die Haltung der FDP. Auf ihrer Sitzung am 19. September bekräftigten ihre Führungsgremien die vor den Wahlen abgegebene Koalitionsaussage in vollem Umfang. Der Parteivorsitzende Mende erklärte in der anschließenden Pressekonferenz, daß sich seine Partei an keiner von einem Bundeskanzler Adenauer geführten Koalition beteiligen und auch durch die Drohung mit einer Großen Koalition von diesem Standpunkt nicht abbringen lassen werde Mit dieser definitiven Festlegung zwang die FDP den Bundesvorstand der CDU, der zur gleichen Zeit tagte, schon aus Prestigegrün- den an Adenauer als Kanzlerkandidaten festzuhalten. Nach harten Auseinandersetzungen, in denen eine Minderheit um Bundesaußenminister von Brentano und den Fraktionsvorsitzenden Krone für die Einbeziehung der SPD in die Koalitionsverhandlungen plädierte, da sich sonst die Partei ganz in die Hände der FDP begebe, beauftragte der Bundesvorstand Adenauer zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der FDP, betonte aber gleichzeitig, daß damit Koalitionsverhandlungen mit der SPD prinzipiell nicht ausgeschlossen seien

Die Anhänger einer Großen Koalition in beiden Parteien hatten in der Zwischenzeit bereits Kontakt mieinander aufgenommen. Noch am Abend des gleichen Tages trafen — allerdings ohne offiziellen Auftrag ihrer Parteien — der Bundesgeschäftsführer der Sozialausschüsse, Katzer, und der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bau, Steine, Erden, Leber, zu einem Gespräch über die Möglichkeiten einer Großen Koalition zusammen, dem am 20. September eine Unterredung in größerem Kreis folgte

An diesem Tag berieten auch die Führungsgremien der SPD über das Wahlergebnis und seine Konsequenzen für die Koalitionsverhandlungen. In einer Entschließung, die umgehend den Vorsitzenden der anderen im Bundestag vertretenen Parteien zugestellt wurde, wiederholten sie die Auffassung ihrer Partei, daß die Bundesrepublik angesichts der internationalen Lage einer „Regierung auf solider Grundlage“ bedürfe, und forderten den Bundeskanzler auf, vor etwaigen Koalitionsverhandlungen „zunächst einmal autorisierte Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien sofort eingehend über den Stand der Berlin-Krise und über die Deutschland betreffenden Fragen zu unterrichten". Sie betonten, daß die SPD nicht die Absicht habe, sich irgend jemandem aufzudrängen oder um jeden Preis auf eine Regierungsbeteiligung hinzuarbeiten. Was immer auch geschehe, die Sozialdemokraten seien bereit, in den Lebensfragen der Nation Verantwortung zu übernehmen, wobei die Frage der Koalition zunächst einmal zweitrangig sei

Adenauer, der inzwischen von Katzer, Even und Hahn, die in der Arbeitnehmergruppe der Fraktion eine maßgebliche Rolle spielten, über ihre Gespräche mit sozialdemokratischen Politikem und die Bereitschaft der SPD, in eine von ihm geführte Große Koalition einzutreten, unterrichtet worden war, bot der SPD noch am gleichen Abend brieflich ein Gespräch für den nächsten Tag an. In einem privaten Telefongespräch mit Ollenhauer wiederholte er am nächsten Morgen seine Gesprächsbereitschaft und schlug als Termin den Nachmittag des gleichen Tages vor. Da die SPD aber das für den 22. September zwischen Bundespräsident Lübke und Ollenhauer vereinbarte Gespräch abwarten wollte, wurde der Termin auf den Vormittag des 25. September verschoben 5 Die schnelle Reaktion Adenauers auf die Forderung der SPD zeigte, daß er entschlossen war, angesichts der harten Haltung der FDP hoch zu spielen und aufs Ganze zu gehen. In der spannungsgeladenen Sitzung des CDU/CSU-Fraktionsvorstandes am 21. September wurde er wegen seines als überstürzt empfundenen Gesprächsangebots an die SPD von der Mehrheit der Teilnehmer unter Führung von Schröder und Strauß heftig kritisiert, die eine zu große Aufwertung der SPD durch eine Regierungsbeteiligung befürchteten. Der Fraktionsvorstand beschloß, der FDP insofern entgegenzukommen, als Adenauer nur noch für eine Übergangszeit amtieren sollte

Die SPD selbst legte sich in allen mit der Regierungsbildung zusammenhängenden Fragen größte Zurückhaltung auf. An ihrer Forderung nach einer Allparteienregierung ließ sie allerdings ebensowenig Zweifel 109a) wie die Sozialausschüsse der CDU, deren Bundesvorstand am 23. September nahezu einstimmig die Haltung der Arbeitnehmergruppe der Fraktion billigte, an ihrem Wunsch nach einer Großen Koalition.

Am Vormittag des 25. September führte dann Adenauer ein fast zweistündiges Gespräch mit Ollenhauer, Wehner und Brandt, denen er und der in Vertretung von Außenminister von Brentano anwesende Staatssekretär Carstens einen Überblick über die aktuelle internationale Lage mit besonderer Betonung der deutschlandpolitischen Probleme gab. Nach dem Gespräch, bei dem es sich — wie schon die Teilnahme eines beamteten Staatssekretärs bewies — eher um einen Gedankenaustausch als um ein Koalitionsgespräch gehandelt hatte, erklärte ein Sprecher der SPD, daß keine Fragen der Regierungsbildung erörtert worden seien und seine Partei mit einer Fortsetzung des Gesprächs unter Einschluß aller Parteien rechne Nachdem Strauß am gleichen Tag einem derartigen Gespräch zu-gestimmt hatte, nahm am 26. September auch die FDP ihre ursprüngliche Ablehnung zurück und sagte ihre Teilnahme zu. Gleichzeitig damit bekräftigte sie jedoch ihren Willen, zu einer . Partnerschaft mit der CDU/CSU unter neuen personellen Verhältnissen" zu kommen. Der SPD warf sie vor, „trotz der Bedenken der Genossen in den Orts-und Bezirks-verbänden den Salto mortale des deutschen Sozialismus für Konrad Adenauer" zu vollführen. Die SPD wies diesen Vorwurf scharf zurück und betonte, daß angesichts des gegenwärtigen Stands der Koalitionsbildung eine Diskussion über personelle Fragen völlig verfrüht sei, weil man zunächst einmal in der Sache vorankommen müsse

Die konstituierende Sitzung der CDU/CSU-Fraktion am 27. September brachte aber bereits eine gewisse Vorentscheidung gegen die Große Koalition. Nach einem Lagebericht Adenauers, der sich jeder persönlichen Bemerkung zur Koalitionsfrage enthielt, trugen vor allem Strauß und Erhard Einwände gegen eine Koalition mit der SPD vor, wobei Strauß allerdings keine Koalitionsmöglichkeit prinzipiell ausschloß. Eine Reihe von Abgeordneten des Arbeitnehmerflügels warnte dagegen vor einer definitiven Festlegung in der Koali-tionsfrage und trat für Verhandlungen mit der SPD ein. Ohne formelle Abstimmung beauftragte die Fraktion am Ende der lebhaften Diskussion Adenauer und Strauß, zunächst Koalitionsverhandlungen mit der FDP zu führen, wozu der Parlamentarische Geschäftsführer Rasner vor der Presse ergänzend erklärte, die unabdingbare Koalitionsvoraussetzung für seine Fraktion sei die weitere, wenn auch zeitlich befristete Kanzlerschaft Adenauers die unveränderte Fortsetzung der bisheri-gen Regierungspolitik

Am 28. September beschäftigte sich die SPD-Fraktion mit der politischen Situation und dem Stand der Koalitionsverhandlungen. In seinem Lagebericht stellte Ollenhauer fest, daß die SPD bis zu diesem Zeitpunkt noch mit keiner Partei Koalitionsverhandlungen geführt habe. Wie er betonte anschließend auch Brandt, daß die einzige realistische Konsequenz aus der schwierigen internationalen Situation nur die sofortige Bildung einer Allparteienregierung sein könne. Die SPD sei bereit, entsprechend ihrer Stärke und ihrem Einfluß den ihr zukommenden Teil an der Gesamtverantwortung zu übernehmen. Nach einer hitzigen, fast dreistündigen Aussprache, in der die Fraktionsführung eine Diskussion über personelle Probleme bewußt unterband, da eine — angesichts der fraktionsinternen Kräfteverhältnisse zu erwartende — Ablehnung der Kanzlerschaft Adenauers alle Koalitionsmöglichkeiten zunichte gemacht hätte, bestätigte die Fraktion einstimmig die Forderung der Parteiführungsgremien nach sofortiger Bildung einer Allparteienregierung

Die endgültige Entscheidung zugunsten einer Kleinen Koalition aus CDU/CSU und FDP fiel in der Fraktionssitzung der FDP am 29. September, wo die FDP — nachdem bereits Mende in einem Gespräch mit Brandt eine Allparteienregierung abgelehnt hatte — ihre Koalitionsabsage an die SPD noch einmal bekräftigte und eine befristete Kanzlerschaft Adenauers akzeptierte. Ihre Abkehr von ihrem Wahlversprechen begründete sie mit dem Hinweis auf das bedingungslose Streben der SPD nach einer Koalition unter Bundeskanzler Adenauer und auf die Ablehnung der Kanzlerkandidatur Erhards durch die CDU/CSU-Fraktion

Damit stand der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zwischen der CDU/CSU und der FDP nichts mehr im Wege. Sie begannen am 2. Oktober und zogen sich — begleitet von wiederholten Forderungen der SPD nach einer „Regierung der nationalen Konzentration“ — wegen des Problems einer neuen Kanzlerschaft Adenauers, gegen die sich eine Reihe von FDP-Abgeordneten hartnäckig widersetzte, bis Anfang November hin. Erst am 7. November wurde Adenauer erneut zum Bundeskanzler gewählt.

Die SPD hatte zwar ihr Ziel der Regierungsbeteiligung nicht erreicht, aber dennoch einen ersten Durchbruch erzielt. Die innenpolitische Situation in der Bundesrepublik hatte sich verändert. Sowohl in der Bevölkerung als auch unter den Abgeordneten war die Möglichkeit einer Großen Koalition diskutiert worden, was einer zumindest teilweisen Anerkennung der Regierungsfähigkeit der SPD gleichkam und das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition für die Zukunft nicht unbeeinflußt lassen konnte In der CDU/CSU-Fraktion hatte der Arbeitnehmerflügel nach Jahren faktischer Bedeutungslosigkeit an Stärke und Einfluß gewonnen. Nicht zuletzt die Furcht vor ihm und seinem Eintreten für eine Koalition mit der SPD hatte die Wirtschaftskreise in der CDU/CSU und FDP zum Einlenken bewogen Adenauer konnte sich nur dadurch die Stimmen der fast 60 Abgeordnete zählenden Gruppe sichern, daß er sich für die Durchführung eines bestimmten sozialpolitischen Programms verbürgte. Diese Faktoren mußten dem weiteren Bemühen der SPD um Regierungsbeteiligung entgegenkommen, wenngleich nicht übersehen werden konnte, daß das Verhalten Adenauers ausschließlich taktisch motiviert war, und der 13. August der SPD „das Gesicht gerettet (hatte), indem erstmals eine Situation entstanden war, in der jedem transparent wurde, wie wichtig ein Zusammenstehen, eine Gemeinsamkeit der großen Parteien in Fragen der nationalen Existenz sein konnte” Die SPD war entschlossen, trotz der Enttäuschung über ihre „Ausschaltung" den von ihr eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen und „mit zunehmendem Erfolg durch(zu) setzen"

Sie wurde nicht müde, gegen das „Gegeneinander der demokratischen Parteien“ zu polemisieren und ihren Willen, „in dieser schwierigen Situation ihren Teil an Verantwortung auch in der Regierung zu übernehmen" zu unterstreichen. Als Opposition zeigte sie in den Sachfragen dieselbe Bereitschaft zum Kompromiß, die auch eine Allpar117126) teienregierung von ihr gefordert hätte Sie vermied alles, um Streitfragen zu parteipolitischen Auseinandersetzungen werden zu lassen. „Die Kritik gegen die Regierungskoalition reduzierte sich weitgehend auf die formale Kategorie der fehlenden gemeinsamen Regierung" so daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstand, daß „die Opposition abgedankt" habe 3. Der Durchbruch: die „Spiegel" -Krise 1962 a) Die Vorgeschichte Die Ende Oktober 1962 ohne vorherige Unterrichtung des zuständigen freidemokratischen Bundesjustizministers von der Bundesanwaltschaft durchgeführte Aktion gegen das Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ führte zu einer Koalitionskrise, die sich durch den am 19. November eingereichten Rücktritt der FDP-Mini-ster und den dadurch erzwungenen, am 27. November erfolgten Rücktritt der CDU/CSU-Minister zu einer ernsten Koalitionskrise ausweitete

Angesichts dieser Situation, für die sie in erster Linie die FDP verantwortlich machten, kamen Bundeswohnungsbauminister Lücke, der dem Arbeitnehmerflügel der CDU/CSU angehörte, und der CSU-Abgeordnete von Guttenberg, der bereits seit Monaten mit Wehner private Kontakte unterhielt, am 19. November überein, die Möglichkeiten zur Bildung einer Großen Koalition zu sondieren Aus eigener Initiative und ohne Rücksprache mit Bundeskanzler Adenauer bat Lücke am 26. November Wehner telefonisch um ein Gespräch, das noch am gleichen Abend in seinem Ministerium stattfand. Die beiden Gesprächspartner erzielten dabei eine weitgehende Übereinstimmung in den entscheidenden politischen Fragen, insbesondere in der Notwendigkeit einer Wahlrechtsre form

Nachdem Lücke am nächsten Morgen Adenauer, von Brentano und Krone über den Inhalt der Aussprache unterrichtet hatte, traf er mit dem Einverständnis Adenauers noch am selben Tag erneut mit Wehner, der seinerseits Ollenhauer und Erler informiert hatte in der Bonner Wohnung von Guttenbergs zusammen.

Während sich infolge der ergebnislosen Verhandlungen zwischen CDU/CSU und FDP die Regierungskrise zusehends verschärfte und Ollenhauer vor der SPD-Fraktion Gerüchte dementierte, die von der Aufnahme von Kontakten zwischen CDU/CSU und SPD berichteten wurden die vertraulichen Gespräche fortgesetzt. Auf den Rat Lückes hin und um Wehners Wunsch nach einem Beweis für die Ernsthaftigkeit des Verhandlungsangebots der CDU/CSU zu entsprechen, autorisierte Adenauer von Guttenberg brieflich, „mit Herrn Wehner auf Grund der gemachten Vorschläge weitere Einzelheiten zu klären" Nachdem er sich mit dem Bundeskanzler über die Marschroute abgesprochen hatte, führte von Guttenberg am 29. November mit Wehner in Berlin ein weiteres Gespräch, in dem in allen wesentlichen Fragen eine schriftlich fixierte Einigung erreicht wurde. Die SPD erklärte sich dabei zum Eintritt in eine Große Koalition und zur Akzeptierung des von der CDU/CDU nominierten Kanzlerkandidaten bereit. Die SPD sollte neun, die CDU/CSU elf Minister stellen, die bisherige Außen-, Verteidigungs-, Wirtschaftsund Sozialpolitik fortgesetzt und bis 1965 ein relatives Mehrheitswahlrecht eingeführt werden. Außerdem wurde festgelegt, daß die geplante Koalition an personellen Fragen nicht scheitern dürfe und der eingeweihte Personenkreis diese Abmachun-gen in den zuständigen Gremien durchzusetzen versuchen sollte. Die Ernsthaftigkeit der Bemühungen auf beiden Seiten zeigte sich nicht zuletzt darin, daß die Gespräche die gesamte Zeit über vertraulich geblieben waren

Aber auch in der Öffentlichkeit hatten beide Seiten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert. Die SPD hatte zwar in der Anfangsphase der Krise eine Koalition mit der CDU/CSU als „unter den gegenwärtigen Umständen unmöglich" abgelehnt, eine Allparteienregierung aber grundsätzlich nie ausgeschlossen und außerdem betont, daß angesichts der schwierigen Situation „kleinliche parteitaktische Erwägungen zurückgestellt werden" müßten Die CDU/CSU-Fraktion ihrerseits hatte — verärgert und verbittert über das Verhalten der FDP — nach dem formellen Rücktritt ihrer Minister am 27. November den Bundeskanzler beauftragt, „unverzüglich Verhandlungen für eine Neubildung der Regierung aufzunehmen"; dabei hat sie — auf Drängen der Arbeitnehmergruppe — alle Koalitionsmöglichkeiten ausdrücklich offengelassen b) Die offiziellen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD Am 1. Dezember unterrichtete Adenauer die Verhandlungskommission seiner Partei über die Sondierungsgespräche mit Wehner. Nach einer eingehenden, über sechsstündigen Diskussion sprach sich eine breite Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD aus, worauf Adenauer noch am gleichen Abend Mende schriftlich um eine Verlegung des für den 3. Dezember vorgesehenen Koalitionsgesprächs bat. Der Parteivorstand der SPD beschäftigte sich ebenfalls mit den Sondierungsgesprächen. Nadi der Sitzung erklärte der Sprecher der SPD, Barsig, daß seine Partei ein offizielles Koalitionsangebot der CDU/CSU sorgfältig prüfen werde. Eine Koalition mit der FDP hielt er für wenig aussichtsreich, da dieser Koalition infolge der Gefahr einer Spaltung der FDP die für ein konstruktives Mißtrauensvotum notwendige Mehrheit fehle

In pausenlosen Beratungen suchten die Führungsgremien der CDU/CSU ihre weitere Verhandlungstaktik festzulegen. Während die SPD in einem In ihrem Pressedienst veröffentlichten Vier-Punkte-Programm klarstellte, daß sie sich nicht in „Erpressungsmanöver gegenüber der FDP" hineinziehen lassen werde, und die FDP ihre Warnung vor einem „schwarz-roten Proporz" mit der Bekräftigung ihrer Bereitschaft zur Fortsetzung der bisherigen Koalition verband befaßte sich der Bundesvorstand der CDU in Anwesenheit von Strauß und Dollinger mit der koalitionspolitischen Situation. Befürworter und Gegner einer Koalition mit der SPD hielten sich etwa die Waage, wobei die Haltung nicht weniger Gesprächsteilnehmer von ihrer Verärgerung darüber, daß sie über die Vorgespräche nicht unterrichtet worden waren, bestimmt wurde Das nach der Sitzung veröffentlichte Kommunique trug diesen innerparteilichen Kräfteverhältnissen Rechnung; „Gegen eine Reihe von energisch vorgetragenen Bedenken haben Parteipräsidium und Bundesvorstand der CDU beschlossen, den Bundeskanzler zu bitten, Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufzunehmen. Parteipräsidium und Bundes-vorstand sind aber nach wie vor bereit, die Möglichkeit zur Fortsetzung der bisherigen Koalition in Verhandlungen mit der FPD zu prüfen" Nachdem sich anschließend der Fraktionsvorstand der CDU/CSU für Koalitionsverhandlungen mit der SPD ausgesprochen hatte, billigte auch die Mehrheit der Fraktion gegen teilweise heftigen Widerstand der „Brigade Erhard" die erhebliche Bedenken gegen eine Große Koalition geltend machte, den Beschluß der Parteiführungsgremien

Auf Einladung Adenauers fand dann am Vormittag des 4. Dezember das erste offizielle Gespräch zwischen der Verhandlungskommission der CDU/CSU und den SPD-Politikern Ollenhauer, Erler und Wehner statt, die nach Eingang der Einladung Adenauers die gleichzeitig stattfindende Sitzung des SPD-Frak-tionsvorstandes verlassen hatten. Während Adenauer bereit war, die offiziellen Abspra-chen als Verhandlungsgrundlage zu akzeptie. ren, betonten die SPD-Vertreter, daß diese Abmachungen für keine Seite verbindlich seien. Sie wiesen außerdem darauf hin, daß sie nur ihre persönliche Meinung sagen könnten, da die zuständigen Gremien ihrer Partei noch nicht getagt hätten. Die Gesprächsrunde faßte daher keine definitiven Beschlüsse, sondern vereinbarte nur eine „baldmögliche“ Fortsetzung des Gesprächs

Nach der Unterredung bezeichnete der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Rasner, die Chancen für eine Große Koalition als 50 : 50, und Ollenhauer meinte, die Koalitionsfrage sei in jeder Beziehung und für alle Beteiligten noch offen Als Indiz für die Wahrscheinlichkeit einer Großen Koalition wurde aber allgemein die Tatsache gewertet, daß die SPD ihren für den nächsten Tag auf der Tagesordnung des Bundestags stehenden Antrag auf Entlassung von Bundes-verteidigungsminister Strauß, den sie auf dem Höhepunkt der „Spiegel“ -Krlse gestellt hatte zurückzog, da er — wie ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Mommer erklärte -nicht mehr in die „veränderte Landschaft'passe

Um 17. 00 Uhr begannen sowohl ein neues Koalitionsgespräch zwischen CDU/CSU und FDP als auch die Beratungen des Partei-und Fraktionsvorstands der SPD, die sich beide bis in die späte Nacht hineinzogen. Weger, ihrer langen Dauer mußten die für 18. 00 Uhr auf Wunsch der FDP, die angesichts der ko& litionspolitischen Entwicklung die Flucht nach vorne angetreten hatte vereinbarte Zusammenkunft zwischen SPD und FDP und die für 20. 00 Uhr einberufene Fraktionsvollversammlung der SPD auf den nächsten Tag verschoben werden.

Während das Koalitionsgespräch zwischen CDU/CSU und FDP auf Grund der beiderseits verhärteten Fronten zu keinem Ergebnis führte und die Gesprächsteilnehmer nur die Fortsetzung der Gespräche nach Unterrichtung ihrer jeweiligen Fraktion vereinbarten, kam es in der Sitzung des Partei-und Fraktionsvorstandes der SPD zu scharfen Auseinandersetzungen. Obwohl Ollenhauer in seinem Lage-bericht betont hatte, daß sich die SPD weder in materieller noch in personeller Hinsicht bisher festgelegt habe, sahen sich Ollenhauer, Erler und vor allem Wehner wegen der Absprachen mit der CDU/CSU heftiger Kritik ausgesetzt. Besonders die geplante Wahlrechtsreform und die Kanzlerschaft Adenauers stießen auf Ablehnung. Nach einer leidenschaftlichen Debatte sprachen sich jedoch die Teilnehmer mit 23 gegen 13 Stimmen für die Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU aus und nominierten eine Verhandlungskommission, der Ollenhauer, Brandt, Wehner, Schoettle und von Knoeringen angehörten

Nachdem am Vormittag des 5. Dezember das verabredete Informationsgespräch zwischen SPD und FDP stattgefunden hatte, beschäftigte sich am Nachmittag die SPD-Fraktion mit der koalitionspolitischen Lage. Schon nach kurzer Zeit war klar, daß für zahlreiche Abgeordnete — ebenso wie in den Beratungen der Parteiführungsgremien — eine Kanzlerschaft Adenauers und die Einführung des relativen Mehrheitswahlrechts unannehmbar waren. Außerdem beriefen sich die Gegner eines Zusammengehens mit der CDU/CSU auf die negative innerparteiliche Stimmung und argumentierten, daß die SPD mit dem Eintritt in eine von der CDU/CSU geführte Regierung vor der Wählerschaft unglaubwürdig werde und in Gefahr gerate, von der CDU/CSU erdrückt zu werden. Nach mehrstündiger, stürmischer Diskussion setzte sich jedoch die Fraktionsführung, die immer wieder auf die .. geradezu historische Veränderung" (Wehner) der innenpolitischen Situation durch eine möglichst große Koalition hinwies, mit einem Kompromißvorschlag durch, durch den die Kanzlerfrage nicht getrennt zur Abstimmung gestellt, sondern in das Verhandlungspaket personeller Fragen „eingeschnürt" wurde. Mit 195 gegen 12 Stimmen bei drei Enthaltungen beschloß die Fraktion schließlich, „die Fortsetzung der Verhandlungen mit der CDU/CSU mit der Maßgabe, daß alle sachlichen und personellen Fragen, die für eine Regierungsbildung notwendig (seien), zur Abstimmung gestellt" würden Außerdem wurde der Wortführer des Widerstandes, Mommer, in die Verhandlungskommission berufen und die Bereitschaft zu weiteren Gesprächen mit der FDP zum Ausdruck gebracht.

Trotz der auf Intervention der Fraktionsführung zustande gekommenen vagen Formulierung des Fraktionsbeschlusses war damit Wehners sorgfältig geplante Verhandlungsstrategie, die das Problem Adenauer als internes Problem der CDU/CSU behandelte, teilweise zusammengebrochen. In diesem Sinn äußerte sich nach der Sitzung der Sprecher der SPD, Barsig, als er vor der Presse den Fraktionsbeschluß dahin gehend interpretierte, daß die Verhandlungskommission der SPD auch die Ablösung Adenauers zur Diskussion stellen werde. Obwohl er darum gebeten hatte, von dieser Feststellung, die nur seine private Meinung wiedergebe, keinen Gebrauch zu machen, verbreitete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) diese Erklärung. Adenauer sagte daraufhin — verärgert über das Abgehen der SPD von der inoffiziellen Verhandlungsgrundlage — umgehend und ohne die Verhandlungskommission der CDU/CSU zu verständigen, das für den nächsten Tag anberaumte Gespräch mit der SPD ab Unmittelbar nach der Veröffentlichung der Erklärung des Bundeskanzleramts entfalteten die Befürworter der Großen Koalition eine hektische Aktivität. In einem Brief an Adenauer korrigierte Ollenhauer die Stellungnahme seines Pressesprechers und bot an, in einem persönlichen Gespräch den Fraktionsbeschluß zu erläutern. Auch Erler und Wehner interpretierten bei einer kurzfristig verabredeten Zusammenkunft mit Lücke und von Guttenberg den Fraktionsbeschluß dahin gehend, daß eine Koalition unter Adenauer durchaus noch nicht ausgeschlossen sei Lücke selbst unterrichtete noch in der Nacht Bundespräsident Lübke, der gerade von einer Asienreise zurückgekehrt war, über den Stand der Koalitionsverhandlungen. Der Bundespräsident, der schon 1961 eine Große Koalition favorisiert hatte, schaltete sich daraufhin am 6. Dezember in die Verhandlungen ein und suchte in Gesprächen mit Lücke, von Brentano, Kiesinger Ollen-hauer und Adenauer ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD abzuwenden. Adenauer selbst sah sich wegen seines eigenmächtigen Vorgehens in den Beratungen der Verhandlungskommission seiner Partei heftiger Kritik ausgesetzt. Die Kommissionsmitglieder beschlossen, vor weiteren Schritten zunächst mit Ollenhauer, Wehner und Erler eine klärende Aussprache zu führen, was von der SPD, die nur mit der gesamten Verhandlungsdelegation erscheinen wollte, jedoch abgelehnt wurde. Schließlich einigte man sich auf eine Unterredung zwischen Adenauer und Ollenhauer, die am Abend stattfand, aber zu keinem Ergebnis oder neuem Gesprächstermin führte, da mittlerweile die SPD auch eine Wahlrechtsänderung ablehnte

Während Ollenhauer anschließend die Führungsgremien seiner Partei über das Gespräch unterrichtete, die gegen sechs Stimmen bei zwei Enthaltungen dem Fraktionsbeschluß vollinhaltlich zustimmten 2, informierte Adenauer die Verhandlungskommission der CDU/CSU über die ablehnende Haltung der SPD gegenüber einer Wahlrechtsreform. Die Gesprächsteilnehmer beschlossen angesichts dieser neuen Situation, die Verhandlungen mit der SPD einzustellen und mit der FDP zu einem baldigen Abschluß der Koalitionsverhandlungen zu kommen, was dadurch erleichtert wurde, weil sich Adenauer jetzt für den Herbst 1963 zum Rücktritt bereit erklärt hatte

Die Bildung einer Großen Koalition war zwar damit wiederum gescheitert, aber ihre Anhänger bekundeten ihre feste Entschlossenheit, weiter auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Lücke sprach auf dem Landesparteitag der rheinischen CDU der FDP die Regierungsfähigkeit ab, bekannte sich demonstrativ zur Notwendigkeit einer Großen Koalition und trat dafür ein, die geschaffene Verbindung zur SPD jetzt nicht mehr abreißen zu lassen Brandt bedauerte das Scheitern der Bemühungen, da aus innen-und außenpolitischen Gründen und nicht zuletzt wegen Berlin eine Regierung auf breiter Basis die „angemessene Lösung“ gewesen wäre Wehner selbst sah das „bleibende Moment“ der Verhandlungen darin, „daß man darauf zurückkommen" könne, „wie sehr nahe man sich in dieser Situation gewesen (sei), wenn sich später eine neue Notwendigkeit ergeben sollte” c) Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen Die Verhandlungen um die Bildung einer Großen Koalition waren „nicht ohne bleibende Ergebnisse. Nachher war nicht mehr alles so wie vorher." Durch die offiziellen Koalitionsangebote von CDU/CSU und FDP war der SPD nachdrücklich ihre Regierungsfähigkeit bestätigt worden. „Erstmals seit 1949 hatte der Bundeskanzler den Vorsitzenden der SPD zu einem Gespräch eingeladen — nicht zu einem Gespräch . über den Ernst der Lage , sondern zu einem Gespräch über die Regierungsbildung." Die SPD hatte sich endgültig aus ihrem politischen „Paria-Dasein’ befreit. Bei allen künftigen Koalitionsverhandlungen konnte eine Regierungsbeteili-gung der SPD grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen werden.

Während in der Öffentlichkeit eine Große Koalition „erwartet und gewünscht“ wur-de, war die Mehrzahl der Abgeordneten in beiden Fraktionen noch nicht fähig, sich von dem Tabu der Unmöglichkeit einer Koalition mit der jeweils anderen Seite zu lösen. In den Fraktionsversammlungen hatte sich gezeigt, daß „das Verhältnis zwischen CDU/CSU und SPD durch die jahrelange Parteifehde (noch zu sehr, d. V.) belastet" war Nicht im Problem Adenauer, das — wie seine folgende Rücktrittsankündigung zeigte — lösbar gewesen wäre, und nicht in der Wahlrechtsfrage, sondern in der Tatsache, daß ein Großteil der Abgeordneten dieser bisher tabuisierten, praktisch undenkbaren Konstellation noch nicht gewachsen war, lag der eigentliche Grund für das Scheitern der Bemühungen um die Bildung der Großen Koalition. „Eigentlich waren es die backbenchers und das Fußvolk der beiden großen Parteien, die die CDU/CSU-SPD-Koalition verhindert(en). Die Führung wußte es besser, aber sie konnte sich nicht durchsetzen."

In dieser Beziehung bestand noch ein Nachholbedarf, auf den die Führung der SPD in der Folgezeit bei ihrem Streben nach mehr Gemeinsamkeit verweisen und damit ihre Haltung rechtfertigen konnte. Außerdem war nicht zu übersehen, daß in beiden Fraktionen, insbesondere aber in der CDU/CSU-Fraktion, die Zahl der Befürworter einer Großen Koalition zugenommen hatte. Wesentlichen Anteil daran hatte das Verhalten der FDP, über das man in den beiden Fraktionen weitgehend gleicher Meinung war. Für die CDU/CSU stellte deshalb die Wahlrechtsreform die unabdingbare Voraussetzung für die Bildung einer Großen Koalition dar, da sie und auch Teile der SPD nur über diesen Weg zu dauerhaften, stabilen Regierungsverhältnissen zu kommen glaubten. Eine Koalition zwischen SPD und FDP stand nie ernsthaft zur Debatte. Die zu geringe Mehrheit, die labile Haltung der FDP und die tiefgreifenden sozial-und wirtschaftspolitischen Meinungsverschiedenheiten hielten die SPD davon ab Hier war zum erstemal die Argumentationskette sichtbar geworden, die 1966 in der Koalitionsfrage schließlich den Ausschlag geben sollte. 4. Im Vorhof der Macht

a) Die SPD als „Koalitionspartei im Warte-stand"

Nachdem in unmittelbar nach der „Spiegel" -Affäre durchgeführten Meinungsumfragen die Mehrzahl der Befragten eine Koalition von CDU/CSU und SPD als „im Interesse der Bundesrepublik günstig" beurteilten, bestand für die SPD keine Veranlassung zur Änderung ihrer Politik. Für sie blieb, wie Erler betonte, die Große Koalition „durchaus auf der Tagesordnung" Das Konzept der Gemeinsamkeit wurde deshalb in der Folgezeit fortgesetzt; ebenso gingen die „langfristigen Überlegungen zwischen den Gesprächspartnern (während der „Spiegel" -Krise, d. V.) weiter“

Die SPD suchte „aus der Opposition mitzuregieren (und) die Gemeinsamkeit... zu erzwingen" Ihre Bereitschaft zu „bedingungsloser Partizipation" demonstrierte sie nachdrücklich mit ihrer — seit 1949 erstmaligen — Stimmenthaltung bei der Verabschiedung des Verteidigungshaushalts 1963 und während der ersten Lesung des Bundeshaushalts 1964, v » Strauß nach der Rede des sozialdemokratischen Sprechers Möller, der seine Ausführungen als „konstruktiven Beitrag . . ., den wir (die SDP, d. V.) aus unserer Verantwortung gegenüber dem demokratischen Staat zu leisten bereit" sind verstanden wissen sollte, feststellte, „daß die Art der Behandlung politischer Probleme diesmal beinahe wie Zustimmung zur Regierungspolitik, geklungen" habe Koalitionskritische Erwägungen spielten auch Anfang Juli 1964 bei der Wiederwahl von Bundespräsident Lübke eine Rolle, die die SPD vor allem auf Betreiben Wehners unterstützte, „um eine Befestigung der Bonner Regierungskonstellation zu verhindern"

Neben diesem betont kooperativen parlamentarischen Verhalten, das die Opposition bis auf wenige Angriffe gegen die Regierung zurückhaltend agieren ließ gingen die inoffiziellen Kontakte zwischen den Befürwortern einer Großen Koalition weiter. Auf einer Tagung der Katholischen Akademie Bayerns in München befürworteten Ende März 1963 alle Teilnehmer eine „Große Koalition auf Zeit", um die demokratische Ordnung in der Bundesrepublik zu stabilisieren. Wehner und von Brentano plädierten für eine Große Koalition, um die Handlungsfähigkeit der Regierung zu stärken und eine Wahlrechtsreform durchzusetzen. Jaeger (CSU) und Schmitt-Vockenhausen (SPD) befürworteten die Große Koalition, um die demokratische Ordnung in der Bundesrepublik krisenfest zu machen Außer zu Lücke und von Guttenberg hielt Wehner auch Kontakt zu von Brentano, mit dem er im September 1964 in einem längeren Gespräch vereinbarte, „bis zur Bundestagswahl 1965 in unseren Bereichen keine Verhandlungen über eine Große Koalition zu führen und zu begünstigen, aber dafür zu sorgen, daß nach der Wahl die beiden großen Parteien eingehend darüber sprechen, wie es mit Deutschland weitergehen soll(e)"

überhaupt belebte sich im letzten Jahr der Legislaturperiode die parlamentarische Auseinandersetzung wieder etwas, da wegen des Näherrückens des Wahlkampfs und der wachsenden Unzufriedenheit der Parteimitgliedschaft die Führung der SPD sich ge-zwungen sah, ihre politische Strategie dahingehend zu modifizieren, daß zwar die Gemeinsamkeit in außenpolitischen Fragen weiter betont die Nuancen in der Innenpolitik jedoch aufgezeigt und besonders die Zerstrittenheit der Bundesregierung angegriffen wurden. b) Die Große Koalition als Wahlkampfthema 1965 Zwei Faktoren prägten den Wahlkampf 1965: zum einen das — in diesem Ausmaß bisher nicht gekannte — engagierte Eintreten der Publizistik für die Bildung einer Allparteienregierung bzw. Großen Koalition und zum anderen die Konturenlosigkeit und Konformität sowohl der Wahlaussagen als auch der Wahlkampfstrategie der beiden großen Parteien.

Angesichts des allgemeinen Trends der Meinungsumfragen, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU/CSU und SPD prognostizierten, bemühten sich führende Politiker beider Parteien, ihren Wahlkampf so zu führen, daß dadurch die Möglichkeit einer Großen Koalition für die Zeit nach den Bundestagswahlen nicht verbaut wurde. Die Folge war in beiden Parteien eine Aufsplitterung des Wahlkampfs: offiziell standen sich Erhard und Brandt als Alternativen gegenüber; sie vermochten jedoch nicht zu verhindern, daß teils mit, teils gegen ihre Zustimmung Fäden zwischen beiden Parteien gesponnen wurden

Schon während der Vorwahlkampfzeit bestimmte das Für und Wider einer Großen Koalition in erheblichem Maße die politischen Auseinandersetzungen. Gegen den energischen Widerstand von Bundeskanzler Erhard, aber mit ausdrücklicher Billigung der Führungsgremien der SPD gingen in Nieder-* sachsen nach dem — wegen Unstimmigkeiten inder Konkordatsfrage erfolgten — Bruch der SPD/FDP-Koalition die beiden großen Parteien eine Koalition ein. Am 18. Juni führte Brandt auf eigenen Wunsch mit Adenauer ein längeres Gespräch über die anstehenden innen-

und außenpolitischen Probleme, das sie nach den Bundestagswahlen fortzusetzen vereinbarten In einem Interview am 18. Juli äußerte sich Adenauer lobend über die SPD, die gesehen habe, „daß sie mit dem Sozialismus nicht weiter komm(e) und deshalb umgesattelt"

habe

Nach Meinung des interviewenden Redakteurs war damit das „Stichwort für die Wahlen'

gefallen, was auch der Verlauf des auBerordentlichen Parteitags der CSU Mitte Juli in Nürnberg bestätigte. Im Gegensatz zu Bundeskanzler Erhard, der die SPD eines „kindischen Nachahmungstriebs" zeihte und ein düsteres Bild von den Auswirkungen einer Großen Koalition malte, schloß Strauß, der in der FDP den Hauptgegner für den Wahlkampf sah, die Möglichkeit einer Großen Koalition nicht aus, da Verfassungsreformen oder politische Notsituationen die Zusammenfassung der großen politischen Kräfte notwendig machen könnten

Wenige Tage später nahm der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Jahn, auf einer Wahlveranstaltung diese Argumentation auf und erklärte, die SPD suche nicht um jeden Preis die Große Koalition; sie sei aber dazu bereit, um wichtige und unaufschiebbare Aufgaben voranzutreiben Wehner bezweifelte zwar die Lauterkeit der Absichten von Strauß, dessen Rückkehr ins Kabinett er — wie in der Folgezeit auch andere führende sozialdemokratische Politiker — kategorisch ablehnte. Er stellte jedoch gleichzeitig fest, daß er „nicht Anhänger der Großen oder Kleinen Koalition (sei), sondern ein Befürworter der Koalition, die in der Lage (sei), die deutschen Probleme zu lösen. Die fähig und imstande (sei), in der Au-* ßenpolitik die . . . vielleicht schwierigsten Jahre 1965 bis 1969 zu bestehen. . . . Wer hier mit (ihm) einig (ginge), mit dem (sei er) bereit, in einer Regierung zusammenzuarbeiten"

Um dieselbe Zeit sprach sich auch Bundestags-präsident Gerstenmaier dagegen aus, die Große Koalition von vornherein aus den Koalitionsmöglichkeiten auszuschließen. Es hielten sich außerdem hartnäckig Gerüchte, daß er mit Erler und Mommer zu einem Gespräch zusammengetroffen sei, was keine Seite dementierte Aus dem Kreis der führenden Politiker beider Parteien hatten sich damit bis zum eigentlichen Wahlkampfbeginn nur der Bundeskanzler definitiv in der Koalitionsfrage festgelegt. Alle anderen hatten in dieser Beziehung vorsichtiger taktiert und die Möglichkeit einer Großen Koalition offengelassen.

Bei der offiziellen Wahlkampferöffnung der CDU am 8. August 1965 in Dortmund traten diese divergierenden Auffassungen deutlich zutage. Während Erhard und Dufhues der Großen Koalition eine entschiedene Absage erteilten, äußerten sich Adenauer und Barzel zurückhaltender, da über Koalitionsfragen erst nach den Wahlen gesprochen werden könne Am gleichen Wochenende deutete auch Strauß erneut die Möglichkeit einer Großen Koalition für die Zeit nach den Wahlen an, u. z. „nach klarer Absprache und nur für eine Legislaturperiode und mit dem Willen, danach wieder zu klaren Verhältnissen nach dem Willen der Wähler zu kommen"

Auf die Ausführungen von Erhard antwortete Brandt, daß er auf keinen Fall eine Große Koalition von vornherein ausschließen wolle, denn auf die Bundesrepublik warteten außen-

und innenpolitisch mehrere Aufgaben, die nur durch eine Verständigung und Zusammenarbeit der großen Parteien richtig angepackt und gemeistert werden könnten Ungeachtet der scharfen Worte bei der offiziellen Wahlkampferöffnung der SPD am 15. August in Dortmund, richtete er seinen Wahlkampf auf eine Regierungsbeteiligung seiner Partei aus, die — wie er wiederholt erkärte — nach den Bundestagswahlen mitregieren wolle Er riß „keine Gräben auf, sondern legt(e) Fundamente zum Brückenschlag. Er betont(e) den Zwang zur Gemeinsamkeit, damit die vor der Bundesrepublik liegenden Aufgaben gemeinsam gemeistert werden könn(t) en"

Nach einer gewissen wahltaktisch bedingten Beruhigung verschärften sich die Auseinandersetzungen um die Große Koalition noch einmal Ende August, als Adenauer in der September-Nummer der Zeitschrift „Die politische Meinung" nachdrücklich für eine Große Koalition eintrat, da „die Mängel in unserer Verfassungsstruktur, in unserem Sozial-rechtssystem und in unserem Parlamentswesen" wegen der für Grundgesetz-Änderungen erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit nicht ohne die Mitwirkung der Sozialdemokraten überwunden werden könnten Diese „Bombe Adenauers" rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Brandt wies das Angebot zurück, da die SPD Adenauer nicht gebeten habe, für die Große Koalition zu sein. Bundeskanzler Erhard forderte auf einer Wahlveranstaltung, nun endlich das „dumme Gerede" über eine Große Koalition einzustellen. Lediglich Helmut Schmidt stimmte dem Vorschlag Adenauers für den Fall zu, daß keine Partei die absolute Mehrheit erreichen sollte

Wenn auch das „Bonner Koalitionsgeflüster" zwischen CDU/CSU und SPD nicht ganz aufhörte, so traten doch in den beiden letzten Wochen des Wahlkampfes — nicht zuletzt wegen der definitiven Festlegung der FDP auf eine Fortsetzung der bisherigen Koalition — die Gegner der Großen Koalition stärker in den Vordergrund. Bundesaußenminister Schröder bezeichnete die Äußerungen führender Politiker der CDU/CSU über eine Große Koalition als „momentanen Schwächenanfall" und Bundesverteidigungsminister von Hassel sprach sich gegen ein derartiges Regierungsbündnis aus, da das parlamentarische System sowohl eine kräftige Re. gierung als auch eine starke Opposition brauche Der Bundeskanzler versicherte, et werde unter allen Umständen verhindern, daß „die SPD im Windschatten der CDU an die Macht schleich(e)" Auch Brandt betonte jetzt den Willen seiner Partei, mit aller Kraft um den Sieg zu kämpfen, und lehnte es ab, zu Koalitionsfragen Stellung zu nehmen Die Parteien versuchten, sich den Wählern als Alternative darzustellen.

Erst unmittelbar vor dem Wahltag meldeten sich die Befürworter der Großen Koalition wieder stärker zu Wort. Bundespräsident Lübke bat angesichts der „dieses Mal wahrscheinlich schwieriger werdenden Koalitionsmöglichkeiten" die vier Parteivorsitzenden brieflich, in ihren Parteien darauf hinzuwirken, „daß keine Vorschläge für den Kanzler-kandidaten gemacht und befürwortet werden, die bei der Bevölkerung Verwirrung schaffen könnten" Mit diesem Schritt wollte er die Möglichkeit der Großen Koalition nach den Wahlen offen halten. Am Vorabend der Wahl bekräftigte Adenauer noch einmal seine Auffassung von der Notwendigkeit der Großen Koalition. Er warf den „Hinterbänkler der SPD" vor, „die Notstandsgesetze kaputt gemacht zu haben", äußerte sich jedoch hinsichtlich einer künftigen Zusammenarbeit zwischen CDU/CSU und SPD zuversichtlich, da „es in der SPD-Fraktion einige Köpfe (gebe), die vorausdenken in die Zukunft. Das ist Wehner, das ist Erler, das ist vielleicht auch Herr Möller“ Gleichzeitig kündigte er an, daß er mit Brandt das Gespräch vom 18. Juni nach der Wahl fortsetzen werde. Diese Ankündigung war für Brandt, der ebenfalls seinen Wunsch nach einer derartigen Unterredung betonte, „wichtiger als alle Ungereimtheiten, die der amtierende Bundeskanzler jetzt noch sag(e)" Das Wahlergebnis vom 19. September 1965, das einem Plebiszit für Bundeskanzler Erhard gleichkam, machte aber jede Hoffnung auf eine Große Koalition zunichte. Ohne auf den Wunsch des Bundespräsidenten Rücksicht zu nehmen, beschlossen die Führungsgremien der CDU bereits am 20. September die Nominierung Erhards als Kanzlerkandidaten.

Die SPD, die trotz teilweise erheblicher Stimmengewinne ihr Wahlziel wieder nicht erreicht hatte, kündigte eine härtere Opposition an Sie gab der neuen Koalition keine Chance, die ganze Legislaturperiode durchzustehen: „Die von Erhard gewünschte Neuauflage dieser an Umfang zwar kleinen, an Krä-chen und Krisen gemessen aber großen Koalition steckt schon in ihrer Geburtsstunde in einer Koalitionskrise. Sie trägt schon jetzt die Zeichen des Verfalls" Aus dieser Über-zeugung heraus betonte Brandt die Entschlossenheit seiner Partei, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen: „Die SPD bleibt im Wort. Sie wird bereitstehen müssen und wird es aus freien Stücken und guter Überzeugung tun, bereitstehen, wenn es um Deutschland geht" c) Die Große Koalition bleibt auch nach Bildung der kleinen Koalition in der parlamentarischen Diskussion Die durch die fortdauernde Zerstrittenheit der Koalitionspartner und die innere Zerrissenheit der CDU/CSU verursachte weitgehende Lähmung der Regierungsarbeit führte schon nach kurzer Zeit zu einem Wiederaufleben der nach der Regierungsbildung etwas abgeflauten Diskussion um die Große Koalition. • Kurz vor Weihnachten verteidigte Adenauer in einem Interview die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD im Jahre 1962 und bekannte sich erneut zur Notwendigkeit einer „Großen Koalition auf Zeit", da eine Reihe schwieriger Fragen anstünden, bei denen eine Zusammenarbeit der beiden grohen Parteien unerläßlich sei Wehner reagierte umgehend auf diesen Vorstoß und schlug seinerseits unter Hinweis auf die 1962 abgebrochenen Verhandlungen ein Gespräch zwischen den „damals direkt Beteiligten" vor, um „in Ruhe und Sachlichkeit darüber zu reden, was eigentlich 1962 gewesen (sei), und warum die Verhandlungen seinerzeit gescheitert" seien

Die Auseinandersetzungen in der CDU/CSU verschärften sich, als wenige Tage später Bundespräsident Lübke ebenfalls für die Bildung einer Großen Koalition eintrat, da es eine ganze Reihe von Fragen (gebe), die keinen Aufschub vertr(ü) gen und nur gemeinsam von allen politischen Kräften angepackt werden könn(t) en" Auf dem Neujahrsempfang des Bundespräsidenten griff daraufhin Bundeskanzler Erhard — entgegen den protokollarischen Gepflogenheiten — die Kritiker seiner Regierung und auch den Bundespräsidenten scharf an und betonte, er werde es „nicht zulassen, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteh(e), als sei diese Koalition bereits zusammengebrochen, und daß es wünschenswert sei, sie abzulösen". Etwas überrascht lenkte der Bundespräsident in seiner Erwiderung zwar insofern ein, als er seine Äußerungen als „Unglückserzeugnis" bezeichnete; er beharrte jedoch darauf, daß die Kleine Koalition nicht alle notwendigen und dringlichen Aufgaben bewältigen könne und man deshalb die Opposition so behandeln müsse, daß immer ein „freundliches Klima" herrsche

Obwohl Bundestagspräsident Gerstenmaier das Verhalten des Bundespräsidenten indirekt billigte, als er ihn in seinen Neujahrswünschen aufforderte, „auch in diesem Jahr die Unbefangenheit zu haben, das zu sagen, was Sie für notwendig halten, auch wenn es nicht allen Seiten gefällt" bemühten sich führende Politiker der CDU/CSU aus partei-und koalitionspolitischen Gründen um eine rasche Beilegung dieser innerparteilichen Kontroverse. Der Fraktionsvorstand der CDU/CSU betonte am 10. Januar in einer Entschließung, die von der Fraktion einstimmig gebilligt wurde, daß es keinen Anlaß gebe, die Koalition mit der FDP aufzulösen und eine Allparteienregierung bzw. Große Koalition zu bilden Auch für Wehner, der im übrigen den Bundespräsidenten verteidigte, hatte das „Problem Große Koalition" zu diesem Zeitpunkt „keinen aktuellen Wert“. Er wies allerdings darauf hin, daß sowohl von der Sache als auch von der Notwendigkeit her die Voraussetzungen für eine Große Koalition gegeben" seien

Die tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Gegnern und Befürwortern einer Großen Koalition ließen sich — besonders in der CDU/CSU — in der Folgezeit nicht mehr überbrücken. Sie verschärften sich in dem Maße, wie die Unzufriedenheit mit und die Enttäuschung über Arbeit und Stil der Bundesregierung wuchsen; sie wurden schließlich öffentlich ausgetragen. Während der Bundeskanzler auf dem Bundesparteitag der CDU im März 1966 seine Vision von der „Formierten Gesellschaft" verkündete und Dufhues bestritt, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Bildung einer Großen Koalition erforderlich sei, sah Barzel die parlamentarischen Kräfteverhältnisse nüchterner und realistischer: „Was die Opposition betrifft, so müssen wir davon ausgehen, daß sie uns in keiner Frage aus parlamentarischer Verlegenheit helfen wird; das ist eine etwas andere Situation als ausgangs der letzten Legislaturperiode. .. . Gleichwohl sind wir bemüht, in den großen Lebensfragen unseres Volkes zu einer Kooperation zu kommen."

Auf die Sperrminorität seiner Partei ging auch Brandt auf dem Parteitag der SPD Anfang Juni ein, als er betonte, daß die Bundesregierung bei der Durchführung ihres Programms auf die Kooperationsbereitschaft der Opposition angewiesen sei: „Die neue Phase drückt sich aus in einem relativen Gleichgewicht der politischen Kräfte . . . Die anderen können nicht mehr, wir können noch nicht, . . . das ist die gegenwärtige Lage. ... CDU/CSU und FDP haben ihre Koalition gegen die SPD erneuert. Sie haben es getan in dem Wissen um die Kräfteverhältnisse und doch wohl auch im Wissen um die Aufgaben, und über die Konsequenzen dürfen sie sich nicht beschweren. Das heißt: Die Sozialdemokraten sind nicht für eine Arbeitsteilung, die darin besteht, daß sie alle Lasten schwieriger Entscheidungen mittragen, während die änderet alle Vorteile der Regierung monopolisieren Das heißt: Bei Verfassungsänderungen werden entweder die Auffassungen der sozialdemokratischen Partei durchgesetzt, auch ohne daß wir in der Regierung sind, oder die gegenwärtige Koalition wird ihre Unfähigkeit bekennen müssen, objektiv notwendige Aufgaben zu lösen."

Die Bildung der Großen Koalition war mittlerweile nur mehr ein internes Problem der CDU/CSU. Zwar standen ihrer Realisierung vorläufig noch das Festhalten eines großen Teils der Abgeordneten an jahrelang kultivierten Tabus und vor allem die Person des Bundeskanzlers im Wege, aber es war nur noch eine Frage der Zeit, wann diese Hindernisse fallen würden. In dem Augenblick, in dem die CDU/CSU infolge äußerer objektiver Umstände die Person des Bundeskanzlers nur noch als Last empfinden mußte und vor der Entscheidung stand, entweder die ganze Macht zu verlieren oder durch eine Teilung an der Macht zu bleiben, lösten sich diese Probleme von selbst.

Im Herbst 1966 war dieser Punkt erreicht. Angesichts der alarmierenden wirtschafts-und finanzpolitischen Situation des Bundes, die in ihren Auswirkungen der vielbeschworenen Ausnahmesituation gleichkam und nach Auffassung eines Großteils der Abgeordneten von CDU/CSU und SPD nur auf einer breiten parlamentarischen Basis bewältigt werden konnte, und angesichts des steten Anwachsens der Zahl der Befürworter einer Großen Koalition in den Reihen beider Parteien, insbesondere bei der CDU/CSU, stellten die Ablösung von Bundeskanzler Erhard und die nachfolgende Bildung der Großen Koalition nicht nur keine Schwierigkeit dar, sondern konnten auch mit der Zustimmung der Bevöl kerung, die jahrelang auf diesen Zeitpunkt vorbereitet worden war, rechnen.

Wenn auch 1966 im Vergleich zu den früheren Ansätzen zur Bildung einer Großen Koalition optimale materielle und personelle Bedingungen für ein derartiges Regierungsbündnis gegeben waren, so muß man sich dennoch davor hüten, von einer „zwangsläufigen" Entwicklung zu sprechen. Man darf dabei nicht übersehen, daß die Behauptung, die Große Koalition sei im staatspolitischen Interesse notwendig, nur als Alibi fungierte, das die eigentlichen parteiegoistischen Motive, die sich hinter der Bildung der Großen Koalition verbargen, verdeckte. Sie war eine zweckbedingte Lösung, die in dieser Form den kurz-und langfristigen Zielen beider Parteien optimal gerecht wurde: die SPD wurde endgültig regierungsfähig, die CDU/CSU blieb regierungsfähig, und beide Seiten versprachen sich davon wahltaktische Vorteile.

Damit läßt sich auch erklären, warum alle vor 1966 versuchten Ansätze zur Bildung einer Großen Koalition gescheitert waren: Während sich vor 1966 allein die Opposition parteitaktische Vorteile von einem derartigen Regierungsbündnis versprechen konnte und deshalb als der drängende Teil bei der Mehrheitsfraktion auf keine Resonanz stieß, befand sich 1966 die amtierende Regierungsfraktion in einer Krise, die sie nur durch eine Große Koalition glaubte bewältigen zu können. In dieser Situation war sie der agierende Teil, während die Opposition reagierte und ihre Forderungen anmeldete. Im Gegensatz zu den früheren Versuchen betrachtete nicht nur ein Partner, sondern betrachteten beide Partner dieses Regierungsbündnis als die für sie — zumindest kurzfristig — vorteilhafteste Lösung. Die Geschichte der Bemühungen um die Bildung der Großen Koalition in der Bundesrepublik zeigt, daß die Bildung eines derartigen Regierungsbündnisses — abgesehen von wirklichen nationalen außen-und innenpolitisch bedingten Notlagen — solange aussichtslos bleibt, solange die amtierende Regierungsfraktion daran aus parteitaktischen Erwägungen kein Interesse hat.

Fussnoten

Fußnoten

  1. In Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Baden, Württemberg-Hohenzollern, Württemberg-Baden.

  2. Franz Schneider, Große Koalition. Ende oder Neubeginn?, München 1969, S. 10.

  3. Die SPD stellte acht Wirtschaftsminister; vgl. Klaus Schütz, Die Sozialdemokratie im Nachkriegsdeutschland, in: Parteien in der Bundesrepublik, Stuttgart-Düsseldorf 1955, S. 224.

  4. Adenauer bot der SPD den Posten des Direktor der Verwaltung für Wirtschaft gegen die Überla; sung von drei Wirtschaftsministern in den Länder an (Schütz, a. a. O., S. 243).

  5. Erich Kosthorst, Jacob Kaiser. Bundesministe für gesamtdeutsche Fragen 1949— 1957, Stuttgart-Bonn—Köln—Mainz 1972, S. 41.

  6. Klaus Peter Schulz, Sorge um die deutsche Link'Köln—Berlin 1954, S. 43; vgl. Neuer Vorwärt Nr. 36, 3. September 1949, S. 1.

  7. Süddeutsche Zeitung (SZ), 16. August 1949, S. 1: Strauß erklärte, es bestünden keine grundsätzlichen Gegensätze zwischen CDU/CSU und FDP, die die Bildung einer Koalitionsregierung der beiden Parteien verhindern könnten; der Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft der CDU/CSU, Dörpinghaus, hielt eine Koalition zwischen CDU/CSU, FDP und DP für „durchaus möglich“, während er eine Koalition mit der SPD — ebenso wie Oberdirektor Pünder — wegen deren Forderung nach dem Wirtschaftsministerium praktisch ausschloß (Deutschland-Union-Dienst [DUD], 18. August 1949, S. 3).

  8. SPD-Pressedienst, 17. August 1949, S. 1.

  9. Frankfurter Rundschau (FR), 16. August 1949,

  10. FR, 20. August 1949, S. 1; DUD, 19. August 1949, S. 1, wo Meldungen über Koalitionsangebote Adenauers an die SPD dementiert werden.

  11. FR, 16. August 1949, S. 1.

  12. Konrad Adenauer, Erinnerungen. 1945— 1949, Frankfurt/Main und Hamburg 1967, S. 215.

  13. Christliche Gewerkschaftsfunktionäre warfen Adenauer vor, daß er bewußt keinen Vertreter des linken Flügels der CDU geladen habe (Welt, 29. August 1949, S. 1).

  14. Adenauer, a. a. O., S. 216.

  15. SZ, 23. August 1949, S. 1.

  16. SPD-Pressedienst, 22. August 1949, S. 2.

  17. DUD, 24. August 1949, S. 4.

  18. Welt, 24. August 1949, S. 1.

  19. SZ, 26. August 1949. S. 1.

  20. Die treibenden Kräfte waren v. a.der Bremer senatspräsident Kaisen und der niedersächsische Ministerpräsident Kopf.

  21. SPD-Pressedienst, 30. August 1949, S. 1/2.

  22. SZ, 1. September 1949, S. 1.

  23. Kosthorst, a. a. O., S. 75/6; Welt, 1. September 1949, S. 1.

  24. „Die Willenserklärung der SPD", in: Neuer Vorwärts, Nr. 36, 3. September 1949, S. 1.

  25. Welt, 10. September 1949, S. 1; Welt, 12. September 1949, S. 1.

  26. Gert Börnsen, Sozialdemokratische Anpassung und Formierte Gesellschaft. Der Weg der SPD-Führung in die Große Koalition, in: Blätter für deutsche und internationale Politik (Bl. f. dt. u. int. Pol.), 14. Jg. 1969, H. 3. S. 274.

  27. Anton Böhm, Mit der SPD gehen? Der Versuch der großen Koalition, in: Die Politische Meinung (Pol. Meinung), 5. Jg. 1960, H. 53, S. 19.

  28. Arnold Heidenheimer, Adenauer and the CDU The rise of the leader and the Integration of the Party, The Hague 1960, S. 149; Johannes Gross, Die Deutschen, München 1971, S. 135.

  29. Theo Pirker, Die SPD nach Hitler. Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1945— 1964, München 1965, S. 111

  30. Fritz Erler, Konstruktive Opposition, in: Wolfgang Gaebler (Hrsg.), Fritz Erler, Politik fu Deutschland. Eine Dokumentation, Stuttgart 1968. S. 317.

  31. Schneider, a. a. O., S. 17.

  32. FAZ, 10. August 1953, S. 3; Kaisen hatte schon Ende 1950 die Bildung einer Großen Koalition gefordert, wobei er davon ausging, daß ihr weder Adenauer noch Schumacher angehören würden (Klaus Bölling, Die Zweite Republik, Köln-Berlin 1963, S. 282).

  33. FAZ, 12. August 1953, S. 3; FAZ, 17. August 1953, S. 1; Kosthorst, a. a. O„ S. 287— 280.

  34. FAZ, 18. August 1953, S. 3.

  35. FAZ, 22. August 1953, S. 3.

  36. Vgl. Richard Tüngel, Große Koalition, in: Zeit, Nr. 36, 3. September 1953, S. 1.

  37. Welt, 23. August 1957, S. 2; Auf ihrem Parteitag hatte die CSU am 9. Mai 1957 erklärt: „Wir glauben, daß mit dem Sieg der Sozialdemokratischen Partei der Untergang Deutschlands verknüpft ist" (zit. nach Schneider, a. a. O., S. 17).

  38. Klaus Peter Schulz, Opposition als politisches Schicksal, Köln 1958, S. 33; eine ähnliche Beurteilung findet sich bei Wolfgang Abendroth, Die Chance der deutschen Sozialdemokraten nach dem 15. September 1957, in: ders., Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie, Neuwied/Ber-lin 1972, S. 67— 81.

  39. SZ, 21. August 1957, S. 2.

  40. Welt, 6. September 1957, S. 1.

  41. Welt, 12 September 1957, S. 2.

  42. SZ, 13. September 1957, S. 2.

  43. Schulz, Opposition, a. a. O., S. 17 if.

  44. Abgedruckt in: Klaus Peter Schulz, Proletarier, Klassenkämpfer, Staatsbürger. 100 Jahre deutsche Arbeiterbewegung, München 1963. S. 194 f.

  45. StenB, 2. WP., 4. Sitz, vom 28. Oktober 1953, S. 36 B.

  46. Vgl. Pirkner, a. a. O., S. 186; Wolf Dieter Narr, CDU—SPD Programm und Praxis seit 1945, Stuttgart Berlin, Köln/Mainz 1966, S. 196.

  47. Bölling, a a. O„ S. 282.

  48. Sorge um die deutsche Linke. Eine kritische Analyse der SPD-Politik seit 1945, Köln 1954 S. 102 f.

  49. Günter Struve, Kampf um die Mehrheit Die Wahlkampfkampagne der SPD 1965, Köln 1971 S. 23.

  50. Schulz, Sorge um .... a. a O., S. 34.

  51. SPD-Parteitagsprotokoll, 1956, S. 63.

  52. Michael Hereth, Die parlamentarische Oppo* tion in der Bundesrepublik Deutschland, München 1969, S. 117.

  53. (SPD-PT-Prot.) SPD-PT-Prot., 1956, S. 70.

  54. Wolf-Dieter Narr, CDU-SPD. Programm und Praxis seit 1945, Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1966,

  55. Günter Gaus, Staatserhaltende Opposition oder hat die SPD kapituliert: Gespräche mit Herbert Wehner, Reinbek 1966, S. 36: Nach Wehner „griff (Ollenhauer) damals auch unmittelbar mit in die Speichen und hatte Spaß daran".

  56. Narr, a. a. O., S. 205; Abraham Ashkenasi, Reformpartei und Außenpolitik. Die Außenpolitik der SPD, Köln-Opladen, S. 115 ff

  57. 20. bis 25. März 1968 Bundestagsdebatte über die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen; Unterstützung der Atomtodbewegung; Wehner arbeitete irn März 1959 einen Deutschland-Plan aus.

  58. Willi Eichler bei der Begründung des Programm-entwurfs auf dem Parteitag in Stuttgart im Mai 1958 (SPD-PT-Prot., 1958, S. 367).

  59. StenB, 3. WP„ 122. Sitz, vom 30. Juni 1960,7052 B; der CDU-Abgeordnete Gradl hatte als erster nach dem Scheitern der Pariser Gipfelkonfe-renz vorgeschlagen, zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu kommen, was Adenauer jedoch scharf ablehnte.

  60. A. a. O., S. 7056 D.

  61. A. a. O., S. 7060 D.

  62. Struve, a. a. O., S. 34.

  63. Rüdiger Altmann, Das Erbe Adenauers, München 1963, S. 103.

  64. Narr, a. a. O., S. 209.

  65. SPD-PT-Prot., 1960, S. 541.

  66. Ollenhauer, a. a. O., S. 648.

  67. A. a. O., S. 657.

  68. A. a. O., S. 658.

  69. A. a. O„ S. 673.

  70. Wehner, in: Gaus, a. a. O., S. 111.

  71. Wehner, zit. nach Pirkner, a. a. O., S. 292.

  72. Welt, 24. April 1961, S. 4.

  73. Adenauer auf dem CDU-Patteitag in Köln am 25. April 1961; zit. nach: Politisches Jahrbuch der CDU/CSU 1961, S. 33; ebd. Stellungnahmen von v. Brantano (S. 36), Krone (S. 135), v. Hassel (S. 143); vgl. Jahrbuch der SPD 1960/1, S. 318: „Der Ruf nach Gemeinsamkeit konnte den politischen Gegner weit mehr frustrieren und lähmen, als es der offene Kampf je vermocht hätte.“

  74. Welt, 26. April 1961, S. 2.

  75. Jahrbuch der SPD 1960/1, S. 8; vgl. Struve, a. a. O., S. 54.

  76. SPD-PT-Prot., 1961, S. 7.

  77. Wehner, a. a. O„ S. 16.

  78. Brandt auf dem Parteitag in Hannover 1960, SPD-PT-Prot., 1960, S. 670.

  79. Erler zit. nach Struve, a. a. O., S. 41; vgl. Walter Gong, Fritz Erler, in: Zeit, Nr. 33, 11. August 1961,

  80. StenB, 3. WP„ 166. Sitz, vom 30. Juni 1961, S. 9762 B— 9767 C.

  81. Walter Gong, Es sprach der deutsche Bundestag, in: Zeit, Nr. 28, 7. Juni 1961, S. 2.

  82. Krone auf einer Wahlversammlung in Rendsburg (FAZ, 6. Juli 1961, S. 3).

  83. Willy Brandt, Plädoyer für die Zukunft, Frankfurt/Main 1961, S. 33.

  84. SZ, 2 /3. September 1961, S. 5; V-s., Nationale Verantwortung, in: Vorwärts, Nr. 36, 6. September 1961, S. 1.

  85. Carlo Schmid auf einer Wahlversammlung in Mannheim (Welt, 4. September 1961, S. 1).

  86. Brandt, in: Welt, 9. September 1971, S. 17.

  87. Hans Ulrich Kempski, Mit Charme und Standarte aut Stimmenfang, in: SZ, 15. September 1961,

  88. Ders., Protest ist keine Denkmalsschändung mehr, in: SZ,. 13. September 1961, S. 3.

  89. FAZ, 14. September 1961, S. 1

  90. Mende hatte betont, auch bei einem Höchstandebot an Ministersitzen und bei einem Kompromiß im Regierungsprogramm werde die FDP lieber ein Minderheitskabinett der CDU/CSU tolerieren als mit der SPD koalieren, da die entscheidenden Gegensätze zwischen FDP und SPD zu groß seien. Außerdem würden die früheren Koalitionen die FDP an die CDU binden (FAZ, 15. September 1961, S. 1).

  91. Welt, 16. September 1961, S. 2.

  92. SZ, 16/17. September 1961, S. 1/2; Welt. 16. September 1961, S. 2.

  93. Jahrbuch der SPD 1960/1, S 474.

  94. Wehner, zit. nach Parlamentarisch-Politischer Pressedienst (PPP), 19. September 1961, S. 3.

  95. PPP, 19. September 1961, S. 4; FAZ, 20. September 1961, S. 1.

  96. FAZ, 20. September 1961, S. 1/4; Spiegel, Nr. 40, 27. September 1961, S. 28.

  97. Stuttg. Zeitung, 25. September 1961, S. 2.

  98. PPP, 20. September 1961, S. 1— 3; Die Lüge von der schwarzroten Gefahr, a. a. O., S. 4.

  99. PPP, 21. September 1961, S. 2.

  100. Spiegel, Nr. 40, 27. September 1961, S. 27 ff. 109a) Vgl. die Erklärung Brandts in einer Pressekonferenz am 22. September, wo er erklärte, daß angesichts der „harten Bedingungen", die auf die Bundesrepublik zukämen, vieles für den Versuch spreche, mit den Dingen gemeinsam fertig zu werden oder — wenn das nicht ginge — sich zumindest auf ein besseres Verhältnis zueinander zu verständigen. Das erschiene ihm noch wichtiger als die Frage, wer in der Regierung sitze. Auf die Dauer einer derartigen Koalition angesprochen meinte er, man könne dabei nicht mit Monaten oder Jahren rechnen, sondern diese Frage müsse politisch auf Grund des Zeitraumes der Krise, die lang sein könne, beantwortet werden. Vgl. Wolfgang F. Dexheimer, Koalitionsverhandlungen in Bonn 1961 — 1965 — 1969, Politische Akademie Eichholz 1973, S. 68/9.

  101. PPP, 25. September 1961, S. 1/2, Dexheimer, aa. 0. S. 71 f.

  102. PPP, 26. September 1961, S. 3, SZ, 26. Septemder 1961, S. 1.

  103. PPP, 27. September 1961, S. 2.

  104. PPP, 28. September 1961, Nachtrag 27. Septem0«iSZ, 28. September 1961, S. 1/2.

  105. PPP, 29. September 1961, Nachtrag 28. September.

  106. Welt, 30. September 1961, S. 1/2.

  107. SZ, 29. September 1961, S. 2

  108. Vgl. von Brentano, in StenB, 4 WP., 6. Sitz, vom 6. Dezember 1961, S. 67 A: „. . ., daß wir bereit sind, in der praktischen Arbeit des Parlaments alles zu tun, um eine vertrauensvolle und aufrichtige Zusammenarbeit auch mit der Opposition zu gewährleisten." Wolfgang Höpker, Vernunftehe mit den Sozialdemokraten?, in: Christ und Welt, Nr. 39, 29. September 1961, S. 1.

  109. Herbert Wehner, „Geleimter Bürgerblock", in: Vorwärts, Nr. 42, 18. Oktober 1961, S. 1; Robert Strobel, Koalitionskarussell in Bonn, Nr. 40, 29. September 1961, S. 1.

  110. Struve, a. a. O., S. 59.

  111. Brandt, in: StenB, 4. WP., 6. Sitz, vom 6. Dezember 1961, S. 58D;

  112. Wehner, a. a. O.; Ollenhauer in: SPD-PT-Prot. 1962, S. 25.

  113. Wehner, a. a. O.

  114. Ollenhauer, in: StenB, 4. WP., 8. Sitz., vom 6. Dezember 1961, S. 123 D.

  115. Pirker, a. a. O., S. 323: „Die SPD operierte im Bundestag von Dezember 1961 bis Ende 1962 so, als ob sie bereits Mitglied eines nationalen Kabinetts, einer Allparteienregierung sei."

  116. Hereth, a. a. O., S. 119.

  117. Günter Gaus, Die Opposition dankt ab, in: SZ 1. Juni 1962, S. 1; vgl. Hans Robinson, Haben wir eine Opposition?, in: Zeit, Nr. 21, 25. Mai 1962 S. 3; Theodor Eschenburg, Opposition muß nicht Selbstmord sein, in: Zeit, Nr. 23, 8. Juni 1962, S. 6

  118. Grundsätzlich zur „Spiegel" -Krise: Alfred Grosser, Jürgen Seifert, Die Spiegel-Affäre I. Die Staatsmacht und ihre Kontrolle, Olten und Freiburg i. Br

  119. Dieter Schröder, Das große Ringen-um die Koalition, in: SZ, 6. Dezember 1962, S. 3; Josef Re miller, Der Freiherr und die Parteidisziplin, in: SZ 10. Dezember 1962, S. 3; Robert Strobel, Die Bonner Kompaßnadel schwankt, in: Zeit, Nr. 49, 7. Dezem; ber 1962, S. 1; Spiegel, Nr. 50, 12. Dezember 196-1 S. 25.

  120. Paul Lücke, Ist Bonn doch Weimar? Der Kampf um das Mehrheitswahlrecht, Frankfurt-Berlin 1968, S. 35/6; Georg Schröder, Lückes Lawine, in: Welt, 6-Dezember 1962, S. 3.

  121. Wehner sagte im Interview mit Hans Ulrich Kempski („Es ging nicht um Finessen und Rücken-deckung"), in: SZ, 10. Dezember 1962, S. 3: „Im übrigen ist der Gang der Absprache meinerseits immer mit dem Vorsitzenden der SPD, Ollenhauer, und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Erler, besprochen worden.“ Wilhelm Born, Am Steuer saß eine Dame, in: Spiegel, Nr. 39, 22 September, S. 36, berichtet dagegen, daß Wehner Ollenhauer und Erler erst nach dem Berliner Gespräch unterrichtet habe. Brandt wurde de-nitiy erst nach dem Gespräch in Berlin unterrich-tet (Spiegel, Nr. 50, 12. Dezember 1962, S. 26).

  122. PPP, 27. November 1962, S. 1. Adenauers abgedruckt in: Lücke, a. a. O.,

  123. vgl. Wehner, in: SZ, 10. Dezember 1962, S. 3: •Im meinerseits habe nicht verheimlicht, daß es Ar uns bisher nicht erkennbar geworden sei, ob denauer seine Stellung zur SPD geändert habe."

  124. Otto B. Roegele, Die Bemühungen um eine Große Koalition in Bonn. Der erste Anlauf im Jahre 1962, in: Richard Wisser (Hrsg.), Politik als Gedanke und Tat, Mainz 1967, S. 222.

  125. Wehner, zit. nach SZ, 5. Dezember 1962, S. 1.

  126. Wehner, zit. nach JP., Nur ein erster Schritt, in: Vorwärts, Nr. 47, 21. November 1962, S. 1: „ .. . Möglchkeit einer Allparteienregierung überprüft werden, auch wenn sie nur zu dem Zweck gebildet würde, die Sauberkeit und Ordnung im Rahmen von Verfassung und Gesetz herzustellen."

  127. ppp IQ November 1962, S. 1.

  128. Grosser, Seifert, a. a. O., S. 273; PPP, 28. November 1962, Nachtrag 27. November, schrieb, daß „ 95 CDU/CSU-Abgeordnete für eine Große Koalition eintreten".

  129. DUD, 27. November 1962, S. 1.

  130. SZ, 3. Dezember 1962, S. 1/2; Welt, 3. Dezember 1962. S. 1/2; PPP, 3. Dezember 1962, Nachtrag 1. Dezember; Wehner argumentierte in Bremen bezüglich der FDP ebenso (JP, Die sechste Woche, in: Vorwärts, Nr. 49, 5. Dezember 1962, S. 1).

  131. SPD-Pressedienst, 3. Dezember 1962, S. 1.

  132. SZ, 4. Dezember 1962, S 1.

  133. Roegele, a. a. O„ S. 223.

  134. DUD, 4. Dezember 1962, S. 1.

  135. PPP, 6. Dezember 1962, S 1; dazu gehörten als führende Mitglieder Erhard, Blank, Schmücker, Schröder, Wilhelmi.

  136. SZ, 5. Dezember 1962, S. 2; Spiegel, Nr. 50, 12. Dezember 1962, S. 27 f.; Roegele, a. a. O., S. 223 bis 228, gibt eine detaillierte Schilderung der Kräf-tekonstellation in der CDU/CSU: Gegner waren Erhard, Blank, Schmücker, Schröder, Wilhelmit Befürworter Adenauer, von Brentano, Dollinger, Gradl, Jaeger, Krone, Lücke, Stoltenberg, Struve; skeptische Befürworter waren Gerstenmaier, Strauß.

  137. SZ, 5. Dezember 1962.

  138. SZ, 5. Dezember 1962, S. 1/2; PPP, 4. Dezember 1962, S. 3/4.

  139. Am 12. November hatte die SPD-Fraktion in Bundestag einen Antrag gestellt, in dem der Bundeskanzler ersucht wurde, Bundesverteidigungsminister Strauß zu entlassen (SZ 14. November 19®. S. 1).

  140. 1 Welt, 5. Dezember 1962, S. 2.

  141. Am 4. Dezember hatten der FDP-Parteivorstann und die Bundestagsfraktion beschlossen, der S für den Fall der Fortsetzung des Gesprächs Von CDU/CSU und SPD ein so verlockendes Ange»“ zu machen, daß sie nicht ablehnen könne. Der stellvertretende Parteivorsitzende Wolfgang Dörin? traf am Abend des 4 Dezember mit Erler und He

  142. Schmidt in der SPD-Parteizentrale zusammen Vgl. H. W. Graf von Finckenstein. Spät am Abend kam Wolfgang Döring, in: Welt, 6 Dezember 1962, S 3; Robert Strobel, Die Bonner Kompaßnadel shwankt, in: Zeit, Nr. 49, 7. Dezember 1962, S. 1).

  143. PPP, 4. Dezember 1962, S. 3/4; PPP, 5. Dezem-ber 1962, Nachtrag 4. Dezember.

  144. Die SPD-Fraktion teilt mit, 5. Dezember 1962, PPP, 6. Dezember 1962, Nachtrag 5. Dezember.

  145. Erklärung Barsigs und Erklärung des Bundeskanzleramts in: Grosser, Seifert, a. a. O., S. 278; Hermann Schröder, Der befristete Adenauer, in: Stuttg.. Zeitung, 8. Dezember 1962, S. 3.

  146. Lücke hatte Kiesinger in dessen Eigenschaft als Vertreter des im Ausland weilenden Bundespräsidenten bereits am 3. Dezember informiert, wobei Kiesinger seine Unterstützung zusagte. Kiesinger plädierte selbst für den Fall, daß die SPD eine Wahlrechtsreform ablehnte, für die Bildung einer Großen Koalition (Lücke, a. a. O., S. 39).

  147. Vgl. Bericht Ollenhauers vor der SPD-Fraktion, wo er sagte, er habe Adenauer darauf hingewiesen, daß die SPD der Einführung des Mehrheitswahlrechts für 1965 nicht zustimmen könne (Die SPD-Fraktion teilt mit, 7. Dezember 1962); ebenso von Brentano vor der CDU/CSU-Fraktion (DUD, 7. Dezember 1962, S. 1/2).

  148. PPP, 7. Dezember 1962, Nachtrag 6. Dezember.

  149. Inoffizielle Gespräche zwischen CDU/CSU-Gegnern einer Großen Koalition und Vertretern der FDP hatten ergeben, daß die FDP die CDU/CSU in personellen Fragen nicht unter Druck setzen würde, wenn es dieser gelänge, Adenauer zur Nennung eines Rücktritts-Termins zu bewegen (Hermann Schreiber, Der befristete Adenauer, in: Stuttgarter Zeitung, 8. Dezember 1962, S. 3; Dieter Schröder,Adenauer stiftet Verwirrung, in: SZ, 8. /9. Dezember 1962, S. 3).

  150. PPP, 10. Dezember 1962, S. 3; Adenauer stellte öffentlich fest, daß Lücke und von Guttenberg bei ihrem Tun „das Wohl des ganzen Volkes" im Auge hatten (SZ, 11. Dezember 1962, S. 1).

  151. SZ, 8. /9. Dezember 1962, S. 4.

  152. SZ, 10. Dezember 1962, S. 4.

  153. Roegele, a. a. O., S. 235.

  154. Wehner in: SZ, 10. Dezember 1962, S. 4; vgl JP., Im Grundbuch der Nation, in: Vorwärts, Nr. 49, 12. Dezember 1962, S. 1; Giselher Wirsing, Reift die Große Koalition heran. Das gebrochene Tabu, in Christ und Welt, Nr. 49, 7. Dezember 1962, S. 1; ders., Die vertane Chance, in; Christ und Welt, Nr. 50, 14. Dezember 1962, S. 1.

  155. Ollenhauer vor der SPD-Fraktion, in: Die SPD-Fraktion teilt mit, 7. Dezember 1962; vgl. Schlagzeilen in der Bild-Zeitung: „Das wäre unsene Traumregierung" (Bild, 6. Dezember 1962, S. 1) und „Bild-Leser wollen Große Koalition" (Bild, 7. Dezember 1962, S. 1).

  156. Lücke, a. a. O., S. 41; Wolfgang Höpker, Eine Tür fiel ins Schloß, in: Christ und Welt, Nr. 50, 14. Dezember 1962, S. 4.

  157. Dff (Dönhoff), Verpaßte Gelegenheiten, in: Zeit, Nr. 50, 14. Dezember 1962, S. 1; o. V., Ein Großer Versuch, in-Politisch-Soziale Korrespondenz, 15. Dezember 1962, S. 13/4.

  158. Schmidt und Erler waren über das Angebot Dörings (vgl, Anm. 150) „keineswegs beglückt" (Dieter Schröder, Das große Ringen um die Koalihon, in: SZ, 6. Dezember 1962, S. 3); Brandt sagte nach dem Informationsgespräch mit der FDP am 5 Dezember, es sei ein „illusorischer Gedankenaustausch gewesen"; Wehner artikulierte die Skep-SS gegenüber einer von der Industrie gelenkten DP (vgl. Anm. 118): „Nur sind wir nicht irgendeine Anstalt zur Galvanisierung von irgendwelchen

  159. Pirker, a. a. O., S. 316.

  160. Mende in der Aussprache über die Regierungserklärung: „Man hat manchmal den Eindruck, daß die sozialdemokratische Opposition mehr und mehr auf dem Weg ist, eine Koalitionspartei im Warte-stand zu werden ..." (StenB, 4. WP., 58. Sitz, vom 7. Februar 1963, S. 2610 D).

  161. Eine Emnid-Umfrage vom 25. März 1963 ergab 36 “ /o für eine CDU/CSU/SPD-Regierung, 23 •/« für eine CDU/CSU/FDP-Regierung, 9 °/o für eine SPD/FDP-Regierung, 32 °/o waren ohne Meinung; zit. nach Otto Kirchheimer, Deutschland oder der Verfall der Opposition, in: ders., Politische Herrschaft, Frankfurt/Main 1965, S. 90 Anm 17.

  162. StenB, 4. WP., 58. Sitz, vom 7. Februar 1963, S. 2621 D.

  163. Wehner, in: SZ, 10. Dezember 1962, S. 4.

  164. Klaus von Dohnanyi, Regieren aus der Opposition, in: Neue Gesellschaft, 8. Jg. 1961, H. 6, S. 450.

  165. Kirchheimer, a. a. O., S. 81.

  166. Eiler begründete die Stimmenthaltung seiner Fraktion damit, daß der Verteidigungshaushait noch von Strauß eingebracht wordeu sei (StenB, 4. WP., 75. Sitz, vom 9. Mai 1963, S. 3561 C, 3567 C).

  167. Stenß, 4. WP., 106. Sitz, vom 9. Januar 1964, S. 4859 B/C.

  168. Stenß, 4. WP., 106. Sitz, vom 9 Januar 1964, S. 4871 D.

  169. Erler, in: SPD-PT-Prot„ 1964, S. 78.

  170. Hereth, a. a. O„ S. 121, mit Beispielen.

  171. SZ, 1. April 1963, S. 4.

  172. Wehner, in: Gaus, Staatserhaltende Opposition, a. a. O., S 117.

  173. Struve, a. a. O., S. 39, schreibt, daß auf dem Parteitag 1964 in Karlsruhe der Beifall immer heftig wurde, wenn Strauß und Erhard angegriffen oder Hessen erwähnt wurden, wählend der Beifall nur spärlich war, wenn von Gemeinsamkeit gesprochen wurde

  174. Erler: „Wir würden an der falschen Stelle operieren, wenn wir dort eine Kluft aufrissen, wo die Lebensinteressen der Nation ein Höchstmaß an Zusammenwirken der demokratischen Kräfte gebieten" (SPD-PT-Prot., 1964, S. 81; vgl. Brandt ebd. S. 149).

  175. Marion Gräfin Donhöff, Große Koalition? Ein Notausgang aus der Bonner Misere, in: Zeit, Nr. 35. 27. August 1965, S. 1; Günter Gaus, Kanzlerregiment und Opposition, München 1965; ders., Die Koalition zählt, nicht der Kanzler, in: Zeit, Nr. 37, 10. September 1965, S. 6; Klaus Harpprecht, Wer kann die CDU noch retten?, in: Christ und Welt, Nr. 34, 20. August 1965, S. 3; in der „Kölnischen Rundschau" beschäftigte sich eine ganze Artikel-serie mit der Großen Koalition (Spiegel, Nr. 31, 28. Juli 1965, S. 16); kritisch: Hans Schuster, Die Qual der Wahl, SZ, 10. Sept. 1965, S 4.

  176. Werner Kaltefleiter, Konsens ohne Macht. Eine Analyse der Bundestagswahl vom 19. September 1965, in: Verfassung und Verfassungswirklichkeit, Bd. 1 1966, S. 18.

  177. , Was soll aus Deutschland werden?", Wolfgang Höpker sprach am Vorabend der Wahl mit Konrad Adenauer, in: Christ und Welt, Nr. 31, 17. September 1965, S. 4.

  178. Zit. nach Martin Dovifat, Die SPD will mitre-gieren, in: Bl. f. dt. u. int. Pol., 16. Jg. 1965, H. 7, S. 704 Interview in der Welt am Sonntag).

  179. FAZ, 19. Juli 1965, S. 1/4; Spiegel, Nr. 31, 28. Juli 1965, S. 15.

  180. SZ, 26. Juli 1965, S. 2.

  181. Vgl. Leserbrief der Landesleitung der CSU an ConSZ: „Es gibt nahezu keinen Wahlredner der FD oder FDP, der Strauß nicht zum Buhmann macht." (SZ, 26. Juli 1965, S 2); Jahn (SZ, 26. Juli.

  182. JP., Von Bewährung nichts zu spüren, Herbert Wehner zur Frage der Koalition nach den Wahlen, in: Vorwärts, Nr. 30, 28. Juli 1965, S. 2.

  183. FAZ, 3. August 1965, S. 1; Spiegel, Nr. 31, 28. Juli 1965, S. 16.

  184. SZ, 9. August 1965, S. 1.

  185. SZ, 9. August 1965, S. 4 103)

  186. FAZ, 9. Augist 1965, S. 4.

  187. FAZ, 3. August 1965, S. 1.

  188. J. E., Weiße mit Schuß, in: Christ und Welt, Nr. 35, 27. August 1965, S. 8: Ernst O. Maetzke, Wehner verschmäht die Anbiederungsmasche, in: FAZ, 2. September 1965, S 4; Josef Riedmiller, Strauß, Wehner und die CSU, in: SZ, 19. August 1965, S. 4; Rolf Zundel, Es kommt auf jede Stimme an, in: Zeit, Nr. 37, 10. September 1965, S. 3.

  189. Konrad Adenauer, Möglichkeiten einer Koalition. Erfahrungen mit vier Regierungen, in: Pol. Meinung, 10. Jg. 1965, H. 108, S. 13— 17.

  190. Wolfgang Höpker, Adenauers Bombe, in: Christ und Welt, Nr. 36, 3. September 1965, S. 1.

  191. SZ, 30. August 1965, S. 1/2.

  192. Spiegel, Nr. 31. 28. Juli 1965, S. 15.

  193. Auf dem Wahlkongreß in Essen legte sich die FDP auf die Fortsetzung der alten Koalition fest unter der Bedingung, daß die CDU/CSU keine absolute Mehrheit und Strauß kein Ministeramt erhalte (FAZ, 3 September 1965, S. 1/4).

  194. Welt, 6. September 1965, S. 2; Wolfgang Höpker, Das Koalitionskarussel dreht sich, in: Christ und Welt, Nr. 37, 10. September 1965, S. 1.

  195. FAZ, 6. September 1965, S. 4.

  196. FAZ, 10. September 1965, S. 4; Johannes Gross, Nach Helgoland zum Stimmenfang, in: Christ und Welt, Nr 33, 13. August 1965, S. 5; Hans U. Kempski, Die Lokomotive qualmt, doch ihr fehlt die Kraft, in: SZ, 8. Septemoer 1965, S. 3; Rolf Zundel, Mitten ins deutsche Gemüt, in: Zeit, Nr. 36, 3 September 1965, S. 4.

  197. JP., Ludwig Erhard kneift schon wieder, in: Vorwärts, Nr. 35, 1. September 1965, S. 1; Fr Stallberg, Argument an Argument gesetzt, in: ebd. S. 5; JP., Die CDU ist total verwirrt, in: Vorwärts, Nr. 36, 8. September 1965, S. 1.

  198. SZ, 22. September 1965, S. 1/2; G. Z„ Lübkes Irrtum, in: Zeit, Nr. 39, 24. September 1965, S. tu Spiegel, Nr. 38, 15. September 1965, S. 25/6.

  199. Adenauer-Interview „Was soll aus Deutschland werden", in: Christ und Welt, Nr. 31, 17. September 1965, S. 4.

  200. Welt, 18. September 1965, S. 1.

  201. Wehner in der Aussprache über die Regierungserklärung, in: StenB., 5. WP., 10. Sitz, vom 2 Dezember 1965, S. 367 f.; Jürgen Engert, Vor einem neuen Ghetto. Opposition aus Resignation — Die Sozialdemokraten nach der Wahlniederlage, in: Christ und Welt, Nr. 40, 1. Oktober 1965, S. 10; Rolf Zundel, Macht die SPD wieder Opposition?, in; Zeit, Nr. 40, 1. Oktober 1965, S. 1.

  202. Sta., Erhards Koalition nicht lebensfähig, in: Vorwärts, Nr. 42, 20. Oktober 1965, S. 1.

  203. Welt, 27. September 1965, S. 1.

  204. Wolfgang Höpker, Gedanken eines Neunzig-jährigen, Gespräche mit Adenauer, in: Christ und Welt, Nr. 52, 24. Dezember 1965, S. 3. Adenauer Helmut Schmidt: „Ja, er ist noch am Entwik-

  205. ppp, 22. Dezember 1965, S. 1/2.

  206. Interview in der „Weltwoche" (Zürich), zit. nach Spiegel, Nr. 3, 10. Januar 1966, S. 15; kritisch zum Verhalten des Bundespräsidenten: Theodor Eschenburg, Wer den Rubikon überschreitet, in: Zeit, Nr. 52, 31. Dezember 1965, S. 2.

  207. SZ, 5. /6. Januar 1966, S. 1/2.

  208. FAZ, 5. Januar 1966, S. 1.

  209. Weyer hatte Erhard aufgefordert, den Äußerungen Adenauers entgegenzutreten; Reinhold Maier warf Lübke einen Verstoß gegen seine Amtspflichten vor; Mende wandte sich scharf gegen die „Patentkonstruktion einer Großen Koalition" (FAZ, 7. Januar 1966, S. 1/4).

  210. FAZ, 11. Januar 1966. S. 1/4; Vor der Fraktionssitzung hatte Lübke Barzel zu einem Gespräch empfangen.

  211. FAZ, 10. Januar 1966, S. 1; Wehner-Interview zum Koalitionsgerede, in: Vorwärts, Nr. 3, 12. Januar 1966, S. 2.

  212. CDU-PT-Niedersdirift, 1966, S. 119.

  213. SPD-PT-Prot, 1966, S. 72/3.

  214. Vgl. Zundel, der von einer „merkwürdigen un fatalen Zweckläufigkeit" sprach, „mit der die Entwicklung dieser Lösung zutrieb" (Zeit, Nr. 481 2. Dezember 1966, S. 3); Johannes Gross, a. a. O• S. 135.

Weitere Inhalte

Heribert Knorr, geb. 1945, Studium der Politischen Wissenschaften, Soziologie, Geschichte und Englisch in Tübingen und Newcastle-upon-Tyne; seit April 1973 Persönlicher Referent des Präsidenten der Universität Tübingen. Veröffentlichungen: Die Koalitionsfraktionen und ihre Führungen während der Großen Koalition in der Bundesrepublik, erscheint Ende 1974.