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Zum Begriff „Aufgaben der Entwicklungshilfe" | APuZ 25/1974 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 25/1974 Schule zwischen Gott und Marx. Konfessionelle Lernziele in einer pluralistischen Gesellschaft Bildung und Wissenschaft in der Entwicklungspolitik Zum Begriff „Aufgaben der Entwicklungshilfe"

Zum Begriff „Aufgaben der Entwicklungshilfe"

Carl Joseph Schulte

/ 23 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

An zahlreichen Stellen bundesdeutscher Gesetze stößt man auf die Begriffe „Aufgaben der Entwicklungshilfe" oder „förderungswürdige Entwicklungshilfe", ohne daß näher erläutert wird, was unter diesen vieldimensionalen Begriffen zu verstehen ist. Ausgehend von dem seit einigen Jahren in Gebrauch befindlichen Begriff der „intellektuellen Investition" bzw.der „geistigen Förderung" wird versucht, diesen im Gegensatz zur materiellen Investition sehr vernachlässigten Teilaspekt der Entwicklungshilfe in seine Einzelfunktionen zu zerlegen. Dabei ergeben sich folgende Teilaufgaben: wirksamere Produktionsverfahren, bessere Produktionsmittel und ganz allgemein neue Erkenntnisse zu entwickeln; Vermitteln von Wissen und Entwickeln von Können; Hilfe beim Lösen von Problemen und beim Treffen von Entscheidungen zu geben; Menschen zum Handeln zu bewegen. Im Rahmen eines zeitlich begrenzten Einsatzes deutscher Fachkräfte der Entwicklungshilfe kommt den einzelnen Teilaufgaben ganz verschiedene Bedeutung zu. Dabei sollte wesentlich mehr als bisher auf die Erfahrungen dieser Fachkräfte beim Einleiten eines sozialen Wandlungsprozesses zurückgegriffen werden; vielleicht ließe sich dann auch aus der Summe dieser Erfahrungen eine effektivere Strategie der Entwicklungshilfe sowie eine Konkretisierung des Begriffs „Aufgaben der Entwicklungshilfe" ableiten.

I

Größte oder kleinste Hindernisse bei der Durchführung des sozialen Wandlungsprozesses, die den Erfolg eines Projektes beeinflussen

Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit führte 1965 aus, daß als bestimmend für den notwendigen umfassenden Wandel in Entwicklungsländern die geistige Bereitschaft und Fähigkeit für modernes wirtschaftliches Denken, für neue Techniken, Organisationsformen und Verhaltensweisen zu gelten habe

Skala der Prestigepersonen, die von den deutschen Fachkräften zur Einleitung des sozialen Wandlungsprozesses im Projekt herangezogen werden

Solche Bereitschaft aus der vorgegebenen kulturellen Situation heraus, zu entwickeln, bisher ungenutzte geistige Fähigkeiten auszubilden und möglichst große Teile der Bevölkerung für gewandelte Gesellschaftsformen aufzuschließen, wird vornehmlich als Aufgabe der . Intellektuellen Investition” angesehen.

Abbildung 6

Der Begriff „Intellektuelle Investition” ist erst seit einigen Jahren in Gebrauch; er hat sehr schnell allgemeine Anwendung gefunden. Der Begriff hat zweifellos den Vorteil, daß er einen Ausdruck der ökonomischen Fachsprache — Investitionen — enthält. Mit seiner Hilfe können sich deshalb Juristen, Ökonomen, Soziologen, Pädagogen und Politiker darüber verständigen, daß und inwieweit Mittel für die sozial-ökonomische Entwicklung sinnvoll und notwendig sind, zumal der Nachweis gelang, daß solche Investitionen sich verzinsen teilweise sogar weit besser als manche Formen materieller Investitionen. Die Betrachtung solcher Aufwendungen als Investitionen macht es möglich, sie in Beziehung zu setzen zu den materiellen Investitionen, das richtige Verhältnis beider Arten von Investitionen zu erwägen usw.

Trotzdem kann dieser Begriff nicht ganz befriedigen. Was hier getan wird — sei es durch Erziehung, durch Fortbildung, durch Information oder anderes —, wird ja an Menschen getan. Als Ergebnis solcher „intellectual investments” erwartet man eine Erhöhung des Sozialprodukts. Der Mensch, in den man auf solche Weise Kapital investiert hat, erscheint hier also nur noch als das Mittel, das man durch diese Investitionen befähigt, ein höheres Sozialprodukt zu erarbeiten Zweifellos widerspricht es der Werthaltung vieler Kulturen und Gruppen, den Menschen in dieser Weise als ein bloßes Mittel zu sehen, und zwar als ein manipulierbares Mittel, manipulierbar durch einen „Change agent”. Aber davon abgesehen — es ist ja nicht so (oder vielleicht besser noch nicht so), daß dieses „Investment” an dem Menschen ohne dessen Willen und Zutun vollzogen werden kann — etwa in einer Art von Hypnoseschulung —, sondern er muß dazu bereit, dafür motiviert sein; denn er muß ein gutes Teil selbst dazu tun

Das gerät bei dem Investment-Denken leicht in Vergessenheit. Schließlich führt solche rein ökonomische Betrachtung in ihrer letzten Konsequenz dazu, daß der Begriff ausgeweitet wird zu „investment in man” oder „Investment in human Capital”. Damit gewinnt er nicht gerade an Menschlichkeit, wohl aber an Undeutlichkeit. Jetzt kommen nämlich zu solchen Inhalten wie Ausbildung, Fortbildung usw. noch Gegenstände wie Gesundheitsfürsorge o. a hinzu — Gesundheitsfürsorge z. B.deshalb, weil es unwirtschaftlich wäre, zuerst in einem Menschen Geld für Ausbildung zu investieren und ihn dann unnötig früh sterben zu lassen Aus diesen Gründen ist nach Rheinwald die Verwendung des Begriffpaares „geistige Förderung" und „materielle Förderung" vorzuziehen. Hier erscheint der Mensch nicht als Mittel zum Zweck, sondern als der, den man bei seinen eigenen Bemühungen um geistige, soziale und wirtschaftliche Entwicklung fördert. Und wenn hier mit dem Verzicht auf den Begriff „Investitionen" der ökonomische Bezug auch weniger sichtbar zum Ausdruck kommt, so ist doch deutlich, daß die Förderung in bei-

Bereichen der materiellen Aufwendungen den bedarf, daß diese Aufwendungen mit Rücksicht auf den größtmöglichen Wirkungsgrad eingesetzt werden müssen und daß eine optimale Relation der für beide Gruppen einzusetzenden Geldmittel angestrebt werden muß.

Aber es kommt hier weniger auf die zu verwendenden Begriffe als vielmehr darauf an, das Ziel — die Förderung des Menschen — zu sehen. Denn mit Hilfe dieser Zielsetzungen läßt sich jetzt bestimmen, was im einzelnen mit solchen „intellektuellen Investitionen" geleistet werden muß, welche Einzelfunktionen sie erfüllen müssen, wenn sie zu diesem Ziel führen sollen.

Diese Frage nach den zu leistenden Aufgaben ist deshalb von Belang, weil ihre Beantwortung eine für weiterleitende Überlegungen brauchbare Gliederung des Gesamtkomplexes „intellectual investments" bzw. „geistige Förderung" ergibt. Eine Gliederung dieser Art ist im allgemeinen nicht gebräuchlich; meist findet man eine am Institutionellen oder am Methodischen orientierte Gliederung, also die Unterscheidung von:

Forschung, Ausbildung, Fortbildung, Beratung, Massenkommunikation o. ä.

Diese und ähnliche Gruppierungen sind deshalb wenig förderlich, weil Art und Grad von Organisation und Institutionalisierung in den einzelnen Ländern sehr verschieden sind. Vor allem aber kommt es darauf an, was im einzelnen im Rahmen der „intellectual investments" angestrebt und getan werden kann und soll Deshalb ist m. E. einer solchen formal-instrumentalen Gruppierung eine Aufgliederung vorzuziehen, die die Gliederung der „intellectual investments" nach ihren Einzelfunktionen und damit ihre Problematik erkennen läßt.

Dem Gesetzgeber der Bundesrepublik ist eine solche Gliederung nicht geläufig. Er beschränkt sich darauf, materielle und geistige Förderung als „Aufgabe der Entwicklungshilfe“ oder „förderungswürdige Entwicklungshilfe“ zu bezeichnen, ohne näher zu erläutern, was unter diesen vieldimensionalen Begriffen zu verstehen ist.

Daraus ergeben sich erhebliche Fehlinterpretationen durch die Verwaltung, die aus Gründen der Vereinfachung einer formal-instrumentalen Aufgliederung den Vorzug gibt

Die nachfolgende Gliederung der „Aufgaben der Entwicklungshilfe" unter dem Teilaspekt der geistigen Förderung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, doch soll versucht werden, diesen vieldimensionalen Begriff in seine Einzelfunktionen zu zerlegen, um so vielleicht besser erkennen zu können, was neben den materiellen Investitionen unter „förderungswürdiger Entwicklungshilfe'verstanden werden kann.

Dabei ergibt sich m. E. zunächst die Aufgabe: 1. wirksame Produktionsverfahren, bessere Produktionsmittel und ganz allgemein neue Erkenntnisse zu entwickeln. Das ist zweifellos Voraussetzung für jede Förderung der Menschen bei ihrer Entwicklung und damit für die Entwicklung selbst. Bei der Frage, von wem diese Aufgabe zu leisten ist, denken wir heute zuerst an die — irgendwie institutionalisierte — Forschung. Sie allein kann jedoch — auch bei bester Organisation und Ausrüstung -nicht all das leisten, was für eine integrale und zügige Entwicklung notwendig ist. Wesentliches müssen dazu auch die im praktischen Geschehen Stehenden beitragen. 2. Eine weitere Teilaufgabe ist das Vermitteln von Wissen an die zu fördernden Menschen. Das erfordert jedoch je nach Situation ganz verschiedene Maßnahmen: Bei jungen und heranwachsenden Menschen schulmäßige Ausbildung, bei Erwachsenen Kurse, Demonstrationen, Informationen durch Massenkommunikationsmittel usw.; es steht hier eine ganze Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, daher muß die jeweils zweckmäßigste ausgewählt werden. Wichtig ist, daß es sich — auch bei der Arbeit mit Erwachsenen — keineswegs nur darum handelt, den Menschen die jeweils neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft so schnell wie möglich zu vermitteln, sondern auch das beizubringen, was sie für die Bewältigung ihrer Schwierigkeiten brauchen und noch nicht wissen, auch wenn es schon sehr lange bekannt ist. 3. Das Entwickeln von Können als weitere Teilaufgabe kann genauso wie das Vermitteln von Wissen für Jugendliche und Erwachsene wichtig sein. Es handelt sich dabei sowohl um Handfertigkeiten als auch um intellektuelle Techniken. Bei Jugendlichen kommen dafür Schulformen verschiedener Art und (vor allem für Handfertigkeiten) praktische Lehre in Frage, für Erwachsene vor allem kürzere oder längere Kurse. Andere Formen der Erwachsenenbildung führen hier meist nicht zum Ziel, weil das Beherrschen von praktischen und intellektuellen Techniken nur durch üben unter Anleitung und Aufsicht erworben werden kann. 4. Hilfe beim Lösen von Problemen und beim Trefien von Entscheidungen zu geben, ist das eigentliche Aufgabengebiet der Beratung. Es kommt nur für die Menschen in Frage, die in eigener Verantwortung Entscheidungen treffen dürfen. Das gilt um so mehr, je höher entwickelt und je freier das betreffende Wirtschaftssystem ist. Dort kann die Notwendigkeit, immer wieder schwerwiegende Entscheidungen treffen zu müssen, sogar zu einer schweren Belastung für die Menschen werden dann bedürfen sie dafür dringend einer Unterstützung durch Beratung.

5. Eine wesentliche, vielleicht die wichtigste Aufgabe im Bereich der intellektuellen Inve-stitionen ist es, die Menschen zu aktivem Handeln zu motivieren, ihre oft diffusen \ Wunschvorstellungen in zweckgerichtetes Wollen umzumünzen. Dazu gehört nicht nur, daß man ihnen einleuchtende Gründe für eine neue Art des Handelns und dessen Richtung aufzeigt, sondern auch, daß man ihnen bei der Überwindung der hemmenden Kräfte hilft, die sich in ihnen selbst gegen eine solche Änderung ihres Verhaltens entwickeln. Durch das Vermitteln von Wissen, das Entwickeln von Können und eine behutsame Unterstützung beim Treffen von Entscheidungen kann man sicher zur Entwicklung eines zielbewußt gerichteten Wollens und Handelns beitragen.

Das allein wird aber in der Regel nicht ausreichen um sicherzustellen, daß das neue Wissen und Können nun auch zielbewußt und wirklich eingesetzt wird.

Sehr oft handelt es sich zunächst darum, die Bereitschaft zum Erwerb von Wissen und Können und zur Teilnahme an den entsprechenden Veranstaltungen zu wecken, und häufig müssen die betreffenden Menschen erst dazu motiviert werden, Informationen zur Kenntnis zu nehmen, sie auf ihre eigene Situation zu beziehen usw. Hier muß dann das Motivieren allen anderen Bemühungen um geistige Förderung vorangehen. Dafür gibt es — wenn auch auf anderer Ebene — aus der Bildungsproblematik unseres eigenen Landes treffende Beispiele.

Je nach Gegenstand und Bereich des erforderlichen Handelns und Wollens bedarf es einer mehr oder weniger starken Motivierung; die dahin gehenden Bemühungen werden um so wichtiger, aber auch schwieriger, je stärker die Motivation sein muß. Es wird deshalb um so größere Anstrengungen erfordern, je weniger sicht-und greifbar der Erfolg neuen Handelns ist und je größer die hemmenden Kräfte sind, die dem neuen Handeln subjektiv entgegenstehen bzw. sich beim Versuch einer neuen Art des Handelns entwickeln. Schon bei der „Acceptance of new practices", dem bevorzugten Untersuchungsobjekt der amerikanischen adaptions-und diffusions-Forschung gibt es in dieser Hinsicht erhebliche Unterschiede. So werden sich z. B. beim Ersetzen einer bisher verwendeten Getreidesorte durch eine neue, ertragreichere Sorte nur wenige äußere und innere Widerstände zeigen; hier mag deshalb die Einsicht in wirtschaftliche Vorteile als Motiv, wenn nicht genügen, so doch eine erhebliche Rolle spielen

Schon dem Benützen anderer Werkzeuge mit höherem Wirkungsgrad können hemmende Kräfte entgegenstehen, wie z. B. die Befürchtung, man könnte damit u. U. irgendwelche sozialen Normen verletzten. Läßt nun aber die Wirtschaftsstruktur sogar die Anwendung neuer Anbau-und Produktionsverfahren wünschenswert erscheinen, so kann das Veränderungen voraussetzen oder nach sich ziehen, die tief in das soziale Gefüge eingreifen, z. B. eine andere Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen, Wegfall von Aufgaben, die dem Ausführenden einen bestimmten Status verliehen hatten usw. Es leuchtet ein, daß hier dem neuen Handeln ein viel tiefer greifender Wandel vorausgehen muß als beim Wechsel der angebauten Getreidesorten, und mehr noch, daß es sich dabei nicht um graduelle Unterschiede handelt, sondern um etwas dem Wesen nach anderes: Hier ergibt» sich aus der Konfrontierung mit den neuen Möglichkeiten des Handelns ein Konflikt, in dem der Mensch zwischen dem Verharren in vertrauten Normen des Handelns und dem Einschlagen des neuen Weges entscheiden und so eine neue Einstellung gewinnen muß. Diese Entscheidung wird um so schwerer, je enger die bisherige Art des Handelns mit dem Wert-system der betreffenden Kultur verknüpft war.

Solche neue Einstellungen und die damit verbundenen Änderungen der Verhaltensweisen müssen sich viele Menschen der Entwicklungsländer zu entscheidenden Grundfragen täglichen Zusammenlebens und -arbeitens erwerben, falls sie Wirtschaft und Gesellschaft so funktionsfähig und effizient machen wollen, daß sie ihnen den angestrebten Lebensstandard liefern.

Eine solche Veränderung der Einstellungen ist Voraussetzung für den Erwerb von Eigenschaften, die uns fast selbstverständlich erscheinen, weil sie eben unserem Wertsystem entsprechen

Weil nun gerade diese Eigenschaften und die ihnen zugrunde liegenden Einstellungen so eng mit der jeweiligen Kultur, ihrer Entwicklung und den hinter ihr stehenden Wertvorstellungen verbunden sind geht das Erwerben bzw. Vermitteln neuer Eigenschaften und Einstellungen in diesem Bereich in der Regel nur zögernd und mit Schwierigkeiten vonstatten Diese Einstellungen, an die man hier rührt, sind größtenteils tief in den Menschen verankert und eng in ihr ganzes Leben, z. B. auch in ihre religiösen Vorstellungen, verwoben. Hier einzugreifen ist nicht ganz unbedenklich: wenn man nämlich das bisher gültige Wertsystem, also den „Entwurf, das Dasein zu bewältigen" fragwürdig macht, so heißt das, die Menschen der Leitlinien für ihr Handeln und der Wurzeln ihrer Existenz zu berauben Mindestens muß man ihnen neue Werteinsichten vermitteln; noch besser ist es, wenn es gelingt, das alte mit dem neuen Wert-system organisch zu verbinden, d. h. eine mehr als nur äußerliche Akkulturation anzustreben. Die Bedeutung der sozialen Normen für das Verhalten und für die Änderung des Verhaltens ist Gegenstand vieler Untersuchungen und Darstellungen. Auch auf die Tatsache, daß im Zuge des Kulturwandels und der wirtschaftlich-technischen Entwicklung viele solcher Normen sich auflösen oder ihre Geltung verlieren, ist häufig hingewiesen worden. Kaum irgendwo aber findet man Überlegungen zu der Frage, wie man zur Bildung neuer Normen beitragen kann.

Wenn man die von Gehlen betonte Entlastungsfunktion sozialer Normen bejaht und der Auffassung von Lorenz zustimmt, daß die technische Entwicklung und die Bevölkerungsexplosion der Entstehung vernünftiger sozialer Normen ständig davonläuft, so müßte man dieser Frage größte Aufmerksamkeit widmen.

Es kann Behrendt nur beigepflichtet werden, wenn er ausführt, daß sich Menschen im, Wandel von Statik und Dynamik nur dann tatkräftig für Neuerungen einsetzen, wenn sie diese als Erzeugnisse ihres eigenen Denkens und ihrer eigenen Beschlüsse und als Mittel zur Verbesserung ihres eigenen Milieus betrachten, denn es gilt die uralte Erfahrung, daß Menschen nur dasjenige als für sie wirklich verpflichtend betrachten und in der Pra-xis ausführen, womit sie ihre eigenen Interessen, ihre eigenen Ideale und ihre eigene Tätigkeit direkt verknüpfen können. So müssen exogene Beispiele als besser, im Vergleich mit dem Eigenen, Bestehenden bewertet werden, sodann müssen sie als nachvollziehbar erkannt werden, d. h.der hier beobachtete Kulturunterschied muß als überbrückbar aufgefaßt werden und das Risiko darf nicht als prohibitiv, sondern muß als „kalkulierbares Risiko" betrachtet werden

Das ist häufig nur zu erreichen durch den Einfluß und das Beispiel der Personen, die in den jeweiligen lokalen Gruppen das größte Prestige genießen. Schon Lewin stellte fest, daß die Anerkennung des neuen Systems von Werten und Ansichten sich gewöhnlich nicht stückweise zustande bringen läßt. Indem der Betreffende in die Zugehörigkeit zu einer Gruppe einwillige, willige er auch in das System der Werte und Ansichten ein.

Gelingt es, die Prestigepersonen der jeweiligen Gruppen miteinzubeziehen, dann kann man hoffen, daß sich aus diesem Lehr-und Lernprozeß langsam neue Verhaltensnormen heranbilden, die den Erfordernissen der Entwicklung adäquat sind. Damit wäre dann ein sehr wichtiger Punkt erreicht; dann brauchte nämlich nicht mehr jeder allein die inneren und äußeren Widerstände für neues Sich-Verhalten zu überwinden, sondern er würde sich damit in der Geborgenheit des von seiner Gesellschaft Akzeptierten befinden.

Was hier not tut, geht also weit über eine „dissemination of knowledge“ hinaus, es erfordert eine sehr eingehende Analyse der Situation, eine sorgfältige Planung des angestrebten Wandlungsprozesses und eine umfassende Vorbereitung der damit betrauten Personen. Gelingt es aber auf diese Weise, die notwendige neue Einstellung in einer Anzahl von Menschen zu verankern, so ergibt sich daraus die Motivation zu allgemeiner Aktivität und adäquaten zielstrebigem Handeln in der jeweils aktuellen Situation, und der Erfolg solchen Handelns trägt dazu bei, die neue Einstellung auch auf andere Menschen zu übertragen. „Attitudes ... tend to reproduce themselves.“

II.

Die Aufteilung nach Länderreferaten ergibt folgende Verteilung:

Im Rahmen eines zeitlich begrenzten Einsatzes deutscher Fachkräfte kommt den hier beschriebenen Aufgaben der Entwicklungshilfe ganz verschiedene Bedeutung zu. Solche Einsatzprojekte sollen in einer — wenn auch nicht all zu eng begrenzten — Zeit zum Abschluß bzw. zu einem greifbaren Ergebnis führen. Sie können deshalb nur solche Arten intellektueller Investitionen zum Inhalt haben, die in der für das Projekt vorgesehenen Zeitspanne etwas zum gelingen beitragen können.

Die an Jugendliche in der Schule vermittelte Allgemeinbildung entspricht diesen Forderungen nur sehr bedingt. Das hier vermittelte Wissen und die hier erworbenen Kulturtechniken des Lesens, Schreibens, Rechnens usw. werden meist zu spät wirksam, als daß sie noch zum Tragen kommen. Es gibt aber eine ganze Reihe von Fertigkeiten, die von Jugendlichen sehr bald angewandt und so mindestens für längerfristige Projekte nützlich werden können. Im Rahmen solcher Projekte müssen bei einer auf Jugendliche ausgerichteten Ausbildungsarbeit Lehr-und Ubungsgegenstände im Vordergrund stehen Wo es sich ferner um sehr langfristige Projekte zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur handelt, in denen auch die Folgemaßnahmen eingeplant sind, müßte auch die Grundausbildung der jungen Generation in die Planung einbezogen werden als Voraussetzung für die sinnvolle Nutzung und Weiterentwicklung der durch das Projekt geschaffenen neuen Bedingungen. Auch das Entwickeln wirksamerer Produktionsverfahren, besserer Produktionsmittel und neuer Erkenntnisse dauert in der Regel zu lange, als daß man solche Aufgaben in die Projekte einplanen könnte, das heißt natürlich nicht, daß Forschung ausgeschlossen bleiben müsse. Ganz im Gegenteil: Bestimmte Aufgaben, die nur mit wissenschaftlicher Haltung und Methodik erfüllt werden können, sind bei allen Projekten unentbehrlich.

Im allgemeinen wird sich die zu leistende intellektuelle Investition auf die Erwachsenen richten müssen, die in die Projekte einbezogen sind und darin mitarbeiten sollen. Dabei werden die Aufgaben „Vermitteln von Wissen“ und „Entwickeln von Können" im Vordergrund stehen müssen. Auf welche Gegenstände sich das beziehen sollte, darüber läßt sich generell nur aussagen, daß es sich so direkt wie möglich auf die unmittelbaren, subjektiven Bedürfnisse der betreffenden Menschen und auf die konkrete Situation beziehen sollte. Mit einiger Skepsis muß man dabei wohl der bisweilen geäußerten Forderung begegnen, daß neben Kenntnissen über neue Produktionsmittel und -verfahren auch das Wissen um ökonomisches Handeln und Verhalten vermittelt werden soll. Auch den Landwirten und Arbeitern in den hochentwickelten Ländern fällt es schwer, sich das Maß an Einsicht in die Wirkungsweise der einzelnen Produktionsverfahren zu erwerben und in die ökonomischen Konsequenzen der Veränderung von Faktor-kombinationen, das zum selbständigen Treffen richtiger Entscheidungen in diesen Bereichen notwendig ist. Es ist deshalb fraglich, ob es sinnvoll ist, damit vertraut machen zu wollen „how best to combine factor inputs".

Ebenso ist reine Information, gerade auch nach den Erfahrungen in unserem eigenen Lande, als negativ zu beurteilen. Abgesehen davon, daß in Ländern mit einem hohen Anteil von Analphabeten die Information fast ganz auf das Radio und die persönliche Information beschränkt ist, kann man in den Entwicklungsländern wohl eher mit einem geringeren Erfolg reiner Information rechnen als bei uns denn dort unterscheiden sich die neuen Produktionsmittel und -verfahren meist viel stärker von den bisher verwendeten als bei uns; die Menschen werden sich von diesbezüglichen Informationen also noch weit weniger betroffen fühlen als bei uns — es sei denn, der Inhalt der Information wird sehrdeutlich als Mittel zur Befriedigung eines stark empfundenen Bedürfnisses erkannt.

Notwendig ist hier vielmehr eine Art der Einwirkung, bei der den Menschen das Neue deutlich erkennbar wird als etwas, was in irgendeiner Weise zur Verbesserung ihrer Situation beitragen kann. Es muß ihnen dazu konkret und greifbar genug nahegebracht und in Beziehung zu ihrer Situation gesetzt werden. Es darf sich auch nicht um eine oberflächliche und sporadische Einwirkung handeln, vielmehr müssen Intensität und Dauer der Einwirkung wie bei der Werbung oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes liegen. Von breit gestreuter Arbeit, von der Vermittlung abstrakten Wissensstoffes, von einmaligen Aktionen ist also in der Regel nichts zu erwarten; die darauf gerichteten Bemühungen müssen als nutzlos vertan angesehen werden. Notwendig ist vielmehr die geduldige Arbeit mit sorgfältig ausgewählten und für eine längere Zusammenarbeit gewonnenen Gruppen von Menschen ähnlicher Situation. Die bei dieser Art der Einwirkung angewandte Methodik muß stets sorgfältig der jeweiligen Situation angepaßt sein. In der Regel wird daher die Demonstration, die Arbeit an und mit den betreffenden Objekt selbst, im Mittelpunkt stehen müssen. So weit wie möglich sollte daher angestrebt werden, daß die Menschen Gelegenheit zum Selbst-Tun bekommen; soweit mit der Neuerung neue Arbeitsverfahren verbunden sind, muß dabei das schon erwähnte intensive üben des Neuen erreicht, werden.

All das muß in einer — von den angesprochenen Menschen aus gesehen — vergleichbaren Umgebung erfolgen, also z. B. auf Feldern mit einer Größe und Qualität, wie sie sie selbst haben oder wie sie für sie erreichbar sind. Große Musterbetriebe oder Musterfarmen sind dafür völlig ungeeignet.

Wenn für die Förderung der in die Projekte einbezogenen Menschen das Beispiel der Prestigepersonen ihrer jeweiligen Gruppen Bedeutung erlangen soll, dann muß die Entwicklungshilfe sich zuerst diesen Prestigepersonen zuwenden. Sie für das Vorangehen zu gewinnen, wird häufig gar nicht leicht sein, vor allem dann, wenn sie nicht nur in produktionstechnischen Fragen, sondern im Ändern ihrer Verhaltensweisen vorangehen sollen. Prestige-personen sind durchaus nicht immer neuerungssüchtig viele von ihnen verdanken ihr Prestige gerade dem eisernen Festhalten am Althergebrachten. Es sind meist nicht die jüngsten; das Alter hat sie eigensinnig und das Prestige hat sie selbstbewußt gemacht. Aber sie überragen ihre Dorfgenossen in der Regel an Intelligenz — und wenn es nur das ist, was wir „Bauernschläue" nennen. Sie werden deshalb einzusehen vermögen, daß sie bei der Unaufhaltsamkeit des Wandels sich ihre Prestigepositionen nur erhalten können, wenn sie sich selbst an die Spitze des Fortschritts setzen. Sie fühlen lassen, daß man ihnen dabei helfen will, wird das beste Hilfsmittel beim Bemühen um die aktive Mitarbeit der Prestigepersonen sein.

III.

Gegner des sozialen Wandels

Nun besteht aber kein Zweifel, daß ein noch 50 gut vorbereitetes Projekt, noch so ausgeklügelte Methoden erfahrener Fachkräfte abhängig sind von den lokalen Gegebenheiten, die dem Fortschritt des Projekts förderlich oder hinderlich sein können, evtl, auch das ganze Projekt scheitern lassen. Es ist leicht, mehr oder weniger gut begründete Hindernisse zu beschwören: ein Land, das zu arm an natürlichen Hilfsmitteln ist, um eine Entwicklung zu erlauben; eine zu apathische Bevölkerung, um sozialen Wandlungen zugänglich zu sein; eine Gemeinschaft, die durch innerparteiliche Streitigkeiten und Konflikte so zerrissen ist, daß sie nicht mehr Zusammenarbeiten kann; oder eine Grundeinstellung von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.

Ausgehend von George M. Foster erschien eine Erhebung angebracht anhand von 10 vorgegebenen Fragen die Akten und Berichte von 250 repräsentativ ausgewählten deutschen Fachkräften nach Antworten zu durch-forschen, welche die größten Hindernisse seien, die auf sozialpsychologischem, soziologischem und ökonomischem Gebiet dem sozialen Wandlungsprozeß im Projekt entgegenstehen. Natürlich war es nicht immer leicht, die Berichte der Fachkräfte den entsprechenden Antwortkategorien zuzuordnen. Bei aller Objektivität in der Interpretation ließen sich Feh-lerquellen dadurch nicht vermeiden, daß verschiedene Berichte in zeitlicher Nachfolge ausgewertet werden mußten, die sich über zwei Jahre und mehr hinzogen und in denen auch ein Wechsel im Standpunkt der Beantwortung vorgenommen wurde. Doch in keinem der 28 Fälle, in denen ein Wechsel festgestellt wurde war eine Schwankung von einem Extrem in das andere feststellbar. Um hier Doppelzählungen auszuschalten, wurde der letzte Standpunkt als maßgebend angenommen, da anzunehmen war, daß die Länge des Aufenthaltes am Projekt eine bessere Einsicht gewährt habe.

Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Fachkräfte in jedem Länderreferat betrachten solche Faktoren wie traditionelle Praktiken und wenig Ausbildung als die größten Barrieren eines sozialen Wandlungsprozesses. Die Ansicht der Fachkräfte zu den Gegnern des sozialen Wandels spiegelt sich in der folgenden Tabelle wider:

Die Aufteilung dieser Tabelle nach Länderreferaten zeigt erstaulidierweise keine wesentlichen Abweichungen innerhalb der einzelnen Regionen.

Die hohe Zahl von 69 Fachkräften, von denen aus den Berichten keine Auskunft zu erhalten war, war Veranlassung, in persönlichen Gespärchen diese Frage (vgl. Tabelle auf S. 36) beiläufig anzuschneiden. Aus den Aufzeichnungen von 11 solcher Gespräche mit Fachkräften aus dem Länderreferat Fern-Ost ergibt sich etwa folgendes Bild, wie es einer der Fachkräfte zusammenfaßt: „Das ist mir zu riskant, in unserem Projekt sind die Lehrer und offiziellen Amtspersonen (local government officials) nicht gerade progressiv — und wenn sie irgendwelche Führungsrollen übernehmen, dann haben sie entweder keine Zeit dafür oder nicht das geringste Verständnis. Die Ämterkumulation ist keine Erfindung, die die Deutschen für sich allein gepachtet haben.“

Teilt man diese Tabelle (auf S. 36) nach Länderreferaten auf, so ergibt sich das keineswegs erstaunliche Ergebnis, daß die Experten in Lateinamerika sich mehr als anderswo der einheimischen (katholischen) Priester und Würdenträger, der Jugend und der progressiv (gewöhnlich linksoppositionell) geltenden Per-sonen als Mittler bedienen. Für das Länder-referat Mittel-Ost gelten örtliche Amtspersonen als die besten und Missionare als weniger gute Vermittler; in Fern-Ost gelten Jugend und Missionare weniger als in Afrika.

Es ist immerhin erstaunlich, daß ein Mediziner aus Lateinamerika in einem offiziellen Bericht zugibt, daß er sich der Vermittlung einer „weisen Frau" bedient, obschon die anderen Gesundheitsexperten sich dieser Äußerung geflissentlich enthalten. Aus inoffiziellen Gesprächen ist aber ersichtlich, daß deren Rolle zumindest in Afrika unterrepräsentiert scheint, ebenso wie für Fern-Ost (speziell Indien) die Rolle der Sadhus (einheimischer Wanderprediger). Trotz des Einsatzes von Vermittlern bedarf es großer Uberredungs-und Uberzeugungskunst, die einheimische Bevölkerung dazu zu bewegen, gewisse Gewonheiten und Verhaltensweisen zu ändern. Auch hier bedienen sich die Fachkräfte bestimmter Verfahren, die in der Tabelle auf Seite 37 zusammengefaßt und entsprechend ihrer Wertigkeit gemischt mit anderen Verfahren angewendet werden.

Wie aus den Berichten ersichtlich, kommen die hier genannten Hauptverfahren in der Praxis nicht ganz rein vor, obgleich das eine Verfahren mehr als das andere geschätzt wird.

Auffällig aber ist in den Berichten von 145 Fachkräften das Verschweigen dieser Methoden, was teilweise dadurch erklärt werden kann, daß diese Arbeit doch häufig den einheimischen Counterparts überlassen wird, die der Landessprache weit besser mächtig sind als in der Regel die deutschen Fachkräfte. Es scheint nicht ganz ausgeschlossen, daß durch diese Arbeitsteilung Hoffnungen geweckt werden, die das Projekt nicht erfüllen kann. Leider gehen die Berichte der Counterparts in der Regel an die einheimischen Regierungen und sind daher einer Erhebung nicht zugänglich.

Angesichts dieser Tabellen bekommen gewisse theoretische Überlegungen und eingebildete Hindernisse in unseren aufgetürmten Bergen von Schwierigkeiten bei der Einleitung eines sozialen Wandlungsprozesses Konturen. Die aufgebauschten Probleme, wie Angst und Argwohn gegen Fremde und Fremdes, das Fehlen von Zusammenarbeit und geeigneten Führern, das Fehlen des physikalisch und ökonomisch Notwendigen, innerparteiliche Konflikte, Pessimismus und sogar Apathie, gewinnen zweitrangige Bedeutung. Das besagt nicht, daß sie unwichtige Faktoren seien oder die Experten sie nicht beachten. Aber die Schwierigkeiten kommen nach Ansicht der Fachkräfte mehr von den traditionellen Praktiken und der fehlenden Bildung und Ausbildung, als es viele Theoretiker der deutschen Entwicklungshilfe wahrhaben möchten

Andererseits geben diese Faktoren dem Entwicklungsprojekt das Profil, und sie können nicht so leicht beseitigt oder geändert werden wie einzelne Projektmethoden oder Taktiken.

Nichtsdestoweniger mag es Wege geben, diese Faktoren anzugreifeh, sie zu isolieren oder zu umgehen; dennoch bleiben sie gewichtige Größen, die bei allen Projektangelegenheiten bedacht sein wollen, wenn auch nur ein Teilerfolg im sozialen Wandlungsprozeß erzielt werden soll.

Dabei sollte den Erfahrungen der Experten, wie sie einzelne örtliche Hindernisse überwunden haben, wesentlich mehr Bedeutung zukommen. Vielleicht läßt sich aus der Summe dieser Erfahrungen eine Strategie der Einführung sozialer Wandlungsprozesse entwickeln und als Nebenerfolg ließe sich dann vielleicht über den vieldimensionalen Begriff „Aufgaben der Entwicklungshilfe" wesentlich mehr aussagen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Grundsätze für eine Bildungshilfe der Bundesrepublik Deutschland an die Entwicklungsländer. Handbuch der Entwicklungshilfe, II A 11 BR 23, Grundsatz 1. 3. Loseblattsammlung, Baden-Baden.

  2. Der Versuch, die Höhe der Verzinsung zu ermitteln, scheint allerdings noch auf methodische sohwierigkeiten zu stoßen.

  3. Das wird meist nicht expressis veibis gesagt, ist aber deutlich feststellbar

  4. Vgl. R F Behrendt, Soziale Stralegie für Entwicklungsländer. Frankfurt/M 1965, S. 134 ft

  5. So z. B Th. W. Schultz. Transforming Traditional Agriculture, London 1964, S. 199: „The rate of return depends upon the expected life span“.

  6. H. Rheinwald, Landwirtschaftliche Entwicklungsplanung in einer wachsenden Gesamtwirtschaft. Vortrag vor einem internationalen Seminar der DSE am 10. August 1966 (hektographiertes Manuskript).

  7. Vgl. K. H. Pfeffer, Die Bildung sozial-ökonomischer Führungskräfte in Entwicklungsländern, Bei-hefte der Konjunkturpolitik, Heft 6, Berlin 1960, S. 143 ff.

  8. Vgl. z. B. 1227 I 8 RVO; § 2 I 10 AVG; Ridht linien des BMI für die Beurlaubung von Bundesbediensteten zur Übernahme von Aufgaben de: Entwicklungshilfe usw.

  9. Vgl. z. B. § 34 d EStG; Entwicklungshilfesteuer gesetz; Entwicklungshelfergesetz usw.

  10. Vgl. z. B. das Anerkennungsverfahren nad § 1227 I 8 RVO, das nicht vom Tätigkeitsbereich de Versicherten ausgeht, sondern von Vergaberis linien der Finanzmittel der materiellen Entwig lungshilfe; vgl. dazu Echterhölter, BABI 19b S. 597 ff., und Wild NJW 1972, S. 2167 ff.

  11. A. Gehlen, Die Seele im technischen Zeitalter, Hamburg 1957, S. 39, stellt fest: „Der Mangel an stabilen Institutionen, die ja im Grunde vorgeormt und sozial eingewöhnte Entscheidungen sind, uberbeansprucht die Entschlußfähigkeit, aber auch He Entschlußwilligkeit des Menschen." Vgl. auchSachsse, Verstrickt in eine fremde Welt, Baden-Baden, 1965, S. 107.

  12. Vgl. E. Boesch, Erziehung und Kultur, Ratingen 1964, S. 229: „Ausbildung allein hat noch keine wandelnde Kraft, sondern erst in Zusammenwirken mit geeigneten Motivationen".

  13. Vgl. H. Albrecht, Zum heutigen Stand der Adaptionsforschung in den Vereinigten Staaten, Hamburg 1963, S. 234 ff.

  14. Vgl. das vielzitierte Beispiel der Einführung der Hybrid-Mais-Sorten in den USA. Hier hat die Diffusions-Forschung recht erhebliche Differenzen in der Schnelligkeit des übernehmens von der Gruppe der „Innovators" bis zur Gruppe der „laggards" festgestellt, für welche „differences in profitability" sicher keine genügend „strong explanatory variable“ sind. Wir haben unzählige Beispiele, auch aus den hochentwickelten Industrieländern, wo selbst einfach zu handhabende Betriebsmittel von verschiedenen Menschen verschieden früh und in verschiedenem Maße eingesetzt werden, obwohl der ökonomische Vorteil für alle gleich groß ist.

  15. Vgl. die Beispiele P. V. Blanckenburgs, Die soziologische Analyse agrarökonomischer Phänomene in Entwicklungsländern, München 1966, S. 56, die ihn zu der Feststellung veranlassen: „Starke, die Gesamtentwicklung hemmende Kräfte gehen in den Agrargesellschaften gerade von den Sozialinstitutionen aus.“

  16. Vgl. H. Sachsse, a. a. O., S. 101: „Wir sind gewohnt, in der Technik eine Art unhistorischen Allgemeinwissens zu sehen, das jedem in gleicher Weise zugänglich ist, der nur ein Gehirn hat und es zu gebrauchen versteht. Hier begehen wir aber den Irrtum, Grundbegriffe, Grundhaltungen technischer Arbeit, die uns so in Fleisch und Blut stecken, daß sie in Lehrbüchern und Betriebsanweisungen nicht mehr erwähnt werden, für allgemein anerkannt zu halten — den anderen sind sie keineswegs verständlich.“

  17. Vgl. H. Sachsse, a. a. O„ S. 35 ff.

  18. Vgl. H. Sachsse, a. a. O„ S. 122; vgl. auch H v. Recum, a. a. O., S. 390: „Das Vertrautmachen der Menschen in den Entwicklungsländern gerade mit den .selbstverständlichen'Voraussetzungen industriegesellschaftlichen Lebens ist eine der schwersten Aufgaben ... Dazu sind Wandlungen in der traditionellen Wertestruktur der Entwicklungsländer ... wünschenswert und oft notwendig."

  19. Vgl. H. Sachsse, a. a. O., S. 125.

  20. Vgl. zur Problematik und Rechtfertigung eines solchen Eingreifens u. a.: Von Blanckenburg, a. a. 0 S. 58 ff. Er vertritt die Auffassung, es sei in jedem Fall zu erwägen, ob nicht der durch aktive Einflußnahme angerichtete Schaden größer sei als der Nachteil, der aus unverändertem Fortwirken der sozialen Institution erwachsen könnte; bestimmte Bereiche jedoch, z. B. mit der Religion verknüpfte Wertinhalte, sollen „ganz tabu für eine soziotechnischen Ansatz bleiben". Für die beiden anschließend aufgeführten Beispiele vertritt dann v. Blankkenburg allerdings den Standpunkt, „daß ein Eingriff in den Sozialprozeß von außen am Platze

  21. Vgl. R. F. Behrendt, Autonome und plurale Entwiclungsstrategie, in: Offene Welt, Köln 1965, S. 391 ff.; vgl. auch W. E. Moore, Die Wirkung der fremden Kultur, in: Soziologie der Entwicklungsländer, Köln/Berlin 1962, S. 119 ff.

  22. Gehlen, Urmensch und Spätkultur, Frankfurt/M 1964, S. 42 ff.

  23. Lorenz, Stammes-und kulturgeschichtliche Ritenbildung, in: Heft 1 der Max-Planck-Gesellschaft 1966, S. 28 ff.

  24. Behrendt, Soziale Strategie, a. a. O., S. 545 ff.

  25. Ders., a. a. O„ S. 180 ff.

  26. K. Lewin, Die Lösung sozialer Konflikte, Bad Nauheim 1953, S. 106 ff.

  27. Die auf dem Abkommen über wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit basierende Projektvereinbarung hat in der Regel eine Laufzeit von 5— 10 Jahren. Die Dienstverträge der Fachkräfte sind gewöhnlich auf zwei Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung abgeschlossen (Technisches Förderungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland für Entwicklungsländer.)

  28. Damit ist natürlich die Frage der Allgemeinbildung Jugendlicher als Gegenstand besonderer Programme nicht berührt.

  29. Rundfunksendungen haben sich deshalb nur dort als wirksam erwiesen, wo man die Diskussion und die Anwendung des Gehörten in irgendeiner Form organisierte, wie z. B. in Indien in Form des Ra dio-Farm-Forums oder das Entwicklungshilfeprojekt des Deutschen Volkshochschulverbandes in Verbindung mit dem ICECU in Costa Rica. Hier ist aber die durch die Massenmedien verbreitete Information nur einer der Bestandteile einer Methode, die sich auf Erkenntnisse der Gruppendynamik stützt.

  30. Vgl. H. G. Barnett, a. a. O., S. 111 ff.

  31. George M. Foster, Traditional Culture and tha Impact of Technological Change, New York 1962, Kap. 5— 7.

  32. Die Erhebung wurde 1965 beb Fachkräften des Technischen Förderungsprogramms der Bundesrepublik Deutschland für Entwicklungsländer (sog. Gawi-Fachkräfte) durchgeführt. Bis auf 3 °/o ent-spricht die Berufsqualifikation und die Länderaufteilung der Zusammensetzung aller Gawi-Mitarbeiter. Diese Fehlerquelle ergibt sich dadurch, daß junge Fachkräfte und reine Untersuchungsdienste, die keinen Kontakt zur Bevölkerung hatten, bewußt nicht erfaßt wurden. Keiner der erfaßten Fachkräfte war weniger als ein Jahr an dem Untersuchungsprojekt tätig.

  33. Ein Blick in die zahlreichen Gutachten beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit beweist fast immer, daß diesen beiden Faktoren nicht die Aufmerksamkeit geschenkt wird, die ihnen nach Ansicht der Praktiker der Entwicklungshilfe gebührt.

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Carl Joseph Schulte, geb. 1932, Dr. jur. et Dipl. disc. pol.; Dozent für Sozialwissenschaften an der Heimvolkshochschule Rendsburg, ehemaliger Länderreferent im Technischen Förderungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland für Entwicklungsländer. Veröffentlichungen: Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift für Sozialreform (ZSR); u. a.: Vorschläge der Eherechtskommission zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Ehegatten, ZSR 1973, S. 16 ff.; Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Frau, ZSR 1973, S. 193 ff.; Zur sozialen Sicherung deutscher Fachkräfte in Entwicklungsländern, ZSR 1973.