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Pluralismus oder Herrschaft des Kapitals? Überlegungen zu Theorien gesellschaftlicher Machtverteilung in der Bundesrepublik | APuZ 14/1974 | bpb.de

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APuZ 14/1974 Artikel 1 Die Kontrolle wirtschaftlicher Macht Heinrich Deist und das Godesberger Programm *) Pluralismus oder Herrschaft des Kapitals? Überlegungen zu Theorien gesellschaftlicher Machtverteilung in der Bundesrepublik

Pluralismus oder Herrschaft des Kapitals? Überlegungen zu Theorien gesellschaftlicher Machtverteilung in der Bundesrepublik

Hermann Adam

/ 34 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Aufsatz will die in der Politologie und Soziologie dominierenden Auffassungen zur gesellschaftlichen Machtverteilung darstellen und kritisch würdigen. Die Pluralismustheorie geht davon aus, daß ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen den gesellschaftlichen Gruppen besteht und alle die gleichen Chancen haben, sich durchzusetzen. Die These von der Kapitalmacht behauptet demgegenüber, daß alle politischen Entscheidungen nur im Interesse des „Monopolkapitals" getroffen werden. Schichtenspezifisches politisches Engagement, sozial einseitige Rekrutierung der politischen Elite und eine abgeschwächte Parteienkonkurrenz begünstigen die Konservierung des wirtschafts-und gesellschaftspolitischen Status guo. Davon profitieren vornehmlich die Oberschichten, so daß die Grundannahme der Pluralismus-Theoretiker von einem Machtgleichgewicht zwischen allen sozialen Gruppen als unzutreffend bezeichnet werden muß. Gegen die Richtigkeit der Theorie von der Kapitalmacht spricht demgegenüber vor allem die Vielzahl der politischen Entscheidungen, die gegen den ausdrücklichen Willen der Unternehmer getroffen wurden. Die Frage, wie die gesellschaftliche Macht in der Bundesrepublik verteilt ist, kann nicht eindeutig im Sinne der Pluralismustheorie oder der These von der Kapitalmacht beantwortet werden Vielmehr ist nach dem Bereich, in dem ein Problem zur Entscheidung ansteht (Soziale Sicherung, Verteilung, Ordnungspolitik), und nach der Ebene, auf der sie getroffen werden soll, zu unterscheiden.

Welche sozialen Gruppen können ihre Auffassungen und Interessen gegenüber anderen in der Gesellschaft durchsetzen? Wie ist die gesellschaftliche Macht in der Bundesrepublik verteilt? Diese Probleme werden immer wieder erörtert. Besonders innerhalb der SPD hat diese Diskussion erneuten Auftrieb erfahren, seit die Partei die Regierungsverantwortung übernommen hat und alte innerparteiliche Gegensätze zwischen sozialreformerischem und marxistisch orientiertem Flügel wieder aufgebrochen sind. Der vorliegende Beitrag will auf die in der Politologie und Soziologie dominierenden Auffassungen zur gesellschaftlichen Machtverteilung eingehen und sie kritisch würdigen.

I. Theorien gesellschaftlicher Machtverteilung

Im ganzen lassen sich die einzelnen Beiträge, die das Problem der gesellschaftlichen Machtverteilung berühren, unter zwei Ansätzen zusammenfassen: dem Pluralismuskonzept und der Theorie der Kapitalmacht. Die Pluralismustheorie Mit „Pluralismus" bzw. „pluralistischer Gesellschaft" werden in der Literatur unterschiedliche Sachverhalte bezeichnet 1). Erstens will dieser Ausdruck lediglich darauf hindeuten, daß es in der Gesellschaft eine Vielzahl von Gruppen und Verbänden, Interessen, Rollen und Ideologien gibt. Pluralistische Gesellschaft heißt somit nichts anderes als sozial-differen-zierte Gesellschaft Zweitens ist Pluralismus eine Grundkategorie der Demokratietheorie, in der die Vielheit der Gruppen und Verbände den Ausgangspunkt für die Erklärung des politischen Prozesses in westlichen Regierungssystemen bildet

In der Theorie der pluralistischen Demokratie spielt die Übertragung des ökonomischen Wettbewerbsprinzips auf den Bereich der Politik eine zentrale Rolle. Am deutlichsten wird das bei Schumpeter, der Demokratie als „diejenige Ordnung der Institutionen zur Erreichung politischer Entscheidungen" definierte, „bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben" So wie nach liberaler Auffassung der Marktmechanismus in der Wirtschaft das individuelle Streben nach maximalem Profit zu einem harmonischen Ausgleich bringt, führt nach der Pluralismustheorie das Ringen der gesellschaftlichen Gruppen um politische Macht zu einem tragbaren Kompromiß der divergierenden Interessen. Die politische Willensbildung wird somit als System pluraler und miteinander konkurrierender Partei-und Verbandseliten angesehen, die sich um die Durchsetzung ihrer bzw.der von ihnen wahrzunehmenden Interessen bemühen, dabei aber jeweils von einem entsprechenden Gegengewicht (countervailing power) in Schach gehalten werden.

In dieser Theorie des politischen Entscheidungsprozesses sind auch Annahmen über die

Der vorliegende Beitrag ist die erweiterte und auf den neuesten Stand gebrachte Fassung eines Aufsatzes, der in Heft 11/1973 der WSI-Mitteilungen veröffentlicht wurde. gesellschaftliche Machtverteilung enthalten. Da jeder Verband nach dem Prinzip der „checks and balances" (System der Kontrollen und des Gleichgewichts) in seinen Aktivitäten durch das Wirken eines gegnerischen Verbandes kontrolliert wird, kann nach Ansicht der „Pluralisten" keine gesellschaftliche Gruppe die politischen Entscheidungen einseitig zu ihren Gunsten beeinflussen.

Die Unterstellung eines Kräftegleichgewichts in der pluralistischen Gesellschaft geht auch daraus hervor, daß das Resultat des politischen Wettbewerbs, also die Entscheidungsinhalte, mit dem Gemeinwohl gleichgesetzt werden. So schreibt beispielsweise Fraenkel, daß „Gemeinwohl im demokratischen Verfassungsstaat . . . aus dem gerechten Ausgleich der verschiedenen Interessen, als Ergebnis von Kompromissen, die nach allgemein anerkannten Spielregeln im Rahmen einer regulativen Wertidee" ausgehandelt werden, zustande kommt. Das Gesamtinteresse sei als „die Resultante im Kräfteparallelogramm gruppen-mäßig bestimmter Sonderinteressen" aufzufassen. Diese Gleichsetzung von Gemeinwohl und demokratischen Kompromissen ist indessen nur dann zu vertreten, wenn alle Teilnehmer am politischen Willensbildungsprozeß die gleichen Chancen haben, ihre Auffassungen und Interessen zur Geltung zu bringen, d. h. also, wenn ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen den gesellschaftlichen Gruppen besteht. 2. Die Theorie der Kapitalmacht Die Annahme eines Kräftegleichgewichts wird von einer Reihe von Sozialwissenschaftlern nicht geteilt. Insbesondere Marxisten stellen der Gleichgewichtsthese der Pluralisten die Behauptung gegenüber, daß in kapitalistischen Gesellschaften die Regierung lediglich „Handlanger des Monopolkapitals" sei und nur solche Entscheidungen treffen könne, die den Interessen des „Monopolkapitals" nicht zuwiderlaufen Der Ausdruck „Monopolkapi-tal" ist dabei nicht wörtlich im Sinne der ökonomischen Theorie zu verstehen. Gemeint sind nämlich nicht Monopolisten, also Anbieter ohne Wettbewerb am Markt, sondern das Top-Management von Großunternehmen und oligopolistisch strukturierten Märkten.

Zur Begründung der These von der Kapital-macht stützen sich ihre Verfechter meist auf die Ergebnisse der Studie von C. Wright Mills über die amerikanische Elite Mills hatte in seiner Untersuchung behauptet, daß moderne Industriegesellschaften von einem Machtkartell aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Militär beherrscht würden. Minister und führende Staatsbeamte, Manager von Großunternehmen und Generäle bildeten infolge ihrer gleichartigen Ausbildung und des daraus resultierenden Wertkonsensus eine einheitliche Machtelite, deren Angehörige des öfteren zwischen den Führungspositionen der drei Bereiche hin-und herwechselten. So würden beispielsweise Generaldirektoren Minister, Generäle Manager oder Staatsbeamte und umgekehrt. Da die Inhaber der Führungspositionen in den drei Bereichen zur Erhaltung ihrer Existenz aufeinander angewiesen seien — die Politiker etwa auf die finanzielle Unterstützung des big business in Wahlkämpfen—, verschmölzen sie zu einem Machtkartell, das eine Konkurrenz der Eliten ausschließt. Folglich könne von einem Gleichgewicht der gesellschaftlichen Gruppen im Sinne der „coun-tervailing powers" keine Rede sein. Die Machtstruktur sei vielmehr durch die Vorherrschaft einer Minderheit von Kapitalisten gekennzeichnet.

In der Bundesrepublik vertritt vor allem Jaeggi diese These von der Kapitalmacht. Nach seiner Auffassung gehört „die Annahme, die Demokratie werde geschützt und aufrechterhalten durch die Konkurrenz zwischen Gruppen, die sich in ihrer Macht gegenseitig beschränken und ausgleichen, ... zu den eindrücklichsten politischen Mythen unserer Zeit" Jaeggi glaubt, daß in der Verbindung wirtschaftlicher und politischer Macht die erste die zweite in einem höheren Maße bestimme als umgekehrt und die Wertvorstellungen der besitzenden Gruppen nahezu uneingeschränkt als geltende Wertsysteme akzeptiert und verteidigt würden

II. Kritik der Theorien gesellschaftlicher Machtverteilung

Sowohl gegen die Pluralismustheorie als auch gegen das Konzept der Kapitalmacht lassen sich Einwände vorbringen, die im folgenden behandelt werden sollen. Vorab sind jedoch einige Bemerkungen zu den methodischen Schwierigkeiten zu machen, die auftreten, sobald man zu intersubjektiv durch Fakten überprüfbaren Aussagen über die gesellschaftliche Machtverteilung und die politischen Entscheidungsprozesse kommen will. 1. Methoden zur Ermittlung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse und ihre Problematik In der Politologie und der Soziologie gibt es drei methodische Ansätze, mit denen bisher versucht wurde, die gesellschaftlichen Machtverhältnisse empirisch zu untersuchen Der positioneile Ansatz analysiert die sozialen Merkmale der Inhaber von Führungspositionen, untersucht also beispielsweise, wer auf Grund welcher Kriterien in welche Führungspositionen gelangt ist und welche politischen Ideen er vertritt. Beim reputativen Ansatz wird ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung oder ein Personenkreis, der Kenntnisse über interne Vorgänge in staatlichen oder privaten Bürokratien besitzt, danach befragt, wer zu den mächtigsten und einflußreichsten Personen gehört. Eine weitere Methode, der entscheidungsgenetische Ansatz, versucht, wichtige politische Entscheidungsprozesse zu rekonstruieren und nachzuweisen, wer dabei den größten Einfluß geltend machen konnte.

Am positioneilen Ansatz ist zu kritisieren, daß es sich hierbei im Grunde genommen um eine bloße Statistik der (sozialen) Eigenschaften der Eliten handelt. Ob diese formalen Inhaber von Führungspositionen auch tatsächlich Macht und Einfluß ausüben, wird nicht nachgewiesen. Völlig außer Betracht bleiben bei dieser Methode auch die informellen Eliten wie etwa die persönlichen Referenten, Berater und Freunde der als mächtig Angesehenen

Die Schwäche des reputativen Ansatzes besteht darin, nur diejenigen Personen zu ermitteln, die die Befragten für mächtig halten. Auch dabei werden keine empirischen Belege für den tatsächlichen Einfluß der Betreffenden erbracht. Derartige Belege lassen sich am ehesten bei einem entscheidungsgenetischen Ansatz gewinnen. Der Verfasser hält deshalb diese Methode für die derzeit geeignetste zur Ermittlung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse, wenngleich auch hierbei eine Fülle von Problemen auftreten.

Definiert man Einfluß als die durch die Aktivitäten der entsprechenden Gruppen erreichte Mitgestaltung bzw. Änderung der staatlichen Entscheidungen gemäß den gruppenspezifischen Zielvorstellungen und Bewertungen, so müßten beim entscheidungsgenetischen Ansatz drei Variable empirisch erfaßt werden: Er-stens die Aktivitäten der Verbände, zweitens ihre Zielvorstellungen und Bewertungen und drittens das Ausmaß der Änderungen der staatlichen Entscheidungen als Folge der Verbandstätigkeit.

Soweit die Verbände öffentlich wirken, lassen sich ihre Aktivitäten ohne weiteres beschreiben. Für die Bundesrepublik liegen bereits eine Reihe solcher deskriptiver Analysen vor Allerdings ist zu beachten, daß sich die Verbandstätigkeit zu einem großen Teil auch nichtöffentlich vollzieht. Informationen darüber sind in der Regel sehr schwer zu beschaffen, weil die Inhalte vertraulicher Gespräche, Briefe und Abmachungen der Wissenschaft meist erst dann zugänglich werden, wenn sie an Aktualität verloren haben und nur mehr historische Bedeutung besitzen.

Ihre Ziele und. Forderungen artikulieren die Verbände zwar in ihren Aktionsprogrammen, Geschäftsberichten, Leitsätzen und sonstigen Publikationen, doch treten auch bei der Interpretation dieser Verlautbarungen methodische Schwierigkeiten auf:

Oft erheben die Verbände nämlich Maximalforderungen, mit deren lOOprozentiger Erfüllung sie selbst gar nicht rechnen. Die Forderungen sind dann nur aus taktischen Motiven so hoch angesetzt worden, damit ein Verhandlungsspielraum gewonnen und ein annehmbarer Kompromiß erzielt werden kann.

Mitunter stehen die Verbandsleitungen oder Teile der Mitgliedschaft auch nicht voll hinter einer Forderung, weil die Frage intern kontrovers beurteilt wird oder weil im Verlauf der öffentlichen Diskussion Gesichtspunkte und Argumente aufgetaucht sind, die der Verband zum Zeitpunkt der Formulierung noch nicht bedacht hatte. Die Forderung wird dann nur deshalb nach außen hin vertreten, weil der Verband sich bereits festgelegt hat und ein Kurswechsel wegen des zu erwartenden Prestigeverlustes nicht opportun erscheint.

Für die Einschätzung des gesellschaftlichen'Kräfteverhältnisses wäre es indessen sehr wichtig zu wissen, welche Bedeutung die Verbände der Erfüllung ihrer einzelnen Forderungen beimessen und in welchem Umfang sie sich damit identifizieren. Denn die Realisierung einer in den Augen des Verbandes drittrangigen Forderung wäre dann nicht als großer Erfolg bzw. als Machtübergewicht zu werten. Deshalb müßte versucht werden, aus den offiziellen Verlautbarungen der Verbände ihre wahre Meinung und ihre Prioritäten herauszukristallisieren, was für einen Außenstehenden jedoch sehr schwierig ist.

Die Quantifizierung des Ausmaßes, in dem staatliche Entscheidungen als Folge von 'Verbandsaktivitäten abgeändert werden, bildet zweifellos den schwierigsten Teil einer Theorie gesellschaftlicher Machtverteilung. Genau-genommen müßte man untersuchen, wie die politischen Entscheidungen ausgefallen wären, wenn es einen der Verbände nicht gegeben hätte, und dann einen Vergleich mit den tatsächlich getroffenen politischen Entscheidungen anstellen. Der Unterschied in den Entscheidungsergebnissen würde dann den Einfluß des entsprechenden Verbandes widerspiegeln.

Ein solcher Vergleich ist jedoch nicht durchführbar, weil politisch-soziale Vorgänge nicht unter bestimmten Konstellationen im Laboratorium wiederholt werden können. In der Interessengruppenforschung werden deshalb meist andere Kriterien des Verbandseinflusses als Hilfsgrößen herangezogen.

Formale Merkmale wie Mitgliederzahl, Organisationsgrad, Finanzkraft, Zahl der hauptamtlichen Funktionäre, Vertretung in den Bundestags-und Landtagsfraktionen, Zahl der Eingaben an die Ministerien können allerdings nur ganz grobe Anhaltspunkte bei der Ermittlung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses liefern. Denn erstens korrelieren die einzelnen Faktoren häufig nicht miteinander (ein Verband mit hoher Mitgliederzahl ist z. B. nicht unbedingt auch sehr finanzkräftig) und zweitens können oft auch sehr kleine Verbände mit wenig Mitgliedern und geringen finanziellen Mitteln sehr erfolgreich bei der Vertretung ihrer Mitgliederinteressen sein. Sonst vorhandene schriftliche Quellen eignen sich ebenfalls nur bedingt als Hilfsmittel zur Quantifizierung des Einflusses der gesellschaftlichen Gruppen. Die von den Verbänden herausgegebenen und der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäftsberichte enthalten zwar Hinweise auf Erfolge und Mißerfolge. Bei der Auswertung dieser Materialien muß jedoch die Funktion, die einem Geschäftsbericht im Rahmen der Verbandspolitik zukommt, berücksichtigt werden. Die Geschäftsberichte werden in der Regel von der Verbandsführung den Gremien vorgelegt, die die Verbandsmitglieder vertreten und über die Wiederwahl der Verbandsführung zu befinden haben. Bei der Abfassung eines Geschäftsberichtes wird einer Verbandsführung daher daran gelegen sein, auf Erfolge bei der Vertretung der Mitglieder-interessen in der Vergangenheit zu verweisen. Gleichzeitig wird sie gerne hervorheben wol-len, daß noch nicht alle Ziele verwirklicht werden konnten, um damit den Mitgliedern die Existenznotwendigkeit des Verbandes auch für die Zukunft vor Augen zu führen. Mit anderen Worten: Die Schilderung der Erfolge und Mißerfolge der Verbandsaktivität in den Geschäftsberichten ist durch das „autonome Verbandsinteresse" gefärbt und gibt die politische Realität verzerrt wieder.

In vielen Fällen ist es auch so gut wie unmöglich, nachträglich festzustellen, welche gesellschaftliche Gruppe wann eine bestimmte Forderung als erste erhoben hat. Grundsatz-programme, Aktionsprogramme und Leitsätze der Verbände sind nämlich nicht das Resultat ausschließlich verbandsinterner Diskussionen; vielmehr gehen auch Überlegungen und Forderungen anderer Organisationen oder Empfehlungen aus dem Bereich der Wissenschaft in die Grundsatzerklärungen der Verbände ein. Auch wegen der personellen Verflechtung zwischen Parteien und Verbänden und des überwechselns von Verbands-und Partei-experten in die Ministerialbürokratie ist der Ursprung einer politischen Forderung häufig nicht mehr zu lokalisieren. Ein erster Gesetz-entwurf ist somit bereits Resultat des Wirkens verschiedener Gruppeneinflüsse und informeller Kontakte zwischen Ministerialbürokratie und Partei-und Verbandsexperten.

Neben schriftlichen Quellen müßte sich eine empirisch untermauerte Theorie gesellschaftlicher Machtverteilung ferner auf mündliche Aussagen derjenigen Personen stützen, die an Entscheidungsprozessen mitgewirkt haben. Doch auch mit Hilfe der Interviewtechnik sind einer Rekonstruktion von Entscheidungsverläufen enge Grenzen gezogen Abgesehen davon, daß die Bereitschaft des in Frage kommenden Personenkreises, sich einem detaillierten Interview zu stellen, erfahrungsgemäß relativ gering ist, setzt diese Art der Daten-erhebung ein großes Erinnerungsvermögen und ein enormes Maß an Tatsachenwissen bei den Befragten voraus. Es wird nämlich davon ausgegangen, daß der Befragte über die anderen am Entscheidungsvorgang Beteiligten und deren Aktivitäten ausreichend informiert ist und objektiv angeben kann, wie sein und das Verhalten der anderen zum Entscheidungsergebnis beigetragen haben.

Die zu untersuchenden Entscheidungsprozesse sind indessen viel zu komplex, als daß sie für den einzelnen objektiv nachvollziehbar wären. In der Regel bringen Interviews unter den Beteiligten widersprüchliche Einschätzungen des Ablaufs zutage, die den Sozialforscher vor das Dilemma stellen, entscheiden zu müssen, welche Aussage die „richtige" und welche die „falsche" ist.

Die skizzierten methodischen Probleme machen erklärlich, weshalb selbst über die wichtigsten politischen Entscheidungsprozesse in der Bundesrepublik noch keine empirischen Untersuchungen vorliegen. Vereinzelte Fallstudien behandeln meist periphere politische Entscheidungen. Auch die von der Forschungsgruppe Stammer vorgelegte Analyse der Einflußnahme der Verbände auf die Gestaltung des Personalvertretungsgesetzes stellt insofern einen Sonderfall dar, als die Gewerkschaften hier nicht, wie sonst üblich, die privaten, sondern die öffentlichen Arbeitgeber-verbände zum Kontrahenten hatten.

Eine Kritik der aufgestellten Behauptungen über die gesellschaftliche Machtverteilung in der Bundesrepublik kann sich deshalb nicht gegen vorliegende empirische Einflußstudien und die darin angewandten Methoden richten, sondern soll vornehmlich die Plausibilität der beiden konträren Positionen überprüfen. Da-bei wird selbstverständlich soweit wie möglich auf empirische Befunde Bezug genommen. 2. Schwächen der Pluralismustheorie Ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen allen sozialen Gruppen und Schichten wird in der Pluralismustheorie als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt und nicht weiter diskutiert. Bei näherer Betrachtung erweist sich jedoch gerade diese Annahme als problematisch Wegen der funktionalen Notwendigkeit, die Spitzen der großen Organisationen und Bürokratien in komplexen repräsentativen Systemen mit zentralen Entscheidungsbefugnissen auszustatten, bildet sich in allen industrialisierten Gesellschaften eine Machtdifferenz zwischen Eliten und Nichteliten heraus. Unter Elite wird hier — ohne Wertung — der Kreis von Personen verstanden, die innerhalb der Gesellschaft Spitzenpositionen einnehmen und die Macht haben, zur Erhaltung oder Veränderung gesellschaftlicher Strukturen und der sie tragenden Normen unmittelbar beizutragen

Die Pluralismustheorie versucht, dieses gegen egalitär demokratische Normen verstoßende Machtgefälle zwischen Eliten und Nichteliten mit der Behauptung zu entproblematisieren, daß die von den Eliten konzipierte Politik die Bedürfnisse aller Gruppen innerhalb der Nicht-eliten gleichermaßen befriedige, weil die Eliten auf die Unterstützung und Zustimmung der Nichteliten angewiesen seien und sich auf dauernd wechselnde Koalitionen stützen müßten.

Die Kontrolle der Eliten durch die Nichteliten ist indessen in Wirklichkeit keineswegs so groß, wie die Pluralisten vorgeben. Wegen des Informationsvorsprungs der gesellschaftlichen Führungsgruppen verbleibt der breiten Masse der Bevölkerung nämlich im großen und ganzen nur die Möglichkeit, den von den Eliten und ihren Stäben ausgearbeiteten Programmen und der praktizierten Politik in periodischen Abständen zu akklamieren oder sie in toto abzulehnen. Die wichtigsten Vorentscheidungen fallen somit bereits im Stadium der Konzipierung der Politik, auf die neben Eliten anderer gesellschaftlicher Bereiche allenfalls noch die politisch Engagierten Einfluß haben.

Politisches Engagement in Form von Mitarbeit in Parteien, Verbänden oder Bürgerinitiativen ist aber sehr stark von der Schichtzugehörigkeit abhängig. Nach Untersuchungen, die sich auf mehrere westliche Länder erstrecken sind Individuen mit hohem sozio-ökonomischen Status mehr als Mitglieder der Unterschicht an politischen Fragen interessiert und auch eher bereit, sich in Parteien und Verbänden zu organisieren und dort aktiv mitzuarbeiten. Diese geringere politische Partizipation der Individuen mit niedrigem sozio-ökonomischen Status läßt sich zum einen mit den in den Unterschichten vorherrschenden familiären Erziehungspraktiken erklären, die den einzelnen nicht zur Selbstverantwortlichkeit hinführen. Außerdem veranlassen mangelndes Selbstvertrauen, eine unterentwickelte Fähigkeit zu abstraktem Denken und fehlendes Verständnis für Geschehnisse jenseits des unmittelbaren Erfahrungsbereichs die überwiegende Mehrzahl der Unterschicht-Mitglieder, politischen Veranstaltungen fernzubleiben und soziale Kontakte fast ausschließlich mit Angehörigen der eigenen Schicht zu pflegen. Vieles spricht deshalb dafür, daß die Inhalte politischer Konzeptionen und Entscheidungen in pluralistischen Demokratien wie der Bundesrepublik Deutschland sehr stark von den Interessen der Ober-und Mittelschicht präjudiziert werden, weil die Unterschichten auf Grund sozialer Barrieren unter den politisch Aktiven unterrepräsentiert sind.

Verstärkt wird dieser Effekt einer klassen-spezifischen Prägung der Politik durch die einseitige Rekrutierung der politischen Elite. Zwar haben die Unterschichten zur politischen Elite über die Parteien und die Gewerkschaften größere Aufstiegschancen als zu sonstigen Spitzenpositionen in Wirtschaft und Gesellschaft. Trotzdem sind auch unter den Spitzen-politikern und den leitenden Beamten die Ar-beiter bzw. Arbeiterkinder im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung stark unterrepräsentiert

Dieser Befund widerspricht der Modellannahme der Pluralismustheorie vom offenen Zugang zur Elite, der den Wettbewerb zwischen den Führungsgruppen intensivieren sollte. Der mangelnde Aufstiegsdruck von unten trägt mit dazu bei, daß die Eliten der Bundesrepublik weniger die Interessen der Unterschichten zu antizipieren gezwungen sind, als es von der Pluralismustheorie postuliert wird.

Ebenso lassen sich Zweifel anmelden, ob die Intensität der Konkurrenz zwischen den politischen Eliten, von der das Pluralismusmodell ausgeht, angesichts des Zweieinhalb-Parteien-systems in der Bundesrepublik ausreicht. Zur Verdeutlichung der wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung des Parteiensystems ist es zweckmäßig, kurz auf die Rolle der FDP einzugehen. Es mag vielleicht überraschen, wenn ausgerechnet die kleinste der im Bundestag vertretenen zum Ausgangspunkt einer Analyse wird. gewählt Die Bedeutung, die der FDP bei fast jeder Regierungsbildung zukommt, läßt eine solche Vorgehensweise jedoch gerechtfertigt erscheinen

Sieht man einmal von den Jahren der Großen Koalition und dem Zeitraum der Alleinregierung von CDU/CSU (1953 bis 1957) ab, so kann die Rolle der FDP als die einer Opposition innerhalb der Regierung umschrieben werden. Als kleinerer Partner in einer Koalition steht sie immer vor der Alternative, entweder durch widerstandslose Unterstützung des größeren Partners für eine reibungslose Regierungstätigkeit zu sorgen oder durch gelegentliche Einsprüche ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zu unterstreichen.

Die FDP ist den zweiten Weg gegangen und hat durch eine „Strategie des begrenzten Konflikts" mit dem größeren Koalitionspartner lange Zeit, die Funktion eines „Oppositionsfilters" zur CDU wahrgenommen. So konnte sie im Wahlkampf 1961 -mit der Parole „CDURegierung ja, aber ohne Adenauer" eine ganze Reihe unzufriedener CDU-Wähler an sich ziehen. 1965 versuchte sie auf ähnliche Weise als Oppositionsfilter zu wirken, indem sie für eine CDU-FDP-Regierung ohne Strauß eintrat.

Seit Bildung der Sozial-liberalen Koalition hat sich die FDP in einen Oppositionsfilter zur SPD verwandelt. Im Wahlkampf 1972 prägte sich das im Selbstverständnis der Partei klar aus, indem sie häufig auf ihre Rolle als Garant Experimente" von gegen „sozialistische seiten der SPD verwies und behauptete, daß „den anderen (gemeint war die SPD) der Sinn für Realitäten fehle".

Für den politischen Prozeß in der Bundesrepublik hat die Rolle der FPD im Zweieinhalbparteiensystem u. a. folgende Wirkungen:

— Wähler, die mit der Politik der CDU/CSU unzufrieden waren, konnten z. Zt.der CDU/FDP-Koalition kaum von der damaligen parlamentarischen Oppositionspartei, der SPD, absorbiert werden, weil die FDP den größten Teil dieser Wählerbewegung auffing. Am deutlichsten trat diese Funktion der FDP als Auffangbecken für unzufriedene CDU-Regierungsparteiwähler bei der Bundestagswahl 1961 in Erscheinung, als die FDP ihren Stimmenanteil von 7, 7 vH im Jahre 1957 auf 12, 8 vH erhöhte. Das verzögerte nicht nur den in der parlamentarischen Demokratie von Zeit zu Zeit erforderlichen Machtwechsel, sondern schwächte auch die Wirkung des in einem alternierenden Regierungssystem eingebauten Kontrollmechanismus. Denn Gewichtsverschiebungen innerhalb der Koalition berühren ja nicht die Macht der Regierung als solche. — Wegen des Popularitätsvorsprungs der jeweiligen Kanzlerpartei bestand das kurzfristige Ziel der CDU-Opposition während der Sozial-liberalen Koalition von 1969 bis 1972 vornehmlich darin, wieder den Kanzler zu stellen. Infolgedessen war ihr taktisches Verhalten in erste, Linie darauf gerichtet, die FDP zu spalten, um bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu versuchen, mit Hilfe der Stimmen von Überläufern den Kanzlerstuhl wieder zu erobern. Die Oppositionsrolle verlor damit den ihr in der parlamentarischen Demokratie zugedachten Erneuerungseffekt. Die Entwicklung von Alternativen zur Regierungspolitik blieb weitgehend aus.

Diese Wettbewerbsbedingungen der Parteien in einem auf Koalitionsbildung angewiesenen Regierungssystem verringern erstens die von der Pluralismustheorie so betonten Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger in der Wahl; denn selbst starke Wählerbewegungen schlagen sich nur unzureichend in einem Revirement des Regierungspersonals und der Regierungspolitik nieder. Zweitens trägt die verminderte Konkurrenz auch zu einer relativ konservativen Politik bei.

Amerikanische Untersuchungen, die sich mit dem Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Parteienkonkurrenz und den Inhalten der Politik befaßt haben, stützen diese These So ermittelten mehrere, voneinander unabhängige Forscher in den USA, daß bei zersplittertem Parteiensystem oder in Staaten mit unumstrittener Vorherrschaft einer Partei in der Regel eine mehr die Oberschichten begünstigende Steuer-, Bildungs-und Sozialpolitik verfolgt wurde. Demgegenüber konnte man in einem alternierenden Zweiparteiensystem „sozial gerechtere", d. h. die Interessen der Unterschichten stärker berücksichtigende politische Maßnahmen feststellen.

Allerdings sei darauf hingewiesen, daß andere Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen Industrialisierungsgrad und Bildungsstand einerseits und Intensität des Parteien-wettbewerbs andererseits festgestellt haben Sobald die sozio-ökonomischen Variablen konstant gehalten werden, wird die Korrelation zwischen Parteienwettbewerb und „sozialer Politik" geringer. Das legt den Schluß nahe, daß „soziale Politik" mehr vom Industrialisierungsgrad und Bildungsstand als vom Ausmaß der Parteikonkurrenz abhängig ist.

Der Immobilismus, der bei Koalitionsregierungen häufig deshalb unvermeidlich ist, weil kontroverse Probleme ausgeklammert werden müssen, wird durch die Vielzahl der Instanzen mit ihren spezifischen Eigeninteressen und positionsbedingten Perspektiven (Kabinetts-mitglieder, Fraktionsspitzen, Parlamentsausschüsse, Bundesrat, Beiräte usw.) noch weiter verstärkt. Sie machen den Entscheidungsprozeß langwierig und schwerfällig, so daß oft dringend erforderliche Maßnahmen verschleppt, schließlich verwässert und in manchen Fällen auch gar nicht durchgeführt werden. Innovationen müssen häufig unterbleiben, besonders dann, wenn sie tradierte Normen und Werte breiter Bevölkerungskreise in Frage stellen

Die aufgezeigten Faktoren — schichtenspezifisches politisches Engagement, sozial einseitige Rekrutierung der politischen Elite und abgeschwächte Parteienkonkurrenz — begünstigen die Konservierung des wirtschaftsund gesellschaftspolitischen Status guo. Geht man davon aus, daß eine möglichst lange Aufrechterhaltung dieses Status quo im Interesse der von den bestehenden Verhältnissen profitierenden Oberschichten liegt, so scheinen sie bei der politischen Willensbildung im pluralistischen System im Vorteil zu sein. Die Grundannahme der Pluralismus-Theoretiker von einem Machtgleichgewicht zwischen allen sozialen Gruppen muß daher als unzutreffend bezeichnet werden. 3. Mängel der Theorie der Kapitalmacht Aus der Ablehnung der von den „Pluralisten" verfochtenen Gleichgewichtsthese ist jedoch nicht zu folgern, daß die politischen Entscheidungen einseitig von einer Minderheit von „Kapitalisten" beeinflußt oder gar selbst getroffen werden. Ergebnisse von Untersuchungen über die deutsche Oberschicht deuten im Gegenteil darauf hin, daß die von C. Wright Mills für die USA aufgestellte Machtelitenhypothese auf die sich Marxisten häufig berufen, nicht die Wirklichkeit der Bundesrepublik kennzeichnet. Mills glaubte, in den USA ein allmächtiges Kartell der Inhaber . von Spitzenpositionen in politischer Exekutive, Wirtschaft und Militär feststellen zu können. Zapf und im Anschluß daran Dahrendorf 31) bestritten die Existenz einer solchen Machtelite in der Bundesrepublik. Sie begründeten das mit der empirisch untermauerten Feststellung, daß die deutschen gesellschaftlichen Führungsgruppen nicht homogen, sondern hinsichtlich Erziehung und Ausbildung, Lebensstil, sozialem Umfeld und Interessen sehr heterogen und deshalb nicht zu einem einheitlichen Handeln prädisponiert seien. Während Zapf sogar Ansätze einer pluralistischen Konkurrenz unter den deutschen Eliten zu erkennen glaubte, sprach Dahrendorf von einem Kartell der Angst, das ein Stillhalteabkommen geschlossen hätte und die soziale Macht nach einem bestimmten Schlüssel verteile, an dem nicht gerüttelt werden dürfe. Zapf und Dahrendorf, die bei ihren Untersuchungen einen positioneilen Ansatz wählten, gelang es somit nicht, für die Bundesrepublik eine Bestätigung für die These von der Kapitalmacht zu finden. Gleichermaßen konnte auch keine der bisher vorliegenden Einzelstudien mit einem entscheidungsgenetischen Ansatz einen fest umgrenzten Personenkreis ausfindig machen, der ausschließlich die Interessen der Kapitalisten hätte durchsetzen können. Vielmehr waren immer mehrere, miteinander konkurrierende Interessen zu beobachten, die sowohl auf die Beratungen als auch auf die Gestaltung des Gesetzgebungswerkes Einfluß nahmen und von denen keine allein ihren Auffassungen zum Durchbruch verhelfen konnte

Die These von der Kapitalmacht unterschätzt ferner auch erheblich die Verständigungsmöglichkeiten und Verhaltensabstimmungen der Unternehmerseite und vernachlässigt die teilweise sehr starken Meinungsverschiedenheiten Und Interessengegensätze zwischen und auch innnerhalb von Wirtschaftsbereichen. Es ist aber nicht vertretbar, von einem monolithischen Block „Monopolkapital" auszugehen und Rivalitäten und Konkurrenzbeziehungen, die die Geschlossenheit der Kapitalseite beeinträchtigen, als nicht gravierend abzutun. So weist selbst Ehrlich, ein marxistischer Polito-löge in Polen, die Kapitalmachttheorie als vulgärmarxistisch zurück, wenn er schreibt; „Die Vorstellung, derzufolge das Spitzenorgan der politischen Struktur einfach der Vollstrecker! der Empfehlungen der einflußreichsten kapitalistischen Gruppen ist, ist deshalb eine Vulga-risierung der marxistischen Interpretation,, weil sie die Ausmaße der Gegensätze nicht be--rücksichtigt, die zwischen den verschiedenen, Gruppen der kapitalistischen Interessen herrschen."

In der politischen Realität zeigt sich auch an der Vielzahl von Entscheidungen, die in der:

Bundesrepublik gegen den ausdrücklichen Willen und die Interessen der Unternehmer gefällt worden sind, wie unrichtig die Behauptung] von der „Allmacht des Kapitals im kapitalistischen Wirtschaftssystem" ist. So konnte das;

sogenannte „Monopolkapital" beispielsweise:

nicht verhindern, daß 1951 die paritätische Mitbestimmung nach dem Willen der Gewerkschaften im Montanbereich gesetzlich verankert wurde. Einzelne Warnstreiks und die Drohung mit Arbeitsniederlegungen größeren Ausmaßes zwangen den damaligen Bundeskanzler Adenauer dazu, den Forderungen der Gewerkschaften nachzugeben

Ein eklatantes Beispiel für die Grenzen unternehmerischen Durchsetzungsvermögens ist auch die DM-AufWertung von 196 1 Als bekannt wurde, daß Wirtschaftsminister Erhard für eine Aufwertung der DM als Maßnahme gegen die importierte Inflation eintrat, veranstaltete der BDI sofort eine Pressekonferenz. BDI-Präsident Berg bezeichnete dort die Folgen einer Aufwertung als eine Katastrophe für die deutsche Wirtschaft und versicherte, daß er nur mit Adenauer zu sprechen brauche, um das Vorhaben der Regierung zu verhindern. Tatsächlich sagte Adenauer ihm auch zu, keine DM-Aufwertung vorzunehmen. Wenige Monate später fand aber dann trotzdem eine Wechselkurskorrektur statt, ohne daß der BDI vorher informiert worden wäre. Aus Verärgerung darüber sperrte Berg den monatlichen Scheck der Industrie von 100 000, — DM an die CDU-Parteikasse, aber auch mit dieser Sanktion konnte er die Maßnahme der Regierung nicht mehr rückgängig machen. Diese Vorgänge veranschaulichen in exemplarischer Weise, daß die Geldsummen der „Kapitalisten" allein auch nicht immer in der Lage sind, politischen Maßnahmen in der vom Geldgeber gewünschten Weise zu beeinflussen Der häufig gezogene Schluß, finanzielle Unterstützung durch die Unternehmerverbände bringe die Parteien in eine absolute Abhängigkeit und zwinge sie dazu, ausschließlich die Interessen des Monopolkapitals zu vertreten ist allzu einfach. Ein weiteres Gegenbeispiel neben der DM-Aufwertung von 1961 ist der Sturz des CDU-Ministerpräsidenten Karl Arnold in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1956, bei dem die FDP gegen den Widerstand der sie finanzierenden Unternehmer mit der SPD eine Koalition bildete und dafür eine zeitweilige Sperrung der Gelder hinnehmen mußte Ebenso kann das Bundestagswahl-ergebnis von 1972 als Beweis dafür gewertet werden, daß selbst massive finanzielle Unterstützung für die CDU durch Anzeigenkampagnen unternehmernaher Organisationen nicht die beabsichtigte politische Wirkung hat erzielen können.

Die Reihe der Fälle, bei denen politische Entscheidungen gegen den Willen der Unternehmer getroffen wurden, läßt sich noch beliebig fortsetzen. So wurde 1969 mit dem Lohnfortzahlungsgesetz für kranke Arbeiter eine langjährige gewerkschaftliche Forderung erfüllt, die der DGB bereits 1955 erhoben hatte. Bis zuletzt hatten sich die Arbeitgeberverbände gegen diese gesetzliche Regelung gewehrt und waren statt dessen für eine versicherungsrechtliche Lösung eingetreten Auch das Zweite Krankenversicherungsänderungsgesetz von 1970 und die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1971 hatten die Arbeitgeberverbände vergeblich zu verhindern versucht.

Die empirischen Gegenbeweise gegen die angebliche „Herrschaft des Monopolkapitals" sind so offensichtlich, daß die Anhänger des Kapitalmacht-Konzepts nicht umhinkönnen, die Möglichkeit von Entscheidungen gegen die Interessen der „Kapitalisten" zuzugestehen. Doch auch dadurch lassen sich die Marxisten nicht in ihrer Grundhaltung beirren, denn — so Altvater — „indem der Staat gesellschaftliche Interessen auch gegen private Interessen durchsetzt, dient er zugleich monopol-kapitalistischen Interessen, da die ökonomische Basis der Gesellschaft das Monopolkapital ist" Mit anderen Worten: Wenn die Regierung Maßnahmen gegen die Interessen des „Monopolkapitals" trifft, so nur deshalb, um das kapitalistische Wirtschaftssystem zu -stabi lisieren.

Dieses Argument ist indessen als ein Versuch zu werten, die Theorie von der Kapitalmacht gegen die Falsifizierung durch die Fakten zu immunisieren. Werden staatliche Maßnahmen, gegen die die Unternehmer protestieren, nicht getroffen, so heißt es, das „Kapital" habe sich durchgesetzt. Ergreift der Staat trotz Einspruch der Unternehmer Maßnahmen, so werden sie als systemstabilisierend abgewertet und als letzten Endes doch im Interesse der Unternehmer liegend uminterpretiert. Auf diese Weise können alle nur denkbaren Fälle mit der Theorie der Kapitalmacht in Einklang gebracht werden. „Der Satz von der Herrschaft der Groß-wirtschaft (Monopolkapital) über Politik ist so formuliert, daß er nicht einmal durch den Ent-Schluß zu weitgehender Sozialisierung widerlegt werden könnte.“ Die Theorie von der Kapitalmacht verliert dann allerdings den Cha-rakter einer intersubjektiv an der Wirklichkeit überprüfbaren wissenschaftlichen Aussage und wird inhaltsleer.

III. Thesen zur gesellschaftlichen Machtverteilung in der Bundesrepublik

Die kritische Gegenüberstellung der kontroversen Aussagen zur gesellschaftlichen Machtverteilung hat deutlich werden lassen, daß keine von beiden die politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit der Bundesrepublik hinreichend wiedergibt. Im abschließenden Teil dieses Aufsatzes soll daher eine Synthese der beiden Ansätze versucht werden.

Als sicher kann gelten, nicht gesellschaftlichen alle Interessen die gleichen Chancen haben, sich Vielmehr ist der durchzusetzen.

Einfluß einer Gruppe abhängig von ihrer Fähigkeit, das Interesse wirksam zu organisieren (Organisationsfähigkeit) und von der Möglichkeit, notfalls Druck auszuüben, indem sie eine für die Gesamtgesellschaft notwendige Leistung kollektiv verweigert (Konfliktfähigkeit) Auch das Stimmenpotential, das gegen eine Partei bei der nächsten Wahl von einer Gruppe mobilisiert werden kann, hat für die Durchsetzungsfähigkeit einer Gruppe Bedeutung.

Von den Merkmalen dürfte die Organisationsfähigkeit oder — besser gesagt — die Einsicht in die Notwendigkeit, sich zu organisieren und solidarisch zu handeln, entscheidender sein. Denn die Studentenbewegung hat gezeigt, daß auch eine Gruppe, die noch keine für die Gesamtgesellschaft notwendige Leistung, etwa durch Vorlesungsstreiks, erzielen kann, in der Lage ist, auf sich aufmerksam zu machen und Teilerfolge zu erreichen. Auch die seit 1968/69 gebildeten sogenannten Bürgerinitiativen haben in vielen Fällen ihre Aktionsziele durchsetzen können, obwohl sie keine konfliktfähigen Interessen im oben definierten Sinne vertraten Demgegenüber gehören beispielsweise Hausfrauen, Rentner, Verbraucher zu denjenigen, deren Interessen nicht nur im geringeren Umfang konfliktfähig, sondern auch schwach organisiert sind und deshalb weniger berücksichtigt werden.

Innerhalb des Bereichs der organisationsund konfliktfähigen Interessen scheint eine sehr differenzierte Betrachtung angebracht. Die Tatsache, daß sich eine Vielzahl von Gesetzen anführen läßt, die gegen den erbitterten Widerstand der Unternehmer verabschiedet worden sind, während in anderen Fällen die Gewerkschaften eine Niederlage hinnehmen mußten, darf nicht zu dem voreiligen Schluß des gesellschaftlichen Kräftegleichgewichts verleiten. Vielmehr spricht einiges dafür, daß bei der Machtverteilung zwischen Kapital und Arbeit zwischen drei Bereichen unterschieden werden muß: — Erfolge der Gewerkschaften sind vorwiegend dort anzutreffen, wo es um eine Verbesserung des Systems der sozialen Sicherung im weitesten Sinne geht. Der Widerstand der Arbeitgeber ist in derartigen Fragen auch nicht so hart, weil die Gesetzmäßigkeiten marktwirtschaftlicher Abläufe es ihnen häufig erlauben, die durch solche Maßnahmen entstehenden Mehrbelastungen größtenteils wieder auf die Preise überzuwälzen. — Ein annäherndes Gleichgewicht zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften scheint sich im Kampf um die Verteilung des Volkseinkommens herausgebildet zu haben. Obwohl die Verteilungsstatistik in der Bundesrepublik unzulänglich ist, läßt sich vorbehaltlich der Ermittlung genauerer Zahlen folgende Aussage vertreten Einerseits ist es den Unterneh-mern nicht gelungen, den Anteil der Einkommen aus unselbständiger Arbeit am Volkseinkommen zu drücken; andererseits vermochten die Gewerkschaften aber auch nicht, den Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen auf Dauer wesentlich zu erhöhen. Lohnquote und Gewinnquote sind vielmehr — unter Berücksichtigung des zunehmenden Anteils der abhängig Beschäftigten an den Erwerbstätigen — im großen und ganzen konstant geblieben, was nicht ausschließt, daß sich die Einkommensverteilung in den Anfangsphasen der Konjunkturzyklen jeweils zugunsten der Unternehmer, in den Spätphasen dagegen wieder zugunsten der Arbeitnehmer verschoben hat Folglich könnte man von einem Gleichgewicht der Kräfte im Verteilungskampf sprechen. Damit ist allerdings — worauf mit Nachdruck hinzuweisen ist — nichts über die Gerechtigkeit des Ausgangszustandes der Verteilung gesagt, sondern lediglich ein Patt zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden bei ihrem Bemühen, die Einkommens-verteilung jeweils zu ihren Gunsten zu verändern, konstatiert. — Eine Vetoposition haben die Unternehmer-verbände aber gegenüber allen Forderungen einnehmen können, die auf eine Weiterentwicklung der Wirtschaits-und Gesellschaftsordnung im Sinne eines alternativen Sozialstaatsmodells abzielten So vermochten sie in den fünfziger Jahren die Forderungen der Gewerkschaften nach Sozialisierung und gesamtgesellschaftlicher Planung erfolgreich abzuwehren. Eine Aushöhlung der gesetzlich verankerten Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Montanbereich gelang ihnen zwar nicht, eine Ausweitung der paritätischen Mitbestimmung auf die Gesamtwirtschaft konnten sie jedoch bis heute hinauszögern. In ordnungspolitischen Fragen wie Unternehmens-verfassung und mangelnder Sozialbindung des Eigentums dürften somit die Unternehmer, zumindest was die Vergangenheit anbetrifft, gegenüber den Gewerkschaften in einer stärkeren konservierenden Position sein.

Die gesellschaftliche Machtverteilung bemißt sich indessen nicht allein nach dem Ausmaß, in dem die Verbände ihre Ziele bei politischen Entscheidungen durchsetzen können. Nicht außer acht gelassen werden darf auch, wie die von den Gewerkschaften gegen den Widerstand der Unternehmer erkämpften Gesetze, die die soziale Stellung der Arbeitnehmer verbessern sollen, in der Praxis gehandhabt werden.

Als Beispiele seien das Jugendarbeitsschutzgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz genannt. Seit 1968 sind von den Gewerbeaufsichtsämtern in der Bundesrepublik jährlich mehr als 50 000 Verstöße gegen die Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes bekannt-geworden. Da die Zahl der Beamten, die die Einhaltung der Schutzbestimmungen überwachen sollen, viel zu gering ist, können die Unternehmer, besonders in Klein-und Mittelbetrieben, die Jugendlichen nach wie vor wirtschaftlich ausnutzen und ohne Rücksicht auf ihren gesundheitlichen Schutz und ihre berufliche Entwicklung beschäftigen.

Ebenso verzichten viele Arbeitnehmer in Klein-und Mittelbetrieben auf Druck ihrer Arbeitgeber darauf, einen Betriebsrat zu wählen. Damit verzichten sie auf ihre Rechte, die ihnen nach dem Gesetz zustehen, und überlassen dem Unternehmer in allen sozialen, personellen und wirtschaftlichen Fragen die alleinige Entscheidungsgewalt. Erfolge der Gewerkschaften auf der höchsten Stufe der Gesetzgebung werden auf diese Weise in der betrieblichen Praxis wieder annulliert; die Arbeitgeber können häufig ihre Interessen so durchsetzen, als ob es keine einschränkenden gesetzlichen Bestimmungen gäbe.

Die politisch-gesellschaftliche Macht dürfte ferner auf kommunaler Ebene anders verteilt sein als auf Bundesebene. Die These Scheuchs, daß es in modernen Industriegesellschaften keine Herrschaft geschlossener Eliten mehr gibt, dafür aber diffuse Führungsgruppen, deren Macht sich nur auf kleine gesellschaftliche Teilbereiche erstreckt ist nicht ganz von der Hand zu weisen. In der Tat spricht vieles dafür, daß Unternehmer auf kommunaler Ebene durch massiven Druck ihre Interessen sehr oft durchsetzen können, weil die Gemeinden bei ihren Entscheidungen auf das Wohlwollen großer Gewerbesteuerzahler Rücksicht nehmen müssen. Hinzu kommt, daß die Unternehmer mit den Industrie-und Handelskammern Organisationen besitzen, mit deren Hilfe sie unter dem Deckmantel sachverständiger Beratung, die zum gesetzlichen Aufgabenbereich der Kammern gehört, die unternehmerischen Auffassungen den Behörden besonders gut nahe-bringen können. Diese Machtstellung von Unternehmern ist aber dann lokal begrenzt. (Es sei denn, es handelt sich um Großunternehmen, deren Vertreter auch in den entsprechen-den Arbeitgeberverbänden eine wichtige Funktion innehaben.) Es ist zu vermuten, daß jenseits des kommunalen Bereichs der Einfluß lokaler Machtgruppen sehr schnell schwindet.

IV. Schlußbemerkungen

Der Aufsatz sollte verdeutlichen, daß die Frage, wie die gesellschaftliche Macht in der Bundesrepublik verteilt ist, nicht eindeutig im Sinne der Pluralismustheorie oder der These von der Kapitalmacht beantwortet werden kann. Die Behauptung, jede Gruppe werde in ihrem Durchsetzungsvermögen durch das System der „checks and balances" begrenzt, trifft die Realität ebensowenig wie die gegenteilige Auffassung, daß das Monopolkapital letztlich alle politisch-gesellschaftlichen Entscheidungsprozesse dominiert. Vielmehr muß unterschieden werden nach dem Bereich, in dem ein Problem zur Entscheidung ansteht (soziale Sicherung, Verteilung, Ordnungspolitik) und nach der Ebene, auf der sie getroffen werden soll.

Eine weitergehende Aussage wird erst dann möglich, wenn man die verschiedenen Entscheidungsbereiche und Ebenen nach ihrem Einfluß auf die Lebenslagen der einzelnen Gruppen bewertet. Geht man beispielsweise davon aus, daß eine Weiterentwicklung der Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung im Sinne eines alternativen Sozialstaatsmodells für die Lebenslage der Unterschichten von größerem Nutzen als eine Verbesserung des Systems der sozialen Sicherung ist, so wird man der Auffassung zuneigen, daß die Unternehmer in unserer Gesellschaft ihre Interessen eher haben durchsetzen können. Hält man dagegen den Bereich der sozialen Sicherung für den wichtigeren Bestimmungsgrund der Lebenslage, so wird man angesichts der gewerkschaftlichen Erfolge auf diesem Sektor die Arbeitnehmer im Vorteil sehen. Mißt man allen Ebenen und Bereichen die gleiche Bedeutung zu, so erscheint angesichts der Komplexität der Entscheidungsabläufe in Industriegesellschaften eine generelle Aussage über die gesellschaftliche Machtverteilung nicht vertretbar.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. W. Steffani, Einleitung, in: F. Nuscheler/W. Steffani (Hrsg.), Pluralismus. Kozeptionen und Kontroversen, München 1972, S. 9.

  2. So z. B. bei K. M. Bolte, K. Aschenbrenner, Die gesellschaftliche Situation der Gegenwart, 4. Aufl., Opladen 1967, S. 15 f.

  3. Vgl. vor allem E. Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 1964; K. Sontheimer, Staatsidee und staatliche Wirklichkeit heute, in: E. Fraenkel, K. Sontheimer, B. Crick, Beiträge zur Theorie und Kritik der pluralistischen Demokratie. Schriften der Bundeszentrale für politische Bildung, 1969, S. 17 ff; für die USA siehe R. A.

  4. J. A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Aufl., Bern 1950, S. 418.

  5. Der Ausdruck stammt von J. K. Galbraith, Der amerikanische Kapitalismus im Gleichgewicht der Wirtschaftskräfte, Stuttgart 1956.

  6. E. Fraenkel, „Demokratie", in: E. Fraenkel, K. D. Bracher, (Hrsg.), Staat und Politik, Fischer-Lexikon, Neuausgabe Frankfurt (Main) 1966, S. 73 f.

  7. E. Fraenkel, Die repräsentative und die plebiszitäre Komponente im demokratischen Verfassungsstaat, in: ders., Deutschland und die westlichen Demokratien, a. a. O., S. 88.

  8. Vgl. E. Mandel, Marxistische Wirtschaftstheorie, Frankfurt (Main) 1968, S. 530 f.; P. M. Sweezy, Die Zukunft des Kapitalismus und andere Aufsätze zur politischen Ökonomie, Frankfurt (Main) 1970, S. 81 f.; L. Basso, Zur Theorie des politischen Konflikts, Frankfurt (Main) 1969, S. 12; Autorenkollektiv, Spätkapitalismus ohne Perspektive. Tendenzen und Widersprüche des westdeutschen Imperialis-

  9. Vgl. C. W. Mills, The Power Elite, 6. Aufl., New York 1967.

  10. U. Jaeggi, Kapital und Arbeit in der Bundesrepublik. Elemente einer gesamtgesellschaftlichen Analyse, Frankfurt (Main) 1973, S. 50.

  11. Vgl. ebd.

  12. Vgl. H. Albert, Probleme der Theoriebildung, in: Theorie und Realität. Ausgewählte Aufsätze zur Wissenschaftslehre der Sozialwissenschaften, hrsg. Von H. Albert, Tübingen 1964.

  13. Vgl. H. -G. Wehling, Wer hat Macht in der Bundesrepublik? Fragen an die Interessengruppenforschung, in: Der Bürger im Staat, 23. Jahrg., Heft 4/1973, S. 293 ff.

  14. Vgl. E. K. Scheuch, Soziologie der Macht, in: Macht und ökonomisches Gesetz, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, N. F., Bd. 74/11, Berlin 1973, S. 1004 f.

  15. Aus der Fülle der Publikationen seien genannt F. Baerwald, Die Verbände in der Demokratie der Gegenwart, in: ZfP 1963, S. 54 ff.; P. Bernholz, Die Mächtkonkurrenz der Verbände im Rahmen des politischen Entscheidungssystems, in: Macht und ökonomisches Gesetz, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, N. F„ Bd. 74/11, Berlin 1973, S. 859 ff.; V. Bethusy-Huc, Demokratie und Interessenpolitik, Wiesbaden 1962; K. von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München 1969; R. Breitling, Die Verbände in der Bundesrepublik, Meisenheim/Glan 1955; E. Buchholz, Die Wirtschaftsverbände in der Wirtschaftsgesellschaft, Tübingen 1969; Th. Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 1955; W. Hennis, Verfassungsordnung und Verbandseinfluß. Bemerkungen zu ihrem Zusammenhang im politischen System der Bundesrepublik, in: PVS 1/1961; Ph. Herder-Dorneich, Zur Verbandsökonomik. Ansätze zu einer ökonomischen Theorie der Verbände, Berlin, 1973; J. H. Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin 1956; G. Petzold, Der Wettbewerb der Verbände um die Mitwirkung an der Wirtschaftspolitik, Diss. Köln 1963; H. Reichvilser, Erfolgskontrolle der Verbandsarbeit, Berlin 1973; F. Sand, Die Geltendmachung wirtschaftspolitischer Interessen im demokratischen Staat. Institutionalisierung des Einflusses der Verbände auf die Wirtschaftspolitik, Diss. Köln 1965; H. Schneider, Die Interessenverbände, München— Wien 1965; E. Tuchtfeld, (Hrsg.), Die Verbände in der pluralistischen Gesellschaft, Hamburg 1962; H. -J. Varain, Parteien und Verbände, Opladen

  16. Eine Aufzählung der Faktoren des Verbands-einflusses enthält K. von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München 1969; Empirische Angaben dieser Art finden sich bei N. Koubek, u. a„ Wirtschaftliche Konzentration und gesellschaftliche Machtverteilung in der Bundesrepublik Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28/1972.

  17. G. Briefs, Staat und Wirtschaft im Zeitalter der Interessenverbände, in: ders., Laissez-faire-Pluralismus. Demokratie und Wirtschaft des gegenwärtigen Zeitalters, Berlin 1966, S. 132 f.

  18. Vgl. zum folgenden D. Brinkmann-Herz, Entscheidungsprozesse in den Aufsichtsräten der Montanindustrie, Berlin 1972, S. 50 f.; G. Schmölders, Das Selbstbild der Verbände. Empirische Erhebung über die Verhaltensweisen der Verbände in ihrer Bedeutung für die wirtschaftspolitische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, N. F., Bd. 38, Berlin 1965; Zur Problematik der Interviewtechnik vgl. R. König, (Hrsg.), Das Interview, 5. Aufl., Köln 1966.

  19. Vgl. H. G. Wehling, Die politische Willensbildung auf dem Gebiet der Weinwirtschaft, Göppingen 1971; R. Fritz, Der Einfluß der Parteien und Geschädigtenverbände auf die Schadensfeststellung im Lastenausgleich, Diss. Berlin 1964; P. Ackermann, Der deutsche Bauernverband im politischen Kräftespiel der Bundesrepublik. Die Einflußnahme des DBV auf die Entscheidung über den europäischen Getreidepreis, Diss. Tübingen 1970; O. Stammer, u. a., Verbände und Gesetzgebung. Die Einflußnahme der Verbände auf die Gestaltung des Personalvertretungsgesetzes, Köln und Opladen 1965; H. Schatz, Der parlamentarische Entscheidungsprozeß. Bedingungen der verteidigungspolitischen Willensbildung im Deutschen Bundestag, Meisenheim am Glan 1970; M. M. Wambach, Verbändestaat und Parteienoligopol. Macht und Ohnmacht der Vertriebenenverbände, Stuttgart 1971.

  20. O. Stammer u. a., Verbände und Gesetzgebung ... a. a. O. Eine inhaltliche Ex-post-Analyse wichtiger Bundesgesetze, aber keine Rekonstruktion der Verbandsaktivitäten und der Entscheidungsverläufe enthält H. H. Hartwich, Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status quo, Köln und Opladen 1970. Vgl. dazu auch Abschnitt III dieses Aufsatzes.

  21. Vgl. zum folgenden F. W. Scharpf, Demokratie-theorie zwischen Utopie und Anpassung, Konstanz 1970, S. 29 ff.

  22. Zur Problematik des Elitebegriffs vgl. U. Jaeggi, Die gesellschaftliche Elite. Eine Studie zum Problem der sozialen Macht, 2. Aufl., Bern 1967; H. P. Dreit-zel, Elitebegriff und Sozialstruktur. Eine soziologische Begriffsanalyse, Stuttgart 1962; O. Stammer, Das Elitenproblem in der Demokratie, in: Schmöllers Jahrbuch, 71. Jrg., 1951/11, S. 513 ff.

  23. Vgl. L. W. Milbrath, Political Participation. How and Why Do People Get Involved in Politics? Chicago 1965; R. E. Lane, Political Life. Why People get involved in Politics, Glencoe 1959; G. A. Almond, S. Verba, The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations, Princeton 1963; R. A. Dahl, Who Governs. Democracy and Power in an American City, New Haven 1961; S. M. Lipset, Political Man. The Social Bases of Politics, New York 1959; A. Meyer, Parteiaktivitäten und Einstellungen von CDU-und SPD-Mitgliedern, in: J. Dittberner, R. Ebbighausen, (Hrsg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise, Studien und Materialien zur Soziologie der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1973, S. 56 ff.

  24. Vgl. K. von Beyme, Die politische Elite in der Bundesrepublik Deutschland, München 1971, S. , 43 ff.; E. K. Scheuch, Führungsgruppen und Demokratie in Deutschland, in: Die Neue Gesellschaft, XIII (1966), S. 356 ff., hier S. 362; W. Zapf, Wandlungen der deutschen Elite. Ein Zirkulationsmodell deutscher Führungsgruppen 1919— 1961, München 1965, S. 183; R. -P. Lange, Auslesestrukturen bei der Besetzung von Regierungsämtern, in: J. Dittberner, R. Ebbighausen, (Hrsg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise. Studien und Materialien zur Soziologie der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1973, S. 132 ff.

  25. Vgl. zum folgenden die Analysen des deutschen Parteiensystems bei W. Kaltefleiter u. a., Im Wechselspiel der Koalitionen. Eine Analyse der Bundestagswahl 1969, in: Verfassung und Verfassungswirklichkeit, Jahrbuch 1970, Teil 1, Köln-Ber-lin-Bonn-München 1970, und W. Kaltefleiter, Politik ohne Führung — Zur Situation des deutschen Parteiensystems nach den Landtagswahlen von 1970 und 1971, in: Verfassung und Verfassungswirklichkeit, Jahrbuch 1972, Teil 1, Köln 1971, S. 84 ff.; ders., Zwischen Krise und Stagnation. Aspekte der verfassungspolitischen Entwicklung 1972, in: Verfassung und Verfassungswirklichkeit, Jahrbuch 1972, Teil 2, Köln 1972, S. 43 ff.; ders., Zwischen Konsens und Krise. Eine Analyse der Bundestagswahl 1972, Köln 1973.

  26. Vgl. H. Jacob, K. N. Vines, Politics in the American States. A Comparative Analysis, Boston-Toronto 1965, S. 404 ff.; R. E. Dawson, J. A. Robinson, Inter-Party Competition, Economic Variables, and Welfare Policies in the American States, in: The Journal of Politics, 25 (1963) S. 265 ff.; R. I. Hofferbert, The Relation between Public Policy and some Structural and Environmental Variables in the American States, in: APSR, 60 (1966), S. 73 ff.; V. O. Key jun., Southern Politics, New York 1950, S. 298 ff.: D. Lockard, New England State Politics, Princeton 1959, S. 326 ff.

  27. Vgl. H. Jacob, M. Lipsky, Outputs, Structure, and Power: An Assessment of Changes in the Study of State and Local Politics, in: The Journal of Politics, 30 (1968), S. 1513; T. R. Dye, Politics, Economics, and the Public, Policy Outcomes in the American States, Chicago, Illinois 1966, S. 251 ff.

  28. Vgl. F. W. Scharpf, Reformen in der Demokratie: Eine Machtfrage, in: Die Neue Gesellschaft, 16 (1969), S. 120 ff.; J. H. Herz, Stagnationsfaktoren der modernen Gesellschaft, in: Gesellschaft, Recht und Politik, Festschrift für Wolfgang Abendroth, Neuwied und Berlin 1968, S. 147, ff. Auf die Schwierigkeit, in pluralistischen Systemen Innovationen durchzusetzen, verweist auch A. Etzioni, The Active Society, A Theory of Societal and Political Processes, New York 1968, S. 163 ff.

  29. Vgl. W. Zapf, Wandlungen ..., a. a. O.; K. von Beyme, Die politische Elite... a. a. O.; E. K. Scheuch, Führungsgruppen ... a. a. O.

  30. C. W. Mills, The Power Elite, 6. Aufl., New York 1967, S. 269 ff.

  31. Vgl. Fußnote 19. — Die, allerdings aus methodischen Gründen sehr umstrittene amerikanische Community-power-Forschung stützt wiederum z. T. die Theorie der Kapitalmacht. Vgl.den Überblick bei A. Ammon, Eliten und Entscheidungen in Stadt-gemeinden, Berlin 1967.

  32. S. Ehrlich, Die Macht der Minderheit. Die Einflußgruppen in der politischen Struktur des Kapitalismus, Wien—Frankfurt—Zürich 1962, S. 279.

  33. Vgl. die ausführlichen Schilderungen hierzu bei i W. Hirsch-Weber, Gewerkschaften in der Politik. Von der Massenstreikdebatte zum Kampf um das Mitbestimmungsrecht, Köln und Opladen 1959; T. Pirker, Die blinde Macht, 2. Bde., München 1960; E. Schmidt, Die verhinderte-Neuordnung, Frankfurt (Main) 1970.

  34. Vgl. G. Braunthai, The Federation of German Industry in Politics, Ithaca, New York 1965, S. 130.

  35. Zur Problematik der Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik s. R. Breitling, Das Geld in der deutschen Parteipolitik, in: PVS 4/1961, S. 348 ff.; ders., Offene Partei-und Wahlfinanzierung, in: PVS 1968, S. 223 ff.; U. Schleth, Die Finanzen der CDU, in: E. K. Scheuch, R. Wildenmann (Hrsg.), Zur Soziologie der Wahl, Sonderheft 9 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2. Aufl., Köln 1968, S. 215 ff.; A. J. Heidenheimer, F. C. Langdon, Business Associations and the financing of Political Parties. A Comparative Study of the Evolution of Practices in Germany, Norway and Japan, The Hague 1968, S. 14 ff.; U. Dübber, Geld und Politik. Die Finanzwirtschaft der Parteien, Freudenstadt 1970.

  36. So z. B. H. See, Volkspartei im Klassenstaat oder: Das Dilemma der innerparteilichen Demokratie, Reinbek bei Hamburg 1972, S. 107.

  37. Vgl. J. Dittberner, Entwicklungstendenzen des Parteiensystems in der Bundesrepublik, in: J. Dittberner, R. Ebbighausen (Hrsg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise, a. a. O., S. 483.

  38. Zur Entstehungsgeschichte vgl. H. Clade, Lohnfortzahlungsgesetz und Änderungen des Krankenversicherungsrechts. Darstellung und Kritik. Berichte des Deutschen Industrieinstituts zur Sozialpolitik Nr. 8/1969. — Zur Stellungnahme der So

  39. Das Gesetz sah die Einführung eines Arbeitgeberanteils zum Krankenversicherungsbeitrag auch für freiwillig versicherte Angestellte vor. Der DGB hatte dies bereits 1959 im Antrag 180 auf dem 5. Ordentlichen Bundeskongreß gefordert. Vgl.demgegenüber die ablehnende Stellungnahme der Arbeitgeber zu den Gesetzen im Jahresbericht der BDA 1970, S. 107.

  40. Vgl. die positive Würdigung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1971 aus gewerkschaftlicher Sicht bei W. Schneider, Das neue Betriebsverfassungsgesetz — Entstehung und Schwerpunkte, in: Das Mitbestimmungsgespräch Nr. 1/1972, S. 3 ff., und die negative Stellungnahme der BDA, abgedr. im selben Heft.

  41. E. Altvater, Perspektiven jenseits des Wirtschaftswunders, in: Neue Kritik, Nr. 40/1967, S. 22, zit. nach E. K. Scheuch, Zum Wiedererstehen der Erlösungsbewegungen, in: Der Überdruß an der Demokratie. Neue Linke und alte Rechte — Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Köln 1970, S. 142.

  42. E. K. Scheuch, Zum Wiedererstehen der Erlösungsbewegungen, a. a. O., S. 142; vgl. auch E. K. Scheuch, Das Gesellschaftsbild der „Neuen Linken", in: ders. (Hrsg.), Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft. Eine kritische Untersuchung der „Neuen Linken" und ihrer Dogmen, Köln 1962, S. 104 ff.

  43. Vgl. C. Offe, Politische Herrschaft und Klassen-strukturen. Zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme, in: G. Kress, D. Senghaas (Hrsg.), Politikwissenschaft. Eine Einführung in ihre Probleme, Frankfurt (Main) 1969, S. 155 ff., insbesondere S. 167.

  44. Zu den Bürgerinitiativen vgl. H. Grossmann (Hrsg.), Bürgerinitiativen. Schritte zur Veränderung?, Frankfurt (Main) 1971; H. Bilstein, zus. mit K. G. Troitzsch, Bürgerinitiative — Chancen politischer Einflußnahme, in: Gegenwartskunde, Heft 3/1972, S. 263 ff. Horst Zilleßen, Bürgerinitiativen im repräsentativen Regierungssystem, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 12/74.

  45. Zur Problematik der Zahlen zur Einkommens-verteilung vgl. H. Adam, Statistische Probleme bei Einkommensvergleichen zwischen Selbständigen und abhängig Beschäftigten, in: WSI-Mitteilungen, Heft 9/1973, S. 342 ff.

  46. Vgl. H. Adam, Der Kampf um Löhne und Gewinne, Köln 1974.

  47. Vgl. hierzu H. -H. Hartwich, Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status quo, a. a. O., S. 54 ff.; Kernstücke des alternativen Sozialstaatsmodells sind gesamtpolitische Verantwortlichkeiten gegenüber den gesellschaftlichen Zuständen und Prozessen, Vergesellschaftung von Grund und Boden und der Schlüsselindustrien sowie wirtschaftliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer.

  48. Vgl. E. K. Scheuch, Abschied von den Eliten, in: Das 198. Jahrzehnt. Eine Team-Prognose für 1970 bis 1980, Hamburg 1969, S. 305 ff.

Weitere Inhalte

Hermann Adam, Dipl. -Volkswirt sozialwissenschaftlicher Richtung; geb. 1948 in Berchtesgaden; Studium der Volkswirtschaft, Politischen Wissenschaft und Soziologie in Köln und Kiel; seit 1970 Wissenschaftlicher Referent im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB, Düsseldorf; Dozententätigkeit in der Erwachsenenbildung der Gewerkschaften, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Volkshochschulen. Veröffentlichungen: Institutionelle Ursachen konjunkturpolitischer Fehlentscheidungen in der Bundesrepublik, in: WWI-Mitteilungen, H. 5/1970; Grundprobleme und Grenzen jeder Vermögenspolitik im Gesellschaftssystem der Bundesrepublik, in: Das Mitbestimmungsgespräch, H. 2— 3/1971; Die Konzertierte Aktion in der Bundesrepublik, WSI-Studie Nr. 21, Köln 19732; Zur Problematik der konzertierten Aktion, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/73; Bausteine der Volkswirtschaftslehre, Köln 19742; Der Kampf um Löhne und Gewinne, Köln 1974.