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Multinationale Konzerne -Internationale Kapitalstrategie ohne Grenzen? Ossip K. Flechtheim zum 65. Geburtstag | APuZ 11/1974 | bpb.de

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APuZ 11/1974 Multinationale Konzerne -Internationale Kapitalstrategie ohne Grenzen? Ossip K. Flechtheim zum 65. Geburtstag Multinationale Konzerne und internationale Gewerkschaftsbewegung

Multinationale Konzerne -Internationale Kapitalstrategie ohne Grenzen? Ossip K. Flechtheim zum 65. Geburtstag

Siegfried Mielke

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Multinationalen Konzerne (MNK), die Träger der Internationalisierung der Produktion, sind in den letzten Jahren zunehmend zu einem Gegenstand öffentlichen Interesses geworden — nicht zu Unrecht, wie z. B. das Verhalten der Erdölkonzerne (Preisund Verteilungspolitik) während der augenblicklichen Energiekrise gezeigt hat. MNK bestimmen in immer stärkerem Maße die Entwicklung der Weltwirtschaft und die Politik der einzelnen Nationalstaaten. Anhand von Teilen der Währungs-, Zahlungsbilanzund Steuerpolitik versucht der Verfasser aufzuzeigen, inwieweit MNK in der Lage sind, im nationalstaatlichen Rahmen getroffene Entscheidungen zu ignorieren oder sie gar aufzuheben. Neben der Bedrohung der nationalstaatlichen Souveränität wird die Frage erörtert, in welcher Weise die Existenz der MNK das Machtverhältnis zwischen Kapital und Arbeit tangiert, d. h. inwieweit die Internationalisierung der Produktion die strukturellen Machtunterschiede zwischen den großen sozialen Interessengruppen zuungunsten der Gewerkschaften verschärft und welche Gegenmachtkonzeptionen die verschiedenen Gewerkschaftsbewegungen als Antwort auf die Auswirkungen der Internationalisierung der Produktion bisher entwickelten. Tritt keine Änderung zugunsten der Nationalstaaten und Gewerkschaften im Machtdreieck MNK-Nationalstaaten-Gewerkschaften ein, so muß mit einem weiteren Abbau der Wirksamkeit pluralistischer Grundsätze gerechnet werden. Die bisherigen Ergebnisse der aufgeworfenen Frage sind zum Teil widersprüchlich, was nicht zuletzt auf das Konto ungenauer und inkongruenter Definitionsvorschläge sowie die unzureichende Berücksichtigung der Entstehungsgründe der MNK geht. Der Erörterung der genannten Problembereiche wird daher ein knapper Überblick über Definitions-und Typologisierungsvorschläge, die Entstehungsgründe der MNK und den Entwicklungsstand der Internationalisierung der Produktion vorangestellt.

Vorbemerkung

Tabelle I: Fusionen, übernahmen, Beteiligungen und einseitige Niederlassungen aller Industriezweige in der EWG für die Jahre 1961 bis 1969

Quelle: Opera Mundi, i. A.den Rat, Brüssel 1970, S. 92. ') die ersten 6 Monate

Die nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere seit Anfang der sechziger Jahre, verstärkt einsetzende Internationalisierung der Produktion hat zahlreiche, noch weitgehend ungelöste Probleme aufgeworfen. Die multinationalen Konzerne (MNK) als Träger dieser Entwicklung wurden in den letzten Jahren zunehmend zu einem Gegenstand öffentlichen Interesses MNK gab es bereits im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts. Geändert haben sich jedoch die quantitativen und — wie zahlreiche marxistische und nicht-marxistische Autoren behaupten — die qualitative Dimension des hier angesprochenen Phänomens; die quantitative Dimension insofern, als z. B. die Zahl der Tochtergesellschaften von 187 amerikanischen MNK, deren Auslandstätigkeit um die Jahrhundertwende oder bereits früher einsetzte — und die im Bereich der verarbeitenden Industrie ca. 80 °/o der amerikanischen Direktinvestitionen stellen — von 250 am Ende des Ersten Weltkrieges, über 500 (1929), 1000 (1945), 2000 (1957) auf mehr als 5500 im Jahr 1967 anstieg. Ein erster Hinweis auf die neue „Qualität" des derzeitigen Standes der Internationalisierung der Produktion mag darin gesehen werden, daß z. B. vor dem Ersten Weltkrieg international operierende Konzerne im Unterschied zu heute in den tonangebenden Wirtschaftszweigen nur eine „nebensächliche Rolle spielten"

Diese „neuen" Unternehmen — mit Konzernumsätzen ihrer Spitzenvertreter, die das Brut-Ernst Piel:

Multinationale Konzerne und internationale Gewerkschaftsbewegung ... S. 25 tosozialprodukt zahlreicher kleinerer Industriestaaten und der meisten Entwicklungsländer übertreffen, und die bereits 1968 420 Mrd. Dollar, d. h. ca. 23 ’/o des Weltbruttosozialproduktes der westlichen Industriestaaten auf sich vereinigten und deren Wachstumsrate das Doppelte des allgemeinen Wirtschaftswachstums beträgt — bestimmen in immer stärkerem Ausmaß die Entwicklung der Weltwirtschaft und die Politik der einzelnen Nationalstaaten. Nicht zuletzt deshalb, weil sie in der verarbeitenden Industrie insbesondere die Schlüsselindustrien mit hohen Wachstumsraten, fortgeschrittener Technologie und schnellem Technologiewandel kontrollieren. Die Auswirkungen der MNK auf die gesellschaftlichen und politischen Strukturen des betreffenden Landes, sowohl der , Sitzstaaten'der MNK-Zentralen als auch der . Gastländer'ihrer Tochtergesellschaften, nicht zu unterschätzen. Anhand von Beispielen der Wäh-rungs-, Zahlungsbilanzund Steuerpolitik wird zu zeigen sein, inwieweit die MNK in der Lage sind, im nationalstaatlichen Rahmen getroffene Entscheidungen zu ignorieren oder sie sogar aufzuheben.

Kann von nationalstaatlicher Souveränität überhaupt noch die Rede sein, wenn z. B. — wie in Kanada — von ausländischen Fir-men über 50 °/o der verarbeitenden Industrie kontrolliert wird und wenn in Belgien „über 5O°/o der jährlichen Industrie-Investitionen von Tochtergesellschaften ausländischer MNK getätigt" werden? — d. h. unter der Kontrolle von MNK-Zentralen stehen, deren Inter-essen sich häufig im Widerspruch zu den nationalen Interessen ihrer jeweiligen Gastländer befinden.

Ob die Politik der MNK-Zentralen einen positiven oder negativen Einfluß auf die Wirtschaftspolitik der Gastländer ihrer Tochtergesellschaften ausüben, in beiden Fällen wird diese Politik im Ausland formuliert und zwar von Gremien — den MNK-Zentralen —, die von den jeweiligen politischen Organen der betroffenen Staaten nicht kontrolliert werden können.

Neben der Bedrohung nationalstaatlicher Souveränität ist insbesondere die Frage zu erörtern, in welcher Weise diese Existenz der MNK das Machtverhältnis zwischen Kapital und Arbeit tangiert. Zum einen wird die These zu erörtern sein, die Internationalisierung der Produktion verschärfe die strukturel -len Unterschiede zwischen den großen sozialen Interessengruppen zuungunsten der Gewerkschaften.den Zum anderen nach Strategien und Gegenmachtkonzeptionen der verschiedenen Gewerkschaftsbewegungen als Antwort auf die Auswirkungen der Internationalisierung der Produktion zu fragen sein. Die bisherigen Ergebnisse auf die oben aufgeworfenen Fragen — auch die, die die weitere Entwicklung der MNK betreffen — sind z. T.sehr widersprüchlich, was m. E. nicht zuletzt auf das Konto ungenauer und inkongruenter Definitionsvorschläge sowie der unzureichenden Berücksichtigung der Entstehungsgründe der MNK geht. Zur Erörterung der genannten Problembereiche soll daher ein knapper Überblick über Definitions-und Typologisierungs-Vorschläge, die Entstehungsgründe der MNK und der Entwicklungsstand der Internationalisierung der Produktion vorangestellt werden

I. Definitionsprobleme

Tabelle II: Fusionen, übernahmen, Beteiligungen, einseitige Niederlassungen in der EWG 1961 bis 1969, aufgegiiedert nach Industriezweigen

Quelle: Opera Mundi, vgl. Anm. Tab. I, ebd. S. 94.

So einig sich alle Autoren über die ständig wachsende Bedeutung der MNK sind, so uneinig sind sie sich über die Kriterien zur Kennzeichnung dieses Phänomens; Kriterien, die es ermöglichen sollen zu entscheiden, ob z. B. so unterschiedliche Konzerne wie IBM und Unilever mit Produktionsstätten in Dutzenden von Ländern oder Fluggesellschaften, die in zahlreichen Ländern operieren aber keineswegs produzieren; Konzerne, deren Tochtergesellschaften im Ausland lediglich dem Produktionsprozeß der Muttergesellschaft zuarbeiten; Firmen, die nur in einem Lande Produktionsstätten, aber Verkaufs-und Servicestationen in der ganzen Welt unterhalten oder in zahlreichen Ländern tätige Dienstleistungsbetriebe unter den Begriff „MNK" subsumiert werden können. Gemessen an strukturellen und Leistungskriterien („performance characteristics") läßt sich feststellen, daß das Gros der MNK gar nicht so multinational ist, wie häufig behauptet wird. Entsprechend der Definition von David Lilienthal versuchen zahlreiche Autoren die Frage nach der Multinationalität eines Konzerns mit Hilfe struktureller Kriterien zu beantworten. Während für D. Lilienthal dabei das Kriterium schlicht die Anzahl der Länder, in denen eine Firma Geschäfte betreibt — und zwar „industrial or commercial operations" — ist, sind es für andere Autoren die Eigentumsverhältnisse. Giscard d'Estaing sieht die Be-Zeichnung „MNK" erst dann gerechtfertigt, wenn das Kapital einer Firma im Besitz von Personen verschiedener Nationalität ist und ihre Aktien an den Börsen mehrerer Länder gehandelt werden. Gemessen an dem Kriterium der Eigentumsstreuung auf verschiedene Länder gibt es aber nur einige wenige MNK, wie Unilever, Royal Dutch Shell, Agfa-Ge-vaert, Hoesch-Hoogovens. Bei fast allen übrigen Konzernen liegen „Besitz und Kontrolle in einem Land und sind nicht über das ganze System der Gesellschaft verstreut". Nach den Untersuchungen von Jack Behrman neigen nordamerikanische und europäische MNK-Zentralen dazu, ihre Tochtergesellschaften im Ausland möglichst zu 100 °/o zu besitzen

Mit Hilfe eines weiteren strukturellen Kriteriums soll von der Zusammensetzung des Top-Managements auf die Multinationalität eines Konzerns geschlossen werden, d. h. multinational soll der Konzern sein, dessen Top-Management sich nicht nur aus Mitgliedern zusammensetzt, die die Nationalität der MNK-Zentrale besitzen. Entgegen der Unternehmensideologie besitzen die einheimischen Führungskräfte von Tochtergesellschaften außerhalb des Stamm-landes keineswegs die gleichen Aufstiegschancen wie die Top-Manager, die Argehörige des Heimatstaates der jeweiligen MNK-Zentrale sind — und gelangen deshalb nur sehr selten in die Führungspositionen der Zentralen. Die „performance school“ versucht, multinationale Konzerne von rein national tätigen Unternehmen mit Hilfe von „Leistungskriterien" wie z. B. Aktiva, Umsatz, Gewinne, Zahl der Beschäftigten usw. zu unterscheiden. Multinational ist nach Auffassung dieser Autoren ein Konzern dann, wenn er in mehreren Ländern in einem solchen Umfange produziert, daß sein Wachstum von der Entwicklung des Umsatzes, der Gewinne usw. in mehr als in einem Lande abhängt.

Sidney E. Rolfe definiert eine „international Corporation" als eine Firma mit einem Auslandsanteil („foreign content") von 25 °/o oder mehr — wobei er „foreign content" definiert „as the proportion of sales, Investment, production or employment abroad" und die „Kriterien untereinander austauschbar" sein sollen. Die unter Anwendung dieser Kriterien von INHALT Vorbemerkung I. Definitionsprobleme II. Zur Entstehung und Entwicklung der MNK 1. Kapitalimmanente, betriebsökonomische Faktoren 2. Außerökonomische, insbesondere staatliche Faktoren III. Formen der Entwicklung zu Multinationalen Konzernen IV. Entwicklungsstand V. Multinationale Konzerne und national-staatliche Souveränität VI. Multinationale Konzerne und Gewerkschaften 1. Machtverlust 2. Gewerkschaftsinterne Schwierigkeiten einer Gegenstrategie 3. Gewerkschaftliche Gegenstrategien VII. Die Multinationalen Konzerne — zur Deformation pluralistischer Systeme Rolfe aufgestellte Liste amerikanischer Unternehmen enthält 11'Konzerne mit einem Auslandsanteil von mehr als 50 0/0 und weitere 70 mit einem Auslandsanteil von mehr als 25 °/o. General Motors, der umsatzgrößte Konzern der Welt, mit Produktionsstätten in zwei Dutzend Ländern, befindet sich nicht in dieser Liste. Daß dieser Konzern, dessen Auslands-töchter in Kanada, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland Milliardenumsätze machen, anhand der Kriterien der „performance school" nicht zur Gruppe der MNK gerechnet werden kann, verdeutlicht m. E. die Fragwürdigkeit und Willkürlichkeit des gewählten relativen Auslandsanteils als Maßstab für die Frage, welcher Konzern als multinational zu bezeichnen sei

Was den Besitz des Aktienkapitals und die Zusammensetzung des Top-Managements angeht, trifft also in der Regel die Bezeichnung Gerechtfertigt „multinational" nicht zu. erscheint der Begriff „MNK" hingegen für die Konzerne, die zahlreiche Produktionsstätten, und nicht lediglich Verkaufs-oder Service-niederlassungen, in mehreren Ländern besitzen, und zwar zum Zweck der Gewinnmaximierung nicht für die einzelnen Einheiten auf nationaler Ebene, sondern für den Konzern als Ganzes und die ferner über eine zentrale Verwaltung verfügen: Alle Konzerntöchter sollten „im Rahmen einer umfassenden, in der Zentrale festgelegten Konzernplanung arbeiten, . . . ihre Tätigkeitsbereiche . . . eng aufeinander abgestimmt" und in der Regel ihre eigenen Interessen denen der Zentrale untergeordnet haben Diese zentrale Steuerung durch die Muttergesellschaft, die erst durch die Verbesserung der Kommunikationsstrukturen in den letzten Jahrzehnten möglich wurde, unterscheidet die heutigen MNK ganz wesentlich von denen im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts.

Den m. E. fundiertesten marxistischen Beitrag zur Definition der MNK liefert Elmar Altvater. „Das Problem der Multinationalität" versucht er „in den Griff zu bekommen", indem er von der im zweiten Band des „Kapital" von Karl Marx dargestellten Kreislaufform des Kapitals ausgeht und darauf hinweist, daß man sich diesen Kreislauf „als geographisch und ökonomisch mehrere Länder übergreifend . . . vorstellen" muß. Indem er diese Kreislaufform des Kapitals nachzeichnet, kommt er zu dem Er-gebnis, daß „das Gemeinsame mit anderen Kapitalen" sich daraus ergibt, „daß auch das von einem Muko (Multinationalen Konzern) vorgeschossene Einzelkapital die Metamorphosen des Kreislaufs durchmachen muß" und daß „das Besondere gegenüber anderen Kapitalen“ darin besteht, „daß die Zirkulationsabschnitte des Kapitalkreislaufs sowie die Form ihrer Zusammenfassung im Resultat, dem Profit, der auf das vorgeschossene Gesamtkapital bezogen wird, international vermittelt ist" und, daß die „Internationalisierung von Mehrwertproduktion, Mehrwertrealisierung und Kommandogewalt unbedingt eine Einheit bilden und diese Einheit es ist, die einen multinationalen Konzern ökonomisch ausmacht“

Neu ist im Vergleich zu unserem obigen Definitionsvorschlag der Hinweis auf das Gemeinsame von international und lediglich national tätigem Kapital. Daß „Internatjonalisierung von Mehrwertproduktion, Mehrwertrealisierung und Kommandogewalt“ im MNK „unbedingt eine Einheit bilden", stimmt inhaltlich weitgehend mit den Ergebnissen kritischer nicht-marxistischer Autoren überein. Die Differenz liegt hier im wesentlichen lediglich in der Terminologie. Da die „Vielfalt der Erscheinungsformen international agierender Kapitalgesellschaften . . . generelle Aussagen nur auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau" zuläßt, kommt, dm überhaupt zu „empirisch einlösbaren Formulierungen zu kommen", der Erarbeitung von Typologien eine erhebliche Bedeutung zu

Der wohl bekannteste Versuch einer Typologisierung der MNK ist deren Einteilung nach der Haltung ihres Managements. Howard H. Perlmutter hat in zahlreichen Beiträgen eine entsprechende Klassifizierung der MNK als ethnozentrisch (Stammland-orientiert), polyzentrisch (Gastland-orientiert) oder geozen-trisch (Welt-orientiert) vorgeschlagen Um die Bedeutung einer derartigen Klassifizierung zu illustrieren, sei lediglich darauf verwiesen, daß das Ausmaß der Bedrohung der national-staatlichen Souveränität von Seiten der MNK nicht nur von den absoluten Beträgen ausländischer Direkt-Investitionen in den jeweiligen Nationalstaaten und von der Feststellung, welche Industriezweige davon betroffen sind, ab-hängt, sondern ebenfalls von den Organisa-tionsund Entscheidungsstrukturen, den Geschäftsstrategien und Verhaltensweisen der MNK-Führungskräfte in den Zentralen Es spricht daher vieles z. B. für die These, daß geooder ethnozentrische MNK die national-staatliche Souveränität in größerem Maße als dezentral organisierte, polyzentrische MNK bedrohen.

II. Zur Entstehung und Entwicklung der MNK

Tabelle III: Nominalwert der direkten Auslandsinvestitionen der USA, 1950— 1970, aufgeschlüsselt nach Kontinenten (Angaben in Millionen US-Dollar und in Prozenten)

Quelle: Survey of Current Business, hrsg. v. Department of Okt. 1970, S. 31, Okt. 1971, S. 32. Commerce, Wash. D. C., Aug. 1963, S. 18 f.; Sept. 1967, S. 42,

Die Notwendigkeit, zwischen den verschiedenen Arten von MNK zu differenzieren, wird auch bei der Analyse ihrer Entstehungsgründe deutlich. Die wesentlichen Gründe für die Herausbildung von MNK in arbeitsintensiven Industriezweigen sind andere als die, die die Internationalisierung der Produktion rohstoff-verarbeitender Industrien bewirken. Das Hauptinteresse bei der Analyse der Entstehung der MNK ergibt sich jedoch aus der Möglichkeit, bei Kenntnis der Gründe ihrer Entstehung fundiertere Aussagen über die weitere Entwicklung der MNK zu machen oder z. B. mit größerer Berechtigung Thesen darüber aufzustellen, unter welchen Bedingungen die Gewerkschaften, die Hauptgegenspieler der MNK, bzw. die Nationalstaaten in der Lage sind, Gegenmachtkonzeptionen erfolgreich durchzusetzen oder diese zumindest zu unterstützen.

1. Kapitalimmanente, betriebsökonomische Faktoren Die theoretischen Ansätze marxistischer Wissenschaftler über die Entstehung und Entwicklung multinationaler Konzerne gehen alle von der Marx’schen These vom permanenten Zwang des Kapitals zur Akkumulation und Zentralisation aus und sehen in der Regel in der Internationalisierung des Kapitals den Versuch, dem „tendenziellen Fall der Profit-rate" entgegenzuwirken. Während von allen marxistischen Theoretikern die Akkumulation und Zentralisation des Kapitals, die Entwicklung vom „Konkurrenzkapitalismus" zum „Mo-nopolkapitalismus" oder „Staatsmonopolistischen Kapitalismus" in enger Anlehnung an „Das Kapital" analysiert werden, wird von den Vertretern des „Monthly Review" (Baran, Magdoff, Sweezy, u. a.) die Gültigkeit vom tendenziellen Fall der Profitrate zwar für den „Konkurrenz" -, jedoch nicht für den „Monopolkapitalismus" anerkannt — was zu unterschiedlichen Thesen über die Entstehung der MNK führt

Die Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten von Gegenmaßnahmen liegen nach marxistischer Auffassung darin, den „relativen Kapitalüberschuß" in Niedriglohnländern, d. h. Ländern mit geringerer organischer Zusammensetzung des Kapitals, zu investieren, zum anderen in der Kostensenkung, z. B. mit Hilfe der Aneignung von Rohstoffquellen zumeist in Entwicklungsländern

Hinzu kommt, daß „selbst größte Länder wie die USA nicht mehr in der Lage (sind), die von der wissenschaftlich-technischen Revolution hervorgebrachten Produktivkräfte durch die weitere Monopolisierung, durch weitere staats-

monopolistische Verteilungs-und Entwertungsprozesse allein oder vorwiegend auf nationaler Basis zu bewältigen“. Der Stand der Produktivität erfordert nach dieser These eine „Diversifizierung, Spezialisierung, Kooperation, Kombination und Konzentration der Produktion, die über die Grenzen der nationalen Volkswirtschaften" hinausgeht. „So stellen die internationalen Konzerne unter den gegenwärtigen Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus, ausgehend von den erforderlichen Dimensionen der gesellschaftlichen Aufbringung und Zentralisation des Kapitals für die heutigen Anforderungen an die Internationalisierung des Reproduktionsprozesses, die dem System entsprechende eigentumsmäßige Basis dar"

Der Versuch, die Internationalisierung des Kapitals und die Entstehung der MNK aus der Produktivkraftentfaltung und der Widersprüchlichkeit des Produktionsverhältnisses zu erklären, hat nach Auffassung E. Altvaters jedoch „einen entscheidenden Haken: Damit lassen sich so ziemlich alle erscheinenden Prozesse des hochentwickelten Kapitalismus erklären". An diese Kritik knüpft Altvater die Frage, „ob nicht hierbei der eigentliche Erklärungszusammenhang umgedreht wird. Denn die multinationalen Konzerne werden hier begriffen als Ausdrucksformen der allgemeinen Krisenerscheinungen des hochentwickelten staatsmonopolistischen Kapitalismus, nicht aber als Ausdrucksform einer Tendenz, die, wie Marx es gemeint hatte, im Begriff des Kapitals selbst angelegt ist". Geht man von der Auffassung, dem Kapital wohne eine Tendenz zum Weltmarktkapital inne, aus, dann liegt es nahe, zum einen die „besonderen historischen Umstände (zu) analysieren, die es ermöglicht haben, daß die im Kapital angelegten Tendenzen . . . zur Wirklichkeit geworden sind"; zum anderen aber auch danach zu fragen, „warum der . Anteil'des hauptsächlich in nationaler Beschränktheit agierenden Kapitals (noch) so hoch ist" — Fragen, auf die es bisher keine zufriedenstellenden Antworten gibt.

Mit Hilfe des marxistischen Ansatzes — das gleiche leistet aber auch die nichtmarxistische Konzentrationstheorie — wird jedoch zutreffend herausgearbeitet, daß die MNK vorwiegend in oligopolisierten Wirtschaftsbereichen entstehen; das Faktum, daß in einigen hochkonzentrierten Industriezweigen wie z. B. Stahlindustrie und Schiffsbau die MNK Raritäten darstellen, vermag sie indes nicht zu erklären Die enge Beziehung zwischen oligopolistischen Marktstrukturen und Auslandsinvestitionstätigkeit läßt sich zahlenmäßig belegen

Voraussetzung dafür, um in einem Exportmarkt Produktionsstätten zu errichten bzw. zu übernehmen, sind 1. genügend Kapital und gute Beziehungen, um sowohl auf dem einheimischen als auch ausländischen Geldmarkt zu günstigen Bedingungen Kredite aufnehmen zu können, 2. Managementsressourcen, 3. eine Technologie, die der eigenen Produktion einen Vorsprung vor den einheimischen Wettbewerbern sichert Diese Voraussetzungen bieten am ehesten oligopolisierte Industriezweige — wobei die absolute Größe der Teil-monopolisten den Übergang zu internationaler Produktion erheblich erleichtert

Von Bedeutung ist ferner, daß bei bestehendem oligopolistischem Wettbewerb aufgrund von Kosten-und Nachfragefaktoren eine weitere Ausdehnung der Produktion innerhalb eines solchen Industriezweiges begrenzt ist Nichtmarxistische Theoretiker übernehmen zwar nicht die These, daß oligopolistische Firmen von einem „inneren Zwang" getrieben seien, sich außerhalb ihres historischen Produktionsgebietes zu betätigen, sie unterstreichen jedoch ebenfalls die Schwierigkeiten oligopolistischer Firmen, ihren heimischen Marktanteil weiter zu erhöhen — zumal die Möglichkeit der Übernahme anderer Firmen in einem hochkonzentrierten Sektor nicht selten aufgrund von Antitrust-Bestimmungen eingeengt ist.

Sind die Möglichkeiten der Produktdiversifikation erschöpft, dann erfordert in der Regel das Streben nach weiterem Wachstum die Entwicklung zur geographischen Diversifikation. J. Behrman und andere Autoren sehen in diesem Streben nach weiterem Wachstum den wesentlichen Grund für die Auslandsexpansion der meisten Konzerne Nach einer Umfrage des US News and World Report boten — da der amerikanische Markt relativ saturiert erschien — die „Auslandsmärkte . . . die größte Möglichkeit zum künftigen Wachs-tum Während die oben erwähnten Autoren in dem Bestreben oligopolistischer Firmen nach weiterem Wachstum den wesentlichen Grund für ihre Auslandsproduktion sehen, betonen andere stärker das Streben dieser Unternehmen nach höheren Profiten. Umfragen des amerikanischen Wirtschaftsmagazins „Business Week" von 1963 ergaben z. B., daß für zahlreiche US-Kapitalgesellschaften die „überseeischen Gewinne in die Höhe gingen und die Verzinsung ihres im Ausland angelegten Kapitals häufig viel höher war als die Kapitalverzinsung in den Staaten. In dem Maße, wie die ausländischen Gewinne zu steigen anfingen, begannen die Profitspannungen bei den Inlandsgeschäften zu sinken... Durch diese Verknüpfung" wurde nach Auffassung von „Business Week" „die Entwicklung zum multinationalen Konzern erzwungen"

Die These, daß die höheren Profitraten im Ausland der wesentliche Grund für Direktinvestitionen seien, läßt sich, wie die Studien zahlreicher Autoren beweisen, in dieser generellen Form jedoch nicht aufrechterhalten

Hinzuweisen ist ferner darauf, daß zahlreiche kleinere Unternehmen von großen MNK zur Auslandsproduktion mehr oder weniger gezwungen werden. Tugendhat erwähnt das Beispiel eines amerikanischen Zulieferungsbetriebes für die Automobilindustrie, dessen Präsident als Grund für die Errichtung von Produktionsstätten in Europa offen erklärte, daß seine Kunden, die großen Autokonzerne, „uns recht eindringlich nahelegten, überall dort Produktionsstätten zu errichten, wo sie Autos und Lastkraftwagen zu fabrizieren beabsichtigen. Wir sollten ihnen die gleichen Einzelteile liefern, die sie in Detroit von uns bekommen — aber hergestellt von inländischen Arbeitskräften und aus inländischen Rohmaterialien"

2. Außerökonomische, insbesondere staatliche Faktoren Während marxistische Theoretiker die Entstehung der MNK in erster Linie als in der Entwicklung des Kapitals selbst angelegt sehen (Akkumulationstheorie, Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate, im Kapital angelegte Tendenz, sich zum Weltmarktkapital zu entwickeln), messen nichtmarxistische Autoren den Faktoren, die die Entwicklung des Kapitals von außen beeinflussen, oft die gleiche Bedeutung zu Als wichtigsten Grund für die Entwicklung der MNK im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts nennt beispielsweise Tugendhat die Ausbreitung des Schutzzoll-systems, das zahlreiche exportorientierte Firmen dann veranlaßte, im Ausland Produktionsstätten zu errichten Behrman führt als weitere außerökonomische Faktoren Patentprotektionen und „buy national" -Parolen an, durch die die Konkurrenzfähigkeit ausländi. scher Firmen ohne Produktionsstätten im jeweils betroffenen Land benachteiligt werden. Um diese Nachteile auszuschalten, mußten zahlreiche Firmen den Weg zur Internationalisierung ihrer Produktion beschreiten Waren einerseits die genannten Faktoren, insbesondere die Errichtung von Zollbarrieren, wichtige Gründe für Direktinvestitionen und den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland, so bildet andererseits — so widersprüchlieh das klingen mag — der Abbau der Zölle ein wesentlicher Grund für die Entwicklung von MNK, denn erst dadurch wird der Aufbau integrierter und zentral gelenkter multinationaler Konzerne ermöglicht Von ebenso großer Bedeutung wie die Zollpolitik dürften für die Internationalisierung der Produktion die zahlreichen Investitionsanreize, Steuerprivilegien und Subventionen sein, die von nationalen Regierungen ausländischen Konzernen geboten werden, um sie zu Investitionen in ihrem Land, insbesondere in Notstandsgebieten, zu bewegen

Die bisher vorliegenden empirischen Untersuchungen erlauben es nicht, generelle Aussagen über Gründe zur Entstehung von MNK zu machen. Die Rangordnung der Entstehungsgründe dürfte nicht nur von Industriezweig zu Industriezweig variieren, sondern auch von Land zu Land verschieden sein, wobei der Politik der jeweiligen Regierung gegenüber Direktinvestitionen der einheimischen bzw. ausländischen Unternehmen eine nicht unwesentliche Rolle zukommt In der Regel werden mehrere Gründe für die Aufnahme der Auslandsproduktion und die Entstehung von MNK verantwortlich sein, wobei konzern-internen und kapitalimmanenten Faktoren häufiger eine größere Bedeutung als außer-

ökonomischen Faktoren zukommt

III. Formen der Entwicklung zu Multinationalen Konzernen

Tab. III Tabelle IV: Prozentuale Verteilung der US-amerikanischen direkten Auslandsinvestitionen 1955— 1970

Quellen: vgl. Anm.

Die Art der Expansion der Konzerne und ihre Entwicklung zu Multinationen Konzernen erfolgt durch Neugründung ausländischer Tochtergesellschaften, Beteiligung an ausländischen Unternehmen oder durch deren Übernahme. Das zuverlässigste Material über Fusionen, übernahmen und Neugründungen, an denen Unternehmen aus dem EWG-Raum beteiligt waren, findet sich für die Zeit von 1961 bis 1969 in einem Memorandum der EWG-Kommission von 1970 Danach ist die einseitige Niederlassung die häufigste Form (58 %) der Expansionsstrategie, während Fusionen und Beteiligungen zwecks Beherrschung mit 11 % am seltensten vorkommen. Ob es sich um einseitige Niederlassungen, Gesellschaftsübernahmen oder Beherrschung handelt, die Aktivität der Drittländer, insbesondere der USA in der Gemeinschaft, ist etwa viermal so groß wie umgekehrt die der Gemeinschaft in Drittländern (s. Tabelle I und II). Aufgeschlüsselt nach Industriezweigen läßt sich feststellen, daß im Maschinenbau, in der Chemieindustrie, in der Elektrotechnik, in der Metall-und Nahrungsmittelindustrie die verschiedenen Operationen am häufigsten vor-kommen. Das heißt, auch in der EWG vollzieht sich die Entwicklung zu den MNK in der Regel in oligopolisierten Industriezweigen mit hohen Wachstumsraten, fortgeschrittener Technologie und schnellem Technologiewandel. Zuverlässige Daten über den Gesamtumfang der privaten Direktinvestitionen, deren Träger im wesentlichen die MNK sind, liegen nur in höchst unzureichendem Ausmaß vor Selbst amtliche Statistiken liefern häufig nur Annäherungswerte. Die verläßlichsten offiziellen Daten kommen aus den USA und Großbritannien Häufig ist es daher nicht möglich, die für Vergleiche notwendigen Angaben für die gleiche Zeiträume zu bekommen. Hinzu kommt, daß die vorhandenen Statistiken bzw. Schätzungen einerseits den Tageswert, andererseits den Nominal-oder Buchwert der Direktinvestitionen wiedergeben

Für die Jahre 1959 bis 1970 zeigt die Entwicklung der Auslandsinvestitionen der USA, die mehr als die Hälfte aller privaten Direktinvestitionen im Ausland stellen, folgendes Bild:

IV. Entwicklungsstand

Tabelle V: Konzernumsatz und Bruttosozialprodukt — ein Vergleich (in Mrd. Dollar)

Quellen: „Fortune“. Okt. 1971, International Financial Statistics, zusammengestellt von Tugendhat, a. a. 0., S. 8.

Die Tabelle III läßt einige wesentliche Entwicklungen in der Verteilung der Direktinvestitionen erkennen. Entfielen 1950 auf Industrie-(48, 3 °/o) und Entwicklungsländer (48, 7 %) ein ungefähr gleichgroßer Anteil der Direktinvestitionen, so hat sich bis 1970 dieses Verhältnis kontinuierlich zuungunsten der Entwicklungsländer verschoben (1970: 68, 0 zu 27, 5 °/o) — wobei der Rückgang des Anteils der Entwicklungsländer insbesondere zuungunsten Südamerikas geht, während Afrika und Asien zusammen ihren Anteil ungefähr halten konnten Die innerhalb Westeuropas seit Ende der 50er Jahre überproportional ansteigenden Investitionen im EWG-Bereich stützen die oben erwähnte These, daß den EWG-Außen-zöllen ein nicht unbeträchtlicher Einfluß auf die amerikanischen Investitionen in diesem Wirtschaftsbereich zukommt.

Eine ähnliche Verteilung der Direktinvestitionen auf Industrie-und Entwicklungsländer er-gibt sich für die Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien

Aufgeschlüsselt nach Industriebranchen ergibt sich für die amerikanischen Direktinvestitionen folgendes Bild:

Korrespondierend zur Umverteilung der Direktinvestitionen zugunsten der Industrieländer läßt sich für die nordamerikanischen Investitionen ein Zuwachs im Bereich der Fertigungsindustrie feststellen, wobei die Elektro-und die Maschinenindustrie die kräftigste Zunahme verzeichnen

Umfang und Bedeutung privater Direktinvestitionen im Ausland — ihr Tageswert wurde Ende 1968 auf rund 150— 200 Mrd. Dollar geschätzt — wird deutlicher erkennbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Wert der Produktion von ausländischen Tochtergesellschaften den Wert der Direktinvestitionen im Ausland erheblich übersteigt — Judd Polk schätzte 1968 den Wert der internationalen Produktion auf ca. 420 Mrd. Dollar — und wenn man diese Größen mit anderen bekannteren vergleicht. Die Größenordnung charakterisiert am besten ein Vergleich der Konzern-umsätze führender Multinationaler Konzerne und des Bruttosozialprodukts einzelner Staaten.

V. Multinationale Konzerne und nationalstaatliche Souveränität

Tabelle VI: Grad der Bereitschaft kanadischer UAW-Mitglieder, ihre Kollegen in Chrysler-Betrieben der USA, Großbritanniens und Mexikos zu unterstützen

Daß solche wirtschaftlichen Machtzusammen-ballungen, wie sie die MNK darstellen, zu Differenzen vor allem mit ihren Gastländern führen können, liegt auf der Hand, insbesondere, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die MNK in der Regel zentralistisch geführt werden und die Tochtergesellschaften von MNK in der Re-gel ihre eigenen Interessen denen der Zentrale — die keineswegs mit denen der Sitzstaaten der Tochtergesellschaften identisch zu sein brauchen — unterzuordnen haben

Anhand von Beispielen der Steuerund Währungspolitik und der Zahlungsbilanz soll aufgezeigt werden, daß im Regel-wie im Konfliktfall die MNK in der Lage sind, im nationalstaatlichen Rahmen getroffene Entscheidungen zu ignorieren, zu umgehen oder sogar außer Kraft zu setzen. Neben den legalen Möglichkeiten, das erhebliche Steuergefälle zwischen den einzelnen Staaten auszunutzen und Basisgesellschaften in Steueroasen zu gründen, um die Besteuerung der von den Tochtergesellschaften in höher besteuernden Staaten ausgeschütteten Gewinne im Lande der Muttergesellschaft — der Zentrale — ganz oder teilweise zu vermeiden besitzen die MNK im „transfer pricing" ein effektives Mittel der Gewinnverlagerung, d. h. Gewinne werden mit Hilfe der Gestaltung der Verrechnungspreise — Höher-oder Unterbewertung der empfangenen oder abgegebenen Leistungen — verlagert Gibt z. B. die Gesellschaft A eines MNK in der Bundesrepublik Deutschland bestimmte Leistungen oder Waren zu ermäßigten Preisen an die Gesellschaft B des gleichen Konzerns in einer Steueroase ab, so vermin-dert sich dadurch der von A auszuweisende Gewinn, wohingegen sich der der Gesellschaft B erhöht.

Auf diese Weise kann die steuerliche Bela-stung eines MNK zugunsten des Gesamtkonzerns, aber zu Lasten einzelner Tochtergesellschaften und Nationalstaaten, manipuliert werden. Durch das Mittel der Gewinnverlagerung wird so den hochbesteuernden Staaten ein Teil der ihnen zustehenden Steuern entzogen. Die Möglichkeiten der Gewinnverlagerung sind sehr groß, da die Verrechnungsweise für die konzerninterne Überlassung immaterieller Werte, z. B. Patente, Markennamen und ähnlicher Rechte, selten anhand objektiver Maßstäbe überprüft werden können Das gleiche gilt z. T. auch für den konzerninternen Warenaustausch, da für diese internen Lieferungen häufig vergleichbare Marktpreise fehlen Daß für die innerhalb eines MNK „ausgetauschten Güter . . . Verrechnungspreise angesetzt (werden), die zur Maximierung des Gesamtgewinns nach Land und Bezugsquelle ganz verschieden angesetzt werden können", wird dann auch von Vertretern der MNK offen zugegeben Ein Großteil der MNK handelt auch entsprechend: wie z. B. aus der Urteilsbegründung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg hervorgeht, liegen die „sogenannten Verrechnungspreise (des Texaco-konzerns) über denen des freien Marktes" Die zentral gesteuerten Kapitaltransaktionen dienen den MNK nicht nur dazu, Steueraufkommen zu drücken, sondern bieten ihnen auch die Möglichkeit — eher als „nationalen" Unternehmen —, sich aus schwachen Währungen zu lösen und die vorhandenen Mittel in harten Währungen anzulegen.

Wie die Arbeit von Brooke und Remmers zeigt, nehmen bei drohender Abwertung eines Landes — z. B. Großbritannien 1964/65 und 1967 — die Dividendenzahlungen als ein Mit-tel, um Geld aus einem bedrohten Land ab-zuziehen, sprunghaft zu Verstärken die betroffenen Regierungen die Devisenkontrollen und schränken sie die Geldausfuhr weitgehend ein, bleiben den MNK die Möglichkeiten über manipulierte Transferpreise, Vorauszahlungen für Waren und Dienstleistungen, Lizenzen u. a. Gelder aus abwertungsbedrohten Ländern abzuziehen. Neu an diesen Vorgängen sind in erster Linie die Größenordnungen, in denen die Kapitalbewegungen der MNK abgewickelt werden sowie ihre zentrale Lenkung

Die Anfang 1973 veröffentlichte Studie der US Tarif Commission über die MNK stellt fest, daß amerikanische MNK (incl. Dienstleistungsbetriebe) über den „Löwenanteil" der 286 Milliarden Dollar kurzfristiger Umlaufvermögen (short term liquid assets) verfügen, das von den gesamten Aktiengesellschaften Ende 1971 kontrolliert wurde Die Kapitalbewegungen lediglich eines Bruchteils dieser Umlaufvermögen können bereits die Zahlungsbilanz einzelner Länder, ja sogar deren Kredit-und Währungspolitik, ernstlich bedrohen und unter Umständen zum Scheitern bringen

Während der Aufwertungskrise der D-Mark 1969 flossen in eineinhalb Wochen vier Milliarden Dollar nach Frankfurt; mehr als die Hälfte dieser Dollar kamen vom Eurodollar-markt der zu einem erheblichen Teil aus liquiden Mitteln der MNK gespeist wird

Das gleiche wiederholte sich trotz administrativer Abwehrmaßnahmen der Bundesregierung im Februar 1973 und steigerte insbesondere 1973 gleichzeitig den Gegendruck auf die Währung, d. h.den Dollar, die von den Spekulanten zum Erwerb von DM verkauft wurde Waren-und Kapitaltransaktionen der MNK sind zu einem entscheidenden Faktor für die Zahlungsbilanzen der westlichen Industriestaaten geworden; der konzerninterne Güter-verkehr macht einen permanent steigenden Teil des gesamten Welthandels aus. Nach einer Untersuchung des britischen Board of Trade entfielen z. B. 1966 22% der britischen Exporte wertmäßig auf Transaktionen innerhalb von MNK.

Diese Studien ergaben ferner, daß die wichtigsten Handelspartner amerikanischer Tochtergesellschaften in Großbritannien Schwester-gesellschaften in Übersee waren, die insgesamt 56 % der Exporte ersterer aufnahmen; die Tochtergesellschaften anderer in ausländischem Besitz stehender Unternehmen lieferten 35 % an Konzerntöchter und die Transaktionen britischer MNK mit ihren ausländischen Tochtergesellschaften betrugen wertmäßig 27% ihrer Ausfuhren Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung, die den Verrechnungspreisen und der Möglichkeit ihrer Manipulation zukommt, über die Waren-und die dazu parallel verlaufenden finanziellen Transaktionen tangieren die ausländischen Direktinvestitionen direkt die Zahlungsbilanzen sowohl der Gast-wie auch der Stammländer. Das gleiche gilt für die Kapitalabflüsse, die als Dividenden, Lizenzgebühren und sonstige Leistungen anfallen

Wie einzelne Fallstudien nachweisen, können diese Transaktionen einen positiven wie negativen Beitrag zur Zahlungsbilanz einzelner Staaten leisten Ob positiv oder negativ — wesentlich für die hier zu erörternde Frage ist die Tatsache, daß alle diese Transkationen der MNK entsprechend einer international konzipierten Strategie gelenkt werden, die sich nicht am Gemeinwohl der betroffenen Staaten, sondern an den Interessen der MNK ausrichten und daß diese Aktionen der Steuerung durch den klassischen Kapitalmarkt entzogen werden das bedeutet, daß sie sich auch „dem Einfluß der staatlichen und währungspolitischen Steuerungsinstrumente entziehen" Mit anderen Worten, die Entscheidungszentren für wesentliche Fragen der Zahlungsbilanz-und Währungspolitik und für andere Bereiche des Wirtschaftsgeschehens liegen außerhalb der betroffenen Nationalstaaten, deren nationalstaatliche Organe die Kontrolle über wichtige Teile des Wirtschaftsgeschehens an die MNK verloren haben, die die Fähigkeit besitzen, sich zumindest teilweise den nationalstaatlichen Gesetzen zu entziehen und so-mit selbst einer völlig unzureichenden Kontrolle unterliegen.

VI. Multinationale Konzerne und Gewerkschaften

1. Machtverlust der Gewerkschaften Die Internationalisierung der Produktion tangiert nicht nur in erheblichem Maße die nationalstaatliche Souveränität, sondern verschärft auch das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen den führenden sozialen Interessengruppen. Der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (IBFG), der der Internationalisierung der Produktion grundsätzlich positiv gegenübersteht stellt z. B. fest, daß die „Gewerkschaften, die sich in den Systemen der Sozialbeziehungen in den demokratischen Ländern erst nach langen Jahren des Kampfes einen anerkannten Platz geschaffen haben, . .. heute ihre Stellung in diesem System durch die Haltung solcher multinationalen Gesellschaften gefährdet" sehen Die wesentlichen Gründe für diese Stellungnahme sind in der internationalen Zentralisierung der Verfügungsgewalt durch die MNK-Zentralen und in deren Kontrolle über Ausmaß und Geschwindigkeit technologischer, organisatorischer und anderer Innovationsprozesse zu finden

Die durch die Zentralisierung der Kontrolle bedingte Machtverschiebung zugunsten der MNK mag anhand der Gewichtsverlagerung bei Tarafverhandlungen und Streiks aufgezeigt werden. Als wesentlicher Grund für die Fähigkeit der MNK, bereits die Ausgangslage von Tarifverhandlungen zu manipulieren, ist der durch die Internationalisierung der Produktion verschärfte Informations, lag‘ der Gewerkschaften zu nennen Das bereits erörterte Mittel des . Transfer-Pricings'bietet den MNK nicht nur die Möglichkeit der Steuerumgehung, sondern kann auch beim Auslaufen eines Tarifvertra-ges dazu dienen, die Ausweisung der Profite möglichst niedrig zu halten, um auf diese Weise die Lohnforderungen der Gewerkschaften als überhöht hinstellen zu können Weitere Faktoren, die geeignet sind, die Machtverlagerung zugunsten der MNK zu verstärken, bestehen in deren Möglichkeiten, zum einen vor Beginn von Tarifverhandlungen Vorratslager anzulegen, um den Gewerkschaften die Aussichtslosigkeit von Streiks zu de-monstrieren zum anderen den Vertretern der Arbeitnehmer gegenüber die „wirklichen Entscheidungszentren und verantwortlichen Kompetenzen zu verschleiern"

Eine Taktik zahlreicher MNK besteht darin, daß die grundlegenden Entscheidungen auch im Industrial-Relations’-Bereich zentral getroffen werden und daß die zentralen Konzernstäbe vor allem in akuten Konflikt-und Krisenfällen unmittelbar in die Auseinandersetzungen eingreifen In Tarifauseinandersetzungen selbst verfügen die MNK über die Möglichkeit, kurzfristig die Produktion zu verlagern und damit die Waffe der Gewerkschaften, den Streik, zu entschärfen Einschränkend muß jedoch festgestellt werden, daß zahlreiche Produkte eine schnelle Umstellung der Produktion nicht erlauben und daß — wie die Praxis zeigt — der Drohung, die Produktion auf Tochtergesellschaften in andere Länder kurzfristig zu verlagern, durch die Verweigerung von Mehrarbeit seitens der Gewerkschaften in den betreffenden Ländern begegnet werden kann

Als Mittel zur Disziplinierung der Gewerkschaften kommt der Fähigkeit der MNK, lang fristig ihre Investitionspolitik zu Lasten streikfreudigerer Länder zu ändern, die wohl größte Bedeutung zu. Mit der Drohung, ihre Investitionspolitik auf andere Länder zu konzentrieren, schüchterte z. B. in Kanada Massey-Ferguson die Arbeitnehmer ein, als diese 1968 die gleichen Gehälter wie ihre Kollegen in den amerikanischen Tochtergesellschaften forderten Henry Ford II drohte wegen der vergleichsweise zahlreichen Streiks in der britischen Industrie ein für Großbritannien vorgesehenes Werk für automatische Getriebe in Belgien anzusiedeln bereits fertige Inve-

stitionspläne von Shell und BP in Großbritannien wurden aus den gleichen Gründen fallengelassen Einige MNK, wie z. B. Arundel in Großbritannien oder Müller-Wipperfürth, gin-gen sogar dazu über, bestreikte Betriebe zu schließen. Presseberichten zufolge soll Müller-Wipperfürth geäußert haben, „er verlege lieber sein Kapital in solche Länder wie Polen, CSSR oder Jugoslawien, wo es keine Streiks gibt" Diese von nationalen Firmen selten erreichbare Beweglichkeit der internationalen Konzerne in Fragen der Investitionspolitik erscheint durchaus geeignet, die gewerkschaft-liehen Kampfmittel zu schwächen und somit auch die Autorität der Gewerkschaften und ihre Stellung im jeweiligen Sozialsystem zu bedrohen.

Die Internationalisierung der Produktion vollzieht sich — wie bereits erwähnt — in erster Linie weitgehend in oligopolisierten Industriezweigen mit hohen Wachstumsraten, fortgeschrittener Technologie und raschem technologischen Wandel. Die Kontrolle über Formen und Folgen des technischen Fortschritts wird somit international zentralisiert, was nicht ohne Konsequenzen für die Stärke der Position der Arbeitnehmer bleibt. Die beschleunigte Einführung von Produktionstechnologien, Mechanisierungs-und Automatisierungssdiü-ben erfordert in rascher Abfolge neue Qualifikationsanforderungen und verschärft den Differenzierungsprozeß innerhalb der Arbeitneh-mer Tendenzen, die ebenso wie die Auslagerung arbeitsintensiver Produktionen in Niedriglohnländern am Ende des Innovationszyklus'(product cycle theory, s. o. Vernon) für zahlreiche Arbeitnehmer, insbesondere in den USA, eine erhöhte Arbeitsplatzunsicherheit mit sich bringen und zu Spannungen zwischen Arbeitnehmern verschiedener Länder führen. Denn „exportierte" amerikanische Arbeitsplätze kommen den Arbeitnehmern der sie „importierenden" Länder zugute. Daß eine solche Entwicklung ein gemeinsames Vorgehen der betroffenen Gewerkschaften gegen die Politik der MNK erschwert, liegt auf der Hand. Gefährdet wird die Stellung der Gewerkschaften im Zuge der grenzüberschreitenden Kapitalkonzentration insbesondere bei der Übernahme von Unternehmen. Die Koordinierung der wirtschaftlichen Interessen eines MNK unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Rentabilität führt bei Übernahme nicht selten zu arbeitskräftesparenden Rationalisierungsmaßnahmen und zum Versuch, anstelle der üblichen Kollektivverhandlungen auf der Ebene der Industriezweige Konzernverträge abzuschließen In einigen hochentwickelten Industriezweigen hat es sogar „Konflikte . . . wegen einer Nichtanerkennung der Gewerkschaften durch Gesellschaften mit ausländischem Kapital und einer gewerkschaftsfeindlichen Einstellung" gegeben Hinzu kommt, daß insbesondere in Entwicklungsländern nicht selten die Macht der Gewerkschaften durch ein Zusammenspiel von MNK und Regierungen geschwächt wird. Die Abhängigkeit von ausländischem Investitionskapital führt allzu oft nicht nur zu Zugeständnissen steuerlicher und währungspolitischer Art, sondern auch zur Schaffung eines „günstigen Investitionsklimas", u. a. mit Hilfe gewerkschaftsfeindlicher Arbeitsgesetze

2. Gewerkschaftsinterne Schwierigkeiten einer Gegenstrategie Die Versuche der Gewerkschaften, diesen Machtverlust mit Hilfe der entwickelten Gegenmachtkonzeptionen wieder auszugleichen, stehen vor außerordentlichen Schwierigkeiten, die sich aus der Gewerkschaftsbewegung selbst ergeben.

Während auf Seiten der MNK einige wenige, von ihren Zentralen straff geführte Konzerne wichtige Industriezweige kontrollieren, leidet in den meisten westlichen Industriestaaten bereits der organisatorische Aufbau der Gewerkschaften an einer schwer zu überwindenden Zersplitterung In Großbritannien z. B. ste-hen bei Verhandlungen mit dem Konzernmanagement nicht selten mehr als ein Dutzend Gewerkschaften gegenüber. Die Schwierigkeiten, die bedeutendsten Gewerkschaften mehrerer Länder auf eine gemeinsame Strategie zu verpflichten, sind entsprechend größer. Sie werden noch durch die ideologische Spaltung der Gewerkschaftsbewegung in drei Blöcke — auf Weltebene in den Konföderationen „Internationaler Bund Freier Gewerkschaften" (IBFG), „Weltgewerkschaftsbund" (WGB, kommunistisch) und „Weltverband der Arbeitnehmer" (WVA, christlisch) zusammengefaßt — verschärft. Das heißt aber keines-wegs, daß alle Mitglieder des jeweiligen „Blocks" die gleiche Konzeption gegenüber den Arbeitgebern insgesamt bzw. speziell gegenüber den MNK und ihrem Management vertreten Hinzu kommt, daß bei wachsender geographischer, sozialer und kultureller Distanz auch innerhalb einer Richtungsgewerkschaft die Fähigkeit abnimmt, gemeinsame Aktionen durchzuführen. Zur Illustration sei hier lediglich auf die Umfrage von David Blake hingewiesen

Kann man ferner, um eine weitere Schwierigkeit der Gewerkschaften in der Auseinandersetzung mit den MNK aufzuzeigen, materiell erheblich schlechter gestellten Arbeitnehmern eines MNK in einem Entwicklungsland mit materiellen Einbußen verbundene Solidaritätsleistungen für weitaus besser gestellte Kollegen des gleichen Konzerns in einem hochentwickelten Industriestaat abverlangen?

Mangelnde Einigkeit innerhalb der Richtungsgewerkschaften korrespondiert mit geringen Kontakten zwischen den „Blöcken“. Ansätze zur Zusammenarbeit der Richtungsgewerkschaften gab es auf nationaler unter internationaler Ebene bisher hauptsächlich zwischen dem IBFG und dem WVA auf Betriebs-und Konzernebene waren aber z. B. in Italien auch kommunistische Gewerkschaften an gemeinsamen Aktionen gegen MNK beteiligt

Neben der organisatorischen und ideologischen Spaltung der Gewerkschaften wird ihre Position gegenüber den MNK allzu häufig aufgrund interner Kompetenzschwierigkeiten geschwächt. Das Eigeninteresse der Gewerkschaftsbürokratien, ihr Streben, sich die Entscheidungsautonomie zu bewahren, ist eine der wesentlichsten Barrieren zwischenstaatlicher Gewerkschaftsaktionen. Das Zögern der national legitimierten Gewerkschaften, Kompetenzen an ihre internationalen Gremien abzugeben, charakterisiert der stellvertretende Generalsekretär des IMB, Thönnessen, mit den Worten: „Wenn man die Machtfrage stellt, rennt man mit dem Kopf gegen die Wand" Neben dem Widerstand gegen Kompetenzabgaben an die internationalen Gewerkschaftsgremien tritt nicht selten die Furcht vor Kompetenzverlusten „nach unten", z. B. an innerbetriebliche Koordinationsausschüsse Als Hindernisse internationaler Gewerkschaftsstrategien sind ferner die traditionelle Ausrichtung der Gewerkschaften auf den nationalstaatlichen Rahmen, ihre Beteiligung am staatlichen Krisenmanagement zu erwähnen Die hierarchisch und zentral gelenkten MNK stehen somit gewerkschaftlichen Organisationen gegenüber, die im wesentlichen national verfaßt, organisatorisch und ideologisch zersplittert sind, die ferner aufgrund traditioneller Verhaltensweisen, Sprachbarrieren und national unterschiedlicher Rechtsnormen zur Regulierung internationaler Arbeitsbeziehungen u. s. w. erhebliche Schwierigkeiten ha-ben, auf internationaler Ebene gegenüber den MNK zu kooperieren. 3. Gewerkschaftliche Gegenstrategien Trotz der genannten Schwierigkeiten wurden von den Gewerkschaften zahlreiche Konzeptionen entwickelt, um im Kampf mit den MNK den erlittenen Machtverlust auszugleichen. Während von Seiten der dem IBFG angeschlossenen Gewerkschaften gegenüber den MNK überwiegend kooperative Strategien favorisiert werden treten die dem WGB angeschlossenen Gewerkschaften in der Regel für konfliktorische Strategien ein wobei in der Praxis nicht selten von beiden Blöcken Doppelstrategien verfolgt werden.

IBFG-Gewerkschaften bzw. internationale Gremien derselben verhandeln z. B. in Spitzengesprächen auf Welt-oder auf Regionalebene mit dem MNK-Management oder versuchen, über eine Einflußnahme auf national-staatliche Regierungen und internationale Organisationen die durch die Internationalisierung der Produktion bedingten Anpassungsschwierigkeiten der Arbeitnehmer zu mildern und die Schwächung der eigenen Position wett-zumachen. In diesem Sinne wird z. B. eine verschärfte Kontrolle des Managements der MNK von außen gefordert, etwa in Form einer „Schaffung wirksamer nationaler und internationaler Kontrollen der Monopolisierungs-und Konzentrationstendenzen" und der „Erweiterung der Befugnisse der überstaatlichen Wirtschaftsgemeinschaften, um die Gesellschaftspolitik der multinationalen Gesellschaften im internationalen Bereich zu kontrollieren" wobei als ein erster Schritt die Durch-

Setzung von international gültigen Verhaltensregeln für MNK angestrebt wird

Daneben wird aber auch eine stärkere Internationalisierung der Gewerkschaftsbewegung — in erster Linie Ausbau der Welt-bzw. Regionalausschüsse für die einzelnen MNK durch die mit dem IBFG verbundenen Internationalen Berufssekretariate in Genf, deren bedeutendste der Internationale Metallgewerkschaftsbund (IMB), die Internationale Union der Lebens-und Genußmittelarbeitergewerkschaften (IUL) und die Internationale Föderation von Chemie-und Fabrikarbeiter-verbänden (ICF) sind — betrieben. Denn die Gewerkschaften können nicht, wie Heinz Oskar Vetter, der Vorsitzende des DGB, es formulierte, den global ausgerichteten MNK „mit gewerkschaftlichen Organisationen des 19. Jahrhunderts begegnen" Von gleicher Bedeutung wie für die kooperativen Strategien ist der Ausbau internationaler Gewerkschaftsgremien für konfliktorische Strategien Das zeigt sehr deutlich das Beispiel internationaler Gewerkschaftskooperation gegen den niederländischen AKZO-Konzern. Die Initiative ging zwar weitgehend von den lokalen Gewerkschaftsvertretern und Betriebsräten aus, die internationalen Protestaktionen und die Kooperation der verschiedenen Gewerkschaftsgremien lag jedoch in der Hand der ICF. Wäh102 rend die dem IBFG angeschlossenen Gewerkschaften und die mit ihm liierten Internationalen Berufssekretariate — soweit sie sich konfliktorischer Strategien bedienen — in der Regel systemimmanente Konzeptionen verfolgen, zielen die nichtinstitutionalisierten Gegenmachtkonzeptionen der dem WGB angeschlossenen Gewerkschaften auf eine radikale Transformation der kapitalistischen Gesellschaft ab

Um dieses Ziel erreichen zu können, wird stets auf die Notwendigkeit einer Aktionseinheit aller Richtungsgewerkschaften verwiesen und betont, daß „ideologische Meinungsverschiedenheiten . . . kein Hindernis für . . . gemeinsame(s) Handeln“ gegenüber den MNK und die Entwicklung „internationale(r) Organisationsformen des Klassenkampfes" seien 7. Eine Forderung, die, wie das Verhalten der kommunistischen Confederation Generale du Travail (CGT) während der Auseinandersetzung 1969 der der ICF angeschlossenen Ge-werkschaften im Jahre 1969 mit dem französischen Konzern St. Gobain zeigt, in der Praxis nicht immer befolgt wird — und zwar augenscheinlich dann, wenn Initiative und Kontrolle der gewerkschaftlichen Aktionen in den Händen anderer Richtungsgewerkschaften lie-gen.

Ebenso wie für den IBFG gilt auch für den WGB — allerdings in abgeschwächter Form —, daß die ihm angeschlossenen Gewerkschaften und die ihnen nahestehenden Parteien keineswegs eine völlig einheitliche Strategie gegenüber den MNK vertreten. Ein Vergleich der auf der Konferenz der kommunistischen Parteien Westeuropas in London (Januar 1971) vorgetragenen — insgesamt sehr vage bleibenden — Vorstellungen mit dem Konzept der „contröle ouvrier", wie es in Frankreich und Italien von den kommunistischen Gewerkschaften mitgetragen bzw. gefordert wird, läßt das recht deutlich erkennen

VII. Die multinationalen Konzerne — zur Deformation pluralistischer Systeme

Abschließend sei die Frage aufgeworfen, ob unter den Bedingungen der Internationalisierung der Produktion in den westlichen Industriestaaten noch von funktionsfähigen pluralistischen Systemen gesprochen werden kann Konfrontiert man die Ausführungen der letzten beiden Kapitel (MNK-National-staat, MNK-Gewerkschaften) mit den Fragen: 1. inwieweit — entsprechend den Pluralismuskonzepten — der Staat als solcher die Fähigkeit besitzt, die Macht der sozialen Interessengruppen zu begrenzen und ihre Bindung an das Gemeinwohl durchzusetzen 2. ob zwischen den Interessengruppen strukturelle Machtunterschiede bestehen oder ob annähernde Chancengleichheit existiert so läßt sich kurz zusammengefaßt folgendes feststellen:

Die Frage, ob der Staat den pluralistischen Gruppen eigengewichtig übergeordnet ist und auf diese Weise eine Begrenzung ihrer Macht mit dem Ziel einer Förderung des Allgemeinwohls durchzusetzen vermag, muß, was die MNK anbetrifft, weitgehend verneint werden. Die MNK bestimmen, ohne daß ihre Macht durch die einzelnen Nationalstaaten ausreichend kontrolliert bzw. begrenzt wird, weite Teile des Wirtschaftsgeschehens der nationalen Volkswirtschaften. Die bereits durch zahlreiche internationale Organisationen eingeschränkte Souveränität der Nationalstaaten wird zugunsten der MNK weiter eingeengt. Hinzu kommt, daß Tochtergesellschaften von MNK — insbesondere von amerikanischen — nicht selten als Instrumente der Regierungen der Stammländer eingesetzt werden und auf diese Weise die Entscheidungsbefugnisse der Regierungen der Gastländer beschneiden. Große Bedeutung kam in diesem Zusammenhang z. B.dem „Trading with the Enemy Act" von 1917 (!) zu, mit dessen Hilfe zahlreichen Tochtergesellschaften amerikanischer MNK die Annahme von Aufträgen aus der VR China verwehrt wurde, obwohl die Regierungen der Gastländer dieser Unternehmen eine Annahme befürwortet hatten Lediglich die Politik zahlreicher Entwicklungsländer, die Tochtergesellschaften derjenigen MNK, die ihre Volkswirtschaften kontrollieren, zu verstaatlichen oder einen Teil des Aktienkapitals zu übernehmen bzw. sich zu reservieren oder die u. a. von Biedenkopf vorgeschlagene Alternative einer echten Dezentralisation der MNK und ihre damit verbundene Reintegration in die jeweiligen Nationalstaaten vermag deren Fähigkeit zur Integration und Machtbegrenzung der Arbeitgeberinteressen zumindest teilweise wiederherzustellen. Eine echte Dezentralisation der MNK scheint jedoch wenig zu sein, da nationalstaatlichen realistisch die Ordnungen „langsam, aber unaufhaltsam an Kraft verlieren"

Auch die von den meisten Pluralismustheoretikern geforderte Chancengleichheit oder gar ein Machtgleichgewicht zwischen den bedeutendsten sozialen Interessengruppen existiert nicht. Denn den Gewerkschaftsbewegungen ist es bisher nicht gelungen, den hierarchisch strukturierten, zentralistisch gelenkten MNK — deren Management relativ uneingeschränkt über die „Investment power" verfügt und ein weitgehendes Informationsmonopol über Finanzen und Produktionspläne der Konzerne und die Kontrolle über Ausmaß und Geschwindigkeit technologischer, organisatorischer und sonstiger Innovationsprozesse besitzt — eine schlagkräftige „countervailing power" entgegenzustellen.

In den letzten zwei Jahrzehnten stiegen die internationalen Investitionen annähernd zweimal so schnell wie das Welt-Bruttosozialprodukt Tritt keine Wende dieser Entwicklung ein, dann wird sich der Machtvorsprung der Multinationalen Konzerne gegenüber den Gewerkschaften noch vergrößern. Eine bloße Fortschreibung der bisherigen Entwicklung muß ferner zu der Prognose eines weiteren Abbaus der Integrationskraft der nationalstaatlichen Organe kommen; d. h., daß bei gleichbleibender Entwicklung in Zukunft mit einem weiteren Abbau der Wirksamkeit pluralistischer Grundsätze gerechnet werden müßte. Eine Fortschreibung, die von einer gleichbleibenden Entwicklung ausgeht, berücksichtigt jedoch nicht, daß die Internationalisierung der Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg von einer lang andauernden Aufschwungphase begünstigt wurde bzw. noch wird 9, d. h., daß bei Beendigung dieser Phase der Prozeß der Internationalisierung der Produktion sich keineswegs in gleichem Maße wie bisher weiterentwickeln wird. Sie geht ferner davon aus, daß in der Machtkonstellation MNK—Nationalstaaten—Gewerkschaftsbewegungen die Multinationalen Konzerne ihre Macht auf Kosten der beiden anderen weiter auszudehnen vermögen.

Das Bestreben der MNK, den gesamten Produktions- und Verteilungsprozeß von der Erschließung über die Förderung, den Transport, die Verarbeitung und Vermarktung zu integrieren und ohne Kontrolle durch politische Instanzen zentral zu steuern, war bisher äußerst erfolgreich. In jüngster Zeit läßt sich jedoch zumindest in der Erdölindustrie ein erheblich verstärkter Einfluß der politischen Organe der erdölproduzierenden Länder auf die Förderung und die Festsetzung der Preise dieses Rohstoffes feststellen. Weitergehende Ansprüche einer Einflußnahme auf Transport und Verarbeitung sind angemeldet; ihre Durchsetzung ist zwar noch keineswegs absehbar, aber nicht auszuschließen. Eine—denkbare — Entwicklung, die ebenso wie die Versuche von Verbraucherstaaten unter Umgehung der multinationalen Erdölkonzerne zu Lieferabkommen mit den erdölproduzierenden Staaten zu kommen, einer Ausweitung der Macht der MNK entgegenstehen könnte — zumal eine derartige Entwicklung auch für andere Rohstoffe nicht auszuschließen ist.

Eine Prognose über die zukünftige Entwicklung der Internationalisiereung der Produktion und ihrer Auswirkungen auf das Machtverhältnis zwischen Kapital und Arbeit sollte ferner in Rechnung stellen, daß die durch die transnationale Verflechtung und Konzentration bedingten erhöhten Anpassungskosten von den betroffenen Arbeitnehmern sehr wahrscheinlich mit erhöhter Militanz beantwortet werden Eine Entwicklung, die die zerstrittenen Gewerkschaftsrichtungen zu verstärkter Kooperation gegenüber den MNK zwingen dürfte.

Der bisher allzu abstrakte Internationalismus der Gewerkschaften könnte somit auf eine neue materielle Basis gestellt werden und erheblich an Durchschlagskraft gewinnen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Begriff „Multinationaler Konzern" (MNK bzw. MNC) ist relativ neuen Datums. Er wurde 1960 von David E. Lilienthal in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt. Vgl. David Lilienthal, Management of the Multinational Corporation, in: Melvin Anshen, G. L. Bach (eds.), Managements and Corporations, 1985, N. Y. 1960, S. 119. Lilienthal definierte MNKs als „corporations which have their home in one country but operate and live under the laws and customs of other countries as well". Vgl. ferner Yair Ahoroni, On the Definition of a Multinational Corporation, in: The Quarterly Review of Economics and Business, Vol. 11, Autumn 1971, No. 3, p. 27.

  2. Häufig werden auch die Begriffe „inter-, trans-oder supranationale Konzerne bzw. Gesellschaften, Weltunternehmen" u. a. Bezeichnungen benutzt; vgl. z. B. Institut für marxistische Studien und Forschungen (Hrsg.), Internationale Konzerne und Arbeiterklasse. Dokumente — Statistiken — Analysen, Frankfurt/Main 1971; Kurt P. Tudyka, Lohnarbeit und Kapital im Transnationalen Konzern, in: PVS, Sonderheft 4, 1972. Hans Matthöfer, Internationale Kapitalkonzentration und Gewerkschaftsbewegung, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 22. Jg. r H. 8, 1971.

  3. Vgl. Christopher Tugendhat, Die Multinationalen Konzerne beherrschen die Wirtschaft der Welt, Wien, München, Zürich 1972 S. 20; Maria Wilkins, The Emergence of Multinational Enterprise, Cambridge, Mass. 1970; Raymond Vernon, Sovereignity at Bay. The Multinational Spread of US Enterprises, Cambridge, Mass. 1971, S. 28; Katja Nehls, Internationale Konzerne, Monopolmacht. Klassenkampf, IPW-Forschungshefte, 8. Jg., H. 1, Berlin (Ost) 1973, S. 5. Einige Autoren verweisen auf die Niederlassungen der Hanse im Mittelalter oder führen sogar die „Ursprünge internationaler Handelsgesellschaften bis auf die alten Babyloner zurück"; vgl, Kurt P. Tudyka, Multinationale Konzerne. Diskussionsbeitrag zur Tagung der Sektion Internationale Politik der DVPW, Tutzing 9. — 14. 4. 1973.

  4. Vgl. Karl P. Sauvant, Multinationale Unternehmen und die Transformation des gegenwärtigen Staatensystems, in: PVS Sonderheft 4, a. a. O., S. 200.

  5. Ebd., S. 196.

  6. Vgl. hierzu insbesondere Aharoni, a. a. O., S. 27 ff.

  7. Vgl. dazu insbesondere Lilienthal, a. a. O., S. 119; Aharoni, a. a. O., S. 28; Paul M. Sweezy, Harry Magdoff, Anmerkungen zur multinationalen Korporation, in: Sozialistisches Jahrbuch 2. Gegen den Dogmatismus in der Arbeiterbewegung, S. 20; Ferner: Jack N. Behrman, Some Patterns in the Rise of the Multinational Enterprise, Chapel Hill 1969, S. 58— 60: „US Companies establishing new facili-ties abroad between July 1960 and December 1966 retained 100 percent ownership of 62 percent of these establishments", ebd. S. 58, „... US parents move toward a partnership only when they are pushed to do so by governmental or other con-traints", ebd., S. 59.

  8. Vgl. hierzu vor allem Aharoni, a. a. O., S. 31; Sidney E. Rolfe, The international Corporation, with an epilogue on rights and responsibilities; background report presented at the 22nd Congress of the International Chamber of Commerce, Istanbul 1969, Paris 1969, S. 6; ders., The International Corporation in Perspective, in: S. E. Rolfe/Walter Damm (Hrsg.), The Multinational Corporation in the World Economy, New York 1970, S. 17 ff. Ferner: Karl P. Sauvant, Multinationale Unternehmen und die Transformation des gegenwärtigen Staatensystems, in: PVS, Sonderheft 4. a. a. O., 197 f.

  9. Vgl. Sweezy/Magdoff, a. a. O., S. 20; Helmut Anders, Gewinnmaximierung und weltweite Strategie. Multinationale Unternehmen im Röntgenbild Nr. 2. in: Blick durch die Wirtschaft, hrsg. v. d. FAZ, Nr 171 27 7 1072 s e

  10. Tugendhat, a. a’. O„ S. 22, 129 ff.; H. Anders, Zweckmäßige Organisation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, in: Blick durch die Wirtschaft, hrsg v. d. FAZ, Nr. 174, 31. 7. 1972, S. 5.

  11. Vgl. E. Altvater, Multinational Corporations and the Working Class, S. 1— 16, in: Kurt P. Tudyka (Ed.): Multinational Corporations and Labour Unions, Nijmegen 1973, S. 6 ff. Ernest Mandel hebt in seiner Analyse 'des „Spätkapitalismus" demgegenüber lediglich „die Internationalisierung der Mehrwertproduktion" als das „eigentlich Neue und Spezifische der internationalen Zentralisierung des Kapitals im spätkapitalistischen Zeitalter” hervor, ders., Spätkapitalismus, Frankfurt 1973, S. 301. Vgl. auch seine Kritik am Begriff „MNK", in: ders., Die EWG und die Konkurrenz Europa — Amerika, Frankfurt 1972®, S. 20.

  12. Vgl. Leo Bergmann, Multinationale Unternehmen — Gewerkschaften. Vorbemerkungen und The-sen, unveröfftl. Arbeitspapier.

  13. Vgl. z. b . Howard M. Perlmutter, Towards Research on and Development of Nations, Unions and Firms as Worldwide Institutions, in: Hans Günter (Ed.), Transnational Industrial Relations, Proceedings of a Symposium hold at Geneva by the International Institute for Labour Studies, London 1972.

  14. John Fayerweather klassifiziert unter besonderer Berücksichtigung der Geschäftsstrategien und der Organisation der MNK's diese entweder als „unified“ oder „fragmented”, vgl. Sauvant, a. a. O., S. 198.

  15. Nach Ansicht der dogmatischen Marxisten bedeutet der Übergang „von der Herrschaft des industriellen Kapitals zur Herrschaft des Finanzkapitals . . . die Abwälzung der Folgendes tendenziellen Falls der Profitrate auf die schwächeren Kapitale und die gesamte Gesellschaft zugunsten des Finanzkapitals. Neben der Entwertung der schwächeren Kapitale vermag das Finanzkapital der Länder mit dem höchsten Grad der Konzentration und Zentralisation durch „internationale Umverteilungsund Entwertungsprozesse . . . bei kapitalistischer Anwendung der modernen Produktivkräfte die Wirkungen des Falls der Profitrate auf fremde Kapitalien und fremde Länder abzuwälzen". Dieses Faktum, die technische und finanzielle Überlegenheit und die politische Vormachtstellung der USA erklären nach dogmatisch marxistischer Auffassung, weshalb die „amerikanischen Monopole Milliarden westeuropäischen Leihkapitals in fungierendes amerikanisches Kapital in Westeuropa und anderen Ländern verwandeln" konnten — wodurch erst ihre umfangreichen Direktinvestitionen ermöglicht wurden. Vgl. hierzu insbes: Karl Marx, Das Kapital, I. Bd. (MEW, Bd. 23), Berlin (Ost) 1972, S. 618, 628, 631, 653, 655 f. Ebd., 3. Bd. (MEW, Bd. 25), S. 222 f.: ferner Katja Nehls, a. a. O., S. 15, 25, 23. Demgegenüber Paul A. Baran, Paul M. Sweezy: Monopolkapital. Ein Essay über die amerikanische Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung Frankfurt 1967, insbes. Kap. III: „Die steigende Tendenz des Surplus", S. 58 ff.

  16. Vgl. K. Nehls, a. a. O., S. 21. Vgl. hierzu auch die Ausführungen des Trotzkisten Ernest Mandel, a. a. Q„ S. 10 f.

  17. In der Ausnutzung der Lohndifferenzen, der Einsparung variablen Kapitals und der Vergrößerung der Ausbeutungsrate in der Produktion sieht auch Elmar Altvater einen „der wichtigsten Gründe für die Internationalisierung der Produktion überhaupt ...", Altvater, a. a. O., S. 9 f.

  18. K. Nehls, a. a. O., S. 22 f.; vgl. ferner IMSF, (Hrsg.), Internationale Konzerne und Arbeiterklasse, a. a. O., S. 233 ff.

  19. E. Altvater, a. a. O., S. 9 Kritikwürdig erscheint nach dieser Auffassung auch die von Baran, Sweezy, Magdoff u. a. vertretene These, die «US-Konzerne investierten deshalb im Ausland, weil die Kapitalverwertung im Inland zu gering sei und daher Kapitalüberschuß entstehe", weil sie von der „Annahme einer gewissen . Normalität'von im wesentlichen national begrenzter Kapitalakkumulation“ ausgeht. Ebd.

  20. Vgl. Robert L. Heilbronner, The multinational Corporation and the Nation State, in: The New York Review of Books. 11. 2. 1971, S. 22.

  21. Stephen Hymer wies nach, daß Mitte der 60er Jahre 44 °/o der führenden US-amerikanischen Auslandsinvestoren aus Industriezweigen kamen, in denen vier Produzenten 75 Prozent der gesamten Umsätze auf sich vereinigten, obwohl auf diese Gesellschaften nur 8 Prozent der gesamten Industrieproduktion der USA entfielen. Von den Direktinvestitionen in Frankreich, Großbritannien und der BRD entfielen 1967 40 °/o auf Standard Oil, General Motors und Ford; d. h. auf drei Firmen, die bekanntermaßen oligopolistischen Industriezweigen angehören. Nach einer Untersuchung der Commerzbank entfielen umgekehrt 1970 ca. 90 °/o (!) aller deutschen Direktinvestitionen in den USA auf die „deutsche Großchemie". Der Anteil von Siemens, AEG-Telefunken und der Robert Bosch GmbH an den ausländischen Direktinvestitionen der hochkonzentrierten Elektroindustrie liegt aber noch höher. Vgl. Stephen Hymer, Direct Foreign Investment and International Oligopoly, Juni 1965, zitiert nach Tugendhat, a. a. O„ S. 46, 48. Vgl. ferner Commerzbank AG: Auslandsfertigung, Frankfurt 1971, S. 25.

  22. Vgl. Jack N. Behrman, Some Patterns in the Rise of the Multinational Enterprise, Chapel Hill 1969, S. 6 f.; Sweezy/Magdoff, a. a. O., S. 31; Tugendhat, a. a. O„ S. 53, 71, 73 unterstreicht die Notwendigkeit ausreichenden Finanzkapitals, um die häufig auftretenden Anfangsschwierigkeiten und -Verluste durchstehen zu können.

  23. Es ist sicher kein Zufall, daß amerikanische MNK durchschnittlich einen dreimal so großen Umsatz haben wie die Großkonzerne ohne Auslandsproduktion und daß ihr Umsatz das 390fache der Durchschnittsunternehmen beträgt. Vgl. Vernon, a. a. O„ Tab. 1— 1, S. 8 f.

  24. Vgl. Sweezy/Magdoff, a. a. O., S. 28.

  25. Vgl. Behrman, a. a. O., S. 6.

  26. Behrman, a. a. O., S. 9; vgl. ferner Tugendhat, a a. 0., S. 57.

  27. US News and World Report, 1. 6. 1964: „For New Opportunities: Now, the Word is , Go Abroad “, zit. nach Baran/Sweezy, a. a. O., S. 193. Tugendhat weist z. B. darauf hin, daß zwischen 1950 und 1965 sich die Produktion von Kraftfahrzeugen in den USA um 39 °/o erhöhte, „in der übrigen nichtkommunistischen Welt [jedoch] um fast 500%". Derartig hohe Wachstumsraten im Ausland müssen keineswegs zwingend zur Aufnahme einer Auslandsproduktion führen, sondern können auch über eine Erhöhung der Exporte genutzt werden. Erst wenn außerökonomische Faktoren Exporte erschweren und Direktinvestitionen auf verschiedenste Art und Weise begünstigen, liegt ein Übergang zur Auslandsproduktion nahe. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Auslandsproduktion dem jeweiligen Konzern in der Regel bessere Möglichkeiten als der Export bietet „mit den ständigen Veränderungen des Warensortiments Schritt (zu) halten". Eine Produktionsstätte an Ort und Stelle gibt den Kunden ferner „das Gefühl, daß der ausländische Produzent sich auf dem heimischen Markt engagiert hat und regelmäßig lie-fern kann, wie immer sich die Lage in seiner Heimat auch gestalten mag"; vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 49, 68.

  28. Business Week, 20. 4. 1963: „Multinational Companies", zit. nach Baran/SWeezy, a. a. O., S. 191.

  29. Vgl. A. E. Scaperlanda, L. Mauer, The determinants of US-direct Investments in the EEC, in: American Economic Review, Bd. 59, Sept. 1969; World Business Perspectives, August 1972, S. 2; G. -Y. Bertin, L’Investissements des firmes trangres en France, Paris 1962, S. 28; Raymond Mikesell, Some Factors in the Decision of Business to Invest in Europe and the Common Market, Paris 1968, S. 17.

  30. E. M.de Winth, Präsident der Firma Eaton Yale and Towne, zit. nach Tugendhat, a. a. O., S. 55.

  31. Marxistische Theoretiker erwähnen diese Faktoren zwar auch, klassifizieren sie jedoch aber als zweitrangig.

  32. Vgl. z. B. William Lever, der Begründer des Seifenimperiums der Lever Brothers (1902): „Die Entscheidung über die Frage, ob ein Werk in einem anderen Land errichtet werden soll, hängt von den Zollsätzen ab ... Sobald der Zoll die Kosten separater Verwaltungen und separater Betriebe übersteigt, erscheint es wirtschaftlich, in dem betreffenden Land Fabriken zu bauen, von denen aus wir unsere Kunden billiger beliefern können." Zit. nach Tugendhat, a. a. O., S. 26. „Hohe Zollsätze veranlaßten auch Bayer, Farbstoffabriken im Ausland zu errichten: 1876 in Moskau, 1882 in Flers in Frank-reich und 1908 in Schoonaerde in Belgien." Ebd.: Ein Wechsel vom Export zu Direktinvestitionen liegt insbesondere dann nahe, wenn der Vorteil der größeren Kundennähe — z. B. geringere Transportkosten — die Kosten des Aufbaus eines neuen Betriebes übersteigen. Das trifft selbstverständlich auch für die heutige Zeit zu. Die EWG-Außenzölle spielten bei den amerikanischen Investitionen in

  33. Vgl. Behrman, a. a. O., S. 15.

  34. Ebd., S. 21.

  35. Zahlreiche Belege enthalten die „Antworten auf den Fragebogen des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften", betr. MNK, Wirtschaftsund Sozialausschuß des IBFG, 4. -5. 12. 1970, TO-Punkt „Multinationale Gesellschaften"; vgl. ferner Tugendhat, a. a. O., S. 54 L, Tudyka, a. a. Ö., S. 7.

  36. Aufschlüsse zur Entstehung der MNK könnte in diesem Zusammenhang die Frage nach den Beziehungen der Direktinvestitionen im Ausland zur einheimischen Investitionstätigkeit ermöglichen; zu fragen wäre, ob Direktinvestitionen im Ausland sich komplementär zu Investitionen im Mutterland verhalten oder ob sie diese substituieren.

  37. Hier ist darauf hinzuweisen, daß staatliche Eingriffe, z. B. in die Zollpolitik, in einem erheblichen Ausmaß auf die Einflußnahme wirtschaftlicher Kräfte zurückzuführen sind.

  38. Neben den Tabellen I und II vgl. für das folgende: Die Industriepolitik .... a. a. O., S. 90 ff.

  39. Als die OECD vor einigen Jahren von den Mitgliedsländern Material für einen Bericht über private Direktinvestitionen im Ausland anforderte, „konnten die Niederlande, Italien, Belgien und auch die Schweiz keine Einzelheiten bekanntgeben". Tugendhat, a. a. O., S. 14.

  40. Sauvant, a. a. O., S. 200, behauptet daher, daß Je defi americain'zum Teil auch eine Folge der statistiques americaines'ist“.

  41. Der Buchwert liegt „zwischen der Hälfte und zwei Dritteln des Tageswertes", Commerzbank, a. a. O„ S. 2.

  42. Vermutlich wegen der Erdölfunde in einigen Staaten dieser beiden Kontinente und der extrem billigen Arbeitskräfte.

  43. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft (Vgl. Runderlaß Außenwirtschaft IV, 1: Vermögensanlagen Gebietsansässiger in fremden Wirtschaftsgebieten, zit. nach Commerzbank, a. a. O., S. 13 f.) entfielen von den Gesamtinvestitionen von 1952 bis Mitte 1970 ca. 13, 5 Mrd. DM (ca. 70 °/o) auf Industrieländer und 53/4 Mrd. DM (ca. 30 °/o) auf Entwicklungsländer. Mehr als 50 o/o (10, 75 Mrd.) der Direktinvestitionen waren innerhalb Europas, insbesondere in der EWG, angelegt; davon mehr als 3 Mrd. in den Benelux-Staaten, 1, 8 Mrd. DM in Frankreich. Auf die USA entfielen „lediglich" 1, 7 Mrd. DM, davon — wie bereits erwähnt — 90 °/o auf die deutsche Großchemie. Für Großbritannien vgl.: EFTA foreign investment: Changes in the pattem of EFTA foreign direct investment, Genf 1969, S. 32. Für die übrigen wichtigsten Industrieländer vgl. Behrman, a. a. O., S. 136 ff.

  44. Nach einer Studie der OECD von 1966 (Berechnet nach Sidney E. Rolfe, The International Corporation in Perspective, in: S. E. Rolfe and Walter Damm [Hrsg. ], The Multinational Corporation in the World Economy, New York 1970, S. 7) entfielen von den Direktinvestitionen (ca. 90 Mrd.) der Länder, die dem Development Assistance Committee (DAC-Länder sind OECD-Mitglieder und Australien) angehören, der Hauptteil (ca. 40 °/o) auf die verarbeitende, knapp 30 % auf die Erdölindustrie,

  45. Vgl. J. H. Dunning, zit. nach Commerzbank, a. a. O., S. 2.

  46. Judd Polk, The Internationalization of Production, United States Council of the International Chamber of Commerce, New York 1969 (vervielf.), zit. nach Sauvant, a. a. O., S. 200.

  47. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 129 ff.; Helmut Anders, Zweckmäßige Organisation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, in: Blick durch die Wirtschaft, Nr. 174, 31. 7. 1972, S. 5. Bezüglich der zentralen Kontrolle der Finanzen vgl. Michael Z. Brooke u. H. Lee Remmers, The Strategy of Multinational Enterprises, London 1970, S. 289.

  48. Vgl. Otto E. Küppersbusch, Die Finanzpolitik der internationalen Unternehmung, Diss. Erlangen-Nürnberg, S. 192 ff.

  49. Ebd., S. 210 ff.; Werner Bergsteiner, Die Problematik von Gewinnverlagerungen bei internationalen Konzernen im handels-und steuerrechtlichen Jahresabschluß deutscher Konzernunternehmen, Diss. München 1968, S. 98 ff.; Raymond Vernon, Sovereignity at Bay The Multinational Spread of U S. Enterprises, London 1971, S. 154; H. Anders, Gewinnmaximierung, a. a. O.

  50. Vgl. Bergsteiner, a. a. O., S. 131.

  51. Ebd., S. 105; Küppersbusch, a. a. O., S. 210 f.

  52. Vgl. Helmut Anders, Gewinnmaximierung, a. a. O.

  53. Der Spiegel, 29. 11. 1970. Vgl. ferner für amerikanische MNK James S. Shulman, Transfer Pricing in Multinational Business, Diss., Harvard Business School, 1966.

  54. Vgl. Brooke und Remmers passim, Tugendhat a. a. O., S. 171 f.: In den Jahren 1964/65 und 1967 wiesen viele MNK ihre „europäischen Tochtergesellschaften an, Zahlungen an die Niederlassungen in Großbritannien bis zu 6 Monaten zurückzustellen, während die englischen Tochtergesellschaften zu sofortiger Zahlung aufgefordert wurden", ebd., S. 174.

  55. Ebd., S. 175.

  56. Implications of Multinational Finns for World Trade and Investment and for US Trade and Labor. Report to the Committee on Finance of the US Senate, Washington DC. Febr. 1973, S. 534 ff. Vgl. ferner International Herald Tribune, 14. 2. 1973: „Multinationals Currency Trade is Assailed". Die Angaben in: Die Zeit, Nr. 10, 2. 3. 1973, S. 35: „Jagdgründe für Elefanten“ und Der Tagesspiegel, Nr. 8353, 6. 3. 1973, S. 14: „US-Kongreß untersucht jüngste Währungsaktionen“, daß die MNK allein über die genannten 286 Mrd. Dollar verfügten, treffen nicht zu.

  57. „Because of the mobility of these funds . . . the multinationals could frustrate a country's monetary policy without any destructive or predatory motivations simply by sending billions of dollars for example, from one country to another on rumors of a currency devaluation“. Zit. nach International Herald Tribune, a. a. O.

  58. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 205.

  59. Die Zeit, Nr. 11, 9. 3. 1973: „Euro-Dollar-Markt. Milliarden, die die Welt erschüttern". Andererseits bilden die MNK auch die bedeutendste Emittentengruppe auf dem Eurodollar-Markt, allen voran die amerikanischen MNK ITT und Gull. Das Volumen des Marktes wird auf ca. 80 Mrd. Dollar veranschlagt. Vgl. Der Tagesspiegel, Nr. 8340, 18. 2. 1973, S. 13: „Nur wenig . heißes Geld'fließt zurück ins Ausland".

  60. Vgl. z. B. Die Zeit, Nr. 8, 16. 2. 1973, S. 31 „Die Krisenmacher": „Die rund 400 multinationalen Konzerne und das paar Dutzend europäischer Großbanken . . . waren voll im Geschäft. Sechs Milliarden Mark, die bis zur Schließung der Devisenbörsen von der Bundesbank aufgenommen werden mußten, sind das Ergebnis ihrer fieberhaften Tätigkeit". Der Tagesspiegel weist demgegenüber daraufhin, „daß bei einem deutschen Ausfuhrvolumen von 12 Mrd. DM im Monat schon das Vorziehen der Exporterlöse weniger Wochen dazu ausreichen würde, um die Devisenzuflüsse der jüngsten Währungskrise vollständig zu erklären", vgl. Tagesspiegel vom 18. 2. 1973.

  61. Angaben nach Tugendhat, a. a. O., S. 141 f.

  62. Für die USA vgl. Robert Lattes, Tausend Milliarden Dollar. 60 Mammutkonzerne beherrschen 1985 die Wirtschaft der Welt, München, Wien, Basel 1970, S. 77; ferner Sidney E. Rolfe, in: Atlantic Community Quarterly, 1969, S. 255.

  63. Vgl. Sauvant, a. a. O., S. 205 f.; FAZ vom 12. 8. 1972, Nr. 185, S. 13: Kurt H. Biedenkopf „Eine neue Weltmacht? Die Bedeutung der multinationalen Unternehmen".

  64. Vgl. z. B. John H. Dunning, Studies in International Investment, London 1970, S. 228; Sauvant, a. a. O., S. 205 f. Oskar Grünwald, F. Lacina, Auslandskapital in der österreichischen Wirtschaft, Wien 1970.

  65. Vgl. H. Arndt, a. a. O., vgl. ferner Erich Kitz-müller, Heinz Kuby, Lutz Niethammer, Der Wan-del der nationalen Frage, in der Bundesrepublik Deutschland. Nationalstaat ohne Nationalökonomie?, T. I u. II, Beilage zur Wochenzeitung DAS PARLAMENT, B 33/34, 18. u. 25. 8. 1973, passim.

  66. Biedenkopf, a. a. O.

  67. Neben den beiden behandelten Bereichen tangiert die zunehmende Internationalisierung der Produktion die Entscheidungsfreiheit der einzelstaatlichen Regierungen im Bereich der Struktur-, Beschäftigungs-, Kredit-, Konjunktur-und Investitionspolitik, worauf hier nicht eingegangen werden kann.

  68. Wirtschaftliche und soziale Übersicht, 17. Jg., Nr. 2, 1969, S. 3: „Niemand will die positiven Aspekte dieses Phänomens bestreiten und die Gewerkschaften weniger als andere, die sie sich dem allgemeinen wirtschaftlichen Fortschritt und dem Wachstum der Produktion verschrieben haben, in dem sie das Mittel sehen, um den Lebensstandard der Arbeitnehmer in den Industriestaaten wie in den Entwicklungsländern zu heben".

  69. Ebd. 19. Jg., Nr. 4, 1971, S. 41; vgl. ferner ebd. 18. Jg., Nr. 5, 1970: „Die Internationale Gewerkschaftsbewegung und die multinationalen Gewerkschaften", S. 3.

  70. Vgl. Leopold Bergmann u. Siegfried Mielke, Multinationale Konzerne und Gewerkschaften: Schwierigkeiten internationaler Gegenstrategien, in: The Politics of the Multinational Corporation - Dimensions, Consequences, Counterstrategies, hrsg. v. Karl P. Sauvant und Farid G. Lavipour, erscheint Philadelphia 1974.

  71. Ebd. S. dazu auch den Beitrag von Ernst Piehl in dieser Beilage, S. 43.

  72. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 180; ferner Günther Köpke, Multinationale Unternehmen und Gewerkschaften, in; Gewerkschaftliche Monatshefte, 22. Jg., Nr. 7, 1971, S. 394. Antworten auf den Fragebogen des IBFG (betr. MNK), Wirtschaftsund Sozialausschuß. 4. /5. 12. 1970. TO-Punkt: Multinationale Gesellschaften, S. 9.

  73. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 228.

  74. G. Köpke, a. a. O., S. 395; vgl. ferner Hans Günter (Hrsg.), Transnational Industrial Relations. A Symposium held at Geneva by the International Institute for Labour Studies, London 1972, S. 67, 368.

  75. Vgl. Bergmann/Mielke, a. a. O., Anm. 7.

  76. Vgl. Antworten auf den Fragebogen des IBFG, a. a. O., S. 8 f.

  77. Vgl. Hans Günther, a. a. O., S. 433; Tugendhat, a. a. O., S. 232, S. 236 f.; Köpke, a. a. O., S. 398. Antworten auf dem Fragebogen des IBFG, a. a. O., S. 8 f. Die Möglichkeit, die Produktion zu verlagern, besteht natürlich auch für „rein nationale" Unternehmen. Für MNK mit Produktionsstätten in anderen Ländern ist sie im Konfliktfall jedoch erheblich einfacher zu realisieren.

  78. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 229.

  79. Vgl. Antworten auf den Fragebogen des IBFG, a, a. O„ S. 9; Köpke, a. a. O., S. 394.

  80. Vgl. Le Monde vom 23. 3. 1971, S. 21, Francois Renard: „L’industrie britannique va-t-elle quitter l'angleterre?"; Matthöfer, a. a. O., S. 474.

  81. Zitiert nach Köpke, a. a. O., S. 394; vgl. ferner Manfred P. Wahl, Vizepräsident von IBM betr. Investitionspolitik der MNK: „Bei Neuinvestitionen überlegen sie sich - und das ist ganz normal -. wo der Arbeitsfriede relativ am stabilsten ist“, in: Die Zeit, Nr. 39 vom 29. 9. 1972, S. 31: „Wir tun nichts Illegales“.

  82. Vgl. Bergmann/Mielke, a. a. O., vgl. ferner H. Kern und M. Schumann, Industriearbeit und Arbei-terbewußtsein; Frankfurt 1970; ferner S. Mallet, La Nouvelle Classe Ouvriere, Paris 1963.

  83. Vgl. oben die Literatur zur „product cycle theory“; zur Frage des — insbesondere in den USA heftig diskutierten — Arbeitsplatzexports vgl. u. a.den Ruttenberg-Report (Needed: A Constructive Foreign Trade Policy, Washington, D. C. (1971] der AFL/CIO) und die Umfragestudie der U. S. Chamber of Commerce: United States Multinational Enterprise, Washington D. C. 1972, Multinational Corporations, Hearings before the Sub-committee on International Trade of the Committee on Finance U. S. Senate, 93rd Congress, Ist Session, Feb. 26, 27, 28, March 1 and 6, 1973, Washington D. C. 1973, passim; ferner Blick durch die Wirtschaft, 14. 9. 1972, a. a. O„ S. 5.

  84. Vgl. Arbeitslosigkeit und Beschäftigungspolitik, T. 2, IMB-Schriften, Nr. 2 o. O., 1972. Der IBM-Präsident gibt zu, daß von den MNK „gerade beim Verkauf oder bei der Schließung von Firmen . . . nicht immer gebührend Rücksicht auf die Empfindungen in den Gastländern genommen worden" ist. „Es hat Fälle gegeben, in denen Konzerne in einem Land auf Grund von Beschlüssen in irgendeiner fernen Hauptzentrale eine Fabrik von heute auf morgen schlossen — ohne Rücksicht auf den lokalen Arbeitsmarkt". Die Zeit 29. 9. 1972, a. a. O., S. 28, . Akzo-Streik. In die Knie gezwungen". EWG-Kommissar Albert Coppe: „von 1961 bis 1969 seien in der EWG 6000 multinationale Unternehmen neu und 3000 durch Ubernahme entstanden. Die Folge dieses Konzentrationsprozesses seien zunehmende Entlassungen als Ergebnis interner Reorganisationsmaßnahmen. "

  85. Vgl. Tudyka, a. a. O., S. 246.

  86. Antworten auf den Fragebogen des IBFG, a. a. O., S. 1.

  87. Ebd. (Beispiele Liberia, Singapur u. a.).

  88. Vgl. z. B. Everett M. Kassalow, Trade Unions and Industrial Relations: An International Compa-rison, New York 1969.

  89. Vgl. z. B. Gottfurcht, Die internationale Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis zur Gegenwart, Köln 19662; C. Levinson, International Trade Unionism, London 1972; O. R. Liess, Weltgewerkschaftsbund — Internationaler Bund Freier Gewerk-schäften, Hannover 1966; -M. Warner, The Transnational Unions, in: New Society, 15. 10. 1970; N. Willat, The multinational unions, in: Management today, Feb. 1971, S. 70 ff. Selbstdarstellungen: IBFG, Was ist der IBFG. Was tut er, Brüssel 1973; WVA: La Confederation du Travail, Brüssel 1970.

  90. Vgl. unten Abschnitt: Gegenstrategien der Gewerkschaften.

  91. David Blake, Multinational Corporation, International Union and International Collective Bargaining: A Case Study of the Political, Social and Economic Implications of the 1967 UAW-Chrysler Agreement, S. 137— 172, in: Günter, a. a. O., S. 164. Die empirische Validität einer sol-chen exemplarischen Studie (n = 94!) sollte allerdings nicht überschätzt werden.

  92. Vgl. Bergmann/Mielke, a. a. O., Fallstudien Philips und Akzo.

  93. Ebd. Fallstudie Dunlop-Pirelli.

  94. Der Spiegel, Nr. 30 vom 17. 7. 1972.

  95. Vgl. Fallstudie Dunlop-Pirelli, Bergmann/Mielke, a. a. O.

  96. Ebd.

  97. Hierzu demnächst Christoph Buchholtz: Rechtliche Aspekte grenzüberschreitender gewerkschaftlicher Solidaritätsaktionen unter bes. Berücksichtigung des Rechts des Solidaritätsstreiks.

  98. IBFG (Hrsg.), Die multinationalen Gesellschaften. Bericht Nr. 2 der Weltwirtschaftskonferenz der IBFG, Genf 24. -26. 6. 1971, Brüssel 1971; 1CFBulletin: Ausschüsse für Multinationale Gesellschaften, Genf Herbst 1972; vgl. ferner Fallstudie Philips: Bergmann/Mielke, a. a. O.

  99. Institut für marxistische Studien und Forschungen (Hrsg.), Internationale Konzerne und Arbeiterklasse Frankfurt 19722; Die Gewerkschaften und die multinationalen Gesellschaften, in: Weltgewerkschaftsbewegung (Zeitschrift des WGB), H. 6— 7, S. 23— 34, Berlin (Ost) 1971.

  100. Vgl. z. B. die vom europäischen Metallgewerk-

  101. Kolloquium des IBFG am 18. und 19. 10. 1972 in Brüssel: Wolfgang Spieker, Unternehmensrechtliche Aspekte der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen in multinationalen Unternehmen, Dok. X, 2/1972, S. 18.

  102. Vgl. Anmerkung 149 der IBFG-Studie; ferner Arbeitsgruppe des IBFG und der Internationalen Berufssekretariate; Multinationale Gesellschaften, Brüssel, 26. /27. 2. 1973, Dok. 1 MNC-WP/2 „Kurze Aussprache über Tätigkeit und Beschlüsse des IBFG im Zusammenhang mit den multinationalen Gesellschaften"; ebd., Dok. 1 MNC-WP/4 „Eine internationale Strategie der Gewerkschaften gegenüber den multinationalen Gesellschaften". Vgl. IBFG, Weltwirtschaftskonferenz in Genf, 24. — 26. 6. 1971, Dok. WEC/2, S. 17. Auf die praktischen Einzelmaßnahmen und die Frage, welcher Gruppierung bzw. auf welcher Gewerkschaftsebene welche Aufgabe im Rahmen dieser Strategie zukommt und in welcher Weise nach Vorstellung der Gewerkschaften von Seiten der staatlichen und überstaatlichen Organisationen die Macht der MNK zu begrenzen und kontrollieren ist, geht Ernst Piehl in seinem Aufsatz in dieser Beilage ein.

  103. Vgl. z. B. ICF-Bulletin, Herbst 1972, a. a. O., S. 23 ff., 32 ff., 41 ff., 49 ff.; vgl. ferner die IMB-Nachrichten, Jg. 1970 ff., IUL (Hrsg.), Die IUL und multinationale Konzerne, 1970— 1972, S. V— 8/4.

  104. Vgl. Fritz Opel, 75 Jahre Eiserne Internationale: 1893— 1968, hrsg. v. IMB, Genf 1968; IBFG (Hrsg.), Die Internationalen Berufssekretariate, Brüssel 1967-, Piehl, a. a. O„ S. 83 ff.

  105. Zit. nach Die Zeit, Nr. 39 vom 29. 9. 1972, S. 30 f.: „Riesen im Zwielicht".

  106. Für das folgende vgl. Bergmann/Mielke, a. a. O., Piehl, a. a. O., S. 281 ff.

  107. Vgl. IMSF (Hrsg.): Internationale Konzerne, passim.

  108. Ebd. S. 243.

  109. Nehls, a. a. O., S. 125.

  110. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 238.

  111. Vgl. IMSF-Studie, a. a. O.; vgl. ferner Piehl, a. a. O., S. 337 f.

  112. Zum folgenden vgl. Siegfried Mielke, Multinationale Konzerne — Zur Deformation pluralistischer Systeme, S. 362— 377 in: Klassenjustiz und Pluralismus. Festschrift zum 75. Geburtstag für Ernst Fraenkel, hrsg. v. Günther Doeker und Win-fried Steffani, Hamburg 1973.

  113. Vgl. z. B. Kurt Sontheimer, Pluralismus, in: Ernst Fraenkel und Karl Dietrich Bracher, Staat und

  114. E. Fraenkel, Deutschland, a. a. O., S. 45; vgl. ferner David Riesmann, Die einsame Masse, Berlin/Neuwied 1956, S. 344 ff., ferner 326, 337 f.

  115. Vgl. Tugendhat, a. a. O., S. 149 f. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang ferner der Export Control Act v. 1949 und die Verordnung Präsident Johnsons (1968), die die Kontrolle des Kapitalverkehrs zwischen amerikanischen Muttergesellschaften und ihren Tochterfirmen verfügt. Vgl. Frieder Schlupp, Salua Nour, Gerd Junne, a. a. O., S. 58.

  116. Vgl. Tagesspiegel vom 11. 10. 1972, S. 13: „Im Olstreit wurde . Katholische Ehe geschlossen"; Die Zeit Nr. 41 vom 13. 10. 1972, S. 45: „Der Friede von New York"; The Financial Post, 4. 12. 1971, S. 37 f.:

  117. Vgl. Spieker, a. a. O., S. 16.

  118. Ebd., S. 17.

  119. Vgl. Sauvant, a. a. O., S. 200.

  120. Vgl. E. Altvater, a. a. O.

  121. Vgl. z. B. Der Tagesspiegel vom 26. 1. 1974, S. 6: „Jobert sicherte Frankreichs Ölversorgung durch Saudi-Arabien". Eine Verschärfung der Preispolitik der erdölproduzierenden Länder dürfte jedoch dazu führen, daß bisher unprofitable Produktionsverfahren zur Ausbeutung von Ölschiefer und Teersanden in zahlreichen Ländern der Welt, insbesondere in den USA und Kanada, konkurrenzfähig werden, was zu einer Stärkung der Position der bis-her tonangebenden Konzerne führen würde.

  122. Vgl. Kitzmüller, Kuby, Niethammer, a. a. 0., T. I, S. 27.

Weitere Inhalte

Siegfried Mielke, Dr. phil., Dipl. -Pol. geb. 1941; seit 1967 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin, seit 1972 Assistenzprofessor. Veröffentlichungen: 6 Beiträge im Handbuch des deutschen Parlamentarismus, hrsg. v. H. H. Röhring und K. Sontheimer, München 1970; „Länderparlamentarismus'', Heft 83 der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1971; Der Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie, 1909— 1914. Der gescheiterte Versuch einer antifeudalen Sammlungspolitik, erscheint Göttingen 1974; Multinationale Konzerne — Zur Deformation pluralistischer Systeme, in: G. Doeker, W. Steffani, Klassenjustiz und Pluralismus, Hamburg 1973.