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Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland im Urteil der Sowjetunion | APuZ 21/1973 | bpb.de

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APuZ 21/1973 Artikel 1 Vom Wandel des Polenbildes in Deutschland (1772-1972) Wie sehe ich Deutschland? Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland im Urteil der Sowjetunion

Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland im Urteil der Sowjetunion

Wolfgang Pfeiler

/ 53 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Neben einer Darstellung der sowjetischen Perzeption von Wesen und Vergangenheit der westdeutschen politischen Parteien enthält dieser Aufsatz die sowjetischen Analysen der Bundestagswahl 1972 und die damit verbundenen Schlußfolgerungen. Das Wahlergebnis wird als Reflexion tiefgreifender sozialer Wandlungsprozesse verstanden, die tendenziell nicht umkehrbar seien. Daraus resultiert die Erwartung, daß SPD und FDP in der Zukunft ihre politischen Positionen im Lande noch weiter zuungunsten des Einflusses der CDU/CSU verstärken werden.

Als im Herbst 1969 die Führer von SPD und FDP trotz ihrer geringen Mehrheit ihre „Kleine Koalition" bildeten, wurde das im Ausland allgemein als ein großes Ereignis gewertet, das nicht nur innenpolitisch für die Bundesrepublik weitreichende Folgen haben könnte. Besonders bedeutsam jedoch erschien diese Regierungsbildung den politischen Führern und Beobachtern in der Sowjetunion zu sein, bot sich doch jetzt aus ihrer Sicht zum erstenmal seit vielen Jahren wieder eine reale Chance, das Verhältnis zur Bundesrepublik und damit die ganze europäische Szene in einer Weise zu bereinigen, die mit den essentiellen Interessen ihres Landes vereinbar war. Daß es in diesem westdeutschen Staat überhaupt möglich war, eine Regierung ohne oder sogar gegen die CDU/CSU zu bilden, war für sie keineswegs eine Selbstverständlichkeit gewesen. Es hatte davor nicht an Stimmen gefehlt, die in der politischen Entwicklung der BRD eine Parallele zur Entwicklung der Weimarer Republik in ihren letzten Jahren sahen, einer Entwicklung, die von einer Verschärfung der innenpolitischen Gegensätze und einem Rechtsdrift der politischen Parteien gekennzeichnet war und die schließlich zum Entstehen und zur Machtübernahme eines Rechtskartelles, der „Harzburger Front", geführt hatte. Die Rolle, die damals die schnell wachsende NSDAP gespielt hatte, sah man diesmal in der Nationaldemokratischen Partei verkörpert. Vieles schien diesen Beobachtern in Moskau darauf hinzudeuten, daß die „herrschenden Kreise" der Bonner Republik es nicht hinnehmen würden, wenn in diesem Staate die „progressiven Kräfte" versuchen würden, mehr Boden zu gewinnen. Viele von ihnen glaubten sogar, man habe mit der Verabschiedung der Notstandsgesetze alle Vorbereitungen getroffen, um die „Herrschaft der Monopole" notfalls auch ohne das Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie aufrechterhalten zu können. Aus dieser Sicht erschien es kaum vorstellbar, daß die „Hauptpartei der Bourgeoisie und der Monopole" — nämlich die CDU/CSU — von der Regierung, ausgeschlossen werden könnte. Eher hätte man hier wohl erwartet, daß die SPD in der neuen Regierung nicht mehr vertreten sein würde. Deren Teilnahme an der „Großen Koalition" war für viele in der Sowjetunion ohnedies niemals eine echte Teilnahme gewesen, sondern nur so etwas wie eine Beteiligung als Lohn dafür, daß diese Partei der CDU in der Zeit der Krise aus der Patsche geholfen hatte. Man glaubte zu sehen, wie die SPD-Führung ihren schon mit dem Godesberger Programm begonnenen Marsch nach rechts konsequent fortsetzte und konstatierte, daß die SPD offensichtlich dabei war, ihre Fehler aus der Weimarer Zeit zu wiederholen. Die Verabschiedung der Notstandsgesetzgebung war der Preis, den sie für die Beteiligung am Regierungsgeschäft zu bezahlen hatte, doch hatte sie damit den Mächtigen der Bundesrepublik das Instrument in die Hand gespielt, ihre Macht auch unter veränderten sozialen Bedingungen zu behalten. So gesehen war es sicherlich nicht unwahrscheinlich, daß der Mohr SPD, wenn er diese seine Schuldigkeiten getan habe, wieder werde gehen müssen .

Doch es gab auch andere Beobachter in Moskau, die die Dinge etwas anders sahen und deren Erwartungen demgemäß anders strukturiert waren. Für sie war die Bonner Republik nicht die Wiederholung oder eine Parallele der deutschen Republik der zwanziger Jahre. Ihnen war der entscheidende Aspekt für die künftige Entwicklung eine Verschiebung im Kräfteverhältnis zwischen Reaktion und Fortschritt, zwischen den Kräften der Vergangenheit und den Kräften der Zukunft. Sie beobachteten und konstatierten eine allmähliche Verlagerung dieser Kräftebalance zum Progressiven hin. Und sie sahen und sehen darin einen weltweiten Prozeß, der sowohl auf der internationalen Ebene als auch innerhalb der einzelnen westlichen Staaten vor sich geht und der sich in Westdeutschland in einer zunehmenden Proletarisierung der Bevölkerung manifestiert, die durch den zahlenmäßigen Rückgang der Besitzenden und Selbständigen hervorgerufen worden ist. Bedauerlicherweise wird gerade dieser Aspekt in der Bundesrepublik meist nicht recht ernst genommen und als verbohrte Ideologie abgetan, zeigt einem doch der bloße Augenschein, daß von einer Proletarisierung nicht die Rede sein kann, sondern ganz im Gegenteil: wenn es hier Veränderungen gibt, so kann man allenfalls von einer Ver28 bürgerlichung der früheren Arbeiterklasse sprechenl Derartige westliche Stimmen übersehen jedoch eines: die unterschiedliche Auslegung des Begriffes „Proletariat". Für einen Kommunisten ist dieser Begriff durch den Besitz oder Nichtbesitz von Produktionsmitteln und Boden abgegrenzt und hat nicht den negativen Wertakzent, den man ihm im Westen zulegt. Proletarisierung bedeutet hier nichts weiter als die Tatsache, daß der prozentuale Anteil der Nichtselbständigen wächst. Mit diesem Prozeß verbunden und durch ihn bedingt ergaben sich aus diesem Blickwinkel heraus auch Veränderungen in der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik, Veränderungen, die tendenziell nicht umkehrbar sind und die sich deshalb auch bei der Wahl 1969 niederschlagen mußten. Für diese Gruppe sowjetischer Beobachter war daher der Wahl-ausgang und auch die anschließende Regierungsbildung nicht so sehr überraschend. Für sie stellte sich vielmehr eine ganz andere Frage, und zwar die Frage nach der politischen Haltung der SPD-Führer. Wie es in Europa und hier vor allem in der Frage des Status quo weitergehen würde, aber auch wie es innerhalb der Bundesrepublik weitergehen würde, hing jetzt entscheidend von diesen Männern ab. Hier hatte man begründete Hoffnungen, die nicht unwesentlich mit der Person von Willy Brandt verbunden waren; nicht Hoffnungen auf eine prinzipielle Alternative zum Bisherigen, aber Hoffnungen auf eine Alternative insoweit, als ein gemeinsa-mer Modus vivendi gefunden und gemeinsames Interesse auch gemeinsam verfolgt werden könnte. Demgegenüber standen aber auch Befürchtungen, die zum einen Teil durch verschiedene historische Erfahrungen mit der Sozialdemokratie bedingt waren, die sich andererseits aber auch auf die Haltung und die möglichen Verhaltensweisen derjenigen politischen Kräfte bezogen, die in der CDU/CSU, die jetzt zum erstenmal in die Oppositionsrolle gedrängt war, ihre angestammte Heimat hatten.

Der nachfolgende Aufsatz soll das Bild, das man in der politischen Führung der UdSSR von der heutigen Regierungskoalition und der christlich-demokratischen Opposition hat, nachzeichnen. Es sollen vor allem die Veränderungen, die sich hier in der Zeit zwischen 1969 und 1973 ergeben haben, deutlich gemacht werden. Damit wird auch die in letzter Zeit in der BRD öfter gestellte Frage eindeutig beantwortet werden, ob denn die gegenüber früher so veränderte Berichterstattung über die SPD eher taktisch motiviert oder aber auf eine grundlegend veränderte Einstellung der sowjetischen Führer zurückzuführen sei. Und es soll schließlich versucht werden, auch die Erwartungen zu umreißen, die man in der Sowjetunion von der künftigen Entwicklung der westdeutschen Parteien und dem Kräfteverhältnis zwischen ihnen hat. Hier geben vor allem die Stellungnahmen zum Wahlergebnis des 19. November 1972 einige Aufschlüsse.

Die SPD

mokraten sowohl „Deutsche" als auch „Sozialdemokraten", und in dieser letzteren Eigenschaft ergeben sich viele ihrer Charakteristika als eine Widerspiegelung des Wesens der internationalen Sozialdemokratie. Ähnlich wie die Sowjetunion einzelne westliche Staaten niemals nur isoliert, sondern als Teilmenge der Objektklasse „Kapitalistische Welt" oder „imperialistische Staaten" betrachtet, wird auch die SPD sehr häufig als Teilmenge der umfassenderen Klasse „Internationale Sozialdemokratie" gesehen und so dargestellt. Dieser übergeordnete politische Bezugsrahmen darf nicht übersehen werden, wenn man eine Vorstellung davon gewinnen will, was die SPD in sowjetischen Augen für eine Rolle spielt. Er soll im folgenden in seinen Grundrissen beschrieben werden Kommunistische und sozialdemokratische Parteien gelten als politische Interessenvertretungen der Arbeiterschaft und darüber hinaus der werktätigen Bevölkerung. Eben diese Aufspaltung aber in Kommunisten und Sozialisten erscheint als Hauptgrund dafür, daß der politische Sieg über die bürgerlichen Parfeien Westeuropas noch nicht erreicht wurde. Hie Schuld an dieser Spaltung wird im wesentlichen — wenn auch nicht ausschließlich — den „rechten" sozialdemokratischen Führungen angelastet. Zwar wird unterschieden zwischen solchen Führern, die auf selten des Monopolkapitals bzw.des Imperialismus stehen und solchen, die Rücksicht auf die Forderungen der Volksmassen nehmen doch herrsche im allgemeinen der rechte Flügel vor. Diesen „rechten" Führern wird vorgeworfen, sie seien in ein Abhängigkeitsverhältnis zur monopolkapitalistischen Ordnung geraten, sie strebten überhaupt keine sozialistische Ordnung mehr an, sondern eine Verfestigung der existierenden Gesellschaft, und sie zeigten das Bestreben, die Werktätigen zur Kapitulation vor den Monopolen zu bringen Sie seien voll in das System integriert und damit Verbündete und Gesinnungsfreunde der Bosse der Schwerindustrie geworden. Mehr als einzelne verbale Ausfälle gegen den Kapitalismus seien hier nicht zu erwarten. Der Imperialismus benutze diese bürgerlichen Reformisten und Opportunisten, um die Arbeiterbewegung von innen her zu spalten Damit seien sie nun in einen eklatanten Gegensatz zu den Interessen ihrer Mitglieder und der Masse der werktätigen Bevölkerung geraten Hier liegt auch der tiefere Grund dafür, daß man einerseits von der Sozialdemokratie als einer realen Kraft mit traditioneller Massenbasis spricht, während andererseits die weitgehende Erfolglosigkeit sozialdemokratischer Politik immer wieder betont wird.

Statt die Gesellschaft zu verändern, hätten sich im Laufe der Zeit die sozialdemokratischen Parteien geändert, und ihre Führer seien Teil des Establishments geworden. Solche politischen Positionen und Handlungen, die man von sowjetischer Seite positiv beurteilt, werden stets auf den Druck von unten, d. h. von Mitgliedern der Partei, von Seiten der Gewerkschaften, der Jugend und der Intelligenz, zurückgeführt. Deren permaneht wachsendem Einfluß und dem Wirken des linken Flügels wird es zugeschrieben, daß einzelne Parteien in manchen Fragen dann doch eine fortschrittlichere Haltung bezeugen: Sie müssen einfach mit den grundlegenden Veränderungen rechnen, die in der Öffentlichkeit vor sich gehen. Nach dem Kriege etwa seien Antikommunismus und Atlantismus noch das A und O der meisten sozialdemokratischen Führer gewesen. Das habe sich mit Beginn der sechziger Jahre allmählich gebessert, wenn auch nach wie vor die Kommunisten noch als Feind Nr. 1 gälten und das NATO-Bündnis hochgehalten werde. Und der Prozeß der Differenzierung gehe weiter: In der Außenpolitik gäbe es immer mehr Elemente des Realismus und auch in bezug auf die Zusammenarbeit mit Kommunisten habe es gegenüber dem Sozintern-Kongreß vom Juni 1969 Fortschritte gegeben.

Die größte Schwäche der sozialdemokratischen Führungen wird darin gesehen, daß sie es nicht geschafft haben, zu einer echten Weltbewegung zu werden und daß sie sich regelmäßig unfähig zeigten, die einmal errungene staatliche Macht auch zu behaupten. Altpublizist Ernst Genri zieht 1969 einen historischen Vergleich zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten hinsichtlich Mitglieder-entwicklung, Größe der beherrschten Territorien und der durchgesetzten Veränderungen. Er kommt dabei zu dem Schluß: „Die Sozialdemokratie hat in diesem halben Jahrhundert nichts Großes geschaffen. Sie hat keine großen Revolutionen durchgeführt und keine großen Staaten aufgebaut, sie gab den Menschen keine großen Ideen: Sie ist unfruchtbar" Und: „Sozialdemokratische Regierungen . . . kommen und gehen . . . Der Staat bleibt in den Händen der Bourgeoisie" Diese Unfähigkeit wird im wesentlichen auf drei Ursachen zurückgeführt. So hat sich die Sozialdemokratie dadurch, daß sie die staats-monopolistische Expansion mit unterstützte, selbst jeder Möglichkeit beraubt, in den Staaten der Dritten Welt eine Basis zu finden. Deshalb blieb sie im großen und ganzen auf Europa beschränkt. Weiter hat sie zugelassen, daß eine Anzahl sozialer Errungenschaften zum Verdienst der herrschenden Klasse erklärt werden konnten: „Wenn die Bourgeoisie gezwungen ist, gewisse Zugeständnisse zu machen, so kann dies bei einem Teil der Werktätigen reformistische Illusionen erwecken lind dadurch die Wahlbasis der sozialdemokratischen Partei erweitern. Doch diese selbe Politik nimmt der Sozialdemokratie das Monopol auf Reformen, gestattet den bürgerlichen Parteien, im Kampf um den Masseneinfluß erfolgreich mit ihr zu konkurrieren" Am nachhaltigsten ist aber diese Uhfähigkeit und Erfolglosigkeit in der Aus-i mit dem Monopolkapital im Zusammenhang mit dem größten politischen Fehler der SP-Führer zu sehen, mit ihrer antikommunistischen Haltung nämlich, die sich sowohl gegen die einzelnen kommunistischen Parteien als auch gegen das sozialistische Lager als Ganzes richtet. Und gerade in bezug auf diese sozialistischen Staaten blieb die Sozialdemokratie hinsichtlich der elementarsten Objektivität sogar noch hinter der bürgerlichen Presse zurück. Auf diese Weise hat sie sich eines Bündnispartners beraubt und somit, ob sie es wollte oder nicht, die Position des Monopolkapitals gefestigt. Durch ihren Antikömmuhismus wurden die rechten Führer so zu Gefangenen des Imperialismus

Spätestens seit dem Kongreß der sozialistischen Internationale im April 1972 in Amsterdam sieht man jetzt jedoch in der Sowjetunion auch positive Veränderungen und Tendenzen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Es wird mehrfach hervorgehoben, daß auf dieser Tagung die Haltung zu den Kommunisten zur internen Angelegenheit der einzelnen SP erklärt wurde, während man 1969 noch eine Resolution gegen ein Zusammengehen mit Kommunisten verabschiedet hatte. Eine solche Zusammenarbeit erscheint den sowjetischen Führern ohne Einschränkungen allerdings nur auf der internationalen Ebene möglich. Insofern ist ihre Einstellung gegenüber den Sozialdemokraten seit Jahren unverändert geblieben: Einerseits außenpolitische Kooperation, andererseits kompromißloser ideologischer Kampf gegen den Sozialdemokratismus, Reformismus, Opportunismus oder welche Bezeichnung man auch immer wählt. Diese Position ist in den letzten Jahren auch von Parteichef Brehsnejw so zum Ausdruck gebracht worden, wobei er in letzter Zeit die SPD in diesem Zusammenhang beispielhaft erwähnt. Durch eine derartige Zusammenarbeit in der Außenpolitik würden auch die Positionen der sozialdemokratischen Parteien in ihren jeweiligen Ländern gestärkt 2. Vom „Zwillingsbruder des Faschismus" zum „Zwillingsbruder der CDU". Bei der Diskussion um die Ostpolitik der SPD wird nicht selten außer acht gelassen, daß diese Partei den sowjetischen Führern lange Zeit als ihr gefährlichster Feind erschienen ist. Eine Darstellung des heutigen Bildes von der SPD kann deshalb nicht darauf verzichten, auch die Konturen dieses vergangenen Bildes nachzuzeichnen. Ebenso wie der geopolitische ist auch der historische Bezug unverzichtbar, wenn man genau verstehen will, welchen Stellenwert die SPD heute für die sowjetische Politik hat.

Im vergangenen Jahrhundert hatte die SPD den russischen Sozialisten und besonders den Bolschewiken als Vorbild gedient. Sie war die größte aller Arbeiterparteien, ihre Mitglieder waren äußerst diszipliniert, sie besaß das höchste theoretische Niveau, und ihr Organisationsvermögen war unerreicht. Es mußte beinahe aussichtslos erscheinen, unter russischen Bedingungen eine vergleichbare Partei aufzubauen. Das Vorbild der deutschen Sozialdemokratie auf russische Verhältnisse übertragen, das hieß vor allem für den späteren Führer der Bolschewiken, Vladimir Lenin, die Momente Disziplin und Organisationsfähigkeit von den Deutschen zu übernehmen. Auf die Massenbasis kam es dabei nicht so sehr an. Schon gar nicht, wenn eine Vielzahl von Mitgliedern einen Verzicht an Disziplin und an Schlagfertigkeit zur Folge hatte. Den deutschen Sozialdemokraten nachzueifern hieß für ihn unter den russischen Bedingungen, zunächst eine disziplinierte Kaderpartei von Berufsrevolutionären aufzubauen, die über einen hohen Grad an Organisiertheit verfügte und nur durch verschiedene Transmissionsriemen mit den Arbeitermassen verbunden war. Daß sich nach der Spaltung der SDPR (russ. Sozialdemokratie) im Jahre 1903 die SPD und ihre Presse auf die Seite der Menschewiken und nicht hinter seine Gruppe stellte, ist für ihn offensichtlich eine große Enttäuschung gewesen, verstand er sich doch gerade als den konseguentesten Verfechter der Ideen der deutschen Sozialdemokratie. Von nun an wandelte sich seine Einstellung zu ihr, und er begann, das „Philistertum" in der deutschen Partei zu kritisieren, er sprach von ihnen als „Pseudosozialdemokraten" und ihre Führer nannte er „Lakaien der imperialistischen Bourgeoisie" Schließlich sah er in ihr nur noch das „opportunistische Geschwür", das zugleich mit der Bourgeoisie zerschlagen werden mußte, wenn die Revolution Erfolg haben sollte Auch viele andere prominente Bolschewiken teilten diese seine Auffassung, und besonders scheint Josef Stalin von seiner Sicht beeinflußt worden zu sein. Im gleichen Maße, wie Stalin in der eigenen Partei an Einfluß gewann, galt die SPD-Führung in der Weimarer Republik den sowjetischen Kommunisten als der Haupt-feind schlechthin. Einerseits vertrat diese ja — im Gegensatz etwa zur deutschen „Rechten" — in der deutschen Außenpolitik eine konsequent antisowjetische Linie, andererseits war sie einer der Grundpfeiler der bürgerlichen Republik. So wie für Stalin die Nazibewegung das Terrorinstrument der Bourgeoisie zur Aufrechterhaltung ihrer Macht in einer unstabilen Situation war, so war ihm die SPD-Führung das Instrument der Bourgeoisie zur Spaltung der Arbeiterklasse. Nationalsozialisten und Sozialdemokraten erschienen aus dieser Denkweise heraus folgerichtig als Verbündete mit verteilten Aufgaben, sozusagen als politische „Zwillingsbrüder". „Die Sozialdemokratie ist objektiv der gemäßigte Flügel des Faschismus", schrieb er Und dementsprechend hatte die KPD der Weimarer Republik die SPD, die „Sozialfaschisten", als ihren Hauptfeind zu sehen und als Haupthindernis fortschrittlicher Veränderungen zu bekämpfen, während zugleich die Nazis, die „Nationalfaschisten", als das vergleichsweise kleinere Übel erschienen

Auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die westdeutsche Sozialdemokratie, nachdem die Schumacher-Führung den Zusammenschluß mit den Kommunisten abgelehnt hatte, überwiegend als Gegner angesehen. Die Ablehnung der Westintegration der BRD und der Kampf gegen eine nukleare Aufrüstung insbesondere von selten der Ollenhauer-Führung brachte dann aber hier wesentliche Modifizierungen. Sowohl auf dem XX, als auch auf dem XXL Kongreß der KPdSU sprach sich Chruschtschow für die Aktionseinheit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten aus. Erst nachdem die Gruppe um Brandt die SPD-Führung übernommen hatte, sah man diese wieder ausschließlich als Feind an. Willy Brandt galt der Sowjetunion nämlich als Repräsentant des äußersten rechten Flügels der Partei, als Vertreter ihrer reaktionärsten Kräfte und Verfechter der antisowjetischen Linie. Diese Brandt-Gruppe, so erwartete man, werde die Partei ins Lager des Militarismus und des Imperialismus führen. Das Godesberger Programm bedeutete daher die Abwendung von Marxismus und Klassenkampf. Die Partei stellte sich als Volkspartei und nicht mehr als Arbeiterpartei dar, und das war gleichbedeutend mit dem endgültigen Übergang ins Lager der Bourgeoisie. Nur an einer Front kämpfte die SPD mit Entschlossenheit weiter, nämlich gegen die Kommunisten. Die Haltung der Oppositionsführung in der Bundestagsdebatte vom 30. Juni 1960 schließlich wurde als die vollständige und endgültige Kapitulation vor der CDU, als die offene Unterwerfung unter die Adenauerpolitik verstanden. Diese Politik schien gegen den Willen der Mitglieder-mehrheit gemacht zu werden und wurde sowjetischerseits damit erklärt, daß Parteibürokratie und Parteiführung immer enger mit den Monopolen und dem Staat zusammenwüchsen. Insbesondere die eigentliche Partei-spitze sei mit den Monopolen persönlich verflochten und erhalte von hier riesige Summen für die Abkehr vom Sozialismus. Als typischer Vertreter derartiger karrieristischer Elemente wurde Parteiführer Brandt genannt Er und seinesgleichen stellten mit ihrem Kurs die Fortexistenz der SPD als selbständige Kraft in Frage und schienen die Partei in die Katastrophe zu führen. Unter seiner Führung sei sie in eine „Volksausgabe der CDU" umgeformt worden in einen „Zwillingsbruder der CDU" Da nun die Entwicklung der Bonner Republik und die Politik ihrer „herrschenden Kreise" des öfteren im Vergleich zur Weimarer Zeit gesehen und bei solchen Betrachtungen stets die Parallelen herausgearbeitet wurden, liegt die Vermutung nahe, hier auch eine Parallele in der sowjetischen Perzeption zu sehen. In der Folgezeit konstatierte man jedenfalls entsprechend den eigenen Erwartungen einen weiteren Rechtskurs der SPD. Der Eintritt in die Regierung der „Großen Koalition" wurde als konsequente Fortsetzung dieses Kurses verstanden. Die Brandt-Wehner-Gruppe erwies sich damit sogar als Retter der CDU und ihres reaktionären Kurses in einer für die CDU nahezu auswegslosen Krise Nicht genug damit, habe die SPD-Führung für die Regierungsbeteiligung auch noch einen Einstandspreis, die Annahme der Notstandsgesetze, bezahlen müssen, wodurch entscheidende SPD-Positionen geschwächt worden seien. In der Folgezeit beobachtete man, wie sich anscheinend dieser rechte Flügel, der die Macht in der Partei usurpiert hatte, nicht seinen Mitgliedern und Wählern, sondern seinem Koalitionspartner gegenüber loyal verhielt Immer wieder wird die Abhängigkeit der Parteispitze vom Monopol-kapital, ihre revanchistische und antisozialistische Haltung und ihre Gewerkschaftsfeindlichkeit in dieser Zeit hervorgehoben. 3. Die „Realisten". Mit der Veröffentlichung von Willy Brandts Buch „Friedenspolitik in Europa" beginnt dann allmählich eine andere Einschätzung. Sie beginnt sehr allmählich, sehr zögernd, und es wird zunächst noch davon gesprochen, daß die in diesem Buche angedeuteten Kompromisse letztlich doch auf den revanchistischen Kurs der CDU hinausliefen, doch wird Brandt jetzt als „gemäßigt" bezeichnet, und es werden ihm „gewisse Elemente von Realismus" bescheinigt. Er habe jedoch keinen Einfluß auf die praktische Politik Die im Wahlkampf gemachten Aussagen der SPD werden zunächst noch für ein Mittel gehalten, mehr Stimmen zu bekommen. Tatsächlich sei die Partei nur zum Schein Anhänger einer Entspannung, was schon daraus hervorgehe, daß die SPD die außenpolitischen Initiativen der Freien Demokraten ablehne Und in der Innenpolitik werde weiter eine gewerkschaftsfeindliche Politik betrieben. Die SPD-Führer wollten hier zum Nutzen der herrschenden Kreise die CDU sogar rechts überholen In Wirklichkeit seien sie gar keine richtigen Sozialisten, denn sie hätten die Waffen vor dem Monopolkapital gestreckt und das sozialistische Ziel völlig aus dem Auge verloren. Das werde schon an der un-, verändert antikommunistischen Haltung deutlich

Bei der Kommentierung des Bundestagswahl-ergebnisses 1969 wird dem außenpolitischen Programm der Partei ein erheblicher Anteil zugemessen, doch hätte die SPD noch besser abschneiden können, wäre sie nicht mit der CDU zusammen in der „Großen Koalition" gewesen Die Regierungserklärung von Brandt wird zurückhaltend beurteilt. Das seien allgemeine Erklärungen, aber noch keine Garantie für eine friedliche Entwicklung der Bundesrepublik. Man entdeckt Diskrepanzen zwischen Wort und Tat, politische Inkonsequenzen, Unlogik, und es wird bemängelt, daß wichtige Fragen offengeblieben seien. Erst die Zukunft werde zeigen, schreibt Besymenski, was realisiert werde

Die Haltung der Parteiführung wird bis zur Unterzeichnung des Moskauer Vertrages im August 1970 abwartend-skeptisch beurteilt. Auf der einen Seite sieht man ein Bestreben der Regierung, unter dem Druck objektiver Notwendigkeiten ihre Außenpolitik mit den Realitäten irgendwie in Einklang zu bringen, auf der anderen Seite gebe sie aber immer wieder dem Druck der Reaktion nach, wodurch sie die eigenen positiven Ansätze zunichte mache Die Begegnungen zwischen Brandt und Stoph scheinen zu bestätigen, daß die Regierung noch weit von einer wirklich realistischen Position entfernt sei Auch innenpolitisch werden von dieser Führung keine durchgreifenden Veränderungen oder sozialpolitische Verbesserungen erwartet; der antikommunistische Kurs dauere an und die Nutznießer dieser ganzen Politik seien letztlich die westdeutschen Monopole Die von Daniil Melnikow Anfang 1970 aufgeworfene Frage, ob die SPD möglicherweise noch weiter nach rechts gehen werde, wird wenig später von SED-ZK-Sekretär Albert Norden in einem Aufsatz in der „Neuen Zeit" beantwortet: Ja, die SPD s e i bereits noch weiter nach rechts abgewichen und fest in das monopolkapitalistische System integriert

Erst nach der Unterzeichnung des Moskauer Vertrages hält man einen wirklichen Umschwung in den Beziehungen zwischen der UdSSR und der Bundesrepublik Deutschland für wahrscheinlich, doch finden sich auch jetzt noch gewisse Vorbehalte. Das endgültige Urteil hänge davon ab, daß der Vertrag auch tatsächlich ratifiziert und schließlich mit Leben erfüllt werde. Doch sei jetzt schon festzustellen, schreibt Lew Besymenski im Herbst 1972, daß gewisse Veränderungen eingetreten seien, die auch von fast jedem seiner Gesprächspartner in Westdeutschland ausdrücklich begrüßt würden Von nun an wird die Politik der westdeutschen Regierung stets als „realistisch" bezeichnet. Das gilt jedoch nur für die Außen-, nicht für die Wirtschafts-und Sozialpolitik und auch nicht für die Militär-politik In diesen Bereichen zeige sich deutlich, daß die SPD-Führung nicht mehr an Reformen sondern an der Zusammenarbeit mit den Monopolen interessiert sei. Da die Führung zugleich an ihren alten antikommunistischen Positionen festhalte, stärke sie so die Reaktion im Lande. Das habe jedoch innerhalb der Partei zu einer Differenzierung und Polarisierung geführt, denn die linken Kräfte in der SPD sähen die innenpolitische Lage weitaus realistischer als die Führer. Diese aber glaubten, sie müßten die Progressiven in den eigenen Reihen bekämpfen. Die CDU habe das schnell gemerkt und nütze es für ihre Zwecke aus Aber auch im außen-politischen Bereich gibt es nach wie vor von sowjetischer Seite manches zu bemängeln. Vor allem wird der Bundesregierung mangelnde Zielstrebigkeit und Konsequenz vorgeworfen. Mit ihrer Ostpolitik habe sie sich mehr außenpolitische Manövrierfähigkeit verschafft, und zwar auch gegenüber den USA. Trotzdem laufe die tatsächliche Linie auf ein weiteres enges Bündnis mit den USA hinaus, Zugleich versuche man aber auch die „europäische Orientierung" zu verstärken, um die Position der westdeutschen Monopole zu verbessern. Helmut Schmidt gilt hier als der Vermittler zwischen „Atlantismus" und „Europäismus". Seine Konzeption laufe auf eine Erweiterung der NATO durch Einbeziehung möglichst aller westeuropäischen Länder hinaus. Er wolle so West-Europa in eine Filiale der NATO mit starkem westdeutschem Einfluß umwandeln Die Kritik an der Westpolitik der Bundesregierung tritt aber zurück hinter der Zustimmung, die ihre Ostpolitik findet. Im Herbst heißt es, man könne jetzt bereits sagen, daß der Machtantritt der Koalition zu einem nüchternen Herangehen an die Realitäten des heutigen Europa geführt habe. Dadurch seien die weiteren Aussichten für eine friedliche Zusammenarbeit so günstig wie noch nie zuvor Immer wieder wird jetzt die Klimaverbesserung in Europa betont und die Tatsache hervorgehoben, daß dieser Kurs der Regierung Brandt/Scheel die Zustimmung sowohl des Auslandes als auch der westdeutschen Bevölkerung findet. Selbst viele „Großkopfete“ billigten diese Politik, eine Politik ohne Drohung mit Krieg, die die Konfrontation durch Kooperation ersetze

Im Frühjahr 1972 wird Bundeskanzler Brandt unter Berufung auf M. S. Suslow (nächst Breshnejw das hierfür kompetenteste Politbüro-mitglied) wiederum ausdrücklich sein Realismus bei der Einschätzung der Lage in Europa bescheinigt. Und zehn Wochen später erklärt ihm Lew Besymenski in einem Gespräch, daß seiner Meinung nach die Veränderungen in der Politik der BRD unverrückbar seien, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil diese Entwicklung von der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit ganz entschieden unterstützt würde Die letzten achtzehn Monate seien eine Zeit tiefen Umdenkens in der Öffentlichkeit gewesen. Es sei sogar so, schreibt er wenig später, daß die öffentliche Meinung der westdeutschen Bevölkerung der diplomatischen Praxis hinsichtlich der DDR voraus sei, und die Vertragsideen-fänden darüber hinaus Anerkennung in allen Schichten auch der anderen westeuropäischen Länder Kurz vor der Wahl äußert sich auch Leonid Breshnejw befriedigt über die geschaffene Vertrauensbasis mit der westdeutschen Sozialdemokratie, fügt jedoch hinzu, daß die ideologischen Plattformen nach wie vor völlig verschieden seien und es auf diesem Gebiet keine Zusammenarbeit geben könne Diese Einstellung gegenüber der SPD wird auch in der Partei-zeitung Prawda im einzelnen dargelegt: Die Veränderungen der sozialdemokratischen Positionen seien nur außenpolitischer Natur. Sie bedeuteten nicht, daß man sich auch auf anderen Lebensgebieten den Erfordernissen der Zeit angepaßt habe. Teilweise halte man hier an überholten Vorstellungen fest. Auch der Realismus der Regierung Brandt/Scheel begrenze sich auf die Außenpolitik und sei vornehmlich auf den Druck von unten, von den Massen her, zurückzuführen. Eigenartigerweise habe sich in der Bundesrepublik auf der Rechten aber auch auf Seiten von SPD-Anhängern die Meinung verbreitet, die SPD steuere einen Linkskurs. Das sei jedoch ganz und gar unrichtig. Nach dem Kriege sei die SPD wohl zunächst eine Arbeiterpartei gewesen, doch seit 1959 habe sie sich zu einer prokapitalistischen Partei entwickelt, hier habe auch die Machtübernahme 1969 keine prinzipielle Änderung gebracht. Die Partei arbeite den herrschenden Kreisen, den Kapitalisten, in die Hände. Das habe ganz deutlich der Parteikongreß in Dortmund gezeigt. Dort sei nicht eine einzige Maßnahme gegen die Interessen des Kapitals beschlossen worden, wohl aber Maßnahmen gegen solche Sozialdemokraten, die mit Kommunisten zusammenarbeiten wollten. Es könne keine Rede davon sein, daß die SPD einen Linkskurs steuere, sie sei keine revolutionäre Partei Und durch die Koalition mit der FDP würden die Interessen der Monopole in nicht geringem Maße gewahrt

Ungeachtet der negativen Stellungnahmen zur Innenpolitik der SPD-Führung wird ihr außenpolitischer Realismus immer wieder betont und mit einer Politik der Vernunft gleichgesetzt. Auch Breshnejw äußert sich kurz vor dem Jahresende erneut in diesem Sinne Es ist aber sicherlich sehr wesentlich zu sehen, daß das Attribut „realistisch" in diesem Zusammenhang nicht nur einen positiven Wertakzent hat. Mit dem Begriff „Realismus" ist zugleich auch eine kritische Distanzierung verbunden. Es soll damit ausgedrückt werden, daß die außenpolitische Orientierung der Parteiführung, der Kurs auf Verständigung mit dem Osten, keine typisch sozialdemokratische Politik ist und keine historischen Wurzeln in der früheren Haltung der SPD hat. Der Realismus der Partei kam nicht durch eine grundsätzliche Umorientierung sozialdemokratischer Denkweisen zustande. Er ist weiter nichts als die Einsicht in eine veränderte außenpolitische Situation. Und diese Einsicht kam vornehmlich daher, daß die Parteiführer die Meinungen ihrer Mitgliedschaft und die veränderten Stimmungen bei der westdeutschen Bevölkerungsmehrheit berücksichtigen mußten 4. Die Bundestagswahl 1972: „Zufallssieg“ oder neue Ära? Schon lange vor den Wahlen war auf sowjetischer Seite des öfteren hervorgehoben worden, daß die Bevölkerung der Bundesrepublik der Regierung zunehmende Sympathie entgegenbrachte. Das wurde überwiegend auf die Außenpolitik der Koalition bezogen, die die BRD vor der Isolierung bewahrt und ihr mehr internationales Ansehen gebracht habe. Die Menschen in der Bundesrepublik seien für Entspannung, für Zusammenarbeit und daher für die Verträge von Moskau und Warschau. Da nur eine Fortsetzung der existierenden Koalition auch eine Fortsetzung dieser Politik garantiere, seien Brandt und seine Regierung beim Volke beliebter als die Opposition und ihr Führer Barzel. Auf Grund dieser Lage wurden die Aussichten der Koalition bei der Bundestagswahl von Anfang an überwiegend positiv beurteilt. Zwar sei das innere Reformprogramm der Regierung ein Programm der Halbheiten und Widersprüche, und auch die Wirtschaftspolitik der SPD diene nicht den Interessen der Werktätigen. Das könne die CDU ausnützen. Auch versuchten die SPD-Führer offensichtlich zu beweisen, daß sie noch bessere Antikommunisten als die Opposition seien. Trotzdem habe die Politik der Vernunft und des Realismus am 19. November gute Chancen '

Gerade diese Politik war es aus sowjetischer Sicht gewesen, die die Regierung um ihre Mehrheit gebracht hatte. Einige Abgeordnete, die sich außenpolitischen Veränderungen widersetzten und zur Vergangenheit zurückkehren wollten, hatten die Koalition verlassen und dadurch die vorzeitige Neuwahl des Parlamentes notwendig gemacht. Der Wahlsieg der SPD schließlich wird auf mehrere, in unterschiedlicher Weise bedeutsame Faktoren zurückgeführt. Da ist zunächst einmal die Außenpolitik, die als wichtigster Faktor für den unerwartet hohen Sieg der Partei Willy-Brandts angeführt wird. Die meisten Experten hätten sich in der Einschätzung des außenpolitischen Momentes für die Wählerentscheidung vertan. Wesentlich mehr Menschen, ‘als man so gemeinhin annahm, hätten diese Entwicklung aufmerksam verfolgt. Um die Fortsetzung dieser Politik sicherzustellen, hätten viele von diesen nicht so sehr für die Koalitionsparteien als vielmehr gegen die CDU/CSU gewählt. Hier wird insbesondere die sozial heterogene Schicht all der Menschen genannt, die Verwandte in der DDR haben und deshalb an einem Erfolg der Regierungspolitik interessiert waren., Weiter konnte sich die SPD auf die Mehrheit der Arbeiterschaft, der Intelligenz und der Studentenschaft stützen. Besonders wichtig und auch für die Zukunft bedeutsam sei aber das Votum der jungen Wähler, der Erstwähler gewesen. Als ein weiterer wichtiger Faktor werden die strukturellen Veränderungen in der soziologischen Struktur der westdeutschen Gesellschaft gewertet, die soziale Polarisierung, die sich in einer Zunahme der Unselbständigen und zugleich tendenzieller Abnahme der Selbständigen ausdrücke. Und schließlich wird die Unterstützung genannt, die die westdeutschen Kommunisten der Regierungspolitik angedeihen ließen, indem sie nicht so sehr um Stimmen für die eigene Partei warben, sondern dafür, daß die Außenpolitik der Regierung fortgesetzt werden sollte Alle diese Gegebenheiten führten zum Wahlsieg der Koalition, zu dem bemerkenswerten Umschwung, der nicht zuletzt darin seinen Ausdruck fand, daß die SPD zum erstenmal in der Geschichte der Republik stärkste Partei und stärkste Fraktion wurde. „Dieser Umschwung wird durch eine allgemeine Linkstendenz der Massen charakterisiert, durch eine Verstärkung der antimonopolistischen Bewegung, durch das Wachstum politischer Aktivität breiter Schichten der Bevölkerung, besonders der jungen Generation der Bürger der BRD, durch das Suchen nach neuen Lebensperspektiven. Infolgedessen sind die Ursachen für die geschehenen Veränderungen tiefergehend als eine einfache Verschiebung im Verhältnis der Parlamentssitze. Die Ergebnisse der Wahlen haben nicht nur die Niederlage der Reaktion fixiert, sondern sie legen Zeugnis ab vom Entstehen eines neuen politischen Kräfteverhältnisses im Staate"... „In diesem Sinne waren die Wahlen 1972 eine Art endgültiges Begräbnis der Ära Adenauer'" 5. Die Zukunft der SPD Da die Veränderungen in der soziologischen Struktur weitergehen werden, wird erwartet, daß die SPD ihre Positionen noch festigen kann. Eine innenpolitische Orientierung der Partei nach rechts wird zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht erwartet, da sie ja gerade bei dieser Wahl erfahren habe, daß die Betonung der „Arbeitnehmerpartei" so erfolgreich war. Aber auch eine politische Schwenkung nach links wird nicht für wahrscheinlich gehalten. Grundlegende Reformen seien von dieser Partei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Alle vorgesehenen Reformen, selbst wenn sie zur Durchführung kommen, würden nur die gesellschaftliche Oberfläche tangieren, das sei alles. Wohl aber wird zuversichtlich erwartet, daß der realistische außenpolitische Kurs fortgesetzt wird. Für die Fortsetzung dieser Politik sprechen gleichermaßen objektive außenpolitische Umstände wie auch die Popularität, die diese Politik bei der Bevölkerung und bei der eigenen Mitgliedschaft genießt. Und gerade mit ihrer Außenpolitik hatte sich die Regierung Brandt ja so erfolgreich von der Opposition abheben können, während sie auf innenpolitischem Gebiet eher eine Art „bessere CDU" war.

All diese Faktoren sind zwar noch keine Garantie für einen Wahlsieg 1976. Trotzdem gilt eine weitere Erstarkung der SPD angesichts der gegebenen und fortwirkenden Umstände als wahrscheinlich. Die Festigung der politischen Position der SPD erscheint auch wesentlich mitbedingt durch das Versagen der CDU, das zum Teil als eine Folge des Nieder-ganges der christlichen Demokratie in ganz Westeuropa gesehen wird

Was die innere Entwicklung der Partei angeht, so werden hier verschärfte Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Strömungen erwartet. Vornehmlich die rechten Elemente dürften ihre Aktivität verstärken, da sie unzufrieden seien mit den Versprechungen, die man während des Wahlkampfes den Arbeitern gemacht hatte. Im Bereich der Sozialpolitik, aber auch in einigen anderen innenpolitischen Bereichen, werden zudem zunehmende Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner, den freien Demokraten, für möglich gehalten, deren Interessen nur in der Außenpolitik mit denen der SPD völlig übereinstimmten. Innenpolitisch sei jedoch die Interessenlage der FDP in vielen Fragen von der der Sozialdemokraten deutlich verschieden

Die F. D. P.

Die Bonner Regierungskoalition erscheint aus sowjetischer Sicht vor allem als eine Funktion des Wesens und der Politik der westdeutschen Sozialdemokratie. Die FDP erscheint demgegenüber von nur geringer Bedeutung, wenn auch ihre führenden Repräsentanten häufig mit erwähnt werden. Von 1969 bis 1972 ist diese Erwähnung zunehmend mit einer positiven Einschätzung verbunden. Es gibt jedoch keinen Aufsatz oder Artikel, der sich speziell mit dieser Partei befassen würde. Daher soll auch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur relativ kurz auf das Wesen und die Politik der FDP eingegangen werden, wie sie sich dem sowjetischen Beobachter darstellt. 1. Die „alte" FDP Vor allem die außen-und ostpolitischen Initiativen dieser Partei fanden in der Vergangenheit große Aufmerksamkeit. Hier ist insbesondere die Person Botschafter Pfleiderers zu nennen und das frühzeitige Bestreben einer Anzahl von Freien Demokraten, die Beziehungen mit den sozialistischen Ländern zu normalisieren. Da diese Bestrebungen aber früher mit einer Politik gegen den europäischen Status quo verbunden waren, erschienen sie stets als inkonsequent und irgendwie verwirrend. Die Ursache für die spezifische außenpolitische Profilierung der FDP wurde darin gesehen, daß sie vornehmlich die Interessen derjenigen westdeutschen Konzerne vertrat, die weniger mit dem US-Kapital ver-bunden waren, aber auch die Interessen einer ganzen Anzahl von mittleren und kleinen Unternehmern, die ebenso wie diese Konzerne mit einer Ausweitung des Osthandels große Hoffnungen verbanden. Im übrigen galt sie jedoch als eine rein kapitalistische Partei. Ihre wichtigste Aufgabe für die großen westdeutschen Monopole wurde darin gesehen, daß sie im Falle eines Versagens der CDU gewissermaßen als Reservepartei deren Rolle hätte übernehmen sollen. 1961 etwa habe sie den Fortbestand der Regierung Adenauer gesichert. In den folgenden Jahren wird aber dann mehrfach festgehalten, daß die Partei zusehends an Bedeutung verliere. Sie gilt weiter als kapitalistisch, revanchistisch und antikommunistisch, doch wird die Rolle der „Reservepartei der Monopole" schließlich der NPD zugesprochen Von P. Naumow wird sie 1968 wie folgt charakterisiert: „Die FDP ist eine bürgerliche Partei, die ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrem ideologisch-politischen Profil nach sehr bunt ist. Unter ihren führenden Funktionären findet man alte deutsche Liberale neben Vertretern der Monopole, ehemaligen Wehrmachtsoffizieren und früheren Naziideologen". Mit der Begründung, daß sie zunehmend an Bedeutung verloren habe, verzichtet er auf weitere Ausführungen Bis zum Abschluß des Mos-kauer Vertrages wird die FDP dann recht ambivalent dargestellt. Vor der Bundestagswahl 1969 schreibt A. Jefremow von den verschwommenen bürgerlich-liberalen Losungen der Partei, erwähnt aber auch, daß sie etwas außenpolitische Initiative gezeigt habe Nach der Wahl heißt es bei Grigorianz, die Haltung der FDP sei eindeutig an den Realitäten orientiert, und Michailow führt das schlechte Abschneiden bei den Wählern ausschließlich auf . reaktionäre innenpolitische Aussagen'zurück Kurz danach hebt Melnikow hervor, daß die FDP bei der Revision der westdeutschen Außenpolitik noch weitergehen wolle als die SPD, während nach weiteren drei Monaten von der „Verschrobenheit der Haltung Scheels" in der Frage der DDR-Anerkennung die Rede ist Erst nach der Unterzeichnung des Vertrages im August wird die Politik der Partei und ihrer Führung ausnahmslos positiv dargestellt und immer wieder mit dem Parteivorsitzenden Scheel, aber auch mit den Namen Mischnick und Moersch verknüpft 2. Die „neue" FDP Die veränderte Einschätzung der Freien Demokraten findet ihre Bestätigung auf dem letzten Parteitag vor den Bundestagswahlen. Nunmehr sieht man den „Prozeß der Umorientierung" auf die linksliberalen Bevölkerungskreise und die Abwendung von rechts-radikalen Elementen als abgeschlossen an.

Sie erscheint jetzt als eine „bürgerliche Partei, die hauptsächlich auf Unterstützung des liberal gesinnten Teils der Kleinbourgeoisie, auf die Intelligenz und bestimmte Kreise des Großkapitals zählt, besonders derer, die an der Entwicklung des Osthandels interessiert sind und die weniger als andere Gruppen mit dem militärisch-industriellen Komplex verbunden sind". Man dürfe sie weder als . rechten Flügel'der SPD noch als . gemäßigt-liberale Fraktion'der CDU ansehen. Sie sei heute ein „selbständiges politisches Gebilde, dessen Existenz dem Charakter der gegenwärtigen sozialen und politischen Schichtung im Lande entspricht" Und es wird besonders betont, daß dieser Prozeß der Umorientierung, der auch mit erheblichen Veränderungen in der Mitgliedschaft verbunden war, der Partei nicht nur nicht geschadet, sondern genützt; habe, mehr noch, das sei die einzig mögliche Orientierung, die Erfolg verspreche. Damit seien auch die Prognosen, daß sich in der Bundesrepublik das Zweiparteiensystem durchsetzen werde, nicht bestätigt worden Für die Zukunft wird Kontinuität in der Außenpolitik und in dieser Beziehung auch Einigkeit mit dem Koalitionspartner erwartet. In der Innenpolitik könnte es zu Auseinandersetzungen zwischen den Regierungspartnern kommen, da die FDP die Interessen des Privateigentums in besonderem Maße vertrete. Schließlich habe sie vom Arbeitgeberverband erhebliche Mittel erhalten

Die CDU/CSU

1. Die „Partei des Monopolkapitals" als Regierungspartei Von jeher galt und gilt die CDU/CSU den sowjetischen Beobachtern als die Hauptpartei der Großbourgeoisie, der Arbeitgeber, der Monopole: Die Industriekonzerne, die Großbanken und die katholische Kirche sahen nach Kriegsende in ihr ein politisches Instrument, um ihre beherrschenden Positionen im Lande zu restaurieren. Mit Hilfe dieses Instrumentes gelang es dann auch tatsächlich, die Macht der besitzenden Klasse wieder herzustellen und deren Vermögen zu vervielfachen. Die eigentlich demokratischen Kräfte des neuen Staates konnten niedergehalten werden, während man zugleich eine neue Kriegsmaschine aufbaute, die mit dazu beitragen sollte, die revanchistischen Ansprüche dieser Klasse zu verwirklichen.

Als Bestätigung für den Charakter einer Arbeitgeberpartei wurden aber nicht nur die praktische politische Linie oder die verabschiedeten Programme gesehen. Hier wurde vor allem stets auf die enge personelle Verflechtung zwischen Partei und Großindustrie bzw. Hochfinanz hingewiesen. Diese Verflechtung erschien besonders in der Partei-spitze als deutlich ausgeprägt: Auf diese Weise hatten die großen Konzerne jederzeit unmittelbaren Zugang zu den führenden Parteigremien und konnten schon von hierher Einfluß auf die Regierungspolitik nehmen. Da die Partei als eine ausgeprägte Wählerpartei galt (Naumow 1968), kam es auf das Denken und Wollen der Mitglieder nicht so sehr an. Sie hatten dementsprechend nur wenig Einfluß auf die Politik. Andererseits wurde aber auch nicht übersehen, daß sich die Mitgliedschaft von jeher aus allen sozialen Schichten zusammensetzte. So wurde auch immer wieder auf den katholischen Arbeitnehmerflügel, auf die Sozialausschüsse, hingewiesen. Diesem „linken Flügel" der Partei wurde aber vornehmlich nur eine rein demagogische Funktion attestiert: Seine Aufgabe sei es, unter den Arbeitnehmern Wählerstimmen zu mobilisieren und den eigentlichen Kurs der Partei zu verschleiern. Eine ähnliche Funktion wurde auch der „Jungen Union" im Hinblick auf die westdeutsche Jugend zugesprochen. Wiederum ähnlich sei es mit dem christlichen Ideengut gewesen. Hier wurde von Zeit zu Zeit immer wieder auf die wechselseitige Verflechtung und Unterstützung zwischen Kirchen und Partei hingewiesen, wobei in erster Linie der katholische Klerus als einflußreich galt. Dem evangelischen Arbeitskreis innerhalb der Partei wurde wenig Einfluß auf die Politik, dafür aber eine den Sozialausschüssen und der Jungen Union vergleichbare demagogische Funktion zugeschrieben. Immerhin wurde dieser Arbeitskreis — von Schröder geführt — dann 1961 sogar als potentielle Quelle von Opposition innerhalb der Partei angesehen (Voslenskij). 1965 und auch noch 1966 wurde ziemlich häufig auf einen sinkenden Einfluß der Partei und zugleich auf ihre innere Zerrissenheit hingewiesen. Diese Aussagen finden sich in den beiden folgenden Jahren dann nicht mehr: Ausgerechnet die SPD-Führung habe der CDU durch den Eintritt in die Regierung der . Großen Koalition'aus der Patsche geholfen. Dafür wird 1967 und noch mehr 1968 öfter betont, daß jetzt der Einfluß der neoliberalen Kräfte im Sinken sei. Statt dessen habe das Prinzip der staatsmonopolistischen Regulierung an Boden gewonnen. Allgemein waren die wichtigsten Attribute, die der Partei in diesen Jahren zugeordnet wurden: restau-rativ, militaristisch, klerikal und immer wieder monopolkapitalistisch. Dieses letzte Moment trat besonders in der zweiten Jahreshälfte 1968 hervor, wo davon die Rede ist, daß die Vertreter der Monopole die Schlüsselpositionen innerhalb der Partei erobert hätten. Zwar wäre sie noch „nicht ganz" eine rein monopolistische Partei, doch sei sie jetzt „fast ganz" dem Einfluß der Monopole unterworfen. Mit der Erhard-Schröder-Konzeption von der „. formierten'Gesellschaft" habe man schließlich den Versuch unternommen, die CDU-Herrschaft und damit die Herrschaft der Monopole mit allen Mitteln möglichst dauerhaft zu zementieren: „Die . formierte Gesellschaft'mit den Notstandsgesetzen als Fundament ist eine neue Form der unumschränkten Diktatur der Großbourgeoisie" Die CDU habe damit zugleich die Rolle einer rechtsradikalen Partei übernommen; der NPD sei nur eine Alibifunktion bzw. die Rolle einer Reservepartei des Kapitals zuzusprechen. Die Alibifunktion der NPD wurde darin gesehen, daß allein die Existenz und die Propaganda dieser Partei es der CDU/CSU möglich machte, selbst immer weiter nach rechts zu wandern und dabei doch im Vergleich zur NPD als gemäßigt zu erscheinen. Sobald letztere um zwei Töne lauter werde, könne auch die CDU-geführte Regierung um einen Ton lauter werden, wobei die Entrüstung der Öffentlichkeit und des Auslandes wie durch einen Blitzableiter nicht auf die CDU, sondern auf die NPD gelenkt würde

Als . rechter Flügel'dieser nach rechts tendierenden Partei galt schon damals die CSU mit Franz-Josef Strauß an der Spitze. Er und seine „rechte Hand, Baron Guttenberg", wurden als Vertreter und Führer einer Gruppe in der Gesamtpartei angesehen, „für deren geistigen Vater man — bis zu seinem Tode — Konrad Adenauer hielt" über keinen anderen CDU/CSU-Führer wurde zwischen 1965 und 1968 auch nur annähernd soviel in der sowjetischen Literatur geschrieben wie über diese beiden. Wie heute so galt Strauß damals schon als Repräsentant der modernen westdeutschen — und hier vor allem der süddeutschen — Rüstungsindustrie, als Vertreter einer aggressiven Anti-Status-quo-Politik, als Symbol des deutschen Nationalismus und als Verfechter der „europäischen* Orientierung gegenüber der „atlantischen". Seine Bücher , The Grand Design'und , Entwurf für Europa'und sein Ausspruch vom . wirtschaftlichen Riesen, der ein politischer Zwerg'sei, fanden höchste Aufmerksamkeit. Das Gleiche galt auch für von Guttenberg und sein Buch . Wenn der Westen will'. Die politischen Aus-sagen sowie eine Vielzahl von Äußerungen beider Politiker ließen bei den sowjetischen Rezipienten den Eindruck entstehen, daß es sich bei dieser Gruppe nicht nur um die gefährlichsten Gegner der sowjetischen Interessen handele, sondern daß diese vielmehr durch Fehleinschätzung der realen Lage und durch Überschätzung der eigenen Möglichkeiten eine Katastrophe für die Welt heraufbeschwören könnte

Dieser Gruppe, die erklärte, daß „der zweite Weltkrieg noch nicht zu Ende" sei wurde die „regierende Spitzengruppe" in der Partei gegenübergestellt, die für eine proamerikanische Orientierung eintrat. Hierzu wurden vor allem die sogenannten Liberalen der Partei gezählt. Als deren führende Repräsentanten galten vor allem Erhard und auch Schröder. Im Unterschied zum rechten Flügel hieß es von diesen, sie wollten nicht eine gesamteuropäische Atomstreitmacht für die Durchsetzung der westdeutschen Interessen erreichen, sondern versuchten, diese Waffen von den USA direkt zu bekommen. Auch Kiesinger, der genau wie Erhard als unmittelbarer Vertreter des Großkapitals galt, gehörte hierher. Er habe jedoch nach Bildung der Regierung der . Großen Koalition den konservativen Kräften entgegenkommen müssen, indem er die Spannungen durch einen konsequenten Anti-Status-quo-Kurs wieder verschärfte 2. Die „Apologeten des Gestern" in der Opposition

Politische Funktion und Charakter der Partei werden auch nach der knappen Wahlniederlage von 1969 unverändert gesehen. Sie gilt wie zuvor als die Hauptpartei des Monopol-kapitals und der Bourgeoisie, von der sie entsprechende Unterstützung erhält Dieses Moment ist dem sowjetischen Leser durchweg vertraut, und so dürfte es diesen nicht überraschen, wenn etwa Besymenski während der Ereignisse, die schließlich zum konstruktiven Mißtrauensvotum hinführten, hervorhebt, daß die parlamentarischen Überläu-fer Industrielle und Großgrundbesitzer seien; zugleich weist er auf die Entwicklung eines militärisch-industriellen Komplexes in Westeuropa hin, mit dem die CDU/CSU-Führer eng liiert seien Von Zeit zu Zeit wird den Lesern auch der „revanchistische Charakter" der Parteiführung in Erinnerung gebracht, jedoch wird genau doppelt so oft auf die „reaktionäre" Haltung der Partei hingewiesen. Ihr wird eine „gestrige Mentalität" und „politische Verkalkung" bescheinigt; sie betreibe eine „Politik der Vergangenheit", die den Tendenzen in der öffentlichen Meinung zuwiderlaufe und sich im „Konflikt mit der Zeit" befinde Sie beschwöre immer energischer Adenauers Geist, und auch ihre jüngeren Führer wie Koppler oder Kohl unternähmen nichts, was die Partei in Richtung zu mehr Realismus führen könn Schon im Jahre 1971, ganz besonders aber 1972 wird die unrealistische und illusorische außenpolitische Position hervorgehoben. Der Partei fehle jeder Realitätssinn, sie hege völlig unbegründete Illusionen und sei dem Selbstbetrug verfallen Ihre Führer erscheinen als voreingenommene Leute, die vernunftwidrig und wirklichkeitsfremd einen aussichtslosen Kurs steuern, daran änderten auch teilweise positive Äußerungen nichts Es habe schon sehr, sehr lange gedauert, bis sie das ihnen verhaßte Wort, DDR'aussprechen lernten Weder das Programm noch die Politik oder die Taktik der CDU/CSU stimmten mehr mit der Realität überein

Diese Tatsachen, daß nämlich die Partei immer mehr in Widerspruch mit den Realitäten und zugleich damit auch zur Bevölkerungsmehrheit geriet, brachten es aus sowjetischer Sicht mit sich, daß die christlichen Demokraten zu immer unlautereren Methoden übergehen mußten. Das jedenfalls wird auch 1971, verstärkt aber 1972 von verschiedenen Autoren immer wieder herausgestrichen. Vor den Wahlen 1969 etwa wurde nur eher beiläufig einmal erwähnt, daß sich die CDU fälsch-licherweise für eine Partei der Mitte aus-gäbe. 1970 im Zusammenhang mit der Diskussion über die Ostverträge wird dann erstmals von Besymenski gesagt, daß die Reaktionäre und ihre Presse „immer mehr auf verschlungenen Wegen gingen" und sogar mit Falschmeldungen operieren müßten. Sie arbeiteten mit „Enten" und mit „Schmutzströmen von Verleumdungen", „schürten nationalistische Leidenschaften" und versuchten, die Bevölkerung in Panik zu versetzen Im Herbst 1970 heißt es, die Taktik der Opposition sei nicht mehr plump, sondern raffinierter und hinterhältiger geworden, während dann Anfang 1971 von mehrmaligem Wechsel der Taktik die Rede ist Die negative Darstellung in dieser Art nimmt 1972 quantitativ und qualitativ zu und damit zugleich das sowjetische Mißtrauen gegenüber den politischen Absichten dieser Partei: Sie schüre den Nervenkrieg mit alten Thesen, so daß man ihrer Versicherung, auch sie wolle eine Friedenspolitik, nicht trauen könne. Sie habe sich schon früher des Mittels der Tarnung bedient, jetzt sei ihre Politik aber so wirklichkeitsfern geworden, daß ihre Argumente kein Vertrauen mehr erwecken könnten. In Wirklichkeit wolle sie nur die Öffentlichkeit mit „Scheinargumenten" bluffen und den Bürgern Angst einjagen. Um ihre Kalte-Kriegs-Politik durchzusetzen, sei ihr kein Mittel zu schlecht. Sie arbeite mit „Geheimmachenschaften recht zweifelhafter Art", mit Verleumdungen und mit Hetzreden Sie führe den Kampf gegen die Regierung an der innenpolitischen Front, weil die Öffentlichkeit die Außenpolitik der Koalition unterstütze.

Tatsächlich war man sich in der Sowjetunion zeitweilig nicht ganz sicher, ob das Taktieren der Opposition nicht doch schließlich von Erfolg gekrönt, sein würde. Der Fraktionswechsel einiger Abgeordneter machte die Lage zusehends undurchschaubar, so daß z. B. Lew Besymenski im April des Jahres meinte, es sei völlig ungewiß, wie das Abstimmungsergebnis beim konstruktiven Mißtrauensvotum am Ende aussehen werde Auch in der Folgezeit und im Wahlkampf werden den Oppositionsparteien Panikmache und Irreführung der Öffentlichkeit vorgeworfen. Man betreibe vor den Wahlen „Sozialdemagogie", man beklage die Inflation, während man selbst eine Arbeitslosigkeit im Lande anstrebe, und zwar nicht nur als Mittel zur Stabilisierung, sondern auch und vor allem zur Disziplinierung der Massen. Und in der Außenpolitik verfolge die Parteiführung weiter eine Politik, die von Vernunft und Realismus weit entfernt sei. Wenige Wochen vor der Wahl heißt es dann sogar, die Oppositionsführer hätten nun „die Maske abgeworfen", sie seien immer noch die alten Gegner von Entspannung, Normalisierung und Realpolitik 3. Der Niedergang der CDU Schon der Ausgang der Wahlen von 1969 wurde nicht als Zufallsereignis gewertet, sondern als Teil eines Wandlungsprozesses. So schreibt etwa Melnikow im Januar 1970 über das „Fiasko der christdemokratischen Doktrinen" und das Ende des Erhard-Nimbus Wenig später konstatiert Grigorianz den „langsamen, aber sicheren Niedergang der Partei". Sie sei durch die Wahlniederlage wie vor den Kopf gestoßen. Zwar versuche sie jetzt eine Massenpartei aufzubauen, doch sei das Verhältnis zur Intelligenz, zur Presse und zur Jugend nicht gut. Der Propagandarummel der Opposition finde bei der Bevölkerung keinen Widerhall, die Situation sei, mit Kie-singers eigenen Worten: „beschissen" Die Partei habe „keine Macht mehr, keinen Führer, kein Programm" Ihre Führer würden durch die internationale Entwicklung wie z. B. das Viermächteabkommen über West-Berlin in Verwirrung und Bestürzung geraten. Sie sähen sich nicht nur von den Massen, sondern teilweise auch von den eigenen Mitgliedern isoliert Der Prozeß der Polarisierung, der seit einiger Zeit in der ganzen Bundesrepublik vor sich gehe, habe auch die CDU/CSU selber erfaßt. Sie habe zwar diesen Trend in der Bevölkerung früher als die SPD erkannt und habe versucht, ihn für ihre Zwecke auszunutzen Jetzt gehe aber dieser Polarisierungsprozeß auch innerhalb der Partei vor sich. Der Parteitag in Saarbrücken habe „ein Bild des Zerfalls" offenbart. Neben organisatorischen und finanziellen Schwierigkeiten machten sich in der Opposition immer mehr widersprechende Tendenzen bemerkbar. Sie sei jetzt in die Klemme geraten, weil der allgemeine Entspannungsprozeß nun nicht mehr rückgängig zu machen sei. Die Schwäche der CDU sei es, daß sie zu allem, was die Regierung tue, nur nein sagen könne, daß sie über keine Alternative zur Politik der Regierung verfüge, daß sie weiterhin auf den Positionen des Kalten Krieges beharre, obwohl die Bevölkerung anders denke. Irreale Dogmen seien ihren Führern wichtiger als der Wille des Volkes

Nach dem gescheiterten Mißtrauensvotum vom April 1972 wird weiterhin herausgestellt, wie populär die Politik der Regierungskoalition bei der Bevölkerung ist und daß sich die Opposition im eigenen Lande wie auch gegenüber dem westlichen Ausland weitgehend isoliert habe Aber auch die feste Haltung der sozialistischen Staaten habe die revanchistische Politik der christdemokratischen Kreise in der BRD in die Sackgasse geraten lassen, aus der diese jetzt nicht mehr heraus-fänden. Statt dessen zögen sie sich auf Positionen der fünfziger Jahre zurück, womit sie sich noch mehr isolierten Und ebenso wird weiter betont, wie innerlich zerstritten sie untereinander seien. Schon Ende 1970 schrieb Grigorjew, daß die Partei seit Adenauers Ende sich in einer permanenten Führungskrise befände: Ihre Führer bekämpften sich gegenseitig Zwei Jahre später berichtet Besymenski von einer Polarisierung und Konfrontation „wie nie zuvor" und von „häufigen Zusammenstößen innerhalb der CDU/CSU" Diese innerparteiliche Polarisierung und Konfrontation wird in einem engen Zusammenhang mit der Rolle des rechten Flügels der Opposition gesehen, wobei die CSU als das Sammelbecken der rechtsextremen, nationalistischen und unbelehrbaren Kräfte gilt, denen auf der anderen Seite die realistischeren und einsichtigeren gegenübergestellt werden. Die Frontlinie wird dabei mitunter direkt zwischen CDU und CSU gesehen, wenn etwa davon die Rede ist, daß zwischen ihnen beiden ein Kampf entbrannt sei

Anfang 1969 -hieß es noch, daß es zwischen diesen beiden Parteien keine grundsätzlichen Gegensätze gebe, die CSU sei nur noch reaktionärer als die CDU, weil in ihren Reihen die Monopole und der Großgrundbesitz über-repräsentiert seien. Doch habe sie einen großen, wenn nicht sogar entscheidenden Einfluß auf die Bonner Politik Im Sommer des Jahres wird dann davon gesprochen, daß Strauß in Abstimmung mit der NPD eine Regierung der nationalen Sammlung anstrebe, und auch im nächsten Frühjahr heißt es, daß sich die extremen rechten Kräfte unter Strauß und von Thadden jetzt zusammentäten. Dabei wird auf die Möglichkeit hingewiesen, daß diese Gruppierung einmal in der Regierung vertreten sein könnte Auf jeden Fall gewinne Strauß immer mehr Einfluß und seine Politik der „nationalen Sammlung", sein Bestreben, die rechten Kräfte zu konzentrieren, erinnere an die Harzburger Front

Der Abschluß des Viermächteabkommens über West-Berlin wird dann als Zusammenbruch der politischen Konzeptionen der CSU-

Führer bezeichnet, und wenig später heißt es, daß 25 Jahre CSU-Politik nur „klägliche Resultate" erbracht hätten, daß sich Strauß durch politische Eskapaden um seine Ministerämter gebracht habe und daß es ihm nicht gelungen sei, aus seiner CSU eine bundesweite Partei zu machen. Aber obwohl Strauß von allen Ultras, von den Leuten aus Finanz-welt und Großindustrie unterstützt werde, sei die Partei mit ihrer Politik gegen die Realitäten in einen immer desolateren Zustand geraten. Selbst die CDU betrachte den CSU-Führer als boshaft Trotzdem habe Strauß auch die CDU auf einen Rechtskurs bringen können, und Besymenski schreibt zum Saarbrücker Parteitag der CDU sogar, daß er, Strauß, vermutlich einen stärkeren Einfluß habe als der eigentliche Parteiführer Barzel Gelegentlich wird aber auch gesagt, Strauß und Barzel arbeiteten nur mit „verteilten Rollen" Anfang 1972 konstatiert wiederum Besymenski das Entstehen einer „schwarzen Front", zu der sich die extremen Kräfte aus CDU/CSU mit der . Aktion Widerstand'und der NPD zusammengeschlossen hätten. Strauß sei es gewesen, der das Schlagwort von der vereinten nationalen Bewegung geprägt habe. Da diese Politik aber gegen alle realistischen Tenden-zen überhaupt gerichtet sei, habe das zu einer Polarisierung auch innerhalb der CDU/CSU geführt, denn viele ihrer Führer hätten andererseits eingesehen, daß man Realitäten auf die Dauer nicht ignorieren könne. Immerhin sei Bonn nicht Weimar, und die Bedingungen seien günstig, die „schwarze Front" zu verdrängen Von einem noch weiteren Rechtsdrift der CDU wird von jetzt an nicht mehr gesprochen, dafür erscheint immer wieder der Hinweis darauf, daß es auch in der CDU-Führung Anhänger der Ostverträge gebe, daß es auch hier an Einsichtigen nicht fehle, doch bleibe bis zuletzt die Frage offen, ob es sich hierbei vielleicht nur um Wahltaktik, um einen Tribut an die Öffentlichkeit oder tatsächlich um einen neuen Ansatz handele. Das, schreibt W. Kusnezow, werde sich erst herausstellen

Es bietet sich so das Bild einer Partei, die unter dem Einfluß ihres rechten Flügels bis Anfang 1972 immer mehr auf Rechtskurs ging, die sich damit von den politischen Gegebenheiten, von der Masse der Bevölkerung und auch von den ausländischen Verbündeten immer weiter entfernte, so daß schließlich einige besonnene Kräfte in der Führung — bis zu einem gewissen Grade auch von der eigenen Mitgliedschaft gedrängt— zu einer Kursänderung rieten. Der Hintergrund dieser Entwicklung der CDU/CSU ist eine allmähliche Wandlung der politischen Landschaft in der BRD, die eben doch nicht mit Weimar zu vergleichen sei und in der selbst einflußreiche Industriekreise die Aussichtslosigkeit der Ideen von Strauß eingesehen hätten. Das schreibt zum erstenmal Lew Besymenski Ende 1970 Ab Herbst 1972 —noch vor den Wahlen— finden sich ähnliche Aussagen dann mehrfach. Durch die Verträge sei eine neue Periode eingeleitet worden, und die Einstellung zur Sowjetunion ändere sich langsam zum Positiven hin, und auch die Methoden der Meinungsbeeinflussung hätten sich in diesem Sinne gewandelt. Entsprechend diesen allgemeinen Tendenzen wurden auch die Wahlaussichten der Opposition für die Bundestagswahl 1972 nur gering eingeschätzt, wenn auch die Wahltaktik der Partei unmittelbar vor den Wahlen noch ein bißchen Anlaß zu Besorgnis gab Nach der Wahl wird dann erleichtert festgestellt, daß alle Angstpropaganda und Übertreibungen der Opposition nichts genutzt hätten. Die westdeutschen Wähler seien für eine realistische Politik, für Kooperation und Versöhnung. Eine neue Ära für die Bundesrepublik sei jetzt angebrochen. Die Zeit Adenauers und des Revanchismus sei nun endgültig vorbei 4. Die Führer der Opposition Auch in den letzten Jahren wurde und wird über Franz-,, Janus" -Strauß mehr geschrieben als über alle anderen Oppositionsführer zusammengenommen. Er gilt auch weiterhin als der Führer der konservativen und rechtsextremen Kräfte, die aus nationalistischen Motiven heraus Europa umgestalten wollen. 1969 und 1970 wird ihm noch ein Bündnis mit von Thadden und dessen NPD unterstellt, aber auch später erscheint er als Befürworter eines Rechtskartells, einer nationalistischen Sammlungsbewegung, die die erfolglose Politik Adenauers, die Politik des Kalten Krieges, fortsetzen will und die damit an den „Grundfesten des europäischen Friedens" rüttelt Einerseits versuche er mit der Hilfe Pekings auf die Sowjetunion Druck auszuüben, andererseits wolle er die EWG in ein einheitliches militärisches Bündnis mit gemeinsamer Außenpolitik gegen das sozialistische Lager umwandeln, das sich dabei auf einen französisch-englischen Atomwaffen-Pool stützen soll. Diese neue westeuropäische Großmacht solle also über alle Attribute einer Großmacht verfügen und diese dazu benützen, auf Osteuropa und auf die Sowjetunion Druck auszuüben. Westeuropa solle so zu einer unabhängigen . dritten Kraft'werden, und in diesem Westeuropa solle das westdeutsche Monopolkapital die Hegemonie haben. Gemeinsam mit dem englischen Konservativen Heath versuche Strauß die Entwicklung eines westeuropäischen militärisch-industriellen Komplexes zu fördern, doch stoße er hier auf den Widerstand der Brandt-Scheel-Regierung überhaupt seien die Zukunftsaussichten für derartige Pläne schlecht, und viele seiner politischen Hoffnungen hätten sich ja schon zerschlagen. Wenn auch weiterhin seine Politik stets als unrealistisch und illusorisch bezeichnet wird, so gewinnt man doch in der letzten Zeit den Eindruck, daß die Sowjetunion auf Grund der veränderten Großlage in Europa und in der Welt hier keine akute Bedrohung der eigenen Position mehr sieht.

Wie auch früher schon wird immer wieder auf politische und sonstige Eskapaden von Strauß hingewiesen . Neuerdings wird auch der zunehmend stärker werdende Einfluß des CSU-Führers auf die Gesamtpartei unterstrichen. Während es noch im Frühjahr 1970 heißt, er habe seinen Anspruch auf die Führung angemeldet, wird er schon Anfang 1971 als „Regisseur des CDU-Parteitages" gesehen Vor den Bundestagswahlen 1972 wird ihm der Rechtskurs der CDU angelastet und die Prognose gewagt, im Falle eines Wahlsieges werde Barzel nur der nominelle Kanzler sein, Strauß hingegen der tatsächliche. Etwas ausgewogener als diese Vermutung von Kusnezow erscheint Sholkwers Aussage, daß Strauß eine Schlüsselstellung in der CDU einnehme. Noch vorsichtiger ist Besymenski, wenn er sagt, Strauß beherrsche die CSU und beeinflusse die CDU In der Wahlanalyse von Melnikov schließlich wird ausdrücklich vermerkt, daß der CSU-Führer nach den Wahlen scharfe Angriffe gegen die CDU-Führung gerichtet und sie der Weichheit und der Inkonsequenz beschuldigt hat, womit er bezwecke, die CDU gänzlich auf CSU-Kurs zu bringen Als seine engeren politischen Verbündeten, als „Anhänger der militanten Gruppe um Strauß" werden gelegentlich auch andere Politiker wie z. B.

Stücklen und Windelen genannt.

Differenzierter werden die CDU-Führer Barzel und Schröder gesehen. Von Barzel wird schon im Sommer 1969 gesagt, daß er für Kontakte mit der UdSSR sei. Ein knappes Jahr später wird ihm jedoch dann vorgeworfen, er wiederhole die „Postulate der bankrotten Politik der Vergangenheit" und zeige sich „griesgrämig" wegen der Unterzeichnung der Ostverträge. Jetzt wird sein Wunsch nach besseren Beziehungen mit der Sowjetunion als ein Versuch abgetan, um Zeit zu gewinnen Anfang 1971 wieder heißt es eindeutig, daß er für die Aussöhnung mit dem Osten sei, aber dafür keine Mehrheit in der Partei finde Dann wieder wird ihm vorgehalten, daß er gegen die weitere Entwicklung in den deutsch-sowjetischen Beziehungen auftrete, wenn er im Zusammenhang damit Redewendungen wie „Kapitulation der BRD" u.dergl. verwende. Nachdem die Verträge dann ratifiziert wurden, wird erneut seine positive Einstellung hierzu hervorgehoben und gesagt, er habe für das Vertragswerk stimmen wollen, habe aber schließlich dem „Einheitsfaktor" und damit dem Einfluß der CSU nachgegeben Das alles habe aber nichts genutzt, denn nach der Wahl erscheint die Partei noch weiter geschwächt und demoralisiert, und ein „dem Zeitgeist hinterdreinhinkender" Barzel ist weiter harten Kämpfen mit den anderen Parteiführern ausgesetzt Aber nicht nur wegen seiner in der Partei umstrittenen Position, auch wegen der Unpopularität seiner Person und seines Kurses bei den Wählern wird ein Wechsel in der Parteiführung vor den nächsten Parlamentswahlen nicht ausgeschlossen

Schröder gilt zusammen mit Politikern wie Birrenbach und Majonika (aber auch dem Sozialdemokraten Helmut Schmidt) als Exponent des „atlantischen" Flügels, der die „europäische" Orientierung nur insoweit unterstützt, als dadurch nicht das Verhältnis zu den USA belastet wird Sein Besuch in der Sowjetunion wird positiv und im allgemeinen im Gegensatz zur Politik des „rechten" Parteiflügels gesehen. Er wird als einflußreicher CDU-Funktionär apostrophiert und einmal als Anhänger von Kohl bezeichnet, dem seinerseits ein gewisser außenpolitischer Realismus zugesprochen wird. Im Spätsommer 1972 nennt ihn Besymenski dann wieder einen „Kommunistenfresser", der plötzlich zu einem der besten Freunde Pekings geworden sei Auch Verleumdung der UdSSR wird ihm vorgeworfen, wenn auch nicht zu übersehen sei, daß er neue Töne angeschlagen habe, als er in Wiesbaden verkündete, daß jetzt auch die CDU davon auszugehen habe, daß die Ost-verträge in Kraft seien Neben Schröder wird gelegentlich auch noch der „bekannte Publizist und außenpolitische Theoretiker der CDU", Majonika, mit genannt, während etwa Werner Marx als außenpolitischer Experte nicht recht für voll genommen wird

Eine deutliche Veränderung in der sowjetischen Sicht stellt die Beurteilung des soge-nannten „linken Flügels" innerhalb der CDU dar. Darunter wird vornehmlich die Gewerkschaftsgruppe um Katzer und die Junge Union verstanden, denen im Bereich der Außenpolitik, aber auch in der Sozialpolitik eine realistische Position bescheinigt wird. Es wird ihnen also nicht mehr wie in früheren Jahren nur eine rein demagogische Funktion, sondern durchaus eine eigenständige politische Position zugesprochen. Unter Adenauer, so hebt z. B. Kusnezow hervor, sei eine solche auch gar nicht möglich gewesen. Andererseits wird dieser Flügel nur selten erwähnt und dann zugleich sein geringer Einfluß in der Partei betont 5. Das „Ende der Ära Adenauer" und die Zukunft der CDU Die verlorene Bundestagswahl von 1972 erscheint allen sowjetischen Beobachtern nicht als ein „Betriebsunfall", nicht als ein Ereignis, das —unter bestimmten äußeren Umständen geschehen — irgendwann einmal revidiert werden könnte. Die CDU/CSU habe weder Mittel noch Anstrengungen gescheut, um den außenpolitischen Kurs der Bundesrepublik wieder ins Fahrwasser des Revanchismus zu bringen und habe nun dafür ernstlich bezahlen müssen. Ihre Demagogie vor den Wahlen und das Gerede von der Stabilität habe sich nicht ausgezahlt. Sie habe sich zwar wie bisher auf das Großkapital, auf die Mehrzahl der kleinen Kapitalisten, der Beamtenschaft, der Vertriebenen und der Gläubigen stützen können, wozu auch noch eine gewisse Anzahl Stimmen von den Neonazis zu rechnen wären. Doch das alles habe nicht gereicht, weil ihr die Jugend und die Intelligenz, aber auch ein Teil der Bourgeoisie die Gefolgschaft bei den Wahlen versagt hätten. Ihre Führer seien von falschen Vorstellungen über die Verteilung der politischen Kräfte im Lande ausgegangen. Durch ihr Wunschdenken und ihre Vergangenheitsorientierung hätten sie sich selbst einen Bärendienst erwiesen. Sie hätten sich auch getäuscht, was die Wirkung ihrer Propaganda angeht. Und ganz besonders hätten sie sich in außenpolitischer Hinsicht verrechnet. Sie hätten den Wahlkampf mit den Stereotypien der Vergangen-heit geführt und geglaubt, daß diese Stereotypien beim Volk fest verankert wären, doch habe es gerade hier in den letzten Jahren bedeutsame Veränderungen gegeben. Auch die Haltung der westlichen Verbündeten habe man unter dem Einfluß gewisser Rechtskreise in England und Italien falsch eingeschätzt. Bezeichnend sei es für die tatsächliche Lage, daß lediglich und ausgerechnet Peking lobende Worte für den CDU-Kurs gefunden habe, während alle anderen Länder die Politik der Regierung Brandt/Scheel unterstützten. Nicht die Regierung, sondern die Opposition habe sich isoliert

So erscheint die Wahlniederlage der Partei als die „entscheidende Wende" überhaupt Die Partei sei durch diese Niederlage geschwächt und demoralisiert. Ihre Führer seien der Lage nicht gewachsen und bekämpften sich untereinander. Als typisch für deren Haltung wird eine Äußerung von W. Marx angesehen, der erklärt hatte, die CDU spränge nicht auf das Trittbrett eines fahrenden Zuges auf. Dann, so schreibt Kusnezow, führe der Zug eben ohne die Opposition ab; schlimm sei das nur für die Opposition selbst, deren Führer dem Zeitgeist hinterherhinkten Da die Bundestagswahl zudem Verluste nur bei der CDU, nicht aber auch bei der CSU gebracht hätten, sei mit einer weiteren Stärkung des Einflusses von Strauß auf die Gesamtpartei zu rechnen, der diese auf dem alten Kurs unveränderlich festhalten wolle. Einsichtige Kräfte wie W. Kiep hätten daher nur geringe Möglichkeiten. Die innere Zerrissenheit der Partei, mehr aber noch deren Bestreben, die Lebensinteressen des Landes nicht beachten und trotz des Scheiterns des außenpolitischen Kurses die unrealistische Linie fortsetzen zu wollen das alles finde kein Verständnis bei der Bevölkerungsmehrheit Der typische CDU/CSU-Führer stellt sich so dem sowjetischen Beobachter wie ein politischer Suppenkaspar dar, der die Suppe der Realität um keinen Preis essen will, auch wenn er dadurch ständig an Gewicht verliert und seinem Ende schließlich entgegengeht.

Allerdings erwartet man nun nicht, daß die Partei zum eigenen Schaden immer so weiter-macht. Eher herrscht Erstaunen darüber vor, daß sie angesichts ihrer so schwierigen Situation noch nicht zu einem veränderten Kurs gefunden hat, der der Partei mehr Rückhalt in der Öffentlichkeit geben könnte. Von der Rechten her, von Strauß her, könne eine solche Kursänderung nicht erwartet werden. Die Haltung der CSU sei zwar die konsequenteste Fortführung des bisherigen Kurses, aber gerade durch Konsequenz seien die Probleme der Gesamtpartei nicht zu lösen. Die günstigsten Möglichkeiten für die Zukunft vermutet man unter Führung durch Leisler-Kiep, doch werden ihm nicht allzuviel Chancen gegeben. Auch erscheint es aus der sowjetischen Interessenlage nicht gerade wünschenswert, wenn der so lange erhoffte Niedergang der CDU auf diese Weise aufgefangen oder gebremst würde.

Es werden drei grundlegende Prozesse gesehen, die für diesen Niedergang bestimmend gewesen sind: Da ist einmal die tiefe Krise durch das Versagen in der Außenpolitik. Die Partei habe nicht registriert, daß die „Goldenen Jahre" der europäischen christlichen Demokratie und ihrer außenpolitischen Konzeptionen unwiederbringlich vorüber seien. „Die Grundpfeiler der Konservativen sind ins Wanken geraten" Und vorerst sehe es noch nicht so aus, als werde die Partei zu einer neuen außenpolitischen Linie finden. Das entscheidende Moment für die schlechten Zukunftsaussichten der CDU/CSU seien jedoch die soziale Polarisierung, die unverrückbaren Veränderungen in der sozialen Struktur der Bevölkerung der Bundesrepublik. Die Partei habe nur dann noch Chancen, wenn sie künftig Arbeitnehmerinteressen vertreten würde. Es sei aber sehr fraglich, ob sie zu einem entsprechenden Reformprogramm finden könne. Der dritte der genannten Prozesse spiele sich innerhalb der Partei ab. Sie befinde sich nach wie vor in einer schweren inneren Krise und könne ihre Führungsprobleme wegen der unterschiedlichen Gruppeninteressen nicht lösen. Aber trotz all dieser für die Partei negativen Tendenzen wird der CDU/CSU eine echte politische Funktion auch in der Zukunft zugestanden, doch könne es leicht so werden wie bei der Democrazia Christiana, daß sie sich nämlich in zwei Flügel aufspaltet. Das jedenfalls sei wesentlich wahrscheinlicher als die Entwicklung, wie sie die französische MRP vor Jahren genommen hat. Es wird nicht erwartet, daß sie wie diese einmal ganz von der politischen Bühne verschwinden könnte

Betr.: Manfred Rühl: „Journalistische Ausbildung heute", B 13/72.

Kapitel 2. 2: „Ausbildung durch eine Journalistenschule"

Zu dem o. a. Artikel wird nachgetragen:

Zum Lehrkörper des Münchener Presselehrinstitutes, Journalistenschule Dipl. -Kaufm. Gerhard Apel, zählen nach unseren Informationen 12— 15 Dozenten (überwiegend Journalisten und Juristen). Die Unterrichtung erfolgt durch theoretische Vorlesungen und praxisbezogene Übungen, wöchentlich ca. 20 Stunden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die folgende Darstellung stützt sich — soweit nicht anders vermerkt — auf die nachstehend aufgeführten Quellen:

  2. Dokumente der internationalen Bewegung der kommunistischen und Arbeiterparteien vom 5. — 17. 6. 1969, in: NZ 26/69, S. 32.

  3. K. T. Mazurov in: PRAVDA vom 7. XL 1972, S. 2.

  4. M. Suslov, The CPSU, the Party of Creative Marxism, in: Social Sciences, 1/1972, S. 8.

  5. Vgl. auch: Kompaß der revolutionären Bewegung, in: NZ 2/1970, S. 18.

  6. Genri, a. a. O., S. 17 und S. 6.

  7. Sogomonjan, in: Neues Forum, April 1972, S. 43.

  8. A. Baturin, Zur Tagung der sozialistischen Internationale, in: NZ 4/1973, S. 21.

  9. Vgl. hier Breshnejw-Rede 1969 in: Internationale Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien Moskau 1969, Berlin (DDR) 1969, S. 205, und für 1972: Internacionalizm v dejstvii, in: PRAVDA v. 9. XII. 1972, S. 2.

  10. V. I. Lenin, Polnoe sobranie soinenij, 5. Ausgabe 1960— 1966, Bd. 16, S. 81, Bd. 48, S. 96, Bd. 31, S. 93.

  11. W. I. Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Berlin (DDR) 1952, S. 137.

  12. Josef Stalin, Soinenija, Bd. 6, Moskva 1947, S. 282.

  13. Ausführlicher hierzu: Jörg-Peter Mentzel und Wolfgang Pfeiler, Deutschlandbilder. Die Bundesrepublik aus der Sicht der DDR und der Sowjetunion, Düsseldorf 1972, S. 73 ff.

  14. A. B. Veber, Klassovaja struktura obestva v Zapadnoj Germanii, Moskva 1961, S. 253 f. M. S. Voslenskij, Vnenjaja politika i partii FRG, Moskva 1961, S. 164— 169, 172, 189, 205— 210. M. S. Voslenskij, Mirnoe uregulirovanie s Zapadnoj Germaniej i „Pridvornaja Oppozicija", in: Mezdunarodnaja zizn', 3/1962, S. 59. T. Timofeev , Mezgosudarst-vennye otnosenija i social'nye protivorecija, in: Mezdunarodnaja zizn', 2/1960, S. 19.

  15. Voslenskij, 1962, a. a. O., S. 59

  16. Veber, 1961, a. a. O., S. 254.

  17. G. Sogomonjan, Social-demokratija Evropy na rasput'e, in: Memo 10/1967, S. 65.

  18. Vgl.: Mentzel/Pfeiler, a. a. O„ S. 286.

  19. Daniil Melnikow, (Buchbesprechung) in: NZ 3/1969, S. 30f

  20. Alexander Jefremow, Wahlduell am Rhein, in: NZ 23/1969, S. 21 f.

  21. Albert Grigorianz in: NZ 18/1969 S. 22 f und in: NZ 24/1969, S. 24. Boris Lanin in: NZ 34/1969, S. 30.

  22. Alexander Weber in: NZ 28/1969, S. 3— 5.

  23. D. Melnikow, Die Bundesrepublik nach den Wahlen, in: NZ 41/1969, S. 7 f. S. a.: W. Michailow, Westdeutschland: Die Wahlergebnisse, in: NZ 40/1969, S. 20.

  24. L. Besymenski, Kontinuität oder Erneuerung?, in: NZ 45/1969, S. 18. Ferner: A. Weber in NZ 28/1969, S. 3., A. Grigorianz, Klarheit tut not, in: NZ 3/1970, S. 6, W. Jeshow, Die westdeutschen Kommunisten und die neue Bundesregierung, in: NZ 50/1969, S. 24 f.

  25. D. Melnikow, Willy Brandts „hundert Tage", in: NZ 4/1970, S. 4 f. W. Michailow, in: NZ 5/197Ö, S. 11 Ferner: J. Grigorjew in: NZ 30/1970, S. 11 f.

  26. Juri Kusminych, Das Treffen in Erfurt, in: NZ 13/1970, S. 5, und: Das Treffen in Kassel, in: NZ 22/1970, S. 5f.

  27. D. Melnikow in: NZ 4/1970, S. 6, sowie Wsewolod Jeshow, Was westdeutsche Kommunisten berichten, in: NZ 23/1970, S. 18.

  28. NZ 4/1970, S. 6 und NZ 15/1970, S. 11.

  29. L. Besymenski, Möglichkeiten, die wahrgenommen werden müssen, in: NZ 37/1970, S. 5. L. Besymenski, Eine Zeit der Wandlungen, in: NZ 46/1970, S. 12 f. J. Grigorjew, Ein ungewöhnlicher August, in NZ 34/1970, S. 5 f.

  30. L. Besymenski, Tolle Tage und ernste Probleme, in: NZ 9/1971, S. 6. L. Besymenski, Hauptleute und Generale, m: NZ 17/1971, S. 9. Ferner: L. Besymenski und Pawel Naumow, Der SPD-Parteitag in Bonn, in: NZ 48/1971, S. 10 f.

  31. Rafael Fjodorow, Die westdeutsche Sozialdemokratie und der Antikommunismus, in: NZ 11/1971, S. 22— 24. Ferner: V. Eov, GKP v bor'be za interesy rabocego klassa, in: Rabocij klass i sovremennyj mir, 4/1972, S. 91 f.

  32. D. Mel'nikov, FRG pered otvetstvennym vybo-rom, in: Memo 5/1972, S. 18— 26. Ferner: L. Besymenski, Das Ende der Alpenfestung, in: NZ 19/1971, S. 11.

  33. Auf dem richtigen Wege (Worte des Redakteurs) in: NZ 39/1971, S. 1. S. ferner: NZ 33/1971, S. 9 f, 36/1971, S. 9, 39/1971, S. 5 f, 38/1971, S. 6 und 41/1971, S. 8f.

  34. NZ 49/1970, S. 11, 52/1971, S. 16, 10/1972, S. 8 und 9, 14/1972, S. 6 und 29/1972, S. 20.

  35. W. Kusnezow, Damit in Europa Frieden sei, in: NZ 17/1972, S. 8. L. Besymenski, Der Bundestag geht in die Ferien, in: NZ 27/1972, S. 11.

  36. L. Besymenski, Zwei Jahre später, in: NZ 34/1972, S. 8 f. Ferner: Besymenski, Bonn am Scheidewege, in: NZ 14/1972, S. 6.

  37. Heinz Lathe, Kreml betont Vertrauen zu Brandt, in: Bonner Rundschau v. 15. 11. 1972.

  38. E. Petrov, in: PRAVDA v. 5. XI. 1972, S. 4.

  39. E. Grigor’ev, in: PRAVDA v. 1. XI. 1972, S. 4.

  40. L. Breznev, in; PRAVDA v. 22. XII. 1972, S. 4

  41. Gespräch mit Lew Besymenski am 27. 12. 1972

  42. Wladlen Kusnezow, Vor der Wahl, in: NZ 43/1972, S. 10— 12. L. Besymenski, Die Entscheidung liegt bei den Wählern, in: NZ 40/1972, S. 10 f. L. Besymenski, Vor dem Zielband, in: NZ 47/1972, S. 6 f.

  43. D. Mel'nikov, Vybory v FRG: Itogi i Posledstvija, in: Memo 2/1973, S. 55— 67. Ferner: L. Besymenski und M. Fjodorow, Der Wähler spricht, in: NZ 48/1972, S. 8.

  44. D. Mel'nikov in: Memo 2/1973, a. a. O., S. 65.

  45. Die Darstellung dieser Perspektive basiert auf zwei Gesprächen mit Lew Besymenski am 27. 12. 1972 und am 20. 2. 1973.

  46. VgL: D. Mel'nikov in: Memo 2/1973, a. a. O., S. 64.

  47. Zu Vorstehendem siehe: Voslenski, Vnesnjaja politika, a. a. O., S. 245, 249— 252, 254— 258. O. Vitkovskij, in: Ezegodnik BSE 1965, S. 364, 1966, S. 375. V. B. Lomejko, Est'li sansy u novogo Adol'fa?, Moskva 1968, S. 196. Ferner NZ und Memo 1965— 1968.

  48. Pawel Naumow, Bonn — Macht und Ohnmacht, Frankfurt 1968, S. 347 f.

  49. A. Jefremow, Wahlduell am Rhein, in: NZ 23/1969 S 23

  50. NZ 33/1969, S. 10 und 40/1969, S. 20.

  51. NZ 41/1969, S. 8 und 3/1970 (A. Grigorianz).

  52. Vgl. z. B.: NZ 41/70, S. 8, 45/70, S. 18 f, 46/70, S. 13, 49/71, S. 16, 22/72, S. 6.

  53. D. Mel'nikov, Vybory v FRG, a. a. O., S. 63.

  54. ebenda S. 64 f.

  55. E. Grigor'ev, in: PRAVDA v. 1. XI. 1972, S. 4. Vgl. auch: Mel'nikov, Vybory. ... a. a. O. S. 66.

  56. Dieser Abschnitt stützt sich in den wesentlichen Aussagen auf: M. S. Voslenskij, Vnesnjaja politika i partii FRG, Moskva 1961 und auf: Pawel Naumow, Bonn — Macht und Ohnmacht, Frankfurt 1968. Ferner auf eine eingehende Auswertung der Zeitschriften „Memo“ und „NZ" in den Jahren 1965— 1968. Vgl. auch: Mentzel/Pfeiler a. a. O., S. 284 f sowie: V. Ivanteev, Krizis ChDS/ChSS in: IZVESTIJA v. 11. XII. 1972.

  57. Naumow, a. a. O., S. 335

  58. Vgl.: Mentzel/Pfeiler, a. a. O., S. 288.

  59. Naumow, a. a. O., S. 336.

  60. Die Vielzahl der Belege über Strauß und v. Guttenberg läßt sich aus Platzmangel nicht aufführen.

  61. L. Bezymenskij in: Kommunist 12/1966, S. 89.

  62. Naumow, a. a. O., S. 336.

  63. I. Lemin in: Memo 10/1968, S. 25, NZ 47/1966, S. 21, 21/1967, S. 1, 50/1967, S. 38, 43/1968, S. 5.

  64. Vgl. NZ 23/1969, S. 20, 29/1969, S. 26, 41/1969, S. 7. 50/1969, S. 23, Memo 5/1972, S. 15, NZ 30/1970, S. 12, 2/1971, S. 28, 6/1971, S. 11 und 42/1971, S. 19. (In den beiden letzten Nummern erscheint die Aussage jeweils als das Fazit, das W. Kusnezow und L. Besymenski aus den CDU-Parteitagen ziehen.)

  65. NZ 19/1972 S. 10 f und 17/1972, S. 24 f

  66. NZ 3/1972, S. 10, 10/1971, S. 32; 15/1970, S. 28, 48/1972, S. 1.

  67. J. Grigorjew, Was will die Opposition, in: NZ 30/1970, S. 11.

  68. L. Besymenski, Tolle Tage und ernste Probleme, in: NZ 9/1971, S. 6 f, und: 12/1972, S. 8, W. Kusnezow, Moskaus Wort, in: 13/1972, S. 5 und in: 17/1972, S. 8 f. Ferner: NZ 52/1971, S. 16.

  69. PRAVDA v. 1. XI. 1972, S. 4, A. Julin, Vernunftwidrig, in: NZ 3/1972, S. 10 f, P. Naumow, Bonn in diesen Tagen, in: 8/1972, S. 10, L. Besymenski, Kraftprobe in Bonn, in: 18/1972, S. 10 f und in 40/1972, S. 10.

  70. A. Sholkwer in: NZ 19/1972, S. 8.

  71. IZVESTIJA v. 11. XII. 1972.

  72. NZ 48/1970, S. 24, 9/1971, S. 6, 19/1971, S. 11, 29/1971, S. 9, 30/1970, S. 11.

  73. NZ 41/1970, S. 9 und 9/1971, S. 6.

  74. L. Besymenski, Bonn nach den Debatten, in: NZ 12/1972, S. 8f und 10/1972, S. 8. Ferner: 14/1972, S. 6, 8/1972, S. 10, 13/1972, S. 20.

  75. L. Besymenski, Kraftprobe in Bonn, in: NZ 18/1972, S. 11.

  76. E. Grigor'ev, in: PRAVDA v. 1. XI. 1972 u. v. 6. XI. 1972.

  77. D. Melnikow, Willy Brandts hundert Tage, in: NZ 4/1970, S. 6.

  78. NZ 15/1970, S. 26 f, 34/1970, S. 5, 5/1971, S. 17.

  79. W. Kusnezow, Wer zieht Adenauers Schuhe an?, in: NZ 6/1971, S. 10.

  80. NZ 36/1971, S. 9, 38/1971, S. 6, und 3/1972, S. 11.

  81. NZ 11/1971, S. 11.

  82. NZ 42/1971, S. 18 f, 39/1971, S. 5, 52/1971, S. 16.

  83. L. Besymenski, Konfrontation in Bonn, in: NZ 19/1972, S. 11 f. Ders.: Schwere Tage in Bonn, in: NZ 20/1972, S. 5. Ders.: Vor der Beschlußfassung, in: NZ 21/1972, S. 10.

  84. G-Sogomonjan, Sozintern i problemy evropejskoj bezopasnosti, in: Memo 7/1972, S. 49.

  85. NZ 30/1970, S. 11.

  86. L. Besymenski, Die Entscheidung liegt bei den Wählern, in: NZ 40/1972, S. 10.

  87. Das Zerwürfnis in der CDU/CSU, in: NZ 23/1972, S. 13.

  88. NZ 11/1969, S. 48 und 22/1969, S. 19.

  89. NZ 27/1969, S. 10 und 20/1970, S. 14.

  90. NZ 49/1970, S. 10. S. a.: 30/1970, S. 11.

  91. NZ 38/1971, S. 6 und 43/1971, S. 17.

  92. NZ 42/1971, S. 18 f.

  93. P. Naumow, Bonn in diesen Tagen, in: NZ 8/1972, S. 11.

  94. L. Besymenski, Die schwarze Front, in: NZ 5/1972, S. 24— 27.

  95. W. Kusnezow, Vor der Wahl, in: NZ 43/1972.

  96. L. Besymenski, Eine Zeit der Wandlungen, in: NZ 48/1970, S. 10 f.

  97. P. Naumow in NZ 8'1972, S. 10. R. Fjodorow in: NZ 13/1972, S. 20. Dagegen: L. Besymenski, Vor dem Zielband, in: NZ 47/1972, S. 6 f.

  98. L. Besymenski und M. Fjodorow, Der Wähler spricht, in: NZ 48'1972, S. 9 und Redaktionsartikel (P. Naumow), S. 1.

  99. NZ 5/1970, S. 32.

  100. A. Sholkwer, Ein Bekenntnis von gestern, in: NZ 44/1972, S. 21.

  101. D. Mel’nikov, FRG pered otvetstvennym yyborom, in: Memo 5/1972, S. 17. L. Besymenski, Zwei Jahre später, in: NZ 34/19, 72, S. 8, Pers.: Anti-Europa, in: NZ 17/1972, S. 16.

  102. NZ 15/1970, S. 28 und 6/1971, S. 10.

  103. NZ 42/1972, S. 10 f, 43/1972, S. 11, 44/1972, S. 21.

  104. Memo 2/1973, S. 66.

  105. NZ 15/1970, S. 28 und 34/1970, S. 5.

  106. NZ 6/1971, S. 10.

  107. L. Besymenski, Die Verträge ratifiziert, in: NZ 22/1972, S. 6. Vgl. auch: NZ 42/1971, S. 18 und 43/1979 s 11

  108. NZ’ 4/1973, S. 10 f.

  109. Vgl. Memo 2/1973, S. 66 f.

  110. Vgl. Memo 5/1972, S. 18.

  111. NZ 42/1971, S. 18 und 34/1972, S. 8.

  112. W. Kusnezow, Vor der Wahl, in: NZ 43/1972, S. 10 f.

  113. betr. Majonika, s.: Memo 5/1972, S. 15, betr. Marx, s.: NZ 44/1972, S. 21 und NZ 4/1973, S. 10.

  114. NZ 6/1971, S. 10 f. Ferner: NZ 24/1969, S. 24, 5/1971, S. 17, 17/1972, S. 7.

  115. Zum Vorstehenden s. die Wahlanalyse von D. Mel'nikov, Vybory v FRG: Itogi i Posledstvija, in: Memo 2/1973, S. 57— 61.

  116. Eine entscheidende Wende, NZ 1/1973, S. 34.

  117. W. Kusnezow, Bewährter Kurs durch Riffe, in: NZ 4/1973, S. 10.

  118. V. Ivanteev, Krizis ChDS/ChSS, in : IZVESTIJA v. 11. XII. 1972 sowie D. Mel'nikov, in: Memo 2/1972, S. 66 f.

  119. Rafael Fjodorow, Der bürgerliche Neokonservatismus in Europa, in: NZ 13/1972, S. 19.

  120. Die letzten drei Absätze beziehen sich auf ein weiteres Gespräch mit Lew Besymenski am 20. 2. 1973. B. ist Westeuropa-Korrespondent der NZ. Als vergleichende Lektüre aus ungarischer Sicht sind die Schlußfolgerungen von Jänos Hajd sehr interessant: J. Hajdü, Nach den Wahlen in der BRD: Anmerkungen und Schlußfolgerungen, in: Deutschland-Archiv, Januar 1973, S. 16— 25.

Weitere Inhalte

Wolfgang Pfeiler, Dr. phil., geb. 1931, Studium der Politikwissenschaft, Kommunikationsforschung und Geschichte in Bonn; wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Industrie und Mitglied des Kreisvorstandes der CDU des Rhein-Sieg-Kreises. Veröffentlichungen u. a.: Das russische Deutschlandbild und das sowjetische Bild von der Bundesrepublik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 16/72; Deutschland in der Welt von morgen, in: Deutschland-Archiv, Oktober 1972; zusammen mit Jörg-Peter Mentzel: Deutschlandbilder. Die Bundesrepublik aus der Sicht der DDR und der Sowjetunion, Düsseldorf 1972.