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Die Neuordnung der Erde Eine zeitgeschichtliche Betrachtung | APuZ 22-23/1972 | bpb.de

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APuZ 22-23/1972 Die Neuordnung der Erde Eine zeitgeschichtliche Betrachtung

Die Neuordnung der Erde Eine zeitgeschichtliche Betrachtung

Oskar Splett

/ 82 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Am Beispiel der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist zu erkennen, wie allmählich die Außenpolitik souveräner Nationalstaaten über eine mühsame gegenseitige Abstimmung in eine vorrangige Außenpolitik der Regionalorganisation übergeht. Ab 1. Januar 1973 können Handelsverträge zwischen westeuropäischen Mitgliedstaaten und Drittländern nicht mehr bilateral, sondern nur noch durch die Kommission der Staatengemeinschaft abgeschlossen werden. Dasselbe Beispiel zeigt aber auch, wie langwierig dieser Wandlungsprozeß vom historischen Nationalstaatensystem zur werdenden Regional-gesellschaft ist. Immerhin stellen die EWG und ihr Gegenbild, der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe in Osteuropa, keine Ausnahmen auf der politischen Erdkarte dar. Zur Zeit existieren 42 Regionalorganisationen auf dem Globus, die durch Vereinbarungen zwischen Regierungen gebildet wurden. Der Aufsatz ist in vier Teile gegliedert: Auf eine Einführung, welche diesen weltpolitischen Vorgang in das Gesamtgeschehen der Zeitgeschichte einordnet, folgt eine Beschreibung der Tatsachen in der alphabetischen Reihenfolge der Kontinente und in der Abstufung von der Kontinentalorganisation über den Erdteil (= Subkontinent) zur mehr-staatlichen Region und Subregion. Im dritten Abschnitt werden die Elemente der Regionalbildung geschildert und analysiert, ehe abschließend die vielseitigen Auswirkungen — auf die Regierungsformen, die innerstaatlichen Strukturen, die außenpolitischen Methoden und nicht zuletzt auf die zu unterschiedlichen Weltbildern verdichteten weltpolitischen Erwartungen — bedacht werden. Im ganzen handelt es sich um einen Zwischenbericht, dessen Inhalt durch jeden neu geschlossenen Pakt und jede aktuell hinzukommende Konferenz gefestigt oder erweitert und verändert wird. Auch hierfür ist der Übertritt von vier Staaten aus der Europäischen Freihandelszone in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wiederum nur ein Beispiel, das für viele auf allen Kontinenten steht.

I.

Ein Kennzeichen der zeitgenössischen Weltgeschichte besteht in der quantitativen Vergrößerung der politischen Einheiten auf allen Kontinenten der Erde. Dieser Vorgang erfaßt alle Stufen der Zusammenarbeit und der Zusammengehörigkeit, mag es sich um die Zusammenlegung von Landkreisen zu umfassenderen Bezirken, um Pläne zur Vereinigung von Bundesländern oder um den Zusammenschluß von Einzelgeschäften zu Einkaufsgenossenschaften, von nationalen Großunternehmen der Produktion und des Bank-geschäftes zu internationalen Konzernen handeln.

Die regionale Konföderation, Föderation oder Integration von Territorien und Nationalstaaten ist nur eine Steigerung desselben universalen und globalen Vorganges. Diese expansive Tendenz scheint mit der Ausweitung des menschlichen Lebensraumes durch Weltraumfahrten und Mondbesuche zu korrespondieren.

Auffällig ist jedoch, daß der Vorgang einer Vergrößerung aller politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbände nicht erst nach den Experimenten und Erfolgen der Weltraumexpeditionen sichtbar in Erscheinung getreten ist, sondern sehr bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eingesetzt hat. Können wir daraus schließen, daß der Verlauf der Weltgeschichte in unserem Jahrhundert schon auf ein Ziel ausgerichtet war, ehe dieses vom Bewußtsein der Politiker, Wirtschaftler oder Literaten eingesehen worden ist? Ist es nicht offensichtlich, daß dem weltgeschichtlichen Vorgang auch heute nur sehr selten ein globaler Horizont der handelnden Zeitgenossen entspricht? In der Regel beziehen sich ihre Motive und ihre Absichten nur auf Teilräume, höchstens aber auf die Ganzheit eines einzigen Kontinents. In dieser Weise sind auf den verschiedenen Erdteilen zwischenstaatliche Koalitionen und multinationale Intregrationen eingeleitet worden, ohne daß die jeweils Verantwortlichen in einem interkontinentalen geistigen oder diplomatischen Zusammenhang gehandelt haben.

Trotz der weltweiten Publizität läßt sich auch nur selten ein direkter transkontinentaler Bezug zwischen Vorbild und Nachahmung, zwischen Aktion hier und Reaktion dort nachweisen. Auch von der oft vertretenen Meinung, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zum Maß aller regionalen Zusammenschlüsse auf unserer Erde seit der Mitte dieses Jahrhunderts geworden sei, sollten wir abrücken. Ein solcher Einfluß läßt sich nur in einzelnen, vorwiegend geographisch benachbarten Vorgängen erkennen. Im übrigen ist dieser Eindruck vielmehr eine nachträgliche Spiegelung jener Epochen, in denen dieses Europa wahrhaftig das Kristallisationszentrum der Weltgeschichte zu sein schien. Heute handelt es sich um das Bedürfnis der lebenden Nachfahren, sich die Illusion einer andauernden zentralen Bedeutung zu erhalten, welche solche Meinungen hervorbringt.

Der weltgeschichtliche Prozeß war in diesem Jahrhundert schon lange multipolar, ehe dieses Stichwort zur Charakterisierung der gegenseitigen Beziehungen großer Mächte erfunden wurde. Auch würde die faszinierende Vielfalt der nebeneinander abgestuften und in der Motivierung und Zweckbestimmung voneinander variierenden Großraumbildungen durch eine Fixierung auf den Typ des „Gemeinsamen Marktes" gar nicht erfaßt. Diese Gleichzeitigkeit ohne abgestimmte Spontaneität oder gemeinsame Planung wird auch daraus ersichtlich, daß die verschiedenen regionalen Bestandteile der neuartigen Auf-gliederung der Erdkarte auf sehr verschieden-3 artige Weise ins Leben gerufen worden sind.

Es gibt ebenso pazifistische wie militärstrate-

gische Initiativen. Es gibt vom wirtschaftlichen Nutzeffekt bestimmte als auch auf kultureller Übereinstimmung beruhende Neubildungen und abwechselnd ideologische und machtpolitische Begründungen. Es ereignet sich ein dialektischer Vorgang der Weltgeschichte mit erstaunlichen Widersprüchen von Region zu Region. Alle Aktionen zusammengenommen führen aber offensichtlich auf dasselbe Ziel hin.

r Das von solchen aktuellen Widersprüchen ausgefüllte Bild des globalen Geschehens wird noch verwirrender, wenn wir die gleichzeitig erreichten Entwicklungsstände in einer synchronen Betrachtung nebeneinander sehen. Wir erkennen neben konstituierten, gleichsam fertig ausgegossenen Großraumgebilden noch die Werdestufen der bloßen Vorstellung einer Raumidee, der ausgearbeiteten Konstruktionszeichnung oder des Probegusses, der gelegentlich sogar wieder verworfen wird. Es ist sicher ebensowenig erlaubt, das Stadium der noch unverwirklichten Vorstellung von einer großräumigen politischen oder wirtschaftlichen Einheit als unrealisierbaren Traum abzutun wie andererseits einer bereits praktizierten Union eine endgültige Realität zuzusprechen. Mitten im Prozeß lebend kann heute niemand beurteilen, ob eine dieser Regionalbildungen auf der Erde nur die Bedeutung eines historischen Experimentes hat, das zwar den Bestand an historisch-politischer Erfahrung anreichert, aber bald wieder der Auflösung verfällt, oder ob sie als dauerhafte Großraumzelle der werdenden Erdordnung bis zum Ende des neuen Zeitalters bestehen bleiben wird.

Zeitgenössische Prüfung und Kalkulation können nur eine Zwischenbilanz ergeben; gleichzeitig stellen aber die unberechenbaren, weil unvorhersehbaren Faktoren der kollektiven Schicksale und der geistigen Strömungen diese momentanen Urteile wieder in Frage. Ein Querschnitt des Geschehens, der an einem bestimmten Datum vorgenommen wird, ähnelt also immer einer Momentaufnahme. Ein solcher Versuch ist indessen durchaus notwendig und möglich, solange sich der Historio-Fotograph ein endgültiges Urteil versagt. Ein zuverlässiges Endurteil ist auch heute wohl erst nach einem dreißigjährigen Verlauf möglich. Das Tagesurteil irrt mehr als es wahrsagt.

Aus dem bisher Gesagten lassen sich vielleicht einige Schlüsse für die zeitgenössische Geschichtsbetrachtung ableiten. Es kann sich der Eindruck ergeben, daß die Geschichte in ihrem Verlauf zwischen kausalen und finalen Tendenzen ebenso abwechselt wie der einzelne Mensch zwischen Einatmen und Ausatmen. In unserem Jahrhundert scheint ein solcher Umschlag mitten im Zweiten Weltkrieg eingetreten zu sein. Daneben ist es unverkennbar, daß für ein wahrhaft weltgeschichtliches Ziel alle Einstellungen und Vorstellungen der Menschen ohne Rücksicht auf die Widersprüche in den Hoffnungen und begrenzten Absichten, in den Ideologien und Interessen ausgenutzt werden. Und schließlich kann bereits zugegeben werden, daß die Übereinstimmung der über die gesamte Erdoberfläche verteilten und oft getrennt verlaufenden Ereignisse zwar klar erkennbar, der Sinn dieses weltgeschichtlichen Vorganges aber noch nicht zu erfassen ist.

Die Auslegung, das gesamte Geschehen sei als die Verwirklichung einer Weltfriedensordnung zu verstehen, scheint nicht zuzutreffen. Offensichtlich verwandeln sich die bisherigen Gegensätze von Stämmen, von Stammesgruppen, Völkerschaften, Nationalitäten oder Nationalstaaten lediglich in die Konfrontationen von Regionen, Regionalbündnissen oder Weltmächten. Die quantitative Umstellung beweist lediglich einen zwischenstaatlichen Friedenswillen innerhalb einer neu-gebildeten Region, aber keinesfalls die Ankunft des Weltfriedens. Die Wirklichkeit des inneren Friedens wird auf eine Region ausgeweitet, das Problem des außenpolitischen Friedens bleibt zunächst zwischen den Regionen, wie früher zwischen den Nationalstaaten, offen oder ungelöst.

Um dem Leser brauchbare Voraussetzungen für eine selbständige Prüfung des erdumspannenden Vorganges zu vermitteln, wird der Regionalismus als eine aus dem Gesamt-geschehen ausgewählte Tendenz der zeitgenössischen Weltgeschichte in der folgenden Darstellung in vier Abschnitten behandelt. Nach dieser Einleitung werden zunächst die vorhandenen Tatsachen zusammengestellt und beschrieben. Darauf folgt die Darstellung der Elemente der Regionalbildung und deren analytische Betrachtung. Schließlich werden die Folgen dieses Vorganges erörtert. Insgesamt werden vom Verfasser nur Materialien und Hinweise auf mögliche Denkansätze zum Nutzen einer selbständigen Urteilsbildung angeboten.

Es soll deshalb zuletzt darauf aufmerksam gemacht werden, daß wir heute meist schon mit einem Vorurteil an die Tatsachen herantreten, das sich aus unseren Denkgewohnheiten ergibt. Unser zeitgenössisches Verständnis außerdeutscher und außereuropäischer Zeitgeschichte leidet heute also nicht nur unter der offensichtlich unzureichenden weltpolitischen Information, sondern auch unter einer von uns oft unbemerkten Ausrichtung durch eine vorherrschende Geschichtsideologie, die ein sogenanntes Allgemeingut geworden ist. Sie besagt, daß sich jede politisch-wirtschaftliche Erscheinung im Hinblick auf Erfolg oder Mißerfolg in den engen Zeit-grenzen der Aktualität eines Jahrzehnts abschätzen, mit einem Fremdwort: evaluieren ließe. Außerdem sei der geschichtliche Ablauf entweder durch unmittelbaren Zugriff oder indirekt durch die Gestaltung der Umwelt-bedingungen — in der breiten Skala von der Großstadtplanung bis zum politischen System — in vollem Umfange machbar. Er vollziehe sich im übrigen geradlinig bei freilich wechselndem Tempo, jedenfalls aber in die Zukunft hinein.

Nach Meinung des Verfassers trifft diese Geschichtsideologie nicht die Wirklichkeit des Geschehens, sondern spiegelt ein im Europa der letzten beiden Jahrhunderte entwickeltes und kultiviertes Wunschbild wider. Vorgänge historischer Art scheinen im Gegenteil niemals geradlinig zu verlaufen, sondern ein wechselvolles Bild von Ansätzen, sogenannten Quellausbrüchen, Versickerungen, fortreißenden Strömungen, Kanalisierungen, von kreisenden Strudeln und gegenläufigen Strömungen zu bieten. Nicht alle Ereignisse werden gemacht; oft handelt es sich um unwillkürliche Vorgänge, welche die Zeitgenossen dann immer wieder wegen der anscheinenden Unlogik und Unvernunft überraschen, obwohl sie sich später als folgerichtig herausstellen. Außerdem ist die Bedeutung eines Vorganges nicht nur in dem sichtbaren Bereich der politisch-wirtschaftlichen Institutionen oder der offiziellen Erklärungen, den das Wort Realpolitik deckt, sondern auch in dem unsichtbaren Bereich der geistigen Entwicklungen zu prüfen. Nicht selten geht das Geschehen auf der Oberfläche der greifbaren Tatsachen in den unsichtbaren Untergrund des geistigen Vorganges über oder steigt aus diesem hervor. Die komplizierte Beziehung von „Idee" und „Wirklichkeit" ist schon ein Kennzeichen der mittelalterlichen Reichsgeschichte und der Epoche der Nationalstaaten in Europa gewesen. Sie erscheint in der Epoche der Großraumbildungen von neuem.

Um das Verständnis der folgenden Schilderung zu erleichtern, dürfte eine Erklärung der angewandten Begriffe nützlich sein. In diesem Aufsatz bezeichnen die Worte Region und Regionalismus zwischenstaatliche Zusammenschlüsse bzw. die entsprechenden Bemühungen um ein größeres Gebilde, also nicht die Unterteilung eines Staates in Stammesgebiete oder Bundesländer. Es ist für jede Übergangszeit charakteristisch, daß bedeutsame Begriffe nebeneinander eine traditionelle und eine „moderne" inhaltliche Bedeutung haben. Dementsprechend sind auch intra-(= inner) regio-nale und inter-(= zwischen) regionale Vorgänge oder Beziehungen zu unterscheiden. Die Verschiedenheit der Worte Konföderation und Föderation zeigt eine unterschiedliche Dichte des innerregionalen Verhältnisses der einzelnen Gebiete einer Region an. Die dichteste Form ist die Integration, in welcher die völkerrechtliche Souveränität vollkommen von den Gründerstaaten auf einen Regional-staat übergegangen ist. So ist auch die Nation im allgemeinen das Ergebnis eines Integrationsprozesses verschiedener Stämme oder Völkerschaften gewesen. Als Nationalstaat wird hier die völkerrechtliche Einheit verstanden, welche sich alle Angehörigen einer Nation oder wenigstens deren Mehrheit geschaffen haben. Nationalität gilt als Bezeichnung einer starken Sondergruppe innerhalb eines Nationalstaates, die von anderen sprachlich-kulturellen, religiösen, gesellschaftspolitischen Merkmalen charakterisiert wird.

Im Übergang, etwa von der europäischen Nationalstaatengesellschaft zur regionalpolitischen Erdgesellschaft, verändert sich allmählich die Anwendung der Begriffe: bisherige Nationen werden als Nationalitäten begriffen, und bisherige Nationalitäten werden nur noch als Minderheiten, also als schwache Sonder-gruppen aufgefaßt. Manche meinen bereits, daß das Fortbestehen solcher Minderheiten — mag es sich nun um einen Nomadenstamm inmitten einer seßhaften Bevölkerung oder um seßhafte Basken in Spanien oder Bahiris in Bangla-Desh handeln — den inneren Frieden und den Fortsdiritt aufhalte und deren Einschmelzen in die nächsthöhere Einheit energisch zu betreiben sei. Mit dem quantitativen Wandel erfolgt also offensichtlich manchmal auch eine Veränderung der qualitativen Wertungen.

II.

Der Zweite Weltkrieg ist auch der Vater der Veränderungen der äußeren Weltordnung. Zwischen 1945, dem Gründungsjahr der Arabischen Liga, und 1971, der Konstituierung der Arabischen Föderation der Republiken Ägypten, Libyen und Syrien, sind 42 kontinentale, regionale und subregionale Groß-räume gebildet worden. Die während dieses Menschenalters alter Lebensrechnung begonnenen und wieder gescheiterten Experimente von der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft über die Staatenunion von Mali und Senegal bis zum Bagdadpakt sind in dieser Zahl ebensowenig enthalten wie die Hilfskonstruktionen der UN-Wirtschaftskommissionen oder der ständigen regionalen Ministerkonferenzen in Südasien und Westeuropa.

Ebenfalls sind — und das gilt nun auch für die nachfolgende Darstellung — ausschließlich staats-und völkerrechtswirksame Zusammenschlüsse berücksichtigt. Uber diese hinaus gibt es tatsächlich etwa das Hundertfache an internationalen Regional-und Kontinentalorganisationen privaten oder öffentlichen Rechtes. Sie stellen das Kleingewebe innerhalb des staatspolitischen Netzwerkes dar; sie verstärken entweder unwillkürlich die innerregionale Entwicklung oder mildern durch ihr übergreifen in fachgebundenen Kooperationen die interregionalen Reibungen. Von internationalen Verbänden der Geschichtslehrer bis zur organisierten Bekämpfung der Epidemien oder Heuschreckenschwärme, von der kontinentalen Rundfunkunion oder islamischen Nachrichtenagentur bis zur regionalen Entwicklungsbank reichen die hundertfältigen Beispiele, die heute bereits ein Handbuch ausfüllen könnten.

Die Weltweite des Vorganges wird deutlich, wenn wir uns erinnern, daß in demselben Jahre (1961) die lateinamerikanische Allianz für den Fortschritt, die westafrikanische Entente du Sahel et Benin und die Association of South East Asia (ASA) begründet werden. In einem anderen Jahre (1964) werden unabhängig voneinander das Comite Permanent Consultatif du Maghreb, die Regional Cooperation for Development (RCD), zu welcher sich die Türkei, der Iran und Pakistan zusammenfanden, und die zentral-(— äquatorial —) afrikanische Zollunion (UDEAC) gebildet. Noch 1968 schließen sich fast gleichzeitig die lateinamerikanischen Staaten am La Plata, die Anliegerstaaten des Senegalflusses, die Emirate am Persischen Golf und elf karibische Inseln zu subregionalen Zweckverbänden zusammen. Die Geschäftigkeit ist zuweilen so groß, daß es — um nur ein Beispiel zu nennen — in Mittelamerika zu der Konkurrenz eines politischen und eines wirtschaftlichen Zusammenschlusses, der Organisaciön de Estados Centroamericanos (ODECA) und des Mercado Commün Centroamericano (MCC), kommt oder in Südostasien drei jeweils erweiterte Gründungen in demselben Raume rasch aufeinander folgen: 1961 ASA, 1966 ASPAC, 1967 ASEAN (s. unten). Wir werden im folgenden in der alphabetischen Reihenfolge der Erdteile Afrika, Amerika, Asien, Europa, die bestehenden Regionalverbände beschreiben und dabei immer von der größten, also der kontinentalen Einheit zu den kleineren Regionen und Subregionen übergehen. Diese Methode darf noch durch den Hinweis gerechtfertigt werden, daß dieser zeitgenössische Prozeß des Regionalismus auch noch dadurch charakterisiert wird, daß der maritime Charakter der Weltreiche des neunzehnten Jahrhunderts überall durch eine kontinentale Ordnung ersetzt wird. Ausnahmen ergeben sich nur beim Zusammenschluß von Inselstaaten zu einer regionalen Gemeinschaft, deren Infrastruktur dann naturgemäß maritimer, mehr noch aviatischer, Art ist.

Afrika

Die Organisation für die Afrikanische Einheit (OAU) wurde am 26. Mai 1963 durch die Unterschrift von 31 Staatschefs unter die Charta der Organisation gegründet. 1971 zählte die OAU bereits 54 Mitglieder. Sitz des Generalsekretariates ist die Hauptstadt Äthiopiens, Addis Abeba, welche durch die ebenfalls dort niedergelassene UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA) und andere kontinentale Organisationen wie etwa des Senders „Voice of the Gospel" des Lutherischen Weltbundes zur inoffiziellen Hauptstadt Gesamtafrikas auf Zeit geworden ist.

Die Aufgabe der Organisation für Afrikanische Einheit besteht in der Koordinierung und Harmonisierung der Politik ihrer Mitgliedstaaten, insbesondere in der politischen und diplomatischen Zusammenarbeit, in der wirtschaftspolitischen Kooperation und nicht zuletzt auf dem Felde des Transport-und Verkehrswesens. Hinzu tritt das Zusammenwirken auf den Gebieten der Bildung und der allgemeinen Kultur — auf Anregung der OAU sind u. a. ein gesamtafrikanischer Künstlerverband, ein panafrikanischer Museumsverband und eine Cineasten-Union 1969 gegründet worden. Es schließen sich die wissenschaftliche und technologische Kooperation, die gesamtafrikanische Beratung des Gesundheitswesens, der medizinischen Versorgung und die Ernährungsprobleme und schließlich die Zusammenarbeit bei Verteidigungs-und strategischen Sicherheitsfragen an. Die „weißen" Regierungen des südlichen Afrika sind in der OAU nicht vertreten. Die kulturelle Zusammenarbeit ist in Konferenzen über die Entwicklung der afrikanischen Universitäten und in der Organisation eines gesamtafrikanischen Kulturfestival (1969 in Algier) sichtbar geworden, wobei die Leistung in der überbrükkung der gegenseitigen Entfremdung zwischen anglophon oder frankophon geprägten Kultur-gruppen, vor allem aber in der Annäherung zwischen dem schwarz-afrikanischen und arabisch-afrikanischen Kulturkreis lag. Die OAU hat 1972 in Nairobi außerdem die erste gesamtafrikanische Wirtschaftsmesse ausgerichtet. Bei der friedlichen schiedsrichterlichen Lösung innerafrikanischer Konflikte, wie etwa im Sezessionskrieg Biafras, blieb die Organisation für Afrikanische Einheit bisher erfolglos, nicht zuletzt, weil die ideologische Festlegung des bisherigen General-sekretärs Diallo Telli dessen überparteiliche Sachlichkeit manchem Partner unglaubwürdig erscheinen ließ. Andere Aktivitäten sind wiederum durch Meinungsunterschiede über die Konzeption und durch die institutionelle Rivalität zu der UN-Wirtschaftskommission als pragmatischer Leitstelle der kontinentalen Entwicklung gehemmt worden. Das Organisationsschema der OAU hat allerdings den meisten Regionalverbänden Afrikas als Vorbild auch dann gedient, wenn deren Motive und Ziele anderer Art waren.

Die UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA) ist am 29. April 1958 aufgrund eines Beschlusses des Wirtschafts-und Sozialrates der Vereinten Nationen (ECOSOC) mit dem Sitz in Addis Abeba gegründet worden. Die ECA zählt zur Zeit 41 Mitgliedstaaten und drei assoziierte Mitglieder, die noch eine Verantwortung für abhängige Gebiete auf afrikanischem Boden tragen: Frankreich, Großbritannien und Spanien. Das südliche Afrika ist in dieser Organisation nicht vertreten und infolgedessen im Unterschied zur OAU auch aus der Zuständigkeit ausgeklammert. Aufgrund eines ECOSOC-Beschlusses von 1970 fand im Jahre 1971 zum ersten Male anstelle der bisher üblichen Expertenkonferenzen eine Ministerkonferenz statt. Die Intensivierung der Arbeit wurde dadurch erkennbar. Das Aufgabengebiet erstreckt sich auf wirtschaftliche und soziale Untersuchungen, aber auch auf die unmittelbare Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Fragen des Verkehrswesens, der Industrialisierung, der Energie-wirtschaft und der Statistik stehen im Vordergrund. Insgesamt kann die ECA nur beratend tätig werden und ist hinsichtlich des Erfolges von dem Entscheidungswillen der Staatsregierungen abhängig. Sie hat sich aber dank ihrer soliden und spezialisierten Arbeit als Initiator, wirtschaftspolitischer Entscheidungsgehilfe der Nationalregierungen und Regional-organisationen und als ständiger Pate des Regionalismus in Afrika überhaupt durchgesetzt. Ihr Hauptziel ist die Bildung wirtschaftlicher Großräume und deren Ausbau in industrieller, verkehrstechnischer und markt-mäßiger Hinsicht. Der Begriff eines Gesamt-afrika bis zum Zambesi beschreibt nur die allgemeine Zuständigkeit, nicht die pragmatische Konzeption der Kommission. Diesem gesamtafrikanischen Zusammenhang entsprechen lediglich das „Afrikanische Institut für wirtschaftliche Entwicklung und Planung", das seit 1963 seinen Sitz in Dakar (Senegal) hat oder die periodischen Sozialkonferenzen wirtschaftspolitischer Experten.

Die Wirtschaftskommission für Afrika hat den Kontinent in vier Regionen aufgeteilt und für jede von diesen ein Regionalbüro eingerichtet. Dieses arbeitet als regionale Informationssammelstelle, als Zentralstelle für Experten, als Initiator regionaler Fachkonferenzen und regionaler industrial promotion Centers. Die so unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten abgesteckten Regionen sind: 1. Nordafrika mit dem Regionalbüro und einem Industrie-forschungsinstitut in Tanger. Alle nördlich der Sahara gelegenen Staaten sind in dieser Region zusammengefaßt. 2. Westafrika mit einem Regionalbüro in Niamey (Niger). Die Zuständigkeit erstreckt sich auf den Großraum von der Nordgrenze Mauretaniens bis zu den Ostgrenzen der Republik Niger und der Bundesrepublik Nigeria. 3. Zentralafrika mit dem Regionalbüro in Kinshasa (Zaire) und der Zuständigkeit für einen Großraum zwischen der Nordgrenze der Republik Tschad und den Ostgrenzen der Kleinstaaten Ruanda und Burundi. 4. Ostafrika mit dem Regionalbüro in Lusaka (Zambia). Hier wird vorläufig ein riesiger Raum von Äthiopien und Somalia am afrikanischen Horn über alle ost-und zentralafrikanischen Staaten bis zur Nord-grenze des südlichen Afrikas mit den der Ostküste des Kontinents vorgelagerten Insel-republiken zusammengefaßt. Gerade die Verschiedenartigkeit und Vielfalt dieser Region, die auch noch zwei verschiedene Verwaltungssprachen aufweist, begründet die Überlegungen zu einer weiter differenzierten wirtschaftspolitischen Regionalgliederung.

Die ECA strebt auf diesen Grundlagen einer wirtschaftlichen Großraumbildung die Begründung politisch wirksamer Einheiten an. Einen ersten Anfangserfolg hat die Kommission nur in Westafrika insofern errungen, als dort im Rahmen der OAU eine Westafrican Regional Group gebildet wurde, die sich einen Rat der Staats-und Regierungschefs, einen Ministerrat und ein provisorisches Sekretariat in Dakar gegeben hat — also den interstaatlichen Zusammenschlüssen im südostasiatischen Raum durchaus ähnelt.

Innerhalb Afrikas gibt es zwischen den kontinentalen und regionalen oder subregionalen Organisationen, die auf einer zusammenhängenden Landfläche existieren, nur eine einzige über mehrere Regionen hinweggreifende Gemeinschaft: die Organisation Commune Africaine, Malgache et Mauritienne (OCAMM). Sie beruht vorläufig auf dem Auswahlprinzip der Frankophonie. Nach dem Ausscheiden der Republik Mauretanien (1965) und dem Beitritt der Inselrepublik Mauritius (1970) gehören ihr zur Zeit achtzehn Mitgliedstaaten an. Der Sitz des Generalsekretariates ist in Yaounde (Kamerun). Die OCAMM faßt also gleichzeitig die unabhängig gewordenen ehemals belgischen und französischen kolonialen Territorien Schwarzafrikas und des östlichen Inselraumes zusammen.

Diese Organisation von Staaten ist bemerkenswerterweise aus einer fortgesetzten Umwandlung entstanden. Die einzelnen Entwicklungsstufen wurden durch die Organisation Africaine et Malgache de Cooperation Economique (OAMCE, 1961), die Union Africaine et Malgache (UAM, 1961) und die Union Africaine et Malgache de Cooperation Economique (UAMCE, 1964) bezeichnet. Dann erst folgte die OCAMM als wirtschaftspolitische Organisation, die am 12. Februar 1966 gegründet wurde und am 27. Juni 1966 ihre Charter erhalten hat. Zu diesem Zeitpunkt gehörten ihr vierzehn Staaten an.

Durch die gleichzeitige Mitgliedschaft der Inselrepublik Mauritius im Commonwealth of Nations und in der OCAMM ist eine erste Verschränkung jener anglophonen und dieser frankophonen Staatengemeinschaft in Afrika erfolgt. Durch die an Äquatorial-Guinea ergangene Einladung zum Beitritt, also an ein spanisch-sprechendes Land, ist die Ausweitung zu einer romanophonen Gemeinschaft möglich geworden.

Die OCAMM hat als multilateraler Partner der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft politische Bedeutung gewonnen; die gegenseitigen Beziehungen wurden in den drei Assoziierungsabkommen geregelt.

Die Regionalorganisationen in Afrika Auf Anregung der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA) wurde 1964 das Comite Permanent Consultatif du Maghreb (CPCM gegründet, das heute ein ständiges Sekretariat in Tunis unterhält. Bis 1970 gehörten ihm das Königreich Marokko, die volksdemokratische Republik Algerien, die Republik Tunesien und das Königreich Libyen an. Im März 1970 blieb eine libysche Wirtschaftsdelegation der regelmäßigen Zusammenkunft der Wirtschafts-minister in Rabat fern; der inzwischen in Libyen erfolgte innenpolitische Umsturz und die Absicht einer Neuorientierung der libyschen Außenpolitik (vgl. Tripolispakt) müssen als Anlaß und Grund gesehen werden. Im Oktober 1970 erklärte die Republik Libyen ihren offiziellen Austritt, während Mauretanien seit dem Sommer desselben Jahres regelmäßig Beobachter zu den Ministertreffen entsandte.

Durch den Austausch der Mitgliedstaaten ist diese regionale Organisation zu einer ausschließlich frankophonen geworden. Ihre Wirksamkeit wird aber durch die innermaghrebinischen Rivalitäten in der Wirtschaftsentwicklung und durch die Spannung zwischen verschiedenen politischen Systemen auf dem Wege zu einer intensiven Wirtschaftsgemeinschaft immer wieder aufgehalten. Von den politisch motivierten und teilweise von politischen Ideologien bestimmten Staatengruppen der afrikanischen Gründer-jahre, etwa von der Casablanca-, der Brazzaville-oder Monroviagruppe (jede nach dem Ort des Zusammenfindens benannt), hat nicht eine einzige das erste Jahrzehnt der unabhängigen afrikanischen Staatengesellschaft überlebt. Das gilt auch für die mehrfachen um den Kristallisationspunkt Kairo herum versuchten Staatenbünde föderaler oder konföderaler Art, von denen schließlich nur noch in Ägypten die Bezeichnung „Vereinigte Arabische Republik" hängengeblieben war. Im Jahre 1971 erfolgte eine Neugründung: am 17. April 1971 wurde in Bengasi eine Föderation von Libyen, Ägypten und Syrien beschlossen und am 1. September desselben Jahres durch ein Plebiszit in den drei Ländern gegründet. An der Spitze des Präsidialrates steht zunächst der ägyptische Staatspräsident. Kairo ist sowohl Sitz der Regionalregierung wie des Regional-parlamentes. Ein Oberkommando zur Verteidigung der Föderation ist ebenfalls geschaffen worden, wodurch ein Hauptzweck dieses Zu-

sammenschlusses, der Kampf gegen Israel, bereits akzentuiert ist. In der organisatorischen Durchbildung besteht also ein starker Unterschied zwischen den beiden Regionen des Maghreb und des sogenannten Maschrek.

Westafrika In der Großregion Westafrika haben sich nach der Dekolonisation vierzehn selbständige Staaten neben der portugiesischen Provinz Guinea gebildet. Während die zusammenfassenden Institutionen der anglophonen Territorien nach der Kolonialepoche zerfallen sind, sind die frankophonen Länder in vielfacher Beziehung ohne Unterbrechung miteinander verbunden geblieben; sie haben sogar in zwei Zweckverbänden anglophone Länder in ihre Kooperation hereingezogen.

Nach Auflösung des Generalgouvernements für Westafrika blieb auch für Westafrika innerhalb der Communaute Franpaise Africaine (CFA) unter Ausschluß der Republik Guinea die Währungsgemeinschaft bestehen, so daß der sogenannte CFA-Franc in allen Ländern als Zahlungsmittel verwendet wird. Als unmittelbare Nachfolgeorganisation wurde am 9. Juni 1959 die Union Douaniere de l'Afrique d'Ouest (UDAO) gegründet, welche eine zur selben Zeit eingerichtete Zentralbank mit dem Sitz in Paris zu ihrer Verfügung hatte. Die Aufgabenstellung bestand vor allem in dem freien ungehinderten Warenverkehr zwischen den bereits genannten Mitgliedstaaten. Auf der zwölften Konferenz dieser Mitglieder wurde die UDAO in die Union Douaniere des Etats de l’Afrique d'Ouest (UDEAO) umgewandelt. Das Gründungsdatum ist der 12. März 1966; die Charter trat am 16. Dezember 1966 in Kraft. Der Verwaltungssitz dieser Organisation ist Ouagadougou (Obervolta). Die Aufgabenstellung der UDEAO entspricht in großen Zügen ihrer Vorgängerin: freier Warenverkehr für inländische Erzeugnisse innerhalb der Region, gemeinsame Außenzölle der Region und ein finanzieller Ausgleich zwischen den bevorzugten Küsten-und den Binnenländern. In einem andauernden Verdichtungsprozeß — von Integration im eigentlichen Sinne des Wortes kann noch nicht gesprochen werden, weil die einzelstaatliche Souveränität erhalten geblieben ist — sind inzwischen die Mitgliedstaaten der UDEAO übereingekommen, eine Union Economique de l’Afrique d'Ouest zu bilden, deren Charter am 1. November 1971 beschlossen werden sollte. Die Republiken Guinea und Togo sollen als Beobachter fungieren.

Am 12. Mai 1962 ist von sieben frankophonen Staaten Westafrikas (Senegal, Mauretanien, Elfenbeinküste, Obervolta, Niger, Dahomey, Togo) die Union Monetaire Ouest-Africaine (UMOA) gegründet worden.

Auf Initiative einzelner hervorragender Politiker oder aus vitalen Bedürfnissen einer Regionalplanung in kleinerem Rahmen sind im frankophonen Westafrika fünf subregionale Zusammenschlüsse zustande gekommen. Der Conseil d'Entente, welcher wegen der klimatographischen Lage der Mitgliedsländer auch Union Sahel-Benin genannt wird, vereinigt seit dem 29. Mai 1959 die Staaten Elfenbeinküste, Obervolta, Niger und Dahomey.

1966 ist Togo als fünftes Mitglied hinzugetreten. Der Verwaltungssitz befindet sich in Abidjan (Elfenbeinküste). Diese Subregion liegt wie ein breiter Kragen rund um die anglophone Republik Ghana. Ihre Aufgabe ist die Koordinierung der wirtschaftlichen und industriellen Tätigkeiten — es wurde eine Sonderkommission für die Industrialisierung der Region gebildet — und die Garantierung für die Rückzahlung der von dritter Seite gewährten Wirtschaftsanleihen. Im Grundsatz gehört eine gemeinsame Außenpolitik nicht zu den Aufgaben der Entente, wenn auch von Fall zu Fall eine gewisse Harmonisierung möglich ist. An dieser Stelle ist einmal anzumerken, daß die Europäer dank unserer Schriftkultur die Bedeutung und die Stabilität einer Region vorzugsweise aus deren Konstitution und deren Organisationsschema ablesen. Dabei wird jedoch oft übersehen, daß in der Tradition einer regionalen Oralkultur die Häufigkeit und Reibungslosigkeit der unmittelbaren Präsidenten-und Minister-gespräche einen zutreffenderen Maßstab der Wirksamkeit abgeben. Gerade in der Entente sind diese Kontakte sehr intensiv, lassen aber auch außenpolitische Verschiedenheiten zu, wie die Frage des Dialoges mit Südafrika u. a. gezeigt hat.

Von Westen nach Osten reihen sich vier andere subregionale Zusammenschlüsse aneinander, wobei es mehrfach Doppelmitgliedschaften gibt und ein gelegentlicher Fortschritt vom reinen Zweckverband zur. politischen Konföderation nicht zu übersehen ist.

Die Organisation des Etats Riverains du Fleuve Senegal (OERS) fußt auf einer bereits von der französischen Kolonialverwaltung angesetzten überregionalen Planung für den Senegalfluß, auf der Internationalisierung dieses Stromes durch die Konvention von Bamako vom 26. Juli 1963 und auf dem bei gleicher Gelegenheit gebildeten Comite Inter-Etats pour l’Amnagement du Bassin du Fleuve Senegal, das sich seit 1964 sogar schon ein Generalsekretariat in St. Louis (Senegal) eingerichtet hatte. Das Gründungsdatum der OERS ist der 24. März 1968. Sie ersetzt das zwischenstaatliche Komitee und erweitert ihre Zuständigkeit vom Stromgebiet auf das gesamte Staatsgebiet der vier Mitgliedstaaten Guinea, Senegal, Mali und Mauretanien. Auch die Aufgabenstellung ist inzwischen auf den Gesamtbereich des wirtschaftlichen und sozialen sowie des kulturellen Lebens bis zur Errichtung regionaler Informationsund Schulungsstätten ausgedehnt worden. Diese Regionalorganisation ist ein Beispiel für die Entwicklung eines Zweckverbandes zu einer vielseitigen Regionalorganisation. Der Vergleich mit der europäischen Donaukommission oder entsprechenden Vereinbarungen wie dem Indian Water Treaty zwischen Pakistan und Indien, dem Columbia Water Treaty zwischen USA und Kanada belegt, daß ein solcher Fortschritt durchaus nicht zwangsläufig ist.

Zu der subregionalen Organisation des Pays Riverains du Sahara haben sich die Republiken Algerien, Mauretanien, Mali und Niger zusammengeschlossen. Es handelt sich also um eine Vereinigung, welche die Grenze zwischen Arabisch-Afrika und Schwarzafrika überbrückt. Seit 1966 wurden entsprechende Kontakte auf Expertenebene wahrgenommen, bis dann 1968 Ministerkonferenzen eingeführt wurden. Die Aufgabenstellung liegt in dem gemeinsamen Bau der Transsahara-Straße, in der Regelung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs und in Angelegenheiten der Polizei und der Straßensicherheit.

Im Jahre 1963 wurde auf einer Regierungskonferenz ein Acte Relatif ä la Navigation et ä la Cooperation Economique entre les Etats du Bassin du Niger unterzeichnet. Beteiligt waren die Republiken Guinea, Mali, Obervolta, Elfenbeinküste, Dahomey, Niger und Tschad sowie die Bundesrepubliken Nigeria und Kamerun. Damit sollte einerseits die Freiheit der Schiffahrt auf dem Niger gesichert und eine gemeinsame Nutzung der Naturschätze des Strombeckens angebahnt werden. Infolgedessen wurde im November 1964 die Comis-sion du Fleuve Niger gegründet und Niamey (Niger) als Verwaltungssitz gewählt. Zu den Aufgaben der Nigerkommission zählt der Aufbau einer Informationsstelle, die Prüfung aller Entwicklungsprojekte im Raum des Niger-beckens und die Beantragung von technischer und finanzieller Hilfe bei internationalen In-stitutionen. Das Besondere dieser Kommission ist die Zusammenarbeit frankophoner und anglophoner Staaten.

Die Commission du Bassin du Tschad entstand durch die Errichtung eines ständigen Sekretariats in Fort Lamy, das die Staatschefs von Kamerun, Niger, Nigeria und Tschad zur Erschließung des Tschadbeckens beschlossen hatten. Die Ausarbeitung einer Konvention wurde schon damals in Auftrag gegeben und das Ergebnis 1964 unterzeichnet. Zu den Aufgaben der daraufhin gegründeten Kommission gehören die Bestandsaufnahme der Wasser-reserven des Tschadbeckens, die Aufstellung eines Rahmenplanes für die Entwicklung dieses Raumes, die Koordinierung des nationalen Verkehrssystems, Auftragsstudien zur Entwicklung der Fischerei und die gemeinsame Planung anderer Forschungsvorhaben. Die Vielzahl dieser subregionalen Zusammenschlüsse in Westafrika kann in historischer Sicht als ein unwillkürliches Experimentieren mit Zweckverbänden für die spätere Festlegung politisch-wirtschaftlich integrierter Regionen gesehen werden. Die unterschiedliche sprachliche und transkontinentale Fixierung der anglophonen und frankophonen Länder bedeutet dabei eine erhebliche Hemmung in der Herstellung von verbindlichen wirtschaftlichen Großräumen und deren Weiterentwicklung zu politischen Einheiten.

Zentralafrika Die Union Douaniere et Economique de l'Afrique Centrale (UDEAC) stimmt im geographischen Umriß mit dem ehemaligen französischen Generalgouvernement Äquatorialafrika überein. Sie ist eine Erweiterung der nach den Unabhängigkeitserklärungen der fünf Republiken Tschad, Kamerun, Zentralafrikanische Republik. Gabun und Kongo gebildeten Union Douaniere Equatoriale (UDE). Erst nachträglich (1968) ist der Tschad aus diesem Verband ausgeschieden. Die Aufgaben der UDEAC bestehen in der Herstellung eines einheitlichen Außenzolltarifes, in der Einebnung der Binnenzölle, der Harmonisierung der Steuerpolitik, der Abstimmung der nationalen Industrieplanung und in der Förderung des innerregionalen Handels. Die Länder der UDEAC besitzen eine gemeinsame Zentralbank mit Sitz in Paris und für die gemeinsame Verwaltung der Eisenbahnen, der Flußschifffahrt und des Post-und Fernmeldewesens eine Agence Transequatoriale des Communications (ATEC).

Die Union des Etats d'Afrique Centrale (UEAC) wurde von den Republiken Tschad und Zaire unter zeitweiligem Beitritt der Zentralafrikanischen Republik am 2. April 1968 gegründet und am 1. Januar 1969 wirksam. Es handelt sich um eine Parallelorganisation, deren Aufgabenstellung genau der UDEAC entspricht, und die aus Gründen des zwischenstaatlichen Wettbewerbes zustande kam. Ihre Lebensfähigkeit wird durch den fehlenden geographischen Zusammenhang beeinträchtigt.

Ostafrika Für die ostafrikanischen Kolonialgebiete unter britischer Schutzherrschaft hatte es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine regionale Koordination gegeben, welche von 1947 bis 1961 von der East African High Comission, einem Rat der Gouverneure, und von 1961 bis 1967 durch die East African Common Services Organisation (EACSO) wahrgenommen wurde. Schon damals waren alle drei Gewalten eines demokratischen Systems vorhanden. Am 1. Dezember 1967 wurde an Stelle der EACSO die East African Community konstituiert mit Verwaltungssitz in Arusha im Nordosten Tanzanias. Um die nationalstaatlichen Widerstände gegen die regionale Behörde von vornherein abzufangen, wurde gleichzeitig das Prinzip der Dezentralisation durch die Verteilung der Hauptverwaltungen der Sonderorganisationen der Gemeinschaft auf die beteiligten Länder zur Geltung gebracht. Die ostafrikanische Entwicklungsbank und die regionale Post-und Fernmeldekorporation haben ihren Sitz in Kampala (Uganda), die ostafrikanische Eisenbahngesellschaft und die Luftfahrtgesellschaft East African Airways in Nairobi (Kenia) und die Hafenkorporation in Dar-es-Salaam (Tanzania). Im übrigen sind der Regionalbehörde 26 Gemeinschaftsdienste angeschlossen. Der einmalige Vorteil dieser schwarzafrikanischen Regionalorganisation ist es, daß in den Mitgliedstaaten eine einheimische Verkehrs-sprache, das Suaheli, allgemein verbreitet ist. Der Zusammenschluß der Regierungen aller unabhängigen Staaten zwischen der Nord-11 grenze des Tschad, des Sudan und Äthiopiens einerseits und der Südgrenze von Zaire und Zambia sowie der Ostküste des Kontinents andererseits zu einer Conference of Eastern and Central African Staates verfolgt aus-

schließlich außenpolitische Absichten. Er bezieht auch die in das südliche Afrika hineinreichende Republik Malawi und die in den Sonderraum der im Indischen Ozean gelegenen Inseln hineinragende, aber mit Tanzania konföderierte Insel Sansibar ein. Diese Konferenz ist zuletzt durch die Erklärung von Lusaka (1969) hervorgetreten, in welcher die Haltung der schwarzafrikanischen Staaten dem Südlichen Afrika gegenüber präzisiert wurde.

Südliches Afrika Im Unterschied zu der romanischen Auffassung von politischer Realität, die an eine Kodifikation von Zuständen und Vereinbarungen gebunden ist, können nach britischer Lebensauffassung wirtschaftliche und politische Realitäten auch auf rein pragmatische Weise zustande kommen und Stehenbleiben. Durch diese Art werden die innerregionalen Zusammenhänge im Großraum des Südlichen Afrika ebenso charakterisiert wie durch die Gleichzeitigkeit „weißer" Minderheitsregierungen in den großen Territorien der Region. Rhodesien, Malawi, die portugiesischen Provinzen Angola und Mocambique, Botswana, Lesotho und Swaziland (im internationalen Sprachgebrauch als BLS-Länder zusammengefaßt), das Mandatsgebiet Südwestafrika (in der politischen Auseinandersetzung oftmals als Namibia bezeichnet) und die Republik Südafrika sind die Teile des Ganzen. Seit 1910 ist Südafrika bereits mit den heutigen BLS-Staaten in einer South African Customs Union zusammengeschlossen, in welche Südwestafrika 1920 einbezogen wurde. Seit 1909 besteht bereits eine Vereinbarung zwischen Südafrika und Portugal, daß 47, 5 °/o der seegebundenen Transporte aus dem Industrieraum Transvaal über den portugiesischen Hafen Lourenqo-Marques geleitet werden. Die halbamtlichen Absatzorganisationen Südafrikas arbeiten gleichzeitig für die BLS-Staaten, mit denen aufgrund des südafrikanischen Rand eine Währungsgemeinschaft besteht. Der pragmatische Regionalverbund wird durch die interregionalen Bevölkerungsbewegungen und Einkommensströme verstärkt. Die Ausbildung einer innerregionalen Infrastruktur durch die Herstellung von Eisenbahnverbindungen, den Ausbau des Fern-nachrichtenwesens sowie multilaterale Wassernutzung und Elektrizitätsgewinnung (Cabora-Bassa-Staudamm!) verdichtet den Zusammenhang. über die Einräumung von Zollpräferenzen für Rhodesien und Malawi durch die Republik Südafrika hinaus entwickelt sich eine geistig-wissensdiaftliche Infrastruktur durch die regional ausgeweitete Arbeit und Beratung vorwiegend südafrikanischer Forschungsinstitute. Im südlichen Afrika entsteht also ein Regionalverbund aus dem Mosaik zwischenstaatlicher und multilateraler Maßnahmen ohne eine völkerrechtliche Programmerklärung, wobei die aus Großbritannien eingeführte pragmatische Methode politischen Handelns und die oralen Gewohnheiten der schwarzafrikanischen Bevölkerung zusammen-stimmen. Indischer Ozean Im Rahmen der frankophonen Weltpolitik entwickelt sich ein afro-asiatischer Zwischenraum, dessen Brückenlage gleichermaßen durch die seestrategische Bedeutung wie auch durch die Vielfalt der angesiedelten Kulturen betont wird. Dieser Großraum enthält die große Insel Madagaskar als Kristallisationspunkt, die Inselrepublik Mauritius und die übrigen Mascarainen, die Komoren, die von Frankreich abhängige Insel Reunion und die von Großbritannien abhängigen Seychellen. Allen ist die französische Kultursprache und ein asiatisch-afrikanisches Bevölkerungsgemenge gemeinsam. Der Entwicklungsvorgang dieser Region erfolgt durch die Verdichtung der gegenseitigen diplomatischen Beziehungen, durch die gegenseitige handelspolitische Verflechtung, durch die allmähliche Ausbildung einer vielschichtigen zusammenschließenden Infrastruktur, durch die regional abgestimmte Planung von Großunternehmen (Ölraffinerie in Tamatave [Madagaskar] oder Großraumsender auf den Seychellen), durch den innerregionalen Expertenaustausch und durch Aktionen der multilateralen Public Diplomacy. Eine außen-politische regionale Abstimmung mit dem Ziele, diesen Raum von sowjetrussischen und kontinentalchinesischen Einflüssen freizuhalten, wird ebenfalls erkennbar.

Amerika

Der amerikanische Doppelkontinent ist in den nördlichen integralen Großraum, den Kanada und die USA zusammen bilden, in die zentralamerikanische Brücke, in Südamerika und in den karibischen Raum gegliedert. Mittel-und Südamerika werden einerseits in dem Begriff Lateinamerika zusammengefaßt, andererseits ist aber Südamerika seinerseits wiederum in die portugiesische Sprachzone, welche mit dem integralen Großraum Brasilien übereinstimmt, und in das vielstaatliche spanische Sprachgebiet gespalten. Das kulturelle Fundament variiert von Argentinien im Süden, einem Land mit rein europäischer Herkunft der Bevölkerung, über unterschiedliche indianische Anteile und erste wesentliche negroide Beimischungen in Brasilien zu den negro-afrikanischen Kulturen am Rande und auf den Inseln des Karibischen Meeres. In diesem Zusammenhang darf der unterschiedliche Grad der Alphabetisierung nicht übersehen werden, der die Unterschiede zwischen den großen und kleineren Staaten noch vertieft.

Die Organizaciön de Los Estados Americanos (OAS) ist in einer mehr als einhundertjährigen Anlaufzeit aus der Geschichte des Panamerikanismus hervorgegangen. Durch die Initiative Simon Bolivars wurde schon 1826 ein erster „Vertrag über die ewige Union, Liga und Konföderation" geschlossen. 1890 fand die erste Internationale Konferenz der Amerikanischen Staaten statt. In der unregelmäßigen Folge weiterer Konferenzen, die immer eine neue Zwischenstufe der Zusammenarbeit darstellten, wurde schließlich am 30. April 1948 in Bogota die erste Charter der OAS beschlossen. Die bisherige Bezeichnung der „Union der Republiken des Amerikanischen Kontinentes" wurde in die „Organisation der Amerikanischen Staaten" geändert. Die vereinbarte Charter trat erst am 13. Dezember 1957 in Kraft und wurde dann 1967 durch eine neue ersetzt. Der so konstituierten Kontinentalorganisation gehören alle unabhängigen Staaten Lateinamerikas außer Guayana, Jamaika und Kuba, sowie die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada an. Die OAS ist historisch gesehen die erste Regionalorganisation der neuesten Zeit, die auf der Grundlage des kontinentalen Zusammenhanges anstelle einer überseeischen Reichsstruktur beruht. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte sind eine Vielzahl von interamerikanischen Räten (Wirtschaftsund Sozialrat, Kommission der Menschenrechte, Interamerikanische Kernenergiekomission, Komission für Frauenfragen oder Komission für den Thunfischfang in tropischen Gewässern), von Interamerikanischen Institutionen (Statistisches Institut, Kinderinstitut, Panamerikanisches Institut für Geographie und Geschichte, Indianer-Institut, Interamerikanisches Institut für Agrarwissenschaften) oder von Sonder-organisationen wie die Panamerikanische Gesundheitsorganisation hervorgegangen. Jedermann wird erkennen, daß die Struktur und die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen in der OAS zum großen Teil vorgebildet worden sind. Da eine konzentrierte politische Aktivität durch den Drang der lateinamerikanischen Staaten zur Emanzipation vom beherrschenden nordamerikanischen Einfluß gehindert wurde, hat sich der Schwerpunkt der wirkungsvollen Arbeit auf die Wirtschaftspolitik und die Zweckbereiche der Sonderorganisationen verlagert. Zugleich wurde in diesen Spannungen innerhalb der AOS die allgemeine Tendenz zur Bevorzugung regionaler und subregionaler Organisationen spürbar.

Im zeitgeschichtlichen Rückblick wirkt es fast wie ein systematischer Vorgang, daß sich der Raum der konkreten Zusammenarbeit gleichlaufend mit dem Übergang von allgemeinen politischen Betrachtungen und theoretischen Grundüberlegungen zu pragmatischen Handlungen immer enger eingrenzt. Aus der Gemeinschaft des Doppelkontinentes löst sich die Einheit Lateinamerikas und aus dieser wiederum die zentralamerikanische Staaten-gruppe heraus. Schließlich werden auch innerhalb Südamerikas und in der karibischen Inselwelt Regionalorganisationen gebildet. Dieser „systematische" Fortschritt vom ganzen Kontinent zu den Gebietsregionen ist kein vor-geplanter, sondern ein unwillkürlicher historischer Vorgang.

Den ersten Schritt bedeutete die Einrichtung der Economic Comission for Latin America (ECLA oder CEPAL). Diese am 20. Februar 1948 auf Anregung des Wirtschaftsund Sozialrates der Vereinten Nationen (ECOSOC) geschaffene beratende Institution hat den größten Anteil an den tatsächlich erreichten Fortschritten in regionaler und subregionaler Zusammenarbeit auf diesem Kontinent. Die ECLA verfügt in Mexiko-City über ein Regionalbüro für Mexiko, Zentralamerika und Antillen, während sich der Hauptsitz in Santiago di Chile befindet. Mitglieder sind zwanzig lateinamerikanische Staaten, USA, Frankreich, die Niederlande und Großbritannien. Assoziierte Mitglieder sind die Westindische Föderation, Britisch-Guyana und Britisch-Honduras. Die Aufgaben entsprechen denjenigen der drei anderen kontinental zuständigen Kommissionen desselben Typs: Durchführung von Studien, Abhaltung von Fach-konferenzen, Grundlegung subregionaler Zusammenschlüsse und Betreuung der entsprechenden multinationalen Vereinbarungen.

Am 18. Februar 1960 wurde dann durch einen Vertrag von Montevideo die Lateinamerikanische Freihandelszone (LAFTA oder ALALC) begründet. Ihr sind Argentinien, Brasilien und Chile, Bolivien, Kolumbien, Paraguay, Peru, Uruguay, Venezuela und Mexiko beigetreten. Kuba wurde nicht ausgenommen. Die Staaten Zentralamerikas bereiteten bereits einen gesonderten Zusammenschluß aufgrund einer bereits bestehenden politischen Regional-organisation vor.

Zentralamerika Der Zentralamerikanische Gemeinsame Markt (MCC), den Costa Rica, Guatemala, Honduras, Nicaragua und El Salvador bilden, wurde am 13. Dezember 1960 in Manangua durch einen Generalvertrag über die zentralamerikanische Integration gegründet. Schon 1952 war ein Comite de Cooperaciön Econmico de Istmo Centroamericano gebildet worden. Sechs Jahre danach (1958) wurden dann multilaterale Vereinbarungen über die industrielle Integration, über den freien Warenverkehr und die wirtschaftliche Integration im allgemeinen geschlossen. Der politische Rahmen war außerdem schon seit dem 14. Oktober 1951, durch den konföderativen Zusammenschluß der zentralamerikanischen Staaten zu einer Regional-organisation, der Organisation der zentralamerikanischen Staaten (ODECA) gegeben, welche der gegenseitigen politischen Abstimmung diente. Die Sicherung einer regionalen Friedensordnung und die Ausarbeitung einer regionalen Entwicklungspolitik waren die Hauptaufgaben. Nachdem der Wettbewerb zwischen MCC und ODECA entstanden war, suchte sich die ODECA durch die Konzentration auf die gemeinschaftliche Sozial-und Kulturpolitik zu behaupten, während MCC eine Bank zur zentralamerikanischen Wirtschaftsintegration gründete und 1964 die zentralamerikanische Währungsunion schuf. Die innerregionalen Zölle sind aufgehoben. Die lastenden Probleme bestehen in den großen Unterschieden der Bevölkerungsdichte (Nicaragua 27, El Salvador 332 Menschen auf den Quadratkilometer) und in der unzureichenden Industrialisierung bei gleichzeitigem starkem Bevölkerungswachstum von 3, 5 Prozent. Eine starke Integrationshilfe bedeutet die regionale Übereinstimmung in Sprache und Religion. Durch diese Regionalorganisation wurde die Wirtschaftspolitik zum vorrangigen Integrationselement, während die ODECA und der in Guatemala-City ebenfalls ansässige Zentralamerikanische Verteidigungsrat (CONDECA) nunmehr als notwendige Hilfskonstruktionen wirken.

Panama steht wie immer aufgrund seiner besonderen Bindungen an die USA außerhalb dieser Zusammenschlüsse. Mexiko gehört andererseits nur der LAFTA an, so daß diese die zentralamerikanische Region geographisch einrahmt. Durch die Lateinamerikanische Freihandelszone und den Zentralamerikanischen Markt wurden nebeneinander zwei Muster geschaffen, welche die Prinzipien der Konföderation und der Integration in ihrem Unterschied sehr deutlich machen. Lateinamerika gibt nun aber auch ein anschauliches Beispiel dafür, wie eine geschichtliche Tendenz manchmal im Wechsel von Lauf und Gegenlauf vorankommt; denn gleichsam in derselben historischen Minute wird einerseits auf einer Gipfelkonferenz der Staatspräsidenten in Punta del Este im April 1967 beschlossen, ab 1970 einen Lateinamerikanischen Gemeinsamen Markt einzuleiten und somit wieder zum Aufbau einer kontinentalen Region zurückzukehren, andererseits werden im Frühjahr 1968 in Südamerika zwei neue subregionale Organisationen, der Zusammenschluß der Anden-Staaten und der La-Plata-Anrainerstaaten, ins Leben gerufen und somit das Regionalprinzip im engeren Sinne des Wortes ähnlich wie in Zentralamerika praktiziert. Bemerkenswert ist, daß das in Punta del Este verabschiedete Aktionsprogramm einen Musterkatalog für die Erstellung einer regionalen Infrastruktur darstellt. Es reicht vom Autobahnbau über das Fermeldewesen bis zur Errichtung multinationaler Forschungsinstitute und bis zu einem technologischen Regionalprogramm. Das besondere Problem liegt aber in der Absicht, zwei Räume, Zen-B tralamerika und Südamerika, miteinander zu verschmelzen, die einen verschiedenartigen regionalen Aggregatzustand erreicht haben.

Südamerika Um die Bestrebungen der Lateinamerikanischen Freihandelszone in einem abgegrenzten regionalen Raum schneller und intensiver zu verwirklichen, einigten sich die Staaten Chile, Peru, Kolumbien, Ekuador, Bolivien und Venezuela am 16. August 1966 auf die gemeinsame Erklärung von Bogota und unterzeichneten dann, mit Ausnahme Venezuelas, am 7. Februar 1968 den Acuerdo de Integracin Subregional Andinos, auch Acuerdo de Cartagena oder Andenpakt genannt. An demselben Tage wurde auch noch die Corporaciön Andina de Fomento (CAF) als Entwicklungsgesellschaft mit Sitz in Caracas gegründet. An dieser Sonderorganisation ist Venezuela nun ebenso beteiligt wie an dem im Februar 1970 abgeschlossenen Anden-Kulturabkommen, das sich auf die Schulbuchreform, die Erwachsenenbildung und ein Entwicklungszentrum für das Buchwesen bezieht. Venezuela verhält sich hinsichtlich seiner regionalen Bindungen somit ähnlich wie Mauretanien in Westafrika, wenn auch anderen Motiven. Die -aus Ziel vorstellung des Andenpaktes ist ein subregionaler Gemeinsamer Markt, der durch einen gemeinsamen Außenzolltarif, die Aufhebung der intraregionalen Zölle bis auf ein Minimum, die regionale Aufteilung der Produktionsstätten und eine gemeinsame Politik gegenüber ausländischen Investitionen charakterisiert sein soll.

Mit einer ähnlichen Motivation ist durch die Akte von Santa Cruz (Bolivien), die Argentinien, Brasilien, Bolivien, Paraguay und Uruguay am 18. Mai 1968 unterzeichnet haben, die Gemeinschaft der La-Plata-Staaten gebildet worden. Eine regionale Entwicklungsbank bildet einen Kristallisationspunkt. Die zuerst formulierte Aufgabenstellung, Ausbau der Häfen und Besserung der Verkehrsstruktur, ging über einen begrenzten Zweckverband nicht hinaus. Inzwischen wird eine gemeinsame wirtschaftliche, industrielle, verkehrstechnische und kulturelle Entwicklung ins Auge gefaßt, die allerdings durch die Zweisprachigkeit der Region und die intensive introvertierte Entwicklung Brasiliens gehemmt wird. Immerhin ist im Rahmen dieser Regionalorganisation die heftige Auseinandersetzung zwischen Argentinien und Brasilien über die Wassernutzung im La-Plata-Becken schon 1972 durch ein Übereinkommen gemildert worden, demzufolge die internationalen Ströme nur so genutzt werden dürfen, daß die Interessen eines anderen Mitgliedstaates nicht geschädigt werden.

In Südamerika gibt es erhebliche Unterschiede in den Dimensionen und Potenzen der Staaten. Es gibt die zwei Gruppen der großen und der kleinen Staaten, aber nicht jene Kleinstaaterei, die wir auf einer vergleichbaren Fläche Afrikas feststellen können. Diese findet sich erst am zerstückelten Nordrand Südamerikas und im Karibischen Raum, wobei abhängige Gebiete ehemaliger kolonialer Großmächte und Inselrepubliken oder multiinsulare Staaten durcheinander gemengt sind. Gleichzeitig leben indische, europäische und negro-afrikanische Bevölkerungsgruppen mit-und gegeneinander in einem die Mentalitäten erhitzenden Klima. Hinsichtlich des Regionalismus ist dieser Raum ein Gebiet vielfacher und kontroverser Experimente geworden, ein Beispiel für das Werden und Vergehen der Ansätze, aber auch für die Kontinuität des Bemühens um regionale Zusammenschlüsse. Allen gemeinsam ist die Lebensnotwendigkeit, eine Infrastruktur des Regionalverkehrs durch Luft-verbindungen zu schaffen.

Karibischer Raum Die abhängigen Gebiete haben sich am 1. April 1957 zur Westindischen Föderation zusammengeschlossen. Auf diese Weise sollten die Barbadosinseln, Jamaika, Trinidad und Tobago, die Leewardund die Windward-inseln in einem Regionalverbund zusammengefaßt werden. Die Spannungen zwischen der anglophonen und der frankophonen, zwischen der vorwiegend katholischen und protestantischen Bevölkerung sowie das Mißtrauen der kleineren Inseln gegenüber den größeren erwiesen sich noch als übermächtig, so daß 1962 die Föderation auseinanderbrach. Neun Jahre später (1971) haben nun die Mitglieder des Commonwealth of Nations in diesem Raum — es sind Guyana auf dem Festland, die Inseln Dominica, Grenada, St. Kitts-Nevis, St. Lucia und St. Vincent — durch die gemeinsame „Erklärung von Grenada“ einen neuen kleinregionalen Versuch unternommen, die politische Einheit eines föderierten Staates durch eine verfassungsgebende Versammlung zu schaffen. Wenn dieses Vorhaben gelingt, wird in kleinerem Rahmen der südamerikanische Vorgang einer subregionalen Integration innerhalb einer kontinental-regionalen Konföderation wiederholt. Am 30. April 1968 ist nämlich durch den Vertrag von St. Johns eine Karibische Freihandelszone (CARIFTA) ins Leben gerufen worden. Ihr gehörten von vorne-herein Guyana, Barbados, Jamaika, Trinidad und Tobago, Antigua, Dominica, Grenada, Monserrat, St. Kitts-Nevis an. Später traten noch Anguila, St. Lucia, St. Vincent und schließlich Belize, das früher Britisch-Hondu-ras hieß, bei. Es handelt sich dieses Mal um eine ausschließlich anglophone Gemeinschaft, die sich 1968 in der Caribbean Regional Development Bank einen Kristallisationspunkt schaffte. Ihr stehen die der Europäischen Gemeinschaft assoziierten Gebiete gegenüber: das niederländische Surinam und die niederländischen Antillen, bestehend aus den Leeward-Inseln Curacao, Aruba und Bonaire und aus den Westward-Inseln Saba, St. Eustasius, St. Maartens, sowie die überseeischen Departements Frankreichs: Martinique, Guadeloupe, Französisch-Guyana. Der Brennpunkt liegt somit außerhalb der Region. Ohne Zweifel wird der Eintritt Großbritanniens in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft auf den karibischen Regionalismus eine Fernwirkung ausüben, weil die weltwirtschaftlichen Lebensbedingungen beider Gruppen dadurch angenähert werden.

Asien

Während für Afrika und Lateinamerika gelten konnte, daß die Zuständigkeit der UN-Wirtschaftskommissionen die Abgrenzung des einzelnen Kontinentes klarstellte, trifft dies für Asien nicht zu. Gehen wir die Geographie Asiens durch, so haben wir nach dem aktuellen Stand der Begriffsbildung folgende Regionen zu unterscheiden: den Nahen Osten südlich der Türkei bis zur Westgrenze des Iran mit den beiden Subregionen der nach Afrika übergreifenden Föderation der arabischen Republiken und der Föderation der arabischen Emirate im Gesamtverband der Arabischen Liga; den Mittleren Osten, welcher vom Bosporus bis zum Westrand des indischen und zur Südgrenze des chinesischen Großraumes reichend in der Central Treaty Organisation und zugleich in der Regional Cooperation for Development zu drei Viertel organisiert ist; Südostasien, dessen subregionale Durchgliederung noch der Zukunft überlassen ist und dessen Zusammenhang mit dem pazifischen Raum rund um Australien bzw.dessen Abgrenzung gegen diesen noch ungeklärt bleibt; schließlich den Fernen Osten, der sich um das ostchinesische, das japanische und das ochotskische Meer gruppiert und alle Festländer und Inselstaaten außerhalb Kontinentalchinas im sogenannten Ostasien umfaßt.

Der Schwebezustand des asiatischen Regionalismus tritt schon in der Abwechslung von geographischen und kulturgeschichtlichen Bezeichnungen zutage. Die heute noch gebräuchliehen Bezeichnungen Naher, Mittlerer und Ferner Osten sind aus einer europa-zentrischen Epoche der Weltgeschichte überliefert; sie werden sich voraussichtlich im Laufe der zukünftigen Entwicklung zu einer multi-polaren Weltgeschichte in regionale Eigennamen ändern.

Naher Osten Die Liga der Arabischen Staaten wurde am 22. März 1945 in Kairo mit der Unterzeichnung eines multilateralen Vertrages durch Ägypten, Syrien, Jordanien, Saudi-Arabien, den Irak, Libanon und Yemen geschaffen. Während zu Beginn der Schwerpunkt auf der arabischen Halbinsel lag, gehören heute alle Staaten vom Königreich Marokko am Atlantischen Ozean bis zum Sudan, dessen Territorium fast bis zum Äquator reicht, und bis zum Persischen Golf in diesen Staatenbund. Die Grenzen zwischen Afrika und Asien sind darin aufgehoben. Ein einmaliges Merkzeichen besteht darin, daß außer den Staatsregierungen auch die palästinensische Befreiungsfront gleichberechtigtes Mitglied geworden ist. Mit der Gründung der Arabischen Liga in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges beginnt ebenso die weltgeschichtliche Epoche des Regionalismus wie diese 1971 aufgrund der klaren bundesstaatlichen Verfassung der Föderation der Arabischen Staaten (Libyen, Ägypten, Syrien) ihr erstes allgemeingültiges Zwischenergebnis erreicht hat. Arabische Initiatoren haben also historische Marksteine gesetzt; über Wirklichkeit und Wirksamkeit der Arabischen Liga sind die Meinungen Außenstehender jedoch bei Anlegen europäischer Maßstäbe geteilt. Dabei wird der Erfolg zu Unrecht fast ausschließlich nach den Leistungen einer verbündeten Außenpolitik beurteilt. Auch hier stehen die einseitigen europäischen Vorstellungen über das Messen politischer Nutzeffekte der angemessenen Wertung im Wege. Nicht nur die regionalen und kontinentalen Kulturen der Erde sind verschiedenartig, auch die Außenpolitiken unterscheiden sich in ähnlicher Weise zwischen den Staaten seßhafter Völker und solchen mit Bevölkerungen nomadischer Herkunft, zwischen dem politischen Verhalten in Ländern der tropischen und der gemäßigten Erdzone. Hier wird der stets wirksame Einfluß der Kultur-geographie sichtbar. Arabische Außenpolitik ist schweifende und nicht so sehr eine feststellende und festschreibende Außenpolitik, wie sie von seßhaften Völkern betrieben wird. Auch die Innengeschichte der Arabischen Liga ist durch das zeitweise Abschweifen einzelner Mitglieder voneinander charakterisiert, ohne daß jemals ein endgültiger Bruch entstand. Für die arabische Welt gilt außerdem analog dasselbe wie für den Komplex Afrika, dessen Bevölkerungen und Lebensweisen ähnlich unterschiedlich sind wie jene der Lappen und der Sizilianer. Wollte man den Aggregatzustand der Arabischen Liga messen, so könnte man die Erscheinung der wirtschaftlichen Freihandelszone in das politische Geschehen übertragen.

In neuerer Zeit hat die Arabische Liga ihren Brennpunkt in dem Angriffsziel Israel gefunden. Aus diesem Anlaß wurde schon 1950 innerhalb des Verbundes ein Abkommen einiger Kernländer über kollektive Sicherheit geschlossen und im Janauar 1964 zur weiteren Steigerung der Intensität der Rat der Könige und Staatschefs als oberstes Organ gebildet. Die regelmäßig wiederkehrenden Zusammenkünfte dieses Gremiums werden jeweils als »arabische Gipfelkonferenz" akzentuiert. Obwohl sich die Zusammenarbeit innerhalb des Großraumes in einem subregionalen Gemeinsamen Markt für Kuweit, Irak, Jordanien, Syrien und Ägypten, einem Arabischen Gerichtshof und einer Arabischen Entwicklungs-

ank verdichtet hat, hat ein häufiger Wechsel er internen Entfremdungen und Koalitionen 16 zeitgeschichtliche Entwicklung dieser Re-gionalorganisation begleitet. Der ägyptische Staatspräsident Gamel Abdel Nasser wollte in mehrfachen Versuchen einen arabischen Bundesstaat, eine „Vereinigte Arabische Republik" als Kristallisationszentrum der Arabischen Liga schaffen. Die Konzeption schwankte im Laufe der Jahre zwischen einem Zusammenschluß der Nilstaaten oder der Anrainerrepubliken Israels. Sein Nachfolger hat dann diesen Gedanken in der bereits unter Afrika besprochenen „Föderation der Arabischen Republiken" von neuem verwirklicht.

Als zweite Subregion im arabischen Nahen Osten wurde am 2. Dezember 1971 in Abu Dhabi die „Föderation der Arabischen Emirate" gegründet. Es handelt sich um die souveräne Nachfolgeorganisation eines aufgehobenen britischen Protektoratsgebietes, in welchem bereits eine lose Union von neun Herrschaftsgebieten bestand. Zu den Gründern dieses „souveränen unabhängigen Staates" gehören die sieben Scheichtümer Abu Dhabi, Dubai, Scharja, Ajman, Umm al-Kawain, Fujirah und Ras-al-Khaima. Zum ersten Präsidenten auf fünf Jahre wurde der Herrscher von Abu Dhabi, dem größten und ölträchtigsten Territorium, zum Ministerpräsidenten der Sohn des Emirs von Dubai gewählt. Der Form nach ist also eine bundesstaatliche Region geschaffen worden. Die Gewichte der Mitgliedsländer sind allerdings sehr unterschiedlich: für Abu Dhabi gibt die Statistik das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Erde an; dort existiert auch die einzige Armee neben einer noch von den Briten organisierten Bundestruppe (Trucial Oman Scouts). Zu bemerken ist noch, daß einige Kleinstaaten an den Küsten des Persischen Golfes der neuen Föderation nicht beigetreten sind: Bahrain, Katar und Oman.

Mittlerer Osten Im Mittleren Osten stehen sich Afghanistan als neutraler Zwischenstaat und die Entwicklungsund Verteidigungsgemeinschaft von Türkei, Iran und Pakistan gegenüber. Im Vertrag von Istanbul vom 21. Juli 1964 haben die Staatschefs des Iran, Pakistans und der Türkei die Regional Cooperation for Development (RCD) gegründet, als deren Vorläufer der Wirtschaftsausschuß des CENTO-Paktes anzusehen ist. Als Verwaltungssitz wurde Teheran bestimmt. Die Motive dieser Neubildung sind in dem Drang der drei Staaten zu sehen, aus eigener Kraft die Entwicklung ihrer zu siebzig Prozent aus Agrarbevölkerung bestehenden Staatsvölker mit Rücksicht auf die innenpolitische Stabilität zu beschleunigen und sich zugleich von dem übermächtigen Einfluß der Vereinigten Staaten von Amerika zu distanzieren.

Der Zweck der Organisation wird in einer Verdichtung „der wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Zusammenarbeit und in der Förderung des wirtschaftlichen Fortschrittes und der Wohlfahrt von mehr als 160 Millionen Menschen durch konzentrierte Aktionen in dieser Region" gesehen. Als integrierende Elemente werden ausdrücklich „die Bande des Glaubens, der Kultur und der Geschichte" und übereinstimmende Vorstellungen von der Zukunft hervorgehoben. Die im Gründungsbeschluß festgesetzte Aufgabenstellung führt im einzelnen die Herstellung des freien innerregionalen Warenverkehrs, die regionale Zusammenarbeit der Handelskammern, multilaterale Entwicklungsprojekte, regionale Posttarife, eine Verbesserung des regionalen Luftverkehrs, die Bildung einer regionalen Schiffahrtskonferenz, die Durchführung von Verkehrsstudien, eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Fremden-verkehrs, einen Austausch von Experten und einen Kulturaustausch innerhalb der Region auf.

Diese Regionalorganisation ist besonders interessant, weil sie ihre Aktivitäten nicht nur wie manche anderen einseitig auf den wirtschaftlichen Fortschritt oder die außenpolitische Emanzipation konzentriert, sondern alle Lebensbereiche zur Intensivierung der Konföderation nutzt. Das wird an der Zweck-bestimmung der Unterorganisationen besonders deutlich. Es handelt sich um ein regionales Kulturinstitut in Teheran, um ein Versicherungsinstitut in Karatschi, um eine regionale Kammer für Handel und Industrie und um regionale Schiffahrtsdienste. Im Rückblick auf die Föderation der Arabischen Emirate wird uns aber auch bewußt, aus welchen Größenunterschieden der geographischen Ausdehnung, des demographischen Inhalts und der wirtschafts-oder machtpolitischen Potenz sich die neue Erdordnung aufbaut: dort 250 000 Menschen, hier 160 Millionen.

Südasien Südasien stellt sich nach der Dekolonisation keinesfalls als eine amorphe, sondern als eine noch nicht in klar voneinander abgegrenzte Subregionen gegliederte Staatenwelt dar. Die Entwicklung in diesem Großraum ist außerdem durch den Einfluß einander widerstrebender großer Mächte gehemmt worden, die von anderen Erdteilen aus in diese Zone hineinwirken. Die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und Japan, neuerdings aber auch die Sowjetunion und Kontinentalchina sind hier zu nennen. Schon am Persischen Golf deckt sich die Grenze zwischen dem britischen und dem amerikanischen Einflußbereich mit der Abgrenzung der Föderation von den selbständigen Kleinstaaten. In Südasien wurde der Colomboplan 1950 von London aus, die UN-Wirtschaftskommission für Asien und den Fernen Osten (ECAFE) aber unter amerikanischem Einfluß ins Leben gerufen. Zur Auflösung dieser Zwickmühle beschlossen dann 1965 die asiatischen Mitglieder der ECAFE die Charter der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), auf welche inzwischen unter einem japanischen Präsidenten der Schwerpunkt der Entwicklungsstrategie übergegangen ist.

Die regionale Wirtschaftspolitik sollte wohl ursprünglich als Hilfsmittel für die militär-strategische Außenpolitik in Asien dienen, um die kommunistischen Großmächte einzukreisen oder von außen her einzukapseln. Das Bemühen um einen Rückhalt, dessen Fundamente möglichst weit in den pazifischen Raum zurückreichten, erklärte zum Teil und im Zusammenhang mit der Unterentwicklung der Infrastruktur des landgebundenen Verkehrswesens und der Sicherung der überseeischen Nachschubwege die immer neuen Kombinationen im Entwurf von Regionalorganisationen, die sich teils überlappen, teils wie ein Abtasten möglicher zukünftiger Subregionen anmuten. Gleichzeitig wurde der Fortschritt, aufsteigend vom Zusammenschluß einzelner Staaten zur Region und absteigend vom Kontinentalverband zu den Regionen, angebahnt. Sowohl eine Verwirrung als auch eine Verstrickung der Tendenzen war eine unumgängliche Folge.

Auf diese strudelnde Entwicklung wirkten dann noch die amerikanisch-kommunistische Konfrontation in Vietnam und dessen Nachbarstaaten, die sowjetrussisch-chinesische Konfrontation im zweiseitigen indisch-pakistanischen Vorfeld und zuletzt die amerikanisch-chinesische Begegnung als Querschläge. Dadurch wurde einerseits die Zweckbestimmung subregionaler Ansätze (ASEAN!) vom gegenseitigen Beistand in das Programm einer Neu-B tralitätszone mitten im Prozeß verkehrt, andererseits etwa die Bildung einer ostasiati-schen Subregion durch die engere Zusammenarbeit von Japan, Südkorea und Taiwan gebremst. Der europäische Leser wird ein klares Bild der verschiedenen regionalen Ansätze gewinnen, wenn er die einzelnen Zusammenstellungen aus der Erdteilkarte ausschneidet und dann diese Teilkarten chronologisch übereinander legt. Er wird sich zugleich vergegenwärtigen müssen, daß die Brennpunkte dieses Großraumes keinesfalls zuerst im Verlauf der Kampffronten zu suchen sind, sondern hier oft mit den Teilmeeren, zum Beispiel dem süd-chinesischen Meer, und vor allem mit der Meeresstraße von Malakka übereinstimmen, welche in handelsstrategischer Beziehung eine ähnliche Bedeutung hat wie der pazifische Ozean in militärstrategischer Hinsicht.

Durch den am 1. Juli 1951 in Kraft getretenen „Colombo-Plan for Co-operative Economic Development in South and South-East Asia" werden 24 Staaten erfaßt. Es sind Afghanistan, der Iran, Pakistan, Bhutan, Nepal, Indien, Ceylon, Burma, Thailand, Laos, Kambodscha, Südvietnam, Malaysia, Singapore, Indonesien, Philippinen, Südkorea, Malediven, Australien, Neuseeland, Japan, die USA, Kanada und das Vereinigte Königreich. Der Schwerpunkt der Leistung liegt auf der Technischen Hilfe, über welche in den Jahreskonferenzen des Konsultativ-Rates entschieden wird. Die Innen-struktur dieser aus Empfänger-und Geber-ländern zusammengesetzten Regionalorganisation ähnelt der des Commonwealth of Nations sehr.

Am 31. Juli 1961 schlossen sich die Philippinen, das damalige Malaya und Thailand zugunsten einer wirtschaftlichen und kulturellen Kooperation zur Association of South-East-Asia (ASA) zusammen. Eine weitere Zwischenstufe stellte die 1963 zwischen Malaya, Philippinen und Indonesien (MAPHILINDO), also einer anderen Dreierkombination, beschlossene Zusammenarbeit auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet dar. Schon Mitte Juni 1966 wurde dann von den neuen asiatischen und pazifischen Staaten Neuseeland, Australien, Japan, Taiwan, Philippinen, Südkorea, Südvietnam, Malaysia und Thailand der Asian and Pacific Council (ASPAC) gebildet. Auch für diesen Zusammenschluß galt als Zweckbestimmung die kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Immerhin wurde diese über die regelmäßige Abstimmung von Gesichtspunkten in multilateralen Gesprächen hinaus konkretisiert. Seit 1971 sind Spezialinstitute zur Erleichterung der pragmatischen Arbeit errichtet worden: ein Zentrum für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bangkok (Thailand), dem Sitz der ECAFE, eine Registratur der wissenschaftlichen und technischen Dienste in Canberra, der Hauptstadt Australiens, ein Zentrum für die Technik der Nahrungs-und Düngemittel sowie ein Kultur-und Sozialzentrum. Im Unterschied zu anderen Regionalorganisationen mit festem Verwaltungssitz hat der ASPAC einen jährlich wechselnden wandernden Standort. Hier schlägt die historische Reichsorganisation der europäischen Geschichte noch einmal in die neueste Zeit durch. Für den europäischen Beobachter ist es außerdem wohl nützlich, zu erkennen, daß das Wort Kultur in Afrika, Asien und Lateinamerika gleichermaßen einen viel umfassenderen Inhalt hat als im zeitgenössischen Europa, in dem es auf Erziehung und Kunst zusammengeschrumpft ist und sich nicht mehr auf die Landwirtschaft und die Sozialordnung bezieht. Vor dem nächsten Schritt auf eine politische Regionalorganisation hin erfolgte am 19. Dezember 1966 die Gründung der Asian Development Bank (ADB), die aus der Zusammenarbeit der UN-Wirtschaftskomission für Asien und den Femen Osten (ECAFE) hervorgegangen war und auf einem'Entschluß ausschließlich asiatischer Staaten beruhte. Der Verwaltungssitz wurde nach Manila (Philippinen) gelegt. Diese Institution, die inzwischen zum wesentlichsten Kristallisationspunkt in diesem Großraum geworden ist, wird am besten als eine auf Asien spezialisierte Weltbank charakterisiert und übertrifft schon deshalb in ihrer Auswirkung die Entwicklungsbanken in anderen Erdteilen erheblich. 35 Staaten zählen zu ihren Mitgliedern, von denen 21 in Asien und 14 in anderen Kontinenten liegen. Die selbstgewählte Aufgabenstellung besteht in der Ausarbeitung einer kontinentalen Entwicklungsstrategie, die in regionalen und einzelstaatlichen gesamtwirtschaftlichen Operationen und in der Durchführung von Einzelprojekten verwirklicht wird. Die Spezial-fonds der ADB zeigen die Schwerpunkte des Einsatzes: Agricultural Special Fund — Technical Assistance Special Fund — Multi-Pur-pose Special Fund. Eine Hauptaufgabe wird in der Ausschaltung des innerregionalen Wettbewerbes zugunsten einer arbeitsteiligen Planung gesehen.

Dieser kontinentalen Organisation, die ihre finanziellen Kräfte auch aus anderen Erdteilen zieht, stand schon im folgenden Jahre am 8. August 1967 die Gründung einer neuen Regionalorganisation gegenüber. Die Philippinen, die Föderation von Malaysia, Singapur, Thailand und Indonesien schlossen sich zur Association of South East Asian Nations (ASEAN) zusammen. In der ASEAN-Declaration wird ein umfangreicher Aufgabenkatalog zusammengestellt: Wirtschaftliches Wachstum, sozialer Fortschritt und kulturelle Entwicklung sind die Hauptthemen. Mit besonderer Betonung wird auf eine regionale Friedensordnung und die Wahrung des Völkerrechtes, aber auch auf die Notwendigkeit inter-regionaler außen-politischer Beziehungen hingewiesen. Schon vor dem Besuch des amerikanischen Präsidenten in Peking haben die Mitgliedstaaten am 27. November 1971 gemeinsame Anstrengungen beschlossen, um Südostasien zu einer „Zone des Friedens, der Freiheit und der Neutralität" zu machen. Die Ablehnung der Einmischung großer raumfremder Mächte in diese Region stand allerdings im Widerspruch zu der Mitgliedschaft Thailands und der Philippinen in der SEATO (s. unten) und zu dem Verteidigungsabkommen, welches Singapur und Malaysia gerade erst am 1. November 1971 mit Australien, Neuseeland und Großbritannien abgeschlossen hatten.

Im Überblick ergibt sich eine gewisse organisatorische Verdichtung in der südostasiatischen Region, wenn wir den Gesamtraum des Indischen Ozeans und auch Ostasien neben dem Pazifischen Raum in die Betrachtung einbeziehen. Die Erklärung ist darin zu finden, daß hier das geopolitische Nervenzentrum liegt, dessen Schicksal auf die großen organisatorischen Nachbarräume ausstrahlt. Der Vietnamkrieg und die Auseinandersetzung um die Internationalisierung der Malakka-Straße haben die hervorragende Bedeutung dieser Region erneut bestätigt.

Ferner Osten Bis zur amerikanisch-chinesischen Begegnung schien sich für den „Fernen Osten" bzw. Ostasien die Ausbildung einer Subregion in der Dreierkombination von Japan, Taiwan und Südkorea abzuzeichnen. Diese drei Staaten die weisen bisher größten wirtschaftlichen Zuwachsraten aller asiatischen Länder auf, so daß es sich um eine Union entwickelter Staaten handeln würde. Außerdem hat das historische Schicksal sie schon seit langem zusammengeführt: Formosa wurde 1896 und Korea 1910 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von Japan besetzt.

Europa

Durch die Jahrhunderte zeigt das Europabild eine wechselnde Größe. Es ist ursprünglich mit dem christianisierten Okzident identisch gewesen; später war der Umriß aufgrund des kirchlichen Schismas zwischen dem römischen und dem orthodoxen Christentum umstritten. In unserer Zeit nun hat General de Gaulle Europa zwar den geographischen Raum vom Atlantischen Ozean bis zum Uralgebirge zugeteilt; das Ganze war jedoch zunächst in vier Teile zerfallen: in die Gruppe der freien Küstenstaaten an Ost-und Nordsee, in den osteuropäischen Satellitenraum der Sowjetunion, in die übriggebliebenen Staaten an den Nordküsten des Mittelmeeres und in das westliche Mitteleuropa unter der Schutzmacht der westlichen Alliierten des Zweiten Weltkrieges. Vier Europabegriffe bilden zusammen das Europabild, wobei die regionalen Organisationen durchaus nicht mit den geopolitischen Teilen übereinstimmen. Erst in der Planung einer Europäischen Sicherheitskonferenz taucht die ehemalige Raumgröße wieder auf, ohne daß sich vorhersagen ließe, ob vielleicht ein hartes Auseinanderbrechen in zwei Hälften den nächsten Zeitabschnitt europäischer Geschichte charakterisieren wird.

Im Unterschied zu Afrika und Lateinamerika hat Europa — insofern Asien ähnlich — keine den gesamten Kontinent erfassende Organisation. Der seit dem 5. Mai 1949 bestehende Europarat ähnelt mehr einem subkontinentalen Staatsverein zur Förderung eines umfassenden Europagedankens, nicht aber einer Aktionsgemeinschaft. Der Mitgliedsraum der achtzehn zugehörigen Staaten holt zwar bis zu den Inselrepubliken Malta und Zypern und bis an die Ostgrenze der Türkei aus, ist aber auf Staaten mit einem parlamentarisch-demokratischen System beschränkt.

In der in Paris ansässigen Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) findet eine andere Auslegung des Europabildes Anwendung. Diese wirtschaftspolitische Kontinentalorganisation beruht auf der am 16. April 1946 unterzeichneten „Konvention für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit"; sie schließt die beiden iberischen Staaten und Griechenland im Unterschied zum Europarat ein, zählt aber auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika, Kanada und Japan zu ihren Mitgliedern. Diese weite Auslage des Fundamentes läßt Vergleiche mit dem COMECON zu, dem die Mongolische Volksrepublik und Jugoslawien neben der Sowjetunion und den anderen osteuropäischen Staaten angehören. Es mag an der intensiven Tätigkeit der OECD liegen, daß die UN-Wirtschaftskommission für Europa (ECE) in Genf, die übrigens West-und Osteuropa einklammert, nicht dasselbe wirtschaftspolitische Schwergewicht auf unserem Kontinent gewonnen hat wie ECA (Addis-

Abeba), ECLA (Santiago) und ECAFE (Bangkok) in den drei anderen Erdteilen.

Die Beschreibung der einzelnen europäischen Regionen beschränken wir auf wenige Grund-daten, um den Umfang dieser Darstellung nicht unnötig auszudehnen. Außerdem kann im Falle Europas bei deutschen Lesern ein ausreichender Informationsstand vorausgesetzt werden, zumindest hinsichtlich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der Europäischen Gemeinschaften für Kohle und Stahl (EGKS) und für Atomenergie (EURATOM), im Hinblick auf die Europäische Freihandelszone (EFTA) und den osteuropäischen Rat für wirtschaftliche Zusammenarbeit (COMECON). Geringer dagegen dürften die Kenntnisse über den Nordischen Rat, den Balkanpakt und den Iberopakt sein.

Zwei Besonderheiten unterscheiden die europäische Entwicklung zum Regionalismus von Vorgängen in anderen Kontinenten. Entstehung und Aggregatzustand werden im europäischen Mittelraum bereits durch gegenseitige Reaktionen verschiedener Regionen beeinflußt. Der am 14. Mai 1955 geschlossene Warschauer Militärpakt der osteuropäischen Staaten im sowjetischen Machtbereich war eine solche Reaktion auf die am 3. Oktober 1954 vereinbarte Westeuropäische Union. Die 1951 vorgenommene Gründung der westeuropäischen Montanunion und die Konstituierung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch die römischen Verträge vom 5. März 1957 waren ihrerseits Reaktionen auf die Gründung des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON) vom 25. Januar 1949.

Auf jene reagierte dann der COMECON seinerseits wiederum am 14. Dezember desselben Jahres mit der Unterzeichnung eines-Statutes, das die Grundlage für eine verdichtete Zusammenarbeit legte. In der übrigen Weltbeginnen die interregionalen Probleme erst nach Festlegung der jeweiligen Region.

Die zweite Besonderheit liegt darin, daß ine Region aus zwei anderen Regionalorgahisatio-nen das Mark nun aussaügt: es handelt sich um die European Free Trade Association (EFTA), welche Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Osterreich, Portugal, Schweden und die Schweiz am 20. November 1959 gegründet hatten, und um den 1952 geschaffenen Nordischen Rat von Dänemark, Island, Norwegen und Schweden, dem 1955 auch Finnland beitrat. Dadurch wird ein aufsteigender Entwicklungsgang vom regionalen Zweckverband der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl über eine auf sechs Staaten beschränkte Wirtschaftsgemeinschaft zu einer subkontinentalen Organisation sichtbar. Die Währungsunion von zehn Staaten zwischen dem Nordkap und der Straße von Sizilien gilt als der nächste Entwicklungsschritt. Zugleich wird die Vielfalt des geschichtlichen Lebens etwa in einem Vergleich mit Westafrika erkennbar. Dort stellte die Währungsunion die Ausgangslage dar und die Gliederung des so umrissenen Großraumes in Subregionen und multilaterale Zweckverbände folgte erst nachträglich. Der nun erweiterten EWG fehlt aber auch die dort vorgegebene Klammer der gemeinsamen regionalen Organisationssprache und die annähernde Übereinstimmung der staatspolitischen Systeme im regionalen Innenraum — das sind zwei wichtige Faktoren, über die andererseits der COMECON verfügt.

Der Balkanpakt ist aus einem am 28. Februar 1953 zwischen Jugoslawien, Griechenland und der Türkei in Ankara geschlossenen Freundschafts-und Kooperationsvertrag und einem am 9. August 1954 in Bled vereinbarten Beistandspakt hervorgegangen. Die Aktivitäten ruhen allerdings seit 1955, aber das schwierige Vorfeld vor der italienisch-griechischen NATO-Strecke bleibt dadurch ein wenig neutralisiert.

Wie ein nur geringe Aktivitäten aufweisender Verbund durch Anpassung an eine neue Entwicklung frisch belebt werden kann, zeigt ein Vorgang auf der iberischen Halbinsel. Der am 18. März 1939 von Spanien und Portugal geschlossene Freundschaftsund Nichtangriffs21 pakt (IBERO-Pakt) wurde durch ein Protokoll ausdrücklich „im Hinblick auf die aktuelle Evolution zur Organisation der Großraum-wirtschaften" in seiner Zweckbestimmung erweitert. Dieser Fortschritt ist wiederum ein Kernstück des Westatlantischen Wirtschaftsrates, in welchem Spanien, Portugal, Frankreich und Irland in gemessener Weise zusammenarbeiten. Es zeigt sich, daß es auch bei Wirtschaftsregionen die Erscheinung des Vorfeldes gibt. Dieses wird in Zukunft voraussichtlich auch noch durch eine „peninsulare Freihandelszone" charakterisiert sein. Es ist, von den kanadisch-nordamerikanischen Verschränkungen mannigfacher Art abgesehen, eine Ausnahme in der Vielfalt der Erscheinungen, daß auf bilateralem Wege bereits eine Region gebildet werden kann.

Einen völlig anderen Aggregatzustand als die beiden zuletzt erwähnten Zusammenschlüsse zeigt der Nordische Rat, dem Vertreter aus den fünf Staaten Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden angehören. Hier handelt es sich um eine Brückenregion zwischen EWG und EFTA, querhin über das ost-und westeuropäische Vorfeld. Gleichzeitig läßt sich eine skandinavische Kerngruppe von der Gesamtgruppe unterscheiden. Die Gemeinsamkeit reicht einerseits bis zur Bildung eines regionalen Arbeitsmarktes und bis zu außen-politischen Deklamationen gegenüber entfernt liegenden anderen Regionen (Südliches Afrika) bei entsprechender Schweigsamkeit im Hinblick auf die Nachbarregionen, schließt aber andererseits die gemeinsame Regelung der Verteidigungsfragen aus.

In dieser geopolitischen Übersicht des Regionalismus, welcher wir eine gruppierende Zwischenordnung durch die geographischen Erdteile Afrika, Lateinamerika, Asien und Europa gegeben haben, sind für die drei letzteren zwei Erscheinungen zunächst unberücksichtigt geblieben. Es hätte der Absicht und der Funktion einer Regionalkette widersprochen, wenn die Einzelteile eines erdumspannenden Verbundes bei der Darstellung des jeweiligen Erdteiles aus dem Zusammenhang herausgelöst worden wären. Hiermit ist die stählerne Kette der miteinander und militärstrategisch funktionierenden Regionen gemeint, welche von Washington aus im Verlaufe des Jahrzehntes von 1949 bis 1959 geschmiedet worden Ist. Es begann mit dem Abschluß der North Atlantic Treaty Organization (NATO) durch zehn europäische Staaten (zwischen Island und Portugal gelegen) sowie den USA und Kanada im April 1949. Zweieinhalb Jahre später wurde der Pazifik-Verteidigungspakt ANZUS zwischen Australien, Neuseeland und den USA geschlossen. Fast gleichzeitig wurde die NATO geopolitisch durch den Beitritt Griechenlands und der Türkei (Februar 1952)

erweitert. 1954 wurde dann in Manila (Philippinen) die South East Asia Treaty Organization (SEATO) durch den Zusammenschluß von Neuseeland, Australien, den Philippinen, Thailand, Pakistan, Frankreich, Großbritannien und den USA als eine operative Aktionsgemeinschaft geschaffen. Der Ring um die Erde war damit gebildet, aber noch nicht geschlossen: zwischen Pakistan und der Türkei bestand noch eine relativ schmale Lücke.

Diese wurde erst 1959 durch die Central Treaty Organization (CENTO) aus Pakistan, dem Iran, der Türkei und Großbritannien (Persischer Golf!) geschlossen. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren nur in Komitees der Organisation vertreten, hatten aber drei Wochen vor der Gründung dieses Zwischenstückes gleichlautende bilaterale Sicherheitsabkommen mit den drei Staaten des Mittleren Ostens abgeschlossen. In der Zwischenzeit waren die anderen Kettenglieder teils ergänzt, teils verfestigt worden: einerseits schlossen die USA und Kanada 1958 ein Abkommen über ein gemeinsames Luftverteidigungskommando (NORAD) und bildeten ein gemeinsames Verteidigungskomitee, andererseits schlossen die USA mit Japan im Jahre 1954 und mit Taiwan 1955 einen gegenseitigen Verteidigungsbeistandspakt; schließlich wurde 1954 die Westeuropäische Union (WEU) aus den Mitgliedstaaten der EWG, Großbritannien, den USA und Kanada gebildet und im folgenden Jahre die Bundesrepublik Deutschland in die NATO ausgenommen. Das militär-strategische Regionalsystem war damit vollständig. Es besaß, von der Annahme eines kommunistischen Gesamtblockes ausgehend, zum Gegensystem teils ein neutrales Zwischenterrain (Schweden) oder auch Vorfelder (z. B. Südkorea, Malaysia, Singapur), teils eine unmittelbare Nachbarschaft.

Die nun abgeschlossene Darstellung der Regionen, die sich in der Motivation, im Entwicklungsstand und in der Zweckbestimmung noch lebhaft unterscheiden, bezog sich immer auf die Zusammenfügung dieser neuen Einheiten aus einer Mehrzahl bereits existierender kleinerer. Diese wiederum stellen das Endergebnis der nationalstaatlichen Epoche und den Restbestand der Kolonialherrschaften dar. Die administrativen Großräume der Kolonialepoche sind allerdings bis auf zwei Ausnahmen zerfallen: Brasilien und Indien sind in die neue Epoche des Regionalismus bereits mit einer Unions-oder Bundesregierung, einer Hauptstadt und allen Merkmalen eines souveränen Regionalstaates eingetreten. Nur die Vereinigten Staaten von Amerika, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) und China sind ihresgleichen. Es sind die Riesen des werdenden Regionalstaatensystems, welche nicht mehr um die innere Integration ringen müssen und insofern einen politischen Zeitvorsprung besitzen.

Es ist unmöglich, im Rahmen dieser Darstellung die politische Gliederung, die organisatorische Infrastruktur und die geistigen Fermente dieser großräumigen Regionalstaaten zu schildern. Im dritten und vierten Abschnitt werden aber Beispiele von Einzelheiten herangezogen werden. Auch auf einer Erdkarte der Kraftfelder, welche den von ihnen ausgehenden geopolitischen und weltpolitischen Magnetismus verzeichnet, sind sie an erster Stelle einzutragen. Man wird dabei unter ihnen Abstufungen aufgrund außenpolitischer Auswirkungsmöglichkeiten durch Sprache und Auswanderung, nach regionaler Intro-und Extrovertiertheit (die, wie die Weltpolitik der USA gezeigt hat, durchaus einem Wechsel von der Monroe-Doktrin zur Funktion des Weltpolizisten und umgekehrt unterworfen sen kann) und angesichts des Zustandes ihrer inneren Dichte feststellen können. Hier muß es also genügen, auf die Tatsachen ihrer Existenz und ihres Sonderstatuts hinzuweisen. Wir nennen sie die integralen Großräume,

III.

Wenn wir nun zu einer Analyse des Regionalismus übergehen, so werden wir auf die bereits dargestellten Tatsachen zurückgreifen können, um diese nun aus ihrem geopolitischen Zusammenhang zu lösen und in einer problematischen Ordnung erneut zu betrachten. Gleichzeitig können wir uns die Darstellung durch einen weitgehenden Gebrauch der regionalen Abkürzungen erleichtern.

Die Entwicklung des inneren Gefüges der Regionen führt über einen langfristigen Weg von der Koordination über die Kooperation zur Integration. Allein schon das egoistische Interesse der zeitgenössischen Politiker an der Erhaltung der kleinstaatlichen Souveränität (sechzig der einhundert Entwicklungsländer haben weniger als fünf Millionen und weitere dreißig höchstens 15 Millionen Einwohner!), die schwierige Angleichung unterschiedlicher Regierungsformen und die mühsame Öffnung geschlossener kleiner Lebensgemeinschaften stehen einer Beschleunigung der Verschränkung oder Verschmelzung zu einer Regional-einheit entgegen. Trotz der hastigen Aufeinanderfolge öffentlich-rechtlicher Ereignisse wahrt die Geschichte ein bedächtiges Tempo und läßt die Regionen erst allmählich aus tiefverwurzelten Voraussetzungen heraus-wachsen. In diesem Prozeß haben wir den organisatorischen Fortschritt der regionalen nfrastruktur und die Bildung geistiger Fermente zur Herstellung eines lebensstarken inneren Gefüges nebeneinander zu sehen.

Der Unterschied zwischen den industrialisierten und den in einer entsprechenden Entwicklung stehenden sogenannten wirtschaftlich unterentwickelten Regionen besteht vor allem darin, daß jene den internationalen Zusammenhang der Infrastruktur, diese aber erst deren Grundlagen herstellen müssen. Bei jenen geht es um die Übereinstimmung der Maße und Gewichte, die Harmonisierung der Wirtschaftsund Sozialgesetzgebung, auch um die regionale Freizügigkeit der Menschen und um die interregionalen Straßen-und Nachrichtenverbindungen, um den Aufbau einer binnenregionalen Marktorganisation, um die absatzgerechte industrielle Regionalplanung und um die zwischenstaatlichen Anschlußstellen innerhalb der eigenen Region. Auch konstituierte Regionen auf den Entwicklungskontinenten bleiben in ihren Außenbeziehungen noch vorwiegend transkontinental und kaum nachbarschaftlich orientiert: interregionale Straßen-und Eisenbahnverbindungen, Treffpunkte, Flug-und Telexverbindungen fehlen noch.

Wir müssen uns in diesem Zusammenhang vergegenwärtigen, daß bis heute innerhalb des Maghreb kein durchgehender Eisenbahn-zug von Tunesien nach Marokko verkehrt und nur drei Flugverbindungen in der Woche bestehen. Eine Eisenbahnverbindung zwischen Tansania und Sambia ist erst im Bau; die Eisenbahnverbindung zwischen der Türkei und Persien ist erst im Herbst 1971 fertigge23 stellt und noch nicht bis Pakistan weitergeführt worden. Der integrale Großraum Brasilien wird erst seit 1960 durch eine Straßen-Transversale von Brasilia nach Belem (2187 km) und seit 1970 durch die Transama-

zonica von Recife nach Porto Velho (3000 km)

erschlossen; abgelegene, sogar den Straßen-bauern unbekannte Gegenden werden auf diese Weise integriert. Die vor dem Ersten Weltkrieg fertiggestellte Andenbahn zwischen Bolivien und Chile oder durchlaufende Allwetterstraßen anstelle fragmentarischer Natur-straßen sind noch Ausnahmen in einer Zeit, in welcher das europäische oder nordamerikanische Fernstraßennetz schon voll ausgebaut ist. Weiter fortgeschritten ist in allen Regionen der regelmäßige Flugliniendienst, ohne die tägliche Dichte wie in Europa zu erreichen. Es zeigt sich außerhalb der integralen Großräume, daß die Verbindungen des internationalen Luftverkehrs zwar als Abkürzungsstrecken der traditionellen Schiffahrtswege entwickelt wurden, aber in den großen Linien vor allem auf einer landeinwärts verlegten Parallele zu diesen verlaufen. So fehlten bis vor kurzem noch völlig die durchgängige Ost-West-Verbindung in Schwarzafrika oder die ausreichenden Nord-Süd-Verbindungen in Südasien wie auch die entsprechenden boden-gebundenen Durchgangsstraßen. Aus diesem Mangel entwickelt sich jetzt dort eine kontinental-chinesische Bautätigkeit bis zur thailändischen Grenze.

Der Zwischenzustand in der organisatorischen Durchbildung der Regionen kommt auch im Stadtwesen zum Ausdruck: die integralen Großräume besitzen ihre traditionelle Hauptstadt. Daneben haben aber lediglich die Föderation der arabischen Republiken in Kairo und die Föderation der arabischen Emirate in Du-bai eine Regionalhauptstadt bestimmt; die ost-afrikanische Community hat die Nebenstadt Arusha zum Sitz der Behörden der Gemeinschaft bei gleichzeitiger dezentralisierter Ansiedlung der Organe gewählt. Im übrigen ist in der Regel eine Hauptstadt der beteiligten Länder zum Verwaltungssitz der Regionalorganisation bestimmt worden. Dabei haben entweder die Mittellage (Dakar, Bangkok, Kairo, Teheran sind Beispiele) oder die absichtliche Vermeidung der Hauptstadt eines Mitgliedes mit starkem politischem und wirtschaftlichem Potential (Brüssel!) den Ausschlag gegeben. Der COMECON hat ebenso seinen Sitz in der Hauptstadt der Oberherrschaft wie die Zentralbanken der westafrikanischen und zentralafrikanischen Währungsunion in Paris.

Diese Unentschiedenheit über den Platz einer Regionalhauptstadt beweist, daß die meisten Regionen noch nicht in die Integrationsphase eingetreten sind. Ihr Stadtwesen hat sich auch nur selten bis zu einer arbeitsteiligen Gliederung entfaltet, in welcher die Funktionen etwa der Hafen-, Universitätsund nationalen Verwaltungsstadt nicht mehr in der überdimensionierten Landeshauptstadt gebündelt, sondern aufgeteilt sind. Gegenbeispiele sind Canberra und Sidney in Australien, Pretoria, Johannes-burg, Kapstadt und Louren? o-Marques im südlichen Afrika. Diesem Zustand entspricht der Mangel an einer städtischen Infrastruktur, die sich nach festen Marktorten, Klein-und Mittel-städten stuft, welche nicht nur Sammelorte der landflüchtigen Bevölkerung sind.

Die innerregionale Zellgliederung ist ein anderes Problem im regionalen Entwicklungsgang. Die meisten Überlegungen gehen von dem Wunsch nach möglichst geringen Reibungsverlusten oder nach einer größtmöglichen Beschleunigung des Prozesses aus. Die Anpassung der innerregionalen Verwaltungsbezirke an die Stammeskarte und die Bewahrung der nationalstaatlichen Einheiten auch im Falle des Souveränitätsverlustes oder aber die Zerschneidung der Stammesräume durch die staatliche Provinzeinteilung, um schon in den kleinen Räumen die Integration verschiedenartiger Gruppen zu fördern, sind Beispiele für den reibungsloseren oder den vermeintlich schnelleren Fortschritt. Die Ausrichtung auf die größere Einheit hat bereits eine zusammenziehende und abwertende Wirkung auf die früheren politischen Zellen, auch wenn der neue Verbund noch wenig konkretisiert ist. Die Schatten fallen bereits auf die völkischen Minderheiten und die Nationalitäten. In einem gelegentlich starken Aufbegehren (zum Beispiel der Flamen in Belgien, der Basken in Spanien, der Ibos in Nigeria) ist weniger ein Rückfall in Nationalismen als ein letztes Aufbäumen gegen einen übergeordneten Konzentrationsprozeß zu erkennen.

In der Mehrzahl der Regionen werden die Positionen in der Regionalorganisation nach einem genau ausgehandelten zwischenstaatlichen Proporz besetzt. In den integralen Großräumen wird dagegen auch der Versuch unternommen, die Überordnung einer Gruppe über die anderen durchzusetzen. Die Vorherrschaft der Großrussen in der Sowjetunion, der Araber im Maghreb, die Machtlosigkeit der Indianer in Zentralamerika sind Beispiele dieser Art. Diese Tendenz schlägt oft auch im kollegialen Regionalsystem beim Wettkampf um die einflußreicheren Positionen durch.

In der Regel ist die Organisation der Regionen in dem heutigen vorherrschenden Stadium der inneren Konföderation fast standardisiert. Die Richtlinien der Politik werden in einem Gremium der beteiligten Staatspräsidenten entschieden. Auf der nächsten untergeordneten Stufe befinden sich der periodisch zusammentretende Ministerrat oder ein ständiger Exekutivrat. Diesem wiederum ist je nachdem ein proportional besetztes Generalsekretariat oder ein Sekretariat unterstellt, das als Koordinierungsstelle die Arbeit der Fach-und Son-derkomissionen überwacht. In einigen Regionen steht der Ministerrat auf der obersten Stufe; andererseits hat die Föderation der arabischen Republik ebenso wie jene der arabischen Emirate bereits eine Regionalregierung mit einem Ministerpräsidenten gebildet. In der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wiederum ist die Stellung der Kommission als Exekutivorgan einigermaßen geklärt, die systematische Stellung im Hinblick auf den Entscheidungsprozeß gegenüber dem Ministerrat aber noch umstritten. Trotz diesen und anderen Abweichungen gibt es im allgemeinen jedoch bereits ein Grundschema der Regionalkonstitution, das durch die Art des jeweiligen politischen Systems der Gliedstaaten kaum beeinflußt wird.

Wichtiger sind dagegen die Differenzen zwischen der Regionalcharter und der „Verfassungswirklichkeit“, die durch die Qualität der nationalen Repräsentanten und durch das machtpolitische oder wirtschaftspolitische Potential einzelner überlegener Mitglieder hervorgerufen wird. Innerhalb der La-Plata-Staa-ten etwa ist das Übergewicht Brasiliens ebenso deutlich wie jenes der Elfenbeinküste in der westafrikanischen Entente oder die Vormacht der Sowjetunion im COMECON.

In weitgehender Übereinstimmung haben die verschiedenen Regionen auch ihre Unterorga-nisationen ausgebildet: Die Errichtung einer Entwicklungsbank als Instrument des Kristallisationsprozesses ist geradezu zum Maßstab des erreichten Aggregatzustandes geworden.

i annähernde Übereinstimmung der Entwicklungsstufen und die gleichzeitigen Unterschiede in der erreichten innerregionalen Ver-dichtung haben zu einer wissenschaftlichen Ystematisierung verleitet, in welcher die ganze Skala der Variationen von der ersten 1 erarischen Vorstellung bis zur vollständigen verfassungsrechtlichen Durchführung ein-95 angen werden soll. Anhand des zentralamerikanischen Regionalismus ist folgende Vierstufen-Theorie ausgestellt worden: Beginnend mit der noch unpraktizierten Idee eines Superstaates (vgl. Vereinigte Staaten von Europa) führt demnach der Weg über die „security Community", der Konkretisierung einer großräumigen Friedensordnung also (vgl. Organisation für Afrikanische Einheit), zur „limited functional cooperation", also auf die Stufe der Zweckverbände, und schließlich zur „international economic Integration“ in der Variationsbreite von Freihandelszone, Zollunion, Gemeinsamen Markt, Wirtschaftsund Währungsunion und totaler Integration. Jede dieser Entwicklungsstufen hat in diesem System ihre besondere Charakteristik: die Aufhebung der Binnenzölle, den gemeinsamen Außentarif, die Freizügigkeit von Arbeit und Kapital, die international abgestimmte Haushaltspolitik, die Harmonisierung der gesamten Wirtschaftspolitik. Die politische Union soll dann eine Folgeerscheinung sein.

Sicher läßt sich die Vielfalt des zeitgeschichtlichen Lebens nicht in eine solche Systematik zwängen. In der Wirklichkeit wird diese teils bestätigt, teils widerlegt. Die pragmatische Anfangsstufe der sternförmig aufgenommenen bilateralen Ministerbesprechungen ist ebenso ausgelassen wie die parallele, oft vorbereitende Entfaltung der kulturellen Kontakte und die begleitende Akkulturation. In Lateinamerika hat die Horizontweitung der Literaten vom lokalen Bereich über die Region zu einem lateinamerikanischen Bewußtsein und schließlich zu einer Weitsicht auf ihrem Wege von der Lokal-zur Weltliteratur die politische Entwicklung vorweggenommen; die „Integration mafia", wie man in Zentralamerika die Summe der Vorkämpfer des Regionalismus nennt, hat von der Literatur manchen Antrieb erhalten. Es handelt sich um ein rational meßbares Schema, das den Hauptakzent auf den Fortschritt der wirtschaftspolitischen Maßnahmen legt. Der Vorgang der Verwurzelung des Regionalismus und die Bildung innerregionaler Fermente bleibt jedoch unberücksichtigt. Es bedarf deshalb der Ergänzung. Immer stellt sich das Problem, wie die geistigen Einheiten der bisher geschlossenen Gesellschaften, des Stammestums, des Volkstums, der Sprach-gemeinschaft aufgebrochen oder sogar zerstört werden können, um den Weg für eine neue geistige Einheit in einer geschlossenen Regionalgesellschaft frei zu legen. Sogar die Europäer haben erkennen müssen, daß sich nur Einzelheiten dieses Vorganges (z. B. die Anfreundung der verschiedensprachigen Jugend)

organisieren oder gar erzwingen lassen.

Die Errichtung von Regional-Hoch-und Fach-schulen wie der Graduierten Universität in Florenz oder der Middle East Technical Uni-

versity in Ankara, die Abhaltung regionaler Festivals, der innerregionale Kultur-und Jugendaustausch, auch die Truppenübung in der regionalen Verteidigungsgemeinschaft haben sich als integrierende Informationsstufen bewährt. Gleichzeitig steht ohne gegenseitige Absprache in allen Erdteilen „der neue Mensch" auf dem politischen und kulturellen Regionalprogramm, sowohl in China, dem Maghreb, Schwarzafrika und Zentralamerika. Es handelt sich dabei nicht um einen globalen Menschen, sondern um einen in einer begrenzten Erdgegend gültigen Typ, dessen Kulturbewußtsein aus der regionalen Geistesgeschichte genährt wird, aber von traditioneller Einengung befreit sein soll. An die Stelle der Stammeskultur soll so die National-kultur, an die Stelle der Nationalkultur die Regionalkultur treten. Der Weg von der Gärung über die Formulierung der Vorstellungen bis zu deren Verwirklichung ist an den zeitgenössischen Literaturen und Filmproduktionen abzulesen. Die Kulturrevolution in China war ein Musterbeispiel für mögliche Zwischenfälle einer solchen Entwicklung wie auch die Versuche der Gleichschaltung von Tschechen und Slowaken, Ukrainern und Kirgisen mit der großrussischen Kultur. In den meisten Regionen herrscht jetzt noch Unsicherheit, ob die organisierbare Infrastruktur oder die geistige Integration die Priorität erhalten soll.

Zu den Bedingungen des innerregionalen Aufbaus gehört noch die räumliche Abgrenzung, weil diese in der Regel über die Stärke der zentrifugalen Sprengkräfte entscheidet. Die Regionen werden heutzutage aus bereits klar abgegrenzten Staaten zusammengesetzt wie früher auch die Nationalstaaten aus Stammesgebieten und Feudalherrschaften unterschiedlicher Größe zusammengefügt, durch Kriegszüge allerdings gelegentlich erweitert oder eingeengt worden sind. Das anscheinend so neuartige Gebilde ist in allen Beispielen an zusammengesetzte Teilstücke historischer Grenzen gebunden. Infolgedessen muß die Regionalorganisation oft die vereinigten Lasten der Vergangenheit seiner Teile übernehmen, sofern nicht in dem größeren Verbund eine überraschende Wiedervereinigung getrennter Gruppen erfolgt.

Das Schicksal der Deutschen in diesem Europa liefert ein Beispiel für das eine wie für das andere. Mit diesem ist die Aufteilung der Be-schuanen auf einen schwarzafrikanischen Staat und die südafrikanische Republik, der Ewe auf die Region der Entente und den Nationalstaat Ghana oder der Pathanen auf den Raum der RCD und Afghanistan kaum zu vergleichen, weil in den überseeischen Fällen die endgültige Entscheidung über den regionalen Zusammenhang noch nicht ausgewürfelt ist. Angesichts der durchweg gegebenen Bindung der neugebildeten Großräume an historische Voraussetzungen hat die Aufstellung von Kriterien einer regionalen Abgrenzung fast nur einen theoretischen Wert. Wirtschaftlicher Großraum — Sprachraum — religiös-kultureller Raum — Naturraum — Schicksalsraum sind solche Prüfsteine der regionalen Lebens-gemeinschaft. Es sind jeweils mehrere dieser Kriterien in voneinander abweichender Zusammenstellung anzutreffen. Gesetzmäßige Notwendigkeiten lassen sich nicht ableiten, sondern nur die Feststellung, daß die Lebensstärke einer Region mit der Anzahl solcher Gegebenheiten zunimmt. Es läßt sich auch sagen, daß die Wirkung religiöser und traditionell gebundener kultureller Sprengkräfte im Vergleich zu den nationalen Widerständen abnimmt. Nachdem das Bengalentum den Vorrang vor dem Gegensatz von Hindus und Moslems in Bangla Desh gewonnen hat und der kulturelle Kontrast von Negern und Arabern den sudanesischen Staatsverband ebensowenig sprengen konnte wie die Gegensätzlichkeit von Indios und Ladinos die politische Einheit Guatemala, kann pars pro toto vom Schicksal der Nationalstaaten auf die Lebensmöglichkeiten der Regionen geschlossen werden.

In unserer Analyse stoßen wir immer wieder auf die charakteristischen Merkmale einer Übergangszeit. Wenn wir nun vom inneren Gefüge zum Äußeren übergehen, so schieben sich in unserem Überblick ebenfalls überkommene politische Raumvorstellungen und neue Ordnungsprizipien durcheinander und erschweren die Wahrnehmung des zeitgenössischen Vorgangs. Gleichzeitig werden die Umrisse der werdenden Regionen erst allmählich durch Wegnahme oder Zutat von Staaten und Territorien ausgeformt. Vollendete Regionen gibt es noch in keiner Beziehung.

Der Nahe Osten entsprach in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts dem osteuropäischen Raum, wie der Titel einer damals in Deutschland erschienenen Zeitschrift ausweist. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Bezeichnung unvermutet in die Küstenregion des östlichen Mittelmeerraumes verlegt, der zuvor nach angelsächsischem Vorbild als Mittlerer Osten begriffen wurde. Gleichzeitig verschwand der geopolitische Begriff Kleinasien aus der politischen Gebrauchssprache. Heute nun ist die Klärung der Abgrenzung des Nahen Ostens zum Mittleren Osten noch nicht abgeschlossen: geopolitische und kulturell-religiöse Kriterien scheinen für die Bestimmung dieser Grenzlinie gleichermaßen wichtig zu sein. Ebenso stehen die Begriffe Mittelmeerraum, Arabisch-Afrika und Orient im gegenseitigen Widerspruch zueinander.

Die Vorstellung einer mittelmeerischen Einheit fußt in einer vergangenen Epoche, in welcher die Erde von europäischen Großmächten in maritime Räume — in den Raum des Indischen Ozeans, in den Pazifischen Raum — unter anderem gegliedert wurde. Die nordatlantische Paktorganisation und der fortlebende Begriff des karibischen Raumes, der ebenfalls neuerdings in die Kombination mit südamerikanischen Küstenländern abbröckelt, überliefern heute noch dieses historische Ordnungsprinzip. Im allgemeinen ist aber seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine Hin-wendung zum kontinentalen Gliederungsschema deutlich zu erkennen.

So gibt es heute auch an den Küsten des Mittelmeeres den Iberopakt, den Balkanpakt, Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, einen Maghreb und eine arabische Föderation, aber keine mittelmeerische Regionalorganisation. Im Zuge einer solchen Umstellung werden die Positionen innerhalb der Vereinten Nationen auch nach einem kontinentalen Personalproporz der Europäer, Afrikaner, Asiaten, Lateinamerikaner und nicht der Atlantiker usw. ausgehandelt. Blitzlicht-artig erhellt die Verlegung der brasilianischen Hauptstadt von der atlantischen Küsten-stadt Rio de Janeiro in das neugeschaffene Binnenzentrum Brasilia an einer Einzelheit diesen allgemeinen Vorgang, der in der Verlagerung des Kristalisationspunktes von Leningrad nach Moskau auch schon sein historisches Vorbild hat.

Schließlich ist in dieser Veränderung des aumordnungsprinzipes einer der Gründe für Zerfall des britischen Commonwealth und den er Hinwendung des Vereinigten Königrei-c es zum europäischen Kontinent in der Gegenwart gegeben. Dabei wird zugleich deut-

1 . daß mit der äußeren Korrektur noch nicht die geistigen Orientierungen abgeschafft sind. In den gemeinsamen Beratungen der erweiterten Europäischen Gemeinschaft werden vielmehr eine kontinentale und eine maritime Weitsicht den Grund für heftige Meinungsverschiedenheiten über Einzelfragen abgeben, obwohl davon unmittelbar nicht gesprochen wird. Angesichts einer solchen neuen Strukturierung des Weltsystems geraten Inselstaaten in Schwierigkeiten. Das Schwanken der maltesischen und der zypriotischen Außenpolitik, die Unentschiedenheit Mauritius', zwischen dem maritimen Commonwealth und der kontinentalen OCAMM, die — von Kuba einmal abgesehen — weltpolitische Indifferenz und das Hin-und Herzerren der karibischen Inseln finden darin eine, wenn auch nicht die einzige Erklärung.

Der „Orient" wiederum ist eine altmodische Zusammenfassung der außerhalb Europas liegenden nicht-christlichen Kulturländer, welche unserer differenzierten Weltvorstellung überhaupt nicht mehr standhält. Wenn aber trotzdem heute noch zum Beispiel das Presse-und Informationsamt der deutschen Bundesregierung die Zuständigkeit für alle Staaten von Marokko bis Japan in einem Referat zusammenfaßt, so zeigt sich damit, wie viel Zeit vergehen muß, ehe eine welthistorische Wirklichkeit in einer Behördenorganisation oder im allgemeinen Sprachgebrauch der Zeitgenossen durchdringt.

Nicht nur das rasdie Vergehen von regionalen Zusammenschlüsssen, für welche die ehemals „Vereinigte Arabische Republik (VAR)" oder die „Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)" allgemein bekannte Beispiele geliefert haben, sondern auch die Korrekturen am Umriß einer Region sind für den Werdeprozeß und die Übergangszeit charakteristisch. Das Ausscheiden Libyens aus dem Maghreb und die Umkehr Mauretaniens von der schwarz-afrikanischen Staatengemeinschaft der OCAMM zum Maghreb, der Austritt Honduras aus dem zentralamerikanischen Gemeinsamen Markt und der Beitritt Dänemarks, Irlands, Norwegens und des Vereinigten Königreiches zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sind Veränderungen solcher Art. Die letztere wirkt ihrerseits nun einschränkend auf den Bestand der EFTA und auf die Zweckbestimmung der WEU zurück.

In diesen Vorgang passen sich aber auch alle Tendenzen zur territorialen oder demographischen Flurbereinigung ein. Die Aufhebung der exterritorialen Militärstützpunkte im Ausland und die Einordnung der kolonialen Enklaven in anderen Erdteilen waren insofern erste auffällige Maßnahmen. Die spanisch-britischen Auseinandersetzungen über den Status von Gibraltar, die britisch-argentinischen Verhandlungen über die Zugehörigkeit der Falklandinseln, die Einverleibung Goas durch Indien, die ungesicherte Situation von Macao und Hongkong, das bilaterale und nun auch weltpolitische Ringen um Kaschmir, die persische Annektion von Inseln im Golf sind an dieser Stelle zu erwähnen. Die amerikanische und japanische Anerkennung Taiwans als eines Gebietsteils Gesamtchinas, die Sezession Bangla-Deshs, das in die indische Union einschneidet, sogar die Forderung nach einem vereinigten Irland, die Feststellung des endgültigen Verzichts auf die deutschen Ostprovinzen und das weltpolitische Viermächte-Spiel um die territoriale Zugehörigkeit Berlins sind in diesem Zusammenhang einer weltweiten territorialen Flubereinigung einzuordnen. Das Angebot einer Aussiedlung der Biharis aus Bangla-Desh nach Westpakistan, die Aussiedlung aller Menschen deutschen Bekenntnisses aus osteuropäischen Staaten, die gelegentlichen Chinesen-Verfolgungen in südostasiatischen Staaten, die Ausweisung der Asiaten und die Versklavung der Araber in Ostafrika gehören ebenso zu den Beispielen einer demographischen Flurbereinigung, welche die Integration von Regionen erleichtern sollen, wie das Programm der Bantustans in der Republik Südafrika.

Wir haben bereits im Ausbau des inneren Gefüges der Regionen gesehen, wie sich die einzelnen Gebilde vorläufig nach ihren Aggregatzuständen — von der ersten geistigen Vorstellung bis zur fest organisierten Konstituierung — abstufen. Ein ähnlicher Eindruck ist bei der gegenseitigen Berührung oder Koalition oder Verschränkung verschiedener Regionen zu gewinnen.

Einigen Staaten ist die besondere Funktion eines Scharniers zwischen zwei benachbarten Regionen zugefallen; vereinzelt haben Klein-staaten dadurch ihre außenpolitische Bedeu-tüng über das eigene Potential hinaus gesteigert. Beispiele sind auf allen Erdteilen zu finden. Mauretanien verbindet durch die gleichzeitige Zugehörigkeit zu der Organisation der schwarzafrikanischen Anrainerstaaten des Senegal und die pragmatische Teilhabe am Maghreb zwei bisher getrennte politische Aktionsgruppen und Kulturregionen. Von diesem Brückenschlag hat der senegalesische Staatspräsident Senghor geträumt, als er von der negro-berberischen Kultur sprach. Der Sudan, der früher auf der östlichen Seite der Sahara eine geopolitisch vorgezeichnete ähnliche Scharnierfunktion zwischen Schwarzafrika und Arabisch-Afrika hatte, die dann am Aufstand und in der Unterdrückung der Neger zerbrach, hat diese gerade 1972 durch den Autonomievertrag mit den Rebellen wieder ausgenommen. Rumänien hat 1971 vorgeschlagen, auch nicht-sozialistische Staaten im osteuropäischen COMECON zu beteiligen und 1972 die EWG ersucht, ihm in einem Vertrag die Präferenzen für Entwicklungsländer zu gewähren. Dieser Versuch, zum Scharnier zwischen den beiden eruropäischen Regionen zu werden, korrespondiert mit einer entsprechenden Verhaltensregel Jugoslawiens. Finnland beginnt durch die Ankündigung gleichzeitiger Verhandlungen mit der EWG und dem COMECON über Handelsverträge einen entsprechenden Versuch. Es kommt offenbar gar nicht darauf an, an welcher Stelle der interregionalen Trennwand das Scharnier sitzt. Mexiko gibt ein anderes Beispiel zwischen Südamerika und Zentral-amerika einerseits, zwischen Lateinamerika und Nordamerika andererseits und die Bahamas spielen eine vergleichbare Rolle zwischen der Sterlingzone und den USA.

Eine festere Verbindung entsteht durch die Doppelmitgliedschaft eines Staates in zwei oder mehreren Regionalorganisationen. Die Türkei ist mit Griechenland und Jugoslawien am Balkanpakt, aber auch an der Central Treaty Organisation (CENTO), der NATO und der Regional Cooperation for Development (RCD) beteiligt. Bolivien ist sowohl am Gemeinsamen Markt der Andenländer als auch an dem Verbund der La Plata-Staaten beteiligt und gehört zugleich der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) und der lateinamerikanischen Freihandelszone (LAFTA)) an. Ein bis zum Zeitpunkt der Uranfunde wenig begünstigtes Binnenland wie die Republik Niger gewann das Gewicht einer internationalen Drehscheibe, als sein Staatspräsident Hamani Diori den Vorsitz in der OCAMM mit der Zugehörigkeit zu der fünfstaatlichen Entente seiner Nachbarn und zu den mehr-staatlichen Zweckverbänden der Nigerkommission und der Anrainer des Tschadbeckens verband. Hinzu trat noch die Mitgliedschaft in der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU). Eine ähnliche Schlüsselstellung nimmt Thailand ein: Es kann die Zugehörigkeit zur SEATO, zur Association of South East Asia (ASA), zum Asian and Pacific Council (ASPAC), zur Association of South East Asian Nations (ASEAN) und zur Wirtschaftskommission für Asien und den Fernen Osten (ECAFE) gleichzeitig verzeichnen.

In diesen Fällen kann bereits von einer Verknotung der Regionen gesprochen werden. Audi in dieser Bezeichnung gibt es wieder eine weitere Stufe der Verfestigung durch die Bildung von Zweckverbänden im Grenzraum mehrerer Regionen. Ein interessantes Beispiel dieser Art liefert im westafrikanischen Subkontinent die gemeinsam von den Staaten Mali, Niger und Obervolta 1970 gegründete Autorite de Developpement de la Region du Liptako-Gourma mit Sitz in Ouagadougou (Obervolta): zwei Staaten gehören der Entente du Sahel-Benin, einer der Organisation der Senegalstaaten an. Der Zweck besteht in der gemeinsamen Entwicklung eines Bezirkes durch geologische und mineralogische Forschungen, gemeinsame Ausbeutung von Bodenschätzen, den Ausbau der Eisenbahn-und Flugverbindungen und der Transportwege für den Viehtransport. Ein anderes Beispiel bietet das 1957 konstituierte und seit 1964 auf zwanzig Jahre angelegte Mekong River Development Scheme, in welchem Kambodscha, Laos, Thailand und Südvietnam Zusammenarbeiten. Die Aufgabe der Kommission besteht darin, die Wasserkräfte des Haupt-stromes und seiner Zuflüsse durch die Errichtung von Kraftwerken, Bewässerungssystemen und den Ausbau der Schiffahrtswege zu entwickeln. Innerhalb der noch nicht differenzierten Gliederung Südostasiens in Subregionen kann diese Zusammenarbeit nach dem Ende des Vietnamkrieges und der Erweiterung auf Nordvietnam der Ausgangspunkt einer Regionalbildung werden. In Europa reichen entsprechende Beispiele von der durch die Belgrader Donaukonvention von 1948 begründeten gleichnamigen Kommission, in welcher die Bundesrepublik allerdings erst den Beobachterstatus hat, bis zur Errichtung eines Naturschutzparkes im bel-

gisch-deutschen-luxemburgischen Grenzgebiet. Auch die Assoziierung von Einzelstaaten, etwa aus dem Maghreb, Marokkos und Tunesiens an die EWG ist manchmal eine Art der okkeren Verschränkung zwischen verschiedenen Regionen. Neben der wirtschaftlichen fin-

en wir auch die Form der außenpolitischen Assoziierung, so etwa, wenn Indien die außenpolitische Vertretung des Königreiches Nepal wahrnimmt.

In diesem immer stärker verwobenen Netzwerk der Erdkarte bleibt die Suche nach ungebundenen Einzelgängern wenig ertragreich. Guinea in Afrika, Afghanistan im Mittleren Osten, Burma und Bhutan in Südostasien, Israel im Nahen Osten, Westsamoa im Pazifik und in einer weniger strengen Definition Kuba im karibischen Raum oder die Schweiz in Mitteleuropa und Albanien auf dem Balkan wären vielleicht zu nennen.

Damit stellt sich die Frage, ob es zwischen aneinander grenzenden Regionen überhaupt noch Zwischenräume gibt. Das Ringen um die endgültige Stellung der Staatei.der Rest-EFTA: Schweden, der Schweiz und Österreich zwischen Ost-und Westeuropa ist ein solches Bemühen um die Erhaltung eines Zwischenraumes. Der Vorschlag des Schahs von Persien, den Mittleren Osten einschließlich ungebundener Einzelstaaten zu neutralisieren, deutet einen anderen Versuch an. Für den Begriff des Zwischenraumes gibt es jedoch insofern widerspruchsvolle Auslegungen, als dieser nach Meinung der einen durch absolut ungebundene Staaten ausgefüllt werden sollte, während die anderen darunter eine verdünnte machtpolitische Zone nach Art des äußersten Vorfeldes einer großen'Macht, also schwache, einer Großregion zugehörige, Staaten verstehen. Der im Rapacki-Plan formulierte Gedanke einer entmilitarisierten mitteleuropäischen Zone wollte angeblich die Reibung benachbarter Regionen durch das Angrenzen von Vorfeldern mildern. In solcher Distanzierung entsteht das Gegenbild der Verknotung, ohne daß sich vorhersagen ließe, ob damit schon die beiden einzigen Modelle interregionaler Geopolitik vorgestellt sind.

Die Koexistenz-und die Konvergenztheorie beziehen sich auf die Nachbarschaft verschiedenartiger Regionen, die besonders in ihrem staatspolitischen und wirtschaftspolitischen System, meist aber auch in ihrer demographischen Zusammensetzung und ihrer außen-politischen Orientierung unterschieden sind. Die eine Theorie will die Möglichkeit der friedlichen Nachbarschaft konstatieren, die andere faßt die Möglichkeit des allmählichen Angleichens und der späteren Assimilierung des Verschiedenartigen ins Auge. Die Unterschiede im regionalen Baumuster werden dabei wenig in Betracht gezogen. Wir können heute aber bereits das Modell des zentralistischen Regionalstaates (in der nationalstaat-29 liehen Epoche als Einheitsstaat gekennzeichnet) und der föderalen Region, also die Übersetzung des Bundesstaates (oder manchmal auch Staatenbundes) in die größeren regionalen Verhältnisse unterscheiden. Auch hier gibt es in unserer Zeit der Wachstums-versuche mannigfache Variationen vom Commonwealth of the Bahamas über das Europa der Vaterländer des General-Präsidenten de Gaulle bis zu den Vereinigten Staaten von Amerika oder der integralen Abstufung der indischen Union nach 21 Gliedstaaten, Substaaten und den Unionsterritorien, die von der Zentralregierung unmittelbar verwaltet werden. Nur in der föderalen Region stellt sich die Frage, ob das Bausystem der Glieder mit jenem der Region übereinstimmen soll oder muß — oder ob es etwa nach dem Beispiel Westeuropas voneinander abweichen kann, wenn wir die zentralistische französische Republik mit dem westeuropäischen Föderalismus der Gemeinschaft vergleichen.

Der Regionalismus bringt die Frage nach einer innerregionalen Konvergenztheorie auf. Am anderen Ende steht jene weitere Frage, ob wiederum das Bauprinzip der Regionen ein Weltsystem vorherbestimmen wird oder soll. Die Vorstellung einer uniformen Struktur vom Einheitsstaat an der Basis über den Regional-staat zum Weltstaat (vgl.den folgenden Abschnitt) steht dem Bild einer differenzierten Weltordnung gegenüber, in welcher das Baumuster von Stufe zu Stufe derart abwechselt, daß sich der Aufbau von der Grundlage zentralistisch strukturierter Glieder einer föderalen Region oder von Regionalstaaten zu einer Erdföderation erhebt.

IV.

In dem letzten Abschnitt dieser Darstellung gilt es nun, die schon heute vorhersehbaren Folgen der angebahnten Entwicklung zum Regionalstaat zu betrachten. Auch in dieser Hinsicht werden kurzfristige, mittelfristige und langfristige Wirkungen ebenso zu unterscheiden sein wie die Vor-und Nachteile, wie das Verhältnis von Verlust und Gewinn, welches je nach dem Standort des Zeitgenossen anders gesehen wird. Die Welt als Ganzes wird keinesfalls besser, sondern lediglich verändert. Es ist sicher eine glückliche Fügung, daß der von uns geschilderte Wandel in einem Augenblick geschieht, in welchem ein neues Gleichgewicht zwischen Zivilisation und Natur durch die Schaffung einer neuen Umweltordnung angestrebt wird. Die Umweltfragen können nicht mehr innerhalb der geschlossenen Grenzen eines nationalen Territoriums gelöst werden, sondern seit langem nur durch die gemeinsame Planung aller Anrainer z. B. eines internationalen Stromes, mag es sich nun um Rhein, Donau, Niger, Senegal oder La Plata handeln. Die Standorte der Flughäfen und großen industriellen Produktionsstätten und die Aussparung unbewohnter Naturbezirke müssen international vereinbart werden.

Geht es schon bei der Industrieplanung um die Entballung durch eine Verteilung auf die größere Landkarte mehrerer Staaten, so weisen die Schwierigkeiten der nationalen Familienplanung in Ländern der Dritten Welt auf eine ähnliche Notwendigkeit hin. Einstweilen liegen noch Staaten kontaktlos nebeneinander, von denen die einen eine Geburtenbeschränkung versuchen und die anderen entsprechende Maßnahmen aus Mangel an Arbeitskräften ablehnen. Dieser Widerspruch ist, wie demographische Aufstellungen nachweisen, durch eine Regionalplanung oft in einem Kompromiß zu lösen. Gerade die Geber-länder der Entwicklungshilfe könnten sich so durch die Aufgabe der bilateralen Maßnahmen zugunsten eines Nationalstaates vor Fehlinvestitionen bewahren. Bestimmte technische Produktionsstätten — für die Dritte Welt sind hier Elektrokraftwerke, Stahlwerke, Ölraffinerien, aber auch schon sekundäre Fertigungsbetriebe zu nennen — können oft nur durch gemeinsame Kapitalleistungen mehrerer Staaten erstellt und durch einen großen mehrstaatlichen Absatzmarkt rentabel bewirtschaftet werden.

Die Erkenntnis solcher Notwendigkeiten ist schon sehr verbreitet, trotzdem wirken in unserer historischen Übergangszeit andere Kräfte in gegenläufiger Weise: nationale Selbstbestätigung oder Ansätze zu einer nationalen Vormachtstellung in einem zukünftigen Regionalverband tendieren dagegen. Das ursprünglich im Comite Permanent Consu -tatif du Maghreb ausgehandelte Einverständnis darüb r, daß das tunesische Stahlwerk bei Menzel-Bourguiba allein für den Maghreb arbeiten solle, wurde nachträglich von algerischer Seite durch einen eigenen Neubau bei Annaba aufgehoben. Eine zukünftige politische Vormachtstellung auf der Grundlage einer beherrschenden industriewirtschaftlichen Position vorzubereiten, ist das Kennzeichen dieser Entwicklungsstrategie Algeriens. Die Überdimensionierung des ghanaischen Kraftwerkes am Voltafluß war auch nur im Hinblick auf einen Absatz in den Nachbar-staaten zu rechtfertigen und zielte durchaus auf eine politische Regionalherrschaft hin, weiche ihrerseits wiederum einer kontinentalen Wortführung den Boden bereiten sollte, überdimensionierte, miteinander konkurrierende nationale Projekte werden also die Regionalbildung aufhalten, weil diese später nicht nur mit psychologischen, sondern ebenfalls mit institutioneilen Verzichten belastet wird.

Eine andere vorhersehbare Folge betrifft die vielerorts gegebene Notwendigkeit der Umstellung auf ein anderes Regierungssystem. Es läßt sich feststellen, daß — von den seltenen Ausnahmen hervorragender politischer Gestaltungskraft und physischer Konstitution abgesehen — die geistigen und organisatorischen Talente und Energien eines Einzelnen höchstens zur Regierung von politischen Einheiten mit maximal dreißig Millionen Einwohnern ausreichen. Die Entwicklungsschwierigkeiten vieler junger Staaten der Dritten Welt beruhen keinesfalls nur auf dem Mangel an Kadern und Kapitalien, sondern ebenso natürlich auf der begrenzten Leistungskraft ihrer Präsidenten. Die Gestaltung der Regionen fordert geradezu zu der institutionellen Konzeption einer kollektiven statt der persönlichen Führung für jene lange Epoche heraus, in welcher dieser neue politische Raum geschaffen und ausgebildet wird. Nicht nur die Europäische Kommission in Brüssel liefert hierfür einen Prototyp, der zugleich durch nationalen Proporz die völkerpsychologischen Ressentiments auffängt und das Zusammenwachsen der Teile erleichtert.

In diesen Zusammenhang gehört auch die bereits in Gang gekommene Veränderung der außenpolitischen Partnerschaften. Die bisherige Außenpolitik der alten europäischen und er jungen außereuropäischen Nationalstaaten ist nur insofern den Verhältnissen des XX.

ahrhunderts angepaßt worden, als der fort-dauernden Kabinettspolitik, welche sich auf ie Verhandlungen mit einer anderen Staatsregierung konzentrierte, die sogenannte Public Diplomacy mehr oder weniger gleichgewichtig beigesellt wurde, um unmittelbaren Einfluß auf die Bevölkerung des fremden Staates „von Volk zu Volk" zu nehmen. Immer aber handelt es sich noch um die Beziehungen zwischen einzelnen Staaten.

Infolge des Regionalismus entstehen nun aber nicht nur außenpolitische Beziehungen zwischen Einzelstaaten und einer Regionalbehörde — ab 1. Januar 1973 können Handelsverträge zwischen außerhalb und innerhalb Westeuropas liegenden Staaten nur mehr mit der Europäischen Kommission abgeschlossen werden — , sondern auch eine Außenpolitik zwischen Regionen. Die Europäische Kommission hat zum Beispiel ihr besonderes Interesse für diese neuen Möglichkeiten gezeigt. Ihr „Außenminister" hat 1970 den unmittelbaren Kontakt zur Andengruppe in Lateinamerika und 1972 zur Association of South East Asian Nations (ASEAN) ausgenommen. Die Andengruppe hat daraufhin ihre europäische Vertretung von Genf, dem Sitz der UN-Wirtschaftskommission für Europa, nach Brüssel verlegt. Zwischen den Mitgliedstaaten der EWG und der Sonderkommission für lateinamerikanische Koordinierung (CECLA) sind 1971 Botschafter-Konferenzen vereinbart worden. Die OCAMM (s. oben) ist ebenso wie die East African Community bereits akkreditierter Partner der Europäischen Gemeinschaft. Nach der im vorstehenden zweiten Teil gegebenen Darstellung über die integralen Großräume können der unmittelbare außenpolitische Verkehr zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS), zwischen den USA und den regionalen militärstrategischen Paktorganisationen, aber auch die amerikanischen Verhandlungen mit der ASPAC in Südostasien und mit lateinamerikanischen Regional-verbänden als Beispiele entsprechender Art herangezogen werden. Gleichzeitig wird nun aber auch eine Außenpolitik des State Departments betrieben, die sich an die Regierungen von Einzelstaaten wendet. Ein Beispiel hat zuletzt die Informationsreise eines US-amerikanischen Unterstaatssekretärs durch elf Staaten im Anschluß an den Chinabesuch seines Präsidenten geliefert.

In Zeiten des Überganges werden stets parallel zueinander alte Gewohnheiten fortgesetzt und neue Methoden erprobt. Nur so ist es verständlich, daß in der internationalen Entwicklungspolitik, welche zweifellos nur ein Segment der nationalen oder regionalen Außenpolitik bildet, auf Seiten der Geberländer so-31 wohl in zweistaatlicher als auch multilateraler Weise (EWG, UN-Organisationen, Weltbank) verfahren wird. Die Gaben richten sich aber bisher immer an einzelne Staaten, nicht an Regionen, obwohl dadurch viele Schwierigkeiten in den zwischenstaatlichen Beziehungen aufgehoben werden könnten. Wer schließlich die Gliederung der außenpolitisch tätigen Nationalbehörden untersucht, wird feststellen, daß diese noch wenig den Tatsachen des Regionalismus in der internen Abgrenzung angepaßt sind.

Während die Beispiele der regionalen Familienplanung oder industriellen Standortwahl eine kurzfristige Möglichkeit und die Einführung einer kollektiven politischen Führung eine mittelfristig eintretende Folge der Regionalisierung deutlich machen, ist die geistig-kulturelle Regionalisierung einem langfristigen Werdegang unterworfen. Eine Region wird wie alle standfesten Gebilde der Menschengeschichte auf historische Dauer nur dann bestehen können, wenn die jeweilige Einwohnerschaft in den Vorstellungen des Menschen-und Weltbildes übereinstimmt. Der „Geist der Nationen'— noch in den dreißiger Jahren von einem deutschen Kunst-historiker als Buchtitel seiner europäischen Darstellung gewählt — ist inzwischen in das Unterbewußtsein der europäischen Völker abgedrängt worden. Außerhalb des Abendlandes ist Nation einstweilen eher ein politisches Programm als eine empfundene Wirklichkeit. Wird nun im historischen Wandel ein „Geist der Regionen" spürbar werden? Immerhin hat die Suche nach dem common sense der Großräume bereits begonnen. Die African Personality, die Brasiliade, die Begeisterung für Che Guevara als Inkarnation Lateinamerikas, die Repetition der Mao-Fibel durch Millionen, die aufgezwungene leninistisch-marxistische Linientreue sind erste Versuche, das Irrationale der Menschen in einem regionalen Geltungsbereich entweder zu artikulieren oder einzuprägen. Wachstum hier, willkürliche Mache dort drängen auf ein vergleichbares Ziel hin.

Wie vorbereitend die Außenpolitik einer großen Macht auch in diesen Vorgang eingreifen kann, zeigt die offizielle sowjetrussische Ablehnung aller Versuche, einen afrikanischen Sozialismus zu formulieren. Dieses Beispiel zeigt zugleich aber auch die Begrenztheit der geschichtlichen Einsicht, die auch in den Führungsgruppen der Weltmächte zu bemerken ist. Weder der Amerikanismus noch der Leninismus-Marxismus sind bisher auf die Lebensnotwendigkeiten geistig eigenständiger Regionen insofern eingegangen, als sie Sonderformen ihrer Lebensideologie ausgebildet haben. Beide Weltmächte stimmen offenbar einstweilen noch in der Überzeugung vom Weltsieg der abendländischen Rational-kultur und vom allmählichen Vergehen aller Fremdkulturen überein. Sie haben bisher eine begrenzte Auswirkung in der Art einer interkulturellen Aufpfropfung ebensowenig in ihr weltpolitisches Kalkül ausgenommen wie den Gedanken einer multipolaren Erdordnung in das Kulturelle übersetzt.

Im übrigen scheint es, als ob der Geist der regionalen Sprache an dieser neuen geistigen Grundlage des Regionalismus einen entscheidenden Anteil haben würde. Die Langfristigkeit eines solchen Vorganges wird aber deutlich, wenn wir beobachten, daß in vielen Regionen der Erde die Entscheidung über die endgültige Regionalsprache noch sehr umstritten ist oder auf spätere Zeiten verschoben wird. Das Schicksal der europäischen Fremdsprachen in Asien und Afrika, die Umformung der spanischen und portugiesischen Grund-sprache in Lateinamerika, der intensive Wettbewerb der englischen und französischen Sprache in Westeuropa auf der einen Seite und die Anpassung von Suaheli, Hindi, Urdu oder Arabisch an die Denkwelt des XX. Jahrhunderts auf der anderen Seite können als erste Vorbereitungen für die Einleitung eines solchen Entscheidungsprozesses gesehen werden.

Das Durchdringen des Regionalismus wird nicht nur durch die Ausweitunng abgegrenzter befriedeter Großräume, sondern auch durch schmerzliche Verluste charakterisiert sein. Nicht überall wird es bei der Abgrenzung der Regionen gelingen, eine Übereinstimmung zwischen überkommenen nationalen, kulturellen und neuen regionalen Außengrenzen zustande zu bringen. Manche aus dem Verschmelzungsprozeß der Stämme heraus-gewachsene Nation wird zerteilt, manchmal teilweise sogar sprachlich und gesellschaftspolitisch überfremdet werden, weil andere Ordnungskräfte die Oberhand über das Nationalbewußtsein erringen. Das Problem der deutschen Teilung oder Wiedervereinigung ist ein beispielhaftes Problem der neuen Regional-geschichte. Es ist auch noch nicht zu übersehen, ob im Verlaufe dieses Vorganges die Oralkulturen mit allen ihren Errungenscha • ten zugunsten der ausschließlichen Verbre tung von Schriftkulturen völlig verschwinden oder ob sich eine moderne Verschmelzung beider Kulturarten dank des Sprechund Hörfunks und des Fernsehens entwickeln kann. Eine ähnliche Frage der historischen Gewinn-und Verlustrechnung ist, ob es in Zukunft noch eine Koexistenz von Nomaden und Seßhaften innerhalb einer politischen Einheit geben kann oder dieser Unterschied in einer neuen Lebensform moderner Freizügigkeit und Mobilität aufgehoben wird.

Wir können wahrscheinlich sicher sein, daß sich nach der in Gang befindlichen Überschwemmung der Erde mit der sogenannten „europäischen Zivilisation" wieder eigenständige, wenn auch — wie wir schon sagten — befruchtete Sonderkulturen und auch, nach schmerzhaften sozialpolitischen, wirtschaftspolitischen und volkspolitischen Wachstums-krämpfen, selbständige und selbstbewußte politische Regionen auf der Erdkarte zeigen werden. Die Sondersprachen des Hispano-Amerikanischen oder des Brasilianischen, die ununterbrochene Kette der Verfassungsänderungen für ehemals aus Europa importierte Staatssysteme in anderen Kontinenten, mag es sich nun um die Veränderung am Modell der Volksdemokratie oder der liberal-parlamentarischen Demokratie handeln, deuten diese Wahrscheinlichkeit an. Die Entwicklung scheint nach den konkreten Indizien auf die Vielfalt der Regionen in der Einheit der Menschheit hinzu-eilen. Dieser Verlauf wird dann aber in vielen Regionen mit der Einschmelzung der bisherigen nationalen oder stammlichen Vielfalt korrespondieren. Es wird geraume Zeit verstreichen, bis die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Komponenten aufeinander abgestimmt sind. Die Fähigkeit und der Vorsatz zum Vergessen historischer Regionalbilder, der längst verschollenen Reiche und der in die Gegenwart überlieferten kulturellen Sonderarten ist außerhalb Europas gering. Dies gilt auch, wenn es sich vor allem um unbewußte Erinnerungen oder um Sagen und Legenden handelt. So wird die Herstellung des Einklanges von Vergangenheit und Gegenwart anstelle eines Totschlages oder einer Verleugnung des Gewesenen zu den Problemen der dauerhaften Regionalbildung gehören. Die Chwierigkeiten, der zeitgeschichtlichen Notwendigkeit zu entsprechen, zeigen sich etwa I Südasien, wo in einer möglichen Region orstellungen des Konfuzianismus, des Bud-

'smus und des Islams nebeneinander nach-wir en. In Afrika gibt es ähnliche Konstella-

onen. Es gibt deshalb bereits Stimmen afrikanischer Politiker, die auf das Vorbild Japans als einer der großen Mächte hinweisen, welche in der eigenen Schicksalslage verschiedene Kulturschichten einschließlich der aufgelagerten europäischen Zivilisation auf eine furchtbare Und erträgliche Weise harmonisiert habe.

Am Ende dieser Schlußbetrachtung über die wahrscheinlichen Folgen der Großraumbildung soll ein zeitgeschichtlicher weltpolitischer Ausblick stehen: Welchen Einfluß hat der zuvor geschilderte Vorgang zunächst einmal auf die heutige Definition einer Welt-oder Großmacht und wie ordnen sich das multipolare Weltmachtsystem, mag es nun ein dreipolares oder ein fünfzentrisches sein, und der Regionalismus zueinander? Die Bedeutung einer Welt-macht beruht in der Gegenwart auf der Beherrschung eines integralen oder föderativen Großraumes und der Ausdehnung ihres politischen Einflusses auf andere regionale Großräume und Subregionen. Zugleich scheint aber das Eigentum an Atomwaffen nur noch von gleichberechtigter Bedeutung mit dem Besitz eines Weltpatents für die gesellschaftliche Ordnung oder für ein kulturelles Lebensmodell zu sein. Der Gewichtszuwachs, den Welt-oder Groß-mächte durch den American way of life, durch die leninistisch-marxistische Gesellschaftslehre, durch den Maoismus, durch die Frankophonie oder das Modell einer ungebrochenen Kultur-symbiose, wie wir sahen, gewinnen, wird von technokratischer und von religiöser Seite gleichermaßen anscheinend unterschätzt. In dieser Hinsicht unterscheiden sich dann die Welt-von den Großmächten nur durch das Eigengewicht ihres Kernraumes und durch die Vollständigkeit der Gestalt.

An den beiden Weltmächten der bipolaren Spannungszeit läßt sich erläutern, wie der Regionalismus in das weltpolitische Kalkül gleichermaßen, jedoch auf eine recht verschiedenartige Weise gezogen werden kann. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben einen stählernen Gürtel aus internationalen Kettengliedern im Rahmen ihrer Welt-strategie um die Erde gelegt und durch kontinentale Wirtschaftsorganisationen verstärkt. ANZUS, SEATO, CENTO, NATO, NORAD lauten die Abkürzungen für diese Kettenglieder. Die Allianz für den Fortschritt Lateinamerikas oder die OECD sind Beispiele der wirtschaftsstrategischen Verstärkung. Es war ein gemischtes wirtschafts-militärstrate-gisches, durchaus rationales System zur Ein-kapselung der Sowjetunion und Kontinental-chinas von außen, das auf Kapital und Mate-rial beruhte. Da es inzwischen sowohl durch Seeoperationen als auch durch ideologisches Vordringen unterlaufen werden konnte, läßt die Spannung dieser Kette spürbar nach. Die Amerikanisierung — so lautet das Schlagwort für die Übertragung des Amercian way of life auf andere Regionen — hat vor allem die Oberschichten, aber kaum die Bevölkerungen erfaßt und außerdem eine Reaktion gegen den angeblichen ugly american hervorgerufen.

Demgegenüber nutzt die Sowjetunion in ihrer Großraumpolitik die Bindekraft der Ideologie für die Verbindung zwischen dem Kernraum und den aktivierbaren Teilen der Bevölkerung der Regionen aus. Sie fügt die eigenartige russische Härte in der Machtausübung gegenüber nationalem oder fremdkulturellem Eigenwillen hinzu. Im übrigen gründet sie nicht die Großräume, sondern wartet deren Bildung ab, ehe sie ihren Einfluß einsickern läßt, der durch eine Kombination von ideologischer Vormacht und militärischer Stärke gestützt wird. Sie unterscheidet dabei angesichts des Regionalismus zwischen eigenem Nutzen und Nachteil. Einerseits fördert die sowjetischen Nahost-und Afrikapolitik den Aufbau von Großräumen. So wurde sogar im Widerspruch zu den nationalen kommunistischen Parteien der beteiligten Länder das Zustandekommen der arabischen Föderation unterstützt. In Kombination mit dem bereits gewonnenen Einfluß in den Republiken Jemen und Somalia wird im Hinblick auf mögliche Veränderungen in Äthiopien nach dem Ableben des regierenden Kaisers Haile Selassie schon heute der Grundriß eines Großraumes am afrikanischen Horn vorgezeichnet. Der antikommunistische Kurs im Sudan läßt noch eine Lücke offen. Andererseits aber bekämpft die Sowjetunion den Regionalismus in Westeuropa mit der Vorgabe einer höheren Qualität eines ungegliederten Großraumes Europa. Es wird dabei über die Tatsache hinweggegangen, daß in Afrika und in Lateinamerika dieser Meinungsstreit, ob eine kontinentale Zusammenfassung oder ein vielteiliger regionaler Zusammenschluß zeitgemäßer und praktikabler seien, bereits zugunsten des Regionalismus entschieden wurde. Die Organisation für Afrikanische Einheit und die UN-Wirtschaftskommission für Afrika hatten die entsprechenden entgegengesetzten Konzeptionen vertreten. Der Verlauf der Ereignisse hat den Vorteil der Regionen und Subregionen erwiesen. Gerade in diesem Jahre hat sogar die OAU zugestanden, daß anstelle des zunächst propagierten kontinentalen Militärkommandos regionale überstaatliche Militärgruppen gebildet werden. (Anlaß zu der Erörterung war der Einfall in die Republik Guinea.)

Es ist nicht anzunehmen, daß in Europa heute andere Erfahrungen gemacht werden können. Die Schwierigkeiten einer wirkungsvollen pragmatischen Zusammenarbeit wachsen mit dem Umfang des Großraumes über die 200-Millionengrenze. Das wird vielleicht auch die Erweiterung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erweisen. Ohne Überein-stimmung in der weltpolitischen und entwicklungspolitischen Orientierung sowie im Baumuster der Glieder ist heutzutage eine dauerhafte Regionalisierung nicht mehr möglich. Die Frage, ob angesichts der schrumpfenden maritimen Zwischenräume der Kontinent — von Australien abgesehen — überhaupt noch eine weltpolitische Ordnungsgröße abgeben kann, muß offengehalten werden.

Das neue Schlagwort „Supermacht" soll offenbar während des Überganges von einer bipolaren zu einer tripolaren und schließlich fünf-zentrischen Weltpolitik den unterschiedlichen machtpolitischen Rang der amerikanisch-chinesisch-sowjetrussischen Dreiergruppe einerseits und der japanisch-westeuropäischen Zweiergruppe andererseits hervorheben. Kontinentalchina hat betont, daß es den Rang einer Supermacht nicht anstrebe, ohne erkennen zu lassen, ob diese Aussage eine kurzfristige oder geschichtliche Bedeutung hat.

In unserem Zusammenhang betrachtet kann es sich hier aber auch nur um die Ablehnung eines Begriffes handeln, in welchem eine fremdartige Aggressivität eingeschlossen ist. Als Erben der europäisch-abendländischen Geschichte, deren Raum von Nordamerika bis nach Sibirien reicht, berücksichtigen wir vielleicht zu wenig, daß es eine aktive und passive Anziehungskraft großer Mächte gibt. Die aggressive Methode kann auch heute noch durch das Schlagwort Imperialismus bezeichnet werden; die passive Methode besteht in einer nicht minder anziehenden Ausstrahlung. Die wirksame Dynamik kann auf beiden Wegen von vergleichbarer Stärke sein. Während die einen Mächte ihre Wirkung an Flottenstützpunkten, Radarstationen, Handelskontingenten und jeder Art von außen-politischer Organisation messen, wird die Bedeutung etwa der kontinentalchinesischen Großmacht u. a. daran erkennbar, daß von den Führungskräften in Pakistan oder Tansania und von Aktionsgruppen in westlichen Staaten freiwillig die Mao-Uniform angelegt wird. Es ist vielleicht ratsam, die asiatischen Lebens-arten bei der Betrachtung japanischer und diinesischer Weltpolitiken sorgfältig zu berücksichtigen. Immerhin wird der Aufteilung der Erde in Einflußräume zwischen drei oder fünf überragenden Großmächten dadurch nicht widersprochen und werden weltpolitische Hintergedanken der einzelnen Großmächte nicht aufgegeben. Der Wettbewerb mit verschiedenen Mitteln in Südostasien, das ähnlich parallele Vordringen in Afrika, welches nur gelegentlich durch Abkommen über Militärhilfen und Stützpunkte oder durch das Nebeneinander der drei Verkehrsprojekte (Transsahara-Straße, Trans-afrika-Straße, Tansania-Sambia-Eisenbahn und -Straße) offensichtlich wird, und schließlich die völlig ungeklärte Zuneigung der lateinamerikanischen Staaten zeigen: in der Abgrenzung der Einflußräume wird erst ein weltgeschichtlicher Prozeß eingeleitet, dessen Ergebnis noch nicht einmal in den weltpolitischen Vorstellungen der Beteiligten vorgeklärt zu sein scheint. Das imponderable Element der Anziehungskraft, welches aus geopolitischer Lage, materieller Potenz, Glaubwürdigkeit und kultureller Affinität hervorgeht, ist noch gar nicht meßbar: die Ausstrahlungen verschiedener Zentren halten sich vielerorts im Gleichgewicht, wie gerade das Beispiel der philippinischen Außenpolitik gezeigt hat. Oft gelingt es noch Einzelstaaten, diesen Ausgleich der Magnete für eine zeitweilige Sonderexistenz zu nutzen, wie das Beispiel des äthiopischen Kaiserreiches und eigenwillige Ansätze Rumäniens beweisen.

In dem Maße, in welchem einerseits die natürlichen Pufferzonen der Wüsten und Meere schrumpfen und andererseits die Tendenzen zu supraregionalen Großherrschaften verstärkt werden, werden Überlegungen über die Bildung von militärisch und politisch neutralisierten künstlichen Pufferzonen in die öffentliche Diskussion, zur Zeit Südostasiens und des Mittleren Ostens, im Laufe des vergangenen Jahrzehntes Westafrikas und Mitteleuropas eingeführt. Für den von uns skizzierten Prozeß ist zweierlei wichtig: niemand spricht im Zusammenhang der weltpolitischen Auseinandersetzung noch von Pufferstaaten. Hier hat stillschweigend eine Umstellung des Bewußtseins auf eine neue Weltlage und die neuen regionalen Quantitäten stattgefunden. Die Erörterung der Pufferzonen wird zugleich mit der Bildung selbständiger Regionen in einen außenpolitischen Zusammenhang gebracht, so daß deren Abgrenzung von den Interessen der Weltmächte betroffen werden kann.

Entscheidend für die Schwierigkeiten der zeitgenössischen Politiker ist schließlich, daß die Nebelwände vor der Zukunft den Blick auf die endgültige Form der Weltordnung noch nicht freigeben. Eilt nun aber die weltgeschichtliche Entwicklung, in deren Rahmen der hier besprochene Übergang vom nationalstaatlichen System zum Regionalismus nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtvorgang darstellt, auf die Konstruktion eines Weltstaates oder auf ein erdweites pluralistisches Commonwealth zu? Lenin hatte bereits an eine Welt-genossenschaft der Völker gedacht, in welche die Nationen eingeschmolzen werden sollten. Das Bild eines großrussischen Staatsvolkes gehört vielleicht hierzu. Emst Jünger hat vor mehr als einem Jahrzehnt in einem Aufsatz über den „Weltstaat — Organismus und Organisation" geschrieben: „Die Aussicht auf den Weltstaat ist wahrscheinlicher, sein Eintritt ist durch die Vorzeichen begründeter und hinsichtlich des Weltfriedens wünschenswerter als eine neue Aufteilung der Macht — etwa im Rahmen eines mundus tripartitus." Ein lateinamerikanische Schriftsteller, Miguel Angel Asturias aus Guatemala, meinte, daß alle Literaten Lateinamerikas mitwirken wollten, „die Verschmelzung unserer Staaten und Völker zu einem großen Staat" voranzutreiben. „Nationales Denken führt bei uns automatisch zur (— größeren —) Einheit, weil die heutige Situation, die vielen Selbständigkeiten in Lateinamerika in gewisser Weise unnatürlich sind, weil unsere Probleme einfach nach der Einheit schreien."

Das Schicksal der Lebenden ist in diesem Prozeß nun aber noch dadurch bestimmt, daß sie die nebeneinander laufenden Wege vom Stammestum zur Nation, vom Nationalstaat zur Region, vom regionalen Verbund zur fünfteiligen Welt und in Gedanken bereits zur einheitlichen Welt verfolgen, ohne sich über ihre Vorstellungen einigen und in ihren Aktivitäten abstimmen zu können. Infolgedessen werden voraussichtlich heftige ideologische und wirtschaftspolitische Auseinandersetzungen und wohl auch blutige Kämpfe die widerspruchsvoll ansetzenden Kräfte mehrerer Generationen auf den verschiedenen Stufen verzehren. Die damit sichtbar werdende Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, von welcher ein kluger Historiker einmal im Hinblick auf vergangene Epochen gesprochen hat, zeigt nicht nur den Widerstand an, der im geschichtlichen Leben gegen die Uniformierungsversuche der Vernunft geleistet wird. Die Vielfalt übereinander geschichteter Vorgänge, aus welcher wir einen hervorgehoben haben, und die Wachstumsregeln für neue Sozialkulturen verbieten es, die Vollendung des Regionalismus in einer gleichsam journalistischen Zeitspanne zu erwarten. Es ist deshalb von vornherein von einem welthistorischen Vorgang gesprochen worden: trotz der Fülle gleichgerichteter Einzelmaßnahmen in unserer Gegenwart wird die Bauzeit einer neuen Erdordnung wenigstens ein Jahrhundert in Anspruch nehmen und eine Übernahme der täglich in unseren Großstädten und Industriegebieten erlebten Schnellbauweisen in das geschichtliche Geschehen nicht zulassen.

Literatur Ein globales Werk über den Regionalismus ist nicht bekannt. Andererseits sind die Dokumentationen und Darstellungen über die Entwicklung der einzelnen Regionen umfangreich. Sie beruhen auf Publikationen der Informationsstellen von Regionalorganisationen (aktuelle Pressedienste, Verordnungsblätter, Monatszeitschriften und PR-Broschüren) bzw. auf Analysen in Zeitschriftenaufsätzen und Konferenzberichten in Tageszeitungen, aber auch auf Stellungnahmen jener Persönlichkeiten, die an der Ausarbeitung der Charten mitgewirkt haben. Diese bibliographischen Einzelangaben können hier leider nicht zusammengestellt werden. Im deutschsprachigen Raum ist mit Vorrang auf die Zeitschriften „Außenpolitik'und „Europa-Archiv“ sowie auf die Neue Zürcher Zeitung hinzuweisen. Als Nachschlagewerk eignet sich die gerade in zehnter Auflage erschienene Dokumentation „Politische — militärische — wirtschaftliche Zusammenschlüsse und Pakte der Welt", Bonn -Wien — Zürich 1972.

Abkürzungen im Text

ADB African Development Bank 18, 19 ANZUS Australia/New Zealand/United States 22, 33 ASA Association of South East Asia 6, 19, 29 ASEAN Association of South East Asian Nations 6, 18, 20, 29, 31 ASPAC Asian and Pacific Council 6, 19, 29, 31 ATEC Agence Transequatoriale des Communications 11 CAF Corporaciön Andina de Fomento 15 CARIFTA Caribbean Free Trade Organization 16 CENTO Central Treaty Organization 17, 22, 28, 33 CFA Communaute Francaise Africaine 9 COMECON Council for Mutual Economic Aid, auch RGW = Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe 7, 21, 25, 28 CONDECA Concejo de defensa centro-americano 14 CPCM Comite Permanent Consultatif du Maghreb 8 EACSO East African Common Services Organisation 11 ECA Economic Commission for Africa 7, 8, 21 ECAFE Economic Commission for Asia and Far East 18, 19, 21, 29 ECE Economic Commission for Europe 21 ECLA Economic Commission for Latin America 13, 21, 31 ECOSOC Economic and Social Council 13 EFTA European Free Trade Association 21, 22, 27, 29 EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 21 EVG Europäische Verteidigungsgemeinschaft 27 EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 21, 22, 28, 29, 32 LAFTA Latin American Free Trade Association 14, 28 MCC Mercado Commun Centro-Americano auch CACM = Central American Common Market 6, 14 NATO North Atlantic Treaty Organization 22, 28, 33 OAMCE Organisation Africaine et Malgache de Cooperation Economique 8 OAS Organizaciön de Los Estados Americanos 13, 28, 31 OAU Organization of Africa Unity 7, 8, 28 OCAMM Organisation Commune Africaine, Malgache et Mauritienne 8, 27, 28, 31 ODECA Organisaciön de Estados Centro-americanos 6, 14 OECD Organization for Economic Cooperation and Development 20, 21, 33 OERS Organisation des Etats Riverains du Senegal 10 RCD Regional Cooperation for Development 6, 17, 26, 28 SEATO South East Asia Treaty Organization 20, 22, 29, 33 UAM Union Africaine et Malgache 8 UAMCE Union Africaine et Malgache de Cooperation Economique 8 UDAO Union Douaniere de L’Afrique d'Ouest 9 UDE Union Douaniere Equatoriale 11 UDEAC Union Douaniere et Economique de TAfrique Centrale 6, 11 UDEAO Union Douaniere des Etats de TAfrique d’Ouest 9 UEAC Union des Etats d’Afrique Centrale 11 UMOA Union Monetaire Ouest-Africaine 9 VAR Vereinigte Arabische Republik, auch UAR — United Arab Republic 27 WEU Westeuropäische Union (Western European Union) 22, 27

Fussnoten

Weitere Inhalte

Oskar Splett, Dr, phil., Studium der Geschichte, des Staats-und Völkerrechts und der Theologie an den Universitäten Berlin, Marburg und München, von 1957— 1970 Generalsekretär der Deutschen Afrikagesellschaft, freier Publizist für zeitgeschichtliche und kulturelle Themen, veröffentliche neben Schriften und Aufsätzen zu politischen und kulturellen Problemen der zeitgenössischen Weltgeschichte u. a.: Jugendbauten unserer Zeit, 1953; Afrika und die Welt, 1955.