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Ein Vortest über Schülereinstellungen zum Politikunterricht <fussnote> Die Untersucher möchten ihnen bei dieser Gelegenheit für ihr Entgegenkommen danken. </fussnote> Darstellung der Schülermeinungen und psychologische Folgerungen | APuZ 44/1971 | bpb.de

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APuZ 44/1971 Artikel 1 Jugend in den Veränderungen unserer Welt Ein Vortest über Schülereinstellungen zum Politikunterricht Die Untersucher möchten ihnen bei dieser Gelegenheit für ihr Entgegenkommen danken. Darstellung der Schülermeinungen und psychologische Folgerungen Führung und Dynamik von Arbeitsgruppen in Schule und Betrieb

Ein Vortest über Schülereinstellungen zum Politikunterricht <fussnote> Die Untersucher möchten ihnen bei dieser Gelegenheit für ihr Entgegenkommen danken. </fussnote> Darstellung der Schülermeinungen und psychologische Folgerungen

Von Klaus Dieter Hartmann Von Walter Jacobsen

/ 39 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Ergebnisse dieses Vortests sind gekennzeichnet durch eine starke Ablehnung des politischen Unterrichts, wie er gegenwärtig praktiziert wird, die sich jedoch — soweit es die hier erfaßte ausgelesene Gruppe betrifft — anscheinend nicht so sehr auf grundsätzliche Negation der Ziele und Inhalte des politischen Unterrichts bezieht als auf die Unterrichtsmethoden, die dabei angewandt werden. Zwei Grundauffassungen des politischen Unterrichts zeichneten sich ab: zum einen die Einschätzung als eine Art „Bekenntnisfach“, das der freien Äußerung und Diskussion der verschiedenen persönlichen Meinungen zu politischen Problemen dienen sollte, zum anderen als eine Einübung in die rationale Durchdringung politischer Probleme aufgrund sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse und Instrumentarien. Obwohl sich kaum Äußerungen von modischem Radikalismus, wie man ihn der Jugend gern unterschiebt, fanden, scheint den Schülern der Demokratiebegriff doch in gewisser Hinsicht fragwürdig geworden zu sein, ohne daß sie dem irgendwelche feste umrissene Alternativen gegenüberstellen könnten. Dies weist auf den noch ungefestigten und nicht immer widerspruchsfreien Standort der jungen Leute im politischen Entscheidungsfeld hin. -Nur selten fanden sich Ansätze eines selbstkritischen Innewerdens der Rolle des mit-entscheidenden und mitverantwortlichen Bürgers im demokratischen Staat, wie man es vor dem Zeitpunkt der Wahlmündigkeit erwarten möchte. Offenbar ist es dem politischen Unterricht bisher nicht gelungen, hierfür geeignete methodisch-didaktische Zugänge zu finden. Diese noch unzureichende Voruntersuchung beweist aufs neue die Notwendigkeit von Forschungen zur Ermittlung der psychologischen Voraussetzungen für die Entwicklung von Unterrichtsverfahren, die diese entscheidende Lücke in der politischen Bildung zu schließen vermögen.

Im Rahmen von Überlegungen, wie man die Einstellungen von Schülern der höheren Klassen des Gymnasiums zum Politikunterricht (Sozialkunde, Gemeinschaftskunde) ohne die bei vorstrukturierten Fragebögen unvermeidliche Beeinflussung der Antworten ermitteln könnte, wurde als ein erster Vorversuch eine freie schriftliche Stellungnahme der Schüler erbeten. Wenn die Ergebnisse dieser sehr kleinen und methodisch noch unzulänglichen Ersterkundung hier schon veröffentlicht werden, so geschieht dies ausschließlich, um eine Weiterführung und Ausdehnung dieser Bemühungen anzuregen und geeignete Methoden zu entwickeln, die differenziertere Einsichten in die psychologischen Hintergründe der Einstellungen zum Politikunterricht und zum politischen Leben überhaupt versprechen.

Methodische Voraussetzungen

Die kleine Voruntersuchung, von der hier berichtet wird, fand durch Vermittlung des Studienbüros für politische Bildung in 6 Klassen (4 Oberprimen, 2 Unterprimen) an Frankfurter Gymnasien statt. Die Zahl der auswertbaren Stellungnahmen pro Klasse schwankt zwischen 8 und 17 Fällen; im ganzen kann sich der Bericht auf 73 Fälle (52 Oberprimaner, 21 Unterprimaner) stützen. (Leider ging ein weiterer Teil des Materials bei der Übersendung zur Auswertung auf dem Postwege verloren.) Von den 73 schriftlichen Äußerungen enthielten 2 keine Aussagen zur Sache; für die Gesamt-auswertung blieben also 71 Fälle.

Die Sozialkundelehrer in den beteiligten Klassen waren gebeten worden, eine Niederschrift anzuregen, die mit den folgenden Worten umrissen werden sollte:

„Schreiben Sie doch bitte einmal alles nieder, was Ihnen kritisch oder anerkennend zum Komplex Sozialkunde/Gemeinschaftskunde einfällt, also Sinn, Zweck, Durchführung usw. — ganz gleich, ob es Ihnen passend oder unpassend erscheint. Ihre Äußerungen bleiben völlig anonym; sie diene als Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung.“

Einige Schüler(innen) hielten sich ziemlich genau an die durch den Wortlaut nahegelegte Gliederung der Niederschrift, etwa in der Gegenüberstellung von Positivem und Negativem. Andere hörten in erster Linie die Aufforderung zur Kritik heraus. Leider waren die Umstände, unter denen die Daten erhoben wurden, nicht genau kontrollierbar, da die Untersuchung nur durch die Gefälligkeit der Sozialkundelehrer ermöglicht wurde, die sich zur Durchführung der Untersuchung bereit erklärt hatten 1). Es kam aufgrund dieser Umstände gelegentlich vor, daß die Schüler zu wenig Zeit hatten, um eine ihrer Ansicht nach genügend überlegte Stellungnahme abgeben zu können.

Dennoch konnten aus diesen Aufsätzen einige methodische und inhaltliche Erfahrungen gewonnen werden, so daß es erstrebenswert erscheint, die sich daraus ergebenden Hypothesen an umfassenderem Material unter strengeren Bedingungen und in verschiedenen methodischen Varianten zu überprüfen. Die nachstehenden Ausführungen müssen also unter dem ausdrücklichen Vorbehalt gelesen werden, daß es sich um Hypothesen handelt, die noch der Nachprüfung bedürfen. Die Auswertung geschah zunächst — vorgenommen durch Dr. W. Jacobsen, Hamburg — klassenweise, wobei die Haupttendenzen jeder einzelnen Niederschrift nach Aussagefeldern gekennzeichnet und nach den darin sichtbar werdenden Feldbedingungen dieser Klasse eingeordnet wurden. Diese Auswertung kann jedoch nicht vollinhaltlich publiziert werden, weil die Anonymität der Äußerungen dann nicht mehr gewahrt werden könnte Solche mehr oder weniger deutlich erkennbaren Feld-bedingungen für eine Klasse waren z. B. die Besonderheiten des Lehrers und die Unterrichtsform; auch scheint es Klassen zu geben, in denen generell eine stärkere politische Auf-geschlossenheit herrschte als in anderen. Dies mag vielleicht daran liegen, daß in soldien Klassen eine Kerngruppe von aktiven Schülern existiert, die in einem gruppendynamischen Prozeß die Klasse als ganze (bzw. in ihrem größten Teil) anzuregen bzw. mitzuziehen vermag. Anscheinend gibt es auch Unterschiede nach dem Schulzweig: Es könnte sein, daß die Schüler des mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweiges den Fragen des politischen Unterrichts (und politischen Fragen überhaupt) distanzierter gegenüberstehen, was zu nüchterneren, aber auch uninteressierteren Stellungnahmen zu führen scheint.

Verweigerungsgründe

Wenn auch die Klassenstärke am Untersuchungsiag nicht in allen Fällen mitgeteilt wurde, ist doch offensichtlich, daß der Anteil derjenigen Schüler, die keine Niederschrift ablieferten, groß war. Hierfür kommen — nach Andeutungen in den eingegangenen Nieder-schriften — folgende Gründe in Frage:

1. Interesselosigkeit gegenüber dem Fach. Man hält dieses Fach offenbar häufiger gar keiner Mühe wert. Hierüber wird später noch mehr zu sagen sein. Manchen scheint es einfach zu viel Anstrengung gewesen zu sein, darüber nachzudenken und etwas niederzuschreiben; sie wären aber zu einem mündlichen Interview bereit.

2. Aktive Ablehnung der Beleiligung aus radikal gesellschaftskritischer bzw. protestierender Haltung. Es ist auffällig, daß sich unter den abgelieferten Stellungnahmen nur ganz vereinzelt dezidiert „linke“ Kritik fand, obwohl den Schülern das moderne „Sozio-Chinesisch" durchaus geläufig ist (gelegentlich aber schon parodiert wird). Man könnte dagegen einwenden, daß bisher gerade die radikale Kritik jede sich bietende Gelegenheit wahrgenommen hat, ihre Meinung in die Waagschale zu werfen, daß also solche Stellungnahmen eher häufiger als seltener angetroffen werden müßten. Dieses Problem ist also aufgrund des vorliegenden Materials nicht lösbar. Sicher ist lediglich, daß die Beteiligung an diesem Versuch ein Minimum an Kooperationsbereitschaft voraussetzt, das — aus welchen Gründen auch immer — oft wohl nicht vorhanden war.

3. Mißtrauen. Gelegentlich deutet sich an, daß die Schüler der versprochenen Anonymität ihrer Mitteilungen nicht trauen — immerhin ein Hinweis auf ein gestörtes Schüler-Lehrer-Verhältnis, was um so beachtlicher wäre, als ohnehin nur besonders aufgeschlossene Lehrer diese Untersuchung unterstützten. Zum Teil scheint es auch eine Rolle zu spielen, daß den Schülern keine Information über das „Forscherteam" gegeben werden konnte. Es wäre also angebracht, daß die Autorität eines bekannten Instituts hinter einer solchen Befragung stünde. Im ganzen scheint jedoch Mißtrauen nur ein akzessorischer Verweigerungsgrund zu sein.

4. Resignation Manche Schüler halten solche Umfragen für zwecklos, weil sie glauben, doch nichts an den kritisierten Zuständen ändern zu können. Statt dessen fordern sie freie Diskussionen mit den Lehrern, in denen gemeinsam über die strittigen Punkte entschieden werden sollte. Man glaubt allerdings kaum, daß die Lehrer zu solchen Diskussionen auf gleicher Ebene bereit wären. Dies spricht — objektiv gesehen — nicht gegen den Nutzen einer Untersuchung, der ja auf ganz anderer Ebene liegt.

Allgemeine Charakteristika der Schülereinstellungen

Bemerkenswert ist, daß die soziale Herkunft der Schüler — soweit diese angegeben wurde — keinen wesentlichen Einfluß auf die Einstellungen zu haben scheint. Auch Geschlechts-unterschiede prägen sich eher im Modus als im Inhalt der Stellungnahmen aus. Es muß allerdings berücksichtigt werden, daß die eingegangenen Arbeiten wegen der hohen Verweigerungsquote Stellungnahmen einer ausgelesenen Gruppe darstellen. Andererseits scheinen Unterschiede in Abhängigkeit vom Lieblingsfach in der Schule (nur eine der befragten Schülerinnen gab Gemeinschaftskunde neben einem anderen Fach als Lieblingsfach an) sowie vom gewünschten Beruf (in der Unterprima hat man allerdings häufig noch keine Vorstellung von dem zukünftigen Beruf) aufzutreten. Dies müßte an größerem Material nachgeprüft werden.

Zur Beurteilung der hinter den Aussagen stehenden Einstellungen muß eine Erscheinung berücksichtigt werden, die aus früheren politisch-psychologischen Analysen bereits bekannt ist, jedoch in den geläufigen, soziologisch bestimmten Untersuchungen durchweg übersehen wurde: die Eigenart des jugendlichen Reaktionsstils. Diese ist durch fluktuierende und inkonsistente Äußerungen gekennzeichnet (so daß es z. B. nicht möglich ist, „demokratische" Einstellungen bei Jugendlichen durch ein Konsistenzmaß zu bestätigen). In den einzelnen Stellungnahmen gehen „konservative" und „progressive" Aussagen durcheinander, ohne daß ein Widerspruch empfunden wird; es fehlt hier noch die Verfestigung eines Standpunktes, der sich erst durch eine das Gepräge der „Endgültigkeit" tragende Identifizierung mit bestimmten Überzeugungsgruppen innerhalb der Gesellschaft herausbildet. Insofern besteht bei den Schülern noch Offenheit für Einstellungsentwicklungen nach der einen oder der anderen politisch relevanten Richtung hin. Deshalb muß auch die oft vorgebrachte Forderung der Schüler nach einer unparteiischen Information, bei der die Ansichten verschiedener politischer Richtungen objektiv dargestellt werden, als ein Zeichen dafür angesehen werden, daß man noch auf der Suche nach dem eigenen politischen Standpunkt ist, daß man sich noch nicht endgültig festlegen will.

Die Niederschriften weisen übrigens auch in äußerer Form und Stil auf einige Charakteristika hin, die als typisch jugendlich angesehen werden müssen; so etwa eine merkbare Selbstbezogenheit oder die Neigung, den Veranstaltern einen Streich zu spielen, der manchmal etwas kindisch ausfällt. Ein Schüler schreibt z. B. abschließend: „im übrigen war Beethoven ein Gigant"; in einem anderen Fall wird gesagt: „Netzunabhängige Transistor-radios haben sich in der ganzen Welt durchgesetzt" u. ä. . Scherze'. Weitere Stilmerkmale, die hier nicht im einzelnen dargelegt werden sollen, weisen öfter auf eine Haltung der Aufgabe gegenüber hin, die sich wenig von der früherer „Pennäler" unterscheidet.

Dieser Hinweis ist deswegen so wichtig, weil solche Gesichtspunkte bei Untersuchungen mit einem vorstrukturierten Instrumentarium nicht erkennbar werden können. Man ist zu leicht geneigt, die Äußerungen der jungen Leute mit denen älterer Jahrgänge gleichzusetzen, wodurch entscheidende Besonderheiten der jugendlichen Einstellungen unerkannt bleiben. Wenn diese Besonderheiten jedoch berücksichtigt werden, ergibt sich daraus sofort eine Verschiebung der Bedeutungsakzente. (Dies wäre vor allem für prognostische Aussagen wichtig, wenn man also die „Potentiale" für politische Haltungen in der Zukunft bestimmen will.) Man hat es eben noch nicht mit „Einstellungen" in der meistens bei diesem Begriff mitgedachten festen Konturierung zu tun, sondern mit sich entwickelnden Einstellungen, wobei innerhalb der gleichen Klasse unterschiedliche Entwicklungsstadien angetroffen werden.

Es muß hinzugefügt werden, daß es auch eine Reihe ernsthafter, rational abgewogener Äußerungen gibt, die auf eine tiefere Auseinandersetzung mit der Problematik schließen lassen. Dies deutet auf Unterschiede der Persönlichkeitsstruktur, der individuellen Vorgeschichte und des Reifegrades hin.

Die Grundeinstellung zum politischen Unterricht

Was inhaltlich aus den Stellungnahmen hervorgeht, dürfte für den orientierten Pädagogen keine großen Überraschungen enthalten. Man wird jedoch deutlicher erkennen, welcher Stellenwert den einzelnen Problemen vom Standpunkt des Schülers aus zukommt.

Die überwiegende, in den Niederschriften zum Ausdruck kommende Einstellung zum Politik-unterricht (Gemeinschaftskunde, Sozialkunde) ist als eindeutig negativ zu kennzeichnen. Allerdings muß man die „Negationen" etwas qualifizieren. Die Ablehnung kann nämlich dem Fach als solchem gelten, sie kann aber auch — bei grundsätzlich nicht abgeneigter Haltung — durch sekundäre Umstände bedingt sein. In der Auswirkung mag dies auf dasselbe hinaus laufen, zumal die Ablehnung aus beiden Quellen heraus die gleiche Heftigkeit erreichen kann. Die Maßnahmen zur Abhilfe bzw. die Chance solcher Maßnahmen dürften jedoch in beiden Fällen unterschiedlich sein. Die auswertbaren Stellungnahmen können wie folgt aufgegliedert werden: überwiegend positive Einstellung 8 Fälle etwa gleich starke positive und negative Aussagen 5 Fälle überwiegend negativ, mit positiven Einräumungen 6 Fälle negativ, bezogen auf die Durchführung des Unterrichts 43 Fälle grundsätzliche Ablehnung des Faches 9 Fälle Die Ablehnungen aufgrund empfundener Mängel des Unterrichts bilden also die überwiegende Mehrheit der Aussagen. Dies kann natürlich durch die Aufgabenstellung mitbedingt sein, die nicht auf grundsätzliche Entscheidungen abgestellt war. Hinter diesen Beschwerden, die sich auf eine unangemessene Methode des Unterrichts beziehen, können also durchaus noch andere Einwände gegen den politischen Unterricht verborgen sein. Die methodische Kritik setzt natürlich auch eine gewisse — wenn auch nicht immer reflektierte — Vorstellung vom Ziel des politischen Unterrichts voraus, das eben durch die methodischen Unzulänglichkeiten nach Ansicht der Schüler verfehlt wird. Die auf das Unterrichts-verfahren reduzierte Kritik könnte also auch darauf hindeuten, daß das Ziel des politischen Unterrichts, so wie man es sich vorstellt im Grunde bejaht oder zumindest passiv akzeptiert wird.

Eine grundsätzliche Ablehnung — sei es aus politischen Gründen oder aus persönlichem Desinteresse — findet sich nur bei etwa einem Achtel der Fälle. Die Ablehnung aus politischen Gründen — über die später noch mehr gesagt werden soll — besteht durchweg darin, daß man in diesem Unterricht eine Einrichtung des Staates bzw.der herrschenden Gesellschaftsordnung sieht, auf die die Schüler ausgerichtet werden sollen, statt sich ihren politischen Standort selbst suchen zu können. Von Desinteresse bzw. Langeweile im politischen Unterricht ist in acht Fällen die Rede (allerdings nicht immer als Begründung einer völligen Ablehnung; sie können ebenso als Folge eines falschen Unterrichtsverfahrens dargestellt werden).

Wahrscheinlich ist das persönliche Desinteresse an politischen Fragen überhaupt stärker verbreitet, als es hier sichtbar werden kann — die weite Verbreitung des politischen Desinteresses unter Schülern ist ja aus Umfragen genügend bekannt —, da die gar nicht interessierten Schüler vermutlich auch keine Stellungnahme abgaben. Dies wird durch die Äußerungen einiger Schreiber bestätigt, die darüber klagen, daß sehr viele Mitschüler an diesem Fach völlig uninteressiert seien.

In sechs Fällen werden ebenfalls grundsätzliche Einwände gegen den politischen Unterricht als solchen oder gegen die Art des Unterrichts vorgebracht, doch mit einigen positiven Einräumungen; so wird etwa der gute Wille anerkannt, den Schüler zu demokratischem Verhalten anzuleiten, oder ein Lehrer wird gelobt, der den Unterricht interessant macht, obwohl man im Grunde nicht viel damit im Sinn hat.

Es bleiben nur 13 von den 71 Fällen, in denen man eine nicht ganz negative Einstellung zu diesem Unterricht feststellen kann: Zum kleineren Teil werden dabei positive und negative Urteile gleichwertig nebeneinandergesetzt, zum größeren erfolgt eine Betonung der positiven Aspekte, was natürlich nicht heißt, daß diese Schreiber keine Einzelkritik im Sinne von Verbesserungsvorschlägen vorzubringen hätten. Diese überwiegend positiven Darstellungen stammen übrigens nicht selten aus Klassen, in denen erst kürzlich ein Gruppen-B unterricht mit selbst gewählten Themen eingeführt wurde. Hier macht sich offensichtlich ein Kontrasterlebnis bemerkbar; man empfindet dieses neue Verfahren geradezu als Befreiung gegenüber dem konventionellen Frontalunterricht. Abgesehen von den oben erwähnten wenigen Fällen ist es also in der hier erfaßten Gruppe von Schülern nicht in erster Linie prinzipielle Interesselosigkeit, die die negative Einstellung zum politischen Unterricht bedingt. Es wird immerhin da und dort ausdrücklich eingeräumt, daß viele Themen, die in diesem Fach aufgegriffen würden, durchaus interessant wären oder interessant sein könnten, aber die Umstände bzw. die Art, in der sie behandelt würden, würden das Interesse abtöten. Bei einigen Schülern verursacht offenbar schon die Tatsache, daß dieses Fach obligatorisch ist, ein Gefühl des Überdrusses.

Ursachen der Einstellungen zum politischen Unterricht

Aus den Stellungnahmen der Schüler kristallisieren sich vier mehr oder weniger bedeutsame Gruppen von Ursachen heraus, deren Gewicht in späteren Studien zu ermitteln wäre: 1. Schwierigkeiten, die sich aus der Lage des Faches innerhalb der schulischen Gesamtsituation ergeben, 2. Schwierigkeiten, die sich aus unklaren Zielsetzungen des Faches bzw.der Vorstellungen davon bei den Schülern ergeben, 3. Schwierigkeiten, die sich aus unangemessener Methodik und Didaktik, falschem Verhalten des Lehrers und Mängeln in der Ausstattung der Schulen ergeben, 4. Schwierigkeiten, die sich aus der psychischen Grundeinstellung der Schüler ergeben.

Nachstehend soll die Problematik in diesen vier Bereichen, wie sie von den Schülern geschildert wird, im einzelnen erläutert werden: 1. Die Schulsituation und der politische Unterricht Die Ergebnisse des Versuches legen es nahe, daß man das Verhalten der Schüler in diesem Fall nicht isoliert betrachten darf. Die Gründe für dieses Verhalten sind nicht nur in den Gegebenheiten dieses Faches allein zu finden, sondern müssen innerhalb der Gesamtsituation der Schule betrachtet werden. Dabei spielt die psychologische Position dieses Faches im Verhältnis zu den anderen Fächern, vor allem zu den Hauptfächern, eine bedeutsame Rolle.

Bei dieser Einordnung in die schulische Gesamtsituation ist für die Schüler der wichtigste Gesichtspunkt, daß „Gemeinschaftskunde" kein Hauptfach ist. Es fehlt also der „Leistungsdruck", der in den Hauptfächern, z. B. Mathematik und Latein, herrscht. Man konzentriert also alle Arbeitskraft auf die Fächer, von denen das Bestehen der Prüfung im wesentlichen abhängt, während man in Gemeinschaftskunde nur das Nötigste tut und die Gelegenheit wahrnimmt, sich von den Strapazen der anderen Fächer auszuruhen. Ein Schüler schreibt: „Man kann öfters schlafen, ohne Wesentliches zu versäumen." Das vorhandene Interesse reich nicht aus, um sich gegen diese, durch das unterschiedliche schulische Gewicht der Fächer bedingte Kräfteökonomie der Schüler durchzusetzen. Einige Schüler folgern daraus, daß nur eine „Aufwertung" dieses Faches, d. h. höherer Leistungsdruck, die mangelnde Beteiligung verbessern könne. Die überwiegende Mehrheit ist aber wohl ganz froh, daß man nicht noch ein Fach hat, in dem man sich anstrengen muß.

Die völlige Abschaffung dieses Faches fordert jedoch niemand. Hingegen gibt es einige Schüler, die meinen, dieses Fach dürfe nur auf freiwilliger Basis erteilt werden. Dieser Vorschlag hat auf den ersten Blick viel für sich — er würde vor allem den verbreiteten „Manipulations-Verdacht" entschärfen —, doch dürfte der Gesichtspunkt der Kräfteökonomie auch ein solches Modell beeinträchtigen: Man würde sich auch bei vorhandenem Interesse überlegen, ob sich dieser zusätzliche Zeit-und Müheaufwand auszahlt oder nicht, was sich wohl zum Nachteil der Beteiligung auswirken würde. Im naturwissenschaftlichen Zweig wird mehrfach vorgeschlagen, die Stundenzahl dieses Faches zu verringern, damit die Schüler sich ihren „wirklichen Interessen" mehr widmen könnten. Einige Schüler bringen zur Rechtfertigung der Unbeliebtheit der Gemeinschaftskunde bzw.des störenden Verhaltens der Klasse in diesem Fach eine „Frustations-Aggressions-Theorie“ vor: Der Leistungsdruck in den Kernfächern erzeuge bei den Schülern Frustationen. Die so erzeugten Aggressionen könnten sich jedoch dort nicht entladen, weil dies die Noten beeinträchtigen würde; so reagiere man die Aggression an einer Stelle ab, wo sie sich nicht auf die Versetzung bzw. das Bestehen des Abiturs auswirken könne. Die Gemeinschaftskunde wird als der dafür geeignete „locus minoris resistentiae“ angesehen.

Diese reife Blüte modischer Vulgärpsychologie kann man den Schülern, die ja keinen Unterricht in Psychologie erhalten, nicht zur Last legen. Immerhin läßt sich eine solche Hypothese — wenn sie entsprechend differenziert würde — empirisch überprüfen. Bei Untersuchungen über die Einstellung zum Politik-unterricht sollte also mit analysiert werden, wie sich die Einstellung zu anderen Unterrichtsfächern, auch hinsichtlich der emotionalen Auswirkungen und der Dynamik der Spannungserlebnisse, darauf auswirkt.

Daß der politische Unterricht gegenwärtig in der Schule noch einen Sonderstatus einnimmt, zeigt sich ferner in Aussagen, in denen auf eine Diskrepanz zwischen dem „demokratischen" Stil des Unterrichts in diesem Fach und den leistungsorientierten, konventionellen Methoden in den anderen Fächern hingewiesen wird. Zum größeren Teil wird dies allerdings wohl als selbstverständlich hingenommen, da man glaubt, daß die besonderen Ziele dieses Unterrichts eben nur durch entsprechende Methoden erreicht werden können, die man mit den eigentlichen „Lernfächern" nicht ohne weiteres in Verbindung bringt. Eine Minderheit empfindet es jedoch als unverträglich, daß in der Gemeinschaftskunde ein demokratischer Umgangsstil als generelle Notwendigkeit herausgestellt wird, während in den übrigen Fächern nach wie vor der alte Stil herrscht. Der politische Unterricht kann dadurch in den Augen der Schüler unglaubwürdig werden oder verliert zumindest an Realitätsbezug. 2. Vorstellungen über die Ziele des politischen Unterrichts Die Erwartungen, die die Schüler mit diesem Fach verbinden, sind nicht sehr groß. Schon dies erklärt, daß der Großteil der Schüler von diesem Unterricht enttäuscht sein muß. Die umfassende Spielbreite dieses Faches in den Vorstellungen der Schüler (die sich vielleichtam besten in der früher zum Teil verwendeten Bezeichnung „Gegenwartskunde" andeutete) entspricht durchaus den vielfältigen amtlichen Verlautbarungen und pädagogischen Bestrebungen, die sich um das Fach ranken. Stark vergröbert ausgedrückt könnte man sagen, daß die Schüler zum Teil erwarten, in diesem Fach in das konkrete Gegenwartsleben in seiner ganzen Fülle eingeführt zu werden — was in den klassischen Fächern offenbar in weitem Maße fehlt oder nicht genügend zum Bewußtsein kommt. Der Lehrer in diesem Fach müßte also über ein geradezu enzyklopädisches Wissen verfügen, was natürlich nicht der Fall ist und häufig zu der berechtigten Kritik führt, der Lehrer verstehe nichts von dem, was er im Unterricht behandele oder schränke die Thematik willkürlich auf sein eigenes Spezialgebiet oder Hobby ein. Das Fach müßte — den genannten Zielstellungen entsprechend — Kenntnisse aus den Disziplinen Soziologie, Politologie, Wirtschaftswissenschaften, Zeit-geschichte, Psychologie (Sozialpsychologie), Rechtskunde etc. vermitteln, d. h. Fächern, denen in der Universität ganze Departments entsprechen. Dabei sind Geschichte und Geographie noch gar nicht mal erwähnt, die in dem Bundesland, in dem die Untersuchung stattfand, Hauptbestandteile des „Gemeinschaftskunde-Unterrichts" sind, aber von den Schülern (aufgrund ihrer konkreten Unterrichts-Erfahrungen) offenbar am wenigsten damit in Beziehung gebracht werden können. Diese umfassenden Aufgaben sind einfach in einem einzigen Fach nicht zu bewältigen. Ein Einzelfach, das in so wenigen Stunden und mit so unzureichenden Mitteln derart umfassende Ziele anzustreben scheint, muß wohl als bildungspolitische Fehlkonstruktion angesehen werden.

Der Ausweg, den Unterricht durch mehrere Lehrer nebeneinander erteilen zu lassen, wird gelegentlich gesehen. Soweit aber in den beteiligten Klassen tatsächlich zwei Lehrer beteiligt waren, hat sich dies nach Meinung der Schüler nicht bewährt. Es läuft dann doch darauf hinaus, daß die beiden Lehrer ihr eigenes Fachgebiet in den Vordergrund stellen, ohne eine Beziehung zu den anderen beiden Teildisziplinen des Gesamtfaches herzustellen (dies gilt besonders für den geographischen Teil). Die von den Bildungsplanern vorausgesetzte Integration des Faches gelingt also nicht, und so könnte man es wohl zu Recht als „Konfusionsfach" bezeichnen. Wenn diese Konzep-B tion auf die Dauer beibehalten werden soll, müßte für eine verbesserte Zusammenarbeit der beteiligten Lehrer gesorgt werden; der Zeitaufwand für die notwendigen Konferenzen müßte also eingeplant werden, was bei dem heutigen Lehrermangel sicher große Probleme aufwirft.

Die Äußerungen der Schüler lassen aber eine noch grundsätzlichere Divergenz in der Auf-fassung von diesem Fach sichtbar werden, die in der pädagogischen Diskussion bisher wohl noch nicht klar gesehen wurde. Es gibt nämlich zwei große Gruppen hinsichtlich der Grund-erwartungen an den politischen Unterricht. Für die eine Gruppe könnte man dieses Fach am besten als „Bekenntnisfach" bezeichnen (womit natürlich keineswegs nur und nicht einmal überwiegend das Bekenntnis zur gegenwärtigen Gesellschaftsform gemeint ist), für die andere als ein Fach, in dem die wissenschaftliche Analyse sozialen und politischen Geschehens eingeübt werden soll. (Natürlich sind die Einstellungen mancher Schüler auch in dieser Hinsicht inkonsistent und diffus.) Die letztere Gruppe ist anscheinend vor allem unter den naturwissenschaftlich interessierten Schülern zu finden. Gerade diese Gruppe ist aber mit der Art des Gemeinschaftskunde-Unterrichts, wie er jetzt betrieben wird, äußerst unzufrieden, weil solche Analysen nach dem Stand der Dinge höchstens ansatzweise und dilettantisch geleistet werden können. Leider ist es aufgrund der unzureichenden Stichprobe nicht möglich, die genauen Anteile dieser beiden Grundeinstellungen in der Schülerschaft festzustellen; keine davon scheint jedoch eine Minderheit darzustellen.

Beide Einstellungen haben nun ganz bestimmte Auswirkungen auf die Forderungen, die man an den Unterricht stellt. Sieht man den Unterricht als Bekenntnisfach, so stellt man die freie Diskussion als die einzig mögliche Verfahrensweise in diesen Stunden hin. Der Lehrer soll dabei möglichst überhaupt nicht eingreifen. Jeder soll seine persönliche Meinung zu aktuellen politischen Problemen sagen und die gehörten Meinungen sollen dem einzelnen für die eigene Meinungsbildung behilflich sein. Daß dies eine allzu ideale, rationalistische Vorstellung vom Prozeß der Meinungsbildung ist, hat nur einer der Schüler gemerkt, der darauf hinweist, daß dies aufgrund der Gruppenbildung innerhalb der Klasse und des Gruppendruckes nicht möglich sei. Entsprechend wird die Vermittlung von Fakten bei dieser Einstellung als nebensächlich behandelt. Die Neigung zu einer aktiven Auffassung von politischem Verhalten — also der persönlichen Beteiligung, der Durchsetzung von Interessen und der Mitverantwortung, wie auch immer diese verstanden wird — scheint in dieser Gruppe etwas größer zu sein; jedoch sind solche Äußerungen an sich sehr selten.

Man darf dies nun wohl nicht so auslegen, daß man der anderen Gruppe durchweg eine passive, lediglich beobachtende Haltung gegenüber dem politischen Geschehen zuschreibt (dies kann ja auch bei Betonung der politischen Meinung im Sinne eines persönlichen Werturteils der Fall sein), sondern es liegt eine grundsätzlich andere Vorstellung von der Art des politischen Verhaltens vor: Man sieht hier die politische Entscheidung in erster Linie abhängig von der rationalen Durchdringung der jeweiligen Tatbestände. Emotionalität gilt diesen Schülern als ein politisches Grundübel. Typisch für diese Gruppe ist die entschiedene Kritik an den Diskussionen, wie sie heute in diesem Fach üblich sind: Den Diskussionen fehlten durchweg die Grundlagen, jeder fühle sich bemüßtigt, seine subjektiven Ansichten in den Raum zu schleudern, ohne sich um die Beweise zu kümmern, kurzum, man werde dazu angehalten, über Dinge zu reden, von denen man keine Ahnung habe. (Daß dies tatsächlich so sein dürfte, wird auch von anderen Schülern bestätigt; und ob diese Art von Diskussion ein gutes Beispiel für demokratische Politik bietet, wäre weiter zu untersuchen.)

Man muß sich darüber im klaren sein, daß es auf die Dauer nicht möglich ist, in einem Fach diese beiden Ansprüche zugleich zu erfüllen. Ohne Prophetie dürfte es doch wahrscheinlicher sein, daß die Misere des politischen Unterrichts (in der Oberstufe) in Zukunft — trotz der gegenwärtigen „Bekenntnis" -Welle in Schülerkreisen —, wenn er nicht weiterhin vor allem der „physischen und psychischen Erholung der Schüler" dienen soll, nur durch Fortentwicklung in Richtung eines sozialwissenschaftlichen Fachunterrichts überwunden werden kann. Die Einübung demokratischen Verhaltens, die freie Meinungsbildung und die Entwicklung demokratischer Wertmaßstäbe können ohnehin kaum allein durch dieses Fach vermittelt werden; dies muß eine pädagogische Aufgabe in allen Fächern, vor allem in Hinblick auf die angewandten Lehrmethoden, und natürlich einer demokratischen Schulorganisation sein. Der sozialwissenschaftliche Fachunterricht kann allerdings der Re17 flexion solcher Maßstäbe und Vorgänge im Licht sozialer und psychologischer Einsichten dienen. Er sollte also einen kritischen und vor allem selbstkritischen Prozeß beim einzelnen und in der Gruppe anregen.

Nun noch einige Worte über die Vorstellungen der Schüler vom Sinn und Zweck des Sozialkundeunterrichts im einzelnen. Die vorgefundenen Erläuterungen liegen auf recht verschiedenen Ebenen. Einige Angaben kehren ziemlich häufig stereotyp wieder, müssen also wohl als bloße Repetition von häufig Gehörtem angesehen werden. Hierzu gehört in erster Linie die Angabe, dieser Unterricht solle die Schüler „zum politischen Bewußtsein führen". Sehr häufig ist auch die Vokabel „kritisch" (auch „Kritikfähigkeit"), die oft schlagwortartig gebraucht wird, so daß man sich darunter alles und nichts vorstellen kann. Etwas mehr gedacht hat man sich wohl in den iällen, in denen von Entwicklung der Denkfähigkeit und selbständigem Denken die Rede ist.

In diesen Äußerungen fällt auf, daß die Entwicklung von Kritik überwiegend als ein Anspruch des Schülers formuliert wird, den die Schule einlösen soll — etwa in der Form, daß der Schüler „zu einem kritisch denkenden Menschen erzogen werden" soll. Es drängt sich das Bild des Schülers auf, der dasitzt und wartet, bis ihm das kritische Denken eingetrichtert wird. Dieser Begriff muß also in weiteren Untersuchungen eingehend erläutert werden. Man sollte doch meinen, daß diese Primanerinnen und Primaner schon von sich aus kritisch denken und daß die Schule diesem kritischen Denken lediglich Raum geben und zur Verfeinerung der Denkmethoden und des Problembewußtseins beitragen müßte — aber in allen Fächern. Abgesehen von der Stereotypisierung der Wendung vom „kritischen Denken" scheint dies den Schülern deshalb nicht aufgefallen zu sein, weil der Betätigung ihres kritischen Denkens im Sozialkundeunterricht offenbar kein Hindernis gesetzt wurde. Es werden jedenfalls nie Klagen darüber vorgebracht. (Im Sinne der gesellschaftlichen Fundamentalkritik, für die der Begriff „kritisch" heute oft steht, wird er hier sichtlich nur in zwei bis drei Fällen gebraucht.)

Wie wenig „Selbständigkeit" des Urteils in manchen Fällen verwirklicht wird, zeigt sich an der fast grotesken Tatsache, daß in einigen Fällen die kritischen Urteile über den Sozialkundeunterricht und die entsprechenden Vorstellungen über dessen Ziele einfach — fehlerhaft — vom Nachbarn abgeschrieben wurden, obwohl doch die Möglichkeit bestand, wie es ja viele andere Mitschüler taten, gar nichts zu schreiben.

Zu den relativ häufig genannten Zielen des Sozialkundeunterrichts gehört das „Wecken des politischen Interesses bei den Schülern“. Diese Angabe ist in den vorliegenden Fällen wohl nicht zu den Stereotypen zu rechnen, da es mehrfach im Zusammenhang mit Klagen über das Desinteresse vieler Mitschüler vorgebracht wird bzw. als ein Ziel gekennzeichnet wird, das bisher nicht erreicht wurde.

Unter den übrigen, jeweils nicht allzu häufigen Aussagen über das Ziel des politischen Unterrichts kann man folgende Gruppen herausheben: Voraussetzungen für das Verständnis politischer, sozialer, wirtschaftlicher und geschichtlicher Zusammenhänge schaffen;

selbständiges Verarbeiten und Beurteilen von (politischen) Fakten erlernen, dabei auch den Umgang mit Quellen und kritische Verarbeitung von Informationen einüben; Vergangenheit und Gegenwart in Beziehung setzen; an historischen Fällen gewonnene Erkenntnisse auf gegenwärtige Probleme anwenden.

Zu diesem insgesamt relativ häufigsten Komplex innerhalb der Aussagen sind einige Anmerkungen notwendig. Besonders häufig wird nämlich der Wunsch nach Information über wirtschaftliche Zusammenhänge geäußert. Dies ist gelegentlich im Sinne der Verflechtung wirtschaftlicher und politischer Interessen gemeint, in der Mehrzahl der Fälle eher im Sinne des Erwerbs eines Grundwissens über die in der Tagespolitik so wichtigen Probleme der Konjunktur, der Währungspolitik usw. Gerade auf diesem Gebiet kann den Lehrern ein Mangel an Sachkenntnis vorgeworfen werden. Es müßte die Möglichkeit geschaffen werden, daß die Einführung in diesen heute so entscheidenden Sachbereich am Gymnasium durch Fachkräfte, also z. B. Dipl. -Handelslehrer, vorgenommen wird.

Die Übung der analytischen Beurteilung politischer Zusammenhänge an geschichtlichen Beispielen wird deswegen genannt, weil dies der heutigen Struktur des Gemeinschaftskunde-Unterrichts im Ideal am nächsten kommt. Aus anderen Äußerungen geht jedoch hervor, daß man diesen Einstieg vom Ge schichtlichen her (auch im Sinne der „Bewältigung der Vergangenheit") im Grunde abB lehnt. Ein Geschichtsbewußtsein scheint überhaupt nicht zu bestehen; man will sich nicht „durch feststehende geschichtliche Ereignisse prägen" lassen.

Zu den relativ häufig angegebenen Zielen des Politikunterrichts gehört die an sich nur sekundäre Übung in Diskussion, freier Rede, Formulierung von Argumenten, dann folgen: Meinungsbildungshilfe (Gelegenheit, andere Meinungen kennenzulernen), einen Überblick, ein Gesamtverständnis gewinnen, den Horizont erweitern (gemeint in Hinblick auf den politischen, gesellschaftlichen und historischen Standort), Einblick in alle politischen Bereiche, Erziehung zum sozialen Verhalten, Kenntnis vom Funktionieren des demokratischen Systems (Rechte und Pflichten), Erziehung zur politischen Verantwortlichkeit, Anregung zur aktiven Teilnahme in der Politik (was man tun kann, die eigene politische Lage verändern, Erkennen der Gesellschaft und der eigenen Rolle in ihr), Selbstverwirklichung der Persönlichkeit, Vorbereitung auf die Berufswelt, Beschäftigung mit gesellschaftlichen, sozialkritischen Problemen, Vorbereitung auf die Rolle des Staatsbürgers, Übung demokratischer Verfahrensweisen und anderes mehr.

Nicht alle diese Ziele, die von den Schülern erwähnt wurden, zählen zu denen, die man vom pädagogischen Standpunkt aus als wesentlich bezeichnen würde; es spiegeln sich darin auch verschiedene ältere und neuere Auffassungen von den Zielen dieses Unterrichts, ohne daß den Schülern diese immer direkt bekanntgeworden sein dürften. Nicht selten werden Ziele genannt, die gar nicht für dieses Fach spezifisch sind. Da diese Erwartungen von anderen Fächern möglicherweise nicht erfüllt werden, werden sie dem Sozial-kunde-Unterricht gewissermaßen als Komplementärfunktion zugewiesen. Bemerkenswert ist ferner, daß Ziele, die einen höheren Grad politischen Engagements der Schüler einschlie19 ßen, nur von wenigen genannt werden; das gleiche gilt anscheinend für konkretere sozialkritische Forderungen.

In vier Fällen wird eine negativ akzentuierte Definition der Aufgabe des politischen Unterrichts gegeben, die allerdings nur in einem Fall ganz durchgehalten und nicht durch positive Angaben relativiert wird: Dieser Unterricht habe die Aufgabe, den Schüler auf die jeweils herrschende Staats-und Gesellschaftsideologie festzulegen, ihn zum Untertanen zu erziehen, auf die gegebene Demokratie als die einzig mögliche ideale Staatsform unkritisch abzurichten und systemkonforme, affirmative Propaganda zu betreiben.

Allerdings sind dies nicht die einzigen, die befürchten, daß in diesem Unterricht vom Lehrer versucht werde, die Meinung der Schüler zu manipulieren oder kritische Alternativen zu unterschlagen. Es soll auch noch einmal betont werden, daß die Schüler die Mehrheit der von ihnen angegebenen Ziele in dem politischen Unterricht, den sie erlebten, zwar häufig als intendiert, doch auch überwiegend als nicht erreicht ansehen. 3. Mängel der Durchführung Die meisten Aussagen bezogen sich, wie gesagt, auf diesen Punkt. Nicht weniger als 28 der 71 Schüler fordern, daß mehr aktuelle politische Probleme in diesem Unterricht besprochen und diskutiert werden sollten. Dem entspricht eine Zahl von 15 Schülern, die angeben, es werde in diesem Fach zuviel konventioneller Geschichtsunterricht betrieben mit Auswendiglernen von Daten und Detailfakten, Wiederholung und (offenbar nicht so empfundener) „Vertiefung" des Stoffes aus der Mittelstufe. Eine Ablehnung des Frontalunterrichts und der einschläfernden „Lehrermonologe" zugunsten der Arbeit in kleinen Gruppen findet sich in 21 Fällen. Sofern Gruppenarbeit schon gemacht wurde, sind die Schüler davon sehr eingenommen; jeder könne in kleinen Gruppen etwas Eigenes beitragen, während die Diskussion im Klassenplenum nur von ganz wenigen (einmal wird gesagt: nur drei) Schülern allein bestritten wird. In der Gruppenarbeit ohne Anwesenheit des Lehrers habe man sich alles selbst erarbeitet; es sei dabei viel mehr herausgekommen als beim üblichen Unterricht. (Leider lagen keine genaueren Angaben über die Themen dieser Gruppenarbeit vor.) Es muß natürlich dahingestellt bleiben, ob die Begeisterung der Schüler für die Gruppenarbeit dem objektiven Effekt dieser Methode entspricht — immerhin kann das einhellige Votum der Schüler dafür nicht übergangen werden. Die einzige Alternative, die die Schüler noch akzeptieren und zu einem kleineren Teil vielleicht vorziehen würden, die Gesamtdiskussion, ist der Gruppenarbeit angesichts der überfüllten Klassen eindeutig unterlegen. Der Gruppenarbeit steht lediglich ein praktisches Hindernis entgegen: es fehlt in den Schulen oft die dazu notwendige Zahl von Räumen.

Als zusätzliche Forderung für die Gruppen-arbeit wird häufig noch vorgebracht, daß sich die Schüler das Thema, das sie bearbeiten wollen, nach ihren Interessen selbst wählen sollten. Selbstgewählte Themen sind allerdings, wie in einem Beispiel berichtet wird, nicht immer eine Garantie dafür, daß die Schüler mit Interesse bei der Sache bleiben. Das mag daran liegen, daß die Themen von den grundsätzlich interessierten Schülern vorgeschlagen werden und die weniger interessierten oder auch nur zurückhaltenderen Schüler sich deren Vorschlägen nicht entziehen können. Je kleiner die Arbeitsgruppe, desto eher wird es sicher gelingen, jeden einzelnen zur Mitarbeit heranzuziehen (wenn nicht auch die Arbeit der Gruppe hauptsächlich von wenigen Aktiven gemacht wird — was der Überprüfung an konkreten Fällen bedürfte).

Sofern in den Stellungnahmen betont wurde, daß sich die Schüler anhand selbst beschaffter Unterlagen die Lösungen für die Probleme unbeeinflußt selbst erarbeiten sollten und vom Lehrer nur die Anleitung zur methodischen Arbeit mit diesen Unterlagen gegeben werden sollten, liegt der Nachdruck nicht ausschließlich auf der Gruppenarbeit, da diese auch auf andere Weise organisiert werden kann. In diesen Fällen wird jedoch besonders häufig der Mangel an geeignetem Arbeitsmaterial beklagt. Man könne gar nichts selbst erarbeiten, weil der Lehrer aus Mangel an Lehrmaterial und Originalliteratur alle Informationen vortragen bzw. aus seinem eigenen Fundus beisteuern müsse. So könne der Lehrer durch einseitige Auswahl des Materials das Ergebnis des Unterrichts nach seiner eigenen politischen Auffassung hin beeinflussen. Es fehlten die kritischen Positionen, die Alternativlösungen. Dies gelte auch für die vorhandenen Lehrbücher. überhaupt ist die Abhängigkeit vom Lehrer ein Punkt, gegenüber dem die Schüler sehr sensibel sind. Man meint, daß der Lehrer den Unterricht zu sehr in die ihm erwünschte Richtung lenke. Manipulation durch den Lehrer wird in vielen Fällen als gegeben angesehen. Man ist sehr mißtrauisch; in einem Fall wird sogar der Verdacht geäußert, die vom Lehrer vermittelten Informationen entsprächen nicht immer der Wahrheit. Es wird ferner berichtet, der Lehrer stelle Suggestivfragen, dränge den Schülern seine Meinung auf u. ä. Allgemeiner wird oft die Forderung erhoben, die Darstellung müsse völlig objektiv erfolgen, es dürfe vom Lehrer aus keine Festlegung auf bestimmte Richtungen oder Ideologien gegeben sein. Es sollten daher im Unterricht auch stets verschiedene kontroverse Quellen herangezogen werden. Dies wird ausdrücklich auch auf den Vergleich verschiedener Gesellschaftssysteme bezogen. Man möchte auch „die Vorteile und Nachteile anderer Systeme" anhand von deren Selbstdarstellungen objektiv beurteilen. Der Demokratiebegriff scheint den Schülern fragwürdig zu sein; zwar kennzeichnet man gewünschte Verhaltensweisen als „demokratisch", doch wird das Substantiv „Demokratie" selten gebraucht. Man spricht eher vom „System" oder verschiedenen „Systemen". Welche Bedeutung diese Äußerungen der Schüler konkret haben, kann nicht immer erschlossen werden. Dies bedürfte wohl auch gesonderter Untersuchungen. Wahrscheinlich meint man damit oft einen Vergleich zwischen Demokratie und Kommunismus bzw. zwischen kapitalistischer und sozialistischer Gesellschaft, der nicht zugunsten der in den westlichen Demokratien herrschenden Verhältnisse voreingenommen sein sollte. Doch scheint diese Deutung in manchen Fällen das Gemeinte nicht voll zu treffen. Es ist auch psychologisch nicht ausgeschlossen, daß hinter einer solchen Forderung eigentlich die Bevorzugung einer bestimmten politischen Denkrichtung steht und man also von der Objektivität des Unterrichts nur dann vollkommen überzeugt wäre, wenn er in dieser Richtung erfolgte. Man pflegt ja die eigenen Vorstellungen meist als die allein richtigen anzusehen. Dies ließe sich nur durch persönliche Interviews klären. Dabei muß allerdings wieder berücksichtigt werden, daß es sich wahrscheinlich nicht um relativ konstante Einstellungen handelt, sondern um Stadien des Werdens politischer Einstellungen, in denen es wirkliches Suchen, Schwanken und keine klare Festgelegtheit gibt.

Die Abhängigkeit von der Meinung des Lehrers wirkt sich nach den Angaben der Schüler vor allem auch deshalb ungut aus, weil es in jeder Klasse natürlich opportunistische Anpassungstendenzen gibt. Es gibt stets einige Schüler, die — nach Ansicht ihrer Mitschüler — die Meinung des Lehrers vertreten, um gute Noten zu bekommen. Dem Lehrer mag das gar nicht bewußt werden. (Diese allgemeine politisch-psychologische Erscheinung würde sich übrigens gut für eine unterrichtliche Besprechung im Sinne der Selbsterhellung eignen.)

Von vielen Schülern wird das Notenproblem im politischen Unterricht angesprochen. Verständlicherweise erscheint es den Schülern als problematisch, in einem Fach Noten zu erhalten, das als Bekenntnisfach angesehen wird. Zwar wird nur vereinzelt angenommen, daß die Lehrer tatsächlich Meinungen benoten, doch wird die Notengebung als willkürlich empfunden, weil ein Maßstab dafür fehlt. Ein Lehrer kann sich nun damit behelfen, daß er die Beteiligung am Unterricht benotet. Dies zieht aber — nach den Aussagen von Schülern — einen Beteiligungs-Opportunismus der Schüler nach sich, die gut reden können, während die Stilleren benachteiligt werden. Bei Gruppenarbeit wird die Notengebung erst recht fragwürdig: man kann in einer Gruppe allen nur dieselbe Note geben. So dürfte klar sein, daß die Notengebung im Sozialkunde-Unterricht in seinem jetzigen Zustand ein Unding ist.

An früherer Stelle wurde bereits darauf hingewiesen, daß Klagen über das Desinteresse vieler Mitschüler, das den Unterricht sehr mühsam macht und zum Teil regelrecht stört, nicht selten sind. Interessant sind die Erklärungsversuche, die für das Uberhandnehmen dieses Desinteresses gegeben werden. Eine häufigere Erklärung dafür, die sich auch darauf bezieht, warum allgemeine Diskussionen meist nicht recht zustande kommen, geht davon aus, daß eine Beteiligung daran gewöhnlich zu hohe Kenntnisse voraussetze. Den meisten Schülern fehlten die Vorkenntnisse, um mitreden zu können, sie verstünden zu wenig von den Streitpunkten und langweilten sich dann. (Ein anderer Grund für das Desinteresse der Schüler an solchen Diskussionen wird im nächsten Abschnitt zu berichten sein.)

Der Mangel an geschichtlichen Vorkenntnissen wird durchweg dem unzureichenden Unterricht auf der Mittelstufe zur Last gelegt. Es wird gefordert, daß die Wissensgrundlagen bereits in der Mittelstufe gelegt sein sollten, damit die Unterrichtszeit in der Oberstufe nicht durch Nachholen von Stoff ausgefüllt wird. Zum Teil wird beklagt, daß die Grundlagen für das Desinteresse der Schüler bereits in der Mittelstufe gelegt wurde, weil auch dort über Dinge diskutiert wurde, die die meisten nicht verstanden, oder daß die Schüler zum Teil mit unwesentlichen Dingen, wie Sammeln und Einkleben von Zeitungsausschnitten, beschäftigt wurden.

Untersuchungen über die Einstellung gegenüber dem politischen Unterricht müssen also Längsschnittcharakter haben: Die Situation, die hier in den Abschlußklassen erfaßt wurde, ist zweifellos zu einem nicht unbeachtlichen Teil die Fortsetzung von Einstellungen, die bereits früher erworben wurden. 4. Die psychische Grundeinstellung der Schüler Bei allen konkreten (und behebbaren) Mängeln im einzelnen bleibt als Hintergrund die Frage nach der psychischen Grundhaltung der Schüler, aus der die Stellungnahmen letztlich mit erwachsen. Diese Grundhaltung ist aus dem Material lediglich erschließbar; ein gültiger Beweis ist hier nicht möglich. Es gibt jedoch eine Reihe von Indizien, in denen sich eine solche Grundhaltung immer wieder andeutet. Ein besonders auffälliges Beispiel hierfür ist eine der häufiger erwähnten Begründungen für das Desinteresse der Mehrheit an diesem Unterricht. Es wird nämlich gesagt, daß den einzelnen immer nur ein Teil der Themen, die in diesem Unterricht behandelt werden, interessieren könne, so daß auf diese Weise jedesmal ein größerer Teil der Schüler desinteressiert sei, sich langweile und sich nicht beteilige. Die Möglichkeit, sich auch mit Problemen zu befassen, die nicht den ureigensten Wünschen und Neigungen entsprechen — etwa, weil man ihre objektive Wichtigkeit einsieht oder sie als Ubungsbeispiel akzeptiert usw. —, wird überhaupt nicht ins Auge gefaßt. (Dies gilt natürlich nicht für alle Schüler, scheint aber für viele bedeutsam zu sein.) Auch bei anderen Anstrengungen oder Unbequemlichkeiten, die dem Schüler durch den Unterricht zugemutet werden, fühlt man sich „frustriert", woraus nach Ansicht der Schüler zwangsläufig das Abschalten, Versinken in Passivität oder aggressive Opposition folge. Man sieht sich in dieser Theorie also als ein bloßes Objekt situativer Zwangsläufigkeiten. Dies wird auch in anderen Schilderungen und Stellungnahmen deutlich, über die in den vorangehenden Abschnitten berichtet wurde. Nadi den Aussagen der Schüler gibt es keinen Zweifel darüber, daß derartige Meinungen und entsprechende Verhaltensweisen verbreitet sind; schwieriger ist es, die Ursachen dafür aufzuspüren. Man könnte z. B. in dem eben herangezogenen speziellen Fall die Meinung vertreten, Schüler hätten auch früher nur das getan, was ihrer persönlichen Interessenrichtung entsprach, und sich mit dem Übrigen nur so weit beschäftigt, als es nicht zu umgehen war. Dies geschah jedoch im Bewußtsein, daß es eigentlich nicht zulässig war, wahrend man hier einen selbstverständlichen Anspruch darauf zu haben glaubt. In diesem Fall würde es sich also lediglich um eine Rechtfertigungsideologie handeln.

Andererseits müßte aber der Vermutung nachgegangen werden, daß die „Frustrations-Toleranz" dieser Generation tatsächlich gegenüber früher herabgesetzt ist. Dies hätte natürlich Konsequenzen für die politische Pädagogik. Während man bis vor einiger Zeit die Meinung vertreten hatte, daß zum Schutz vor der Entwicklung von Ressentiments und darauf spekulierender Demagogie eine Heraufsetzung der Frustrationsschwelle für die Ausprägung einer demokratischen Haltung notwendig sei, meint man neuerdings öfter, daß eine Senkung dieser Schwelle nützlich wäre, weil dies eine Erhöhung der politischen Sensibilität bedeute — im vorliegenden Fall also eine geringere Neigung, sich den bestehenden Verhältnissen im Unterricht anzupassen, und eine höhere Neigung, die eigenen Interessen als Schüler zu vertreten. Inwieweit diese neueren Auffassungen selbst eine Anpassung an die gegenwärtig gegebenen Verhältnisse bedeuten, mag dahingestellt bleiben, ebenso, ob beide Auffassungen sich überhaupt auf die gleichen psychologischen Zusammenhänge beziehen. Sollte sich die Annahme einer im Durchschnitt herabgesetzten Frustationsschwelle bewahrheiten, so wird man diese Tatsache, unabhängig von ihrer pädagogischen Bewertung, in der Gestaltung des Unterrichts künftig berücksichtigen müssen. Wäre eine solche geringere Widerstandsfähigkeit gegenüber behindernden und enttäuschenden Einflüssen tatsächlich ge. geben, so müßte man wohl auch — was leicht übersehen wird — mit einer stärkeren Neigung rechnen, vor bestehenden Schwierigkeiten zü kapitulieren und langwierigen Mühen oder gar Kämpfen zur Durchsetzung der eigenen Interessen bzw. für notwendig erachteter Neuerungen aus dem Wege zu gehen. Tatsächlich könnte man gegenwärtig bereits aufgrund von da und dort zu findenden Andeutungen Versucht sein, schlagwortartig von einer „resignierenden" — nach der „rebellischen" — Generation zu reden.

Die Äußerungen der Schüler könnten ferner als das Vorherrschen einer „konsumptiven" Einstellung erklärt werden. Dies würde der Grundeinstellung der überwiegenden Zahl der Einwohner der Bundesrepublik entsprechen, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten ausgebildet hat. Als letzte Ursache dieser neuen Grundeinstellung können die Lebensbedingungen in einer durch Prosperität gekennzeichneten Umwelt angenommen werden, wobei auch an die besondere Art der Beziehung des einzelnen Zum Staat, der zum Garanten von Wohlfahrt und sozialer Sicherheit geworden ist, gedacht werden muß. Die Entwicklung dieser realen Beziehungen zwischen Konsumenten, wirtschaftlicher Aktivität und staatlichen Leistungen und der korrespondierenden psychischen Einstellungen muß freilich als ein komplizierter Wechselwirkungsprozeß vorgestellt werden, dessen Resultate noch nicht ganz übersehen werden können und der sicher noch kein Endstadium erreicht hat. Das sich hieraus ergebende „Anspruchsniveau" und die zugehörigen Erwartungshaltungen, wie sie sich bei den Heranwachsenden äußern, sind Gegebenheiten, die sich auch auf das Verhalten gegenüber Teilgebieten, wie dem politischen Unterricht, auswirken, ja, hier vielleicht besonders deutlich durchbrechen können. Man müßte sie also so oder so in die Überlegungen über die notwendigen Und geeigneten pädagogischen Ansätze in diesem Unterricht einbeziehen.

II. Zusammenfassende Bemerkungen

Trotz des improvisierten Charakters dieses Aufsatztestes konnte man aus den 71 Nieder-schriften doch schon Verschiedenes entnehmen, das für die Voreinstellungen dieser teils wahlberechtigt werdenden, teils schon wahlberechtigt gewordenen jungen Menschen zu dem von ihnen erfahrenen Politikunterricht und für ihre Reaktionsweisen auf ihn aufschlußreich ist.

Auswertung nach Klassen Die nach Klassen getrennte Auswertung ermöglichte darüber hinaus einen eindrucksvollen Vergleich zwischen den Klassen: Man erkannte die verschiedenen Methoden des Unterrichts, die verschiedenartigen Lehrerausstrahlungen und davon abhängige Auswirkungen auf die Schülereinstellung. Leider verbietet sich ein Bericht hierüber, da er nicht ohne Bekanntgabe von einzelnen Belegen verständlich wäre, diese aber die den Schülern und Lehrern ausdrücklich versprochene Anonymität (auch die Lehrer durften die Aufsätze nicht zur Kenntnis nehmen) gefährden würde.

So bleibt nur übrig zu versuchen, aus diesen Klassenvergleichen ein paar verallgemeinernde Schlußfolgerungen zu ziehen.

Erkennbar wurde zum Beispiel die große Streubreite zwischen einem „Nichts" und einem „Viel" an politischem Interesse. Auf der einen Seite ein offenbar naives Unberührtsein, sich ausdrückend in Gleichgültigkeit und „Langeweile" oder in affektgeladener Ablehnung des heißen Eisens „Politik", auf der anderen Seite ein merkbares Sich-mitbetroffen-oder gar Mitverantwortlich-Fühlen für Dinge, die auf politischem Felde sich ereignen. Deutlich wurde auch, daß die Uninteressiertheits-bzw. Weniginteressiertheitsfälle quantitativ überwogen. Erkennbar wurde vor allem auch, was die Gemüter vordergründig bewegt, wenn sie im Schulunterricht (oder auch außerhalb der Schule) auf „Politisches" oder „Gesellschaftliches" hin angesprochen werden. Nur in einem Teil der Niederschriften finden sich auch gewisse Anzeichen dafür, daß bestimmte Einstellungen und Wertungen bereits eine längere persönliche Erfahrungs-bzw. Beeinflussungsvorgeschichte hatten. Genaueres würde man durch behutsame Einzelinterviews wohl zum Teil aufklären können.

Man hätte in dem Jahr dieser Niederschriften — 1970 — eigentlich viel mehr unverdaut Schlagwortartiges erwarten können, wie man es heute von Seiten Erwachsener gewohnt ist -— ausgelöst von den vielen in diesem Jahr lautstark in der Öffentlichkeit behandelten Protestaktionen „der" Jugend. Gewiß kam gelegentlich das Sozio-Chinesisch, von dem die öffentliche Diskussion vor allem in Jugend-publikationen angefüllt war und noch ist, auch in diesen Schüleraufsätzen zum Ausdruck, im wesentlichen überwog jedoch bei weitem das Bemühen, sachlich darüber Auskunft zu geben, wonach gefragt worden war: wie man zu dem stand, was landläufig unter der Marke „Gemeinschafts-oder Sozial-oder Gegenwartskunde oder politische Bildung" zur Zeit in den Schulen angeboten bzw. behandelt wurde. Obwohl man vielfach keine Hemmung hatte, sich auch drastisch-negativ zu äußern — die Anonymität war ja zugesichert —, überwog trotzdem die Bereitschaft, seine Meinung aufgrund persönlicher Schulerfahrung ganz nüchtern und objektiv zum Ausdruck zu bringen. Daß man zuallererst an zu Kritisierendes dachte und diese Kritik dann in den meisten Fällen recht vordergründig ausfiel, sich vor allem an der methodischen Seite dieses Unterrichts rieb, lag schließlich nahe. Um so beachtenswerter werden auf diese Weise die selteneren Fälle, in denen ein wenig gründlicher nachgedacht und dabei auch über die person-bezogene Bedeutung dessen, was es in diesem Fach zu lernen gibt, reflektiert wurde.

Allgemeine Rückschlüsse Welche „allgemeinen" Rückschlüsse lassen sich aus den Niederschriften dieser 18-bis 19jährigen ziehen?

Zu bestätigen scheint sich zunächst die schon vielfach geäußerte Feststellung, daß zumindest in dem vorletzten Schuljahr der Oberschulen noch nicht sehr viel von dem erreicht wurde, was man sich für dieses Lebensalter vielleicht schon erhoffen durfte, da es ja in das erste Wahlberechtigungsjahr fällt — eine Grundeinstellung, die sich der Wichtigkeit und Verantwortung bewußt geworden ist, die mit der Rolle des Staatsbürgers in einer demokratischen Gesellschaft verbunden sind. Manche benutzen zwar gern den Begriff „politisches Bewußtsein" —-es ist ein sehr gängiger Begriff —, aber kaum etwas deutet darauf hin, daß man dem Bedeutungsgehalt dieses Begriffs näher nachgegangen wäre. „Politisches Bewußtsein" liegt für die meisten schon dann vor, wenn man politisch Aktuelles, das einem bewußt gemacht, mit dem man konfrontiert wird, zum Anlaß für persönliches Stellung-nehmen benutzt. Man charakterisiert die vorherrschende Einstellung zum Fach Gemeinschaftskunde vielleicht am treffendsten so: Es handelt sich um ein Schulfach unter anderen, es wird jetzt halt allgemein verlangt; es läßt sich auch manches Nützliche daraus lernen (persönliches Interesse vorausgesetzt); jedenfalls empfiehlt es sich, mitzumachen, denn man muß schließlich den Lehrer zufriedenstellen und um eine anständige Abiturnote besorgt sein. Wer sich bei politischen Diskussionen hervortun will, dem werden manche Fakten-kenntnisse aus diesem Fach willkommen sein.

An Kritikbereitschaft aus intellektueller Sicht und solidarischen Impulsen fehlt es nirgends — man ist nicht mehr geneigt, alles ungeprüft arglos hinzunehmen, was einem als „richtig" oder „in Ordnung" oder als „normal" oder „wünschenswert" oder „legitim" hingestellt wird —, im Gegenteil: es gilt als Ehrensache, sich von manchen Erscheinungen oder Behauptungen oder geltenden Normen zu distanzieren. Man legt Wert darauf, sich eigene Urteile bilden zu können, und möchte sich daher auch im kritischen Denken üben. Gegenstand der Kritikübung wird dabei naturgemäß immer nur das „andere" — das, was einem als vor-findbare Fakten aus der Um-und Mitwelt gegenübertritt und bereits ohnehin ins Licht kritischer Aufmerksamkeit geraten ist. So erklären sich die nur selten vorkommenden konkreten Beispiele (wie „Mietwucher“ oder „ungerechte Kapitalverteilung") oder Pauschaldiffamierungen (wie „Pseudodemokratie"). Nur sehr vereinzelt schließt man in dieses kritische Sich-Distanzieren auch sich selbst mit ein, stellt also die eigenen psychischen Voreinstellungs-und Urteilsbedingtheiten ein wenig mit in Rechnung. Entweder hatte das Aufsatz-thema nicht genügend „Aufforderungscharakter" in dieser Richtung oder das Problem der Selbstkritik, Introspektion und Ichfindung bei der Auseinandersetzung mit dem Nicht-Ich (in der „Sozialisation") hat bei diesen 18-bis 19jährigen noch nicht die Bedeutung, die man diesem Lebensalter gemeinhin unterstellt. Das ließe sich aber wohl durch Spontanäußerungen ermitteln, die auf andere Weise ausgelöst würden. Lehrerpersönlichkeit und Methode Aus dem Vergleich der Aufsatzgruppen, also der Klassen untereinander, wird eines deutlich: den Bedürfnissen und Erwartungen der Schüler werden die Lehrer recht unterschied-lieh gerecht. Lob kam vor, aber spärlich und verhalten, Tadel viel häufiger, zum Teil recht unverhohlen. Erwartet wurde von diesem Fach (wie man den Aufsätzen entnehmen kann) in erster Linie zweierlei: zum einen aktuell relevante Informationen über „Fakten“ und Zusammenhänge, zum anderen Hinführung zu selbständig-kritischem Denken. Nun sind weder Lob poch Tadel, weder Befriedigung noch „Frustration" angemessene Kriterien für die faktische Effizienz eines Politik-unterrichts; es könnte sich u. U. sogar herausstellen, daß berechtigte Klagen, Beschwerden und Proteste einen Kompensationseffekt erzielen, der fruchtbarer ist als ein stetiger Einverständniseffekt mit Ziel und Methode anderer, suggestiver wirkender Lehrer. In dem einen Fall könnte die realistische Einsicht, im anderen die kritische Emanzipation zu kurz kommen — es sei denn, daß wach gewordenes Verantwortungsbewußtsein hier wie dort die Defizite übergreifend ausgleicht. Jedenfalls lassen die Aufsätze erkennen, welcher vielschichtigen und schwierigen Aufgabe besonders der Politiklehrer gegenübersteht. Sein Erfolg im Sinne der Erziehung zu recht verstandenem „politischen Bewußtsein" — darunter sei verstanden: kritisch-verantwortungsbewußtes Engagement — scheint entscheidend von seinem Unterrichtsstil, seiner Methoden-wahl und seiner Persönlichkeitsausstrahlung abzuhängen (bzw.dem Gebrauch, den er davon macht), mehr als von seinem (zumeist geforderten) Up-to-date-Sein in der soziologischen und politologischen Wissenschaft. Den Schülern müßte im Verlaufe des Unterrichts aufgehen, daß es in diesem Fach auf noch etwas mehr ankommt als nur auf ein Orientiert-Werden über Fakten und ein Kritisieren-Können von Mißständen (wirklichen oder vermeintlichen) — nämlich auf das innere Gewahrwerden der Verpflichtungsrolle, die auf ihn als mitverantwortlichen Staatsbürger nun unmittelbar zukommt.

Soviel über Schlußfolgerungen aus dem Klassenvergleich. Sie zielten ungewollt auf jenen Erfolgsteil des Politikunterrichts, der auf das Konto des Lehrers entfiel. Man kann aber nun auch die 71 Aufsätze insgesamt untereinander vergleichen, losgelöst von und ohne Mitbedenken auf deren Gruppenbedingtheit. Dann fällt als erstes die große Spannweite zwischen den Extremen auf: Auf der einen Seite strikte Ablehnung, sich überhaupt für dieses Fach interessieren zu wollen, und auf der anderen das sichtbar werdende Bedürfnis, sich mit den Fragen der Politik und der Gesellschaft näher auseinanderzusetzen. Das läßt erkennen, wie verschieden die Voreinstellungen und auch die Vorformungen (das Im-Bilde-Sein) sind, die von den jungen Menschen schon von ihrer individuellen Vorgeschichte her in dieses Schulfach mitgebracht werden — ein Umstand, der für den Lehrer eine zusätzliche Erschwerung in seinem Bemühen bedeutet, allen vorkommenden Voreinstellungen und Vorbildungsarten gerecht zu werden.

An weitere Individualunterschiede, wie sie sich auch in diesen Aufsätzen bemerkbar machen, wird der Lehrer gewohnt sein, da sie sich ja in allen anderen Fächern und selbst in den Pausen ebenfalls manifestieren: Temperaments-und Charakterunterschiede. Aber auf die politische Thematik bezogen, können sich diese Unterschiede in besonderer Weise akzentuieren, denn sie läßt wie keine andere Raum für individuelle Übersteigerungen oder Verallgemeinerungen oder auch für nachwirkende Resignationen. Für den Lehret ergeben sich daraus zusätzlich Differenzierungsnotwendigkeiten in der Unterrichtshandhabung: dort vor allem Mäßigung und Objektivierung, hier vor allem Ermutigung und Stimulierung. (Was angesichts der Affektgeladenheit mancher politischer Probleme wiederum ein besonderes Maß von Fingerspitzengefühl erfordert.)

Die Schüler selbst erkennen eigentlich nur eine methodische Alternative, die in den meisten Äußerungen formuliert wird: die Alternative Frontalunterricht oder Gruppendiskussion. Sie entscheiden sich eindeutig für das letztere.

Hierzu wäre noch manches Spezifische zu sagen, vor allem auch — durch verschiedengestaltete Versuche — zu erhellen. Einiges wird bereits im Teil I dieses Berichts von K. D. Hartmann angesprochen.

Die Problematik Alles in allem erkennt man beim Lesen der 71 Aufsätze, daß die Methodenfrage als das ungelöste Problem der Politikpädagogik angesehen werden muß, die Frage des Wie des Bewirkens: Wie erreicht man am sichersten eine Resonanz beim Schüler, die dessen emanzipatorischen Entfaltungsbedürfnissen entgegenkommt, dessen realistisches Urteil initiiert und gleichzeitig in ihm so etwas wie Verpflichtungsgefühl gegenüber der Politik und den Freiheitsprinzipien der Demokratie durch verantwortungsbewußte Beteiligung wachzurufen vermag. Alles übrige, Vieldiskutierte erscheint demgegenüber als zweitrangig.

Der hier vorgelegte kleine Vor-Versuch konnte natürlich keine allgemeingültigen und weitreichenden Erkenntnisse zutage fördern; er konnte und sollte nur aufzeigen, daß man auch auf diesem bisher verschmähten Wege zu Einsichten gelangen kann, die vielleicht praktisch verwertbar sind. Es ging uns zunächst um diese methodische Frage — und um nichts mehr. Denn wir fanden, daß aus den meisten bisherigen Schülerbefragungen über Kenntnisse und Einstellungen wohl zwar herauskam, daß per saldo (neben Unterrichtserfolgen) dieses und jenes näher spezifizierte Ungenügen (etwa an Kenntnissen) oder Unerwünschte (an Wertungen oder Haltungsprinzipien) in der Endsumme zu registrieren war. Aus den Antworten konnte man in der Regel aber nicht entnehmen, aus welcher Gemütslage und welcher situativen Bedingtheit heraus die jeweils positiven oder negativen Ankreuzungen bestimmter Items erfolgten. Nur ein statistisches Endresultat lag vor, das freilich den Vorzug hatte, mit anderen Daten korreliert werden zu können, um dann von dort aus denkbare Rückschlüsse über bestimmte Kausalzusammenhänge zu erlauben bzw. mehr oder weniger zu bestätigen. Uns jedoch kam es darauf an, einmal Spontanäußerungen zu sammeln, die auch einiges von dem „psychischen Umfeld“ erkennen ließen, das die erfolgs-oder mißerfolgsmeldenden Äußerungen mitbestimmte und mitbedingte. Das Soziokulturelle als relativer Dauerfaktor und das Situative als relativer Schwankungsfaktor gehen natürlich in dieses „psychische Umfeld“ mit ein. Wir glauben, daß erst von hier aus direkter erkennbar wird, wo die wesentlichsten Mißerfolgsursachen zu suchen sind, und nehmen deswegen in Kauf, daß hierbei — wenigstens zunächst — exakte Maßziffern nicht vorweisbar sind. Wer als „wissenschaftlich" nur noch Faktorenana-lysen mit nachweisbaren Reliabilitäts-und Validitätszahlen gelten lassen will, der möge eine solche Sammlung von verhältnismäßig spontanen Äußerungen als unwissenschaftlich verwerfen. Das braucht aber diejenigen, die nach den Bedingungen für ein wirksameres Unterrichten in dem sogenannten Gemeinschaftskundefach suchen, nicht abzuhalten, aus einer größeren Zahl von Schüleräußerungen das zu entnehmen, was für sie lehrreich sein könnte. Wir vermuten, daß auf diesem Wege des Nachforschens immerhin einige Erkenntnisse gesammelt werden können, die sich konkret-praktisch verwerten lassen, wahrscheinlich unmittelbarer, als dies durch scharfsinnige Theorien und/oder repräsentative Erfolgs-statistiken möglich ist.

Unsere Anregung geht deshalb dahin, ähnliche, aber natürlich methodisch verbesserte Sammlungen von Spontanäußerungen dieser Art aus verschiedenen Gruppen von Schülern zu ersinnen, auszuprobieren und in etwas breiterer Front, als es hier zunächst nur möglich war, vornehmen zu lassen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe den zweiten Teil dieses Berichts von W. Jacobsen.

Weitere Inhalte

KlausDieterHartmann, Dipl. -Psychologe, Mainz, geb. 21. 11. 1929 in Magdeburg. Seit 1957 freie Praxis als Wirtschafts-und Sozialpsychologe; zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften. Redaktion der Schriftenreihe „Politische Psychologie". Walter Jacobsen, Dr. phil., Oberregierungsrat a. D., Psychologe, früher Referent in der Bundeszentrale für politische Bildung, geboren 1895 in Altona/Eibe, 1937 nach Schweden emigriert, wo er ein Institut für praktische Psychologie und Berufswahlfragen mitgründete und wissenschaftlich leitete.