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Curriculumforschung und politische Bildung | APuZ 19/1971 | bpb.de

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APuZ 19/1971 Curriculumforschung und politische Bildung

Curriculumforschung und politische Bildung

Wolfgang W. Mickel

/ 89 Minuten zu lesen

I. Einführung in die Bedeutung von Lehrplan-und Curriculumforschung

Abbildung 1

1. Terminologische Grundlegung

Bevor auf die Problematik von Lehrplan und Curriculum eingegangen wird, ist eine terminologische Frage zu klären. Es finden sich die Termini „Lehrplan", „Bildungsplan", . Stoffplan" und „Richtlinien"; jede dieser Bezeichnungen enthält ein geschichtlich -tes lehrplantheoretisches Programm. Überein-stimmung besteht aber darin, daß sich die Pläne ihrem Inhalt und ihrer Verbindlichkeit nach als Richtlinien verstehen. Gegen den Gebrauch des Begriffes „Lehrplan" wäre einzuwenden, daß er eine einseitige Aussage macht, die nur das Lehren und damit den Lehrer meint, während er heutzutage gleichzeitig ein Plan für das Lernen, für den Schüler sein will. Gegen die Verwendung des Begriffs „Bildungsplan" spricht die Ambivalenz des Bildungsbegriffs im allgemeinen. Man gebraucht daher heute den aus dem angelsächsischen Sprachbereich übernommenen Begriff des „Curriculums" und der „Curriculumforschung" sowie der „Curriculumtheorie".

Ein Curriculum basiert auf einer stufengemäßen Didaktik. Es addiert nicht für einzelne Schularten und Altersphasen bestimmte Stoffe oder Themen und unterstellt sie den in den Präambeln herkömmlicher Lehrpläne oft nur vage angedeuteten sogenannten „Bildungszielen". Vielmehr umschreibt es Lernziele in Form von angestrebten neuen Qualifikationen (Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen, Einsichten, Verhaltensdispositionen, Einstellungen usw.), die durch wissenschaftliche Verfahren ermittelt wurden und als einen für junge Menschen unentbehrlichen Fundus an Grundkenntnissen, Regeln des Verhaltens und Erkennens betrachtet werden. Lernziele und Lernschritte sowie die zu verwendenden Medien und Verfahren sind eng miteinander korreliert. Der Lernerfolg kann durch Tests kontrolliert werden. Die Rückkopplung der Lernprozesse mit der Praxis ermöglicht die ständige Verbesserung von Lernzielen, Lernpla-nung, Lernverfahren und Lernmitteln.

Ein Curriculum sollte demnach möglichst folgende Merkmale besitzen:

1. Angaben über Qualifikationen, die junge Menschen jetzt oder in naher Zukunft für vorhandene oder entstehende Aufgaben und Probleme in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen benötigen.

2. Damit korrelierende eindeutige Lernziele. Gleichzeitig müssen die inhaltlichen Gegebenheiten genannt werden, auf die sich das Lernen richten soll; ferner jene Verhaltensweisen des Schülers, in denen sich erfolgreiches Lernen manifestiert.

3. Angaben über Lernsequenzen, über die der Lernprozeß bis zum Erreichen des Lernziels geführt werden soll. Dabei sind die Lernvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen (sozio-kulturelle, lernpsychologische Determinanten usw.) zu beachten.

4. Angaben über lernzielgerechte Lehr-und Lernverfahren (Methodik).

5. Angaben über die unterrichtlichen Medien, die streng lernzielbezogen sein müssen.

6. Angaben über das Testinstrumentarium zur Messung des Lernerfolges.

Diese Arbeit wird im folgenden die Begriffe „Lehrplan" und „Curriculum" ihrer jeweils zutreffenden Bedeutung gemäß benutzen. 2. Die Einwirkung des Lehrplans auf Unterricht und Erziehung Der Lehrplan bestimmt zu einem wesentlichen Teil die Struktur einer Schule. Er gibt nicht nur Hinweise auf obligatorische und fakultative Unterrichtsgegenstände (didaktisches Auswahlprinzip), sondern bestimmt ebenso durch seine Aussagen zur Methode die Art und Weise des Unterrichts (Unterrichts-und Erziehungsstil). Ferner legt er die allgemeinen und speziellen Unterrichts-und Lernziele fest, die sich in Verhaltensweisen ausdrücken lassen müssen. Letzteres erklärt die hervorragende Rolle der Verhaltenswissenschaften bei der Planung eines Curriculums. Insgesamt ist der Lehrplan mit den ihm beigegebenen Stunden-tafeln zu einem wichtigen inneren und äußeren Organisationsprinzip der Schule geworden. Von seiner Verfassung hängt es ab, ob die Schule starke repressive Züge aufweist, z. B. durch die Gängelung des Schülers vom Stoff und von den Unterrichts-und Erziehungsmethoden her, oder ob er eine freie, nicht-repressive Erziehung gestattet, indem er Möglichkeiten schafft, die Schüler an der didaktischen und methodischen Reflexion und deren praktischer Durchführung teilnehmen zu lassen. Er kann somit als ein Instrument von autoritärer Herrschaft ebenso wie von Freiheit verwendet werden.

Jeder Lehrplan enthält wichtige Implikationen, die vor allem in ihrer politischen Relevanz stets neu zu sind. Durch Art, bedenken die wie ein Lehrplan aufgebaut ist, wird der Unterricht bestimmt. Der Lehrplan hat also instrumentalen aber es sehr Charakter; kommt darauf an, ob seine Instrumentalität von den Betroffenen — Lehrern, Schülern und Öffentlichkeit — erkannt wird. Infolgedessen ist der Lehrplan über den engeren Bereich der Schule hinaus zu einem Politikum geworden. Die verschiedenartigen Akzentuierungen des jeweiligen Interesses hängen von der Zeitlage ab. In früheren Zeiten herrschte die inhaltlich didaktische Betrachtung des Lehrplans vor, der Akzent lag auf den Lehrgehalten oder den soge-nannten Bildungsgütern, von denen man glaubte, sie würden von selbst bestimmte Verhaltensdispositionen erzeugen. Inzwischen hat die Gruppen-und Lernpsychologie herausgefunden, daß die Art des Lernens und Lehrens einen größeren Einfluß auf wirkliche oder potentielle Habituationen oder Denkformen hervorruft als der Stoff. Dies führt zu einer bevorzugten Betrachtung der Korrelation von Verhaltenszielen und Lehrgehalten. Im übrigen ist man gegenüber den Fragen der Bildsamkeit und des Bildungsprozesses skeptisch geworden. Die Kritik der Bildungsziele sowie der Bildungsinhalte und der Methoden ihrer Vermittlung ist infolge ihrer geschichtlichen Bedingtheit eine dauernde Aufgabe schulpädagogischer Forschung. Bisher hat sich die (legitime) außerschulische Kritik in Gestalt von Lehrplan-und Schulbuchanalysen sowie kritischer Beobachtung des Unterrichts stärker artikuliert als die erziehungswissenschaftliche und inner-schulische. Die Erziehungswissenschaften haben gegenüber den Fragen des Lehrplans eine bemerkenswerte Zurückhaltung geübt, obwohl gerade durch ihn das praktische Unterrichts, und Schulgeschehen entscheidend geprägt wird. Dies geschieht um so mehr, als der Begriff der Bildung bzw. ihrer Inhalte inzwischen eine Soziologisierung erfahren hat. Er wird jetzt funktional verstanden, das heißt im Hinblick darauf, was er für die Gesellschaft, nicht was er (z. B. nach neuhumanistischer Auffassung) für den einzelnen leistet. Diese Erkenntnis muß Folgen für die Auswahl der in einem Curriculum festzulegenden Ziele und Unterrichtsgegenstände haben. Bis jetzt wurden letztere an einem imaginären, mehr geglaubten als realisierbaren Bildungsziel gemessen und selbst als Bildungsgüter verstanden, die sich an überzeitlichen Werten zu hatten. Ihr Inhalt wurde insbesondere durch die Kategorie des „Klassischen", das heißt des vermeintlich Bleibenden und Fundamentalen allerdings bestimmt, das oft mit dem Ästhetischen und Schönen verwechselt wurde. Deutlicher Ausdruck dieser vorwiegend an die literarische Überlieferung gebundenen „Bildung’ ist ihr noch heute nachwirkendes gebrochenes Verhältnis zu den Naturwissenschaften und zur Technik.

Erst allmählich beginnt man die anscheinend zur fraglosen Selbstverständlichkeit gewordenen tradierten Bildungsgegenstände auf ihre Fruchtbarkeit und Funktionalität für die Bewältigung des gegenwärtigen und zukünftigen Lebens zu überprüfen. Dabei stellte sich in einigen Fallstudien etwa im Bereich des Deutsch-, Religions-, Heimatkunde-und Sozialkundeunterrichts heraus, wie gewisse, bisher tabuisierte Unterrichtsgegenstände an den Erfordernissen der Wirklichkeit vorbeigehen. Verschließt man sich vor solchen Problemen und finden sie keinen Niederschlag in den Lehrplänen, dann führt unsere obrigkeitsstaatlich dekretierte Einheitsschulverfassung zu Unsicherheiten im Unterrichts-und Erziehungsbetrieb selbst. Die Lehrer können sich infolge ihres Status als Beamte nicht ohne weiteres über das lehrplanmäßig Verordnete hinwegsetzen. Die retardierende Wirkung auf eine innere Reform der Schule ist offensichtlich. Nach einem OECD-Bericht von 1966 ist es internationale Erfahrung, „daß die Lehrplanentwicklung eine essentielle und eigenständige Funktion einer auf Entwicklung gerichteten Bildungspolitik einnimmt, die besondere Techniken, Methoden, Kenntnisse und Ressourcen voraussetzt" Daher sieht man den Lehrplan „als den Kern jedes durchorganisierten Unter-richtssystems" an mit Implikationen für das Lehren und Lernen sowie für „Planung und Gliederung des Bildungssystems als Ganzes" Um dem zu allen Zeiten gerecht zu werden, müsse der Lehrplan „mit Entschiedenheit das Prinzip des Wandels in sein Selbstverständnis" aufnehmen

Nach dem Angedeuteten sind Lehrpläne Mark-steine in der Schulgeschichte der Neuzeit. Sie werden von der pädagogisch interessierten Öffentlichkeit und von den Schulen selbst als wichtige Ereignisse wahrgenommen und diskutiert. So ist das Eindringen der Naturwissenschaften in den Unterrichtskanon sowie das Entstehen neuer Schultypen im 19. Jahrhundert (Realschule, Oberrealschule, Real-gymnasium) weithin eine Sache des Lehrplans und des Bildungsverständnisses gewesen. Bekannt sind aus unserer Zeit die Lehrplankämpfe der Fachverbände und gesellschaftlichen Gruppen um Stundenanteile und Inhalte. Sie wurden zuletzt ausgetragen in den Fachbereichen Gemeinschaftskunde (Politische Weltkunde) und Naturwissenschaften nach der Saarbrückener Rahmenvereinbarung von 1960, in der Auseinandersetzung um die Arbeitslehre in den Hauptschulen sowie um den Anteil von Fächern und Stunden in den im Aufbau befindlichen Gesamtschulen und sonstigen Schulversuchen. Nicht zuletzt ist dies ein Problem der Erwachsenenbildung, insbesondere im Zusammenhang mit dem künftigen Bildungsurlaub. 3. Lehrpläne als schulpolitische Wendemarken Zur Würdigung von Lehrplänen erinnere man sich an die Geschichte der deutschen Schule, wo an den entscheidenden Wendemarken, besonders seit den Reformatoren und der landes-herrlich Württembergischen Schulordnung von 1559, ein neuer, die Erziehungs-und Bildungsintentionen der „Herrschenden" repräsentie-render Lehrplan herausgegeben wurde. Aus der Gymnasialgeschichte des 19. Jahrhunderts sei an den Königsberger und Litauischen Schulplan Humboldts, an die Unterrichtsverfassung und den Unterrichtsgesetzentwurf von Süvern und schließlich an den bekannten Lehrplan von Schulze (1837), aus dem 20. Jahrhundert an die Richertschen Richtlinien von 1924/25 erinnert. Wer wollte bestreiten, daß diesen Dokumenten eine wegweisende Bedeu-tung für den Unterricht zugekommen wäre? So hat z. B. Schulzes Gymnasiallehrplan die Humboldtsche Schulkonzeption zugunsten einer verstärkten Aufnahme der Realien erheblich verändert, fortgesetzt durch die Lehrpläne aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die schließlich nach dem Realismusstreit zur Einführung und Gleichberechtigung der von Friedrich Paulsen geforderten Realgymnasien führten. Aus der Geschichte der Volksschule im 19. Jahrhundert weiß man, welchen ungünstigen Einfluß die Stiehlschen „Regulative" (1854) gehabt haben; ebenso sind für die Entwicklung der Realschule mehrere Lehrpläne von einschneidender Bedeutung gewesen

Dies läßt sich besonders für die politische Bildung belegen. Bereits die Philanthropisten traten für eine realistische und patriotische Bildung der unteren und mittleren Volksschichten ein. Die Oberschicht, sofern sie nicht durch ein Amt mit den Regierenden verbunden war, schwankte in ihrer politischen Loyalität je nach den historischen Umständen Insbesondere aber setzte sich Kaiser Wilhelm II.seit der Reichsschulkonferenz von 1890 für eine staatsbürgerliche Erziehung und „vaterländische Gesinnung" ein, was vor allem durch eine entsprechende Umpolung des Geschichtsunterrichts erreicht werden sollte. Kerschensteiner widmete dieser Frage seine bekannten Schriften Erst recht hielt die Weimarer Republik eine staatsbürgerliche Erziehung für erforderlich. Wichtig ist hier der Artikel 148 der Weimarer Reichsverfassung und das Auftreten Gustav Radbruchs auf der Reichsschulkonferenz von 1920. In der nationalsozialistischen Zeit war politische Bildung als ideologische Schulung durchgängiges Unterrichtsprinzip Die Länder der Bundesrepublik haben unter-schiedliche Anstrengungen unternommen, um demokratisches Bewußtsein und Handlungsbereitschaft zu fördern

Da bei uns das Schulwesen seit dem preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 eine „Veranstaltung des Staates" ist, ist es der Schul-und Erziehungsexekutive eines jeden Bundeslandes in die Hand gegeben, ihre Auffassung von politischer Bildung jedem Bürger mittels des Lehrplans zu verordnen, soweit sie nicht gegen die Verfassung verstößt. Freilich ist damit nur etwas über die von den Kultusbehörden gewünschte Tendenz ausgesagt, nichts über den Unterricht und seine Effizienz. Das heißt, auch dort, wo nach dem Unterriditsprogramm z. B. politisches Wohlverhalten des Bürgers als Erziehungsziel gilt, kann de facto zu verantwortetem Ungehorsam erzogen werden. Neben Lehrplänen, denen es um die reibungslose Integration des jungen Menschen in die etablierte staatlich-gesellschaftliche Ordnung geht, gibt es andere, die auf den Konflikt und seine rationale Austragung angelegt sind und Staat und Gesellschaft als in einem dynamischen Prozeß befindlich betrachten, demgegenüber die Haltung kritischer Distanz mit der einkalkulierten Möglichkeit evolutionärer oder revolutionärer Veränderung geboten erscheint.

Die Lehrpläne, als Organisationspläne der Unterrichtsinhalte und des Schulaufbaus, sind nicht nur Zeichen für Veränderungen, sondern auch für die Verfestigung von Strukturen. So hat sich im wesentlichen seit dem zitierten Normallehrplan Schulzes von 1837 trotz Richert, dem Deutschen Ausschuß für das Erziehungs-und Bildungswesen (1953— 1965), der Kultusministerkonferenz und dem Bildungsrat am inneren und äußeren Aufbau z. B.des Gymnasiums nichts Grundlegendes geändert. Sollte die vom Gymnasium für den Unterricht in Anspruch genommene kulturkritische Haltung nicht auch zur Überprüfung des eigenen Tuns veranlassen? Ansatz dazu könnte die von Eugen Lemberg schon vor Jahren geforderte Erforschung und Analyse des Bildungskanons, seines gesellschaftlich-ideologischen Hintergrundes, seiner Lehrpläne, seiner didaktischen Grundlagen usw.sein. Dies erscheint um so dringender, als man sich ständig Rechenschaft darüber ablegen sollte, warum bestimmte Unterrichtsgegenstände bei uns im Gegensatz zu anderen Ländern kanonisiert sind und andere nicht, wie etwa die Technik, Psychologie, Soziologie, Recht, Wirtschaft usw. Vor allem sollte man sich darüber im klaren sein, daß von dem Ausschnitt an kanonisierten Unterrichtsgegenständen die Wert-skala unserer Gesellschaft in eine bestimmte Richtung gesteuert wird, daß von ihnen gesell-

schaftliehe Leitmodelle, Erwartenshaltungen, Gesinnungsansprüche, Leistungsforderungen und Stilformen abhängen. Um so mehr wundert man sich bei Durchsicht des Schrifttums, welch geringe Rolle die Curriculumtheorie und die Praxis der Lehrplankonstruktion in unserem Lande spielt. Darüber hinaus sind unsere Lehrer für Curriculumfragen, — das heißt für eine selbständige Ausarbeitung von Curricula — nicht vorbereitet; Curriculumtheorie ist kein Gegenstand ihrer Ausbildung.

Diese Arbeit verdankt ihr Entstehen neben den schul-und bildungspolitischen Erwägungen der Neugier an den auffallenden Unterschieden bei der Beschäftigung mit den Lehrplänen der Länder in der Bundesrepublik. Es stellen sich dabei rasch Fragen wie: Woran liegt das? Wie lassen sie sich begründen? Könnte eine größere Einheitlichkeit der Unterrichtsinhalte und Zielprojektionen und damit ein stärkerer Konsensus über die politische Bildung in der Bundesrepublik erreicht werden? Kann man die in den Lehrplänen angewandten Maßstäbe annäherungsweise objektivieren, so wie das in den Sozialwissenschaften im besonderen und in den Geistes-wissenschaften im allgemeinen der Fall ist Darf es der Bundesrepublik gleichgültig sein, wie politische Bildung in ihren Bundesländern betrieben wird?

In der Beantwortung solcher Fragen kann die Curriculumforschung ihrer öffentlichen Verantwortung gerecht werden, die sie in einer Demokratie, in der das Erziehungs-und Bildungswesen eine gesellschaftliche Institution und eine öffentliche Angelegenheit ist, als Teildisziplin Erziehungswissenschaft der wahrzunehmen hat.

Die vorliegende Arbeit reflektiert infolgedessen in ihren ersten Abschnitten die theoretischen Grundlagen des Lehrplans und der Curriculumforschung. In einem weiteren Abschnitt operationalisiert sie die theoretischen Aussagen an den in den Präambeln der Lehrpläne für den politischen Unterricht angegebenen Zielen, indem sie diese einer qualitativen Inhaltsanalyse unterwirft. Eine weiterführende Untersuchung müßte letztere auf den gesamten Lehrplan ausdehnen Schließlich werden die Ergebnisse der Einzelabschnitte in einer Schlußbetrachtung zusammengefaßt.

II. Notwendigkeit und Aufgabe der Curriculumforschung

Die Curriculumforschung dient der Rationalisierung und Objektivierung von Entscheidungen über Unterrichtsinhalte und -ziele. Planvolle Erziehung hat sich schon immer nach gewissen Regeln gerichtet. Diese bestimmen sich seit jeher, bewußt oder unbewußt, nach den didaktischen Grundkategorien der Altersgemäßheit, der Konzentration und der Lehrgangsgerechtigkeit der Stoffe Der Unterricht mußte demnach stets darauf achten, daß er den Reifegrad der Schüler weder über-noch unterschätzte, daß er eine Auswahl des Wißbaren und Wissenswerten traf und schließlich daß man bei der Aufbereitung der Stoffe lernpädagogische Gesichtspunkte beachtete, wobei sich etwa das dialogische Gespräch im Sinne der sokraten Mäeutik als das geeignete Verfahren anbot oder die von unserer Sicht aus veraltete Methode des dozierenden Frontal-unterrichts. 1. Die gesellschaftliche Determination der Lehrplaninhalte Die Inhalte, an denen der Mensch sich bilden soll (früher gebildet wurde), und die Lern-und Lehrmethodenhängen eng mit den von der Gesellschaft anerkannten Zielprojektionen eines Curriculums, mit dem Erziehungsziel insgesamt zusammen. Am einfachsten ist dies in geschlossenen Gesellschaften feststellbar, wo ein sensus communis unter den Herrschenden über die Art und Weise, wie der Nachwuchs herangebildet, . sozialisiert'werden soll, besteht. Auch da ist die dominierende Auffassung von Erziehung, vom Lernen und Lehren von bestimmten Faktoren abhängig. Sie hat sowohl instrumental-funktionalen wie intentionalen Charakter, das heißt, jede Erziehung muß sich in doppelter Weise nach den Anforderungen richten, die die Gesellschaft an die Sozialisation und Enkulturation der Zöglinge stellt.

Am deutlichsten kann man diesen Sachverhalt an der Dreisäulentheorie unseres allgemeinbildenden Schulwesens erläutern, wonach der Absicht des 19. Jahrhunderts zufolge das Gymnasium für die akademisch-geistigen Berufe, die Realschule für die gehobenen Verwaltungs-und Leitungspositionen in Wirtschaft, Industrie und Verwaltung und die Volksschule für die handarbeitenden Berufe vorbereiten sollte. Für jede dieser Schularten wurde eine eigene Bildungsideologie entwickelt. Die größte Diskrepanz zwischen ihnen bestand in den sich gegenseitig ausschließenden hierarchischen Strukturen ihrer geistigen Ansprüche sowie in der erst in unserer Zeit überwundenen Trennung von Allgemein-und Berufsbildung. Diese Dichotomisierung zweier korrelativer Begriffe beruht auf der Ideologisierung von Schulkonzeptionen, die sich in jener Zeit an die Klassenstruktur der Gesellschaft anlehnten und diese damit schulisch zu perpetuieren halfen.

Der intentionale Charakter der Schulbildung leitet seine Inhalte überwiegend von den subjektiven, in einer Gesellschaft vorhandenen anthropologisch-weltanschaulichen Vorstellungen ab. Der junge Mensch soll nicht nur funktionstüchtig im instrumentell-beruflichen Sinne gemacht werden, er soll nicht zum „l’homme machine" (La Mettrie), zum manipulierbaren Automaten und Roboter werden. Jede Gesellschaft macht sich ein bestimmtes Bild vom Menschen: etwa das Ideal des an das Kollektiv gebundenen und in ihm sich erfüllenden Menschen oder das Ideal des autonomen, sich seiner persönlichen Freiheit bewußten Bürgers. Kollektivismus und Personalismus stehen sich als zwei Formen menschlicher Selbstverwirklichung gegenüber. Auf einem breiten Band von Möglichkeiten zwischen diesen Polen muß sich die Erziehung entscheiden. Es ist letzthin eine ideologische, das heißt, keine objektiv wissenschaftlich entscheidbare Frage, ob sich eine Gesellschaft zu einem mehr kollektiv-materialistischen oder personal-idealistischen Menschenbild bekennen soll. In der Geschichte der Erziehung lassen sich unterschiedliche Varianten einer Pädagogischen Anthropologie nachweisen. Für unsere Zeit darf man festhalten, daß die Pädagogische Anthropologie weniger als früher konfessionell, dafür aber betonter wissenschaftlich orientiert ist, indem sie die Ansätze aller Humanwissenschaften zu verarbeiten sucht

Die Inhalte und Ziele der instrumental-funktionalen wie der intentionalen Erziehung müssen in einem Curriculum formuliert werden. Die ungeplante, außerschulische Erziehung ist in die Überlegungen mit einzubeziehen. So erhält der Lehrplan seinen konkreten Inhalt aus der institutionellen und normativen Struktur der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation, die durch horizontale und vertikale Mobilität, Urbanisierung, Auflösung patriarchalischer Strukturen, Industrialisierung, Einebnung ständischer Unterschiede, Arbeitsteilung, Rationalisierung usw. charakterisiert ist. Daraus müssen bestimmte Erziehungsangebote abgeleitet und bestimmte Zielsetzungen, Ansprüche und Forderungen erhoben werden. Audi das geschichtlich bestimmte Maß der gesellschaftlichen Wertskala, die individuelle Erzieherverantwortung sowie die allgemeinen und privaten Leitbilder und Leistungsprinzipien gehen in jene Grundentscheidung mit ein. 2. Aufgaben der Curriculumforschung heute Curricula sind demnach keine abstrakten Konstruktionen, sie richten sich vielmehr nach den von der Wissenschaft festgestellten gesellschaftlichen Bedürfnissen, sind mehr pragmatisch als normativ. Ihnen muß eine erhöhte Beachtung zuteil werden. Dies erscheint besonders vordringlich gerade in unserer Zeit, da infolge des riesenhaften Angebots an funktionalen wie an intentionalen Möglichkeiten immer stärker ausgewählt werden muß. In früheren Jahrhunderten kam man mit wenigen Fächern, Gegenständen und Verhaltens-mustern aus. Unsere Welt ist dagegen so komplex geworden, daß von dem Erfassen ihrer „Totalität" oder „Universalität“ mittels des sogenannten Bilduhgskanons keine Rede mehr sein kann. Die Schule kann selbst mit 15 Fächern nicht beanspruchen, eine „Allgemeinbildung" zu vermitteln. Jedoch käme es darauf an, die curricularen Prioritäten zu diskutieren, und zwar im Hinblick auf die didaktische Relevanz der Auswahlkriterien. Es ist, pointiert formuliert, zu fragen nach Griechisch und/oder Russisch, nach Mathematik (Naturwissenschaften) und/oder einer weiteren Fremdsprache, nach Verkehrsunterricht und/oder Sexualerziehung usw. Es muß erforscht werden, welchen Umfang ein Fach annehmen darf, ob fachliche und unterrichtliche Wahlmöglichkeiten in einem bei uns noch unbekannten Maße angeboten und erlaubt werden sollen. Die angedeuteten Forschungsaufgaben haben sich am Ziel der (Undefinierten) Maturität bzw. eines sonstigen Schulabschlusses zu orientieren.

Uber alle diese Probleme herrscht Unsicherheit und Unklarheit. Sie zeigen die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Curriculumforschung, die es unternimmt, den einzelnen Lehrplan nach den skizzierten Richtungen hin durchzuforsten und dann Aussagen über die Desiderata zu machen. Dabei begegnen wir den in einer „offenen" Gesellschaft bekannten Schwierigkeiten, die zusätzlich belastet sind durch den diskontinuierlichen Verlauf der deutschen Geschichte. Die pluralistische Verfassung unserer Gesellschaft gestattet nicht die Kanonisierung einer bestimmten Pädagogischen Anthropologie und damit nicht die Verbindlichkeit eines bestimmten Wertsystems. Andererseits verlangt auch der Pluralismus ein Minimum an gesamtgesellschaftlicher Orientierung. Wir können uns höchstens auf den in den Verfassungen der Bundesländer und im Grundgesetz niedergelegten Minimalkatalog der Menschen-und Bürgerrechte einigen und einige pragmatisch abgeleitete Verhaltenserwartungen unserer Industriegesellschaft als qualitative Postulate aufstellen. Alles übrige muß der freien Option des Individuums überlassen bleiben. Damit soll insbesondere für den intentionalen Bereich der Erziehung angedeutet werden, wie schwer ein Konsensus in der Bundesrepublik zu erreichen ist. Normative Lehrpläne sind demnach ausgeschlossen. Die Gefahr eines pädagogischen Relativismus ist dabei nicht zu leugnen. Bei der Fixierung und Verwirklichung der Intentionalität der Erziehung geht es um handfeste bildungsideologische Positionen pädagogischer und außerpädagogischer Interessengruppen. Der Staat, als der Inhaber des Erziehungsmonopols in den Ländern der Bundesrepublik, verhält sich nicht anders als ein großer Interessenverband. Unter dem Vorwand der Gleichheit der Start-und Bildungschancen stülpt er jedem Schüler die von ihm verordnete (Bildungs-) Ideologie über, die grundsätzlich nicht von höherem Rang zu sein braucht als diejenige irgendwelcher Interessenverbände. Die Notwendigkeit der Curriculumforschung besteht daher im intentionalen Bereich der Erziehung in der Rationalisierung und Verwissenschaftlichung ursprünglich weltanschaulicher Erziehungsforderungen und in ihrer dauernden Kontrolle.

Einfacher liegen die Dinge im funktiona/en Bereich der Erziehung. Die einzelnen Fach-wissenschaften und hervorragende Vertreter der Praxis sollten mit einiger Verläßlichkeit angeben können, was ein junger Mensch im Rahmen einer bestimmten Berufslaufbahn leisten muß, welche Qualifikationen zu erwerben, welche Anforderungen an seine Kenntnisse, sein Auffassungs-und Verständnisvermögen, an seine kognitive, voluntative und emotionale Persönlichkeitsstruktur im allgemeinen zu richten sind bzw. in naher Zukunft zu richten sein werden. Mit Hilfe von Tests läßt sich einigermaßen verläßlich feststellen, ob der einzelne den spezifischen Erwartungen gewachsen ist. Daß es heute mehr auf die selbständige Meisterung von Lernprozessen und die Einsicht in Strukturen ankommt, hat die Lernpsychologie nachgewiesen und ist angesichts des sich rasch verändernden Wissens ein Gebot der Stunde. Zu ergänzen wäre das von der amerikanischen Lernpsychologie betonte Moment der Kreativität und des Transfers von Lernen in Verhalten. Die lehrplanmäßige Realisierung der erwähnten Inhalte und Fähigkeiten ist nur in Form eines Teams von zuständigen Fachwissenschaftlern und pädagogischen Didaktikern möglich.

In den USA in Großbritannien und in der Sowjetunion bestehen Lehrstühle und Institute mit Versuchsschulen, an denen Lehrpläne auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeitet und ausprobiert werden. Die Arbeit selbst ist am Projekt orientiert, wodurch die engen Fakultätsgrenzen überwunden werden können. Das Teamwork ist bei dieser Art der Wissenschaftsorganisation eine Selbstverständlichkeit, ebenso die Mitarbeit von Schulpraktikern oder von Didaktikern, deren Aufgabe in der Umsetzung von fachlichen Funktionsbegriffen in lernpädagogische Funktionsbegriffe besteht. So wird aus der Kombination von Theorie und Praxis ein (vermeintlich) optimales Curriculum gewonnen. Die Schulen bzw. Curriculumabteilungen von Schulbezirken können in den USA weitere Korrekturen an den wissenschaftlich erarbeiteten Curricula vornehmen bzw. eigene Curricula entwerfen. Zu diesem Zwecke muß freilich die Curriculumtheorie und -konstruktion Ausbildungsfach in der Lehrerbildung sein.

Vor diesem Hintergrund der ausländischen Curriculumtheorie und -praxis muß eine Kritik unseres Vorgehens erfolgen. Wenn man die obigen Prämissen akzeptiert, daß ein Curriculum eine Art Grundgesetz für die Erziehung junger Menschen ist, muß man auch für größte Sorgfalt bei seiner Erstellung eintreten. Sorgfalt kann im wissenschaftlichen Zeitalter nur ein erhöhtes Maß an Wissenschaftlichkeit bedeuten. Demgegenüber ist das bundesdeutsche Verfahren in Curricuiumangelegenheiten dilettantisch. Empirische Forschungen über einzelne Lehrgebiete und ihre Grundstrukturen gibt es bei uns kaum. Es steht weder fest noch wird festgestellt, was den einzelnen Fächern sachlich wichtig erscheint, noch was für die Schüler interessant ist. 3. Bildungspolitische Notwendigkeit der Curriculumforschung Die Schule ist, mit wenigen Ausnahmen, noch nicht zu einem Forschungsfeld der Erziehungswissenschaft und der Soziologie geworden. Infolgedessen wurden Lehrpläne von ad hoc ausgewählten Schulmännern entworfen und von den Ministerien in einem unkontrollierbaren, den Entwurf u. U. völlig verändernden Verfahren in Kraft gesetzt. Die Einfügung oder Weglassung bestimmter Gegenstandsbereiche erfolgt nach dem ideologischen oder Zufallsprinzip, also danach, ob ein oder mehrere Bearbeiter oder die Verantwortlichen in den Ministerien einen Gegenstand oder eine Methode für wichtig oder unwichtig halten oder auch gar nicht kennen.

Darüber hinaus fehlen den Lehrplanverfassern die wichtigsten didaktischen Voraussetzungen, weil eine Curriculumtheorie und eine Methode der Curriculumkonstruktion noch nicht entsprechend entwickelt sind. Inwieweit die Pädagogische Psychologie, insbesondere die neuesten Ergebnisse der Lernpsychologie und der Sozialpsychologie, und die Pädagogische Soziologie beteiligt werden, hängt von den örtlichen Verhältnissen ab.

Diese kritischen Bemerkungen gelten für den Lehrplan fast eines jeden Faches. Schwieriger ist die Lage für ein noch nicht voll etabliertes Fach ohne akademische und schulische Tradition. Als Beispiel diene der politische Unterricht. Er bezieht sich inhaltlich vorwiegend auf die Sozialwissenschaften. Für einen Lehrer ist es unmöglich, alle dazugehörigen Wissenschaftsgebiete zu überschauen. Daher wird man für die Curriculumgestaltung dieses jungen Faches, das sich zudem in der Realschule und in den Primen nach der Saarbrückener Rahmenvereinbarung von 1960 zu einem Fachbereich oder einer Fachgruppe (Gemeinschaftskunde, Politische Weltkunde) erweitert hat, ohne die institutionalisierte Teamarbeit der interfakultativen Fachvertreter nicht auskommen. Für ein künftiges Curriculum ist die Forderung nach ständiger Erneuerung zu stellen. Es kann nicht mehr wie früher auf Jahrzehnte oder, wie der nachreformatorische Lehrplan der Jesuiten, auf Jahrhunderte konzipiert werden. Im Sinne des kybernetischen Modells muß eine ständige Rückkopplung zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und curricularer Umsetzung stattfinden. Auf diese Weise wird ein Curriculum und damit die innere Gestalt der Schule näher an die Gesellschaft herangeführt, schulische Lernen wird in größerem Maße existentiell bedeutsam für den Schüler. Er lernt nicht mehr archaisierte Inhalte, deren Nutzen er nicht einzusehen vermag.

Allerdings wird man das, was gemeinhin als Bildung bezeichnet wird, nicht mehr ideologisch formulieren können. Sie wird sich mehr an der Wissenschaft, das heißt an dem, was für den Augenblick als mit wissenschaftlichen Methoden erforscht und gesichert gilt, orientieren müssen. Damit wird gleichzeitig eine alternativ zu betrachtende Dynamik in den Unterricht hineingebracht, die das gesamte Geschehen nicht im Sinne konstanter Größen, sondern als etwas Vorläufiges und Veränderbares begreift. Nicht zuletzt wird größerer Wert auf Methodenbewußtsein gelegt werden müssen.

Für die Strategie einer Lehrplanreform, die zugleich auf eine Reform der Schule und auf ihre Demokratisierung hinausläuft, ist eine sozialwissenschaftliche (nicht geisteswissenschaftliche) und lerntheoretische Orientierung der Bildungsplanung notwendig. Sie muß die Beziehung zur Gesellschaft aufgrund einer entsprechenden Analyse herstellen und nicht mehr nur die vergangenen gesellschaftlichen Verhältnisse und Zielvorstellungen reprodu- zieren wollen.

Im Zusammenhang mit der politischen Bildung muß mit Theodor Wilhelm nachdrücklich darauf verwiesen werden, „daß unser gesamtes Dasein politisch verfaßt ist. Die Sachverhalte von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, die Struktur des Rechtsstaates, die sozialen Interaktionen und die wirtschaftlichen Funktionszusammenhänge müssen von der Schule infolgedessen ebenso ernst genommen werden wie die Manifestationen der Kunst und der Geschichte."

In der Gleichordnung von Politik und Gesellschaft mit Kunst und Geschichte wird sicher nicht zuviel gefordert. Zusammenfassend läßt sich sagen, die Curriculumforschung dient u. a.der Rationalisierung des Unterrichts, der Analyse und Überprüfung des Erziehungs-und Bildungsprogramms, damit ein veraltetes und diffuses Lehrgefüge neu geordnet werden kann. Damit wird eine bildungspolitische Forderung erfüllt, die hier paradigmatisch für die politische Bildung aufgezeigt werden soll.

III. Methodologische und didaktische Grundfragen der Curriculumforschung

1. Der Begriff der politischen Bildung und Fragen des Erziehungs-und Lernziels Zum Verständnis der hier zu behandelnden Problematik sind einige Anmerkungen zum Begriff der politischen Bildung notwendig Sie soll dem Jugendlichen helfen, zum mündigen Bürger in einer rechtsstaatlichen Demokratie zu werden. Dafür ist vor allem politische Bewußtseinsbildung nötig. Die dazugehörigen Komponenten sind kritische Rationalität, Sachlichkeit und Aufklärung, ferner politische Urteils-und Entscheidungsfähigkeit. Sie beabsichtigen, den jungen Menschen auf künftiges politisches Handeln bzw. zur Mitarbeit oder Beteiligung in Gesellschaft und Staat vorzubereiten, seinen politischen Willen zu stärken jedoch nicht im Stile einer Aktivitätspädagogik. Es ist demnach zu bedenken, inwieweit der politische Handlungsspielraum dem einzelnen überhaupt noch Möglichkeiten persönlicher Beteiligung gewährt oder nur noch von funktionellen bzw. Machteliten wahrgenommen werden kann. Die politische Bildung sollte diese Möglichkeiten nicht a priori negie-ren, wie dies von Hennis Besson und Sontheimer weithin getan wurde, sondern eher die verbleibenden Möglichkeiten aufzeigen

Drei Kategorien sind nach Mollenhauer zur Erschließung der politischen Realität für das Bewußtsein des Jugendlichen notwendig: 1. Herrschaft, 2. Interesse und 3. Konflikt. Sie sind bedeutsam für eine politisch-kritische Aufklärung, die nicht moralisch-affirmativ sein darf Daraus folgt eine neue Bestimmung des „Profils" politischer Bildung. Dieses „kann nicht mehr mit den Begriffen Verantwortung, Gemeinwohl, Kooperation, Partnerschaft gezeichnet werden, sondern eher mit Hilfe von Begriffen wie Interesse, Herrschaft, Konflikte, Regelsysteme. Nicht die funktionale Informa-tion und der moralische Appell, sondern die gesellschaftlich-politische Analyse sind ihr Thema."

Zu alledem ist es erforderlich, daß die Schüler lernen, politische Phänomene auf gesellschaftliche zu beziehen und umgekehrt. Das heißt, „daß sie Gegensätze als objektiven Konflikt der Interessen gesellschaftlicher Gruppen betrachten, nicht als Folge einer besonderen Beschaffenheit der Subjekte, etwa ihrer geistigen oder sittlichen Haltung oder ihrer charakterlichen Eigenart; daß sie aber auch soziale Handlungsabläufe als politisch gestaltbar ansehen und nicht als vorgegeben durch irgendwelche . natürlichen'Gesetzmäßigkeiten."

Jedoch sollte das Interessen-und Konflikt-modell nicht überbetont und zur einzigen Grundlage und Kategorie politischer Bildung werden Neben Differenzen und Divergenzen in einer Gesellschaft gibt es Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten, die ihre Bedeutung für die innere Konsolidierung eines Gemeinwesens haben. Eine gleiche Warnung muß vor der Verabsolutierung der Macht und des Kampfes ausgesprochen werden, an deren Ende sonst der Kampf aller gegen alle stehen müßte. Mit diesen Bemerkungen sollen konfliktgeladene gesellschaftliche Auseinandersetzungen nicht in unzulässiger Weise kanalisiert, sondern es soll die alternative Position aufgezeigt werden. Einseitige Festlegungen führen in der politischen Bildung zur Vereinfachung der komplizierten Probleme und letztlich zur gesinnungsmäßigen Indoktrinierung.

Es versteht sich beim heutigen Stande der Diskussion, daß politische Bildung zu Einsichten in die politisch-gesellschaftliche Realität führen, die Dialektik von politischer Theorie und Paxis aufzeigen und eine ideologiekritische Einstellung erzeugen muß. Jede bloß formale ’ 7 errichtung über demokratische oder autor täre Institutionen oder bloße moralische Ermahnungen zu politischer Gesinnung sind fruchtlos. Erst wenn das politische Wissen auch politische Implikationen enthält und diese im Bewußtsein als Konflikte zu einem Aktions-wissen strukturiert werden, ist politische Unterrichtung sinnvoll Aus ihr sollte politisches Verhalten hervorgehen. Als Minimal-konsens könnte der Grund-und Menschenrechtskatalog des Grundgesetzes gelten; er könnte zu einer Art Axiomatik der politischen Bildung werden.

Diese Aussagen beziehen sich auf alle Klassen-und Altersstufen. Sie gehen davon aus, daß politisches Verhalten im weitesten Sinne von früh an eingeübt werden muß. Zur Erläuterung dessen mögen einige Bemerkungen über das Politische schlechthin angefügt werden. Als politisch kann man das bezeichnen, „was in einer Gesellschaft umstritten ist oder wird" „Das Wesen des . Politischen"', so faßt H. Wasser die verschiedenen sozialwissenschaftlichen Ansätze zusammen, „liegt in einem staatlich-gesellschaftlichen Handeln, das mit den Mitteln der Macht und Herrschaft die Gestaltung einer menschenwürdigen, gerechten und friedensstiftenden Ordnung erstrebt" Dazu gehöre die Beschäftigung mit den wichtigsten politischen Merkmalen der Herrschaftssysteme, der Herrschaftsbestellung, der Herrschaftsausübung und der Herrschaftskontrolle. Da die Politik die Angelegenheiten von Menschen ordnen soll und von diesen gemacht wird, sind einige Anmerkungen zur Politischen Anthropologie angebracht. Sie sollte in einer offenen Gesellschaft wie der unserigen, die keine allgemeinverbindlichen Werte anerkennt, vom Grundgesetz her ihre inhaltliche Bestimmung erfahren. Nach Erwin Stein beruht sie „auf den drei Grundwerten des Grundgesetzes als sachelementaren Grundbegriffen: erstens auf der Achtung und dem Schutz der Würde der menschlichen Person, zweitens auf der Freiheit als Ausdrude der Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit des Menschen in der Gesellschaft und drittens auf der Rechts-gleichheit im Sinne des Willkürverbotes und als Verkörperung der Gerechtigkeit" «Um diese obersten und unverzichtbaren Grundwerte ranken sich die anderen sozialethischen Werte und Leitideen wie die einzelnen Persönlichkeitswerte, die Konkretisierungsgebote des allgemeinen Gleichheitssatzes, die Tole-ranzwerte, die sittlichen Gemeinschaftswerte, die Sozialwerte und die politischen Gemein-schaftswerte.

Diese Werteordnung ist auf gewisse oberste Grundsätze und soziale Ordnungsprinzipien beschränkt und läßt den Wertpluralismus unberührt, weil die Verfassung religiöse und weltanschauliche Neutralität proklamiert."

Aus der allgemeinen Bestimmung des Begriffs der politischen Bildung sind allgemeine und operationale Erziehungs-und Lernziele abzuleiten. Bergstraesser formuliert das Erziehungsziel anspruchsvoll als „die Selbstgestaltung einer inneren Form der Persönlichkeit, welche befähigt, auf politische Entscheidungsfragen adäquat und zugleich produktiv einzugehen. Das Erziehungsziel der Bildung ist also das eines mündigen Menschen, der die Zuständigkeit, in der er sich als politischer Mensch befindet, erkennen und im Wissen darum, was er tut, auf sie antwortend sich verhalten kann." Dazu gehöre politisches Engagement und die Fähigkeit, „die Entscheidung auf die Zukunft hin vorauszudenken"

Etwas konkreter hat der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten in seiner Frankfurter Denkschrift vom 3. November 1967 die Ziele der politischen Bildung umschrieben. Darin werden als Hauptaufgaben postuliert:

1. Demokratisierung des öffentlichen Lebens. 2. Entwicklung eines demokratischen und politischen Bewußtseins.

3. Demokratisches Bewußtsein bedarf grundlegender geschichtlicher . Einsichten'(im Gegensatz zu wissenschaftlich beweisbaren . Erkenntnissen').

4. Sachgemäße Analyse der politischen Gegenwart (Struktur-und Funktionsprobleme der modernen Demokratie) und der in ihr wirksamen Zukunftstendenzen.

5. Das Wohl des eigenen Gemeinwesens und das Gemeinwohl der Menschheit sind Orientierungsprinzipien politischen Denkens (Zusammenhang nationaler und übernationaler Aufgaben). 6. Stärkung und Schärfung des Urteilsvermögens (der kritischen Vernunft).

7. Schärfung des Sinns für Institutionen, ihres Aufbaus und ihrer Funktionsweisen.

8. Kampf gegen die Entpolitisierung des Geistes; Einwirken auf Willen und Verhalten;

Durchdenken der eigenen Lebensführung und des Weltverständnisses im Hinblick auf ihre politische Dimension

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der Fraktionen im November 1968 die Ziele der politischen Bildungsarbeit wie folgt umrissen: „Sie hat — möglichst objektive Informationen über Faktoren und Funktionszusammenhänge politischer Prozesse zu geben;

— das politische Problembewußtsein, die politische Urteilsfähigkeit und Urteilsbereitschaft auszubilden;

— die Erkenntnis des eigenen Standorts im Rahmen der Gesamtgesellschaft zu fördern; — zur Bejahung der Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu führen;

— die Fähigkeit zu politischem Handeln zu entwickeln;

— das Wesen demokratischer Spielregeln bewußt zu machen und demokratische Verfahrensweisen einzuüben."

Damit diese allgemeinen Erziehungs-und Lernziele operationalisierbar werden, muß man sich überlegen, zu welchen Einsichten und Verhaltensweisen sie im einzelnen führen und an welchen Gegenständen diese gewonnen bzw. geübt werden sollen. Dabei sollte man sich bewußt sein, daß je nach dem Standpunkt des Autors sowie nach dem Stand der Forschung mehrere Gruppen von wünschbaren Einsichten möglich sind. So soll die Sozial-kunde innerhalb des Lehrgangs Politische Weltkunde der „Empfehlungen für die Neuordnung der Höheren Schule" des Deutschen Ausschusses vom 3. Oktober 1964 zu folgenden „für die Bildung zur Demokratie fundamentalen Einsichten" führen:

,, a) daß die Verschiedenheiten und Gegensätze, vor allem weltanschaulicher Art, zwischen Menschen und Gruppen zwar nicht ver-kleinert oder gar harmonisiert werden dürfen, aber auch nicht unübersteigbare Hindernisse für eine demokratische Ordnung darstellen, sondern wesentliche Gegensätze des demokratischen Prozesses sind, der einen Ausgleich dieser Gegensätze von Fall zu Fall herbeiführen muß; b) daß solcher Ausgleich notwendigerweise Kompromißcharakter hat, in Konflikten also keine vollkommenen, sondern nur verhältnismäßig beste Lösungen erreichen kann, daß die Bereitschaft dazu aber die Voraussetzung des Gelingens demokratischer Ordnung ist;

c) daß politische Aufgaben und Entscheidungen der Macht bedürfen, daß die Macht aber im Dienst des Gemeinwohls zu stehen hat, verliehen ist und abrufbar bleiben, unter Kontrolle gehalten und an bestimmte Aufgaben gebunden werden muß."

An Funktionszielen und Bildungsaufgaben werden in denselben Empfehlungen die folgenden Erfahrungen genannt: „ 1. Die Erfahrung, was alles zum Verstehen eines geschichtlich-politischen Sachverhalts nötig ist, und die daraus hervorgehende Erfahrung vom Zusammenhang der Wissensbereiche ... 2. Die Erfahrung, daß Beobachtungen aus der Umwelt der Schüler und aus ihren zwischenmenschlichen Beziehungen sich ordnen lassen; daß die Einrichtungen, deren sie sich bisher unreflektiert bedienten, sich begründen lassen ... 3. Die Erfahrung, daß politische Strukturen zugleich bedingt sind und offen . . . 4. Die Erfahrung, was alles zu einem rational begründeten und sittlich verantwortbaren politischen Urteil gehört und wie man zu einer politischen Einsicht kommt. . .

5. Die Erfahrung von der gegenwartsgestaltenden Wirklichkeit historischer Entscheidungen und Ereignisse, als von der Nähe und Aktualität der Geschichte und ihrem heute wirksamen Aufforderungs-und Entscheidungscharakter ... 6. Der Einblick in die Standortgebundenheit des Betrachters und in die Perspektivität der geschichtlichen Bildung ... 7. Das Verständnis dafür, daß wir in der Geschichte . .. nicht von ursprünglichen Phänomenen ausgehen können ...

8. Die Einsicht, daß Begriffe, die durch Abstraktion entstanden sind, sich erst aufgreifen und anwenden lassen, wenn man weiß, wie sie gewonnen worden sind ...

9. Die Anschauung davon, wie ökonomische, historische, soziale und politische Ideen und Prozesse im jeweiligen geographischen und geschichtlichen Raum konkret werden und in wie verschiedener Weise.

10. Die Erfahrung, daß die Welt trotz aller ihrer Spannungen zu ihrer Einheit zusammen-wächst. Sie muß in der Erziehung zum verantwortlichen . Weltbürger'gegenwärtig sein, als Objekt der Analyse und als ein Element künftigen Handelns ...

11. Die Einsicht, daß Ausgangs-und Bezugspunkt der Politik der Mensch als Person ist — oder sein müßte ..."

Von allen Lehrplänen hat allein die Präambel des Berliner Lehrplans für Sozialkunde von 1968 einen Katalog von Einsichten präzisiert, die wegen ihrer grundlegenden Bedeutung für Theorie und Praxis des Lehrplans hier vollständig zitiert werden:

„Grundlagen und Ziele von Unterricht und Erziehung in Sozialkunde und politischer Bildung sollten folgende Einsichten sein:

1. Menschenwürde steht vor jeder Staatlichkeit. Der Staat hat sie zu achten und zu schützen.

2. Der Mensch hat das Recht, sich zum eigenen wie zum gesellschaftlichen Nutzen zu entfalten. Die Gesellschaft braucht die Entfaltung ihrer Mitglieder.

3. Die Menschen haben berechtigt sehr verschiedene Interessen. Parteien und Interessengruppen sind legitime und legale Mittel, materielle Zwecke, Wert-und Ordnungsvorstellungen zu vertreten und zu verwirklichen.

4. Rücksichtsloses Durchsetzen der Interessen führt zum Kampf aller gegen alle. Deshalb müssen die Menschen dazu erzogen werden, die Interessen anderer zu respektieren und einander zu achten. Ihre Auseinandersetzungen müssen sich nach bestimmten Regeln vollziehen. Eine der wichtigsten ist das Mehrheitsprinzip, wenn es auch keine Garantie für die beste Lösung der gerade anstehenden Probleme bietet. Darum garantiert die Demokratie die Möglichkeit, eine Machtkonstellation zu ändern und notwendige gesellschaftliche Reformen ohne Revolution und Terror durchzuführen. 5. Macht kann mißbraucht werden. Sie bedarf deshalb der ständigen Kontrolle — nicht nur durch die verfassungsmäßigen Institutionen, sondern auch durch den politisch gebildeten, sich mitverantwortlich wissenden einzelnen. 6. Im pluralistischen demokratischen Staat ist ständiges Bemühen um politische Lösungen erforderlich. Opposition und Minderheitsmeinungen sind notwendiges Wesensmerkmal der Demokratie. Sie finden ihre Grenzen in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. 7. In der Politik gibt es keine absolut richtige Lösung. Um der besseren Lösung willen erfordert politisches Handeln das Mitbedenken der Lösungsvorschläge der anderen. Der Kompromiß ist kein Übel, die Bereitschaft zum Kompromiß eine demokratische Tugend. Der Kompromiß und der Mehrheitswille finden in jedem Falle ihre Grenzen, wenn ein Grundrecht angetastet wird.

8. Der Wert der Politik hängt nicht allein vom Erfolg ab. Recht und Gerechtigkeit bei Auswahl und Gebrauch der Mittel sind bei der Beurteilung entscheidend.

9. Freiheitliche Demokratie ist die anspruchsvollste, am meisten gefährdete Herrschaftsform. Sie garantiert am besten die Würde des Menschen. Sie kann nur aufrecht und funktionsfähig gehalten werden, wenn sie nicht nur hingenommen, sondern von möglichst vielen getragen und mitverantwortet wird. Die Alternative zur schlecht funktionierenden Demokratie heißt nicht Diktatur, sondern besser funktionierende Demokratie.'

Mit den Einsichten parallel muß die Einübung in kritisches, kontroverses und zugleich alternatives, das heißt „divergentes* (Guilford) Denken erfolgen. Es ist letztlich dafür maßgebend, ob Struktur-und Wirkungszusammenhänge vom einzelnen überhaupt durchschaut werden können.

Von der skizzierten Position aus sollte die Curriculumforschung eine Analyse der Lehrpläne und ihrer Präambeln vornehmen Man könnte einwenden, die einzelnen Lehrpläne seien immanent zu interpretieren; aber dann käme man nicht über die Feststellung des Vorhandenen hinaus.

In erster Linie wird zu prüfen sein, inwieweit das genuin Politisch-Gesellschaftliche in der politischen Bildung repräsentiert ist. Sollte sich z. B. herausstellen, daß anstelle von politischen Themen vorwiegend soziale oder historische bearbeitet werden, kann man mit einigem Recht von einem unpolitischen Lehrplan sprechen zugunsten einer (politisch ungefährlichen) sozialen Tendenz bzw. einer unverbindlichen Historisierung. Nicht daß die Notwendigkeit von Sozialisation und Geschichtsbewußtsein unterschätzt wird —, ihr Vorherrschen in der politischen Bildung könnte jedoch die Neigung zu unkritischer Anpassung und zur Flucht aus der problemgeladenen Gegenwart in die Geschichte verstärken. 2. Lehrpläne und politische Bildung Der Verfasser unterstellt den Lehrplänen, daß sie durch Weglassen, Überbetonen usw. bewußt oder unbewußt gewisse Tendenzen verfolgen, die aus den nirgends publizierten Grundsätzen für die Erstellung eines konkreten Lehrplans abzuleiten bzw.deduktiv zu erschließen wären. Einschränkend ist zugunsten der Repräsentanz oder Nichtrepräsentanz eines bestimmten Gegenstandes in der politischen Bildung anzumerken, daß sie als Teil einer Fächergruppe (Geschichte, Erdkunde, Deutsch, Philosophie, Religion) gesehen werden muß.

Bei der geforderten Analyse der Lehrpläne kommt es auf die Herausarbeitung der bedeutenden Themenkreise an. Was sind bedeutende Themenkreise? Uber diese weitgefaßte didaktische Frage herrscht einiger Konsens unter den Sozialwissenschaftlern und unter den politischen Pädagogen. Diese Themenkreise werden durch die folgenden Begriffe verkörpert: Politik, Staat, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, Soziales, Europa, der Osten und die Zeitgeschichte. Sie gliedern sich in Untergruppen, die sich aus den zugehörigen Wissenschaften ergeben, was nicht heißen soll, das Spektrum der Wissenschaften müsse in dem entsprechenden schuldidaktischen Bereich voll enthalten sein. Ein Exkurs möge dies verdeutlichen.

Wilhelm Flitner hat in seinen Veröffentlichungen den geschichtlichen wie den syste- matisch-pädagogischen Sinn der Schulfächer dargelegt. Sie waren ursprünglich entweder artes, Künste, das heißt Weisen des Könnens im Umkreis des gelebten Lebens, oder Kunden, das heißt Weisen der Orientierung in der Wirklichkeit und der Ermöglichung eines elementaren Selbstverständnisses. In den Schulfächern gehe es primär darum, leben zu lernen, nicht um ein propädeutisches Wissenschaftsverständnis Das bedeute, daß in der Schule auch Dinge betrieben werden können, denen keine Wissenschaftsdisziplin korrespondiert. So gab es in der Bundesrepublik eine politische Bildung bevor sich die Sozial-wissenschaften, besonders die Politologie und die Soziologie, wieder universitär etabliert hatten. Das Verhältnis von Fachdidaktik und Wissenschaft müsse vor allem unter dem Aspekt der pädagogischen Verantwortung gesehen werden. Danach haben die Wissenschaften die Fachdidaktik nicht zu bestimmen, sondern ihr zu helfen. Die Fachdidaktik müsse die Frage stellen: „Sind die Elementaria, jene allgemeinen Gehalte in meinem Fache, Gesetze, Typen, Strukturen, Symbolgehalte, Werterfahrungen, Regeln, Formen, Methoden, Prinzipien, geschichtliche Wirkungszusammenhänge" repräsentiert? Die Lösung dieser Aufgabe kann gar nicht ohne den Kontakt mit der Erkenntnistheorie bzw.der Methodologie des jeweiligen Fachbereiches gefunden werden." Auch ist zuzugeben, daß angesichts politisch-gesellschaftlicher Vorfälle je verschiedene Teilbereiche einer Wissenschaft aktuell werden können. Man darf dann nicht erwarten, als müßten alle Details sich in einem Lehrplan niedergeschlagen haben, der Jahre vorher veröffentlicht wurde. Es genügt vielfach das Grundsätzliche, aus dem das Besondere eweils abzuleiten ist. Bestimmte Topoi gelten allerdings als notwendig und unverzichtbar.

Bei den politisch-gesellschaftlichen Gegenständen und Themen gibt es keine prinzipiellen Unterschiede, sondern nur graduelle in ihrer unterrichtlichen Behandlung. Man wird für den Oberstufenschüler mehr Theorie, Abstraktion und theoretisches Bewußtsein verlangen dürfen, für den Mittelstufenschüler mehr Anschaulichkeit, das induktive Verfahren und den Erwerb von Kenntnissen und Einsichten. Angesichts einer früh einsetzenden Informationsaufnahme der Schüler mittels Fernsehen, Rundfunk und Presse ist ein gleichsam vom Einfachen zum Komplizierten aufsteigendes Vorgehen im Unterricht nicht angebracht. Lehrpläne sind daher abzulehnen, die glauben, in konzentrischen Kreisen vorgehen zu müssen. Die von den Schülern erworbenen Informationen verlangen nach rechtzeitiger Strukturierung durch den Unterricht. Mit einer konzentrisch aufbauenden, die Probleme zeitlich hinausschiebenden Systematik ist es nicht getan. Allerdings muß man bei manchen Lehrplänen berücksichtigen, daß ihnen zu wenig Wochenstunden -— ein Problem des politischen Unterrichts in den meisten Bundesländern — zur Verfügung stehen. Es wird angesichts dieser Gesamtlage günstiger sein, die Curricula weniger material-didaktisch und systematisch, als nach Funktionszielen auszurichten, wie sie z. B.der Deutsche Ausschuß und der Berliner Lehrplan für Sozialkunde formuliert haben Der einzelne Lehrer kann nach dem vorgeschlagenen Verfahren selbst auswählen, was er zum Erreichen des Unterrichts für wichtig hält. Dies setzt eine genügende Anzahl von fachlich vorgebildeten Lehrern voraus, die in den meisten Bundesländern noch nicht zur Verfügung stehen.

Jüngste Vorschläge zielen auf die Entwicklung von an Funktionszielen sich orientierenden Lehrgängen oder Lehreinheiten, wie sie z. B. in den USA durchgeführt werden. Ein solcher Lehrgang darf nicht den Status quo fixieren, sondern muß eine futurologische, auf Veränderung zielende Komponente enthalten. Dafür können die Arbeiten von Karl Steinbuch und Georg Picht wegweisend sein. Neben dem Anvisieren der „postindustriellen Gesellschaft" im Jahre 2000 muß man bei der Auswahl der Lernziele stärker deren Transfer-fähigkeit sowie den allgemeinen Stand des Bewußtseins der Schuljugend bedenken. 3. Die Bestimmung didaktischer Kategorien als Voraussetzung der Curriculumforschung Als wichtige Voraussetzung für eine curriculare Betrachtung der politischen Bildung wurde die Herausarbeitung von Grundbegriffen, Kategorien genannt. Dies ist zugleich eine der wichtigsten Aufgaben der Didaktik der Gegenwart. Sie soll antworten auf die Fragen: . Welche Gehalte sind nun für die Erschließung der Sinn-und Sachwirklichkeit des jungen Menschen in unserer Zeit und des jungen Menschen für diese seine Wirklichkeit wesentlich? Läßt sich eine didaktische Wertordnung vom Unabdingbaren über das Wünschenswerte bis zum Möglichen angeben? Wo bedarf es straff organisierter Lehrgänge, wo kann man locker gestufte Ordnungen entwickeln? Wie und wo weisen die inneren Zusammenhänge eines Aufgabenfeldes oder Faches über sich selbst hinaus, auf . fächerübergreifende Themen'zu? Und umgekehrt: An welcher Stelle zwingt eine zunächst umfassend angesetzte Aufgabe zu fachlicher Spezialisierung?"

Eine bildungstheoretische Reflexion wird dies im Folgenden begründen. Es wird sich zeigen, daß für die Zwecke der politischen Bildung die Begriffe der formalen, materialen, kategorialen oder methodischen Bildung allein nicht ausreichen.

Kategorien werden von uns nur teilweise im Sinne einer „kategorialen Bildung" (Klafki) verstanden. Wir meinen mit Theodor Wilhelm, daß man gerade im Bereich der politischen Bildung mit sogenannten Bildungskategorien, deren Vorhandensein sich ohnehin dem Beweis entzieht, zurückhaltend sein sollte, obwohl wir aus Mangel an einem besseren Terminus an der Bezeichnung „politische Bildung" festhalten müssen. „Bildung" scheint in Deutschland ein größeres Ansehen zu haben als das „Tun" und „Handeln", worauf Carlo Schmid in seiner Schrift über „Politik und Geist" nachdrücklich hingewiesen hat Nach Wilhelm hat sich die Idee der Bildung als eine „idealistische Teleologie" dargestellt.

Kategorien beinhalten nach unserem Verständnis Einsichten grundlegender Art, die als unerläßliches Begriffsgerüst für die geistige Erhellung eines bestimmten Sachbereichs dienen. Mittel für ihre Auffindung und Anwendung ist die Wissenschaft, nicht die Bildung; zuständig ist primär die Fachwissenschaft, nicht die Allgemeine Didaktik. „Die didaktischen Maßstäbe ergeben sich jeweils aus der Struktur des wissenschaftlichen Fachgebiets. Das Verhältnis von Pädagogik und Fachwissenschaft hat sich umgekehrt. In der Theorie der Didaktik ist nicht mehr die Bildungsspekulation führend, sondern in Führung sind die Sachen, Stoffe, Disziplinen selbst."

Diese Neubestimmung didaktischer Maßstäbe läßt sich nur halten, wenn man zwischen formalen Kategorien, die in jeder politischen Auseinandersetzung präsent sein sollten: Konflikt, Konkretheit, Macht, Recht, Funktionszusammenhang, Interesse, Mitbestimmung, Solidarität, Ideologie, Geschichtlichkeit, Menschenwürde (Giesecke) und sachlogischen Kategorien, Funktionsbegriffen, die das notwendige Begriffsinstrumentarium zur Verfügung stellen, unterscheidet. (Daß diese Kategorien auch eine „aufschließende“ Wirkung im Sinne der „Bildung" haben können, wird nicht geleugnet.) Damit wird das „wissenschaftliche Ordnungsprinzip", „die empirische Ordnung jeweiligen der Sachstrukturen“ (Wilhelm) nicht eine idealistisch-metaphysische Zielphilosophie der bildungskategorialen Schule zum Zielpunkt Ausgangs-und lehrplantheoretischer Überlegungen gemacht. Als zentrale -Ka tegorien der von der Wissenschaft her bestimmten Didaktik kommen das Modell, das Exemplarische und das Repräsentative in Frage, nicht der bildungstheoretische Begriff des Elementaren und Fundamentalen

Wer setzt den Maßstab für die Auswahl-und Beurteilungskriterien? Auf Vorarbeiten kann man nicht zurückgreifen. Es bleibt der von den einzelnen Fachwissenschaften gesetzte Maßstab. Immerhin ist dies einmal für die politologische, soziologische, juristische und sozialwissenschaftliche Komponente der Gemeinschaftskunde in den Primen in didaktischer Absicht versucht worden Da sie als stoffliche Beurteilungskriterien zu gelten haben, seien sie im Folgenden kurz referiert.

Arnold Bergstraesser hat für das Lehrwissen im Bereich politischer Bildung vier Hauptgegenstände genannt, die sich im wesentlichen durchgesetzt haben und als Teildisziplinen der Politischen Wissenschaft anerkannt worden sind: Innenpolitik, Politische Soziologie, Politische Theorie und Philosophie und Internationale Politik Ausformuliert als „dem synoptischen Charakter des politischen Wissens entsprechendes Lehrwissen" bedeutet dies:

„ 1. Die Gegenwartsanalyse der modernen industriewirtschaftlichen Gesellschaft und zu ihrer Erhellung die Gegenbeispiele der primitiven geschlossenen Gesellschaft und der vor-kapitalistischen ständischen Gesellschaft. Der Gegensatz der marktwirtschaftlich dezentralen Organisation im freiheitlichen Rechtsstaat und der Zentralverwaltungswirtschaft in der totalitären Diktatur. 2. Die Kenntnis des für diese Gesellschaft den politischen Rahmen bildenden Gemeinwesens und insbesondere seiner Willensbildungsform. Im Unterschied von nur Juridischem ist hier die Erfüllung des rechtlichen Rahmens mit dem praktischen Leben die Aufgabe der politikwissenschaftlichen Forschung und des von ihr getragenen Unterrichts. 3. Die internationale Politik in ihrem Gesamtzusammenhang, und zwar hinsichtlich der Bewertung ihrer Träger und deren Wirkungschancen, hinsichtlich der Bewertung militärpolitischer Potentiale, wirtschaftspolitischer Chancen und gesellschaftlicher Auffassungen. 4. Die Einsicht in die letzten Motivationen des politischen Handelns, seien sie religiös oder philosophisch begründet."

Nach Sontheimer ist die Politische Wissenschaft primär eine Wissenschaft von der Ordnung. Als solche habe sie ihren Ursprung in der Philosophie und befasse sich mit der Existenz des Menschen in der Gesellschaft. Im einzelnen untersuche die Politische Wissenschaft die Herrschaftsstrukturen und deren Institutionen und gebe Rechenschaft über den Regierungs-und Willensbildungsprozeß in den verschiedenen Regimen und Ordnungen. Sie analysiere Strukturen und Einrichtungen in den Verhältnissen der Staaten zueinander; sie frage nach den Motivationen und Ursachen politischer Entscheidungen und erörtere sie im Gesamtzusammenhang eines politischen Systems; sie vergleiche politische Systeme, um verschiedene Lösungsmöglichkeiten politischer Grundfragen zu gewinnen.

K. M. Bolte hat für den soziologischen Bereich innerhalb der Gemeinschaftskunde eine Elementarisierung von Grundeinsichten vorgenommen, die er in fünf „Konzeptionen der Schauweise" zusammenfaßt:

1. „Der Mensch nimmt als Inhaber sozialer Rollen, die seine Beziehung zu anderen Menschen regeln, an sozialen Gebilden teil, denen im allgemeinen bestimmte Aufgaben zugeordnet sind und denen Wirkungen der verschiedensten Art (funktionale und disfunktionale) zugerechnet werden können.

2. In jedem sozialen Gebiet läuft eine Vielzahl sozialer Prozesse ab, an der . soziale Elemente'(Menschen, Untergebilde usw.) in bestimmter Weise beteiligt sein können.

3. In jedem sozialen Gebilde lassen sich je nach der Zueinanderordnung der sozialen Elemente (Personen, Untergebilde usw.) charakteristische Strukturen erkennen (Gliederungen oder Gefüge). Auch jeder soziale Prozeß ist je nach dem Zusammenspiel der ihn tragenden Faktoren in bestimmter Weise strukturiert. 4. Je nach dem Vorhandensein bzw.dem Vorherrschen bestimmter sozialer Elemente und nach dem Aussehen und Zusammenspiel der verschiedensten sozialen Gebilde, sozialen Strukturen und sozialen Prozesse im sozialen Gebilde . Gesellschaft'lassen sich bestimmte . Gesamtordnungen'(Wirtschafts-und Sozial-systeme) herausstellen.

5. Alle sozialen Erscheinungen können einem mehr oder weniger schnellen Wandel unterworfen sein."

Alle diese miteinander verbundenen Konzeptionen der Schauweise gehen von der „soziologischen Basiseinsicht" aus: „Die menschliche Existenz enthält einen sozialen Aspekt. Als Instrumentarium und inhaltlichen Leitfaden bietet Bolte die folgenden, soziale Grund Phänomene beschreibenden Begriffe an: soziale Beziehungen, soziale Normen, Prozeß der sozialen Kontrolle, soziale Positionen, soziale Rolle, (Intra-) Rollenkonflikt, Inter-Rollenkonflikt, soziales Gebilde, Struktur, soziale Prozesse, sozialer Wandel, soziale Mobilität, Desintegrations-und Wandlungsprozesse

Aus der Sicht des Sozialökonomen steuert Ortlieb einen fünf Punkte umfassenden Minimalkatalog sozialökonomischer Stoffe bei:

1. Das wirtschaftliche Prinzip: Maximum-, Minimumprinzip. 2. Die wirtschaftliche Dynamik:

a) technischer Fortschritt verändert die Produktionsbedingungen, b) wachsender Wohlstand wandelt den Bedarf. 3. Der wirtschaftliche Kreislauf:

a) marktwirtschaftlich gesteuerter Kreislauf,

b) zentralverwaltungswirtschaftlich gelenkter Produktions-und Verteilungsprozeß. 4. Die wirtschaftliche Ordnung:

a) dualistische (= marktwirtschaftliche und staatswirtschaftliche Prinzipien)

Wirtschaftsordnung in der westlichen Welt, b) Wirtschaftsverfassung, c) Konjunkturpolitik, d) Strukturpolitik.

5. Der wirtschaftende Mensch als a) Konsument, b) Produzent, c) Staatsbürger

Diese Gegenstandsbereiche sollen nach dem methodischen Dreischritt von Lageanalyse, Zielsetzung und Maßnahmen erarbeitet und angewandt werden.

Der juristische Beitrag von Stern ist weniger präzise als die bisher aufgeführten Kataloge. Für den rechtswissenschaftlichen Teil innerhalb der Gemeinschaftskunde postuliert er, »dem Schüler die Grundbegriffe, Vorstellungen und Erkenntnisse mitzugeben, die unentbehr-lieh sind für sein Dasein als Bürger, der sich in rechtlich geordneten Beziehungen zum Staat wie zu seinen Mitmenschen befindet" Das Staatsrecht, nicht das Privatrecht, mache „die wahre Schule der politischen Erziehung eines Volkes" aus Neben den grundlegenden Ordnungsbegriffen des bürgerlichen Rechts (Vertrag, Eigentum, Erbrecht) komme es vor allem auf Verfassungsrecht und Verfassungslehre, auf das Völkerrecht, die Gerichtsorganisation und auf die Kenntnis verfahrensrechtlicher Kategorien an.

Damit ist ein didaktischer Aufriß in nuce vom Standpunkt der Fachwissenschaften gegeben, der jedoch nicht immer befriedigt. Die angeführten material-didaktischen Bereiche lassen sich auf Generalisierungen reduzieren, die die erforderlichen Qualifikationen für das Bestehen des Menschen in der gegenwärtigen Gesellschaft in hochabstrakter Form beinhalten. Nach einer in den USA verbreiteten Auffassung handelt es sich dabei vor allem um die Interdependenz der menschlichen Beziehungen, den Wandel als universale Bedingung der menschlichen Gesellschaft, die Demokratie als Regierungs-und Lebensform, die Kommunikation in der Kultur und in der sozialen Gruppe, die soziale Schichtung (Assoziierung, Dissoziierung) und um das allgemeine, gesellschaftlich bestimmte Wertsystem Soweit diese Generalisierungen nur statisch verstanden werden, sind sie allerdings politisch fragwürdig.

Giesecke meint mit vier Systemen (= Funktionszusammenhängen) kommunikativer Zusammenhänge im politischen Unterricht auszukommen: durch ein System der Produktion und des Marktes, ein System der Verwaltung, ein System der politischen Herrschaft und ein System der internationalen Politik. Diese Systeme seien auf vier Ebenen der Lerninhalte zu realisieren: als Bildungs-und Orientierungswissen, als politische Verhaltensweisen und als Aktionswissen Die konkreten politischen Lehrinhalte seien dagegen unbestimmbar denn „die intellektuelle und moralische Schärfung der Erkenntnis-, Urteils-und Handlungsinstrumente (ist) wichtiger als ein Sam-melsurium von Stoffen, die erst dann gebraucht werden, wenn sie schon wieder vergessen sind" Dieser Auffassung wird man soweit zustimmen können, als sie das Lernen von Inhalten um ihrer selbst willen ablehnt.

Hilligen hat demgegenüber vier sozialkundlich-politische Kategorien entwickelt, die dazu dienen sollen, Inhalte, Daten, Fakten und Konflikte zu strukturieren und auf Lehrnotwendiges hin zu ordnen: „ 1. Existentielle Kategorien Gefahren und Chancen: Unterdrückung, Hunger, Selbstvernichtung — Autonomie — Bedürfnisbefriedigung — Sicherheit. 2. Kategorien zum zeitadäquaten Bewußtsein (. Herausforderungen'), (wertneutral: Erkenntnisse) :

Interdependenz (grundsätzliche Abhängigkeit eines jeden vom jeweiligen . Ganzen'); Massenproduktion (die es ermöglicht und daher erfordert, daß jeder beteiligt wird); Massenvernichtungsmittel (die es der Menschheit ermöglichen, sich auszulöschen). 3. 'Wertkategorien setzen eine Entscheidung, eine Option voraus, . grundlegende Einsichten'— nicht wissenschaftlich . beweisbar’: a) Menschenwürde, und zwar sowohl als (defensive) humanitäre Sicherung bereits erkämpfter (Grund-) Rechte, als auch als Humanisierung, d. h. Anerkenntnis der Notwendigkeit zur Herstellung von Verhältnissen, die die Verwirklichung des Anspruches auf Humanität für alle ermöglichen; b) Bejahung des Konfliktes, der Notwendigkeit, Spielraum (institutionalisiert — potentiell) für die Alternative zu geben. 4. Politisch-dialektische Kategorien (Polare oder alternative Konsequenzen aus den Kategorien der zweiten Gruppe unter Berücksichtigung derer der ersten und dritten): Ordnung (Handlungsfähigkeit des Ganzen, aber auch Aufrechterhaltung von Bestehendem oder Vorstellungen für zu Regelndes):

Freiheit (als Spielraum für Alternativen, Minimierung von Herrschaft);

Gleichheit (auch materiell der Chance);

Freiheit (als Wettbewerb, Anreiz zur Verwirklichung, materielle Interessiertheit)

(zugleich aber Gegensatz der beiden Gerechtigkeiten: jedem das Gleiche — jedem das Seine);

Kampf und Friede (als Frage der Entscheidung für die Wahl der Mittel in der Auseinandersetzung)." Als kritische Anmerkung sei angefügt, daß auch hier, wie im Falle von Giesecke, letztlich mit einer Unbestimmbarkeit der Kategorien — der Terminus wird von jedem Autor anders verstanden — zu rechnen ist. Andererseits ist man auf solche Hilfskonstruktionen wegen des Zwanges zur Praktizierung des politischen Unterrichts angewiesen. Die Problematik, das heißt die didaktische Aporie, in der bisher jede Diskussion um die Kategorien geendet hat, wird auch nicht gelöst, wenn Busshoff die Grund-und Menschenrechte gleichzeitig zu Inhalten und Kategorien politischer Bildung erklärt. Sie sind weder präzise genug, noch reichen sie aus für die begriffliche Konstituierung des weiten Feldes des Politischen und Gesellschaftlichen. Weitere Hilfen zu Fragen der didaktischen Inhalte der Lehrpläne bietet der von einem aus Fachwissenschaftlern und pädagogischen Didaktikern der Vereinigten Kommission der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft gemeinsam ausgearbeitete Lehrplan und der Aufsatz Greiffenhagens zur wissenschaftlichen Grundlegung der politischen Erziehung. Zu grundsätzlichen Fragen sind auch die Gutachten und Empfehlungen des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs-und Bildungswesen sowie die Beschlüsse der Kultusminiterkonferenz zu berücksichtigen. 4. Der methodologische Anwendungsbereich der Curriculumforschung Die dargelegten (unvollständigen und nicht ganz befriedigenden) Kriterien ermöglichen es, an eine Analyse der politischen Bildung heranzugehen. Die Auswertung der zu registrierenden Fakten läßt eine Aussage über die genügende Repräsentanz eines Sachbereiches zu. Selbst wo diese gegeben ist, ist aber noch nichts über die politische oder unpolitische Tendenz ausgesagt. Im Folgenden soll versucht werden, am Beispiel der Präambel der Lehrpläne des politischen Unterrichts für Gymnasien die politische Intention zu deduzieren. Dazu werden die Aussagen der Lehrpläne zu Ziel, Aufgabe und Methode herangezogen. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß die Ausführungen in den Präambeln oder im Vorspann der Lehrpläne oft deklamatorischen Charakter haben. Auch solche Mißverhältnisse gilt es aufzuzeigen.

Unser methodisches Vorgehen kann ideologie-kritisch im Sinne der Wissenssoziologie genannt werden. Es vollzieht sich in zwei Schritten: 1. Das Verfahren der empirischen Soziologie isoliert und konstatiert die Tatbestände, 2. das hermeneutische Verfahren liefert die kritische Interpretation der Fakten und bietet, soweit möglich, einen Entwurf dessen, was sein sollte.

An dieser Stelle erhebt sich erneut die Frage nach den Beurteilungsgrundlagen. Woher nimmt eine hermeneutische und wissenssoziologische Betrachtung ex post ihre Kriterien, wenn das Urteil nicht willkürlich werden soll? Formale Maßstäbe ergeben sich aus der Auffassung von politischer Bildung als einer Bemühung um die Festigung des demokratischen Bewußtseins im jungen Menschen; materiale Maßstäbe liefern die Gesellschaftswissenschaften und im Anschluß an sie die Didaktik des politischen Unterrichts. Indem man die über-individuellen Erfahrungen einer realen gesellschaftlichen Einheit — hier der Anspruch der politischen Bildung — zum Maßstab nimmt, wird das, was sonst Werturteil genannt wird, erkenntnissoziologisch aufgehoben und erreicht die Qualität eines Sachurteils. Das Vorgehen ist ohnehin, gemäß den ihm zugrunde liegenden Gesellschafts-und pädagogischen Wissenschaften, vorwiegend ideographischanalytisch und zielt nicht auf nomothetische Setzungen. Dort, wo von uns Urteile gefällt werden, sind sie als Empfehlungen im Sinne einer fachwissenschaftlichen und pädagogisch-didaktischen Optimierung des Unterrichts gedacht. Daß dabei eine im Einzelfall zu begründende Sach-oder Wertehierarchie oder -Priorität entsteht, ist unvermeidbar. Sie hat ihre Grundlage in dem heute akzeptierten politisch-gesellschaftlichen Begriffssystem sowie in den Erfordernissen von dessen didaktischer Umsetzung und deren Präferenzen.

Die Lehrplaninhalte können verschiedenartig hergeleitet sein:

a) traditionalistisch (vgl. W. Jaeger, Spranger, Litt, z. T. auch Weinstock);

b) aktualistisch (vgl. Rousseau, E. Key, die Reformpädagogik);

c) utopistisch (vgl. Fichte, K. Marx).

Diese nach den drei Dimensionen der Zeit gegliederten Inhalte sollten dialektisch aufeinander bezogen sein. Heute sind für die inhaltliche Betrachtung der Lehrpläne das von Klafki vertretene Prinzip der „kategorialen Bildung" und das von Theodor Wilhelm propagierte Prinzip der Wissenschaftlichkeit (vgl. die Berliner Schule der Didaktiker um Heimann, Otto, Schulz weithin anerkannt. Damit ist die Auswahl von Gegenständen (Inhalten) gemeint, die repräsentativ für grundlegende Sachverhalte und Probleme sein können, die also elementar, exemplarisch, typisch, fundamental usw. sind.

Eine Aufschlüsselung der theoretischen Darlegungen in praktische Fragen für die vorzunehmende Analyse der politischen Bildung muß folgende Komplexe beachten:

Welche Bereiche werden angesprochen, wie detailliert, was wird ausgelassen? Welche Schwerpunkte und Einseitigkeiten bestehen? Was mutet man den Schülern in den jeweiligen Altersstufen (Mittel-und Oberstufe) zu (Altersstufendidaktik) ? Was wäre sachlich erforderlich?

Welche Lernziele wurden aufgestellt?

Gibt es eine Gesamtkonzeption des Lehrplans, oder hat man Sachprobleme aus Staat, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht usw. beziehungslos nebeneinander gestellt?

Ferner wären zu behandeln:

a) Fragen der Pädagogischen Psychologie; die leistungsmäßige, funktionsentsprechende und situationsgerechte Übersetzung des Unterrichtsgegenstandes in das Erziehungsgespräch; die Theorie des Lernprozesses, seiner Ablaufs-und Antriebsstruktur und seiner psychologischen Vorbedingungen (Anlage, Begabung, Bildsamkeit, Ansprechbarkeit);

b) Fragen der Pädagogischen Soziologie: die Sozialisation und Enkulturation; das Motivationsbewußtsein der Gruppe innerhalb der Erziehungsgesellschaft, deren sich verändernde Normgebungen, Erwartenshaltungen, Ansprüche, Interessen, Wünsche, Bedürfnisse;

c) Fragen der Unterrichtsmethode.

Das hier Dargebotene entspricht der Anfangssituation praktischer Curriculumforschung in der Bundesrepublik. Wolfgang Hilligen hat im Bereich der politischen Bildung zum ersten Mal eine praktische Lehrplananalyse in Verbindung mit einer Befragung von Lehrern und Schülern an hessischen Realschulen vorgenommen. Im Gegensatz zum methodischen Ansatz dieser Arbeit beschränkt sich Hilligen auf ein Bundesland, und es ging ihm weniger um Ideologiekritik als um das empirisch-deskriptive Feststellen der pädagogischen Wirklichkeit im Verhältnis zu dem im Lehrplan Geforderten. Weitere lehrplantheoretische Ansätze finden sich bei Bockelmann und Kniffler-Schlette Karl Mielcke hat die Lehrbücher für Zeit-geschichte im Hinblick auf die Repräsentanz bestimmter Themen untersucht. Seine Beurteilungskriterien mußte er aus der Geschichtsdidaktik deduzieren. Ebenso hat Volker Nitzschke eine Analyse mehrerer Lehrbücher für den politischen Unterricht durchgeführt. Methodisch ging er von sozialwissenschaftlichen Kategorien aus, auf deren Repräsentanz in den Lehrbüchern er achtete. Einen umfassenden Versuch über Curriculumfragen mehrerer Fächer haben kürzlich die Fachleiter des Studienseminars Tübingen unternommen Neuerlich haben Achtenhagen u. a. die Problematik der Curriculumrevision diskutiert und eine Lehrplankommission des Landes Rheinland-Pfalz ihre Auffassungen zur curricularen Forschung dargelegt

Das synthetische Verfahren, den Entwurf eines Lehrplans auf theoretischer Grundlage, hat Jungmann angewandt. Er stellt Stufenlehrpläne (keine Lehrpläne nach Schularten) mit Mindestforderungen, einem Grundkatalog von verbindlichen Inhalten, Grundfertigkeiten und Arbeitstechniken jeweils für alle Schüler auf. In all diesen Arbeiten zeigt sich der noch nicht behobene Mangel an allgemein verwendbaren Kategorien.

Insgesamt hat unser methodisches Verfahren eine vorläufig nicht zu elimierende Schwäche. Es sagt nichts aus über den Transfer vom Gegenstand zum Urteil oder zum Handeln. Der formaldisziplinierende und aktivierende Wert von Unterrichtsgegenständen wird zwar behauptet und angenommen, aber nicht bewiesen, das heißt, eine Operationalisierung von bestimmten, im Unterricht erworbenen Qualifikationen ist noch nicht möglich, überhaupt müßten erst einmal die desideraten Qualifikationen mit Hilfe von komplizierten Experten-befragungen usw. exakt ermittelt werden. Das fachwissenschaftliche und politisch-pädagogische Schrifttum reicht dazu nicht aus. Erst dann wäre eine mathematisierende Faktorenanalyse möglich.

Angesichts dieser Situation wird man noch keine Lernzieltaxonomie entwerfen können, das heißt eine hierarchische Ordnung aller Lernziele innerhalb der politischen Bildung, wobei die Hierarchie nach einem einzigen gleichbleibenden Ordnungsgesichtspunkt erstellt werden müßte. Vorläufig wird man lediglich zwischen mehr oder weniger relevanten Zielen, Lernzielen von präziser Aussage („Feinziel", Chr. Möller), von mittlerer („Grobziel") und von geringerer Präzision („Richtziel") unterscheiden können. An Validierungskriterien werden, im Anschluß an amerikanische Vorbilder, vorgeschlagen:

, 1. Kriterium der gesellschaftlichen Adäquatheit,

2. Kriterium der basalen menschlichen Bedürfnisse,

3. Kriterium der Konsistenz, 4. Kriterium der verhaltensmäßigen Interpretation,

5. Kriterium der optimalen Erreichbarkeit durch schulisches Lernen." 5. Ansätze einer Curriculumtheorie in der Bundesrepublik Während H. v. Hentig die Lehrpläne als „pädagogische Trivialliteratur ohne praktischen Wert mit zugleich unabsehbarer Macht, weil Lehrpläne nur . repressiv'und nicht befreiend benutzt werden können" bezeichnet, ohne sich damit grundsätzlich gegen Curricula auszusprechen — er empfiehlt von den Lehrern der einzelnen Schulen zu erarbeitende „Richtlinien" —, haben einige Erziehungswissenschaftler sich der Curriculumtheorie gewidmet. Der von Dilthey herkommende geisteswissenschaftliche Ansatz der Lehrplantheorie von Kerschensteiner, A. Fischer, Weniger, Litt, Spranger, Nohl und Weinstock wird von Wilhelm Flitner in seiner Theorie von der »grundlegenden (Geistes-) Bildung" fortgesetzt. „Unter der grundlegenden Bildung sei verstanden die Einheit von Erfahrungen, Kenntnissen, Gesinnungen und Künsten, die in einem Lebenskreis so gemeinsam ist, daß alle Verständigung und alle speziale, berufliche oder sonst eigenartige Höherbildung davon ausgeht." Damit ist der Erwerb von „Fundamentalien" gemeint, die als Grundlage für jede Bildung gelten.

Eine radikal andere Position vertritt Theodor Wilhelm in seiner „Theorie der Schule“. Sie unterscheidet sich von den übrigen in bildungstheoretischer Hinsicht dadurch, daß er den Begriff der Bildung durch den Begriff der Wissenschaftlichkeit ersetzen möchte. In diesem Bestreben trifft er sich mit v. Hentig dessen moderner Bildungsbegriff ebenfalls stark wissenschaftsbetont ist.

Wilhelm tritt für den den Schulfächern abzuverlangenden „formalen Funktionswert“ ein. Darunter versteht er, daß der Schüler bei der Beschäftigung mit einem Thema einsehen sollte, was er mit der jeweils gewonnenen Erkenntnis anfangen kann. Er solle also nicht mehr für eine so oder so formulierte „Bildung“ lernen, deren Wert er selbst nicht zu verstehen vermag. Mit dieser Einstellung meint Wilhelm keinen geistigen Pragmatismus, sondern er geht davon aus, daß Wissen und Erkennen immer Wissen und Erkennen „von etwas“ bedeutet. Dem liegt das moderne Wissenschaftsverständnis zugrunde, das sich an kritischer Rationalität und Verwendbarkeit, nicht an einer imaginären Bildung orientiert. Die Herrschaft der traditionellen Bildungsvorstellungen habe zu „Nahblindheit, Unempfindlichkeit für die gesellschaftlichen Dringlichkeiten des Lebens, politische Indifferenz, Anfälligkeit für autoritäre Daseinsmuster, Kooperationsunfähigkeit, Offentlichkeitsscheu, dezisionistische Kurzschlußneigungen usw." geführt Daraus resultiert Wilhelms Forderung nach Planung des schulischen Geschehens; aber nicht im Stile der bisherigen innerpädagogischen und innerschulischen, sondern in dem Bewußtsein, daß die Schule „auch eine gesellschaftliche und weltwirtschaftliche Funktion zu erfüllen hat"

Die lehrplantheoretische Konsequenz aus der weltoffenen, wissenschaftlichen Einstellung zur Schule ist die Wendung vom Bildungsmaßstab zum Wissenschaftsmaßstab, vom „umfriedeten Kanon zur offenen Enzyklopädie" Die Stoffe, Gegenstände und sozialen Größen innerhalb des Lehrplans werden künftig nach ihrem funktionalen Wert gemessen. Wilhelm meint mit seiner offenen, funktionalen Enzyklopädie nicht die Restauration des Positivismus und Historismus, auch lehnt er den Rekurs auf „intensive Kategorien der Verinnerlichung und Spiritualisierung" im Sinne der kategorialen Bildung ab, vielmehr geht es ihm durchaus um Quantität an Informationen, um „extensive Vorstellungen" Unter „Vorstellungen" versteht er „die Welt des operativen Denkens". Aufgabe der Schule sei dann die „Ordnung der Vorstellungswelt", „das In-Modellen-denken-lernen (werde) zur zentralen Aufgabe" Diese Möglichkeit zu denken, müsse das Curriculum bereitstellen. Zu diesem Zwecke müßten die Lehrziele auf wirkliche Operationalisierbarkeit angelegt sein.

Die anthropologischen Konsequenzen aus der neuformulierten Aufgabe der Schule bestehen in „drei Erfordernissen eines wissenschaftsoffenen Menschenbildes . . .: Sachlichkeit, — Entwicklungsfähigkeit, — Öffentlichkeit" Dieser Anthropologie, sei der private Tugendkatalog von „Innerlichkeit, Beständigkeit, Zweckfreiheit, Einsamkeit" nicht mehr angemessen. Wir brauchen dagegen „Wandlungsfähigkeit, Weltoffenheit, empirische Denkformen und eindeutige Kommunikationsformen . . . Heldentum, Keuschheit, Sparsamkeit sind keine Tugenden mehr."

Ebenso bekennt sich Heinrich Roth zur Wissenschaftlichkeit des Unterrichts, zu jener „Rationalität, die an den Wissenschaften zu denken gelernt hat". Damit ist jene Wissenschaft gemeint, deren Bezugspunkt „Produktion, Erkenntnis, Freiheit, Kooperation und kritische Rationalität" sei; denn auf das gemeinsam Eingesehene könne man sich noch am ehesten einigen Deshalb seien in allen Schulen „die kognitiven Fähigkeiten zu fördern und kognitive Strukturen aufzubauen: Wissen und Können, Verstehen und Denken, Anwenden und Produzieren, Beobachten, Beurteilen und Werten"

Die Auffassung von Wilhelm, v. Hentig und Roth deckt sich mit derjenigen der Berliner Didaktiker um Heimann, Otto und Schulz, die* die didaktischen Maßstäbe für Stoffauswahl und Unterricht nicht aus den Vorstellungen einer Bildungstheorie gewinnen (wie Klafki), sondern aus den Strukturen der Fachwissenschaften und einer empirisch begründeten Lerntheorie.

Was die Stoffe angeht, führen Wilhelms Überlegungen zur Forderung nach einer „dreifachen Dialektik, mit der jede Lehrplantheorie rechnen muß: — der Dialektik von grenzenlosem Weltwissen und abgegrenztem Zielhorizont, — der Dialektik von interessefördernder Aktualität und sicherheitgewährender Kontinuität, — der Dialektik von geschichtlicher Überlieferung und der ihr gegenüber gebotenen Wertschätzung einerseits und von Aufgeschlossenheit für das Neue und Ungewohnte andererseits"

Dazu nennt er als leitende didaktische Vorstellungen: „ 1. die Altersgemäßheit der Stoffe, 2. die Konzentration der Stoffe, 3. die Lehrgangsgerechtigkeit der Stoffe"

Die Lehrplanpraxis scheint immer noch stark am neuhumanistischen Menschenbild zu haften mit seiner allseitigen, universalen, auf Totalität gerichteten Bildungsidee (die bereits durch den Normallehrplan Schulzes überwunden worden war; im Gegensatz zu Süverns Entwurf von 1812). Auf die Unzeitgemäßheit dieser Idee, die sich besonders in der stunden-mäßigen Unterrepräsentanz der Naturwissenschaften sogar in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasien sowie im fast vollständigen Fehlen spezifisch naturwissenschaftlicher Denkformen im Unterrichtskanon der übrigen Gymnasien ausdrückt, hat Werner Kroebel verwiesen. Danach erreichen selbst im mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer nicht den Anteil der geisteswissenschaftlichen Fächergruppe. Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer zusam-mengenommen erreichen dort etwa 30 v. H., einen Anteil, den sie bereits um 1880 besaßen Nach einem OECD-Bericht von 1966 schlüsselt sich der Anteil der einzelnen Fächer an der Gesamtunterrichtszeit in v. H. am mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium der BRD folgendermaßen auf: Sprachen (inkl. Muttersprache) 37, 7 v. H., Mathematik 12, 8 v. H., Naturwissenschaften 13, 4 v. H., Humanwissenschaften 11, 7 v. H., Kunst 11, 8 v. H. und Sonstiges 12, 4 v. H.

Weitere wichtige Gesichtspunkte sind aus der die Curriculumtheorie in Deutschland anregenden Schrift von Robinsohn zu entnehmen. An formalen Erziehungszielen, die in jedem Curriculum repräsentiert sein sollen, stellt er auf: das Ermöglichen der wirksamen Kommunikation mittels Mutter-und Fremdsprache, die Bereitschaft zur Veränderung, die Erziehung zur Wahl und die Erziehung zur Autonomie, die durch rationale und kritische Einstellung zu sozialen Formen und Symbolen charakterisiert sei. Robinsohn faßt zusammen: „Es ist Sache des Curriculums in seiner weitesten Bedeutung, Inhalte sowohl wie die Modi ihrer Vermittlung bezeichnend, Kräfte des einzelnen zur selbständigen Reflexion, zur Leistung, zur Kreativität anzuregen und freizumachen." „Mündigkeit" sei „ohne Einsicht in die Bedingungen sozialen Lebens und politischen Handelns" sowie ohne eine Verständigung „über die Funktion von Wissen und Wissenschaft in ihrem Bezug zur Wahrheit und ihrer Abgrenzung zum Mythos" nicht erreichbar

Nach Robinsohn hat die Erziehung dem Menschen zu helfen, Lebenssituationen zu bewältigen, und zwar „indem gewisse Qualifikationen und eine gewisse . Disponibilität'durch die Aneignung von Kenntnissen, Einsichten, Haltungen und Fertigkeiten erworben werden". Dies seien die pädagogischen Prämissen für ein Curriculum. Daraus ergebe sich für die Curriculumforschung die Aufgabe, „Methoden zu finden und anzuwenden, durch welche diese Situationen und die in ihnen geforderten Funktionen, die zu deren Bewältigung notwendigen Qualifikationen und die Bildungsinhalte und Gegenstände, durch welche diese Qualifizierung bewirkt werden soll, in optimaler Objektivierung identifiziert werden können"

Drei Kriterien für die Auswahl von Bildungsinhalten werden angenommen:

„ 1 . Die Bedeutung eines Gegenstandes im Gefüge der Wissenschaft...;

2. die Leistung eines Gegenstandes für das Weltverstehen 3. die Funktion eines Gegenstandes in spezifischen Verwendungssituationen des privaten und öffentlichen Lebens."

Die Frage nach der Relevanz eines Gegenstandes stelle sich als eine wissenschaftslogische, didaktische und auch als eine hermeneutische Aufgabe. Sie sei aus der Erfahrung der Wissenschaft selbst heraus zu beantworten und könne empirisch überprüft werden.

Die an die amerikanische Curriculumforschung angelehnten lehrplantheoretischen Gedanken von Robinsohn werden von einer Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Gesalt des Berliner Modells zu operationalisieren versucht. Einige für die Curriculumforschung wichtige Ergebnisse werden nachfolgend mitgeteilt Im Hinblick auf die notwendige Funktionalisierung der Curriculuminhalte auf bestimmte Qualifikationen wird vorgeschlagen:

„Wenn es die Aufgabe des Curriculums ist, (den Schüler) für bestimmte Situationen zu gualifizieren, dann ist Voraussetzung wissenschaftlich fundierter Curriculumentwicklung, daß es gelingt, Methoden zu entwickeln, a) um Klassen von Lebens-, also Verwendungssituationen und die ihnen entsprechenden Funktionen zu identifizieren, b) um die zu ihrer Bewältigung nötigen Qualifikationen zu definieren, c) um die entsprechend qualifizierenden Curriculumelemente zu bestimmen;

ferner, daß es gelingt, Methoden zu entwikkeln, um den Zusammenhang zwischen Situationen, Qualifikationen und Curriculum-Elementen, der eine Kriterienkette bildet, zu kontrollieren." Die dazu erforderlichen Arbeitsschritte verlangen im einzelnen:

„ 1. Es werden Klassen von Verwendungssituationen und ihnen entsprechenden Qualifikationen definiert. Das geschieht in Zusammenarbeit von Fachwissenschaftlern, Vertretern der Humanwissenschaften und Didaktikern.

2. Diese Qualifikationen müssen — mit Hilfe derselben Expertengruppen — so formuliert werden, daß sie einerseits die Ansprüche einer Verwendungssituation artikulieren, andererseits in Verbindung mit den für das Curriculum konstitutiven Elementen gebracht werden können.

3. Als Voraussetzung dieser in einem vierten Schritt herzustellenden Verbindung muß ein Katalog von Curriculum-Elementen aufgestellt werden, der sich aus einer Analyse der didaktischen Diskussion gewinnen läßt.

4. Die Verbindung zwischen den Qualifikationen und diesen Elementen muß hergestellt werden durch die Befragung von Experten, die einerseits für die Verwendungssituationen, die durch die Qualifikationen repräsentiert werden, so kompetent sind, daß sie das Kriterium . Qualifikation'sinnvoll auf die Curriculum-elemente anwenden können, und die andererseits hinreichend vertraut mit eben diesen Elementen sind, d. h. mit der Disziplin, der sie zugehören.

5. Eine Analyse der von diesen Experten hergestellten und bewerteten Verbindungen zwischen Qualifikationen und Curriculumelementen kann die Grundlage für die Formulierung der bestehenden Entscheidungsalternativen und damit für die politische Curriculum-Entscheidung und die auf sie folgende Curriculum-Konstruktion bilden, ebenso den Ausgangspunkt für die Kontrolle der diesen Entscheidungen zugrunde gelegten Annahmen.“

Der von der Berliner Arbeitsgruppe neu eingefügte Begriff der „Informationseinheit" wird folgendermaßen beschrieben:

„Aus diesen Gründen wollen wir die in sie (die Qualifikationen, d. Verf.) eingehenden Curriculum-Elemente als . Informationseinheiten'formulieren — worunter man nicht die , bits'der Informationstheorie verstehen möge. Wir gehen dabei davon aus, daß sich die qualifizierenden Elemente des Curriculum unter zwei Aspekten definieren lassen. Als Lerner-fahrungen, learning experiences, werden sie gefaßt unter dem Aspekt der Lernpsychologie; in dieser Fassung lassen sie sich verknüpfen zu Unterrichtseinheiten und Lehrgängen, deren Struktur bestimmt ist durch das Verhältnis von Gegenstand und Vermittlungsmethode. Unter curriculumtheoretischem Aspekt erscheinen sie jedoch als ein System von Informationseinheiten, zwischen denen ein sachlogischer Zusammenhang besteht. Auf ihn müssen wir uns bei der Formulierung der Items der Grundliste stützen, wenn wir fragen wollen nach dem Realzusammenhang zwischen einzelnen Elementen etwa der Mathematik und bestimmten Qualifikationen. In welchem Lernzusammenhang diese Elemente ihre qualifizierende Wirkung am besten erfüllen, ist eine andere, bei der Lehrplankonstruktion zu stellende Frage."

Die Aufgabe der praktischen Curriculumarbeit besteht nach dieser theoretischen Vorbesinnung darin, „unter Einbeziehung der lemtheoretischen Variablen die einzelnen Kombinate von Informationseinheiten und Qualifikationen in Lerneinheiten und Lehrgänge umzusetzen und zu einem vorläufigen Curriculum zu montieren, welches dann in Experimentalschulen einer zwar grobgerasterten, nichtsdestotrotz methodisch kontrollierten Erprobung unterzogen wird."

Die Soziologie des Bildungswesens hat in mehreren ideologiekritischen Arbeiten zu den Lehrplaneinheiten Stellung genommen. Dies geschah in Ermangelung einer pädagogischen Curriculumtheorie meist in unsystematischer Form. Der Bildungssoziologie ging es vor allem um den Nachweis der gesellschaftlich-ideologischen Bedingtheit von Lehrplänen. Dabei kam es ihr darauf an darzulegen, daß ein Lehrplan für die gegenwärtige Gesellschaft und ihre zukünftige Entwicklung erziehen müsse. Der Lehrplan dürfe nicht der Zementierung des gesellschaftlichen Status quo dienen, sondern müsse eine reale Utopie enthalten. Das gesellschaftliche Modell, auf das hin er erziehe, müsse von ihm genannt werden.

Im einzelnen fordert die Bildungssoziologie von den Lehrzielen, daß sie auf einer realistischen Anthropologie beruhen; von den Lehr-

Inhalten — Kenntnissen, Fähigkeiten, Verhaltensweisen, Werthaltungen —, daß sie rational zustande kommen. Sie könnten immer nur einen wünschenswerten Ausschnitt des Notwendigen wiedergeben, und man müsse sich bewußt sein, daß dieser und sie selbst von den Interessen der Gesellschaft bestimmt würden

Die Kinder und Jugendlichen sollen dabei vor allem lernen, wie sie sich gegen System-und Sachzwänge behaupten können Hierzu gehört das Aneignen der „öffentlichen Tugenden“ (Dahrendorf), das Leben mit Konflikten, das Erkennen der eigenen Interessenlage. Auf ethisch-normative Postulate wird eine öffentliche Erziehung in einer pluralistischen Gesellschaft weitgehend verzichten müssen.

H. v. Hentig hat den Versuch unternommen, Lern-und Erziehungsziele allgemein zu formulieren, allerdings im Hinblick auf eine Gesamtschule. Nach v. Hentig wäre es das „politische Erziehungs-und Lernziel der Gesamtschule .. ., — in einem Feld kontrollierter realistischer Erfahrung die sozialen Probleme unserer Gesellschaft darzustellen — Macht, Gleichheit, Hierarchie, Minderheiten, Abhängigkeiten, Offenheiten, Gesetze, Regeln, Widerstand, Gruppierungen, Isolierungen und immer wieder die Fülle und Berechtigung individueller Ziele;

— zu demonstrieren, wie man diese Probleme gemeinsam verstehen und lösen kann, ohne die individuellen Ziele zu unterdrücken; — in und an der eigenen Institution zu analysieren, was die Chancengleichheit bedeutet, was sie immer wieder verschüttet, und erfahren zu lassen, wie man selbst für sie weiterkämpfen kann und muß;

— und das alles jahrelang praktisch, aber geistvoll zu üben, unter Nutzung und darum sinnvoller Aneignung von Wissenschaft.“

Offensichtlich hat man in der deutschen pädagogischen Theorie und Praxis die Wichtigkeit der curricularen Fundamentalproblematik erst sehr spät erkannt. So enthalten z. B. alle modernen Didaktiken Darlegungen über die Schulwissenschaften, über die Auswahl und Wechselbeziehung der Fächer, über die Struktur und Abstufung der Bildungsinhalte, über die Altersstufengemäßheit, über das Erziehungsziel, über die organisch-genetische Gliederung des Lehrstoffes, aber nichts über die Theorie des Curriculums oder die Praxis der Curriculumkonstruktion. Erst in unseren Tagen befaßt man sich etwas intensiver mit Lehrplanfragen, beispielsweise am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt (Main), am Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster, im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft und am Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut in Ost-Berlin.

III. Die Unterrichtsziele in den Präambeln der Lehrpläne für den politischen Unterricht

1. Die Bedeutung der Präambeln für den Lehrplan Als Beispiel für eine Anwendung der vorhergehenden theoretischen Ausführungen über den Lehrplan und über die Curriculumforschung in der politischen Bildung kann die qualifizierte Inhaltsanalyse der Präambeln für den politischen Unterricht an Gymnasien dienen. Die Präambeln haben einen programmatisch-normativen Charakter für die Unterrichts-gestaltung. In ihnen wird von den zuständigen Schulbehörden zum Ausdruck gebracht, was man von dem jeweiligen Unterricht, einschließlich seiner erzieherischen Komponente, erwartet. Dieses Verfahren ist in einem Lande mit staatlichem Schulmonopol als legitim zu betrachten. Es verhindert, daß ein praktisches Erziehungsprogramm, wie es jedes Curriculum ist, zu einem Unterricht ad libitum führt. In den Einleitungen kristallisieren sich die Gruppen-meinungen, werden insbesondere die Verfassungsprinzipien zu einer lehrbaren und (nach Möglichkeit) erlebbaren Aufgabe der schulischen Lehr-, Lern-und Erziehungsarbeit ge-115 macht; die Lehr-und Lernziele werden dargelegt. Dabei sollte eine Reflexion auf die Lehrund Lernprozesse stattfinden, damit die Ziele nicht einfach von den Unterrichtsgegenständen her formuliert werden. Dies ist entscheidend für die Art von Unterricht und Erziehung, die entstehen soll.

Es wird im Folgenden zu untersuchen sein, inwieweit die von den Lehrplänen anvisierten Zielprojektionen als faßbare Verhaltensdispositionen konkretisiert werden und inwieweit sie mit den Themen-und Stoffplänen korrespondieren. Im Idealfalle müßten'Präambel und Stoffplan übereinstimmen, müßte das Lehrund Lernziel mittels der angegebenen Themen und Stoffe operationalisierbar sein. Im Sinne des auch in der Pädagogik verwandten kybernetischen Modells müßte eine ständige Rückkopplung (feedback) zwischen beiden Bereichen stattfinden. Ferner geht es darum, die Zielprojektionen soweit als möglich zu lokalisieren, ihre fachwissenschaftliche, anthropologische, weltanschauliche oder ideologische Herkunft zu bestimmen. In einer offenen, pluriformen Gesellschaft sind mehrere Zielprovenienzen legitim. Deswegen steht uns kein Werturteil über sie zu. Wir können lediglich ihre Eignung zur Stärkung des demokratischen Potentials prüfen und davor warnen, ein Ziel absolut setzen zu wollen; denn dadurch würden die Freiheitsrechte, jene für die demokratische Gesellschaft konstitutiven Werte, bereits im Ansatz pervertiert.

Von den Präambeln ist zu fordern, daß sie die dem Curriculum zugrunde gelegten fachlich-sachlichen, zielprojektiven und pädagogisch-anthropologischen Intentionen transparent machen. Die „Philosophie" des Curriculums müßte auf diese Weise sichtbar werden. Erst dann werden Lehrer, Schüler und die Öffentlichkeit wissen, was ein Unterrichtsfach sachlich und erzieherisch leisten soll. Dabei ist nach unserer heutigen Auffassung nicht an eine Indoktrinierung der Betroffenen gedacht, sie brauchen sich nicht mit den Zielen der Curricula im einzelnen zu identifizieren. Im übrigen wäre selbst eine etwas ideologische Aufladung der Curricula ungefährlich — irgendwie spiegeln sie alle die Auffassungen gesellschaftlicher Großgruppen wider —, solange die subjektiv-ideologischen Momente als solche erkennbar sind. Mit ihnen könnte man sich kritisch auseinandersetzen. Allerdings ist der Lehrer bis zu einem gewissen Grade weisungsgebunden — den Schutz der Lehrfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 GG genießt er nicht —; er könnte jedoch, bei grundsätzlicher Anerkennung der Intentionalität des Curriculums etwa auf andere, ihm für die spezifische Klassensituation besser geeignet erscheinende Themen und Gegenstände ausweichen. 2. Ideologiekritische Sicht der Präambeln Die Einstellung zu den Aussagen der Präambeln sollte auf jeden Fall ideologiekritisch sein. Eine affirmative Hinnahme vorformulierter Ziele hätte Kritiklosigkeit von Unterricht und Erziehung zur Folge. Deshalb ist nicht nur auf den Inhalt der Einleitungen zu achten, sondern auch auf ihre Form (z. B. auffordernd, kritisch, apodiktisch, liberal, einschränkend Verwendung von „Leerformeln", „Jargon der Eigentlichkeit").

Bei Betrachtung der Einleitungen zu den Lehrplänen muß man zwischen den allgemeinen und den speziellen Präambeln unterscheiden. Die allgemeinen Präambeln sind den Lehrplanwerken insgesamt vorangestellt, die speziellen den Fachlehrplänen. Wir befassen uns mit einer Ausnahme mit den letzteren. Nicht immer werden Unterschiede zwischen der Mittel-und Oberstufe gemacht. Wegen des inneren Zusammenhangs beider Stufen empfiehlt es sich, beide zusammen zu behandeln. Methodische und sonstige Bemerkungen werden nur insoweit herangezogen, als sie eine bestimmte (politisch-gesellschaftliche) Stilform charakterisieren. Die Untersuchungsmethode muß philologischhermeneutisch sein. Eine sprachkritische und sprachanalytische Betrachtung — ein Desiderat der wissenschaftstheoretischen und ideologiekritischen Forschung —, ansatzweise zum erstenmal von Ernst Topitsch auf Lehrpläne angewandt 6, wird die semantische Toleranz der Wörter, Begriffe und Formulierungen aufzudecken haben. Allerdings ist zu bedenken, daß die meisten Präambeln knapp formulieren. Dies kann nicht nur positiv interpretiert werden. Sie können damit auch ihre Standpunktlosigkeit verschleiern, ihre Gehaltlosigkeit durch einen deklamatorischen Akt überspielen wollen. Im Grunde müßte man, um Sprache an- gemessen analysieren zu können, eine „Metasprache" besitzen, deren Begriffe anders wären als die von ihr analysierten. Dies gelang Karl Kraus, der die gesellschaftlichen Bedingungen einer Sprache berücksichtigte. Da Sprache in einem sozialen Bedeutungssystem eingebettet ist, werden Syntax, Grammatik und Vokabular als moralische oder politische Akte begriffen

3. Analyse der Präambeln 1. Die Kernsätze über „Aufgabe und Ziel" aus der Präambel des baden-württembergischen Lehrplans für Gemeinschaftskunde vom Februar 1957 lauten:

„Der Unterricht in Gemeinschaftskunde soll dem jungen Menschen seine Stellung in der Gesellschaft aufzeigen und ihn auf seine verantwortliche Mitwirkung im öffentlichen Leben vorbereiten . . . Der Unterricht in Gemeinschaftskunde hat zur Aufgabe: Grundbegriffe und typische Grundordnungen der Gesellschaft und des Staates herauszuarbeiten und dabei das politische Denken und Handeln als eine der Daseinsgestaltung dienende Leistung verständlich zu machen . . . Der politisch handelnde Mensch ist als ein Wesen zu begreifen, das zwischen Notwendigkeit und Freiheit gestellt ist. Daraus erwächst die Verpflichtung zur Verantwortung."

Zum „Lehrverfahren" wird ausgeführt:

„Gemeinschaftskunde als Unterrichtsfach soll sauberes Sachwissen vermitteln, die Fähigkeit kritischer Unterscheidung entwickeln und damit zur Bildung der politischen Haltung beitragen. Gemeinschaftskunde ist deshalb mehr als ein reines Lernfach. Der Lehrer muß sich die Aufgabe stellen, durch seine Redlichkeit, seine Toleranz und seinen Mut zum eigenen politischen Urteil die Schüler zu einem einsichtsvollen politischen Verhalten anzuleiten." Im Vordergrund steht hier die Gesellschaft, gefolgt vom Staat. An ihnen sind Grundbegriffe und typische Grundordnungen sowie ihre „Wirkungsweise" und „Strukturen" herauszuarbeiten, ist politisches Denken und Handeln verständlich zu machen. Ziel ist die „Erkenntnis von Zusammenhängen", während die politische Haltung und einsichtsvolles politisches Verhalten (ohne nähere Bestimmung) je einmal erwähnt werden.

Der Hauptgedanke dieser Präambel besteht in der Betonung der Verantwortung und der verantwortlichen Mitwirkung sowie der „Wertmaßstäbe für Urteil und Entscheidung im öffentlichen Leben". Besonders hervorgehoben wird die Entwicklung der Kritikfähigkeit: kritische Betrachtung, kritische Unterscheidung, politisches Urteil. Dies gilt vor allem für die Klasse 13: jetzt „rückt die kritische Reflexion über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Strukturen in den Vordergrund". Der Mensch wird in die Dialektik von Notwendigkeit und Freiheit verstrickt gesehen. Daraus und aus anderen Bemerkungen sowie aus dem Aufbau des Stoffplans kann man auf ein in diesem Lehrplan mitgedachtes Konfliktmodell schließen.

Diese Präambel zeichnet sich durch Kürze, Sachlichkeit, Nüchternheit und kritisches Bewußtsein aus. Die Korrespondenz von Lehrund Lernzielen und dem Stoffplan ist weit vorangeschritten. Es muß aber auch auf Stellen aufmerksam gemacht werden, die in den Bereich des Jargons gehören, z. B. „sauberes Sachwissen" und Anleitung zu „einsichtsvollem politischen Verhalten". 2. Nach dem bayerischen Lehrplan für Sozial-kunde vom August 1964 soll der junge Mensch „seine Stellung in Gesellschaft und Staat verstehen und seine Aufgaben als Mitmensch und Staatsbürger erkennen". „Kenntnisse" und „Erfahrungen" seien aus anderen Fächern heranzuziehen (das sozialkundliche Unterrichtsprinzip wird sehr betont). Dann fährt die Präambel in ihrem Hauptteil über „Aufgabe und Ziel" fort:

„Die Sozialkunde soll den Schüler zugleich zu einer Haltung erziehen, die bestimmte grundlegende Ordnungsprinzipien des menschlichen Zusammenlebens berücksichtigt und anerkennt. Bei der Behandlung sozialkundlicher Themen kommt es wesentlich darauf an, Abhängigkeit, Freiheit und Verantwortung des Menschen auf verschiedenen Ebenen deutlich zu machen. Daher muß der Unterricht von den Kenntnissen der wichtigsten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Funktionen bzw. Institutionen zur Frage nach deren Sinn und Wert vordringen. Ihre Beantwortung erfolgt anhand des erworbenen sozialkundlichen Wissens und der Beschäftigung mit den bedeutendsten Staats-und Gesellschaftstheorien als Grundmodellen. Sie steht demnach am Ende, nicht am Anfang eines Unterrichtsganges. Auf diese Weise soll der Schüler gesellschaftliche Wirkungszusammenhänge, politische Ideen und Wirklichkeiten kritisch beurteilen lernen und sozialethische Wertmaßstäbe gewinnen. Daraus sollen Fähigkeit und Bereitschaft erwachsen, in der Welt von heute verantwortlich zu handeln."

Der von dieser Präambel abgesteckte allgemeine Bezugsrahmen sind Gesellschaft und Staat, der Mitmensch und der Staatsbürger. Die Auseinandersetzung soll auf den korrespondierenden Ebenen von Verstehen, Erkennen, verantwortlichem Handeln und kritischem Beurteilen erfolgen. Auf die Erarbeitung von Grundmodellen und Wirkungszusammenhängen komme es an. Besonderes Gewicht wird auf sittliche Momente gelegt, auf Freiheit, Verantwortung und auf sozialethische Wertmaßstäbe, über die zu erziehende Haltung wird nichts Eindeutiges ausgesagt. Was sind konkret „bestimmte grundlegende Ordnungsprinzipien des menschlischen Zusammenlebens"? Neben dem gesellschaftlich-politischen Akzent der Präambel, der jedoch mit dem Themenplan negativ korreliert, steht das Ordnungsdenken im Mittelpunkt. Bezeichnend dafür ist, daß es zuerst auf Verstehen und Erkennen, später erst auf kritisches Beurteilen angelegt ist; daß Abhängigkeit vor Freiheit und Verantwortung rangiert und daß Konflikte nicht erwähnt werden.

Dem sozialkundlichen Bereich des bayerischen Koordinierungsplans für Gemeinschaftskunde vom August 1965 ist, im Gegensatz zum geschichtlichen und erdkundlichen Bereich, keine Präambel vorangestellt.

3. Der Präambel des Berliner Lehrplans für Sozialkunde von 1968 geht es darum, „die Schüler über Bereiche zu orientieren, . . . ohne deren Kenntnis jedoch eine Einsicht in die komplexen Zusammenhänge der heutigen Gesellschaft und Politik nicht möglich ist, und gleichzeitig Verhaltensweisen zu vermitteln, die zu deren weiterer Demokratisierung beitragen". In dieser Aufgabenstellung finden sich wesentliche didaktische Forderungen politischer Bildung realisiert: Orientierung, Information, Kenntnisse (Wissen jeder Art), Einsichten und Verhalten mit dem Ziel einer weiteren Demokratisierung, das heißt Änderung von Gesellschaft und Staat. Damit sind sowohl über den Weg (Methodik) als auch über den Sachbereich (Didaktik) zwar allgemeine, jedoch in ihrer abstrakten Allgemeinheit eindeutige Hinweise über Form und Inhalt des politischen Unterrichts gegeben worden.

Zu dem genannten Zwecke soll „eine Grund-orientierung ... erreicht werden über die Gebiete der Wirtschaft, der Massenkommunikationsmittel, des Rechts, der Funktionen und Normen des demokratischen und nichtdemokratischen politischen Lebens, der Probleme der modernen Industriegesellschaft, der konkurrierenden Ideologien und der internationalen Staatenwelt".

Das ist ein didaktischer Aufriß, der den Auffassungen von Bergstraesser weitgehend entspricht. Als Zielprojektionen des politischen Unterrichts auf der Mittelstufe werden angegeben: „Erreicht werden soll eine Distanzierung von vordergründigen Einflüssen, ein Schutz vor Fanatismus und demagogischen Praktiken, die Fähigkeit, sachdienliche Informationen zu suchen und zu verwerten. Dazu gehört das üben des Urteilens in Fragen des politischen Lebens, die nicht eindeutig und endgültig zu lösen und stets Wertungen unterworfen sind. Konflikte sind eine nicht zu leugnende Realität der modernen Gesellschaft. Bestehende Gegensätze dürfen nicht harmonisiert, vorhandene Mängel nicht verschwiegen werden. Dennoch ist es notwendig, den Sinn für ein faires Austragen der Konflikte und für die Notwendigkeit einer Übereinstimmung in den Grundwerten zu entwickeln. Auf diesem Wege ist am ehesten das Hinführen der Schüler zum bewußten Engagement zu erreichen. Freiheit und Würde des Menschen, auch des andersdenkenden Menschen, sind dem Schüler als verpflichtende gesellschaftliche Grundwerte nahezubringen.“ Wesentliche Gesichtspunkte der modernen politischen Theorie und der Politischen Pädagogik sind in diesen Sätzen enthalten: Distanz und Kritik gegenüber vordergründigen Einflüssen und Demagogie, sachgerechter Erwerb und Verwertung von Informationen, Stärkung des politischen Urteilsvermögens, Beachtung der Relativität politischer Probleme, Anerkennung der modernen Konfliktgesellschaft und des dynamischen Gesellschaftsmodells (aber nicht Konflikt um jeden Preis), Übereinstimmung in den demokratischen Grundwerten, Hinführen zum bewußten Engagement. Diese formalen Ziele werden in einem Katalog von Einsichten operationalisiert. Damit ist der erste Versuch gemacht, Lernziele zu konkretisieren, sie nicht bloß formal zu beschreiben. In dem Katalog finden sich wichtige Erkenntnisse der politischen Theorie, der Politischen Psychologie, Anthropologie, Soziologie und der politischen Verhaltenslehre in faßbaren, mit Hilfe des zugehörigen Themenplans realisierbaren Formulierungen repräsentiert. Gefährdung und Vorteil der Demokratie werden aufgezeigt, Pluralismus wird nicht als absoluter Relativismus verstanden, gemeinsame minimale Grundwerte gelten als die Conditio sine qua non einer jeden demokratischen Gesellschaft.

Auch die entscheidende Frage nach der Korrelation von Präambel und Stoffplan läßt sich positiv im Sinne einer formal-materialen Korrespondenz beantworten: Die (formalen) didaktischen Forderungen der Präambel werden an entsprechenden Gegenständen (Stoffen, Themen) material realisiert. Die in der Präambel angesprochenen Zielprojektionen sind allerdings aus den Themenformulierungen des Stoffplans kaum zu erkennen. Darin liegt eine Schwäche. Der Stoffplan behilft sich, indem er zu einzelnen Themenkreisen besondere Hinweise im Hinblick auf Bearbeitungstendenz, Schwerpunkte und Methoden gibt.

Die Präambel des Berliner Lehrplans für Politische Weltkunde von 1968 muß zusammen mit der Präambel des Sozialkundelehrplans gesehen werden. Sie geht mehr auf die praktische Unterrichtsgestaltung ein. Deswegen genügt es hier, das kurz umrissene Ziel zu zitieren:

»Die Bereitschaft zu tätiger und kritischer Mitarbeit im demokratischen Staat soll geweckt und gefördert werden. Diesem Ziel ist der gesamte Unterrichtsstil anzupassen. Gerade in der Politischen Weltkunde soll der Unterricht möglichst von der Analyse gegenwärtiger Gegebenheiten und Konflikte ausgehen."

Neu ist der Hinweis auf die allgemeinpolitische Relevanz von Unterrichtsstilen. Zusammenfassend kann man das Bemühen beider Lehrpläne herausstellen, den Anforderungen der Lehrplantheorie gerecht zu werden durch die positive Verzahnung von Zielprojektion (Lernziel) und praktischem Erreichen dieses Ziels in Gestalt von konkreten Einsichten und Verhaltensweisen.

Ergänzend sei als Ausblick auf die mögliche Kooperation der Fächer Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde auf die Präambel der gleichzeitig erschienenen Berliner Lehrpläne für Geschichte und Erdkunde verwiesen. Voraussetzung für die Kooperation ist ihre inhaltliche Synchronisierung, denn nur so kann politisches Wissen ein „synoptisches" Wissen (Bergstraesser) werden, wenn Ziel und Aufgabe zusammengehöriger Fächer koordiniert werden. Wie das geschieht, soll aus den folgenden Zitaten hervorgehen..

Der Lehrplan für Geschichte macht sich eine sozialhistorisch-politische Betrachtungsweise zu eigen. Er will u. a. „dazu beitragen, den jungen Menschen zur selbständigen verantwortungsbewußten Teilnahme am gesellschaftlichen und politischen Leben zu befähigen". Dem Schüler bewußt werden, „daß zwischen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erscheinungen Zusammenhänge bestehen;

daß den wirtschafts-und sozialpolitischen Vorgängen eine gewisse Typik, Gesetzmäßigkeit und übernationale Bedingtheit innewohnt;

daß es in jeder Gesellschaftsordnung Spannungen und Konflikte gibt, die der Weiterentwicklung dienen können, jedoch die Existenz dieser Ordnung gefährden, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und angemessen bewältigt werden;

daß alle gesellschaftlichen und politischen Ordnungsvorstellungen Modellcharakter besitzen und nur zeitweilig und teilweise verwirklicht sind;

daß Macht mißbraucht werden kann und deshalb der Kontrolle bedarf."

Dazu als methodisch-didaktischer Hinweis: „Mit zunehmendem Alter soll eine persönlichkeitsgebundene Betrachtungsweise durch die Behandlung gesellschaftlicher und politischer Strukturen ergänzt werden."

Zu diesem dezidierten Aufgabenkatalog sind zwei Bemerkungen zu machen. Erstens fällt die Herausstellung der politisch-gesellschaftlichen Komponente bei der Behandlung historischer Stoffe auf und damit die methodische Nähe zum Lehrplan für Sozialkunde, zweitens ist eine Übereinstimmung zwischen Zielangabe und Stoffplan feststellbar.

Auf eine wichtige Besonderheit des Berliner Geschichtslehrplans muß noch eingegangen werden. Er ist der einzige Lehrplan aus dem Bereich der politischen Bildung, der Lernziele explizit für einzelne Klassen, das heißt nicht nur allgemeine in der Präambel, zu formulieren versucht. Zwar stehen diese Lernziele für die Klassen 8, 10 und 11 etwas ungünstig am Ende des Stoffplans, aber dennoch verdient der Versuch eine positive Würdigung. Als Beispiel werden die Lernziele der Klasse 11, womit der selbständige Geschichtskurs abgeschlossen wird, angeführt:

„Am Ende der 11. Klasse soll der Schüler fähig sein, den Modellcharakter gesellschaftlicher und politischer Ordnungsvorstellungen zu fassen, die sozial-kulturelle und anthropologische Bedingtheit geschichtlicher Ereignisse und Entwicklungen zu erkennen, ideologische Motivationen kritisch zu untersuchen. Er muß in der Lage sein, selbständig Fragestellungen und methodische Ansatzpunkte zur Untersuchung des Gegenstandes zu formulieren. Sein Sinn für fächerübergreifende Zusammenhänge muß geweckt sein. Im Hinblick auf das Fach . Politische Weltkunde'in der 12. und 13. Klasse muß er in angemessenem Umfang über Arbeitsweisen und Problematik der Geschichte Bescheid wissen."

Geschichte wird hier als „sekundäres Erfahrungsfeld" im Sinne eines adäquaten gesellschaftlichen und politischen Verhaltens in Gegenwart und Zukunft verstanden, und es wird auf die ideologische Motivation geschichtlicher Entscheidungen verwiesen, ferner auf das Methodenbewußtsein als Vorbereitung auf die fächerkoordinierende Politische Weltkunde in den Primen.

Es ist noch ein Zitat aus dem Lehrplan für Erdkunde anzufügen. Das Ziel wird folgendermaßen umschrieben:

„Der Erdkundeunterricht ist bestrebt, zur Welt-orientierung zu führen, Verständnis für die Andersartigkeit anderer Völker zu erwecken, durch Weltoffenheit die Überwindung enger nationaler und kultureller Vorstellungen zu erleichtern und die Einsicht in die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit zu fördern; deshalb gehört dazu eine genügende Berücksichtigung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Vorgänge im räumlichen Bezugsfeld. Geographische Bildungsinhalte haben in Gegenwart und Zukunft besondere Bedeutung, wie die zunehmende politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Interdependenz der Räume und Völker, das Spannungsverhältnis von Bevölkerungswachstum und Nahrungsspielraum, die Notwendigkeit von Raumordnung und Landesplanung beweisen." Auch hier wird die Nähe zum Lehrplan für Sozialkunde und Geschichte evident. Diese drei Lehrpläne bieten ein gutes Beispiel für die erwünschte Interdependenz von Unterrichtsfächern. 4. Die Präambel des Bremer Lehrplans für Gemeinschaftskunde vom Dezember 1965 faßt sich in Aufgaben und Ziel kurz: „Zum heutigen Weltbild gehört das Verständnis für die Gestaltungskräfte in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Dieses Verständnis will die Gemeinschaftskunde als Fach und Unterrichtsprinzip wecken. Ihr Bildungsziel sieht sie in der Erziehung des Jugendlichen zu politischem Verantwortungsbewußtsein und Tat-bereitschaft. Die gewonnenen Einsichten und Fähigkeiten soll der Jugendliche in der Schule und in anderen Gemeinschaften anwenden ..

Der Jargon dokumentiert sich in dem unklar und unkritisch gebrauchten Begriffen wie Weltbild, Gestaltungskräfte, Bildungsziel und Gemeinschaften. Was sie bedeuten, wird nicht gesagt. Es handelt sich um Leerformeln.

Die sittlichen Tugenden des Verantwortungsbewußtseins und der Tatbereitschaft bleiben passiv, solange sie nicht kritisch reflektiert werden und sie keine Kritik-und Urteilsfähigkeit begleitet. Diese Statik in den grundsätzlichen Ausführungen findet sich verstärkt in den methodischen Hinweisen. Es sollen „Grundsätze erarbeitet und neue Grundvorstellungen im Meinungsaustausch erprobt werden". Wie das geschehen soll und was damit gemeint ist, wird nicht gesagt und geht nicht aus dem Stoff-plan hervor. Ähnliches zeigt sich in den anthropologischen Bemerkungen: „Im Mittelpunkt Betrachtungen steht der der Mensch in seiner Auseinandersetzung mit den Formen und Ordnungen der Gesellschaft." Auf welche Anthropologie rekurriert wird, ist nicht ersichtlich. 5. Nach der Präambel des Hamburger Lehrplans für Sozialkunde in Klasse IQ vom April 1969 bezweckt der politische Unterricht eine „Grundorientierung" über die „komplexen Zusammenhänge in der heutigen Gesellschaft" und soll die „Grundlagen für ein eigenes Urteil" schaffen. Es gilt, „solche Sachverhalte aufzusuchen, in denen sich das funktionale Zusammenspiel mehrerer Einrichtungen, das Gegeneinander von Interessen, die Verknüpfung von Sachproblemen usw. untersuchen lassen.

Der Hamburger Lehrplan für Gemeinschaftskunde vom April 1969 hat keine Präambel. Im Vorspann mehrerer Themenkreise werden auf „Verständnis" und „Urteilsfähigkeit“ gerichtete Teillernziele genannt. 6. Der hessische Lehrplan für Sozialkunde vom Juli 1964 postuliert in seiner Präambel als Aufgabe: „Das wesentliche Ziel der politischen Bildung ist es, die freiheitlich-demokratische Gesell-schaftsordnung zu festigen und zu sichern. Dazu muß beim Schüler die Fähigkeit zu sachgerechter Auseinandersetzung mit Vorgängen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik entwickelt und seine Bereitschaft zu verantwortungsbewußter Mitarbeit in Staat und Gesell-schaft geweckt werden. Das schließt den Willen zum persönlichen Engagement und zum konstruktiven Widerspruch ein.

Der Sozialkundeunterricht soll an konkreten Beispielen in die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Struktur unserer Zeit einführen. Er soll dabei die Kräftegruppen und Spannungsfelder in unserer Gesellschaft aufzeigen. So vermittelt die Sozialkunde gründliche Kenntnisse, hilft den eigenen Standpunkt klären, fördert die Urteilsfähigkeit, weckt Interesse für die Aufgaben des Staatsbürgers und führt zur politischen Verantwortung.

Der Sozialkundeunterricht orientiert sich an den Werten:

1. Freiheit und Würde des Einzelmenschen;

2. Soziale Verantwortung des einzelnen;

3. Demokratischer und sozialer Rechtsstaat;

4. Errichtung einer Friedensordnung unter den Völkern."

Diese umfassend formulierte Präambel, die in ihren Forderungen positiv mit dem Themen-plan korreliert, hebt drei Momente hervor: a) die Bereitschaft zu verantwortungsbewußter Mitarbeit und zu persönlichem Engagement in Gesellschaft und Staat, ausgerichtet an einem konkreten politischen Wertekatalog, b) die frühzeitige Einführung des Strukturverständnisses — was Struktur sein soll, bleibt allerdings ungeklärt und gehört inzwischen dem Jargon an —, aktualisiert an gesellschaftlichen Kräftegruppen und Spannungsfeldern, c) die Urteilsfähigkeit und den konstruktiven Widerspruch, orientiert am gesellschaftlichen Konflikt, an der Dynamik und den „möglichen Veränderungen" der Gesellschaft.

Der hessische Lehrplan für Gemeinschaftskunde vom Mai 1963 faßt sich in der Präambel zu den Aufgaben kurz: «Er (der Schüler, d. Verf.) soll die Aufgaben des Staatsbürgers unserer Demokratie nicht nur erkennen, sondern auch fähig und bereit werden, im Gemeinschaftsleben der Schule und später in der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Welt verantwortlich zu handeln." Der Schüler sei „zur Urteilsfähigkeit und zu politischer Verantwortung zu erziehen".

Erkennen und Handeln sind Pole, zwischen denen sich der Unterricht bewegen soll. Das als Ubungsfeld anvisierte Gemeinschaftsleben gehört zum Jargon, weil es ohne Realitätsgehalt in der Schulwirklichkeit ist. Dagegen liegt das Bemerkenswerte dieser Präambel in ihrem konsequenten Insistieren auf der Korrespondenz zwischen Unterrichtsstil und demokratischem Verhalten: „In der Gemeinschaftskunde muß das arbeitsunterrichtliche Verfahren vorherrschen; im sog. .frontalen'Unterricht, im Frage-und Antwortverfahren wird das Ziel der Gemeinschaftskunde nicht erreicht." 7. Die Präambel der niedersächsischen Richtlinien für Gymnasien vom Mai 1970 ist stark gesellschaftlich-politisch orientiert und bezieht diese Ausrichtung auf alle Unterrichtsfächer. Darin ist eine fortschrittliche Neubewertung der Relevanz der Unterrichtsfächer zu erblikken. In einer allgemeinen Zeitanalyse wird in der Einleitung zu den Richtlinien u. a. ausgeführt: „In Zeiten des Umbruchs wird deutlich, daß der Blick auf die Vergangenheit nicht genügt, daß wir die Jugend nicht nur für die Gegenwart, mehr noch für die Zukunft erziehen und bilden. Der Schüler soll eine geistige Grundbildung erhalten, die ihn befähigt, eine Welt zu verstehen und mitzugestalten, deren Lebensordnungen weithin in einem ständigen Wandel begriffen sind . . . Die heutige Zivilisation schafft einen hohen Grad von Mobilität; sie zeigt sich in der Wandelbarkeit der sozialen Stellung des einzelnen . . . Die Beweglichkeit, Offenheit und weiträumige Verflechtung aller Lebensbeziehungen treten immer stärker hervor .. . Die Erziehung muß darauf bedacht sein, daß der junge Mensch möglichst vielseitige individuelle und soziale Fähigkeiten entwickelt und das Vermögen zu einer lebenslangen Selbstbildung erwirbt ... In der Industriegesellschaft, die hochentwickelte Organisationsformen hervorbringt, stellt sich allgemein die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem einzelnen und der Gruppe neu. Es entsteht die Aufgabe, menschliche Freiheit, persönliche Initiative und schöpferische Leistung in einer Welt lebendig zu erhalten, die weitgehend durch rationale Planung bestimmt sein muß. Dieser Konflikt gehört zu den Antinomien unserer Zeit und läßt sich nicht aufheben ..." Wiederholt wird in diesem Zusammenhang die Forderung nach (Selbst-) Kritik, „bewußtem Handeln", nach „Anteilnahme am öffentlichen Leben", nach Selbständigkeit, Toleranz und Selbstbildung erhoben. Dazu gehöre im schulischen Raum ein aufgeschlossenes Unterrichts-und Erziehungsklima, das geeignet sei, jene Postulate realisieren zu helfen. Der junge Mensch „bedarf der Erziehung zu intellektueller Redlichkeit, sozialer Einordnungsfähigkeit und zu dem Willen, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen. Er soll erkennen, daß jede Einzelfrage unseres persönlichen und gesellschaftlichen Lebens zugleich eine politische sein kann, daß die politischen Formen unseres Zusammenlebens nicht nur zweckbedingt, sondern auch wertbestimmt sind und zu sittlichem Wollen und Handeln verpflichten. Der Bestand einer freien Gesellschaft hängt davon ab, daß es gelingt, die Überzeugung vom sittlichen Inhalt dieser staatlich-gesellschaftlichen Ordnung und von der Würde des Menschen mit lebendigem und faßbarem Sinn zu erfüllen.“

Die erzieherische Konsequenz liegt demnach in der Förderung des persönlichen Verantwortungsbewußtseins. Das Individuum muß lernen, seine eigenen Probleme auf gesellschaftliche Ursachen zu beziehen und die politischen Implikationen wahrzunehmen. In der vorgegebenen Spannung zwischen Individuum und Gesellschaft entscheidet sich die Präambel für die Sozialbezogenheit des Einzelwesens im Sinne einer gewissen Betonung der personalen Autonomie. Als spezifisches Ziel des politischen Unterrichts wird in der Präambel zum Lehrplan der „mündige Bürger“ genannt. Als allgemeines Ziel gilt u. a.: „Im Rahmen der politischen Bildung sollte deutlich werden, daß Demokratie mehr als nur eine Staatsform oder ein Stil politischen Handelns ist. Sie ist Inhalt und Form menschlichen Zusammenlebens, deren bewußte Verwirklichung dem einzelnen wie der mit ihm korrespondierenden Gesellschaft als ständige Aufgabe und Forderung gestellt ist. Demokratie bezieht sich auf alle öffentlichen und privaten Bereiche menschlichen Zusammenlebens und bedeutet damit einen Prozeß, der noch in keiner Gesellschaft abgeschlossen ist. Grundlage jeder demokratischen Gesellschaft ist die Auffassung vom Menschen als zu Vernunft befähigtem und zur Freiheit berufenem Individuum. Daher setzen Ausgleich und Gewaltverzicht als Methoden politischen Handelns die allseitige Anerkennung der Menschenrechte voraus. Konflikte und Kampf, Selbstdurchsetzung und Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner gehören zur Politik. Dabei erfordert politisches Handeln die Einhaltung bestimmter Regeln der Auseinandersetzung. Vielfach drückt sich der Widerstreit der Interessen in Kompromißlösungen aus, ohne daß damit grundlegende Gegensätze harmonisiert werden können."

Insgesamt wird in diesem Lehrplan eine verhältnismäßig günstige Korrespondenz zwischen den allgemeinen Lernzielen der Präambeln und dem Stoffplan erreicht. Den einzelnen Themenkreisen ist zudem der Versuch einer speziellen Lernzielbeschreibung vorangestellt. 8. Der nordrhein-westfälische Lehrplan für Geschichte mit Sozialkunde in Klasse 10 vom Juli 1968 gibt in der Präambel eine kurze Aufgabenstellung an:

„Der Sozialkunde-Unterricht in Klasse 10 hat die Aufgabe, dem Schüler ein Grundwissen und elementare Einsichten auf diesem Fachgebiet zu vermitteln, und dient in der ihm eigenen Weise der politischen Bildung. Der Schüler soll befähigt werden, seine Stellung in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat zu erkennen, um sich verantwortlich entscheiden zu können." Die Darstellung der Aufgabe ist zu allgemein gehalten. Das Handeln und das kritische Denken werden nicht genannt. Der Jargon äußert sich in der vagen Rede von „der ihm eigenen Weise". Es besteht Veranlassung anzunehmen, daß damit ein genuin politischer Unterricht eher verhindert werden soll. Die Sozialkundestunden sind dem Geschichtsunterricht angehängt worden, und dies erst seit 1968. Den drei Themenkreisen werden sachliche Einleitungen vorängesetzt, wodurch die Präambel präzisiert wird.

Die Präambel des nordrhein-westfälischen Lehrplans für Geschichte und Gemeinschaftskunde vom März 1963 weist dem Bereich Gemeinschaftskunde in den Primen u. a. folgende Aufgaben zu:

„Ziel dieses Unterrichts ist eine allseitige, im weitesten Sinne politische Grundbildung. Der Schüler soll ein geordnetes, lebendiges, verbindliches Wissen von der ihn umgebenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Wirklichkeit erhalten. Von besonderer Bedeutung ist, daß er das rechte Verhältnis zum Staat gewinnt .. . Der Schüler soll einen Einblick in die Eigenart geschichtlicher Abläufe und in die

Und später als Zusammenfassung: „Politische Bildung ist vor allem sittliche Bildung." Die Herkunft von einer bestimmten philosophischen Tradition ist evident: „Und immer ist der beste Charakter auch der Grund der besten Verfassung" (Aristoteles, Politik, VIII. Buch, 1337 a).

Den obigen Ausführungen der Präambel korrespondiert der Stoffplan in positiver Weise. Er ist fast ausschließlich historisch aufgebaut und beruht auf einer personalen Anthropologie. Daß die Aufgabenstellung aber eine Fiktion ist, manifestiert sich in der Forderung nach einem allseitigen Grundwissen, das jedoch in einem Unterricht nicht zu erwerben ist, der als Appendix zum Geschichtsunterricht mit einer geringen Stundenzahl figuriert. Damit soll die Tatsache verschleiert werden, daß man nicht überall einen eigenständigen politischen Unterricht will, wie dies etwa von Wanda Kampmann klar herausgestellt wurde. Ebenso kann das Bestreben nach einem geordneten und verbindlichen Wissen nicht ernst genommen werden auf einem Gebiet, das sich dauernd verändert. Eine Staatsmetaphysik, wie sie in der Präambel zum Ausdruck kommt, entspricht nicht unserer politischen Zeitlage. Wer bestimmt das rechte Verhältnis zum Staat? Sind schon die angeführten Momente vom Standpunkt der Ideologiekritik ob ihrer Einseitigkeit, unpolitischen und unkritischen Inhalte bedenklich, so wird im letzteren Fall der Ideologieverdacht besonders stark. Die Klammer des Ganzen ist die Undefinierte sittliche Bildung. Kritisches Denken und Handeln, die Dynamik gesellschaftlicher Prozesse verschwinden vor den Ordnungsgesichtspunkten. mannigfaltige geschichtliche Bedingtheit gegenwärtiger Zustände gewinnen; dies schärft sein Urteilsvermögen und vermag die Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln zu erhöhen.“

Hinzu tritt die diesem Lehrplan eigentümliche Rolle der Philosophie. Gemäß der Präambel schärft sie innerhalb der Gemeinschaftskunde »auf ihre besondere Weise den Blick für die Spannungsfelder zwischen den Polen Einzel-mensch und Gesellschaft, Autorität und Freiheit, Tradition und Fortschritt, für die Stellung des Menschen zu den überpersönlichen Werten; sie läßt die Irrtümer und Gefahren erken-nen, die den partikularistischen Ideologien innewohnen, und versucht schließlich auch Antwort auf die Frage nach der Einheit und dem Sinn der Geschichte und damit der menschlichen Gemeinschaft zu geben."

Die Annahme, die Schulphilosophie könne eine Zusammenschau leisten, ist ebenso eine Ideologie wie man sie anderen (welchen?) Richtungen vorwirft. Der letzte Satz enthüllt, worum es geht: nicht um Politik, sondern um Geschichtsphilosophie. 9. In der Präambel des Lehrplans für Politische Gemeinschaftskunde von Rheinland-Pfalz vom Februar 1960 wird für Klasse 11 als Ziel angegeben: „Die politische Erziehung hat zum Ziel, erstens die politische Urteilsfähigkeit des jungen Menschen auf der Grundlage klarer Kenntnisse zu wecken und zu schärfen und ihn zur Erkenntnis seiner Verantwortung im demokratischen Rechtsstaat zu führen, zweitens die jungen Menschen zu einer mitmenschlichen Haltung zu erziehen, die sie zu Hilfsbereitschaft und Kompromißbereitschaft befähigt."

An konstitutiven Momenten der Ziele des politischen Unterrichts lassen sich herausdestillieren: a) kognitiv: politische Urteilsfähigkeit, Kenntnisse und Erkenntnisse, b) moralisch: Verantwortung, Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Kompromißbereitschaft. Kritisches Denken und Handeln werden vermißt; unter b) geht es vor allem um private Tugenden. Somit enthält die Präambel eine unpolitische Tendenz, die sich im Stoffplan bestätigt findet.

Der Vorläufige Koordinierungsplan für Gemeinschaftskunde vom Juli 1966 macht keine Zielangaben. 10. Die Präambel des saarländischen Lehrplans für Gemeinschaftskunde vom Juni 1964 weist dem politischen Unterricht folgende Aufgaben zu:

„ 1.den Jugendlichen zur Kenntnis und Anerkennung unerläßlicher Grundsätze menschlichen Zusammenlebens zu führen, 2. ihm ein Bild seiner politisch-gesellschaftlich-wirtschaftlidien Zeitlage zu vermitteln, 3. ihn zu selbständiger politischer Unterrichtung und Ausrichtung zu befähigen und 4. zur verantwortungsbewußten Teilnahme am Leben des Staates aufzurufen." Der Inhalt dieser vier Aufgaben zielt auf Statik und Anpassung an die vorgegebenen Verhältnisse. Es geht um Kenntnis und Anerkennung, um die Deskription der Zeitlage, um politische Unterrichtung und Ausrichtung und um verantwortungsbewußte Teilnahme am staatlichen, nicht am gesellschaftlichen Leben. Mit diesen Formulierungen wird auch dem Stoff-plan, der sehr systematisch aufgebaut ist, keine rechte politisch-dynamische Orientierung verliehen. Im Grunde gehören alle vier Aufgaben dem Jargon an: Was sind unerläßliche Grundsätze menschlichen Zusammenlebens? Was ist ein Bild der Zeitlage? Worin soll die verantwortungsbewußte Teilnahme bestehen? Der Jargon wird durch einen weiteren Hinweis der Präambel fortgesetzt, indem sie angesichts der Schwierigkeit der Verwirklichung der gestellten Aufgaben Spranger zitiert:

„... die Schule kann nirgendwo die Lebens-wirklichkeit ganz ersetzen. Sie bereitet im Bewußtsein den Boden vor, auf dem ethisch fruchtbare Erfahrungen gemacht werden können. Erst im staatsbezogenen Erleben, Handeln und Kämpfen vollendet sich, sehr spät, die politische Erziehung."

Die Sprangersche Staatsauffassung wird unkritisch übernommen, politischer Unterricht wird zu Moralunterricht. Kritik, Konflikt, Dynamik usw. werden in dieser Präambel ausgelassen. Ähnlich verfährt der Stoffplan. Er stellt die Themen additiv zusammen, ohne sie zu problematisieren. Demgegenüber ist der Lehrplan von 1969 dezidiert politisch. 11 11. Die Präambel des schleswig-holsteinischen Lehrplans für Gegenwartskunde in Klasse 10 vom September 1965 enthält knappe Zielvorstellungen: „Entscheidend bleibt der Wille, den jungen Menschen zum verantwortungsbereiten und fähigen Bürger eines freiheitlich-demokratischen und sozialen Rechtsstaates zu erziehen." „Politisches Verhalten stellt einen Teil der geistigen und sittlichen Grundhaltung des Menschen überhaupt dar ..."

Auffallend ist die sittliche Dominante und die Unverbindlichkeit der Formulierungen. Sämtliche, den politischen Prozeß konstituierenden Momente fehlen. Der Stoffplan begnügt sich weitgehend mit einer Historisierung der Themen.

Als Aufgabe des politischen Unterrichts in den Primen zitiert die Präambel des schleswig-holsteinischen Koordinierungsplans für Gemeinschaftskunde vom Juni 1965 den Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 5. Juli 1962. Daraus geht hervor, daß sich der Lehrplan für das Verstehen und kritische Beurteilen der gegenwärtigen Welt, für Entscheidungen und verantwortliches Handeln im politisch-gesellschaftlichen Raum einsetzt. Dazu gehören Kenntnisse und Einsichten in Wirkungszusammenhänge und Strukturen menschlicher Lebensformen und in das Wesen politischen Entscheidens und Handelns. Damit setzt sich der Oberstufenlehrplan, dessen Themenplan historisch-soziologisch orientiert ist, in seinen politischen Zielprojektionen vom Mittelstufenplan positiv ab. 4. Ergebnisse der Präambelanalyse a) Inhalt und Struktur der Lernziele Die Analyse der Präambeln der Lehrpläne kommt zu einem im Sinne wissenschaftlicher Curriculumtheorie negativen Ergebnis. Es herrscht ein Unvermögen, allgemeine Zielvorstellungen auf eine operationale, empirische Weise mit den Inhalten des Lehrplans zu koordinieren. In diesem Punkte lassen auch die Rahmenrichtlinien der Kultusministerkonferenz von 1962, die als Grundlage für die Oberstufenlehrpläne zu gelten haben, die Lehrplanverfasser im Stich. Lediglich die „Empfehlungen für die Neuordnung der Höheren Schule" des Deutschen Ausschusses von 1964 entwickeln im Lehrgang Politische Weltkunde detaillierte „Funktionsziele und Bildungsaufgaben". Allerdings werden sie nicht mit einem Stoffplan korreliert. Zwar bemüht man sich mancherorts (Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Niedersachsen) darum, wenigstens eine Koordination zwischen allgemeinen Lehrund Lernzielen und Stoffkreisen herzustellen, aber nirgends werden diese Ziele als konkrete Verhaltensdispositionen, die an ganz bestimmten Gegenständen (Stoffen) zu erwerben und zu festigen wären, umschrieben. Wenn Lernen nach der modernen Lernpsychologie „ein Prozeß der Verhaltensänderung" ist müßte man in etwa angeben können, was gelernt werden soll, um ein gewünschtes Verhalten zu produzieren.

Die Präambeln benutzen fast durchweg formale Begriffsbestimmungen, denen kein ver-bindlicher Stellenwert zukommt, weil sie nirgends konkretisiert werden. Es müßte genauer gesagt werden, was man z. B. unter Urteils-fähigkeit versteht und woran man sie erlernen und praktizieren kann. Hinter der begrifflichen Unbestimmtheit steht ein formaler Bildungsbegriff und die Unkenntnis der Bedeutung klarer Zielvorstellungen für die Initiation von Lernprozessen.

Wie unwissenschaftlich das Verfahren bei der Abfassung der Lehrpläne teilweise war, zeigt die Tatsache, daß die Verfasser mancher Lehrpläne glaubten, auf die Aufstellung von Lehr-und Lernzielen verzichten und sich mit einem Stoffplan begnügen zu können. Ihnen fehlt das Bewußtsein von der Notwendigkeit klarer Zielprojektionen und Aufgabenstellungen. Es dominiert ein materialer Bildungsbegriff. Gesellschaft und Staat werden häufig unter dem Gesichtspunkt der Ordnung gesehen. Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (in Klasse 10) orientieren sich allerdings schon am Konfliktmodell. Dem Ordnungsgesichtspunkt entspricht das Hervorheben des Verständnisses für das Bestehende und das Vernachlässigen der kritischen Reflektion, außer in Bayern (teilweise), Berlin, Baden-Württemberg und Hessen. Alle übrigen Präambeln geben sich mit positiven Kenntnissen zufrieden. Selbst dieses Wissen ist vorwiegend statisch gemeint als Wissen um die Institutionen (Wirkungsund Strukturzusammenhänge erscheinen nur in Berlin, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen). Dahinter steckt der latente Einfluß der Verstehensphilosophie Diltheys und seiner pädagogischen Nachfolger, wonach Handeln und Tun als selbstverständliche Transfer-effekte aus dem rechten Verstehen hervorgehen werden. Auch die Fähigkeit zur Kritik wird nur in wenigen Präambeln explizit erwähnt: in Bayern, Berlin, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen, während das (Undefinierte) politische Verhalten überall erscheint; das politische Handeln fehlt in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Oft sagen die Präambeln auch nichts darüber aus, wie das Lehrgut strukturiert werden kann. Dies liegt an der nahezu völligen Ignorierung lernpsychologischer Erkenntnisse. $o spricht nur Bayern von Grundmodellen, Hamburg von einem Kanon verbindlicher Begriffe und Berlin von Einsichten, ohne daß das dahinterstehende Prinzip deutlich würde. Dies ist ein grundlegender Mangel aller Lehrpläne. Er wird in seiner praktischen Bedeutung negativ verstärkt durch das unreflektierte Verhalten gegenüber den Unterrichts-formen. Die meisten Lehrpläne erwähnen zwar moderne Unterrichtsstile, reflektieren sie aber nicht auf ihren politisch bildenden Gehalt, außer dem Berliner und hessischen Oberstufenplan. Besser wird von ihnen der politische Ubungswert der Schulwirklichkeit (Schüler-und Lehreraktivitäten) gesehen.

Auf die inhaltliche Unverbindlichkeit der Begriffsbildungen und damit auf die häufige Verwendung von Leerformeln wurde bereits aufmerksam gemacht. Eine weitere Gefahr von Fehlformulierungen ist in auffordernden Wendungen wie „der Schüler soll, muß ..." zu sehen. Es ist zu befürchten, daß Dinge, die von der Exekutive in dieser Form angeregt werden, vom Lehrer in gleicher Weise, aber jetzt mit größerer politischer Wirkung, weitergegeben werden. Der Befehlston sollte aus Dokumenten der Exekutive verschwinden. Ferner müßten die Lehrpläne ihren positivistischen Stil zugunsten eines problematisierenden Stils aufgeben. Es wird zuviel abstrahiert und es werden zuwenig konkrete Aussagen gemacht. b) Demokratiebegriff und Politische Anthropologie Einig sind sich die Präambeln in ihrem Demokratiebegriff, sofern hierfür die formale Umschreibung als demokratischer und sozialer Rechtsstaat (Art. 28 GG) ausreicht. Allgemein ist ihnen die Anerkennung der im Grundgesetz und in den Länderverfassungen niedergelegten Menschen-und Bürgerrechte. Insbesondere werden Freiheit und Verantwortung akzentuiert. Diese politischen Tugenden rangieren an erster Stelle. Je nach der weltanschaulichen Provenienz eines Lehrplans werden sie verstärkt durch die Betonung des Gewissens, der sittlichen Grundhaltung, der sittlichen Bildung usw. Jedoch enthalten sich die Lehrpläne für den politischen Unterricht der in anderen Lehrplänen überakzentuierten „Persönlichkeitsbildung" die als ethischer Personalismus innerhalb der Politischen Pädagogik keine Resonanz gefunden hat 1. Der Mensch wird in die überindividuellen Gebilde von Gesellschaft und Staat hineingestellt und erhält einen immanenten Weltbezug (in Nordrhein-Westfalen einen transzendenten Bezug);

er wird als ein Sozialwesen betrachtet, das zum Staatsbürger erzogen werden soll. Diese Art Politischer Anthropologie hat manchen Lehrplänen den Vorwurf des Soziologismus und Funktionalismus eingebracht.

Das Hohelied des Verantwortungsbewußtseins in den Präambeln, hervorgegangen aus der überall in unserem Lande offensichtlich virulenten Verantwortungsethik, erhält einen negativen Akzent, da man gleichzeitig die kritische Rationalität vermißt. Damit wird es unpolitisch und unbrauchbar im Sinne Politischer Ethik.

Das Veranwortungsbewußtsein und die zentrale Stellung des Menschen verweisen zwar auf eine tiefe ethisch-anthropologische Fundierung der Präambeln, aber man darf den kontextuellen Zusammenhang nicht übersehen. In einem Lehrplan für den politischen Unterricht haben Ethik und Anthropologie in erster Linie als Politische Ethik und als Politische Anthropologie eine Funktion. Sie dürfen nicht um ihrer selbst willen betrachtet und hingenommen werden, sondern in ihren politischen Bezügen. Die Fragen müßten etwa lauten: Inwieweit gelten im Politischen die Maßstäbe privater Sittlichkeit? Wie wird der Mensch durch den Gebrauch der politischen Macht korrumpiert? Es genügt demnach nicht die von vielen Lehrplänen gepriesene Erziehung zur Gemeinschaft. Dadurch bleibt die Begründung sittlicher Verantwortlichkeit auf den Bereich mitmenschlicher Gesellungsformen beschränkt. Dagegen der müßte junge Mensch auf die Implikationen von Macht und Kampf, Konflikt und Gruppenauseinandersetzung hin erzogen werden. Die Politische Anthropologie hat danach die Aufgabe, „die von der Philosophie in den Grenzen der menschlichen Erkenntnis gewonnenen Ergebnisse auf die Probleme des politischen Denkens anzuwenden und sich auf Fragestellungen zu beschränken, die das Denken und Tun des Menschen im Bereich der Politik betreffen: Politik dabei verstanden als den Raum der gesellschaftlich-geschichtlich-politischen Existenz des Menschen, also nicht auf das , Nur-Staatliche'beschränkt"

Alle Lehrpläne haben mindestens implizit den Menschen zum zentralen Gegenstand; aber bei wenigen läßt sich von einer Anthropologie, das heißt von einem bestimmten Menschenbild sprechen (z. B. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bremen). Dies wäre jedoch die Voraussetzung dort, wo es um Erziehung geht. Eine Untersuchung über den anthropologischen Gehalt der Lehrpläne stellt dazu fest: „Für die gegenwärtige Diskussion über Fragen des Bildungswesens ist nun symptomatisch, daß die Reflexion über Art und Anspruch dieser anthropologischen Voraussetzungen und damit über Weite oder Enge, Vielseitigkeit oder Einseitigkeit in der Auffassung des Menschen unterbleibt." Gegenüber der von den Präambeln geforderten Gesinnungs-, Charakter-und Willensbildung sowie Handlungsbereitschaft werden Nonkonformismus, Kritik und Erziehung gegen die etablierte Ordnung sowie für verantworteten Ungehorsam vernachlässigt.

Wir sind eingangs von der in den Präambeln niedergelegten normativen Programmatik für einen Lehrplan ausgegangen. Es wäre in diesem Zusammenhang eine aufschlußreiche Arbeit, zu untersuchen, inwieweit die Verfassungen und Schulgesetze der Bundesländer ideell für den Inhalt der Präambeln verantwortlich sind. Mancherorts wird eine enge Relation vermutet. c) Präambeln und Curriculumtheorie Unsere Analyse führt zu dem Ergebnis, daß die Präambeln einer heute möglichen wissenschaftlichen Qurriculumtheorie noch nicht entsprechen. meisten halten sich im Felde unverbindlicher Aussagen. Auffallend ist die inhaltlicheOrientierungslosigkeit der Präambeln. Echte alternative Optionen werden, außer vom Berliner und hessischen Mittelstufenplan, nicht angeboten. Mögliche Optionen wie kritische Rationalität, Pluriformität, Toleranz, Gemeinsinn, Ideologiekritik, aber auch Staats-, National-oder Gesellschaftsbewußtsein, Vaterland oder Europa usw. werden nicht zur Diskussion gestellt. So bleiben die meisten Präambeln unpolitisch und erfüllen kaum ihre funktional-instrumentalen und intentionalen Aufgaben als Promotoren politischer Bildung.

Die politische Rolle des Lehrers im Unterricht wird von den Präambeln nicht angesprochen. Dazu wären Einsichten in die Implikationen und Konsequenzen der Unterriditspraxis und ein starkes Problembewußtsein auf seiten der Lehrer erforderlich. Ein besseres Verständnis der sozialen Determinanten im Erziehungsprozeß böte ihnen einen geeigneten Zugang zu soziologischen und sozialpsychologischen sowie gruppendynamischen Problemen. Dazu gehört die Kenntnis aller gesellschaftlichen Be-'zöge, in denen sich der Jugendliche befindet Wie notwendig das ist, hat die Untersuchung über den politischen Unterricht an Volks-, Real-und Berufsschulen ergeben

Obwohl die Ergebnisse über den politischen Unterricht an Gymnasien günstiger lauten als an den anderen Schularten wird bemängelt, daß Lehrern und Schülern oft eine klare Vorstellung vom gesellschaftlichen Funktionszusammenhang fehle und das Verständnis für die Struktur der Gesamtgesellschaft wenig ausgeprägt sei Ferner seien sie kaum in der Lage, politische Phänomene und Prozesse als gesellschaftlich bedingt zu begreifen Lehrern und Schülern fehle es an politisch-soziologischen Kategorien und an der Einsicht in die Verflochtenheit von privater Existenz und politischem Prozeß. Dies führe zu der Neigung, gesellschaftlich-politische Sachverhalte zu psychologisieren oder gar zu biologisieren und die privaten Maßstäbe auf das öffentliche Geschehen zu übertragen. So könne die politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit nicht rational bewältigt werden Wie die Inhaltsanalyse nachgewiesen hat, sind die meisten Präambeln zu den Lehrplänen in ihrer jetzigen Form nicht geeignet, dem skizzierten Mangel der politischen Bildung abzuhelfen.

V. Schlußbetrachtungen

Als Ergebnis der Untersuchung von Curriculumforschung und politischer Bildung kann eine sich anbahnende Änderung in der Bildungstheorie, eine Entwicklung vom geistes-geschichtlichen zum wissenschaftlichen Bildungsbegriff und eine didaktische Aporie festgestellt werden. Diese Tatsache braucht nicht zu entmutigen. Die gesellschaftliche Forderung nach kritischer Rationalität kann vor einem hermeneutischen Bildungsbegriff Diltheyscher Provenienz nicht haltmachen. Sie muß seine Unbestimmbarkeit und damit teilweise Unbrauchbarkeit aussprechen. Dazu verhilft ihr die moderne Sprachkritik, die auf Konkretheit der Aussage abzielt. Was die festgestellte didaktische Aporie angeht, scheint es sich um ein spezifisches Strukturmerkmal politischer Bildung zu handeln. Es ist die Frage, ob es gelingen wird, außer immer neuen, empirisch auffindbaren didaktischen Kategorien zu politischen Grundkategorien zu gelangen. Abgesehen davon, daß dies in der systematisierenden und damit einem ganz anderen wissenschaftstheoretischen Modell folgenden Politischen Wissenschaft eher möglich sein wird als in der Schuldidaktik, hängt die didaktische Schwierigkeit mit dem Wesen des Politischen zusammen, das sich angesichts der stets wechselnden Verhältnisse in einem dauernden Wandel befindet, je nachdem, wie sich der Bezugsrahmen verändert. Politische Bildung und Politische Pädagogik sollten deswegen die grundsätzliche Unabgeschlossenheit des Politisch-Gesellschaftlichen prinzipiell anerkennen und versuchen, ihre Deutungen und Aussagen in Einklang mit denen der Sozialwissenschaften zu bringen, das heißt, die wissenschaftlich erarbeiteten und praktisch-politischen alternativen Positionen aufzuzeigen. Dieses Verfahren würde dem Selbstverständnis der Sozialwissenschaften als ideographisch-pragmatische Wissenschaften entsprechen. Ihre Grundbegriffe, die Grammatik der politischen Bildung, wären am jeweiligen Gegenstand zu modifizieren.

Eine sich in unserer Zeit anbahnende gesellschaftskritische Sicht, wie sie von Giesecke Habermas Lenne Teschner Schmie-derer und dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten vertreten wird, hat sich lehrplanmäßig — mit Ausnahme von Berlin und Niedersachsen — noch nicht durchsetzen können. Giesecke und Habermas setzen sich für „politische Beteiligung" ein, Teschner für einen Unterricht im Stile einer „gesellschaftlich-politischen Strukturlehre" und für politische Sensibilität sowie für ein politisch waches Bewußtsein für das öffentliche Geschehen Lenne vertritt neben dem „Denken in Alternativen" die Erziehung zu einem durch Freiheit und Vorurteilslosigkeit charakterisierten „offenen Denken" und die „Selbstbestimmung" des jungen Menschen, in der kritischer politischer Urteilswillen und die Steigerung des persönlichen politischen Engagements konvergieren; die Selbstbestimmung werde durch „fortlaufende individuelle Entscheidung zwischen grundsätzlich offenen Alternativen mit vielfältig antinomischem Charakter" bestimmt

Betrachtet man die Curricula als eine öffentliche Angelegenheit und als ein Mittel zur Demokratisierung der Schule, muß man angesichts der nachgewiesenen Mängel bestimmte Forderungen stellen: Die Curricula für politische Bildung sollten einen stärkeren gesellschaftlichen Bezug erhalten, da ihre wesentlichste Aufgabe in der Heranbildung demokratischer Bürger besteht. Diesen sollten Alternativen und dynamische Modelle aus allen wichtigen Bereichen zur selbständigen Entscheidung vorgeführt werden. Die Curricula sollten sich auf Kritik, abgewogenes Urteil und die Ermöglichung einer rationalen Austragung von Konflikten einstellen. Auch die vorrationalen Momente im politischen Entscheidungsvorgang müssen berücksichtigt werden. In jeder Hinsicht ist die Erarbeitung von transpa-renten, operationalisierbaren Lern-, Lehr-und Erziehungszielen notwendig, die sich in einer positiven Korrelation von Präambeln und Stoffplan ausdrücken müssen. Als Grundvoraussetzung dafür ist eine „Philosophie" des gesamten Lehrplans zu entwerfen, die sich an den Ergebnissen der Wissenschaft, an der Politischen Anthropologie und Gesellschaftslehre orientieren kann. Da diese Faktoren einem ständigen Wandel unterworfen sind, müßte ein dauernder Innovationsprozeß stattfinden. Eine Modernisierung des Lehrplans wird auf eine stärkere Einbeziehung der Soziologie (insbesondere ihrer empirischen Methoden sowie der Jugendsoziologie), der Pädagogik (insbesondere ihrer Aussagen über die Erziehungsziele), der Psychologie (insbesondere der Sozial-, Jugend-und Lernpsychologie) und des Rechts nicht verzichten können. Darüber hinaus wird eine weitergehende Koordination verwandter Fächer, ihre tatsächliche Zusammenfasung zu Fachbereichen (inhaltlich und organisatorisch) erfolgen müssen. Schließlich sollten die Methoden aller Fächer auf ihre demokratischen oder antidemokratischen Implikationen überprüft werden.

Die politische Bildung selbst muß mehr und mehr zum Forschungsgegenstand werden, damit eine adäquate Didaktik entwickelt und der Erfolg kontrolliert werden kann. An dieser Aufgabe sind die Hochschulen und die Studien-seminare zu beteiligen. Die Schule selbst müßte zu einer demokratischen Institution umgebaut werden, deren Handeln und Tun als öffentliches Handeln und Tun verstanden würde. Spannungen und Konflikte würden dann nicht als unliebsame Störfaktoren beargwöhnt, sondern als normale Vorgänge betrachtet. Dies sefzt ein fortgeschrittenes Bewußtsein voraus, das erst im Entstehen begriffen ist. Bisher konservieren die Lehrgänge das weitgehend unpolitische bürgerlich-mittelständische Bewußtsein, daß noch im Sinne des liberalen Rechtsstaats des 19. Jahrhunderts vorwiegend am Privateigentum und am Gemeinwohl orientiert ist.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Bericht über Lehrplanreform und Entwicklung des Bildungswesens. OECD-Dokument STP (66) 15, Scale 2, vom 16. 9. 1966, S. 97 f. (hrsg. v. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland).

  2. Ebenda, S. 6.

  3. Ebenda, S. 16.

  4. Vgl. Aloysius Regenbrecht, Die gesellschaftlichen Ansprüche in staatlichen Richtlinien für Schulen, in: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik, 38 (1962), S. 12— 24.

  5. Friedrich Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, 1885.

  6. Vgl. Rudi Maskus (Hrsg.), Zur Geschichte der Mittel-und Realschule, Bad Heilbrunn 1966.

  7. Vgl. Andreas Flitner, Die politische Erziehung in Deutschland. Geschichte und Probleme 1750— 1880, Tübingen 1957.

  8. Georg Kerschensteiner, Die staatsbürgerliche Erziehung der deutschen Jugend, Erfurt 1901; ders., Begriff der staatsbürgerlichen Erziehung, Leipzig

  9. Vgl. Klaus Hornung, Etappen politischer Pädagogik in Deutschland, Bonn 1962 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung); vgl. auch Hans-Günther Assel, Die Perversion der politischen Pädagogik im Nationalsozialismus, München 1969.

  10. Vgl. Wolfgang Mickel, Politische Bildung an Gymnasien 1945— 1965, Stuttgart 1967 (Bildungssoziologische Forschungen, Bd. 2).

  11. Eugen Lemberg, Von der Erziehungswissenschaft zur Bildungsforschung: Das Bildungswesen als gesellschaftliche Institution, in: Das Bildungswesen als Gegenstand der Forschung, Heidelberg 1963, S. 21— 100, hier S. 65 f.

  12. Vgl. Otto Friedrich Bollnow, Zur Frage der Objektivität der Geisteswissenschaften (1937), in: S. Oppolzer (Hrsg.), Denkformen und Forschungsmethoden der Erziehungswissenschaft, Bd. I, Münmen 1966, S. 53— 79.

  13. Vgl. Karl Frey, Lehrplananalyse als Teil der Curriculumforschung, in: Internationale Zeitschrift ^ Erziehungswissenschaft, 15 (1969), S. 4— 25.

  14. Theodor Wilhelm, Theorie der Schule. Haupt-schule und Gymnasium im Zeitalter der Wissen-sChaften, Stuttgart 1967, S. 32.

  15. Vgl. Heinrich Roth, Pädagogische Anthropologie, Bd. I, Hannover 1966.

  16. Vgl. Walter Schultze, Pädagogische Forschung in den Vereinigten Staaten von Amerika, in: E. Lemberg (Hrsg.), Das Bildungswesen als Gegenstand der Forschung, Heidelberg 1963, S. 147— 201.

  17. Vgl. Douglas A. Pidgeon, Pädagogische Forschung in England und Wales, in: E. Lemberg (Hrsg.), a. a. O., S. 202— 232.

  18. Eugen Lemberg, Pädagogische Forschung in der Sowjetunion, ebenda, S. 253— 312.

  19. Th. Wilhelm, a. a. O„ S. 20.

  20. Vgl. Wolfgang W. Mickel, 20 Jahre politische Bildung in der Bundesrepublik. Konzeptionen und Thematik des politischen Unterrichts 1945— 1965, n: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur s. 9chenzeitung „Das Parlament“ vom 22. 12. 1965,

  21. Vgl. Hartmut Wasser, Politische Bildung am Gymnasium. Problematik und Praxis, Lübeck und Hamburg 1967, S. 81 ff.

  22. Wilhelm Hennis, Das Modell des Bürgers, in: Gesellschaft—Staat—Erziehung, 2 (1957), S. 330— 339.

  23. Waldemar Besson, Politische Bildung im Zeitalter der Gruppengesellschaft, in: Gesellschaft— Staat—Erziehung, 3 (1958), S. 302— 310.

  24. Kurt Sontheimer, Politische Bildung zwischen Utopie und Verfassungswirklichkeit, in: Zeitschrift für Pädagogik, 9 (1963), S. 167— 180.

  25. Vgl. Hermann Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1968’, S. 61 ff.

  26. Klaus Mollenhauer, Umriß einer politischen Bildung als politische Aufklärung, in: Erziehung und Emanzipation, München 1968, S. 151— 168, hier S. 165.

  27. Ebenda, S. 160.

  28. Egon Becker u. a., Erziehung zur Anpassung? Schwalbach bei Frankfurt/M. 1967, S. 27.

  29. Vgl. Hans-Günther Assel, Kritische Gedanken zu den Denkansätzen der politischen Bildung, in: Avs Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ vom 2. 8. 1969; vgl. auch Erwin Schaaf, Ordnung und Konflikt als Grundprobleme der politischen Bildung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochen-zeitung „Das Parlament" vom 3. 1. 1970.

  30. Vgl. H. Giesecke, a. a. O, S. 101.

  31. H. Wasser, a. a. O., S. 100.

  32. Ebenda, S. 20.

  33. Erwin Stein, Der Beitrag des Bundesverfas sungsgerichts zur politischen Bewußtseinsbildung, in: Gesellschaft—Staat—Erziehung, 13 (190 " S. 221— 251, hier S. 232.

  34. Ebenda, S. 236.

  35. (Arnold Bergstraesser, Die Lehrgehalte der politischen Bildung an der Höheren Schule, in: Mögichkeiten und Grenzen der politischen Bildung an Oer Höheren Schule, Bonn 1960, S. 76 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für Heimatdienst, Heft 52).

  36. Ebenda, S. 78.

  37. Aufgaben der politischen Bildung in der gegenwärtigen Lage. Denkschrift des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten, Bonn 1967, S. 6 ff.

  38. Wochenzeitung „Das Parlament" vom 30. 11. 1968, S. 1.

  39. Deutscher Ausschuß für das Erziehungs-und Bildungswesen, Empfehlungen für die Neuordnung der Höheren Schule, 9. F. Stuttgart 1965, S. 69 f.

  40. Ebenda, S. 65 f.

  41. Vgl. Wilhelm Flitner, Grundlegende Geistes-bildung, Heidelberg 1965. Ders., Hochschulreife und Gymnasium, Heidelberg 19602. Ders., Die gymnasiale Oberstufe, Heidelberg 1961, S. 111 f.

  42. Wolfgang Klafki, Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Weinheim 1967’, S. Ulf.

  43. Ebenda, S. 122.

  44. Politische Bildung in der Gemeinschaftskunde (Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde) an den Gymnasien der Bundesrepublik (Stundentafeln), in: Gemeinschaftskunde auf der Oberstufe der Höheren Schule (Politische Weltkunde), Bonn 1960, S. 110— 112 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Heft 74).

  45. Vgl. Lorenz Müller, Probleme eines Sozial-kunde-Lehrplans, in: Gesellschaft—Staat—Erziehung, 1 (1956), S. 64— 70.

  46. Deutscher Ausschuß für das Erziehungs-un Bildungswesen, Empfehlungen für die Neuordnung der Höheren Schule (Empfehlungen und Gutachten 9. F.), Stuttgart 1965. ,

  47. Karl Steinbuch, Falsch programmiert, Stuttgar 18 9) 68.

  48. Georg Picht, Prognose, Utopie, Planung, 1967.

  49. Wolfgang Klafki, a. a. O„ S. 123 f.

  50. Carlo Schmid, Politik und Geist, München 1964.

  51. Theodor Wilhelm, a. a. O., S. 241.

  52. Ebenda, S. 252.

  53. H. Giesecke, a. a. O., S. 102 ff.

  54. Th. Wilhelm, a. a. O., S. 242.

  55. Ebenda, S. 278 und 283 ff.

  56. Hans-Hermann Hartwich (Hrsg.), Sozialkunde und Sozialwissenschaften. Zur Diskussion um das neue Fach Gemeinschaftskunde, Berlin 1963 (Zur Politik und Zeitgeschichte, Heft 14/15).

  57. Vgl. Theo Stammen, Die Politikwissenschaft zwischen Improvisation und Konsolidierung. Lage, Probleme und Aussichten eines Hochschulfaches in Deutschland, in: Hochland 60, (1968), S. 427— 447, hier S. 435.

  58. A. Bergstraesser, a. a. O., S. 82 f.

  59. Kurt Sontheimer, Gemeinschaftskunde und Politische Wissenschaft, in: H. -H. Hartwich (Hrsg.), a. a. O., S. 10— 21, hier S. 18.

  60. Karl Martin Bolte, Gemeinschaftskunde und ziologie, in: H. -H. Hartwich (Hrsg.), a. a. O., S bis 44, hier S. 33 ff.

  61. Ebenda, S. 35.

  62. Ebenda, S. 36 ff.

  63. Heinz-Dietrich Ortlieb, Zur Frage der Sozial-Wissenschaften in den Bildungsplänen, in: H. -H. Hartwich (Hrsg.), a. a. O„ S. 41— 55, hier S. 49 f.

  64. Klaus Stern, Gemeinschaftskunde aus der Sicht des Juristen. In: H. -H. Hartwich (Hrsg.), a. a. O., S. 56— 63, hier S. 61.

  65. Ebenda, S. 61.

  66. K. Sontheimer, Gemeinschaftskunde, a. a. O.,

  67. H. Giesecke, a. a. O., S. 88.

  68. Ebenda, S. 77.

  69. Ebenda, S. 159 ff.

  70. Ebenda, S. 75.

  71. Wolfgang Hilligen, Arbeitspapier zur Vorlesung „Einführung in die Didaktik der Sozialkunde", WS 1967/68; ders., Kriterien für die Beurteilung von Lehr-und Lernmitteln von Unterrichtswerken für den politischen Unterricht in der Sekundarstufe (7. — 10. Schuljahr) nach Anforderungen neuer didaktischer Konzeptionen, in: Lehr-und Lernmittel im politischen Unterricht, Bonn 1970, S. 81— 96 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Heft 89).

  72. Heinrich Busshoff, Politikwissenschaft und Pädagogik. Studien über den Zusammenhang von Po itik und Pädagogik, Berlin 1968, S. 154 f.

  73. Vereinigte Kommission der Deutschen Gese Schaft für Soziologie und der Deutschen Verein: gung für Politische Wissenschaft, Lehrplan u Sozialkunde (Augustl 964), in: Gesellschaft Staa Erziehung, 10 (1965), S. 71— 83. eon

  74. Martin Greiffenhagen, Zur wissenschat. i Grundlegung der politischen Erziehung, in schichte in Wissenschaft und Unterricht, 17 (S. 457— 472.

  75. Paul Heimann—Gunter Otto—Wolfgang Schulz, Unterricht. Analyse und Planung, Reihe B, Auswahl 1/2, Hannover 1966'.

  76. Wolfgang Hilligen, Plan und Wirklichkeit im sozialkundlichen Unterricht, Frankfurt/M. 1955, S. 12 ff.

  77. Hans Bokelmann, Die ökonomisch-sozialethische Bildung. Problem und Entwurf einer didaktischen Theorie für die gymnasiale Oberstufe, Heidelberg 1964.

  78. Carter Kniffler-Hanna Schlette, Politische Bildung in der Bundesrepublik, Neuwied und Berlin 1967.

  79. Karl Mielcke, 1917- 1945 in den Geschichtsbüchern der Bundesrepublik, Hannover 1961.

  80. Volker Nitzschke, Zur Wirksamkeit politischer Bildung. Teil II: Schulbuch-Analyse, Frankfurt/M. 1966 (Heft 4 der Forschungsberichte der Max" Traeger-Stiftung).

  81. Siegfried Weinmann (Hrsg.), Zur Lehrplandiskussion. Probleme und Modelle, Stuttgart 1970.

  82. Frank Achtenhagen—Hilbert L. Meyer (Hrsg), Curriculumrevision — Möglichkeiten und Grenzen, München 1971.

  83. Hans Forster—Wilhelm J. Hachgenei (Hrsg), Curriculumtheorie und Lehrplanentwicklung in Rheinland-Pfalz, Mainz 1971.

  84. Ernst Jungmann, Bildungspläne für unsere Zeit, in: Hessische Lehrerzeitung, 20 (1967), S. 201 20 .

  85. Christine Möller, Technik der Lernplanung. Methoden und Probleme der Lernzielerstellung, Wein-heim-Berlin-Basel 1969, S. 101.

  86. Hartmut von Hentig, Systemzwang und Selbstbestimmung. über die Bedingungen der Gesamt-Shu in der Industriegesellschaft, Stuttgart 1968,

  87. Vgl. Wolfgang W. Mickel, Ansätze einer Curriculumtheorie in Deutschland, in: Recht der Jugend und des Bildungswesens, 18 (1970), S. 129- 137.

  88. Wilhelm Flitner, Grundlegende Geistesbildung, Kap. 2: Bau des Lehrplans. Die idealtypische Struktur des Lehrgefüges, a. a. O., S. 46- 61, hier S. 47.

  89. H. v. Hentig, a. a. O., S. 103 ff.

  90. Th. Wilhelm, a. a. O., S. 213.

  91. Ebenda, S. 187.

  92. Ebenda, S. 210.

  93. Ebenda, S. 211.

  94. Ebenda, S. 291.

  95. Ebenda, S. 214.

  96. Ebenda, S. 216, zit. nach v. Hentig.

  97. Heinrich Roth, Stimmen die deutschen Lehrpläne noch? In: Die Deutsche Schule 60 (1968), S. 69— 76, hier S. 73.

  98. Ebenda, S. 70.

  99. Theodor Wilhelm, Die enzyklopädische Herausforderung der Schule, in: ders. (Hrsg.), Herausforderung der Schule durch die Wissenschaften. Beiträge zur Lehrplangestaltung, Weinheim, 190"'S. 11— 34, hier S. 12.

  100. Ebenda, S. 32.

  101. Werner Kroebel, Die Vernachlässigung der Naturwissenschaften als Folge des neuhumanistischen Bildungsideals, in: Th. Wilhelm (Hrsg.), a. a.

  102. Ebenda, S. 166.

  103. OECD-Bericht, a-a-°-'S. 40.

  104. Saul B. Robinsohn, Bildungsreform als Revision des Curriculum, Neuwied-Berlin 1967, S. 16 f.

  105. A. a. O. S. 17 f.

  106. Ebenda, S. 18.

  107. Ebenda, S. 45.

  108. Ebenda, S. 47.

  109. Doris Knab, Möglichkeiten und Grenzen eines Beitrags der Curriculumforschung zur Entwicklung von Bildungsplänen, in: Hessisches Lehrerfortbildungswerk (Hrsg.), Reform von Bildungsplänen. Grundlagen und Möglichkeiten, Frankfurt/M. 1969, S. 26— 40, hier S. 32.

  110. Ebenda, S. 34.

  111. Ebenda, S. 37 f.

  112. Jürgen Zimmer, Zur Bedeutung der Human-wissenschaften für die Curriculumforschung une Entwicklung, in: Hessisches Lehrerfortbildungswer (Hrsg.), a. a. O., S. 41— 53, hier S. 53.

  113. Eugen Lemberg, Die höhere Schule in der Gesellschaft. Uber einige Dogmen und Tabus der deutschen Bildungsideologie, in: Das Studienseminar, Bd. VI, 1961, S. 34— 58.

  114. Vgl. H. v. Hentig, a. a. O., S. 69 ff.

  115. Ebenda, S. 90 f.

  116. Vgl. etwa Theodor W. Adorno, Jargon der Eigentlichkeit. Zur deutschen Ideologie, Frank-furt/M. 1964.

  117. Ernst Topitsch, Zeitgenössische Bildungspläne in sprachkritischer Betrachtung, in: O. W. Haselot u. H. Stachowiak (Hrsg.), Schule und Erziehung, Berlin 1960, S. 124— 129.

  118. Vgl. Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Neuwied/Rh. 19672, S. 103 ff.

  119. Wanda Kampmann, Der Schritt zurück. Zur weuordnung der Gemeinschaftskunde in Nordrhein-Westfalen, >n: Gesellschaft—Staat—Erziehung, 10 (1965), S. 299— 303.

  120. Werner Correll, Lernpsychologie, Donauwörth 19675, S. 16.

  121. Vgl. Wilfried Hartmann, Der Mensch in unseren Bildungsplänen. Versuch einer Analyse ihres anthropologischen Gehalts, München 1965, S. 89.

  122. W. Mickel, 20 Jahre politische Bildung, a. a. O., S. 25 f.

  123. Erwin Stein, Philosophische Grundlagen der politischen Bildung und Erziehung. Sonderdruck aus „Die pädagogische Provinz", Frankfurt/M. 1962, S. 6.

  124. Ebenda, S. 9.

  125. Egon Becker u. a., a. a. O., S. 174 f. und 177.

  126. Ebenda, S. 147.

  127. Henry Ehrmann, Politische Bildung. Beobachungen und Vorschläge, Weinheim und Berlin 1966. Vgl-ferner W. Mickel, Politische Bildung an Gymnasien, a. a. O. und Manfred Teschner, Politik und Gesellschaft im Unterricht, Frankfurt/M. 1968.

  128. Vgl. M. Teschner, a. a. O., S. 119.

  129. Ebenda, S. 139.

  130. Ebenda, S. 13.

  131. H. Giesecke, a. a. O.

  132. Jürgen Habermas u. a., Student und Politik, Neuwied 1961.

  133. Helge Lenne, Jugend zwischen Tradition und Demokratie, Berlin 1967.

  134. M. Teschner, a. a. O.

  135. Rolf Schmiederer, Thesen zu einer Theorie der politischen Bildung, in: Gesellschaft—Staat—Erziehung, 13 (1968), S. 251— 257.

  136. Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten, a. a. O.

  137. M. Teschner, a. a. O., S. 25.

  138. Ebenda, S. 41.

  139. H. Lenne, a. a. O., S. 173.

  140. Ebenda, S. 177.

  141. Ebenda, S. 176.

  142. Vgl. Wolfgang Mickel, Methodik des politischen Unterrichts, Frankfurt/M. 19692.

Weitere Inhalte

Wolfgang W. Mickel, Dr. phil., geb. 1929, Studium der politischen Wissenschaft, Geschichte, Philologie, Philosophie und Theologie. Zur Zeit Fadileiter für Politik am Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Offenbach/M. Veröffentlichungen u. a.: Zwanzig Jahre politische Bildung in der Bundesrepublik. Konzeptionen und Thematik des politischen Unterrichts 1945— 1965, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 51— 52/65 vom 22. 12. 1965; Politische Bildung an Gymnasien 1945— 1965, Stuttgart 1967 (Bildungssoziologische Forschungen Bd. 2); Methodik des politischen Unterrichts, Frankfurt/M. 19692; Lehrpläne und politische Bildung. Ein Beitrag zur Curriculumforschung und Didaktik, Berlin-Neuwied 1971. Ferner zahlreiche Aufsätze zu Fragen der politischen Bildung, der politischen Pädagogik und des Schulrechts.