Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Jungwählerverhalten in Hamburg Ergebnisse einer Hamburger Umfrage und Repräsentativstatistiken aus anderen Bundesländern | APuZ 50/1970 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 50/1970 Jungwählerverhalten in Hamburg Ergebnisse einer Hamburger Umfrage und Repräsentativstatistiken aus anderen Bundesländern

Jungwählerverhalten in Hamburg Ergebnisse einer Hamburger Umfrage und Repräsentativstatistiken aus anderen Bundesländern

Heino Kaack /Klaus G. Troitzsch

/ 68 Minuten zu lesen

Im Bund und in nahezu allen Bundesländern ist inzwischen das aktive Wahlalter auf 18 Jahre herabgesetzt worden Zum erstenmal konnten die 18-bis 21jährigen bei der Hamburger Bürgerschaftswähl am 22. März 1970 zur Wahl gehen. Aus diesem Anlaß haben wir vor dieser Wahl eine Umfrage unter den etwa 56 000 Hamburger Jungwählern vorgenommen Jeder fünfte aus dieser Gruppe erhielt einen Fragebogen zur schriftlichen Beantwor-tung. Von den 10 317 versandten Fragebögen kamen 2960 ausgefüllt zurück.

Tabelle 8

Wir haben aber nicht nur diese Fragebögen ausgewertet, sondern auch Gruppeninterviews in Betrieben und Schulen veranstaltet. Die mündlichen Befragungen dienten zur Vertiefung und Kontrolle der Fragebogenauswertung.

Tabelle 9

Die Umfrage beschränkte sich zwar auf Hamburg und erlaubt zweifellos repräsentative Aussagen in diesem Raum. Vergleiche mit anderen Untersuchungen über politisches Verhalten von Jugendlichen und die Repräsentativstatistiken aus anderen Bundesländern legen aber den Schluß nahe, daß in zahlreichen Aspekten durchaus auf das Jungwählerverhalten in der Bundesrepublik generell geschlossen werden kann. Diese Untersuchung ist daher nicht nur von lokalem Interesse, zumal sie die erste Analyse dieser Art überhaupt ist.

Tabelle 10

Da ein schriftlicher Fragebogen im Umfang notwendigerweise begrenzt sein muß, haben wir die Untersuchung auf einige Problembereiche konzentriert. Bei der Auffindung der Probleme konnten wir von der Diskussion ausgehen, die im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Wahlalters in der Öffentlichkeit geführt worden war

Tabelle 11

Vielfach wurde behauptet, die Jugendlichen seien heute politisch wesentlich interessierter und informierter als die ältere Generation. Dieser These, die häufig auch zur Begründung der Herabsetzung des Wahlalters angeführt wird, mußten wir zunächst nachgehen. Konträre Hypothesen und Spekulationen gab es zum Thema Parteipräferenz der Jugendlichen. Einerseits wurde die Meinung vertreten, würden wesentlich Jugendlichen in stärkerem bevorzugen, linksradikale Parteien andererseits bestand die Auffassung, die Jugendlichen würden genauso wählen wie die älteren Jahrgänge, oder sogar die These, bei den Jugendlichen wären in hohem Maße restaurative und faschistoide Tendenzen erkennbar. Hinsichtlich der Entscheidungsmotive und -grundlagen der Jungwähler bestanden bisher nur sehr vage Vermutungen. Hier mußte mit der Hypothesenbildung angefangen werden, so daß die Untersuchung in diesem Punkt nur als Anstoß zu weiteren Untersuchungen verstanden werden kann.

I. Wahlbeteiligung

Tabelle 1 Quelle: HHiZ, S. 268, Tabelle 18

Eine der — mindestens vordergründig — interessanten Fragestellungen im Zusammenhang mit den ersten Wahlen, an denen 18-bis unter 21jährige teilnahmen, ist sicherlich die Frage nach deren Wahlbeteiligung, zumal eines der Argumente gegen die Herabsetzung des Wahlalters auf die bekannte Tatsache abzielte, daß die jüngeren Jahrgänge bislang immer die niedrigsten Wahlbeteiligungsguoten aufzuweisen gehabt hätten.

Tabelle 12

In der Tat — Tabelle 1 zeigt das — mußte man bei der Hamburger Bürgerschaftswahl vom 27. März 1966 damit rechnen,'daß 18-bis unter 21jährige, hätten sie schon damals an der Wahl teilnehmen dürfen, nur auf eine Wahlbeteiligung von wahrscheinlich unter 50 °/o gekommen wären. Einfache Extrapolation hätte eine solche Hypothese durchaus bestätigt.

Tabelle 13

Da Wahlbeteiligungen sich mit Stichproben-verfahren nur sehr schwer und ungenau vorausschätzen lassen, sagt die Umfrage über die Wahlbeteiligung der Hamburger Jungwähler nichts aus. Infolgedessen stützen wir uns im folgenden auf die Ergebnisse der Repräsentativstatistiken.

Tabelle 14

Das uns mittlerweile zur Verfügung stehende Material aus Hamburg Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist jedoch geeignet, diese Hypothese vollständig zu widerlegen. In Niedersachsen schien sich die alte Hypothese zunächst zu bestätigen. Die Tabellen 1, 2 und 3 zeigen für die drei genannten Bundesländer zunächst das gewohnte Bild: Die höchste Wahlbeteiligung ist in der Gruppe der 60-bis 70jährigen zu verzeichnen. Von dort fällt die Wahlbeteiligung sowohl mit steigendem als auch mit sinkendem Alter — und hier stärker — ab. Das Minimum liegt in allen drei Fällen in der Gruppe der 21-bis unter 25jährigen. Aus allen drei Tabellen läßt sich jedoch klar ablesen, daß in der Gruppe der Jungwähler die Wahlbeteiligung merklich höher liegt als bei den übrigen Erstwählern, höher sogar als bei der Gruppe der 25-bis unter 30jährigen.

Tabelle 15

Als Erklärung für dieses unerwartete Phänomen läßt sich zunächst einmal anführen, daß hier ganz bewußt das neugewonnene Recht, aktiv zu wählen, erkannt und ausgeübt wurde. Immerhin war die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Öffentlichkeit recht intensiv gewesen. Der „Reiz des Neuen" spielt also sicherlich eine Rolle. Dazu mag kommen, daß die jüngsten Wähler die mit Zubilligung des Wahlrechts in sie gesetzten Erwartungen — bewußt oder unbewußt — erfüllen wollten. Insgesamt läßt sich sagen, daß die 18-bis unter 21jährigen das Erreichen der Wahlmündigkeit viel bewußter miterleben konnten als jemals vor ihnen die 21jährigen, für die das Wahlrecht eher eine Selbstverständlichkeit war.

Tabelle 16

Darüber hinaus muß man zur Erklärung die allgemeinen Motivationen berücksichtigen, die die Ausübung des Wahlrechts bestimmen. Der 18-, 19-, 20jährige dürfte gesamtgesellschaftlichen Problemen gegenüber aufgeschlossener sein als der 21-oder 25jährige, der vielfach bereits eine Familie gegründet hat und für den private Probleme meist wichtiger sind als öffentliche. Weiterhin ist die Abwesenheit vom Hauptwohnsitz, die die Ausübung des Wahlrechts zumeist erschwert, bei den Älteren sicherlich häufiger als bei den Jungwählern

Tabelle 17

Eine wohl geringere Rolle dürfte der Umstand gespielt haben, daß häufig eine Kopplung zwiTabelle sehen Wehrpflicht und Wahlrecht gesehen wird. Nur so läßt sich jedenfalls erklären, daß in den jüngsten Altersgruppen — deutlich sogar nur in der der Jungwähler — die Männer eine höhere Wahlbeteiligung zu verzeichnen haben als die Frauen, während in den nächsthöheren Altersgruppen die Wahlbeteiligung der Frauen höher ist als die der Männer. Aus dem bisherigen Material läßt sich folgende, zunächst noch nicht überprüfbare Hypothese ableiten:

Tabelle 18

Wenn man davon ausgeht, daß alle diejenigen, die schon einmal gewählt haben, sich auch bei der nächsten Wahl nicht der Stimme enthalten werden, so muß man schließen, daß bei der nächsten Wahl auch die Gruppe der 21-bis unter 25jährigen eine höhere Wahlbeteiligung aufweisen wird. Langfristig ist also durch die Herabsetzung des Wahlalters eine Erhöhung der Wahlbeteiligung insgesamt zu erwarten.

Tabelle 19

Bei den nächsten Wahlen in den genannten Bundesländern, das heißt, dann, wenn die jetzigen Jungwähler zum zweiten Male zur Wahlurne gehen werden, müßte also das Minimum der Wahlbeteiligung in der Gruppe der 25-bis unter 30jährigen zu suchen sein. Unserer neuen Hypothese schien zunächst die in der Presse sofort ausgegriffene Meldung zu widersprechen, daß in Niedersachsen die Wahlbeteiligung der Jungwähler unter der der 21-bis unter 25jährigen gelegen habe: „über ein Drittel der Altersgruppe machte von dem neu erhaltenen Wahlrecht keinen Gebrauch. Die Jüngstwähler verhielten sich damit nicht anders, als es bei allen früheren Wahlen von den 21— 25jährigen bekannt war; sie waren sogar noch weniger wahleifrig. Die Tatsache des . neuen Rechts'bewirkte keinen Unterschied in der Wahlbeteiligung." Inzwischen wurde diese Feststellung in der unter Tabelle 4 erwähnten Veröffentlichung des Statistischen Landesamtes korrigiert. In allen Ländern, auch in Niedersachsen, beteiligten sich die Jungwähler stärker an der Wahl als die 21-bis 30jährigen.

II. Parteipräferenzen der Jungwähler

Inhalt

Die wichtigste Frage im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Wahlalters dürfte die Frage nach der Parteipräferenz sein. Insbesondere, nachdem alle Parteien gehofft hatten, von der Herabsetzung des Wahlalters zu profitieren und dementsprechend im Wahlkampf mehr als je zuvor das Image der Jugendlichkeit gepflegt hatten, liegt es nahe, diese Frage als erste zu untersuchen.

Tabelle 20

Dazu steht uns bisher zweierlei Material zur Verfügung, einmal die von den Statistischen Landesämtern von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erhobenen Repräsentativstatistiken (in Hamburg wurde mangels gesetzlicher Grundlage zu den Bürgerschaftswahlen 1970 keine Repräsentativauszählung vorgenommen), zum anderen das Material unserer Untersuchung, wobei vorab gesagt werden kann, daß die offiziellen Statistiken unsere Ergebnisse — mutatis mutandis — sehr weitgehend bestätigen.

Tabelle 21

Generell läßt sich aus dem vorliegenden Material deutlich erkennen, daß die Jungwähler — mehr als alle anderen Gruppen — SPD und FDP bevorzugen und CDU ablehnen, und dies, obwohl es gerade die CDU war, die besonders in den Wahlkämpfen in Hamburg und Nordrhein-Westfalen ein jugendliches Image herauskehrte. 1. Die Ergebnisse der Repräsentativstatistiken Die Repräsentativstatistiken weisen in allen drei Bundesländern gewisse methodisch begründete Nachteile auf, die daraus resultieren, daß das Wahlgeheimnis in den ausgewählten Stimmbezirken gewahrt werden mußte. Daher liegen die Ergebnisse nicht immer so tief gegliedert vor, wie es für unsere Untersuchung wünschenswert gewesen wäre. a) Schleswig-Holstein Die Ergebnisse der Kreiswahl vom 26. April 1970 in Schleswig-Holstein sind in Tabelle 5 wiedergegeben. Wenn auch hier die Jungwähler, das heißt die Wähler im Alter von 18 bis unter 21 Jahren, nicht ausgegliedert sind, so ist doch sehr deutlich zu sehen, daß die Parteien der gegenwärtigen Regierungskoalition von den Erstwählern im Alter von 18 bis zu 25 Jahren sehr stark zuungunsten der CDU bevorzugt werden.

Tabelle 22

Die Ergebnisse von SPD und FDP liegen in dieser Altersgruppe um 3, 9 bzw. 3, 1 Prozentpunkte vor jenen der nächstälteren Altersgruppe und um 6, 5 bzw. 3, 2 Prozentpunkte vor jenen der Gesamtbevölkerung, während die CDU mit 7, 6 bzw. 9, 5 Prozentpunkten zurückliegt. Auch die NPD hat ihr Minimum in der Gruppe der Erstwähler.

Tabelle 23

Betrachtet man die Wählerstruktur der Parteien, so ergibt sich, daß 13, 0 °/o der FDP-Wähler, 9, 7 °/o der SPD-Wähler, 6, 6 °/o der CDU-Wähler und 5, 8 0/der NPD-Wähler Erstwäh-ler sind, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Erstwähler 8, 4 °/o der Gesamtwählerschaft (berechnet auf die gültigen Stimmen) ausmachten. Zweifellos hat also — nach den Ergebnissen aus Schleswig-Holstein — die FDP am meisten von der Herabsetzung des Wahlalters profitiert, in zweiter Linie auch die SPD, während den beiden anderen Parteien aus der Wahlrechtsänderung eher Nachteile erwuchsen. b) Nordrhein-Westfalen Die Repräsentativstatistik Nordrhein-Westfalens erlaubt, da sie altersmäßig am tiefsten gegliedert ist, einen ersten Ansatz zur Erklärung dieses immerhin bemerkenswerten Phänomens. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6 in der üblichen Darstellungsform — berechnet auf die Gesamtzahl der gültigen Stimmen — dargestellt. In der Tabelle 7 wurden diese Zahlen umgerechnet auf die Gesamtzahl der Wahlberechtigten der einzelnen Altersgruppen.

Tabelle 24

In Tabelle 6 ergeben sich als Abstand zwischen Minimum und Maximum für die SPD 7, 6, für die CDU 10, 9 Prozentpunkte. In Tabelle 7 sind die Verhältnisse insofern verschoben, als Minimum und Maximum für die SPD nicht mehr in den beiden extremen Altersgruppen der Jüngsten und der Ältesten liegen, sondern in den benachbarten Gruppen der 21-bis 30-bzw. 30-bis 45jährigen. Der Abstand beträgt hier noch 7, 0 Prozentpunkte, das heißt etwas weniger als bei den rohen Zahlen der Tabelle 6, während für die CDU Minimum und Maximum in der gleichen Gruppe geblieben sind, nur daß sich ihr Abstand auf 14, 0 Prozentpunkte vergrößert hat. Zwischen CDU-Anteil und dem Nichtwähleranteil ließ sich in Tabelle 7 eine deutliche orrelation erkennen. Offensichtlich bedeutet d ese Korrelation, daß die CDU in den älteren ahrgängen in verstärktem Maße Anhänger aus der Gruppe der Nichtwähler gewinnt. Der Simmenanteil (in °/o der Wahlberechtigten)

Tabelle 25

st hingegen bei der SPD offenbar weitgehend unabhängig vom Nichtwähleranteil.

Tabelle 26

Daraus läßt sich — zunächst noch sehr vage — die Hypothese formulieren, daß, wer potentiell SPD wählt, dies auch gleich, daß heißt vom Errechen der Wahlmündigkeit an tut, während derjenige, der potentiell CDU wählt, sich zunächst noch eher der Stimme enthält. Das bedeuiet, daß die Zugehörigkeit zum Wählerstamm der SPD bei Erreichen des Wahlalters mehr oder weniger feststeht, während die CDU immer wieder neu Wähler aus dem Potential der Nichtwähler rekrutieren muß.

Tabelle 27

Für die FDP ergibt sich aus Tabelle 6 ähnliches wie aus den Daten Schleswig-Holsteins. Mit 7, 4 °/o liegt die FDP in Nordrhein-Westfalen unter den Jungwählern um 2, 0 Prozent-Tabelle punkte über dem Gesamtdurchschnitt. Die Differenz erreicht jedoch nicht die gleiche Höhe wie in Schleswig-Holstein. Berechnet auf alle Erstwähler hatte die Differenz dort 3, 2 Prozentpunkte betragen, während sie in Nordrhein-Westfalen nur 1, 2 Prozentpunkte ausmacht. Die entsprechenden Differenzen für SPD und CDU liegen in Nordrhein-Westfalen allerdings ebenfalls erheblich niedriger als in Schleswig-Holstein. c) Niedersachsen Um die Einhaltung des Wahlgeheimnisses zu gewährleisten, konnte in Niedersachsen das Wahlverhalten der Jungwähler nicht anhand der sonst bei Wahlen angewandten 3 0/o-Stichprobe untersucht werden. In diesem Falle wären — insbesondere in den kleineren Stimmbezirken — die Jungwähler zu leicht zu identifizieren gewesen. Daher wurde eine gesonderte Stichprobe gezogen, die nur Stimmbe-Tabelle zirke mit über 1000 Wahlberechtigten umfaßte. Dabei fielen natürlich alle kleineren Gemeinden und damit ca. 17% der Bevölkerung von vornherein nicht in die Stichprobe; dafür jedoch bietet die Repräsentativerhebung nunmehr eine tiefe Gliederung nach sozialökonomischen Merkmalen, über die sich sogar bis zu einem gewissen Grade auf den nicht erfaßten Bevölkerungsteil schließen läßt.

Tabelle 28

Tabelle 8 gibt die Repräsentativdaten wieder.

Tabelle 29

Auch hier zeigt sich tendenziell das gleiche Bild wie in den beiden anderen bereits behandelten Bundesländern: relativ gutes Abschneiden von SPD und FDP, schlechtes Abschneiden der CDU. In Tabelle 9 sind die Differenzen zwischen den Parteipräferenzen der Jungwähler einerseits und denen der Gesamtbevölkerung andererseits darstellt. Zusätzlich enthält die Tabelle eine Angabe, die mit dem Swing zu vergleichen ist, insofern sie sich als Differenz der beiden Einzeldifferenzen für SPD und CDU errechnet. Diese Differenz der Vorsprünge der beiden großen Parteien — einerseits bei den Jungwählern, andererseits bei der Gesamtbevölkerung — korreliert deutlich mit den Stimmenanteilen der beiden großen Parteien (r = 0, 56). Das bedeutet: Je stärker die CDU in bestimmten Schichten bevorzugt wird, desto geringer ist der Unterschied in den Parteipräferenzen bei Jungwählern und Gesamt-wählerschaft. Das unterstreicht einmal mehr die These, daß die der CDU zuneigende Wählerschaft wesentlich monolithischer ist als die der SPD zuneigende.

Tabelle 30

Wenn auch überall die Jungwähler stärker zur SPD tendieren als die Gesamtbevölkerung, so läßt sich doch nicht übersehen, daß in der Tendenz die Jugendlichen ebenso wählen wie die Alteren: Stimmenanteile der Parteien unter den Jungwählern korrelieren selbstverständlich sehr hoch mit denen in der Gesamtbevölkerung.

zur Tabelle 30

Ein bemerkenswertes Ergebnis verdient noch besonders hervorgehoben zu werden: Es handelt sich um den Stimmenanteil der „Sonstigen", das heißt fast ausschließlich der DKP, von 2, 3 % unter den Jungwählern in den Gemeinden mit über 50 000 Einwohnern. In den übrigen (ländlichen oder kleinstädtischen) Gebieten des Landes hatte die DKP unter den Jungwählern ebensowenig Chancen wie unter der Gesamtbevölkerung, lediglich die Jugend der großen Städte, vor allem wohl Flannovers, stimmte mit nennenswertem Anteil für die DKP, wobei, wie zu erwarten, die Männer zwei Drittel der DKP-Stimmen stellen.

Tabelle 31

Eine Extrapolation der Repräsentativstatistik in Richtung auf die nicht vertretenen „Bauerngemeinden" mit unter 1000 Wahlberechtigten, das heißt unter 1350 Einwohnern, scheint zu ergeben, daß hier der Unterschied in den Wahlentscheidungen von jung und alt noch niedriger sein wird als in den übrigen CDU-Gebieten.

Tabelle 32

Eine Exrapolation über das andere Ende hinaus, das heißt in Richtung auf die großen Städte, führt unmittelbar zu Aussagen über das Jungwählerverhalten in Hamburg. Wenn man die in Hamburg etwas stärkere Stellung der FDP berücksichtigt, so erscheinen unsere im folgenden darzustellenden Daten durchaus wahrscheinlich. 2. Parteipräferenzen der Hamburger Jungwähler 1970 a) Das Ergebnis der Umfrage Ein Vorteil unserer schriftlichen Umfragen im Vergleich zu mündlichen Befragungen war unter anderem, daß alle in das Sample eingegangenen Fragebögen eine Antwort auf die Frage nach der Parteipräferenz enthalten

Tabelle 33

Das in Tabelle 10 dargestellte Ergebnis ist hinsichtlich der Nichtwähler und der Unentschlossenen nicht absolut repräsentativ, da bei einer schriftlichen Umfrage diese Gruppen kaum antworten. Daher bleiben sie von der dritten Spalte ab unberücksichtigt. Die Nicht-wähler gehen ja auch in das Wahlergebnis nicht ein, das die Prozentanteile unter den abgegebenen gültigen Stimmen wiedergibt.

Tabelle 34

Die Unschlüssigen dürften vermutlich kaum anders gewählt haben als diejenigen, die sich bereits entschieden hatten. Daher werden sie hier außer Betracht gelassen. Abweichungen können allerdings nicht zwingend ausgeschlos-sen werden. Wahrscheinlicher ist in diesem Fall eine Abweichung zugunsten der CDU als eine solche zugunsten der SPD oder FDP. Eine Abweichung zugunsten der CDU dürfte aber in keinem Falle das Ergebnis um mehr als fünf Prozentpunkte verschieben. Die Vermutung einer solchen Abweichung beruht allein auf der Beobachtung, daß CDU-Wähler generell ein unterdurchschnittliches politisches Interesse aufweisen. Das wird in Hamburg allerdings weitgehend dadurch kompensiert, daß die SPD als Partei mit eindeutiger Mehrheit zwangsläufig eine „normale" Wähler-quote aus Desinteressierten rekrutiert.

Tabelle 35

Der Tatsache, daß bei einer schriftlichen Umfrage die durchschnittlich stärker Interessierten und Informierten überproportional antworten, wurde in allen folgenden Korrelationen Rechnung getragen. Das abweichende Wahl-verhalten der weniger Interessierten wurde über die Gewichtung der Berufsgruppen einkalkuliert.

Tabelle 36

Hinsichtlich der . Berufsschichtung'wurden die Jungwähler in neun Kategorien eingeteilt: Hsfr — Hausfrauen wArb — Arbeiterinnen mArb — Arbeiter wAng — weibl. Angestellte und Beamtinnen mAng — Angestellte und Beamte wLg — weibliche Lehrlinge mLg — männliche Lehrlinge wSch — nicht berufstätige Schülerinnen, d. h.

Tabelle 37

überwiegend Gymnasiastinnen, ferner Fachschülerinnen und Studentinnen mSch — nicht berufstätige Schüler, d. h.

Tabelle 38

überwiegend Gymnasiasten und Studenten, ferner Fachschüler.

Tabelle 39

In vielen Tendenzen stimmen die Präferenzen der Jugendlichen mit denen der Älteren überein: 1. Die CDU wird mehr von Frauen gewählt.

Tabelle 40

2. Die FDP wird mehr von Männern gewählt. 3. Die DKP wird eindeutig mehr von Männern gewählt.

Tabelle 41

4. Die Frauen sind in stärkerem Maße unschlüssig als die Männer. b) Spezifische Tendenzen des Jungwähler-verhaltens Die Gruppe der Jungwähler weist folgende spezifische Tendenzen auf: 1. Dichotomie: Berufstätige — Oberschüler und Studenten Das Verhalten der Nichtberufstätigen, ganz überwiegend Gymnasiasten und Studenten, weicht in einem ungewöhnlich hohen Maße von dem der anderen Gruppen ab. In keiner Altersgruppe sind derart starke Differenzen zwischen einzelnen Berufs-und Bildungsgruppen zu finden wie bei den 18-bis 20jährigen. Als dominantes Kennzeichen dieser Altersgruppe der Wahlberechtigten kann eindeutige Dichotomie — einerseits die Berufstätigen (Arbeiter, Angestellte und Beamte sowie Lehrlinge), andererseits die Schüler und Studenten — festgehalten werden. 2. Perzeption eines Dreiparteiensystems bei Oberschülern und Studenten In zwei der neun Gruppen sind CDU und FDP etwa gleich stark vertreten. Gerade von den männlichen Lehrlingen sowie den Oberschülern und Studenten wurde vielfach die FDP als die bessere Alternative unter den Hamburger Oppositionsparteien angesehen. Die Gruppe der männlichen Lehrlinge bewirkt in erster Linie den relativ hohen FDP-Anteil von 8, 1 °/o bei den Berufstätigen und Hausfrauen. Ohne die Lehrlinge läge der Anteil hier nur bei 6, 2 °/o und damit selbst bei Aufrundung unter Fortfall der Nichtwähler und der Unschlüssigen unter dem in der Wahl erzielten Gesamt-durchschnitt von 7, 1 °/o. In der Gruppe der Schüler und Studenten besteht zwar eine relativ große Differenz im FDP-Stimmenanteil zwischen Frauen und Männern, aber der Anteil liegt mit 19 °/o bei den weiblichen Mitgliedern dieser Gruppe eindeutig über jedem der Werte in den Gruppen der Berufstätigen.

Tabelle 42

Bei den Oberschülern und Studenten ist eindeutig die Perzeption eines Dreiparteiensystems Grundlage der politischen Entscheidungsmöglichkeiten. Vergleicht man unsere Ergebnisse mit früheren Umfragen im gesamten Bundesgebiet, so ergibt sich, daß diese Aussage durchaus nicht nur für Hamburg gilt Im Hinblick auf die Chancen der FDP, auf Dauer über der Fünf-Prozent-Grenze zu bleiben, bedeutet die Dreiparteiengrundperzeption der Gruppe der Oberschüler und Studenten nahezu nichts. Denn diese Gruppe stellt unter den Jungwählern kaum mehr als 10% — Hamburg weist hier einen überdurchschnittlichen Anteil auf — und die Altersgruppe der 18-bis 20jährigen umfaßt durchschnittlich etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten. Oberschüler und Studenten erzielten in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit zwar eine beträchtliche Resonanz, aber als Wähler-potential fallen sie kaum ins Gewicht, selbst bei derart hohen Abweichungen nicht. Allenfalls können sie wegen eines überdurchschnittlichen Anteils an meinungsbildenden und -führenden Personen langfristig die Tendenz ihrer Präferenzen auf Teile anderer Gruppen übertragen. 3. überdurchschnittliche SPD-und FDP-Präferenz Der SPD-Stimmenanteil lag in der Jungwähler-umfrage um 8, 6 Prozentpunkte über dem Gesamtergebnis der Sozialdemokraten bei der Wahl. 55, 3 °/o der Stimmen erreichte die SPD insgesamt, 63, 9 % hingegen bei den befragten Jungwählern etwa drei Wochen vor der Wahl. Die zeitliche Verschiebung vermag die Abweichung nicht zu erklären. Einer derartigen Erklärung bedarf es wahrscheinlich auch nicht, wenn man mit den Repräsentativstatistiken aus anderen Bundesländern vergleicht. In den niedersächsischen Gemeinden mit mindestens 50 000 Einwohnern lag der SPD-Jungwähler-anteil sogar um 10, 6 Prozentpunkte über dem Gesamtanteil der SPD Offensichtlich steigt die Abweichung mit zunehmendem SPD-Stimmenanteil. In SPD-Hochburgen scheint die Uberrepräsentation der SPD in der Gruppe der Jungwähler besonders hoch zu sein. Nach allen bisher vorliegenden Gesamt-und Teil-ergebnissen aus vier Bundesländern lag der SPD-Anteil in der Gruppe der Jungwähler über dem Durchschnitt, und zwar um mindestens 4, 1 Prozentpunkte (Gesamtergebnis Landtagswahl 1970 Nordrhein-Westfalen)

Tabelle 43

Die FDP erzielte bei der Bürgerschaftswahl 7, 1 0/0 aller abgegebenen gültigen Stimmen, bei der Jungwählerbefragung hingegen 12°/o. Dieses Plus von 4, 9 Prozentpunkten ist zwar die höchste aller bekannten Quoten, wird aber durch die anderen Ergebnisse gestützt. Bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein betrug die entsprechende Plusquote immerhin 3, 2 Prozentpunkte, obwohl in dieser Zahl auch die 21-bis 25jährigen enthalten sind. In Nordrhein-Westfalen erzielte die FDP 2, 0 Prozentpunkte mehr bei den Jungwählern als insgesamt, in den acht Wohnorttypen der niedersächsischen Statistik maximal 2, 1 Prozentpunkte mehr Hamburg ist im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, aus denen bisher Ergebnisse vorliegen, FDP-Hochburg. Das in der Umfrage festgestellte Ausmaß der überdurchschnittlichen FDP-Präferenz wird somit voll bestätigt. 4. Negatives Image der CDU Bei der Mehrzahl der Jugendlichen hat die CDU — in Hamburg weniger durch die Landes-als durch die Bundespolitik geprägt — das Image einer „Opa-Partei". Verjüngungstendenzen gerade in der Hamburger CDU waren kaum einem der Jungwähler bekannt. So antworteten in Gruppendiskussionen auf die Frage, welche Partei wohl die meisten jungen Kandidaten auf guten Plätzen aufgestellt habe, gut 80 °/o mit SPD, etwa lO°/o mit FDP und keine 5 °/o mit CDU — ein Ergebnis, das in Hamburg die Tatsachen auf den Kopf stellte. Vielleicht ist es kein Zufall, daß wir auf die Frage, welcher Partei die Herabsetzung des Wahlalters am meisten nütze, dieselbe Antwortstreuung erhielten.

Tabelle 44

Die Hamburger Bürgerschaftswahl vom 22. März 1970 brachte der CDU eine Verbesserung ihres Gesamtstimmenanteils von 30, 0 auf 32, 8 °/o. Um so weniger schien bei oberflächlicher Betrachtung das Umfrageergebnis mit nur 9°/o der Jungwählerstimmen für die CDU glaubhaft. Diese Minusquote von 13, 9 Prozentpunkten wird aber in voller Höhe durch die Ergebnisse der Repräsentativstatistiken gestützt. In den niedersächsischen Städten mit mindestens 50 000 Einwohnern lag der CDU-Stimmenanteil in der Altersgruppe der 18-bis 2O. jährigen um 12, 8 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt. In zwei weiteren Wohnorttypen betrug die Minusquote nahezu zehn Prozentpunkte; selbst in den CDU-Hochburgen lag sie bei mindestens 6, 9 Punkten 18). In Schleswig-Holstein erhielt die CDU bei der Kommunalwahl vom April 1970 in der Gruppe der 18-bis 25jährigen 9, 5 Prozentpunkte weniger als im Gesamtdurchschnitt Die nordrhein-westfälische Landtagswahl vom Juni 1970 brachte der CDU bei den Jungwählern eine Minusquote von 6, 6 Prozentpunkten im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt und damit noch das bisher relativ beste Ergebnis

Tabelle 45

Offenbar konnte die CDU wegen ihres Images als „Opa-Partei" in Hamburg weniger Kapital aus ihrer Oppositionsrolle schlagen, als es ansonsten gerade bei Jugendlichen durchaus möglich ist. Mehrfach machten wir bei Fragebogenaktionen nach Gruppendiskussionen die Beobachtung, daß in den Fällen, in denen ein CDU-Mitglied oder -Sympathisant unter den Jugendlichen für die Verstärkung der Opposition plädiert und im Prinzip Zustimmung gefunden hatte, die SPD zwar relativ schlecht abschnitt, aber die CDU weniger Stimmen als die FDP erhielt. Die FDP wurde also schon eher als Alternative zur SPD gesehen. Da über 80 0/0 der FDP-Wähler für die SPD-FDP-Koalition eintraten, kann man weiterhin folgern, daß die wirksamste Kontrolle der für viele in Hamburg übermächtigen SPD in der Bindung an einen kleineren Koalitionspartner gesehen wurde. Insofern wird die Verfassungswirklichkeit des politischen Systems durchaus richtig perzipiert: Kontrolle durch Mitregieren und Mitentscheiden ist wirksamer als Kontrolle durch parlamentarische Opposition ohne direkten Zugang zu den Macht-apparaten der Politik. 5. Bereitschaft zum taktischen Kalkül Das Argument, man müsse in Hamburg FDP wählen, um die Regierung Brandt/Scheel in Bonn zu stützen, wurde von einer erheblichen Minderheit der Jugendlichen im Februar/März 1970 akzeptiert und von einem durchaus relevanten Teil als Entscheidungsmotiv zugegeben. Allerdings meinten auch einige Befragte, zu viele Stimmen dürfe die FDP nicht bekommen, da dann der rechte Flügel wieder mehr Spielraum gewinnen würde (aus der Sicht der Situation im Februar und März 1970 ein durchaus verständliches Argument).

Tabelle 46

Außerdem spielte die spezielle Hamburger Situation für den relativ starken FDP-Anteil eine Rolle. Bei zahlreichen Jungwählern waren für die Wahlentscheidung auch derartige taktische Momente von Bedeutung. Viele ließen sich von der Überzeugung leiten, die SPD sei in Hamburg zu stark. Leider ist in diesem Punkte bisher kein Vergleich zu älteren Gruppen möglich; er würde vermutlich wesentliche weitere Erkenntnisse des Jungwählerverhaltens bewirken. c) Einfluß der Faktoren Bildung, Konfession und Geschlecht Die folgenden Korrelationen bestätigen, daß die Jungwähler trotz der aufgezeigten Abweichungen in der Parteipräferenz tendenziell die Strukturen widerspiegeln, die aus dem Verhalten der älteren Jahrgänge bereits bekannt sind. Die Faktoren Bildung, Konfession und Geschlecht wirken auch hier in der bereits für die gesamte Wählerschaft in früheren Untersuchungen festgestellten Richtung.

Tabelle 47

Die Aufschlüsselung der Parteipräferenz nach der Bildungsschichtung bestätigt im wesentlichen die bereits gemachten Aussagen. Sie zeigt ferner, daß der Stimmenanteil der SPD mit zunehmender Bildung sinkt, während der der FDP mit zunehmender Bildung steigt. über die Beeinflussung der Wahlentscheidung durch die Konfessionszugehörigkeit lassen sich wegen des starken überwiegens der Protestanten nur sehr eingeschränkte Aussagen machen. Immerhin neigen jedoch Katholiken weitaus häufiger zur CDU als Protestanten, während Konfessionslose offensichtlich nur ausnahmsweise CDU wählen. Die FDP ist unter allen Konfessionen ziemlich gleichmäßig vertreten. Die DKP wird besonders häufig von Konfessionslosen gewählt. Diese Zahlen unterstützen das bereits Gesagte. Sie lassen zusätzlich deutlich erkennen, daß Frauen in weitaus stärkerem Maße als Männer zu einem Zweiparteiensystem hin tendieren. Frauen haben zu 89 0/0 die beiden großen Parteien angegeben. Männer nur zu 79 °/o. Männer räumen den kleineren Parteien also eine doppelt so hohe Chance ein wie Frauen. 3. Auswirkungen der Wahlalterherabsetzung auf die Wahlergebnisse Wie Tabelle 16 zeigt, haben sich durch die Mitwirkung der Jungwähler in Hamburg und Nordrhein-Westfalen keine bemerkenswerten Konsequenzen ergeben. Die Unterschiede zwischen dem tatsächlichen Wahlergebnis und einem, das man unter Herausrechnung der Jungwähler simulieren kann, belaufen sich nur auf wenige Zehntelprozentpunkte.

Tabelle 48

In einem nennenswerten Umfange von der Herabsetzung des Wahlalters profitiert oder Nachteile erlitten hat also keine Partei. Wirkliche Auswirkungen der Wahlrechtsänderung können somit nur in einem integrativen Effekt gesehen werden, der sich bereits in einer unerwartet hohen Wahlbeteiligung niedergeschlagen hat. Darüber hinaus dürften jedoch auch in dieser Hinsicht keine kurzfristig relevanten Auswirkungen zu verzeichnen sein.

III. Politisches Interesse und Engagement

Tabelle 2

1. Häufigkeit politischer Gespräche Die vielfach aufgestellte Behauptung, die Jugendlichen seien politisch wesentlich interessierter als die älteren Jahrgänge, wurde durch unsere Umfrage nur bedingt bestätigt. Wir fragten nicht direkt nach dem Interesse, sondern indirekt nach der Frequenz der Unterhaltung über politische Themen.

Tabelle 49

Nach diesen Zahlen scheint das Interesse der Jugendlichen außerordentlich groß zu sein. Fast jeder vierte der Befragten gab an, sich täglich über Politik zu unterhalten. Nur knapp zehn Prozent stellten sich als generell desinteressiert dar. Die Differenzen in den Formulierungen der Fragen bei anderen Untersuchungen zum Thema sind am geringsten in dieser Gruppe der Desinteressierten. Deshalb soll sie der Anhaltspunkt des Vergleiches sein.

Tabelle 50

Bei Befragungen der Gesamtbevölkerung (ab 16 Jahre) ermittelte man in den Jahren 1952 bis 1965 eine sinkende Tendenz des Desinteresses. Gar nicht interessierten sich für Politik 1952 = 32 % und 1965 = 18 % Beim Vergleich mit der oben genannten Quote von 8, 7 % Desinteressierten muß berücksichtigt werden, daß selbst die Gewichtung der neun Gruppen unseres Samples den Bias zugunsten der Interessierteren, die bei einer schriftlichen Umfrage überdurchschnittlich antworten, nicht voll ausgleicht. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Jungwähler — wie aus münd21) liehen Befragungen hervorgeht — ganz oberflächliche Gespräche zumeist mitgezählt haben. Das Fazit muß daher lauten: Das politische Interesse der Jugendlichen liegt insgesamt leicht über dem des Durchschnitts aller Wahlberechtigten. Das politische Interesse hängt in hohem Maße vom Berufs-und Bildungsstand ab. Schon die Antwortquoten lassen einige Rückschlüsse auf das unterschiedliche politische Interesse in den einzelnen Berufsgruppen zu. Verschickt wurden 10 317 Fragebogen an eine statistisch repräsentative Auswahl Hamburger Jungwähler. Aufgrund von Schätzungen, die auf der Volkszählung vom 6. Juni 1961 und den neuesten statistischen Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes beruhen, gehen wir davon aus, daß unsere Adressaten etwa so zusammengesetzt sind, wie es die erste Spalte der Tabelle 18 angibt. Die zweite Spalte enthält die tatsächlich eingegangenen Antworten, die dritte den Quotienten aus den ersten beiden. Die Korrelation zwischen Berufsschichtung und Häufigkeit der Unterhaltung über Politik ergibt folgende Resultate:

Tabelle 51

1. Das Interesse der Frauen ist generell wesentlich geringer als das der Männer.

Tabelle 52

2. Das Interesse der weiblichen Befragten mit Ausnahme der Oberschülerinnen und Studentinnen liegt deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt. 3. Das politische Interesse der Frauen läßt erheblich nach, sobald die Lehre abgeschlossen ist. 73 °/o der weiblichen Lehrlinge unterhalten sich täglich oder mindestens wöchentlich über Politik, aber nur 63 °/o der weiblichen Angestellten und Beamten und sogar nur 47 °/o der Arbeiterinnen.

Tabelle 53

4. Die männlichen Angestellten und Beamten sind unter den Berufstätigen die eindeutig interessierteste Gruppe.

5. Aber auch das Interesse der Arbeiter liegt noch leicht über dem Gesamtdurchschnitt.

6. Nur 10% der Oberschüler und Studenten unterhalten sich nicht mindestens einmal wöchentlich über Politik. Hier kann also von einem allgemeinem Interesse gesprochen werden. 7. Unter den Oberschülerinnen und Studentinnen beträgt der entsprechende Anteil der kaum oder nicht Interessierten aber immerhin 18 %. Die Diskrepanz der Interessiertheit bleibt also selbst in den höchsten Bildungsstufen deutlich erhalten. 8. Auffallend stark ist im Vergleich zu allen anderen Gruppen das Desinteresse bei Hausfrauen und Arbeiterinnen. Je niedriger der Bildungsstand der Frauen ist, desto mehr übertrifft ihr Desinteresse das der entsprechenden Gruppe der Männer.

Zwischen SPD-und CDU-Wählern bestehen insgesamt kaum wesentliche Unterschiede hinsichtlich des politischen Interesses. Deutlich interessierter als die Wähler der beiden großen Parteien sind bereits die FDP-Wähler. Jeder dritte FDP-Wähler unterhält sich täglich über Politik. Diese Quote wird eindeutig übertroffen von den Jungwählern der extremen Parteien. Beachtlich ist die hohe Quote (gut ein Drittel) der Nichtwähler, die täglich über Politik sprechen. Diese Zahl dürfte kaum repräsentativ sein, da bei einer schriftlichen Fragebogenaktion weitaus mehr Protest-Nicht-wähler als Desinteresse-Nichtwähler antworten. Ansonsten gleicht die Korrelation von politischem Interesse und Parteipräferenz bei den Jungwählern den Aussagen, die über die älteren Jahrgänge vorliegen 2. Bereitschaft zum politischen Engagement Etwa 3, 5 % der Wahlberechtigten sind in der Bundesrepublik Mitglied einer politischen Partei. Von den befragten Jungwählern gaben ebenfalls 3, 5 % an, Mitglied einer Partei bzw.der Jugendorganisation einer Partei zu sein. Da zahlreiche Jugendliche zwar einer Jugendorganisation wie der Jungen Union, den Jungsozialisten oder den Deutschen Jung-demokraten angehören, nicht aber gleichzeitig Mitglied der entsprechenden Partei sind, bestätigt auch diese Umfrage die bekannte Tatsache, daß die jüngeren Jahrgänge unter den Parteimitgliedern unterrepräsentiert sind

Hingegen ist die grundsätzliche Bereitschaft, einer Partei beizutreten, bei den Jungwählern wesentlich höher als bei den älteren Jahrgängen Nur 63, 5 °/o schlossen einen Partei-eintritt weitgehend bzw. völlig aus. Etwa ein Fünftel der Jungwähler negiert die Möglichkeit, als Parteimitglied politischen Einfluß ausüben zu können.

Den weitaus stärksten Anteil von Parteimitgliedern weist mit 8, 6 °/o die Gruppe der männlichen Angestellten und Beamten auf. Berufsbezogene Aspekte sind hier häufig maßgebend.

Den zweithöchsten Mitgliederanteil haben die Arbeiter mit 4, 6 %, dann folgen die männlichen Lehrlinge mit 4, 2 °/o. Auch hier müssen zum Teil berufsbezogene Aspekte als Ursache gelten. Gymnasiasten und Studenten bringen es hingegen nur auf eine durchschnittliche Mitgliederquote (3, 5 %). Sie weisen aber die höchste Quote derer auf, die später einer Partei beitreten wollen. Für diese Diskrepanz dürften gleichermaßen Ursache sein entweder der Wunsch, vor Parteieintritt die Ausbildung abzuschließen, oder die Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Parteien und das Hoffen auf ein günstiger scheinendes Parteienangebot. Ferner spielt die größere Neigung mit, Eventualitäten nicht auszuschließen.

Auffallend und wahrscheinlich eine Hamburger Spezialität ist der hohe Anteil von Partei-bzw. JU-Mitgliedern unter den jugendlichen CDU-Wählern (5, 0%). Ebenso bezeichnend ist aber auch, daß die CDU den höchsten Anteil von Wählern besitzt, die kaum je oder niemals einer Partei beitreten wollen (65, 5 %). Das hängt damit zusammen, daß die Frauen auch unter den CDU-Jungwählern überrepräsentiert sind. Von den drei Bundestagsparteien weist die FDP die höchste Quote an potentiell eintrittsbereiten Wählern auf (43, 5 % der FDP-Wähler gegenüber 36, 8 % der SPD-Wähler und 28, 1 % der CDU-Wähler). Diese Tatsache dürfte in engem Zusammenhang mit dem oben dargestellten größeren politischen Interesse der FDP-Wähler stehen. Erstaunlich ist die hohe Quote der Nichtwähler, die Parteimitglieder sind (3, 3 %). Sie deutet auf die Diskrepanzen zwischen den Parteien und ihren Jugendorganisationen hin und darauf, daß gerade die Engagierten kritische Wähler sind.

Die Nichtwähler konnten wir — wie bereits mehrfach erwähnt — mit der schriftlichen Befragung nur zu einem minimalen Teil erreichen. Wir haben daher die Frage nach der Einschätzung dieser Nichtwähler gestellt. Der Aussagewert der Antworten ist sehr begrenzt, da die Frage ziemlich isoliert im Kontext stand und sich kaum signifikante Korrelationsmöglichkeiten ergaben. Sie bieten aber viel-* leicht einen Anhaltspunkt für weitere Untersuchungen

Die Altersgenossen der jugendlichen Nicht-wähler schätzen diese also anscheinend ziemlich falsch ein: Ablehnung und Resignation sind, nach den eigenen Angaben der Nichtwähler die Hauptmotive der Wahlabstinenz, nicht so sehr die von den Altersgenossen unterstellte Bequemlichkeit. Es muß hier jedoch betont werden, daß , Nichtwähler aus Bequemlichkeit'im Sample unterrepräsentiert sein dürften. Dennoch spricht die hohe Quote bei der ersten Antwortmöglichkeit und vor allem auch die derer, die auf die allgemeine Formulierung (6) „andere Gründe" auswichen, für die aufgestellte These. Die Unterschiede zwischen Unentschlossenen und der Gesamtheit sind nicht signifikant, wenn man die Antworten (6) ausklammert, die überwiegend dadurch entstanden sein dürften, daß der wahre Grund, etwa (4), schamhaft verschwiegen wurde.

IV. Politische Information der Jungwähler

Tabelle 3

1. Zeitungslektüre und politische Präferenzen Die politische Information der Jungwähler beruht wie die aller Wählergruppen auf einer Vielfalt sich überschneidender Medien und Einflußgruppen In der Umfrage konnten von den Massenmedien aus Gründen des begrenzten Fragebogenumfangs nur die Zeitungen und Zeitschriften berücksichtigt werden. Die in Tabelle 25 angegebene Leser-quote der einzelnen Zeitungen hat natürlich keinerlei Repräsentativität für das Bundesgebiet, sie gibt bestenfalls Aufschlüsse über den Hamburger Zeitungsmarkt. Die Leserquoten sind für unsere Fragestellung auch gar nicht wichtig; hier kommt es vor allem auf die aus den Tabellen 26 bis 30 hervorgehenden Zusammenhänge an.

Obwohl in Tabelle 25 die unterschiedliche Repräsentation der einzelnen Berufsgruppen berücksichtigt ist, schneidet eine Zeitung wie die Bild-Zeitung mit nur 25 0/0 Nennungen relativ schlecht ab. Das mag daran liegen, daß zum Teil von den Befragten die Bild-Zeitung (ähnliches mag für die Morgenpost gelten) nicht angegeben wurde, obwohl sie gelesen wird, zum anderen aber auch daran, daß gerade die Bild-und Morgenpost-Leser aus allen Gruppen unterdurchschnittlich geantwortet haben. Die Tabelle ist insofern hinsichtlich dieser Zeitungen nur bedingt brauchbar.

Untersucht man jedoch die Einstellungen der Leser der verschiedenen Zeitungen, so sind gerade die Daten dieser Gruppe besonders aufschlußreich. Es darf nämlich angenommen werden, daß genau diejenigen Befragten, die die Bild-Zeitung oder die Morgenpost genannt haben, auch tatsächlich überwiegend diese Zeitungen zur Meinungsbildung benutzen.

Die Korrelation von Zeitungslektüre und Parteipräferenz ergibt folgendes Bild: Die Leser der Springer-Zeitungen erreichen einen CDU-Anteil, der weit über dem Durchschnitt liegt. Hierbei ist bemerkenswert, daß die Leser der WELT als der im Niveau höchsten Zeitung dieses Konzerns auch den höchsten CDU-Anteil erreichen, während die Bild-Leser, da sie von ihrer soziologischen Struktur her eher zur SPD hin tendieren, in geringerem Maße die CDU wählen. Auffällig ist der CDU-Anteil bei den Bild-Lesern jedoch in jedem Falle im Vergleich mit der Gruppe der Morgenpost-Leser (die Morgenpost ist vom Niveau her noch am ehesten mit der Bild-Zeitung vergleichbar): Zwischen den beiden Gruppen besteht eine Differenz im CDU-Anteil von 11 Prozentpunkten. Der Anteil der FDP ist, augenscheinlich entsprechend der Informationspolitik der Springer-Zeitungen, sehr divergierend. Während Bild-Leser nur zu weniger als 7 0/0 FDP wählen, bringen es die WELT-Leser auf die doppelte Quote. Der Gesamtdurchschnitt (10, 9 °/o) liegt dazwischen, überdies läßt sich die Divergenz auch damit erklären, daß zwischen den WELT-und Bild-Lesern ein Bildungsgefälle besteht, das die unterschiedlichen FDP-Quoten durchaus erklärt. Aus der anderen Zusammensetzung der ZEIT-Leserschaft folgt die von der WELT abweichende Parteipräferenz: Der SPD-Anteil liegt bei WELT-und ZEIT-Lesern etwa gleich bei 45 °/o, das Verhältnis von CDU und FDP liegt jedoch genau umgekehrt. Daraus läßt sich schließen, daß auch bei den SPD-Wählern die Motivation verschieden ist, je nachdem, ob sie WELT oder ZEIT lesen. Das wird klar aus dem Vergleich der gesetzten Prioritäten auf die Frage, welche politischen Aufgaben für vordringlich gehalten werden Zwischen ZEIT-und SPIEGEL-Lesern hingegen bestehen erwartungsgemäß kaum Unterschiede.

Die Gruppen der FR-und FAZ-Leser sind so klein, daß sich Aussagen nur bedingt machen lassen. Immerhin erscheint jedoch die FDP-Quote von 25 0/0 unter den FR-Lesern bemerkenswert; sie bedeutet bei 168 Nennungen, daß mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 °/o die FDP-Quote der FR-Leser zwischen 19 und 31 °/o liegt.

Stern-Leser liegen hinsichtlich ihrer Parteipräferenz ziemlich nahe beim Gesamtdurchschnitt, in ihrer Gesamttendenz aber etwas weiter . links', insofern die FDP-Quote gerade um so viel höher ist, wie die CDU-Quote niedriger ist als der Gesamtdurchschnitt.

Die Untersuchung der verschiedenen Berufsschichten nach den gelesenen Zeitungen untermauert im wesentlichen das bisher Gesagte. Sehr deutlich zeigt sich, daß der Anteil der Bild-Leser mit steigendem Bildungsniveau abnimmt. Das gilt auch für den Morgenpost-Anteil, wobei hier noch bemerkenswert ist, daß diese Zeitung in allen Gruppen häufiger von Männern als von Frauen gelesen wird. Vom Hamburger Abendblatt, das im übrigen in allen Schichten einen relativ gleichbleibenden Anteil hat, kann man das Umgekehrte sagen. Der Anteil der nächsten fünf Zeitungen: WELT, ZEIT, SPIEGEL, FR und FAZ steigt -wie zu erwarten — mit dem Bildungsniveau. Der SPIEGEL wird von Männern häufiger gelesen als von Frauen; bei der vergleichbaren ZEIT läßt sich ein solcher Unterschied nicht feststellen. Die FR erreicht überhaupt nur bei den Schülern einen nennenswerten Wert; die FAZ-Quote bei den männlichen Angestellten scheint ein Zufallsergebnis zu sein.

Die Quote der Stern-Leser sinkt ebenfalls mit steigender Bildung, jedoch sind die Unterschiede nicht so stark wie bei Bild und Morgenpost. Hinsichtlich der Zeitschriften Pardon, Konkret und Underground läßt sich feststellen, daß sie von Männern weit häufiger genannt wurden als von Frauen, überraschend niedrig ist die Zahl von 7, 2 °/0 bei den Schülerinnen, insbesondere im Vergleich zu dem dreimal so hohen Wert bei der männlichen Vergleichs-gruppe. 2. Zeitungslektüre und politisches Interesse Die Zeitungslektüre beeinflußt also offensichtlich die Parteipräferenzen der Jungwähler. Die Tatsache, daß die Befragten diese oder jene Zeitung als regelmäßige Lektüre nannten, sagt aber direkt noch nichts darüber aus, inwieweit politisches Interesse mit der Lektüre verbunden ist. Da allerdings nach Tageszeitungen, Wochenzeitungen und politisch engagierten Zeitschriften gefragt wurde, lassen sich einige Schlüsse aus der Tatsache ziehen, wie oft die Frage nur teilweise oder überhaupt nicht beantwortet wurde, das heißt, wie oft andere Zeitungen als die vorgegebenen oder überhaupt keine (weiteren) angegeben wurden. Im Durchschnitt wurden 2, 3 Zeitungen angegeben; bei den einzelnen Gruppen schwankt dieser Wert zwischen 2, 1 und 2, 5. Selbst wenn man berücksichtigt, daß in den meisten Fällen eher zu viele als zu wenige angegeben wurden, so zeigt sich im Vergleich der Berufsgruppen und vor allem der Geschlechter doch ein deutlicher Unterschied, wie Tabelle 28 ausweist. Die Korrelation von Zeitungslektüre und politischem Interesse in Tabelle 29 zeigt eine breite Streuung der Anteile. Wenn man aus den Nennungen einen Index bildet, so wird das Bild übersichtlicher. Vor allem werden nunmehr auch Vergleiche zwischen den verschiedenen Gruppen durchschaubar. Der Index läuft von 1, 0, was täglicher Unterhaltung entspräche, über 2, 0 (wöchentlich), 3, 0 (monatlich) bis 4, 0 (nie). Die Tabelle 30 und die Graphiken verdeutlichen folgende Sachverhalte:

1. Die Männer sind durchweg stärker politisch interessiert als die Frauen. Das gilt für alle Berufsgruppen und für alle Zeitungen. Die Kurve für die Männer liegt in allen Schaubildern unterhalb derjenigen für die Frauen. Deswegen konnte auf eine besondere Kennzeichnung der beiden Kurven verzichtet werden. 2. Insgesamt (siehe Bild B 6) unterhalten sich die Leser von WELT, ZEIT, SPIEGEL und der Zeitschriften Pardon, Konkret und Underground häufiger über Politik als die Leser der anderen hier untersuchten Zeitungen. (FR und FAZ wurden wegen der kleinen Besetzungszahl fortgelassen.)

3. Schüler(innen) sind auch dann noch die politisch Interessierteren, wenn sie Leser von Zeitungen wie Bild und Morgenpost sind, von Zeitungen also, deren Leser im Durchschnitt weniger interessiert sind. Die Kurven in Bild Al, A 2 und B 5 zeigen deutlich das überragende Interesse der Schüler (die Kurven fallen steil nach unten). Das gleiche gilt in nicht so ausgeprägtem Maße für Hamburger Abendblatt und Stern. Auch Pardon etc. ergeben ein ähnliches Bild. 4. Ganz anders sieht das Bild aus für die bereits genannten WELT, ZEIT und SPIEGEL. Hier verlaufen die Kurven wesentlich flacher, was andeutet, daß auch die (selteneren) Leser dieser Zeitungen aus den Gruppen der Nicht-schüler gerade die Interessierteren sind. 5. Auffällig ist in den gleichen Bildern, daß die Kurven für die Frauen und die Männer bei den Schülern wieder auseinanderlaufen. Die Schülerinnen, die WELT, ZEIT und SPIEGEL lesen, sind überdies weniger interessiert als die weiblichen Lehrlinge, die ebenfalls diese Zeitungen lesen. Daraus läßt sich ableiten, daß diejenigen Lehrlinge, die diese Zeitungen lesen, dies mit mehr Interesse tun als Schülerinnen. 6. Der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von politischen Gesprächen und den gelesenen Zeitungen ist bei den Lehrlingen ähnlich wie bei den Schülern. Insbesondere ist die Differenz zwischen den Geschlechtern auch hier nicht so groß wie bei den voll berufstätigen Gruppen (siehe Bild B 4, im Vergleich zu B . 5 einerseits und B 2 sowie B 3 andererseits). Schülern und Lehrlingen ist auch gemeinsam, daß die Bild-und Morgenpost-Leser überdurchschnittlich interessiert sind. Morgenpost-Leser sind dabei die Interessierteren. 7. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist per saldo am krassesten bei den Angestellten. Das dürfte darin begründet sein, daß das typische Berufsbild des männlichen Angestellten von dem der weiblichen Angestellten recht verschieden ist. Das Interesse der männlichen Angestellten ist unter allen Gruppen das zweithöchste. 3. Politische Umweltkontakte der Jungwähler a) Politische Gesprächspartner In den Theorien des Wählerverhaltens kehrt vielfach die Feststellung wieder, daß der Einfluß der Umwelt, das heißt der Personen, mit denen das Individuum in ständigem Kontakt steht, höher zu bewerten sei als der Einfluß der Massenmedien auf die politische Meinungsbildung Daher haben wir die Jungwähler nach ihren politischen Gesprächspartnern befragt.

Das Gesamtbild der politischen Kontaktpersonen bzw. -gruppen sieht folgendermaßen aus: 1. Die primäre Umwelt (Eltern, andere Familienangehörige, Ehepartner bzw. Freund oder Freundin) stellt bei fast der Hälfte der Jungwähler den wichtigsten politischen Gesprächspartner. 2. Das Gespräch mit gleichaltrigen Arbeitskollegen ist häufiger als das mit älteren, das mit gleichaltrigen Freunden häufiger als das mit den Eltern, das mit den Mitschülern häufiger als das mit den Lehrern. Politische Gespräche werden offensichtlich mehr mit den Altersgenossen als mit den Älteren geführt. 3. Das Gespräch mit Bekannten in Parteien und in politischen Vereinigungen aller Art ist nur für 3, 3 °/o häufigster Kontakt und spielt somit eine völlig untergeordnete Rolle. 4. Wichtigere politische Kontaktstellen sind Jugendgruppen und Sportvereine. Insgesamt spielen aber nur für 10, 6 °/o der Befragten Gespräche in Organisationen eine entscheidende Rolle. Durch den politischen und vorpolitischen Raum im weitesten Sinne wird also nur jeder zehnte Jugendliche geprägt.

Gliedert man die Befragten nach Berufsgruppen auf, ergibt sich folgende Spezifizierung: 1. Bei den Hausfrauen und allen berufstätigen Frauen ist der Ehemann bzw. Freund der wichtigste politische Gesprächspartner. Für die Mehrheit dieser Gruppen gilt der Satz: Wenn sie sich schon einmal über Politik unterhalten — was selten vorkommt —, dann eben mit Ehemann bzw. Freund. 2. Bei Oberschülerinnen und Studentinnen ist die Situation grundlegend anders. Hier gibt es drei etwa gleich starke Gruppen: Elternhaus, Ehepartner bzw. Freund und Mitschüler. 3. Oberschülerinnen und Studentinnen zeigen — wie zu erwarten — die größte Bindung an das Elternhaus. Der Typ der höheren Bürgers-tochter spielt hier eine besondere Rolle. 4. Oberschüler und Studenten sind die am stärksten introvertierte Gruppe. Fast die Hälfte findet den wichtigsten Gesprächspartner in den eigenen Reihen. Hier liegt der Ansatzpunkt für eine spezifische politisch-soziologische Subkultur. 5. Ältere Kollegen spielen mit 15, 6 °/o bei den Arbeitern eine etwas stärkere Rolle als bei den Angestellten. 6. Ältere Kollegen tauchen bei den Arbeiterinnen als politische Gesprächspartner fast gar nicht auf. Auch das ist ein Indiz für das geringe politische Interesse. Nur 12, 8% der Arbeiterinnen nennen Kontaktpersonen aus der sekundären Umwelt, 65, 8 % hingegen Kontakt-personen der primären Umwelt.

7. Je mehr Kontaktpersonen aus der sekundären Umwelt in einer Gruppe genannt werden, desto größer ist das politische Interesse der Gruppe.

Auch hinsichtlich der Parteipräferenz bestehen wesentliche Unterschiede-in der Bevorzugung von Gesprächspartner-Gruppen. Diese Präferenz hängt offensichtlich in hohem Maße davon ab, mit welchen dieser Personen bzw. Personengruppen der stärkste Kontakt besteht. Im einzelnen lassen sich aus den Tabellen 33 und 34 folgende Zusammenhänge erkennen:

1. Unterhaltungen mit den Eltern sind am stärksten bei den CDU-Jungwählern, liegen aber auch bei den SPD-Wählern über dem Durchschnitt. Die Mittelwertbildung täuscht hier über den Tatbestand hinweg, daß zwei streng voneinander zu trennende Gruppen vorliegen: einerseits die Wähler der beiden großen Parteien — zahlenmäßig sehr stark —, die sich viel mit den Eltern über Politik unterhalten, andererseits alle übrigen Gruppen, die zwar zahlenmäßig schwächer sind, sich aber erheblich seltener mit den Eltern unterhalten als jene. Insbesondere sind die Eltern auch für die FDP-Jungwähler seltener die Partner für das politische Gespräch. Die niedrige Quote von nur 13, 7 % resultiert keinesfalls aus der starken Überrepräsentation der Schüler und Studenten unter den FDP-Wählern, denn diese Gruppe insgesamt unterhält sich etwa so häuTabelle fig wie der Durchschnitt mit den Eltern. Daher läßt sich folgern, daß es gerade die FDP-Wähler sind, die sich stark gruppenintern unterhalten. 2. Das Gespräch innerhalb von Parteiorganisationen spielt nur für die DKP-Wähler eine erhebliche Rolle. Hierin besteht der wesentliche Unterschied zwischen FDP-und DKP-Wählern, während ansonsten die Jungwähler hinsichtlich der bevorzugten Gesprächspartner in zwei Gruppen eingeteilt werden können: a. die Wähler der beiden großen Parteien und b. die Wähler aller anderen Parteien, abgesehen von den Nichtwählern und den Unentschlossenen. b) Politische Konlliktgruppen Eine Untersuchung über die Umweltkontakte und ihren Einfluß auf das politische Verhalten der Jungwähler wäre unvollständig, beschränkte sie sich darauf, festzustellen, wer die Gesprächspartner der Jungwähler sind. Wir haben daher — mit dem gleichen Antwortenkatalog — weiter gefragt, mit welchen Personengruppen die Jungwähler in ihrer politischen Meinung am wenigsten übereinstimmen. Aus den Ergebnissen folgt ganz unzweideutig, daß die Jungwähler die meisten politischen Auseinandersetzungen mit Vertretern der älteren Generation haben, etwa gleichermaßen mit Eltern und älteren Arbeitskollegen. Tabelle 35 weist diese beiden Konfliktgruppen mit kaum überbietbarer Deutlichkeit auf. überraschend hingegen ist der geringe Konflikt mit Lehrern, die ja durchschnittlich zur Altersgruppe der Eltern und älteren Arbeitskollegen gehören dürften. Berücksichtigt man, daß immerhin ca. 16°/o ihren wichtigsten Gesprächspartner im schulischen Bereich finden, so kann man daraus schließen: Die politische Diskrepanz zwischen Schülern und Lehrern dürfte kaum geringer sein als die zwischen Schülern einerseits und Eltern und älteren Arbeitskollegen andererseits. Der Konflikt wird aber weitaus weniger ausgetragen, da politische Themen im engeren Sinne in der Schule wenig angesprochen und zum Teil sogar bewußt wegen Konfliktgefahr vermieden werden. Darüber hinaus dürften die Schüler es aus Gründen der Opportunität in der Schule seltener bis zum Konflikt kommen lassen als im Elternhaus oder (was die anderen Gruppen betrifft) im Betrieb.

In der Aufschlüsselung auf die einzelnen Berufsgruppen zeigt sich eine Reihe bemerkenswerter Unterschiede Deutlich wird zunächst ein auch in anderen Zusammenhängen zu beobachtendes Phänomen: Die männ-liehen Befragten geraten stärker in politischen Konflikt als die Frauen, und zwar ist die Divergenz zwischen den Geschlechtern um so größer, je höher das Bildungsniveau ist. Diese Tatsache korrespondiert mit dem größeren Interesse der Männer. Männliche Lehrlinge, Gymnasiasten und Studenten verzeichnen die höchste Konfliktfreudigkeit. Daß die Lehrlinge häufiger Streit haben als die Arbeiter und Angestellten, läßt sich damit begründen, daß nach dem Lehrabschluß — das heißt nach der vollen Integration in den Arbeitsprozeß — die Bereitschaft zur Anpassung der politischen Meinung zunimmt. Lehrlinge und voll Berufstätige haben hingegen gemeinsam, daß sie ihre politischen Meinungsverschiedenheiten mit den älteren Kollegen am Arbeitsplatz austragen, während die Gymnasiasten und Studenten — wohl aufgrund ihrer stärkeren Bindung an die primäre Umwelt — in erster Linie mit ihren Eltern zusammenstoßen. Die sekundäre Umwelt dieser Gruppe bietet, da sie sich überwiegend aus Gleichaltrigen zusammensetzt, wenig Ansatzpunkte zu grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten, und wo solche aufkommen könnten — nämlich gegenüber den Lehrern —, werden Konflikte vermieden. Dies gilt insbesondere für die Schülerinnen, jedoch ist es auch unter den männlichen Vertretern dieser Gruppe nur jeder elfte, der die sicherlich bei einem viel größeren Teil bestehenden Meinungsverschiedenheiten auszutragen angibt.

Parteipräferenz und Konfliktgruppe hängen, wie Tabelle 37 aufweist, eng zusammen. Die Konfliktpartner der SPD-Wähler verteilen sich auf die einzelnen Gruppen etwa genauso wie beim Durchschnitt aller Jungwähler — immerhin wird ja dieser Durchschnitt überwiegend von den SPD-Wählern bestimmt. Die CDU-Wähler weichen hier von den SPD-Wählern sehr viel stärker ab, als das hinsichtlich der Gesprächspartner festzustellen war. Insbesondere ist der überaus niedrige Anteil solcher CDU-Wähler bemerkenswert, die sich mit ihren. Eltern streiten. Ähnlich unterdurchschnittlich ist der Anteil derjenigen, die mit ihren älteren Kollegen uneins sind. Dafür verzeichnet diese Gruppe den höchsten Prozentsatz für Konflikte mit Gleichaltrigen: CDU-Wähler streiten sich fast doppelt so häufig mit gleichaltrigen Kollegen bzw. Mitschülern wie die Gesamtheit — was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, wie sehr die CDU-Wähler in ihrer Altersgruppe in der Minderheit sind. Die FDP-Wähler haben am häufigsten Streit mit ihren Eltern, häufiger noch als die DKP-Wähler und fast doppelt so häufig wie die CDU-Wähler. Für die DKP-Wähler ist der hohe Prozentsatz an Meinungsverschiedenheiten mit älteren Kollegen interessant. Der Grund hierfür scheint zu sein, daß Versuche politischer Agitation am Arbeitsplatz seitens der älteren Kollegen auf beträchtliche Ablehnung stoßen.

V. Beurteilung politischer Sachprobleme und Einschätzung der Parteien

Tabelle 4

Das Ausmaß politischen Interesses und Engagements hat nur einen partiellen Erklärungswert für die Frage nach dem Jungwählerverhalten. Wenn man — wie in diesem Falle — von den Daten über Wahlbeteiligung und Parteipräferenz ausgeht, erhält man zwar durch die Korrelation mit dem Faktor Berufsschichtung nicht nur ein spezifiziertes Ergebnis der Präferenzen, sondern bereits erste Hinweise auf die Motive bei der Wahlentscheidung. Die Frage nach dem politischen Interesse ünd Engagement hat dann die Funktion der Erklärung der äußeren Einflüsse auf diese Wahl-entscheidung. Die ihr zugründe liegenden Motive hingegen sind nur mit Fragen nach den politischen Prioritäten und der darauf basierenden Einschätzung der Parteien zu ermitteln. 1. Priorität politischer Aufgaben Wie in allen anderen Fällen auch mußten wir aus technischen Gründen Antwortmöglichkeiten vorgeben. Sicherlich haben wir damit die Befragten bis zu einem gewissen Grade präformiert, obwohl eine breite Streuung von Möglichkeiten angeboten wurde. Von zehn genannten Sachproblemen mußten zwei als die wichtigsten eingestuft werden. Die Antworten sind natürlich im Zusammenhang mit der politischen Situation zum Befragungszeitpunkt zu sehen Die allgemeine Einschätzung der im Oktober 1969 neu gebildeten Regierung aus SPD und FDP war recht positiv Die ersten Anzeichen einer ostpolitischen Initiative waren deutlich Sichtbar und nahmen in der Presse einen breiten Raum ein. Vom Erfurter Gespräch zwischen Brandt und Stoph war allerdings noch nichts bekannt, so daß auch hinsichtlich der Antwortmöglichkeit (3) — Verständigung mit der DDR und der Sowjetunion — die generelle Einschätzung erfaßt sein dürfte, wahrscheinlich nur geringfügig aktualisiert, zumal ein gewisser Perzeptionsrückstand einkalkuliert werden muß.

Die Antworten auf die Frage nach der Bedeutung der politischen Aufgaben lassen eindeutige Prioritäten der Jungwähler erkennen, die — soweit Ergebnisse ähnlicher Fragen an alle Altersgruppen herangezogen werden können — als spezifisch für diese Gruppe, zumindest aber für die Altersgruppen bis zu 30 Jahren, angesehen werden können.

1. Bessere Bildungschancen haben absolute Priorität vor allen anderen Aufgaben. 2. Die Verständigung mit dem Osten wird fast ebenso hoch eingestuft wie die Erhaltung der Preisstabilität, der ganz klar der zweite Platz zukommt.

3. Den außenpolitischen Aufgabenbereichen kommt — obwohl ihnen von nahezu zwei Dritteln der von uns Befragten ein erster oder zweiter Platz eingeräumt wurde — nur eine zweitrangige Bedeutung zu. Selbst die Verständigung mit der DDR und der Sowjetunion wurde fast so oft als zweitwichtigste wie als wichtigste Aufgabe genannt; bei den beiden anderen außenpolitischen Aufgabenstellungen — Ausbau der Europäischen Gemeinschaften und Fortsetzung des guten Verhältnisses zu den Partnern im Westen — überwiegen deutlich die Nennungen auf Platz zwei, wobei bemerkenswert ist, daß die Ostpolitik (mit insgesamt 31, 6% Nennungen) die West-und Europapolitik (mit insgesamt nur 30, 9 % Nennungen, überwiegend auf Platz zwei) in der Einschätzung der Jungwähler nur knapp überwiegt. 4. Daraus darf gefolgert werden, daß den von uns Befragten innenpolitische Aufgaben mehr am Herzen liegen als außenpolitische. Entsprechend dürfte auch der Wert einer Partei eher an ihren innen-als an ihren außenpolitischen Erfolgen gemessen werden. Insofern besteht also kein genereller Unterschied gegenüber den Perzeptionen der älteren Jahrgänge 5. Erstaunlich selten — trotz der unterschiedlichen Größenordnung der Probleme — wurde die Antwort „Unterstützung bei Berufswechsel" selbst an zweiter Stelle gegeben. Augenscheinlich ist die — mittlerweile absehbare —-Notwendigkeit häufigeren Berufswechsels von den Jugendlichen noch in keiner Weise perzipiert worden.

Die Korrelation der Einschätzung politischer Aufgaben mit dem Merkmal Berufsschichtung zeigt beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen. Aus Tabelle 39 läßt sich ersehen, daß die Einschätzung der Aufgabe „bessere Bildungschancen" in sehr starkem Maße von der Bildung abhängt: je höher der bereits erreichte Bildungsgrad ist, für desto wichtiger wird die Verbesserung des Bildungssystems erachtet. Immerhin stellen jedoch diejenigen, die von den Parteien Maßnahmen auf dem Bildungssektor erhoffen, in allen Gruppen einen hohen Anteil. Dabei ist dieser Anteil generell bei den Männern höher als bei den Frauen; der Unterschied läßt sich bis zu der Gruppe höchsten Bildungsgrades verfolgen.

Umgekehrt ist das Verhältnis hinsichtlich der Einschätzung der Preisstabilität. Der Grund dafür dürfte sein, daß Frauen mit dem Problem steigender Preise weitaus häufiger konfrontiert sind als Männer. Das gleiche gilt für das Wohnungsproblem. Die Vollbeschäftigung wird insbesondere von den männlichen Arbeitern überdurchschnittlich häufig erwähnt. Vollbeschäftigung ist hier zumeist auch als wichtigste Aufgabe genannt worden. Die Sorge um den Arbeitsplatz bestand in der Konjunktur-lage im Frühjahr 1970 wohl allenfalls bei dieser Gruppe. Den völligen Gegensatz bildet die Gruppe der Arbeiterinnen Die Sorge um den Arbeitsplatz spielt hier überhaupt keine Rolle; die Bereitschaft, den Arbeitsplatz bei oder kurz nach der Heirat aufzugeben, scheint das ausschlaggebende Moment zu sein. Die Beurteilung der Aufgabe Vollbeschäftigung durch die Lehrlinge liegt tendenziell zwischen der durch die Arbeiter und der durch die An-gestellten, insofern unter den Lehrlingen etwa zu gleichen Teilen kaufmännische und gewerblich-technische vorkommen.

Erstaunlicherweise ist der Europagedanke in allen Gruppen — mit Ausnahme allenfalls der Hausfrauen und der Arbeiterinnen — ziemlich gleich vertreten. 2. Politische Prioritäten und Parteien-

bzw. Koalitionspräferenz Die Einschätzung der Aufgabenbereiche durch die Wähler der verschiedenen Parteien zeigt kaum Besonderheiten. Erwartungsgemäß halten CDU-und NPD-Wähler die Verständigung mit dem Osten überdurchschnittlich selten für wichtig. Die Gegengruppe bilden die DKP-Wähler. Fast 80 % der FDP-Wähler stufen die Bildungsaufgabe hoch ein, 27 °/o dieser Gruppe erhoffen von der FDP langfristig Veränderungen der Gesellschaftsstruktur; entsprechend erreicht die FDP unter den Befürwortern dieser beiden Aufgaben Anteile von 20 bzw. 22 o/o.

Ergiebiger als die Korrelation mit der Partei-präferenz ist hier die mit der Koalitionspräferenz, deren Ergebnisse in Tabelle 40 wiedergegeben sind. Wenn auch genaugenommen nach der erhofften Zusammensetzung des Hamburgischen Senats gefragt worden war (und insofern die Einschätzung der außenpolitischen Aufgaben nur eingeschränkt auf die Zusammensetzung des Senats bezogen werden darf), so zeigt sich doch gerade in dieser Korrelation deutlich, daß die Zusammensetzung des Senats, einer Landesregierung also, und die der Bundesregierung unter dem gleichen Blickwinkel gesehen werden.

Die kleine Koalition ist in der Anschauung der Jungwähler am besten geeignet, die Aufgaben „bessere Bildungschancen" und „Veränderung der Gesellschaftsstruktur" zu lösen. Unter den Befürwortern dieser beiden Aufgaben erzielt diese Koalitionsmöglichkeit jeweils den mit Abstand höchsten Wert. Daß die SPD-FDP-Koalition unter den Befürwortern von sozialen Veränderungen um soviel besser abschneidet als die SPD-Alleinregierung, zeigt sehr deutlich, wie weit , links'die Anhänger der sozialliberalen Koalition stehen. Der Sachverhalt läßt sich auch dahin gehend formulieren, daß unter den Jungwählern die FDP weithin schon als . Linkspartei 1 gesehen wird.

Die Erhaltung des guten Verhältnisses mit dem Westen wird der SPD allein unterdurchschnittlich zugetraut. Hier bedürfte es nach Meinung der Jungwähler des Korrektivs der CDU oder — was angesichts des eben gesagten nunmehr erstaunlich ist — der FDP. Zweierlei ist hier möglich: Einmal mag es sein, daß es unter den FDP-Wählern zwei Fraktionen gibt, eine progressive und eine mehr konservative; diese Vermutung ist nicht sehr wahrscheinlich, da ca. 81% der FDP-Jungwähler die linksliberale Koalition befürwortet haben. Zum anderen mag es sein, daß der FDP die

Fähigkeit zugetraut wird, sehr unabhängig von irgendwelchen ideologischen Festlegungen die je rationaleren Entscheidungen zu treffen. Der — im Gegensatz zu den beiden großen Parteien — stark mit rationalen Argumenten geführte Wahlkampf könnte hier seine Spuren hinterlassen haben. Da diese Diskrepanz für uns unerwartet auftrat, gibt es vorläufig keine Möglichkeit, die beiden alternativen Hypothesen zu überprüfen.

Der CDU-Alleinregierung werden in erster Linie Erwartungen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Partnern im Westen entgegengebracht. Auch in den beiden wirtschaftspolitischen Aufgabenbereichen schneidet die CDU-Alleinregierung relativ gut ab, während gerade hier — und das gilt insbesondere für das Problem der steigenden Preise — die schwache Stelle einer sozial-liberalen Koalition gesehen wird 3. Politische Prioritäten und Informationsmedien Nachdem oben bereits festgestellt wurde, daß die Informationsmedien die Wahlentscheidung beeinflussen, liegt es nunmehr nahe zu fragen, welche Motivationen durch die Lektüre welcher Zeitungen hervorgerufen werden. Tabelle 41 stellt die Korrelation zwischen den wichtigsten Zeitungen und den wichtigsten Aufgaben dar.

Insgesamt bestätigt sich das Bild, das bereits bei der Korrelation mit der Berufsschichtung gewonnen werden konnte. Die Einschätzung variiert im wesentlichen mit dem Bildungsniveau, das sich ja auch in den gelesenen Zeitungen widerspiegelt.

Im einzelnen zeigen sich jedoch einige Besonderheiten. Im Vergleich mit den Morgen-post-Lesern gibt es erstaunlich wenige Bild-Leser, die den besseren Bildungschancen die absolute Priorität einräumen. Derselbe Vergleich, angewandt auf die Aufgabe der Preisstabilität, erbringt den gleichen Eindruck: Bild-Leser sind — Folge der Informationspolitik dieser Zeitung seit Bildung der SPD-FDP-Koalition in Bonn, so läßt sich vermuten — wesentlich preisbewußter als die vergleichbaren Morgenpost-Leser. Die Einstufung der Bindung an die westliche Allianz ist (unter den von uns untersuchten Zeitungen) einzig bei den Bild-und WELT-Lesern überdurchschnittlich. Zusätzlich zum Bildungsgefälle zeigt sich bei den Lesern der Springer-Zeitungen eine im Vergleich zu den Lesern von ZEIT und SPIEGEL deutliche Ablehnung neuer Gesellschaftsstrukturen. Wären nur Bildungsniveau und Schichtenzugehörigkeit entscheidend für die Einschätzung der Aufgaben, dürfte man einen so extremen Unterschied, wie er zwischen WELT-und ZEIT-Lesern hinsichtlich der Priorität gesellschaftlicher Reformen besteht (4, 7 0/0 gegen 13, 1 %), nicht erwarten. 4. Beispiele zur Einstellung gegenüber strukturellen Veränderungen Die Problematik der „Veränderungen in der gegenwärtigen Gesellschaftstruktur" ist zu vielschichtig, als das sich letzte Aussagen schon aufgrund der Beantwortung der Frage nach der Einschätzung der politischen Aufgaben machen ließen Wir haben daher noch gesondert nach zwei spezielleren Problemen aus diesem Bereich gefragt: nach der Verstaatlichung von Großbetrieben und nach der Einstellung zum Verhalten der Gewerkschaften. Tabelle 42 zeigt zur Verstaatlichungsfrage, daß insgesamt mehr Jugendliche — wenn auch zum großen Teil nur unter gewissen Bedingungen — für die Verstaatlichung der Großbetriebe als entschieden dagegen sind. Beachtlich ist der hohe Prozentsatz der nicht Kompetenten. Die Aufschlüsselung auf die Berufsgruppen in Tabelle 43 ermöglicht weitere Schlüsse. überwiegend die kritische Reflexion über das gegenwärtige Wirtschaftssystem vollzogen worden, infolgedessen sind in diesen Gruppen auch die Quoten der nicht Kompetenten am niedrigsten. Ähnlich wie die Schüler antworteten auf diese Frage auch die männlichen Angestellten. Diese Gruppe scheint sehr inhomogen hinsichtlich der Verstaatlichung zu sein: Einerseits erreicht Antwort (1) bei den männlichen Angestellten den höchsten Nennungsgrad unter den Berufstätigen, andererseits aber auch die Antwort (3). Ein Teil der Angestellten ist also ziemlich entschieden für, ein anderer entschieden gegen die Verstaatlichung, während die Berufstätigen sonst, soweit sie überhaupt eine der ersten drei Antworten gegeben haben, auf die etwas weichere, mehr Spielraum lassende, nicht sehr entschiedene (2) auswichen.

Frauen halten sich in der Verstaatlichungsfrage für weniger kompetent als Männer; bis zu den Schülern hin läßt sich diese Divergenz beobachten.

Die Einstellung zur Verstaatlichungsfrage beeinflußt erwartungsgemäß das Wählerverhalten: Wer die Verstaatlichung bejaht — das zeigt Tabelle 44 —, wählt konsequenterweise häufig DKP und selten CDU, wobei sicherlich die DKP-Stimmen auf Kosten der SPD gehen und vielleicht die der FDP auf Kosten der CDU, die unter den Verstaatlichungsablehnern mit fast 28 0/0 sehr stark ist. Die nicht Kompetenten wählen etwa so wie die Gesamtheit; sie sind jedoch, wie zu erwarten war, häufiger unentschlossen. Die unbedingten Befürworter enthalten sich, was ebenfalls nahe-lag, überdurchschnittlich häufig der Stimme.

Zum Verständnis der Antworten auf die Frage nach dem Verhalten der Gewerkschaften muß zunächst gesagt werden, daß 22, 8 0/0 der Jungwähler Gewerkschaftsmitglieder sind. Sie stammen fast ausschließlich aus den berufstätigen Gruppen. Frauen gehören im Durchschnitt weniger einer Gewerkschaft an als Männer. Die Parteipräferenzen von Mitgliedern und Nichtmitgliedern unterscheiden sich dahin gehend, daß die SPD ca. 8 Prozentpunkte mehr erhält, die CDU ca. 8 Prozentpunkte weniger. Diese Divergenz war nach Ausmaß und Richtung nicht anders zu erwarten.

Der überwiegende Teil der Jugend ist wirtschaftsfriedlich eingestellt; Frauen sind wirtschaftsfriedlicher als Männer. Fast ein Sechstel der Jungwähler befürworten jedoch auch Arbeiteraktionen. Interessanterweise erheben vor allem die Schüler den Vorwurf, die Gewerkschaften seien nicht aktiv genug: fast jeder vierte männliche Schüler ist dieser Überzeugung. Ganz ähnlich hatten sich schon in der Verstaatlichungsfrage die Schüler als besonders unternehmerfeindlich gezeigt Auffallend ist, daß die mittlere Position (2) kaum eingenommen wurde — ein Zeichen dafür, daß derjenige, der das Bestehen der Gewerkschaften befürwortet, auch ihr Verhalten billigt. Die Parteipräferenz hängt auch von der Einstellung zu den Gewerkschaften ab: Entsprechend den Ergebnissen der Korrelation von Parteipräferenz und Einstellung zur Verstaatlichungsfrage sind in den Gruppen (2) und (3) FDP und DKP überrepräsentiert, während — anders als im herangezogenen Vergleichs-fall — beide großen Parteien hier unterrepräsentiert sind. 5. Beurteilung der Parteien für den Fall politischer Krisen Im Zusammenhang mit der Einschätzung politischer Aufgaben und der Koalitions-bzw. Parteipräferenz konnte nur sehr generell über die Beurteilung der wirtschafts-und außen-politischen Leistungsfähigkeit der Parteien gesprochen werden. Einige weitere Details lassen sich aus zwei Fragen ableiten, die darauf abzielten, wer wohl am besten eine die Bundesrepublik bedrohende Krise — einmal wirtschaftlicher, zum anderen außenpolitischer Natur — würde lösen können. Vorgegeben wurden die Antwortmöglichkeiten (1) CDU, (2) SPD, (3) keine der Parteien, sondern nur eine starke Einzelpersönlichkeit. Darüber hinaus boten wir für die wirtschaftliche Krise noch ein „Kollektiv nach einer sozialistischen Revolution" und für die außenpolitische Krise die NATO-Partner der Bundesrepublik Deutschland an.

Fast ein Viertel aller Jugendlichen sieht das außenpolitische Heil der Bundesrepublik in den Händen der NATO-Partner. Außenpolitisches Geschick wird eher der SPD als der CDU zugetraut: 5, Imai so viele Befragte schätzten die Fähigkeiten der SPD-Mannschaft höher ein als die der CDU. Für die wirtschaftliche Krise ist dieses Verhältnis nur 3, 3 zugunsten der SPD. Die Verdienste der CDU um das „Wirtschaftswunder" scheinen also noch in wacher Erinnerung zu sein. Jeder sechste hält hinsichtlich der Wirtschaftskrise, jeder achte hinsichtlich der außenpolitischen Krise eine starke Einzelpersönlichkeit für den besten Garanten einer Lösung. Demokratie wird also von einem beachtlichen Prozentsatz eher als eine Staatsform für ruhige Zeiten aufgefaßt. Diese Antwort ist immerhin häufig von Kommentaren begleitet gewesen wie etwa „demokratische Einzelpersönlichkeit". Aufgrund dieser hohen Prozentsätze kann man aber nicht auf eine faschistoide Grundhaltung bei jedem sechsten bis achten Jugendlichen schließen, jedoch bleibt das Bild einer ziemlich kritischen Einstellung hinsichtlich der Effizienz der Demokratie in Notsituationen bestehen. überraschend hoch war der Anteil derjenigen, die sich für die beiden Fragen inkompetent erklärten. Keine andere Frage ist auch nur annähernd in so hohem Maße mit „ich weiß nicht" (23, 4% bei der Wirtschaftskrise, 17, 5 bei der außenpolitischen) beantwortet worden. Die Möglichkeit einer Krise, außenpolitisch oder wirtschaftspolitisch, ist von den Jugendlichen offensichtlich nur selten ins Auge gefaßt worden. 6. Einschätzung der Unterschiede zwischen SPD und CDU Einschätzung politischer Aufgaben und Beurteilungen der Leistungsfähigkeit der Parteien sind Stufen im Prozeß, der auf die Entscheidung an der Wahlurne hinzielt. Dieser Entscheidung geht logischerweise die Feststellung von Unterschieden zwischen den Parteien voraus. Wir stellten daher auch die Frage nach den „entscheidenden Unterschieden zwischen SPD und CDU", wobei wir, soweit dies technisch und logisch möglich war, den Antworten-katalog dem der Einschätzungsfrage angeglichen haben Als entscheidender Unterschied zwischen den beiden großen Parteien wird ihre stark divergierende Haltung zu deutschland-und ostpolitischen Fragen erkannt. Mehr als ein Drittel der von uns Befragten nannten dieses Abgrenzungskriterium. Es wurde in allen Gruppen und von den Wählern aller Parteien erheblich häufiger genannt als irgendein anderes spezielles Kriterium (die Antwort „in der allgemeinen politischen Richtung" bleibt hier zunächst außer Betracht, ebenso die Antwort „Führungspersonen"). Alle anderen Kriterien fallen kaum ins Gewicht. Die Tatsache, daß nicht einmal jeder elfte den beiden Parteien unterschiedliche Auffassungen über notwendige Veränderungen in der Gesellschaft unterstellt, legt den Schluß nahe, daß die SPD kaum mehr als Klassenpartei gesehen wird; am wenigsten wird dieser Unterschied von den CDU-Wählern hervorgehoben, obwohl gerade Vertreter der CDU eine entsprechende Profilierung gegenüber der SPD immer wieder versuchen. Die hohe Quote von FDP-Wählern, die den gesellschaftspolitischen Unterschied betonen, läßt einmal mehr darauf schließen, daß gerade diesen Wählern an einer Abgrenzung gegenüber dem langjährigen Koalitionspartner CDU sehr gelegen ist.

Keinen Unterschied zwischen den beiden großen Parteien sehen erwartungsgemäß sehr viele DKP-Wähler. In der aus technischen Gründen zusammengefaßten Gruppe der Unentschlossenen und der Nichtwähler gibt es ebenfalls sehr viele, die keine Abgrenzungskriterien entdecken können. Es dürften dies in erster Linie die Nichtwähler sein, während die Unentschlossenen vor allem in der überaus hohen Quote der Nichtkompetenten gesucht werden müssen. Ansonsten wurde die Antwort „ich weiß nicht" ausgesprochen selten gegeben; eine Erklärung hierfür läßt sich aus der Korrelation mit der Berufsschichtung geben: Die beiden ersten Antwortmöglichkeiten „in den Führungspersonen" und vor allem „in der allgemeinen politischen Richtung" wurden um so weniger gewählt, je höher der Bildungsgrad war. Das besagt, daß zwar von sehr vielen Jugendlichen gesehen wurde, daß ein Unterschied besteht, dieser jedoch in sehr vielen Fällen nicht genau ausgemacht werden konnte, so daß die Befragten es häufig vorzogen, eine der beiden allgemeiner formulierten Antworten zu geben. 7. Programmatische oder personelle Entscheidungsmotivation? Zu untersuchen bleibt, nachdem Informationsstand, Umweltkontakte und Motivationen behandelt wurden, inwieweit die Selbstdarstellung der Parteien, sei es durch ihre Programme, sei es durch ihre Kandidaten, die Entscheidung der Jungwähler beeinflußt. Wir fragten daher noch danach, ob sich die Entscheidung für die eine oder andere Partei nach den Programmen richte oder ob andere Gesichtspunkte wichtiger seien. Darauf gaben 33, 2 0/0 an, sie richteten sich nach den Programmen — besonders häufig antworteten so die Wähler der FDP, in zweiter Linie die der SPD, während die CDU-Wähler unter dem genannten Durchschnitt lagen. Der personelle Gesichtpunkt „(nach den Kandidaten meines Wahlbezirks" und „nach den Spitzenkandidaten") wird von 19, 0 0/0 der Befragten genannt, häufiger von den Wählern der beiden großen Parteien als von denen der FDP, die deutlich unter dem Durchschnitt liegen. Die Alternativmöglichkeit zum programmatischen und personellen Gesichtspunkt, nämlich der langfristige („nicht nach aktuellen Gesichtspunkten, meine Entscheidung steht seit langem fest"), wurde von fast der Hälfte der Jungwähler angegeben. Abgesehen von den DKP-Wählern gaben am häufigsten die CDU-Wähler diesen Gesichtspunkt als maßgebend an, während die SPD-Wähler ziemlich genau im Durchschnitt lagen. Wie zu erwarten, war der Anteil der FDP-Wähler, die diesen Gesichtspunkt voranstellten, mit 36, 6 % der niedrigste. Die Tatsache, daß bei fast der Hälfte der Jungwähler die Entscheidung schon lange feststeht, unterscheidet sie nicht wesentlich von anderen Altersgruppen. Der Unterschied dürfte eher darin liegen, daß der programmatische, das heißt der sachliche Aspekt der Wahlentscheidung so sehr über den personellen gestellt wird, wenn dies auch nicht uneingeschränkt gesagt werden kann Viele der Befragten werden behauptet haben, sich nach den Programmen der Parteien zu richten, ohne je auch nur eine Wahlbroschüre, geschweige denn ein Parteiprogramm gelesen zu haben Dennoch ist mit dem Begriff des Programms unbestreitbar der Gedanke an ein sachliches Kriterium verbunden, so daß es für die Frage, ob sachliche oder personelle Faktoren entscheidend sind, letztlich ohne Belang ist, ob im Einzelfall nun das Parteiprogramm gelesen wurde.

VI. Das Verhältnis der Jungwähler zur älteren Generation

Tabelle 5

Wir haben uns bemüht, die Jungwähler als spezifische Gruppe zu verstehen und soweit wie möglich — begrenzt durch die relativ geringe Zahl vergleichbarer Daten — mit den Wahlberechtigten insgesamt zu kontrastieren. Die Unterschiede in den Parteipräferenzen waren mit den Faktoren politisches Interesse und politisches Engagement sowie mit den Informationsmedien kaum zu erklären. Die Aussagen über politische Gesprächspartner, insbesondere politische Konfliktgruppen, gaben einen eindeutigeren Anhaltspunkt. Dissens in politischen Fragen besteht vor allem mit Personen der älteren Jahrgänge. Damit stimmt überein, daß auch in der Einschätzung politischer Sachfragen und in der Bewertung der Parteien Akzentverschiebungen gegenüber den Älteren sichtbar wurden. Aus diesen Gründen liegt es nahe, abschließend direkt nach den Diskrepanzen im Wahlverhalten zwischen Jungwählern und Älteren zu fragen.

Leider war es nicht möglich, zugleich mit den Jungwählern auch deren Eltern zu interviewen. Daher wurde die Frage „Welche Partei bevorzugen Ihre Eltern?" in den Katalog (genommen. Die Antworten geben die subtive Einschätzung der Eltern seitens der gendlichen an. Aber gerade diese subjektive schätzung ist für die Erklärung des Wahlrhaltens der Befragten wichtig, übrigens ben die Jugendlichen die Präferenzen ihrer ern offenbar ziemlich richtig eingeschätzt

Ausmaß der abweichenden Parteipräferenz von Eltern und Kindern i die Präferenz von Vater und Mutter gennt erfragt wurden, läßt sich zwischen ernhäusern mit übereinstimmendem Votum d solchen mit differierendem Votum der ern unterscheiden. 39 0/0 der Jungwähler ihlten wie Vater und Mutter, 15 0/0 wie Va-oder Mutter und 46 0/0 anders als Vater d Mutter. Nur gut die Hälfte aller Jungihler stimmte also in ihrer Parteipräferenz t den Eltern — mindestens teilweise — ierein — ein Resultat, das sich allein aus der samtsumme der Abweichungen in der Parpräferenz nicht erkennen läßt. Im Vergleich r Einschätzung ihrer Eltern bevorzugten die gendlichen die FDP um sechs, die SPD um er, die DKP um zwei Prozentpunkte mehr, e NPD hingegen um einen und die CDU ließlich sogar um zwölf Prozentpunkte weger, die sonstigen Parteien wiederum um nen Prozentpunkt mehr

e Tatsache, daß 46 Prozent der Jungwähler ders als ihre Eltern wählten, trat deshalb cht so stark in Erscheinung — trotz der enoren Abweichung im Fall der CDU —, weil die ngwähler nahezu ausschließlich im Rahmen s gegebenen Parteiensystems blieben. Die-ses Verhalten dürfte vermutlich nicht nur darauf beruhen, daß man dieselbe Partei aus höchst unterschiedlichen Motiven wählen kann, sondern auch darauf, daß ein Mangel an Gelegenheit bestand, alternativ außerhalb der zentralen Kräfte des vorgegebenen Parteien-systems zu votieren

Die Motive, auf denen ein von den Eltern abweichendes politisches Verhalten im einzelnen beruhte, konnten im Rahmen dieser Umfrage zwar nicht direkt erforscht werden, aber es war immerhin möglich, den Zusammenhang von politischen Meinungsverschiedenheiten mit den Eltern und abweichendem Wahlverhalten festzustellen.

Zur Erfassung dieses Fragenkomplexes wurde eine fünfdimensionale Kreuzauswertung vorgenommen zwischen den Antworten auf die Fragen:

Welcher Partei würden Sie Ihre Stimme geben . . .?

In welcher Gruppe finden Sie die meisten Leute mit politischen Auffassungen, die Ihrer Meinung nicht entsprechen?

Welche Partei bevorzugen Ihre Eltern? Außerdem wurden die Berufsgruppen getrennt untersucht.

In den folgenden Tabellen werden folgende Abkürzungen verwandt:

A: Meinungsverschiedenheiten vorwiegend mit den Eltern B: Meinungsverschiedenheiten vorwiegend mit anderen Personen X: Der Jungwähler wählt die gleiche Partei wie beide Eltern Y: Der Jungwähler wählt so wie wenigstens ein Elternteil (X ist also in Y enthalten)

Z: Der Jungwähler wählt anders als seine Eltern. Tabelle zeigt deutlich, daß sich politische Meinungsverschiedenheiten auf das Wahlverhalten auswirken. Diejenigen, die mit der politischen Auffassung ihrer Eltern nicht übereinstimmen, wählen weitaus weniger dieselbe Partei wie ihre Eltern als diejenigen, die andere Konfliktgruppen nannten. So gaben zwar insgesamt 39 0/0 der Jungwähler dieselbe Präferenz an, die sie auch für ihre Eltern nannten, aber nur 24 0/0 der Jungwähler bezeichneten die Eltern als wichtigste Konfliktgruppe. Diese Diskrepanz gilt für alle Berufsgruppen gleichermaßen. Sie schlägt sich auch im Wahlergebnis nieder.

Diejenigen, die sich vorwiegend mit den Eltern streiten — und wahrscheinlich auch die-jenigen, die sich vorwiegend mit anderen Personen der älteren Jahrgänge streiten —, wählen in geringerem Maße die beiden großen Parteien. SPD und CDU erreichen in der A-Gruppe etwa 10 Prozentpunkte weniger als in der B-Gruppe. Die ihnen verlorengehenden Stimmen kommen in erster Linie der FDP zugute, die in der A-Gruppe 8 Prozentpunkte mehr aufweist als in der B-Gruppe und damit einen fast doppelt so hohen Stimmenanteil hat. Offensichtlich wird die FDP in starkem Maße als Alternative empfunden, wenn im Elternhaus politische Auseinandersetzungen vorliegen. Allerdings muß bei der Interpretation dieser Zahlen bedacht werden, daß Auseinandersetzungen vom Ausmaß des politischen Interesses abhängen. Wie oben erwähnt, sind FDP-Wähler politisch wesentlich interessierter als die Wähler der beiden großen Parteien 49). Die kausalen Zusammenhänge sind also aus den hier vorliegenden Zahlen nicht exakt zu ermitteln. Hingegen dürfte feststehen, daß die radikalen Parteien aus politischen Auseinandersetzungen im Elternhaus nur in geringem Maße profitieren. Allerdings muß auch zu dieser Aussage eine Einschränkung gemacht werden: NPD-und DKP-Wähler dürften Auseinandersetzungen im Elternhaus relativ weniger genannt haben als die Wähler der anderen Parteien, weil sie im Falle eines Bekenntnisses zu ihrem Votum in anderen Gruppen stärker auf Widerspruch stoßen. Bei der Bewertung der Zahlen dieses Abschnittes ist also in jedem Fall zu bedenken, daß nicht isoliert nach Auseinandersetzungen im Elternhaus gefragt wurde, sondern danach, mit welcher der vorgegebenen Gruppen dominant Auseinandersetzungen bzw. Meinungsverschiedenheiten bestehen 2. Abhängigkeit des Wahlverhaltens von politischen Konflikten im Elternhaus Die Abhängigkeit des Wahlverhaltens von politischen Konflikten im Elternhaus ist dennoch eindeutig. Noch krasser treten die Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen von Elternhäusern hervor, wenn man die Wahlentscheidungen der Eltern mit denen der Kinder korreliert, und zwar unter Berücksichtigung des zwischen Eltern und Kindern bestehenden oder nicht bestehenden Konflikts. Diese Korrelation konnte nur für zwei Typen von Elternhäusern mit übereinstimmendem Votum der Eltern durchgeführt werden, für die Fälle, in denen Vater und Mutter beide CDU oder beide SPD wählen. Das Sample brachte zu wenig reine FDP-Elternhäuser, als daß sich daraus hätten Schlüsse ziehen lassen. Reine NPD-und DKP-Elternhäuser kamen faktisch überhaupt nicht vor. Tabelle 51 ist daher auf reine SPD-und CDU-Elternhäuser beschränkt.

Jugendliche aus SPD-Elternhäusern neigen, selbst wenn sie in politischen Einzelfragen mit ihren Eltern nicht übereinstimmen, noch überdurchschnittlich dazu, die Partei ihrer Eltern zu wählen, wenn auch vielleicht aus anderen Motiven, während Jugendlichen aus CDU-Elternhäusern sich die entsprechende Möglichkeit zu verbieten scheint. Zwar liegt auch der Anteil der CDU in der Gruppe A mit 22, 2 0/0 noch über dem Gesamtdurchschnitt, aber angesichts der starken Kohärenz, die in der zugeordneten B-Gruppe (56, 6 °/o) herrscht, erscheint der Wert niedrig. Daraus läßt sich schließen, daß es bei Meinungsverschiedenheiten in CDU-Elternhäusern weniger um Einzelfragen als um Grundsätzliches geht. Immerhin reicht aber auch in diesem Fall der Einfluß des CDU-Elternhauses noch soweit, daß die Jugendlichen der A-Gruppe nicht die . linken'Parteien wählen. Die DKP jedenfalls bleibt in dieser Gruppe deutlich unter dem Durchschnitt, dafür erreicht die Europapartei (fast alle unter . sonstige'erscheinenden Fälle sind Europaparteiwähler) hier einen so hohen Wert wie in keiner anderen, wie auch immer gearteten Gruppe. Konflikte mit SPD-Eltern dürften sich hingegen dahin gehend auswirken, daß weiter . links'gewählt wird: Die DKP erreicht fast die 5 °/o-Grenze.

Wahldisziplin und/oder Entschlossenheit scheinen bei Kindern aus SPD-Familien ausgeprägter zu sein. Ein deutlicher Unterschied zeigt sich sowohl in der A-als auch in der B-Gruppe. Aussagen hierüber besitzen jedoch immer nur sehr eingeschränkte Gültigkeit, da sowohl Nichtwähler als auch Unentschlossene in einer schriftlichen Befragung unterrepräsentiert sind. 3. Konflikthäufigkeit und Parteipräferenz der Eitern Bisher haben wir festgestellt, daß politische Meinungsverschiedenheiten im Elternhaus zu einem stärker von den Eltern abweichenden Wahlverhalten führen, daß Konflikte mit Eltern die kleineren Parteien, insbesondere die FDP, begünstigen und daß Meinungsverschiedenheiten in CDU-Elternhäusern weitaus häufiger zu abweichendem Wahlverhalten führen als in SPD-Elternhäusern. Zu fragen bleibt noch, inwieweit das Ausmaß politischer Meinungsverschiedenheiten von den Partei-präferenzen der Eltern abhängt. Tabelle 52 zeigt, daß dies in hohem Grade der Fall ist. Im einzelnen läßt sich folgendes zur Abhängigkeit politischer Konflikthäufigkeit im Elternhaus von der Parteipräferenz der Eltern sagen: 1. Das Ausmaß der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern und ihren Söhnen und Töchtern variiert mit der Parteipräferenz der Eltern. Am häufigsten sind Meinungsverschiedenheiten in Familien, in denen wenigstens ein Elternteil CDU wählt: In nahezu vier von zehn dieser Fälle gehen die Meinungen von Söhnen und Eltern, in etwa jedem dritten Fall die von Töchtern und Eltern auseinander. Wählt mindestens ein Elternteil FDP, so ist das Ausmaß der Meinungsverschiedenheiten geringer;, mit Vätern und Müttern, die SPD wählen, streiten nur 23 °/o der Söhne und knapp 20 °/o der Töchter, also nur gut jeder fünfte der Jugendlichen. A 2. Für die SPD gilt einwandfrei, daß die Konflikthäufigkeit geringer ist, wenn beide Eltern diese Partei wählen. In diesen Familien gibt es einmal weniger Gelegenheit für den Jugendlichen, Stellung zu beziehen, zum anderen dürfte die einheitlichere politische Haltung, die solche Familien eher kennzeichnet, die politische Einstellung des Jugendlichen nachhaltiger beeinflußt haben, als das in Familien, bei denen Vater und Mutter verschiedenen Parteien zuneigen, der Fall ist. 3. Eine gleichgerichtete Differenz sollte man auch für CDU-Elternhäuser erwarten. Tatsächlich gilt das hier jedoch nur für Töchter, die ja denn auc in ihrer Gesamtheit stärker zur Union neigen während die Söhne — vor allem in der mittleren Bildungs-und Berufs-schicht — eher häufiger in reinen CDU-Elternhäusern Konfliktstoff finden. 4. Besonders wenig wird gestritten in den Fällen, in denen die Kinder nicht wissen, was die Eltern wählen, oder in denen die Eltern als Nichtwähler bezeichnet werden. Daraus darf gefolgert werden, daß hier politische Gespräche nur ausnahmsweise stattfinden. 5. Das Ausmaß der Meinungsverschiedenheiten hängt außerdem stark von Berufs-schichtung und Bildungsgrad der Jugendlichen ab Angestellte streiten mehr als Arbeiter, Lehrlinge mehr als voll Berufstätige, Schüler mehr als Lehrlinge. Der Abstand zwischen den Geschlechtern verringert sich zu den Schülern hin fast auf Null. 4. Parteipräferenz der Eltern und Schichten-zugehörigkeit der Jungwähler Dieses Kapitel bliebe unvollständig, verzichtete man darauf, zu sagen, wie die Ausbildung der Jugendlichen mit der Parteipräferenz der Eltern zusammenhängt. Wenn auch aus der folgenden Tabelle nichts über das Verhalten der Jungwähler direkt hervorgeht, so gibt sie doch wohl einen Ansatzpunkt zur Kritik des gesamten Ausbildungssystems. Tabelle 53 gibt an, wieviel Prozent der jeweiligen Gruppe aus Elternhäusern stammen, in denen wenigstens ein Elternteil (Y-CDU) bzw. Vater und Mutter (X-CDU) die CDU wählen. überdeutlich stammen Schüler, d. h. vor allem Oberschüler und Studenten, häufiger als alle anderen Gruppen aus CDU-Elternhäusern, darunter die Schülerinnen noch erheblich häufiger — fast jede zweite —; nur bei den weiblichen Lehrlingen liegt der Prozentsatz der aus CDU-Familien stammenden noch — wenn auch hauchdünn — über dem Durchschnitt, nur noch hier liegt er auch über dem der Männer aus der gleichen Gruppe. Alle anderen Gruppen — das sind über 70 °/o dieser Altersgruppe — liegen u er dem Gesamtdurchschnitt; bei den voll Berutstätigen liegt die Quote für die Männer über der für die Frauen.

Ganz ähnlich sieht das Bild natürlich für die Jugendlichen aus FDP-Elternhäusern aus. 15, 6% aller Schülerinnen stammen aus Y-FDP-Elternhäusern; diesem Wert kommt nur noch der der männlichen Schüler nahe (12, 5 0/0), alle anderen sind nicht einmal halb so hoch. Darüber hinaus erlaubt jedoch der geringe Umfang der Gruppe der FDP-Elternhäuser keine weiteren Schlüsse.

Dieses Ergebnis kann mit dazu dienen, den überraschend hohen Anteil von CDU-und FDP-Wählern unter den höheren Bildungsschichten der Jungwähler zu erklären. Es dürfte jedoch nicht in vollem Umfang auf alle anderen Bundesländer übertragbar sein.

VII. Schlußfolgerungen

Tabelle 6

Zielsetzung dieser Studie war in bewußter Begrenzung die Analyse des Wahlverhaltens der Jungwähler und nicht die Analyse des politischen Verhaltens der Jugendlichen schlechthin. In Hamburg ergab sich mit der Bürgerschaftswahl vom 22. März 1970 die erste Möglichkeit einer Untersuchung konkreten Wahlverhaltens der Jugendlichen. Die Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 18 Jahre wurde hier zum ersten Male wirksam. Da die Feststellung der Parteipräferenz nach Alter und Geschlecht mittels Repräsentativstatistik in Hamburg bei dieser Wahl rechtlich noch nicht möglich war, stellte diese Umfrage das einzige Verfahren zur Ermittlung der Jungwählerergebnisse dar.

Die Repräsentativität der Hamburger Umfrage war nicht zuletzt durch das große Sample ge-sichert, nicht sicher war hingegen, inwieweit aus den Hamburger Ergebnissen Rückschlüsse auf die Jungwähler im gesamten Bundesgebiet gezogen werden konnten. Die Repräsentativstatistiken aus Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bestätigten aber unsere Ergebnisse hinsichtlich der Parteipräferenz in einem derart hohen Maße, daß eine Generalisierung m. E. erlaubt und möglich erscheint.

Uber die Jungwähler — die Wahlberechtigten von 18 bis unter 21 Jahre — in der Bundesrepublik lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt folgende generelle Aussagen machen: 1, Die Wahlbeteiligung der Jungwähler liegt zwar eindeutig unter dem Gesamtdurchschnitt, ist aber stärker als die der 21-bis 30jährigen. Mit Buchhofer, Friedrichs und Lüdtke ist zu vermuten, daß soziale Faktoren — insbesondere häufiger Wohnortwechsel — und weniger politische Gründe diese Tatsache beeinflussen. Die Jungwähler weisen vermutlich unter anderem deshalb eine höhere Wahlbeteiligung auf, weil sie mit ihren 18 bis 21 Jahren noch stärker ortsgebunden sind als die nächstälteren Gruppen. Diese Hypothese bedarf noch weiterer Überprüfung.

Die Ergebnisse erlauben die Aufstellung einer weiteren Hypothese: Die Herabsetzung des Wahlalters kann auf Dauer zu einer insgesamt höheren Wahlbeteiligung führen, weil das Einstiegsalter für die Wahlbeteiligung günstiger ist. Aus den genannten sozialen Gründen wählen die Jungwähler in höherem Maße als die 21-bis 30jährigen. Es wäre durchaus möglich, daß sie ihre Wahlgewohnheit auch im Alter von über 21 Jahren beibehalten und trotz größerer Hinwendung zum privaten Bereich (Familiengründung, Ausbau der beruflichen Karriere) den Gang zur Wahlurne nicht vernachlässigen. Diese Hypothese läßt sich allerdings erst nach mehreren Wahlperioden überprüfen. 2. Die Parteipräferenzen der Jungwähler zeigen in allen vier untersuchten Bundesländern einen gemeinsamen Trend: FDP und SPD werden zu Lasten der CDU bevorzugt. Dabei waren Abweichungen zuungunsten der CDU von bis zu 13 Prozentpunkten zu beobachten. Daraus darf allerdings nicht der Schluß gezogen werden, daß das Wählerpotential der CDU generell sinke. Die Diskrepanzen zwischen Eltern und Jugendlichen lassen vielmehr erkennen, daß ein Unterschied in der Rekrutierungsform der Wähler zwischen SPD und CDU besteht.

Die SPD und gegenwärtig auch die FDP profitieren von der Tendenz der Jugendlichen, sich gegenüber den Älteren abzugrenzen und sich als fortschrittlicher zu verstehen. Die im einzelnen höchst unterschiedlich verstandene eigene Progressivität, selbst wenn sie nur in der simplen Vorstellung gipfelt, anders und natürlich moderner zu sein, äußert sich in der Bevorzugung von Parteien, denen — aus welchen Gründen auch immer — ein progressives Image anhaftet.

Die CDU hingegen gilt als Partei der Etablierten, und das heißt in aller Regel, der Älteren, die ihren erworbenen Status und Wohlstand gewahrt wissen wollen. Hier liegt die Chance der CDU bei den jüngeren Jahrgängen, aber nicht schon bei den 18-bis 21jährigen. Die CDU wird in steigendem Maße bevorzugt, sobald die Jüngeren in den Status des Etablierten hineinwachsen bzw. eine entsprechende, bewußte oder unbewußte, Perzeption entwickeln. Bisher jedenfalls haben sich die Grundperzeptionen aufgrund der Oppositionsfunktion der CDU in Bonn noch nicht geändert. 3. Die Herabsetzung des aktiven Wahlalters aul 18 Jahre wirkt sich auf die Wahlergebnisse nur in geringem Maße aus, weil der Anteil der Jungwähler an den Wahlberechtigten fünf Prozent in der Regel nicht übersteigt und weil die Abweichungen in der Partei-präferenz sich in relativ engen Grenzen halten. Da SPD und CDU gegenwärtig auf Bundesebene und in einigen Bundesländern nahezu gleich stark sind, kann allerdings im Einzelfall dennoch das Verhalten der Jungwähler für das Gesamtergebnis von entscheidender Relevanz sein. 4. Der befürchtete Trend zu radikalen Parteien ist ausgeblieben. Nahezu in demselben Maße wie die älteren Jahrgänge votieren die Jungwähler lür eine der Bundestagsparteien. Für die These, das kritische Potential sei unter den Jungwählern erheblich größer als unter den älteren Jahrgängen, ließ sich keine hinreichende Bestätigung finden. Auch in der Gruppe der jüngsten Wahlberechtigten dominiert der politisch desinteressierte Bürger, der zahlreiche Vorurteile von der älteren Generation übernommen hat, eine generelle Distanz zur Politik für zumindest nicht negativ hält, Instrumente und Verfahrensweisen der Politik kaum versteht und daher außer seiner Gleichgültigkeit keine Waffe gegen politische Verführungen aller Art besitzt. Die Bilanz kann daher nur lauten: gegenwärtig keine Tendenz zur Radikalisierung, aber beträchtliches Radikalisierungspotential nach rechts wie nach links vorhanden. 5. In zahlreichen Einzelheiten fanden sich bei den Jungwählern dieselben Tendenzen wieder, die bereits von den älteren Jahrgängen bekannt sind. 6. Der wichtigste Unterschied dürfte wohl in der extremen Diskrepanz zwischen Berufstätigen mit Volks-und Mittelschulbildung einerseits und zwischen Oberschülern und Studenten andererseits bestehen. Diese Dichoto-mie zeigt sich nicht nur in der Parteipräferenz, sie wird durchgängig bei allen Fragen sichtbar und bezieht sich vor allem auf die Einschätzung des politischen Systems. Weitgehende Anpassung und Tendenz zur Beschränkung auf den privaten Bereich bei geringem politischen Informationsstand kennzeichnet überwiegend die erste Gruppe, höherer Informationsstand — aber mehr hinsichtlich der Normen als der politischen Gegebenheiten — sowie generalisierende Kritik und höhere Bereitschaft zum Engagement, allerdings kaum innerhalb der Parteien, ist typisch für die zweite Gruppe.

Die bildungspolitischen Aspekte dieser Dichotomie stehen hier nicht zur Debatte. Die politische Bildung aber befindet sich in Anbetracht dieser Situation vor einer kaum lösbaren Aufgabe. Nicht das hohe Lied vom Gemeinwohl und Auseinandersetzungen um die Normen, sondern die konkrete, ungeschminkte Darstellung des realen politischen Geschäfts scheinen das Gebot politischer Didaktik in der Gegenwart. In erster Linie bedeutet das eine Aufforderung an die Parteien, ihr Innenleben stärker der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Die Korrelation von Politik und Interesse, auch persönlichem Interesse, haben die Jungwähler, insbesondere die Berufstätigen, eindeutig perzipiert. Diese Perzeption muß nicht den Antiparteieneffekt stärken, aber sie stärkt ihn, solange auch nur der geringste Verdacht besteht, man wolle sich einer effektiven Kontrolle entziehen.

Literaturauswahl

Tabelle 7

Betrifft: Wahlalter 18, Öffentlichkeitsarbeit des Bundesinnenministeriums, Redaktion: Dr. H.

Olms, Bonn 1969 Blücher, Viggo Graf, Die Generation der Unbefangenen, Düsseldorf — Köln 1966 Blücher, Viggo Graf, Was spricht für und was gegen die Herabsetzung des aktiven und passiven Wahlalters?, in: Emnid-Informationen, 1970, Nr. 2/3 Buchhofer, Bernd /Jürgen Friedrichs /Hartmut Lüdtke, Hypothesen über die Ursachen geringer Wahlbeteiligung von jüngeren Altersgruppen, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 1 (1970), Heft 2, S. 16 ff.

DIVO, Zur ideologischen und politischen Orientierung der westdeutschen Jugend und ihrer Führer 1956, Frankfurt/Main, Bad Godesberg o. J.

EMNID, Jugend zwischen 15 und 24. Eine Untersuchung zur Situation der deutschen Jugend im Bundesgebiet, durchgeführt vom Emnid-Institut für Meinungsforschung, Bielefeld 1954 EMNID, Jugend zwischen 15 und 24. Zweite Untersuchung zur Situation der deutschen Jugend im Bundesgebiet, durchgeführt vom Emnid-Institut für Meinungsforschung, Bielefeld (hrsg.

vom Jugendwerk der Deutschen Shell), Bielefeld 1955 EMNID, (Rolf Fröhner), Wie stark sind die Halbstarken? Dritte Untersuchung zur Situation der deutschen Jugend im Bundesgebiet, durchgeführt vom Emnid-Institut für Meinungsforschung, Bielefeld 1956 EMNID, Grundeinstellungen und Orientierungsmaßstäbe der Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren, Bielefeld 1961 EMNID, Junge Menschen 1964: Gesellungsformen, Lebensbereiche, Denkweisen (Tabellen-band), Bielefeld 1966 EMNID, (Viggo Graf Blücher), Jugend, Bildung und Freizeit (hrsg. vom Jugendwerk der Deutschen Shell), Bielefeld 1966 EMNID, Junge Intelligenzschicht 1968/69. Politische Meinungen, Einstellungen und Verhaltens-bereitschaften, 2 Bände, Bielefeld 1969 Faul, Erwin (Hrsg.), Wahlen und Wähler in Westdeutschland, Villingen 1960 Friedeburg, Ludwig von (Hrsg.), Jugend in der modernen Gesellschaft, Köln und Berlin 1965 Gunzert, Rudolf, Gründe der Stimmenthaltung, in: Fritz Sänger /Klaus Liepelt (Hrsg.), Wahl-handbuch 1965, Frankfurt/Main 1965, Abschnitt 3. 23, S. 2 ff.

Jürgen Habermas /Ludwig von Friedeburg /Christoph Oehler /Friedrich Weitz, Student und Politik, Neuwied 1961 Hartenstein, Wolfgang /Günter Schubert, Mitlaufen oder Mitbestimmen. Untersuchungen zum demokratischen Bewußtsein und zur politischen Tradition, Frankfurt/Main 1961 Hendrich, Klaus, Lehrlinge und Politik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 41/70 vom 10. Oktober 1970 Ipfling, Heinz-Jürgen, Jugend und Illustrierte. Pädagogisch-zeitungswissenschaftliche Untersuchung, Osnabrück 1965.

Jaide, Walter, Das Verhältnis der Jugend zur Politik, Neuwied 1963 Jaide, Walter, Eine neue Generation? Eine Untersuchung über Werthaltungen und Leitbilder der Jugendlichen, München 19632 Jaide, Walter, Die jungen Staatsbürger (Überblick zur wissenschaftlichen Jugendkunde, Band 8), München 1965 Jaide, Walter, Leitbilder heutiger Jugendlicher, Neuwied 1968 Jaide, Walter, Junge Arbeiterinnen (= Forschung und Dokument, Nr. 2, Schriftenreihe der Jugendbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg), Hamburg 1969 Jaide, Walter, über die Unruhe in der jungen Generation, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 22/69 vom 31. Mai 1969 Jugend und Politik I (Schüler), hrsg. von Infratest, München 1962 Jugend und Politik II (Studenten), hrsg. von Infratest, München 1962 Jugendliche heute. Ergebnisse einer Repräsentativ-Befragung 1953, hrsg. vom NWDR, Abt.

Hörerforschung, Hamburg, München 19552 Kaack, Heino, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Köln und Opladen 1970 Kaltefleiter, Werner /Peter Arend /Paul Kevenhörster /Rüdiger Zülch, Im Wechselspiel der Koalitionen. Eine Analyse der Bundestagswahl 1969, Köln 1970 Keilhacker, Martin, und Erich Wasem, Jugend im Kraftfeld der Massenmedien, München 1965 Knoll, Joachim H., Jugend, Politik und politische Bildung, Heidelberg 1962 Die Kreiswahl am 26. April 1970 in Schleswig-Holstein. Wahlbeteiligung nach Alter und Geschlecht und Stimmabgabe nach dem Alter, in: Statistische Berichte des Statistischen Landesamtes Schleswig-Holstein, B III — 6/70 vom 10. 7. 70 Liepelt, Klaus, Partei der Nichtwähler, in: Liepelt /Mitscherlich, Thesen zur Wählerfluktuation, S. 29 ff.

Liepelt, Klaus, Alexander Mitscherlich, Thesen zur Wählerfluktuation, Frankfurt/Main 1968 Matti, Werner, Die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 22. März 1970, in: Hamburg in Zahlen, August 1970, S. 261 ff.

Neidhardt, Friedhelm, Die Junge Generation, Opladen 1967 Noelle, Elisabeth, und Erich Peter Neumann (Hrsg.), Jahrbuch der öffentlichen Meinung, Allensbach 1957 ff. Bd. I: 1957 (1957); Bd. II: 1958— 1964 (1965); Bd. III: 1965— 1967 (1967).

Pfeil, Elisabeth u. a., Die 23jährigen. Eine Generationenuntersuchung am Geburtenjahrgang 1941, Tübingen 1968 Reimann, Horst, Kommunikations-System. Umrisse einer Soziologie der Vermittlungs-und Mitteilungsprozesse, Tübingen 1968 Röhring, Hans-Helmut, Mit 18 wählen? Die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Bundesrepublik Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 3/69, S. 28 ff. Scheuch, Erwin K., und Rudolf Wildenmann (Hrsg.), Zur Soziologie der Wahl, Köln und Opladen 19682 Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Wahlen. Landtagswahl 1970. 5: Ergebnisse nach Alter und Geschlecht (Düsseldorf 1970).

Wählermeinung — nicht geheim. Eine Dokumentation des ZDF, hrsg. vom Institut für Demoskopie Allensbach, Allensbach 1969 Das Wahlverhalten der Jüngstwähler. Ergebnisse einer Repräsentativstatistik zur Landtagswahl 1970 in Niedersachsen, in: Statistische Monatshefte für Niedersachsen, Jg. 24, Heft 7, Juli 1970, S. 161 ff.

Zoll, Ralf, und Eike Hennig, Massenmedien und Meinungsbildung. Angebot, Reichweite, Nutzung und Inhalt der Medien in der BRD, München 1970

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe die Wahlgesetze des Bundes und der Länder, in; Recht und Organisation der Parlamente, hrsg. im Auftrage der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft, Bielefeld 1958 ff. (LoseblattSammlung).

  2. Die Durchführung der Untersuchung wurde erst durch das Interesse und die finanzielle Unterstützung des Norddeutschen Rundfunks ermöglicht. Der NDR hat auf der Basis unserer Analysen in mehreren Sendungen des Fernsehens und auch des Hörfunks über diese Problematik berichtet.

  3. Vgl. das Literaturverzeichnis am Ende des Beitrages, insbesondere die EMNID-Untersuchungen und die Studien von Walter Jaide.

  4. Vgl. dazu u. a.: Betrifft Wahlalter 18, Öffentlichkeitsarbeit des Bundesinnenministeriums, Redaktion: Dr. H. Olms, Bonn 1969; Hans-Helmut Röhring, Mit 18 wählen? Die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Bundesrepublik Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3/69, S. 28 ff.

  5. Werner Matti, Die Wahl zur hamburgischen Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 22. März 1970, in: Hamburg in Zahlen, Monatsschrift des Statistischen Landesamtes der Freien und Hansestadt Hamburg, Jahrgang 1970, August-Heft, S. 261— 269 (im folgenden: HHiZ).

  6. Die Kreiswahl am 26. April 1970 in Schleswig-Holstein. Wahlbeteiligung nach Alter und Geschlecht und Stimmabgabe nach dem Alter, in: Statistische Berichte des Statistischen Landesamtes Schleswig-Holstein, B III 3 — 6/70 vom 10. 7. 1970 (im folgenden: SB-SH).

  7. Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Wahlen. Landtagswahl 1970. 5: Ergebnisse nach Alter und Geschlecht (im folgenden: NRW-5).

  8. Das Wahlverhalten der Jüngstwähler. Ergebnisse einer Repräsentativstatistik zur Landtagswahl 1970 in Niedersachsen, in: Statistische Monatshefte für Niedersachsen, hrsg. v. Niedersächsischen Landesverwaltungsamt — Statistik —, Jg. 24, Heft 7, Juli 1970, S. 161— 164 (im folgenden: SM-Ndsa). Die ausführliche Darstellung („Statistik von Niedersachsen", Band 141) erschien erst nach Abschluß des Manuskripts. Die Daten zur Wahlbeteiligung konnten in Tabelle 4, Seite 6, noch berücksichtigt werden.

  9. Vgl. hierzu: Bernd Buchhofer, Jürgen Friedrichs und Hartmut Lüdtke, Hypothesen über die Ursache geringer Wahlbeteiligung von jüngeren Altersgruppen, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 1 (1970), Heft 2, September 1970, S. 164— 170.

  10. SM-Ndsa, S. 161.

  11. Unter Swing wird üblicherweise die Veränderung des Vorsprungs einer Partei vor einer anderen von einer Wahl zur anderen verstanden, während hier von einem Unterschied zwischen den Vorsprüngen der einen vor der anderen Partei bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen gesprochen wird.

  12. Der Nachteil unserer schriftlichen Umfrage war hingegen, daß die Zusammensetzung des Samples aufgrund der unterschiedlichen Bereitschaft, einen Fragebogen zu beantworten, nicht repräsentativ war. über das Ausmaß der Verzerrungen siehe Tabelle 18. Natürlich mußten bei dieser sehr stark divergierenden Repräsentativität die Verzerrungen beseitigt werden, ehe gültige Aussagen gemacht werden konnten. Das geschah einmal durch Einbeziehen der Fragebogen, die bei unseren Gruppen-interviews in Betrieben und Schulen ausgefüllt worden waren, wodurch bereits ein Teil der Divergenz zum Verschwinden gebracht wurde, zum anderen dadurch, daß die einzelnen Gruppen (siehe unten, S. 12) zunächst getrennt behandelt, dann auf den niedrigsten vorhandenen Repräsentationsgrad (in der Gruppe der männlichen Arbeiter, Fragebogen von Arbeiterinnen waren bei den Befragungen in Betrieben in befriedigendem Umfange zusammengekommen) reduziert wurden. Daraus ergab sich durch neuerliche Addition der einzelnen Kreuztabellenelemente eine Kreuztabelle, die in weiten Grenzen repräsentativ ist. Aus der außerordentlich hohen Korrelation zwischen der Berufs-schichtung und der Antwortguote, d. h.der Chance, ins Sample hineinzukommen, ergibt sich, daß auf diese Weise eine zumindest brauchbare Repräsentativität hergestellt werden kann.

  13. Siehe dazu: EMNID, Junge Intelligenzschicht 1968/69. Politische Meinungen, Einstellungen und Verhaltensbereitschaften, 2 Bände, Bielefeld 1969.

  14. Siehe Tabelle 8.

  15. Siehe Tabelle 6.

  16. Siehe Tabelle 5.

  17. Siehe Tabelle 8.

  18. Siehe Tabelle 8.

  19. Siehe Tabelle 5.

  20. Siehe Tabelle 6.

  21. Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann (Hrsg.), Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1965 bis 1967, Allensbach und Bonn 1967, S. 149.

  22. Insbesc adere hinsichtlich des überdurchschnittlichen Interesses der FDP-Wähler. Auf Bundesebene liegt der Anteil der interessierten SPD-Wähler meist etwas höher als der der CDU-Wähler. In Hamburg sind die Relationen leicht verschoben, weil die SPD dort eindeutige Mehrheitspartei ist. Zur Korrelation von Parteipräferenz und politischem Interesse vgl. z. B.: Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann (Hrsg.), Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1957, Allensbach 1957, S. 46.

  23. Vgl. Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Köln und Opladen 1971, S. 484.

  24. Vgl. ebenda, S. 449.

  25. über Nichtwähler liegen bisher in der Bundesrepublik nur wenige Untersuchungen vor: Klaus Liepelt, Partei der Nichtwähler, in: Klaus Liepelt/Alexander Mitscherlich, Thesen zur Wählerfluktuation, Frankfurt/M. 1968, S. 29. ff.; Rudolf Gunzert, Gründe der Stimmenthaltung, in: Fritz Sänger/Klaus Liepelt (Hrsg.), Wahlhandbuch 1965, Frankfurt/M. 1965, Abschnitt 3. 23, S. 2 ff.; vgl. ferner: Wolfgang Hartenstein/Günter Schubert, Mitlaufen oder Mitbestimmen. Untersuchung zum demokratischen Bewußtsein und zur politischen Tradition, Frankfurt/M. 1961; Erwin Faul (Hrsg.), Wahlen und Wähler in Westdeutschland, Villingen 1960.

  26. Zur Auswirkung von Massenmedien auf das politische Verhalten neuerdings: Ralf Zoll und Eike Hennig, Massenmedien und Meinungsbildung. Angebot, Reichweite, Nutzung und Inhalt der Medien in der BRD, München 1970. Vgl. dazu die Diskussion in: Das Parlament, 1970, Nr. 38 bis Nr. 40 (Teleforum).

  27. Bis zu drei Zeitungen aus elf vorgegebenen Möglichkeiten konnten genannt werden.

  28. Vgl. Tabelle 27.

  29. Vgl. unten, Tabelle 41.

  30. Siehe Tabelle 25.

  31. Siehe z. B.: Horst Reimann, KommunikationsSystem. Umrisse einer Soziologie der Vermittlungsund Mitteilungsprozesse, Tübingen 1968, S. 146. — Einen Überblick über die Grundlagen und Determinanten des Wahlverhaltens gibt: Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteien-systems, Köln und Opladen 1971, S. 431 ff.

  32. Siehe Tabelle 36.

  33. Siehe Tabelle 38.

  34. Die Fragebögen wurden am 13. Februar 1970 versandt, über 8O°/o der Antworten gingen bis zum 27. Februar 1970 bei uns ein.

  35. Vgl. Viggo Graf Blücher, Was spricht für und was gegen die Herabsetzung des aktiven und passiven Wahlalters?, in: EMNID-Informationen, 1970, Nr. 2/3.

  36. Vgl. z. B.: Wählermeinung — nicht geheim. Eine Dokumentation des ZDF. Hrsg, vom Institut für Demoskopie Allensbach, Allensbach 1969, S. 55 ff.

  37. Siehe: Wählermeinung - nicht geheim, a. a. O., S. 55 ff. (Die Angaben dort beziehen sich auf Wahlberechtigte ab 21 Jahre.)

  38. Uber politische Vorstellungen junger Arbeiterinnen siehe: Walter Jaide, Junge Arbeiterinnen (= Forschung und Dokument, Nr. 2, Schriftenreihe der Jugendbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg), Hamburg 1969.

  39. Vgl. zum Image von CDU und SPD: Werner Kaltefleiter/Peter Arend/Paul Kevenhörster/Rüdiger Zülch, Im Wechselspiel der Koalitionen. Eine Analyse der Bundestagswahl 1969, Köln 1970, S. 53 ff.

  40. Das Thema „politische Radikalität der Jugend" wurde von uns bewußt nicht in den Mittelpunkt der Umfrage gestellt, weil bisherige Umfragen allzu häufig unter diesem Gesichtspunkt angestellt wurden. Mit einer derartigen zentralen Fragestellung unterliegt man vermutlich relativ leicht den Gefahren einer self-fulfilling prophecy.

  41. Vgl. Tabelle 43.

  42. Vgl. Tabelle 38 und Tabelle 46.

  43. Diese vorgegebene Antwortmöglichkeit war insofern eine Fangfrage, als bei der Hamburger Bürgerschaftswahl ein reines Listenwahlsystem angewandt wird. Der Charakter dieser Frage wurde durchgängig nicht erkannt. Die Quote von 6, 3 °/o für diese Antwort kann daher mit der Quote von 12, 70/0 für „ich richte mich nach den Spitzenkandidaten" zum personellen Faktor zusammengefaßt werden.

  44. Vergleiche mit anderen Untersuchungen sind in diesem Punkt wegen der unterschiedlichen Form der Fragestellung direkt leider nicht möglich.

  45. Diese Vermutung wurde durch die mündlichen Interviews voll bestätigt.

  46. Etwa 80 °/o der Befragten nannten die Parteiäferenz der Eltern. Für die Väter wurde angegen: 60, 7 °/o SPD, 29, 5 0/0 CDU, 5, 8 u/o FDP, 2, 4 °/o 3D, 1, 1 0/0 DKP, 0, 5 °/o sonstige; für die Mütter: , 70/0 SPD, 33, 0 0/0 CDU, 6, 2 0/0 FDP, 1, 3 0/0 NPD, ‘ u/o DKP, 0, 1 °/o sonstige. Der Wert von 6, 2 °/o r die FDP bei den Müttern erscheint etwas hoch, rmutlich haben einige Jungwähler, die nicht nau wußten, ob die Mutter CDU oder SPD wählt, ) P eingetragen. Verglichen mit der Quote bei n Vätern hätte ein Wert von ca. 5, 4 °/o herausmmen müssen. Stellt man diesen Schätzungen s tatsächliche Wahlergebnis gegenüber, ergeben h insgesamt folgende Abweichungen: SPD + 4, 4, DU -1, 5, FDP -1, 1, NPD -0, 9, DKP -0, 8, nstige — 0, 1 Prozentpunkte. Die Überschätzung r SPD korrespondiert mit Umfrageergebnissen nige Wochen vor der Wahl. Diese Tatsache nnte m. E. die Vermutung stärken, daß die SPD den letzten Wochen vor der Wahl noch Stimmen i die CDU und vielleicht auch an die FDP verren habe.

  47. Vgl. Tabelle 10 und Anmerkung 46.

  48. EMNID legte Jugendlichen die Frage vor: „Sind Sie mit den derzeit bestehenden Parteien zufrieden oder würden Sie es begrüßen, wenn man weitere Parteien wählen könnte?" Von den Oberschülern und Studenten waren 32 °/o, von den Volks-und Mittelschülern 63 °/o mit dem gegenwärtigen Parteiensystem zufrieden. 60 % der Oberschüler und 28 0/0 der Volks-und Mittelschüler würden ein breiteres Parteienangebot begrüßen. Daraus läßt sich aber in keinem Falle auf das Ausmaß der tatsächlichen Bereitschaft schließen, neue Parteien zu wählen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit läßt sich lediglich sagen, daß der Anteil der Jugendlichen, die eine der Bundestagsparteien wählen, weitaus größer ist als der Anteil derer, die mit dem bestehenden Parteiensystem zufrieden sind. Vgl. Viggo Graf Blücher, Was spricht für und was gegen die Herabsetzung des aktiven und passiven Wahlalters?, in: EMNID-Informationen, 1970, Nr. 2/3.

  49. Vgl. oben, S. 18.

  50. Vgl. oben die Antwortmöglichkeiten in Ta-

  51. Vgl. oben Tabelle 15.

  52. Vgl. oben Tabelle 49.

  53. Vgl. oben Anmerkung 9.

Weitere Inhalte

Heino Kaack, Dr. phil., geb. 19. Juni 1940 in Kiel, Wissenschaftlicher Rat/Dozent (Politische Wissenschaft) an der Universität Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Die Parteien in der Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik, Bonn 19642; Das Problem einer außenpolitischen Alternative für Deutschland, Phil. Diss. Kiel 1965; Zwischen Verhältniswahl und Mehrheitswahl, Opladen 1967; Wahlkreisgeographie und Kandidatenauslese, Köln und Opladen 1969; Wer kommt in den Bundestag?, Opladen 1969; Opposition und Außenpolitik, in: PVS-Sonderheft 1, 1969; Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Köln und Opladen 1971. Klaus G. Troitzsch, geb. 28. November 1946 in Oberg /Kreis Peine, Studium der Politischen Wissenschaft an der Universität Hamburg. Arbeitet z. Z. an einer Studie über die Landtagswahlen 1970 sowie an einer Untersuchung über den Erklärungswert sozial-struktureller Variablen für die Analyse des Wählerverhaltens.