I. Die Tätigkeit der Europäischen Beratenden Kommission
Der Potsdamer Gipfelkonferenz vom Juli/August 1945 sind die Moskauer Außenmini-, sterkonferenz vom Oktober 1943 und die Gipfelkonferenzen von Teheran vom November/Dezember 1943 und von Jalta vom Februar 1945 vorausgegangen. Die Beschlüsse dieser Konferenzen sind nicht nur für die Vorgeschichte des Potsdamer Abkommens wichtig. Teilweise haben sie den Anstoß zu Vereinbarungen gegeben, die als internationale Instrumente dem Potsdamer Abkommen zugrunde liegen und es ergänzen. Dies gilt vor allem für jene Vereinbarungen, die von der „Europäischen Beratenden Kommission" („European Advisory Commission" = EAC) getroffen wurden und denen auch Frankreich, das an allen obengenannten Kriegskonferenzen nicht teilgenommen hat, vorbehaltlos beigetreten ist.
Der Moskauer Außenministerkonferenz (19. bis 30. Oktober 1943)
Der amerikanische Entwurf sah eine gemeinsame Besetzung und Kontrolle Deutschlands durch die drei Großmächte vor. Die gemeinsame alliierte Deutschlandpolitik sollte auf den Grundsätzen der Entmilitarisierung und Entnazifizierung sowie der Demokratisierung und der wirtschaftlichen Einheit beruhen. Letztere sollte die Wiedergutmachung der von deut-scher Seite während des Krieges verursachten Schäden in Form von Reparationen gewährleisten. Die Frage der politischen Einheit war im Ent-
wurf offengelassen. Eine Dezentralisierung und Föderalisierung der politischen Struktur und eine Schwächung der hegemonischen Stellung Preußens im Reich wurden angeregt. Sobald es die demokratische Entwicklung zulassen sollte, war die Bildung einer deutschen Zentralregierung aufgrund freier Wahlen vorgesehen. Während der Waffenstillstandsperiode war die Durchführung aller Deutschland aufgrund der bedingungslosen Kapitulation auferlegten politischen Bestimmungen durch einen Alliierten Kontrollrat zu überwachen. Die Bedingungslose Kapitulation sollte in einer Kapitulationsurkunde verankert werden, die von Vertretern der politischen und militärischen Führung Deutschlands unterzeichnet werden sollte.
Die Festsetzung der endgültigen Grenzen war einer allgemeinen Regelung der Deutschland-frage vorbehalten.
Eine Entscheidung über den amerikanischen Plan wurde auf der Moskauer Außenministerkonferenz nicht getroffen, sondern zum weiteren Studium der Europäischen Beratenden Kommission in London überwiesen. Diese wurde von der Moskauer Außenministerkonferenz auf Vorschlag des britischen Außenministers Eden vom 24. Oktober 1943
Dem amerikanischen Botschafter Winant, der den Vorsitz führte, stand in Prof. Philip Mosely, der George Kennan ablöste, einer der besten amerikanischen Ostexperten zur Seite. Ihm verdanken wir den ersten Einblick in die Tätigkeit der EAC
Die EAC trat am 14. Januar 1944 im Lancaster House in London zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Insgesamt hat sie 20 formelle und 97 informelle Sitzungen abgehalten. Auf der Potsdamer Konferenz wurde ihre Auflösung in die Wege geleitet. Ihre Befugnisse, soweit sie Deutschland betrafen, gingen auf den Alliierten Kontrollrat über.
Die EAC beschäftigte sich vor allem mit deutschen und österreichischen Fragen. Sie bildete die einzige Institution zur Vorbereitung und Festlegung der alliierten Nachkriegspolitik in Deutschland. Ihre Tätigkeit vollzog sich dabei aufgrund der Weisungen der beteiligten Regierungen. Sie erarbeitete zwölf formelle Vereinbarungen (Agreements), deren endgültiger Text von den Vertretern der Vier Mächte unterzeichnet und dann den Regierungen zur Entscheidung zugeleitet wurde. Durch die Notifizierung der Zustimmung der beteiligten Regierungen erlangten die EAC-Vereinbarungen völkerrechtliche Verbindlichkeit als Regierungsabkommen.
Von der EAC sind vor der Jalta-Konferenz im Februar 1945
Nach der Jalta-Konferenz ist hinzugetreten: 4. Deklarationsentwurf „in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der Obersten Gewalt hinsichtlich Deutschlands" vom 12. Mai 1945. Auf der Grundlage der „Bedingungslosen Kapitulation" („Unconditional Surrender")
Nach einer ausführlichen Diskussion der einzelnen Vorschläge beschloß die EAC eine kurze Kapitulationsurkunde zu verfas
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Nach einer ausführlichen Diskussion der einzelnen Vorschläge beschloß die EAC eine kurze Kapitulationsurkunde zu verfassen, die einen rein militärischen Charakter aufwies. Die Vereinbarung über den Entwurf des Kapitulationsvertrages („Unconditional Surrender of Germany") 16), der 14 Artikel umfaßte, wurde von den Vertretern der Drei Mächte am 25. Juli 1944 unterzeichnet. Die Regierung der Vereinigten Staaten erteilte am 9. August, Großbritannien am
Frankreich trat am 1. Mai 1945 dem Abkommen bei 17).
Bereits auf der Moskauer Außenministerkonferenz waren sich die drei Mächte darüber einig, daß Österreich und die Tschechoslowakei als selbständige Staaten in ihren alten Grenzen wiederhergestellt werden sollten. In einer entsprechenden Erklärung über Österreich 18) wurde festgestellt, daß die Österreich am 15. März 1938 von Deutschland aufgezwungene Annexion als null und nichtig anzusehen sei. Die Möglichkeit, nicht nur Danzig und Oberschlesien, sondern auch Ostpreußen an Polen zu übertragen, wurde erwogen 19).
Auf den Gipfelkonferenzen in Teheran und Jalta sind verschiedene Pläne zur Aufteilung Deutschlands diskutiert worden 20), über die zwischen den Drei Mächten keine Einigung erzielt werden konnte. Unter ihnen hatte der Plan einer Teilung Deutschlands entlang der Main-Linie bei einer gleichzeitigen Verbindung Süddeutschlands mit einer Donauföderation, der vor allem von britischer Seite befürwortet wurde, am meisten Aussicht, in einem regional begrenzteren Umfange verwirklicht zu werden. Nachdem Churchill bei den Verhandlungen in Moskau im Oktober 1944 einer für die Sowjetunion günstigen Abgrenzung der Interessensphären auf dem Balkan zugestimmt und den Gedanken einer Donauföderation fallengelassen hatte, war Stalin durchaus bereit, die Möglichkeit eines um Österreich vergrößerten süddeutschen Staates mit der Hauptstadt Wien zu erwägen.
Die weitere Behandlung der Zerstückelung Deutschlands wurde in Jalta auf sowjetischen Wunsch einem besonderen Ausschuß für Teilungsfragen („Dismemberment Committee") und nicht der Europäischen Beratenden Kommission übertragen 21). Ihm gehörten Winant, Eden und Gusev, nicht aber ein französischer Vertreter an.
Die Grundlage der Verhandlungen in London bildete ein von Sir William Strang ausgearbeitetes Memorandum, das am 9. März 1945 den anderen Komiteemitgliedern zugestellt wurde
Die Unklarheit über den Inhalt der Kapitulationsurkunde hat dazu geführt, daß von der Verwendung der beiden Entwürfe abgesehen wurde. An ihre Stelle trat eine kurzgefaßte „Militärische Kapitulationsurkunde" 25) und die Berliner Deklaration der vier Siegermächte vom 5. Juni 1945, auf die anschließend näher einzugehen sein wird. Die Absicht, einen gleichzeitigen Akt der politischen und militärischen Unterwerfung durchzuführen, ist damit aufgegeben worden. Abgeschlossen wurde nur der militärische Kapitulationsvertrag. Die Kapitulation der Deutschen Wehrmacht wurde zweimal vollzogen, am 7. Mai 1945 in Reims und am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst. Bei der militärischen Kapitulationsurkunde handelte es sich um ein Dokument, das von General Bedell Smith, dem Stabschef General Eisenhowers, und seinen Mitarbeitern in aller Eile entworfen worden war 26). In sie wurde auf Veranlassung Winants in letzter Minute ein Art. 4 ausgenommen
III. Die politische Viermächtedeklaration
Von der EAC ist aufgrund der militärischen Entwicklung nach der Jalta-Konferenz mit der Möglichkeit gerechnet worden, daß nach der Niederlage Deutschlands keine Zentralregierung vorhanden sein würde, die als Unterzeichner der Kapitulationsurkunde in Frage käme. Sie war daher bestrebt, den politischen Kapitulationsakt durch eine Deklaration der vier Siegermächte unter Berücksichtigung des Urkundenentwurfs „Die Bedingungslose Kapitulation Deutschlands" zu ersetzen. Unter Zugrundelegung eines Vorschlags der britischen Delegation vom 30. März 1945
Auf Empfehlung der EAC wurde die Deklaration in ihrer neuen Fassung am 5. Juni 1945 mit den Unterschriften der vier Oberbefehlshaber in Berlin veröffentlicht
In der Präambel der Deklaration wird betont, daß die Übernahme der obersten Regierungsgewalt durch die Regierungen der Vier Mächte keine Annektierung Deutschlands bewirke. Der Fortbestand des deutschen Gesamtstaats (in den Grenzen vom 31. Dezember 1937) wurde somit von den siegreichen Großmächten nicht in Frage gestellt. Sie behielten sich in Übereinstimmung mit Artikel 4 der „militäri„die Grenzen Deutschlands oder irgend eines Teiles Deutschlands und die rechtliche Stellung Deutschlands oder irgendeines Gebietes, das gegenwärtig einen Teil deutschen Gebietes bildet," später gemeinsam festzulegen.
Die Berliner Deklaration enthielt eine Reihe von Forderungen, denen Deutschland aufgrund der bedingungslosen Kapitulation nachkommen sollte. In Art. 13 Abs. a wurde erklärt, daß die vier alliierten Regierungen diejenigen Maßnahmen treffen werden, „die sie zum künftigen Frieden und zur künftigen Sicherheit für erforderlich halten, darunter auch die vollständige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands". Außerdem wurden in Art. 13 Abs. b zusätzliche politische, verwaltungsmäßige, wirtschaftliche, finanzielle, militärische und sonstige Forderungen, die sich aus der vollständigen Niederlage Deutschlands ergeben, angekündigt. Am 25. Juli 1945, noch während der Potsdamer Konferenz, wurde von der EAC ein „Abkommen über die zusätzlichen an Deutschland gestellten Forderungen" vereinbart
Die Bedeutung der Berliner Deklaration vom 5. Juni 1945 ist vor allem darin zu sehen, daß sie die gemeinsame Verantwortung der vier Siegermächte für Deutschland völkerrechtlich fixierte. Mit ihr waren drei Feststellungen verbunden, die sich auf das Kontrollverfahren
IV. Das Abkommen über die Zoneneinteilung und die Verwaltung Berlins
Wesentlichen Einfluß auf die Verhandlungen über die Besatzungszonen im Rahmen der EAC sollte ein Plan ausüben, der im Frühjahr 1943 von einer Kommission der britischen Regierung unter Vorsitz des stellvertretenden Premierministers Attlee ausgearbeitet worden war
Mit dieser Zoneneinteilung war der amerikanische Präsident Roosevelt, dem der „Attlee-Plan“ am 19. November 1943 als militärisches Dokument vorgelegt wurde, nicht einverstanden
Den Ausgangspunkt für die Verhandlungen in der EAC bildete das Memorandum der britischen Delegation vom 15. Januar 1944
Stellungen entsprechende Beschreibung der Besatzungszonen enthielt
Im Unterschied zu Großbritannien trat die Sowjetunion dafür ein, daß die jeweilige Besatzungszone nur durch die Truppen der zuständigen Besatzungsmacht besetzt werden sollte. Es gelang der sowjetischen Delegation im Verlauf der Verhandlungen, diese Vorstellung von geschlossenen Zonen durchzusetzen, welche die spätere Sowjetisierung Mitteldeutschlands wesentlich erleichtern sollte. Der Gedanke einer gemeinsamen Verwaltung Berlins wurde von der Sowjetunion widerspruchslos übernommen. Der amerikanische Gegenvorschlag vom Februar 1944, der von der Zoneneinteilung ausging, die Roosevelt auf einer Karte Deutschlands skizziert hatte
Im April stimmte Präsident Roosevelt der sowjetischen Besatzungszone in dem ursprünglich vorgesehenen Umfange zu
Das Zonenprotokoll mit dem Zusatzabkommen ist am 5. Dezember 1944 durch die britische, am 2. Februar 1945 durch die amerikanische und am 6. Februar 1945 durch die sowjetische Regierung gebilligt worden
Auf der Jalta-Konferenz stimmte Stalin widerstrebend der Bildung einer französischen Besatzungszone zu
Die Feststellung „über die Besatzungszonen in Deutschland" vom 5. Juni 1945
In seiner endgültigen Fassung ging das Zonen-abkommen von einer Einteilung des deutschen Staatsgebiets in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 in vier Besatzungszonen und das Sondergebiet Berlin aus. In Artikel 1 heißt es: „Deutschland wird innerhalb seiner Grenzen, wie sie am 31. Dezember 1937 bestanden, für Besatzungszwecke in vier Zonen eingeteilt, von denen je eine jeder der vier Mächte zugeteilt wird und in ein besonderes Gebiet Berlin, das gemeinsam von den vier Mächten besetzt wird." — Die von den Besatzungszonen abweichende Stellung Berlins ist außerdem aus der Umschreibung der Grenzen der sowjetischen Besatzungszone in Artikel 2 und der beigefügten Karte (Map D), die einen integralen Bestandteil des Abkommens bildet, zu ersehen.
Zur „Ostzone" wird erklärt: „Das Gebiet Deutschlands" — es folgt die Beschreibung der äußeren Grenzen der sowjetischen Besatzungszone — „wird von den Streitkräften der UdSSR besetzt, mit Ausnahme des Gebietes Berlin, wofür nachstehend ein besonderes Besetzungssystem festgesetzt wird." Auf der Karte D
Die Sonderstellung Berlins geht auch daraus hervor, daß für Berlin in Artikel 5 eine gemeinsame Besatzungsverwaltung vorgesehen ist, während die Besatzungstruppen in den einzelnen Zonen dem jeweiligen Oberbefehlshaber unterstehen. Artikel 5 lautet: „Eine interalliierte Behörde (Komendatura), gebildet aus vier von den entsprechenden Oberbefehlshabern ernannten Kommandanten, wird zur gemeinsamen Verwaltung des Gebietes Groß-Berlin errichtet."
Eine Aufteilung der im Zonenabkommen vorgesehenen „Ostzone", die der Sowjetunion zugeteilt worden war, ist durch die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz erfolgt. Durch sie wurden die Oder-Neiße-Gebiete an Polen zur zeitweiligen Verwaltung übertragen, während die Stadt Königsberg und das umliegende Gebiet auf der gleichen rechtlichen Grundlage unter die unmittelbare Verwaltung der Sowjetunion gestellt wurde
Die Berliner Blockade im Sommer 1948
Auf die Frage der Zugangswege von und nach Berlin wird in dem Abkommen über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung Groß-Berlins nicht eingegangen. Ein umfassendes Abkommen über die Zugangswege ist auch nach der Potsdamer Konferenz nicht abgeschlossen worden, jedoch wurden Sondervereinbarungen über den Straßen-, Eisenbahn-, Wasser-und Luftverkehr getroffen
V. Das Abkommen über die Kontrolleinrichtungen
Seit dem Februar 1944 sind zur Frage interalliierter Einrichtungen, die eine effektive Kontrolle Deutschlands ermöglichen sollten, zahlreiche Vorschläge im Rahmen der EAC in Umlauf gesetzt worden. Sie haben in dem Abkommen vom 14. November 1944
Als interalliierte Kontrollorgane sah das Abkommen über die Kontrolleinrichtungen den Kontrollrat, den Koordinierungsausschuß, den Kontrollstab und die Berliner Kommandantur vor
Eine Sonderstellung fiel gemäß Artikel 7 der „interalliierten Regierungsbehörde" zu, die gemeinsam die Verwaltung von Groß-Berlin zu leiten hatte und der ein „technischer Stab" zur Seite stand. Die Regierungsbehörde für Berlin setzte sich aus den vier von ihren jeweiligen Oberbefehlshabern ernannten Kommandanten zusammen. Sie arbeitete unter der allgemeinen Leitung des Kontrollrats, wies aber im Verhältnis zu den Zonenbefehlshabern einen autonomen Charakter auf.
Der Auszug des sowjetischen Vertreters aus dem Alliierten Kontrollrat am 20. März 1948 hatte seine de facto-Auflösung zur Folge. Am 16. Juni 1948 ist der sowjetische Vertreter auch aus der Alliierten Kommandantur ausgeschieden, die jedoch trotz der faktischen Reduzierung auf eine Dreimächte-Verwaltung ihre Tätigkeit fortsetzte. Sie betrachtet sich nach wie vor als ein Organ, das zur Leitung der Verwaltung von ganz Berlin berechtigt ist, obwohl ihre Beschlüsse in Ost-Berlin nicht durchgesetzt werden können.
VI. Die völkerrechtliche Bedeutung der EAC-Abkommen
Maßgebend für die völkerrechtliche Beurteilung der interalliierten Vereinbarungen über die Zoneneinteilung und die, Kontrolleinrichtungen in Deutschland sind nicht die Feststellungen, die mit der Berliner Deklaration vom 5. Juni 1945 verbunden waren, sondern die größtenteils früher getroffenen EAC-Abkom-men.
Die Vereinbarungen, welche das Bestehen der Besetzungsrechte aufgrund der occupatio bellica voraussetzen, begründen ein Rechtsverhältnis der Besatzungsmächte unter sich
Die EAC-Abkommen unterscheiden sich nicht nur nach dem Vertragsgegenstand, sondern auch nach dem zeitlichen Geltungsbereich. Das Abkommen über die Kontrolleinrichtungen ist ebenso wie der Teil des „Potsdamer Abkommens", der sich auf die Besatzungsziele bezieht, nur für die Anfangsperiode der Besetzung Deutschlands vorgesehen. Das im Artikel 11 im Sinne eines Vorvertrages (pactum de contrahendo) vorgesehene Abkommen über die Besatzungsorgane der späteren Phase der Besetzung ist infolge des Ost-West-Konflikts nicht zustande gekommen. Dagegen weist das Abkommen über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von Groß-Berlin keine zeitliche Begrenzung auf. Es ist für die ganze Zeit der Besetzung, d. h. bis zum Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland gültig. Dies ist vor allem für die Rechtsstellung Berlins und der deutschen Ostgebiete von Bedeutung.
Der Viermächtestatus Berlins beruht einerseits auf der occupatio bellica des allgemeinen Völkerrechts, andererseits auf den Viermächtevereinbarungen, die einen partikulär-völkerrechtlichen Charakter besitzen. Auch wenn man davon ausgeht, daß das Abkommen über die Kontrolleinrichtungen nach dem Abschluß der Anfangsperiode der Besetzung und nicht nur wegen der Ereignisse, die mit der Berliner Blockade verbunden waren, größtenteils hinfällig geworden ist, besteht bezüglich der weiteren Geltung des Abkommens über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung Groß-Berlins kein Zweifel. Da in diesem Abkommen die Errichtung einer interalliierten Regierungsbehörde für Berlin während der ganzen Dauer der Besetzung vorgesehen ist, kann davon ausgegangen werden, daß auch der Teil des Abkommens über die Kontrolleinrichtungen weiter Gültigkeit besitzt, der sich auf die Kommandantur bezieht.
Durch die politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik Deutschland und Ost-Berlins an die DDR wird der Viermächtestatus Berlins als Ganzes nicht berührt. Solange der Besatzungszustand weiter besteht, ist der Viermächtestatus, der — wie festgestellt — auf zwei verschiedene völkerrechtliche Quellen zurückgeht, der staatsrechtlichen Stellung der beiden Teile Berlins übergeordnet. West-Berlin bildet so einen Teil der Bundesrepublik, der sich unter der Besatzungsgewalt der drei Westmächte befindet, die im Rahmen des Viermächtestatus ausgeübt wird
Für die Rechtsstellung der deutschen Ostgebiete ist von Bedeutung, daß das Zonenabkommen von dem Tatbestand des deutschen Gesamtstaates in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 ausgeht. Durch die zeitweilige Übertragung der Verwaltung der Oder-Neiße-Ge-biete an Polen und des nördlichen Ostpreußens an die Sowjetunion aufgrund des „Potsdamer Abkommens" ist lediglich eine Sonderregelung für einen Teil der „Ostzone", die vertraglich der sowjetischen Besatzungsmacht zugewiesen worden ist, getroffen worden. Die endgültige Festlegung der Ostgrenze Deutschlands setzt einen Friedensvertrag voraus, der im Einklang mit dem „Potsdamer Abkommen" nur mit einer gesamtdeutschen Regierung abgeschlossen werden kann.
VII. Die Sowjetunion und die EAC-Abkommen
Bis zum Berlin-Ultimatum Chruschtschows vom 10. November 1958
Bei ihrem Vorgehen berief sich die Sowjetregierung sinngemäß auf drei völkerrechtlich beachtliche Beendigungsgründe: Zeitablauf, Rücktritt wegen Vertragsverletzung und Rücktritt wegen wesentlicher Veränderung der Umstände („clausula rebus sic stantibus")
Aus der Note ging hervor, daß von der Sowjetregierung die Auffassung vertreten wurde, daß sich die Besetzungsrechte aus den Viermächtevereinbarungen, und zwar „in erster Linie" aus dem Potsdamer Abkommen ergeben würden. Die sowjetische These wurde von den Westmächten in ihren Antwortnoten vom 31. Dezember 1958
Die Sowjetunion trug den Argumenten der Westmächte Rechnung, indem sie in zwei Etappen von ihrer ultimativen Haltung in der Berlinfrage abrückte und dabei ihren Rechtsstandpunkt revidierte. Chruschtschow erklärte auf einer Pressekonferenz am 19. März 1959
Andererseits dürfte der Sowjetregierung bewußt sein, daß die Ratifizierung des Moskauer Vertrages vom 12. August 1970 durch den Deutschen Bundestag eine befriedigende Berlinregelung voraussetzt, die folgende vier Grundelemente umfaßt:
1. die Gewährleistung der Besetzungsrechte der drei Westmächte in West-Berlin;
2, die Anerkennung der gewachsenen Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik Deutschland — einschließlich der politischen Bindungen und damit der außenpolitischen Vertretung West-Berlins durch den Bund; 3. die Sicherung der Freiheit der Zugangswege von und nach West-Berlin;
4. die Beseitigung der im Widerspruch zum Viermächtestatus von ganz Berlin stehenden Diskriminierung der Westberliner durch die DDR.