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Liberalisierung und Demokratisierung v des Sozialismus in der CSSR | APuZ 45/1970 | bpb.de

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APuZ 45/1970 Liberalisierung und Demokratisierung v des Sozialismus in der CSSR

Liberalisierung und Demokratisierung v des Sozialismus in der CSSR

Christian Fenner

/ 81 Minuten zu lesen

Vorbemerkung

„Die große Chance des europäischen Sozialismus war das tschechoslowakische Modell 1968. Millionen Kommunisten, aber auch Sozialdemokraten haben den . Prager Frühling'als Renaissance des Sozialismus begrüßt." (Ernst Fischer in der ZEIT)

Endlich schien ein „dritter" — ein sozialistischer — Weg gefunden, der durchaus eine Herausforderung bei der Bewältigung gesellschaftlicher Probleme in den kapitalistischen Ländern gewesen wäre. Die Invasion versperrte den Weg abrupt. Zwar fühlten sich jene, die schon immer Sozialismus und freiheitliche Demokratie für unvereinbar gehalten haben, durch die Ereignisse bestätigt. Der Verweis auf die bisherige sozialistische Praxis, die im westlichen Lager eine Art normative Kraft des Faktischen erlangt hat, genügte, einer weiteren inhaltlichen Diskussion aus dem Weg zu gehen. Auf der anderen Seite hat die kurze Phase der Sympathie großer Bevölkerungskreise in den westlichen Ländern wieder der Resignation Platz gemacht.

Doch seine gewaltsame Niederlage widerlegt das Experiment nicht. Die objektiven politischen und ökonomischen Probleme, die den Anstoß für den „zweiten Schritt der sozialistischen Revolution" (Havemann) gegeben hatten, sind durch die Invasion der Warschauer-Pakt-Staaten nicht gelöst worden. Die Über-windung der Phase der „Diktatur des Proletariats", allzulange mit den Taten Stalins verbunden, bedarf eines qualitativen Wandels, der sich nicht allein auf die Wirtschaft erstrek-ken darf, sondern auch die politischen Beziehungen, ja die Gesellschaft als Ganzes erfas-sen muß. Das hatten die Tschechoslowaken erkannt. Die Schwierigkeit lag in der Verknüpfung dieser Sphären in einem System, das 1.den Produktivitätsfortschritt besser verbürgt (Rationalisierung)

2. die Funktion und Aufgabe des Individuums als Subjekt miteinbezieht (Humanisierung) 3. die gesellschaftlichen wie Gruppeninteressen wieder zur Geltung kommen läßt (Demokratisierung).

Das ist das Thema meiner Untersuchung. Soviel läßt sich schon vorab sagen: Die Auf-deckung der theoretischen Hintergründe des Reformprozesses, die Kritik am bisherigen versteinerten System des Sozialismus und seine schonungslose Konfrontation mit den ursprünglich intendierten Zielen eines humanen Sozialismus lassen eine praktische Kraft der sozialistischen Theorie zum Vorschein kommen, die kaum noch erwartet werden konnte.

Abgesehen also von diesem immanenten Interesse weist der Reformprozeß auf zwei Punkte hin, die für uns in der Bundesrepublik bedeutsam kein können. Zum einen zeigt sich die Unhaltbarkeit der Totalitarismustheorie, die so gern bereit ist, rot gleich braun zu setzen; die Reformer haben uns die für die NS-Ideologie undenkbare demokratisch-humanistische Zielsetzung des Sozialismus wieder sichtbar gemacht. Die Kenntnis der Vorgänge von 1968 erlaubt uns nicht mehr, vorschnell in den Schützengräben westlich freiheitlicher Demokratie Platz zu nehmen, wenn auf der anderen Seite im Namen des Sozialismus auf die gleichen Freiheiten verwiesen werden kann mit dem Anspruch, sie in einem umfassenderen Sinn einzulösen, als es die westlichen Gesellschaften bisher getan haben. Zweitens können wir exemplarisch aus der Diskussion der Reformer lernen, wie die Fragen der wissenschaftlich-technischen Revolution in hochindustrialisierten Ländern Eingang in ein gesamtgesellschaftliches Konzept gefunden haben.

Die Diskrepanz zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Armut, die Steuerung gesellschaftlicher Prozesse, die Rolle des Menschen in einer immer komplizierter werdenden Arbeitswelt, deren Humanisierung und Demokratisierung — das sind Probleme und Aufgaben, die auch unsere innenpolitischen Konflikte beherrschen. Die Ungleichzeitigkeit von fortgeschrittenem Bewußtsein des gesellschaftlich Möglichen und Status quo der vorhandenen politischen und ökonomischen Strukturen entfaltete in der ÖSSR eine Dialektik, die sich gegen das alte System selbst wandte. Liberalisierung als Bedingung und Demokratisierung als einzulösendes Ziel waren die Pole, zwischen denen sich der Sozialismus in der ÖSSR seinen Weg suchte.

I. Einleitung

Historische Voraussetzungen Chruschtschow erklärte auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Zeit des „Personenkults" für beendet. Die Reaktion der UdSSR einige Monate später auf die Vorgänge in Polen und Ungarn bewies, daß sich praktisch nichts geändert hatte. Nur der Prozeß der Revision sowjetmarxistischer Theorien wurde dadurch beschleunigt. Zumeist auf die Intellektuellen beschränkt, begann eine andauernde marxistische Analyse dessen, was Chruschtschow oberflächlich als „Freveltaten" Stalins bezeichnet hatte. Denn warum ein ganzes System sich über ein Vierteljahrhundert lang den Personenkult geleistet und ihn erduldet hatte, diese konsequente Frage zu stellen war man in der Sowjetunion nicht bereit. Diese Inkonsequenz hatten die konsequenteren — und dabei allzu unvorsichtigen — Ungarn am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Nur bedingt lassen sich Parallelen zu den Vorgängen in der CSSR 1968 ziehen. Und doch stehen die beiden Ereignisse von 1956 und 1968 in einem engen Zusammenhang. Dieser Zusammenhang stellt sich uns in der Entstehung, in der Praxis und im Scheitern des Reformkurses dar, und zwar unter folgenden Aspekten: Der Reformkurs und sein von außen herbeigeführtes Scheitern ist ein Ergebnis 1.der unbewältigten Entstalinisierung seit 1956, die zwar 2. eine gewisse „Liberalisierung" des stalinistischen Systems brachte, aber 3. keine konsequente „Demokratisierung" des Gesamtsystems in Angriff genommen hatte.

Nach Stalins Tod war ein Anwachsen der Kritik an den herrschenden Zuständen im sowjetischen Lager zu bemerken, von den Herrschenden selbst geduldet, teilweise sogar vorsichtig gefördert. In den westlichen Staaten sprach man von einer Liberalisierung des sozialistischen Systems. So ganz unrecht hatte man mit dieser Einschätzung — auch im Selbstverständnis der tschechoslowakischen Reformer 1) — nicht. Aber die Zugeständnisse beschränkten sich meist auf Teilbereiche. So war die KPÖ unter der Führung Novotnys die sta-linistischste Partei im Ostblock, handhabte aber — aus den verschiedensten Motiven — eine „liberale Kulturpolitik".

Liberalisierung bedeutete nicht mehr (aber auch nicht weniger) als die Straflosigkeit abweichender oder gar oppositioneller Meinungen innerhalb eines zentralistischen, mit totalem Anspruch auftretenden Partei-und Staats-gefüges. Ging allerdings öffentlich bekundete Kritik zu weit, das heißt, stellte sie die herrschende Machtstruktur in Frage, begann theo-retische Kritik praktisch zu werden oder Alternativen anzubieten und Erfolge außerhalb von intellektuellen Zirkeln zu zeitigen, wurde die Liberalisierung zurückgenommen. Die Offentlichkeitspolitik in der CSSR zwischen 1962 und 1967 ist dafür ein beredtes Beispiel

Wie selbstverständlich gebrauchte man in den westlichen Ländern zur Bezeichnung dieser Vorgänge den Begriff „Liberalisierung", der so unverkennbar in den Bereich der Meinungsäußerungsfreiheit zu gehören scheint. Doch schon bei der Analyse der ökonomischen Reformdiskussion wurde, besonders von westlicher marxistischer Seite, der Vorwurf einer kapitalistischen Liberalisierung erhoben, und diese verfiel lange genug im sozialistischen Lager selbst dem Verdikt des Revisionismus

Zur Beurteilung des Reformprozesses in der CSSR vor drei Jahren ist es einigermaßen aufschlußreich, zwischen den Aspekten von Liberalisierungs-und/oder Demokratisierungstendenzen zu unterscheiden. Denn die spezifische Einschätzung unter diesem theoretischen Gesichtspunkt hat ja erneut die Frage nach dem „richtigen" Sozialismus, nach dem „Revisionismus", nach den notwendigen Veränderungen in den bestehenden sozialistischen Ländern zu Beginn der wissenschaftlich-technischen Revolution und nach dem Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus und Kommunismus aufgeworfen.

Auch innerhalb der westlichen marxistisch/sozialistischen Opposition entfachte der Reformprozeß eine heftige Auseinandersetzung. Sie erfolgte allerdings mehr auf einer abstrakten Ebene insofern, als man es versäumte, die reale Bedürfnisstruktur der Bewohner der CSSR mit in die Betrachtung einzubeziehen, und man idealistisch die „liberalen" Elemente der ökonomischen und politischen Reformen als einen „Weg zurück zum Kapitalismus" kritisierte. 2. Erkenntniskritische Absicht und Methode Ich will versuchen, die theoretischen Überlegungen und Programme und die noch kaum in der Praxis entwickelten Modelle eines sich selbst demokratisch und human nennenden Sozialismus auf ihre Intentionen und Wurzeln hin zu analysieren. Ich möchte keine Schilderung der Ereignisse in der CSSR geben, sondern die Kategorien zu erfassen suchen, die uns helfen können, die Gründe für die Okkupation zu bewerten und zugleich die Möglichkeiten des Sozialismus in hochindustrialisierten Staaten theoretisch einzuschätzen.

So gilt es also, den damals vom Stalinismus sich befreienden Sozialismus in der ÖSSR durch eine realtypische Analyse der Dokumente, die mir zugänglich waren, mit den idealtypischen Prinzipien zu konfrontieren, die in unserer Fragestellung stecken: dem Liberalismus, der Demokratie und dem Sozialismus. Nun wird man sofort fragen, was denn Liberalismus und Demokratie seien. Kann man sie überhaupt definieren? Kann man bar jedes historischen Bezugs sagen, das und das sei zum Beispiel Liberalismus? Nein; nur ein typologisierendes Vorgehen hilft weiter, das die aus dem Katalog von Vorstellungen und Verhaltensweisen historischer Epochen besonders relevanten Erscheinungen heraussucht und die charakteristischen Merkmale in Beziehung setzt zum historisch-soziologisch-politischen Kontext, um so das „Moment der Identität in der Vielfältigkeit der geschichtlich-sozialen Erscheinungen jeweils situationsadäquat (zu) erfassen"

Aber auch umgekehrt wird unsere Typologi-sierung dadurch bestimmt, daß eine Fragestellung uns den historischen Kontext — hier des Reformprozesses — insofern erschließt, als wir die spezifisch liberalen und demokratischen oder die marxistischen Elemente suchen, die bei einer gröberen Analyse nicht im einzelnen erkennbar sind. Unsere für die Untersuchung vorgenommene analytische Trennung der idealtypischen Prinzipien Liberalismus, Demokratie und Marx'scher Sozialismus wird nicht zufällig oder willkürlich sein. Sie ist auch nicht bloß von theoretischem Erkenntnisinteresse geleitet. Denn „politische Soziologie ... — ob sie das will oder nicht — (ist) praxisbezogen. Sie ist es nicht nur, weil politische Praxis ihren Gegenstand bildet, auch wenn sie politische Theorien ideologiekritisch analysiert oder selbst politische Theorien entwickelt. Sie ist es ebenso, weil sie selbst, indem sie politische Praxis analysiert oder eine politische Theorie ausarbeitet, der politischen Praxis dient oder sie verändert."

Unsere Untersuchung muß unter mehreren (die Analyse erschwerenden) Prämissen gesehen werden, und zwar — das politische Engagement (für oder gegen die Okkupation); — die etwas scheinheilig anmutende, vorbehaltlose Befürwortung des Reformprozesses durch die kapitalistischen Staaten; — der experimentelle und dynamische Charakter des Reformprozesses; — daß sich die Reformdiskussion in der SSR immer im Hinblick auf die Reaktion der UdSSR abgespielt hat; — daß im Hintergrund der Diskussion immer die Stalinisierungsanalyse gestanden hat; — die Schwierigkeit des subjektiven Verständnisses von Liberalismus, Demokratie und Marxschem Sozialismus. 3. „Liberalisierung" und „Demokratisierung"

als Problem Für die Sowjetunion waren gleichermaßen „Liberalisierung" und „Demokratisierung" Vorwand zur Verurteilung des Reformprozesses. In der westlichen, außersozialistischen Diskussion wurden beide Begriffe gleichermaßen unkritisch verwandt. Um so bemerkenswerter ist eine der wenigen direkten Stellungnahmen zum Problem von Liberalisierung und Demokratisierung in der CSSR von Peter Karvas in Literärni listy, der Zeitschrift des tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes, die ein wichtiges Forum für die Reformdiskussion abgab. Wir zitieren ausführlich folgenden Abschnitt: „Dieser Demokratisierungsprozeß, der merklicher in der Zeit vor dem Zwanzigsten Kongreß begonnen wurde, der zu den entscheidenden Momenten der wirklichen heutigen Anziehungskraft des Kommunismus und der kommunistischen Parteien gehört und deren Kardinal-Bedingung ist, dieser Prozeß — das sei offen gesagt — wird oft unnütz mit dem Prozeß anderer Qualitäten und anderer Perspektiven verknüpft, nämlich mit dem Prozeß der Liberalisierung.

Demokratisierung bedeutet — nach Lenin — die organisierte Teilnahme vieler an der Macht zu mehren, an der Entscheidung, an der Führung; Liberalisierung, als Straflosigkeit der Opposition verstanden, bedeutet nur eine gewisse Gleichberechtigt-Machung gegensätzlicher Ansichten. Für unsere konkrete Situation ist aber wichtig, daß Demokratisierung und Liberalisierung eigentlich Prozesse sind, die in ihren Konsequenzen gegeneinander gerichtet sind, abgesehen davon, daß im Kampf gegen die wirkliche Demokratisierung die schlechten Ergebnisse der Liberalisierung benutzt werden können, die wir passiv zugelassen haben, weil wir die Demokratisierung nicht aktiv genug verwirklichten. Im heutigen Stadium des Sozialismus ist nämlich eine wirkliche sozialistische Demokratie das einzige Mittel, die einzige Garantie gegen den Liberalismus. Alle anderen Mittel, vor allem undemokratische und administrative Mittel, lassen Liberalismus entstehen und wachsen.

Die Angst vor dem Liberalismus kann den wirklichen Demokratisierungsprozeß bedrohen; der Mißerfolg der Liberalisierung, der immer eintritt, kann gern gesehene Argumente für die Ansicht liefern, daß Demokratisierung vorerst, eben jetzt, hier oder so — nicht möglich oder nicht erforderlich sei. Alle Mißerfolge des Liberalismus, der eine Folge der Schwäche und ungenügender Grundsätzlichkeit ist, stärken also die Gegner der Demokratisierung, die gerade durch Stärke und Grundsätzlichkeit bedingt ist. Solche Mißerfolge kommen den Gegnern der Demokratisierung wie gerufen: sie brauchen sie, und deshalb weichen diejenigen, die nicht bereit sind, wirkliche Demokratisierung zu verwirklichen, in der Regel, von Fall zu Fall, dem Liberalismus.

Die Verallgemeinerung der Entscheidung und der Verantwortung, also die wirkliche Demokratisierung, und der wirkliche Kollektivismus sind also kein Liberalismus, sondern die einzige Verteidigung gegen die . Gefahr des Liberalismus'. Liberalismus bedeutet gerade das Recht, keine Verantwortung zu haben. Man kann wirkliche Mitverantwortung nur bei wirklicher Teilnahme an der Entscheidung fordern. Wenn wir das bestreiten, wenn wir das nicht in der Praxis realisieren, dann öffnen wir der Liberalisierung Tür und Tor (. ..)."

Karvas spricht aus, was wir schon oben angedeutet hatten: daß Liberalisierung nichts weiter ist als das Zugeständnis an kritische Geistesarbeiter, straflos opponieren zu dürfen, ohne die Verantwortung für etwaige Folgen tragen zu müssen und zu können. Denn dieser Liberalisierung fehlte die aktive — praktische — Veränderung, die in der Zusammenarbeit mit der Gesamtgesellschaft Kritik positiv werden lassen kann. So sei sogar Liberalisierung ein Mittel zur Erhaltung der bürokratischen Herrschaft selbst. Sie gewährt Freiräume, ohne daß das Herrschaftsgefüge prinzipiell angegriffen würde: Unverbindliche, negativ-ausgren-zende Freiheiten vom totalen Anspruch der Staatsgewalt haben „freiheitliche" Alibifunktion. Dem stellt Karvas den teilnehmenden, mitentscheidenden, kollektiven Demokratiebegriff entgegen, den es gegen Liberalisierungstendenzen durchzusetzen gelte, da es nicht Ziel sozialistischer Demokratie sei, den einzelnen gewähren zu lassen, sondern ein allgemeines Klima schöpferischer Betätigung für und in der Gesamtgesellschaft zu schaffen — einen „wirklichen Kollektivismus".

Und doch scheint mir dieser Versuch eines tschechischen Kommunisten, präzise Demokratisierung von Liberalisierung abzusetzen, ja, als in den „Konsequenzen gegeneinander gerichtet" zu sehen, nicht ausreichend. Wir werden sehen, daß diese scheinbar so deutliche Differenzierung bestimmten Implikationen unterliegt, die wir im Laufe unserer Untersuchung bloßlegen wollen — nicht, um Peter Karvas zu „entlarven", sondern um die einseitige Festlegung auf den Leninschen Demokratiebegriff als notwendiges Hindernis der gesellschaftlichen Emanzipation zu kritisieren.

II. Neues Modell des Sozialismus

1. Revolution im überbau?

Peter Karvas möchte suggerieren, daß eine kritische Parteiführung — wäre sie nur „konsequent" gewesen — die Demokratisierung in der CSSR selbst hätte durchsetzen können. Er bemängelt, daß in der Zeit des „liberalen Stalinismus Novotnys" Kritik von Intellektuellen „verantwortungslos" artikuliert wurde, die faktisch das Klima für die „anarchische" Liberalisierungsphase nach dem Januar 1968 ge-schaffen habe, als die verschiedensten Vorstellungen über die Qualität und Richtung der Demokratisierung in der „öffentlichen Meinung" zirkulierten. Doch diese Kritik fällt auf den Marxisten-Leninisten Karvas zurück, glaubt er doch, die „Schuld" für diese Liberalisierung personalistisch auf eine fehlerhafte Parteiführung zurückführen zu können, ohne zu fragen, ob nicht einerseits die Absicht einer autoritären — aber „konsequenten" — Demokratisierung von oben überhaupt in Frage zu stellen wäre und ob nicht andererseits die „verantwortungslose" Inanspruchnahme des „Liberalismus" im kulturell-ideologischen Bereich erst die Durchführung einer Demokratisierung „klimatisch" möglich machte, einer Demokratisierung, die eben auch die „Massen" ergriff. Man muß aber auch den Vorstellungen vieler westlicher Interpreten entgegentreten, die gern von einer Revolution der Intellektuellen sprechen, die nicht in der Lage gewesen wären, ihre kritischen Ideen und Analysen der Vor-Januar-Zeit in der Reformphase durchzusetzen

Nun ist nicht zu leugnen, daß der Anteil, den die Intellektuellen am Zustandekommen des Reformkurses sowie der Massenmobilisierung, die er nach sich zog, gehabt haben, ziemlich hoch veranschlagt werden muß. Die Gründe dafür sind aber nicht nur in der traditionellen Position der tschechoslowakischen Intellektuellen zu suchen, die fast ausnahmslos auf der Linken standen, sondern auch in der bürgerlich-demokratischen Tradition. Schon zu Beginn der zwanziger Jahre waren in einer starken Kommunistischen Partei Arbeiter und Intellektuelle in einem „Klassenbündnis" zusammengeschlossen. Dieses Bündnis bewährte sich besonders im antifaschistischen Widerstand und in der Nachkriegs-und Aufbauperiode.

Aber dieser Hinweis darf nicht dazu verführen, von einer Revolution der Intellektuellen — was ja auch heißen kann: „für Intellektuelle" — zu sprechen. Vielmehr müssen wir die materialistischen Bedingungen der CSSR, ihre Nachkriegsentwicklung und die ökonomischen Fehlschläge des administrativen sowjetischen Modells von Sozialismus als die primären Ursachen für den Reformprozeß betrachten. Deswegen wäre es auch falsch, Dubceks Rolle in der Entwicklung des Reformprozesses überzubewerten, so wie es in fast allen sozialistischen

Ländern gemacht wurde, um von der Objektivität der notwendigen Veränderungen abzulenken und das Problem zu personalisieren.

Eher meine ich, daß die „liberale" Haltung Dubceks ihn zum Katalysator des Demokratisierungsprozesses machte, dessen führender Repräsentant er erst im Laufe der Ereignisse wurde Denn das hatte ja der „Prager Frühling" auf keinen Fall mit dem „Polnischen Oktober" und dem Ungarischen Aufstand gemein:

Die Gefahr des schnellen Absinkens in einen bloßen Antisowjetismus bestand nicht, da die Kritik am Stalinismus stets verbunden war mit dem Versuch, Perspektiven für seine Neustrukturierung zu eröffnen. Nie stand der Ausbruch aus dem „sozialistischen Lager" zur Debatte, nie wurden die „sozialistischen Errungenschaften" in Frage gestellt. Dieser Januar 1968 reichte weiter zurück. Bis in die Jahre 1956 bis 1958 kann man vier Wurzeln der „kontrollierten Revolution" verfolgen, die sich gegenseitig bedingen: erstens die wirtschaftliche Stagnation, zweitens der Kampf um „bürgerliche" Freiheiten, drittens das Nationalitätenproblem und viertens — eher Ausfluß als Ursache dieser Probleme — die Artikulation eines tschechoslowakischen Revisionismus, den wir besonders zu beachten haben. 2. Die Kritik am sowjetischen Modell der sozialistischen Wirtschaft Noch am Ende der fünfziger Jahre schien es, als ob der Übergang zum zentral gelenkten Wirtschaftssystem in der ÖSSR nach dem Modell der UdSSR auch langfristige ökonomische Wachstumsprobleme lösen könnte. Die in der Sowjetunion angewandte Methode für die kurzfristig nachzuholende Industrialisierung eines unterentwickelten Landes schien sich auch — besonders in der Nachkriegsperiode — in der CSSR als nachahmenswert anzubieten. Und tatsächlich wuchs das Nationaleinkommen von 1937 bis zum Jahre 1964 je Einwohner um 166 0/0 Die extensive Industrialisierung, die jene Aufgabe vollendete, die die industrielle Revolution des Kapitalismus nicht in vollem Umfang verwirklicht hatte, brachte einen erheblichen Anstieg des Lebensstandards mit sich.

Doch dieser Industrialisierungsprozeß geriet in eine Sackgasse, da er sich vorwiegend auf ein quantitatives Wachstum der Produktivkräfte stützte; Die administrative Leitung überschritt die Grenzen ihrer Zweckmäßigkeit unter den gegebenen Bedingungen: „Die Entwicklung der Produktivkräfte war einseitig auf die Zahl der Industrieobjekte mit traditioneller Struktur . ..

orientiert, die relativ große Mengen von Investitionen, Arbeitskräften, Rohstoffquellen u. ä. absorbierten. Innerhalb der existierenden Produktions-und technischen Basis kam es zu keinen wesentlichen Strukturwandlungen und somit auch zu keiner Verdichtung ihrer Dynamik." Das durch infrastrukturelle Maßnahmen im Ausbildungsbereich bedeutend erweiterte Qualifikationswachstum wurde zum Großteil durch den negativen Einfluß organisatorischer Faktoren des Leitungssystems paralysiert.

Zwar wurden die Fehler schon 1962 auf dem XII. Parteitag erkannt, und dementsprechend wurde die Hauptaufgabe „des Übergangs von einer bisher überwiegend extensiven Entwicklung zu einer intensiven wirtschaftlichen Entwicklung" formuliert. Aber die Maßnahmen bewegten sich noch immer im Rahmen der administrativen Lenkung und stützten sich auf das Kennziffersystem, die — volkstümlich so genannte — „Tonnenideologie" dieser Zeit rührt auch der Streit über „die zwei wesentlich voneinander abweichenden Standpunkte“ zur Beseitigung der ökonomischen Misere, die sich in der CSSR (wie übrigens in allen sozialistischen Ländern) herauskristallisiert hatten. 1964 formulierte Ota Sik in der Juli-Nummer der Monatsschrift „Tschechoslowakische Gewerkschaften" dieses Problem: „Es ist die Auseinandersetzung und Bedeutung der Warenbeziehungen in der sozialistischen Wirtschaft und deren Rolle in der planmäßigen Entwicklung . . . Einige Ökonomen fassen die sozialistische Entwicklung in der Hauptsache als ein System der Lenkung auf, wobei die gesellschaftlichen Zentralorgane . . . mit Hilfe einer ganzen Skala von Kennziffern alle Seiten und Änderungen im Prozeß der Bildung der materiellen Gebrauchs-werte in der Gesellschaft bestimmen und vor-zeichnen sollen . . . Bei dieser Betrachtung treten die Warenbeziehungen mit ihren Wertkategorien und -Instrumenten als etwas dem Sozialismus Fremdes, als ein bloßer Überrest des Kapitalismus in Erscheinung, der aus dem Sozialismus verdrängt werden muß."

Preis, Gewinn, Selbstkosten etc. werden zu Meßgrößen degradiert, die allein den Prozeß der unmittelbaren gesellschaftlichen Verteilung bestimmen sollen. Man vernachlässigt ihre Funktion im Produktionssektor, wo sie doch bei Abstimmung gegensätzlicher Interessen, in der Reaktion auf Marktveränderungen, ein unentbehrlicher Helfer sein könnten.

Solange die Gesellschaft noch nicht nach dem Prinzip der direkten Verteilung produzieren kann, solange müssen die Ware-Geld-Beziehungen in einer sozialistischen Wirtschaft ihren Dienst tun, um mit rationellen Mitteln die widersprüchlichen Interessen in der Gesellschaft optimal zu befriedigen. „Auf den ersten Blick erscheint zwar, daß die Ansichten gegen die Warenbeziehungen irgendwie sozialistischer wären, während die Stimmen, die nach einer breiteren und konsequenteren Nut-zung der Warenbeziehungen rufen, uns sozusagen zum Kapitalismus zurückführen. Dies ergibt jedoch nur eine oberflächliche Betrachtung ... je mehr wir bei der Festlegung aller unserer Wirtschafts-und Leitungsformen die objektiv nicht zu überspringenden Bedingungen des Sozialismus berücksichtigen, um so schneller wird die sozialistische Entwicklung vor sich gehen und um so schneller werden wir auch den großen historischen Wettstreit mit dem Kapitalismus gewinnen."

Radoslav Selucky erweiterte iks Forderungen schon damals um die Frage, ob nicht das System der direkten Leitung der Wirtschaft zusammen mit dem der Politik und Demokratie geändert werden müsse: „Ich glaube, daß das neue System der Leitung der Volkswirtschaft nicht ohne beträchtliche Änderungen in der politischen und wirtschaftlichen Organisation eingeführt werden kann ..." Das bisherige System stelle nur eine „formale Art der Demokratie dar, in der die Verantwortlichkeit verwässert und wirksames Handeln verhindert wird" Alle Direktiven haben in der Wirtschaft (formalen) Rechts-und Gesetzescharakter, ohne die Wirksamkeit der Rechtsbeziehungen im kapitalistischen System zu zeitigen. Niemand wagte dieses System, das auf der Theorie der Einheit von politischer Macht und wirtschaftlichem Eigentum — der politischen Übergangsperiode der „Diktatur des Proletariats" — aufgebaut war, zu kritisieren. Die Wirtschaft blieb vollständig der Politik untergeordnet, auch als sich das Gesamtsystem stabilisiert hatte: „Weil es um eine machtpolitisehe Lenkung der Wirtschaft ging, die parallel zur Lenkung der Politik und Kultur existierte, wurden die durch außerordentliche Umstände erzwungenen Formen und Lenkungsmethoden der Volkswirtschaft zum integralen Bestandteil des neuen politischen Systems."

In der zweiten Revolutionsphase — des „entwickelten Sozialismus" —-gelte die vorausgesetzte Einheit der Interessen von politischer Führung und Gesellschaft nicht mehr. Die Artikulation von Einzelinteressen müßte im entwickelten System der sozialistischen Demokratie Voraussetzung von Politik sein und nicht unterdrückt werden dürfen. Sik weist in seinem Buch „Plan und Markt im Sozialismus" ausführlich nach, daß die von Stalin vertretene Theorie, nach der im staatlich-industriellen Bereich das Wertgesetz (Ware-Geld-Beziehungen) nicht mehr seine Gültigkeit besitze — sondern nur noch in den bäuerlichen Genossenschaftsbetrieben, die der wahren sozialistischen Eigentumsform widersprächen —, dazu führen mußte, daß der Staat zum direkten Leiter und Verteiler wurde: „So wurden Wert-beziehungen und -kategorien einschließlich wirtschaftlicher Rechnungsführung ... zu einer rein formalen Angelegenheit. Der eigentliche Sinn der wirtschaftlichen Rechnungsführung, nämlich daß jeder Betrieb nicht nur den Wert seiner Ware auch im Verkauf realisiert, sondern auch seinen notwendigsten Reproduktionsbedarf, besonders die Löhne, von diesem Wert bestreiten muß, ging verloren."

Stalin hat diese Theorie in zu dogmatischer Auslegung von Marx vertreten, indem er mit der Verstaatlichung der Produktionsmittel — und damit dem Fortfall der Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Arbeit und privater Aneignung — die Bestimmung sozialistischer Warenbeziehungen fast ausschließlich von den Eigentumsformen abhängig gemacht hat.

Zwar bedarf es in einer sozialistischen Gesellschaft der gesamtstaatlichen Planung, die aber nicht dahingehend — mechanistisch — mißverstanden werden darf, daß alle Detailentscheidungen von unten nach oben kumuliert und von dort wieder nach unten gegeben wer-den. So entsteht nämlich eine Bürokratie, die tendenziell alle niederen Leitungsorgane überflüssig macht beziehungsweise sie zu Befehls-empfängern degradiert, ik meint indessen, einen richtig verstandenen Lenin dagegen-setzen zu müssen. Und zwar bestehe eine „Notwendigkeit der relativen Selbständigkeit der niederen, spezifischen Leitungsorgane", damit „sie die Kenntnis der spezifischen Bedingungen der von ihnen zu leitenden Gebiete maximal anwenden können . . . Diese relative Selbständigkeit der Entscheidung bei aktiver Teilnahme der Werktätigen . . . (innerhalb gewisser fachlicher Grenzen, C. F.) ... ist die zweite Seite des sozialistischen Leitungssystems, die wir als Demokratismus bezeichnen (die demokratisch-zentralistische Leitung, C. F.) ... Dieses Verhältnis zwischen zentraler und dezentraler Entscheidung und Leitung, ihre richtige Abgrenzung und Verbindung, das ist eines der wichtigsten und aktuellsten Probleme der sozialistischen Wirtschaft und der sozialistischen Gesellschaft überhaupt."

Die Ansicht, alles im Rahmen der Makroökonomie, wo alles Wissen zentral zusammengefaßt ist, zu lösen, sei „ein Ausdruck für die Unterschätzung der schöpferischen Fähigkeit des Menschen" Gerade diese aber wird für die fortschreitende Entwicklung der Produktiv-kräfte benötigt. Ihre Entwicklung ist nur möglich, wenn das Subjekt-Objekt-Verhältnis wieder dialektisch entfaltet werden kann; wenn die Artikulation und Befriedigung von Bedürfnissen durch gesellschaftliche Organisationen ausgedrückt und durchgesetzt werden können, wenn also die Transmissionsriemenfunktion der Organisation nicht mehr einseitig aufgefaßt wird. Im bisherigen System aber fehlt „die Rückkoppelung im Sinne des Informationsflusses von unten nach oben . . ., so daß die für die Demokratie notwendige Konfrontation der Interessen einzelner Bevölkerungsgruppen mit der politischen Führung" nicht stattfindet. 3. Sozialismus, wissenschaftlich-technische Revolution und Revisionismus Die Äußerungen Seluckys weisen auf die außerordentlichen Schwierigkeiten in einem sozialistischen Staat hin, der seinen straffen „demokratischen Zentralismus" nicht mehr mit dem Pathos der Revolution motivieren kann, sondern auf die schöpferische Entfaltung der Menschen selbst zur Weiterentwicklung der sozialistischen Demokratie angewiesen ist.

So erfährt die Kritik am zentralistischen Wirtschaftssystem ihre notwendige Erweiterung in der Kritik am politischen Lenkungssystem in Gestalt der „führenden Rolle der Partei" sowie einer Neubewertung der Freiheit und Autonomie des menschlichen Subjekts. Wir wollen damit auf die Quellen des tschechoslowakischen „Revisionismus" hinweisen, die sich als eine Wiederbelebung der anthropozentrischen Komponenten des Marxismus zusammenfassen lassen — allerdings nicht allein in einem philosophischen Sinne, sondern als Resultat der Erfahrung des gegenwärtigen sozialistischen Systems im Hinblick auf die Aussichten, die eine Veränderung der Produktiv-kräfte erwarten lassen.

Die neueren Arbeiten von Habermas, Wellmer, Offe u. a. zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaften berühren sich in entscheidenden Punkten mit denen tschechoslowakischer Theoretiker wie zum Beispiel in der Forderung, die Analyse industrieller Reproduktionsmechanismen wieder in Verbindung zu bringen mit der Kritik der instrumenteilen Vernunft, das heißt, über technokratisches Verfügungswissen hinaus die fortschreitende Industrialisierung und Automation im Hinblick auf die Verwirklichung emanzipatorischer Ziele kritisch zu betrachten und den theoretischen Zusammenhang herzustellen zwischen den „Sachzwängen" technischer Rationalität und der menschlichen Potentialität schöpferischer und freier Entfaltung. Hält man an Marx'In-tention — der Herstellung „vernünftiger Verhältnisse"

— fest, so genügt es nicht, die Klassiker des Marxismus-Leninismus zu zitieren. Marx'Analyse des Verhältnisses von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen bedarf eingehender Neuinterpretation und Weiterentwicklung, die die veränderten Daten hochindustrialisierter Gesellschaften mit einbezieht: „Das . Philosophisch-Werden'des Kapitals in den Diskussionen marxistischer Intellektueller war eine notwendige Reaktion auf die bürokratische Erstarrung des Sozialismus und die Entstehung einer kommunistischen Orthodoxie. Indes ist es zugleich ein Indiz dafür, daß dieses faszinierende Instrument der Kritik stumpf geworden ist; daß die Marxsche Klassen-und Arbeitswerttheorie (nicht) für eine kritisch-wissenschaftliche Analyse der spätkapitalistischen (resp, sozialistischen, C. F.) Industriegesellschaft zureicht."

In der CSSR blieb es nicht bei der Philosophie. Die monumentale Bestandsaufnahme von R. Richta und Kollektiv: „Zivilisation am Scheideweg" stellt diese Fragen in den Mittelpunkt der Diskussion. In seinem Aufsatz „Die wissenschaftlich-technische Revolution und die Alternativen der modernen Zivilisation" hat Richta in ähnlicher Argumentation wie Habermas auf die Veränderungen im Zeitalter der „wissenschaftlich-technischen Revolution" aufmerksam gemacht: Während noch in der Industriezivilisation (die Marx analysierte und kritisierte) im wesentlichen die einfache Arbeit als Wacbstumsfaktor vorherrschte, „kann man (heute) kaum leugnen, daß dieses Ferment die Wissenschaft und ihre Anwendung ist: ihre eigenständige Bedeutung besteht darin, daß sie jenen Bereich menschlicher Aktivität vorstellt, in dem der Mensch lernt, die natürlichen (aber auch die gesellschaftlichen) Quellen, Kräfte und Prozesse an-zuwenden, die ohne Kosten, ohne Arbeit weiterwirken . . ." (S. 177), allerdings — so fügt Richta hinzu — auf der Basis einer entwickelten „Gesellschaft des hohen Massenverbrauchs". Denn die Befriedigung der Reproduktionsbedürfnisse ließe sich nicht überspringen, jede Verzögerung bedeute vielmehr eine Verlängerung ihrer imposanten Vorherrschaft. „Der durch das Anwachsen der Produktivkräfte gegebene erhöhte Konsum stellt auch für den Sozialismus ein notwendiges Durchgangsstadium dar. Die Bedürfnisse werden durch ihre Befriedigung veredelt; die Dinge — wenn es ihrer genug gibt — drängen auf die Intensivierung der Fähigkeit, zu wählen, erweitern das Wahrnehmungsvermögen; jenseits einer bestimmten Grenze ermöglicht der Massenverbrauch die Entfaltung der Individualität; er demokratisiert die Voraussetzungen der menschlichen Entfaltung, ist jedoch mit ihr noch nicht identisch."

Es wäre falsch, das Ziel einer sozialistischen Konsumgesellschaft vom Standpunkt eines pauperistischen Kommunismus zu kritisieren;

allerdings müsse man der Gefahr eines Konsums um des Konsums willen zu steuern suchen.

Richta und Kollektiv sehen diese Gefahr: „Es gibt jedoch auch Anzeichen dafür, daß die empirische Tendenz zur Konsumerweiterung innere Gegensätze enthält, die mit einer viel tiefer liegenden Wandlung im Organismus der gegenwärtigen Zivilisation Zusammenhängen, nämlich mit Umwälzungen im Bereich der Arbeit in der Art und Weise der aktiven Selbstgeltendmachung des Menschen. Hier liegen die tiefsten Quellen der Freiheit ebenso wie der existierenden Unfreiheit ..." Die bisherige abstrakte manuelle Arbeit war von den „intellektuellen Potenzen getrennt", sie war „reine Notwendigkeit, als ein Mittel zur Existenz fixiert" (S. 179). Heute würde die technische Entwicklung eine „Schwerpunktverlagerung zur schöpferischen Tätigkeit" ermöglichen (S. 180), die allerdings einer Bildungsrevolution bedürfte.

Ich zitiere noch einige Passagen aus dem Aufsatz, weil er mir deutlich zu machen scheint: 1. die „theoretische Reife" tschechoslowakischer Wissenschaftler (die sich selbst entscheidend im Reformprozeß hervorgetan haben und diese Vorstellungen auch ins Aktionsprogramm der KPC einbringen konnten);

2. die Implikationen, die diese Analyse für das stalinistisch-zentralistische System selbst hat, das heißt also ihre immanente Kritik;

die Wiedergewinnung 3.der anthropozentrischen Fragestellung, die meines Erachtens vom jungen Marx beeinflußt ist.

Die Arbeitsteilung im industriellen Produktionsprozeß ruft unweigerlich eine „Dichotomie der Leitenden und der Geleiteten" (S. 180) hervor; „Leitung setzt hier den Ausschluß der Subjektivität der Geleiteten voraus" (S. 181). Die Strukturwandlungen der Zivilisationsbasis werden mehr oder weniger wissenschaftliche Tätigkeit erfordern, die „notwendigerweise ein anderes Leitungsprinzip als die Industrie" besitzt, „nämlich eines, das eine eigene Subjektivität der Geleiteten voraussetzt, die dem Prozeß die eigene Dimension verleiht" (S. 181).

Deutlich wird der Rekurs auf Marx und Engels in der Einschätzung der Rolle der Produktiv-kräfte im gegenwärtigen sozialistischen Industriesystem: „Der Begriff der Produktivkräfte wurde von der Produktion des menschlichen Lebens, von der menschlichen Tätigkeit, von der Art und Weise der Selbstverwirklichung des Menschen getrennt ... In der ursprünglichen Konzeption von Marx und Engels bezog sich jedoch die Bestimmung der Produktivkräfte nicht primär auf die Produktion von Dingen, sondern auf die Produktion menschlichen Lebens" (S. 192 f.). *

Zwar ist überall bei Richta zu spüren, daß er (ähnlich wie Schaff) die Bekämpfung des Ökonomistischen Prinzips im Sozialismus für unbedingt erfolgreicher hält, dennoch wird deutlich, wie die sozialistische Wirklichkeit sich dem Marxschen Traum bisher versperrt. Die Notwendigkeit, die Ware-Geld-Beziehungen beibehalten zu müssen, ja sie sogar verstärkt durchzusetzen, steht dem Abbau deformierter Subjektivität, die sich als homo oeconomicus den „objektiven" Gesetzen des Wirtschaftsganzen unterwerfen muß, entgegen.

Fast erscheint es als Ironie, daß ein Buch wie Kosiks „Dialektik des Konkreten", das sich erstens eingehend mit dem liberalistisch-ökonomistischen Rationalitätsbegriff und Empirismus auseinandersetzt, mit dessen atomistisch-rationalistischer Auffassung vom Ganzen, und zweitens mit der organizistisch-romantischen Vorstellung, die „das Ganze formalisiert und die Priorität des Ganzen . . . hervorhebt", um dagegen die dialektische Auffassung zu setzen, „die die Wirklichkeit als strukturiertes, sich entfaltendes und bildendes Ganzes begreift" letztlich eine einzige Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit eines sozialistischen Staates darstellt.

Nur „wenn die gesellschaftliche Wirklichkeit als dialektische Einheit von Basis und über-bau und der Mensch als gegenständliches, gesellschaftlich-historisches Subjekt erkannt wird", kann die herrschende Pseudokonkretheit aufgehoben werden. Sie kann nicht als „konkrete Totalität" erkannt werden, „wenn der Mensch im Rahmen dieser Totalität nur und vor allem als Objekt gesehen wird, wenn also in der gegenständlichen historischen Praxis der Menschheit nicht die erstrangige Bedeutung des Menschen als eines Subjekts erkannt wird"

Der „Revisionismus" dieser Auffassung liegt auf der Hand. Die „erstrangige Bedeutung des Menschen als eines Subjekts" muß mit den dogmatisierten Sätzen vom „Umschlag von Quantität in Qualität", von der Wirkung „objektiver Gesetze", von „Freiheit und Notwen-digkeit", Individuum und Gesellschaft, wie sie der Sowjetmarxismus entwickelt hat, heftig aneinandergeraten.

Die Theorie des „Dialektischen Materialismus" verneint grundsätzlich einen Widerspruch zwischen Individual-und Allgemein-willen. Und auch die Einführung des Begriffs vom „Besonderen", der eine Vermittlerrolle zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen einnehmen soll, macht letztlich nur eines klar: die hierarchische Ordnungsvorstellung einer Theorie, in der sich kontinuierlich etwas vom Einzelnen zum Besonderen und zum „Ganzen", das heißt, der Gesamtwirklichkeit als etwas Höherem, entwickelt, wobei das „Ganze" mehr sein soll als die Summe seiner Teile

Wenn der Mensch letztlich nur Erscheinungsform (Monade) des auch normativ wirkenden höheren „Wesens" — des Staates — ist, löst sich das Problem von Einzelnem (Teil) und Totalität in einer objektiv idealistischen Mystifikation auf: „Hypostasierung und Privilegierung des Ganzen", so meint Kosik in der Kritik des Idealismus, „gegenüber den Teilen (den Fakten) ist einer der Wege, auf denen man anstatt zur konkreten zur falschen Totalität gelangt. Wenn der Gesamtprozeß gegenüber den Fakten die wahre und höhere Wirklichkeit repräsentiert, kann die Wirklichkeit auch unabhängig von Fakten existieren, insbesondere von solchen, die ihr widersprechen. In dieser Formulierung, die das Ganze gegenüber den Fakten verselbständigt, liegt die theoretische Begründung des Subjektivismus, der die Fakten übersieht oder im Namen einer , höheren Wirklichkeit’ vergewaltigt."

Kosik wie Richta, Löbl u. a. machon in ihrer philosophischen, soziologischen und ökonomischen Kritik am Zentralismus nicht nur deutlich, daß die leninistisch-stalinistische Interpretation von Marx in dem fortgeschrittenen Stadium der Sozialismus nicht einmal mehr den differenzierten Forderungen einer rationalen Herrschaftsordnung gerecht wird. Vielmehr wird dem bisher einseitig betonten — als Folge der revolutionären Umwälzung — Rousseauschen Demokratieverständnis, der Identität von Herrschenden und Beherrschten, das Marxsche Verständnis von Demokratie entgegengesetzt, das das Prinzip der rationalistischen Vernunft der bürgerlichen Autonomie und Selbstverwirklichung aus seiner (erkenntnistheoretischen wie) ökonomischen Begrenztheit im Sozialismus aufgehoben wissen wollte. Daß es ausgerechnet das „liberale" und rationalistische Prinzip ist, das heute gegen den dogmatischen (Sowjet-) Marxismus ins Feld geführt werden muß, ist nicht den „Revisionisten" anzulasten

Die Wiederbelebung gerade der befreienden Momente dialektischer Geschichtsauffassung findet ihren Niederschlag in der Kritik an der mechanistischen — stalinistischen — Auffassung vom Fortschritt, der nur noch als einfaches „quantitatives Wachstum einiger typischer Parameter (z. B.des Produktionsvolumens) und nicht als eine qualitative Umformung der inneren Struktur der sozialistischen Gesellschaft" begriffen wird. Reduziere man den Aufbau des Sozialismus auf eine bloß lineare Erweiterung der gegenwärtigen Form des sowjetmarxistisch orientierten Sozialismus, bedeute das nicht weniger, als daß die Geschichte mit der einfachen Negation des Kapitalismus zu ihrem Ende gekommen sei. Diese Vorstellung aber habe — so Strinka — „eine große Verarmung für den historischen Wert des Sozialismus herbeigeführt. Nach dieser Auffassung ist der Sozialismus, um es einfach zu sagen, genau die Umkehrung des Kapitalismus, und er kann schwerlich als dessen tatsächliche Überwindung, d. i. durch seine dialektische Negation, angesehen werden. Dialektische Verneinung ist nicht nur Verneinung an sich, sondern auch Bestätigung, Bekräfti-gung, d. h. eine kritische Aneignung dessen, was in dem früheren System positiv war, eine Integration aller dieser positiven Aspekte auf der Stufe des neuen Systems." 4. Liberales Freiheitsprinzip und sozialistische Gemeinschaft Dieser philosophischen Kritik korrespondiert die Kritik am Fehlen einer freiheitverbürgenden Verfassung, die zwar auf dem Papier bestehe, nicht aber ihre Funktion erreichen könne, wenn alle Entscheidungen zentralistisch zusammengefaßt sind. Denn das Fehlen einer institutionalisierten Kritik im Bereich der „integrierten Macht" und der „integrierten Leitungstätigkeit" führt zu einem politischen Monismus, der die Initiative des einzelnen absterben läßt. Werden die Staatsbürger nicht mit gleichen politischen Rechten ausgestattet und in die Rolle einer „Masse" gedrängt, die im System der Transmissionen nur Räderwerk (Stalin) abgeben soll für das Funktionieren der geschichtlichen Gesetzmäßigkeiten, entsteht Anonymität und ein „System der allgemeinen Verantwortungslosigkeit. Es ist zugleich ein System der allgemeinen Mystifikation: da das politische Denken ersetzt worden ist durch die politische Phrase, funktioniert das System nur dadurch, daß es massenhaft falsches Bewußtsein bildet, und zwar als Voraussetzung seiner eigenen Existenz, und daß es jedweden Versuch kritischer Betrachtung als Ketzerei und Sakrileg ablehnt. Die dialektische Vernunft, aber auch der gesunde Menschenverstand sind aus den politischen Entscheidungen verbannt."

Kritisches Denken zieht sich also infolge seiner institutioneilen Schwäche, nämlich gesellschaftlich-politisch nicht wirksam werden zu können, auf die Person oder auf Gruppeninteressen (zum Beispiel Intellektuelle) zurück.

In einer trostlosen Umgebung, wo das „Verlangen nach schöpferischer Tätigkeit und eigener Initiative frustriert" ist, sucht sich Wahrheit außerhalb der politischen Praxis anzusiedeln, wird Denken zur „Freiheit". Die andauernde Beschäftigung marxistischer Theoretiker mit der Rolle des Individuums in der Gesellschaft beweist das nur zu augenfällig. Denn — so der Prager Philosophie-Professor Milan Machovec — „wo man . Mangel an Freiheit'gelitten hat, muß gesetzmäßig eine neue Freiheitssuche entstehen. Auch der Kommunist kann entdecken, daß in der sogenannten . westlichen'individuellen Freiheit etwas mehr steckt als nur die ideologische Verschleierung der Willkür des rücksichtslosen ausbeuterischen Individualismus — ohne deswegen die marxistischen Grundlagen zu verlassen ..."

Die im Sozialismus erfahrene „Unterdrückung des Individuums" durch die Gesellschaft widerspricht dem „ideologischen Hauptziel" der Verwirklichung menschlicher Freiheiten, die die Berührung des Liberalismus mit dem Sozialismus in der Konzeption von Marx gebracht habe Die Unterdrückung des Individuums und sozial schwächerer Gruppen hat aber ihre Ursachen in einer Konzeption von Sozialismus, wie sie aus der „Kommune" und — durch Stalin vergröbert — aus Lenins „Staat und Revolution" abzuleiten ist, wo gänzlich die Frage ausgeklammert wird, wie die konkrete Organisation der demokratischen Institutionen beschaffen sein soll. Der simplifizierte Demokratismus, ohne Vermittlungsinstanzen, ohne Recht der freien Meinungsäußerung der Individuen und Gruppen, in die das Volk konkret zerfällt, „mündet unweigerlich in die De-legierung der Macht auf eine Jakobinerpartei, die sich notwendig in eine Bürokratie verwandelt"

Längst schon hat das Modell der Selbstverwaltung in Form der Kommune und Sowjets seine ursprüngliche Funktion verloren, aber immer noch schöpft das System der politischen Macht in der UdSSR seine Legitimation aus der direkten Verbundenheit mit der sozial stärksten Klasse der Arbeiterschaft und sieht sich somit in der Lage, alle sozial und politisch schwächeren Gruppen zu unterdrücken mit dem Hinweis, daß es bereits die unmittelbare Vereinigung aller Menschen repräsentiere.

Denn das Kommune-Modell „drängt die Bedeutung formaler Gleichheit aller Menschen als Bürger in den Hintergrund, denn unmittelbar in die . Sphäre des Staates'(der politischen Gemeinschaft) führt sie einen sozial bestimmten Menschen ein, und damit führt sie auch direkt, ohne Notwendigkeit der Vermittlung durch die Sphäre der Beziehungen der abstrakten Gleichheit, das sozial (klassenmäßig) stärkste Interesse ein, das die Möglichkeit der Diktatur gegenüber der Minderheit im sozialen (klassenmäßigen) Sinn besitzt."

Mlynär macht aber klar, daß „das optimale Modell des politischen Systems in der derzeitigen Situation des Sozialismus . . . nicht nur die politische Demokratie in der Beziehung zwischen Bürger und politischem Miteigentum voll entfalten" sollte, sondern „gleichzeitig auch das Monopol der politischen Emanzipation durchbrechen (sollte) . . . durch tätige Teilnahme (der menschlichen Arbeitstätigkeit, C. F.) an der Schaffung des gesellschaftlichen Produktes", wo er „als sozial bestimmter Mensch in einer Sphäre autonomen Entscheidens, das in seinen Bedingungen und seinem Charakter die Grenzen der politischen Gemeinschaft überschreitet", sich als Mensch konstituiert

Wir erkennen hier die bewußte Verbindung der abstrakt politischen Freiheiten — des liberalen Prinzips — als (Vor-) Bedingung für die Entfaltung der Gesellschaft mit dem sich an sozialer Demokratie orientierenden, teilnehmenden dynamischen Demokratiebegriff, der von Marx seinen gesellschaftlichen — auf die Subjekte der Gesellschaft bezogenen — verändernden Charakter erhalten hat. Rosa Luxemburgs Kritik am demokratischen Zentralismus erwies sich als nur zu berechtigt. Die Abtrennung des revolutionären Subjekts (Proletariats), welches immer versucht war, seinen unmittelbaren Bedürfnissen nachzugehen, von einer revolutionären Kaderpartei, die das „wahre“ proletarische Bewußtsein nicht nur ideell monopolisiert, verwandelt das Subjekt zum Objekt des revolutionären Prozesses.

Wenn eine sozialistische Revolution nicht durch die Aktion des Proletariats die philosophischen Ideen (der Freiheit und Würde des Menschen, seiner unveräußerlichen Rechte, seiner Autonomie, seiner Möglichkeiten und seines Glücks) zur Realität macht, dann verlagert sich die Sache der emanzipativen Vernunft und Freiheit wieder zur Philosophie. Wenn das (präsumptive) Subjekt der Revolution im Laufe der „revolutionären Praxis", die ja die Philosophie aufheben sollte, zum Objekt der „Vertreter seiner Interessen" herab-sinkt, ist es wiederum Aufgabe der Philosophie, die „geistigen Waffen" zu schmieden: „Wiederum nimmt Theorie . . . nicht nur die politische Praxis vorweg, eilt ihr voran, sondern hält auch an den Zielen der Befreiung angesichts einer fehlgehenden Praxis fest."

Der nachlässige Kampf — des „Liberalismus", wie Karvas sagen würde — der tschechoslowakischen KP und Bürokratie gegen revisionistische Tendenzen ermöglichte, so paradox das klingen mag, die lautlose Revolution. Die geistigen Vorarbeiten und Veränderungen im Parteiapparat und die schlechte ökonomische Lage bewirkten nur scheinbar eine Revolution von „oben", die das gesamte Normengefüge zusammenbrechen ließ. Anfangs ihr gegenüber noch skeptisch, später um so vorbehaltloser, waren der Philosophie in der Arbeiterschaft die „materiellen Waffen" erwachsen. *

III. Das Aktionsprogramm der KPC

1. In der offiziellen Schrift „Der Weg zum demokratischen Sozialismus" heißt es im Vorwort deutlich, daß das bisherige „zentralistische Modell der Führung der Gesellschaft abzuschaffen sowie auch die administrativen und undemokratischen Eingriffe in sämtliche Sphären des gesellschaftlichen und Kulturlebens zu beseitigen (sind), denn sie verhinderten gänzlich eine schöpferische Denkungsweise und Entfaltung aller Seiten der menschlichen Persönlichkeit"

Wir stellen hier fest, daß das alte System als „undemokratisch" bezeichnet wird. Nach Leninscher Auffassung aber wäre für die Zeit der „Diktatur des Proletariats", der Zeit also, in der auch bestimmte Rechte der Werktätigen aufgehoben sind, der Begriff der „proletarischen Demokratie", der Diktatur der Mehrheit über die Minderheit, zu verwenden. Und auch für die Phase des Sozialismus (die in der CSSR ja 1960 von der KP eingeläutet worden ist), die immer noch mit den Muttermalen des alten Staates behaftet ist, gilt noch die Staatsqualität, die die Unterdrückung bürgerlicher Ansichten gewährleisten müsse.

Doch gehen wir noch einen Schritt weiter in dieser Selbstdarstellung: „Es wurde festgestellt, daß die bisherigen Methoden der Leitung und Organisierung der Volkswirtschaft überholt sind . . ., ferner, daß die Schaffung ausreichenden Raumes, für gesellschaftliche Initiative, offenen Meinungsaustausch und Demokratisierung des gesamten Gesellschaftsund politischen Systems eine unerläßliche Voraussetzung für die Dynamik und die weitere Entfaltung der sozialistischen Gesellschaft bildet."

Demokratisierung des gesamten Gesellschaftswie politischen Systems „entsprechend den demokratischen Traditionen dieses Landes" heißt es. Ich möchte die differenzierte Ausdrucksweise dahin gehend interpretieren, daß 1. in der CSSR die heute notwendige Dichotomie von Staat und Gesellschaft gesehen wird und ihr Herrschaftscharakter durch eine Demokratisierung des politischen Systems zwar nicht abgeschafft, so aber kontrollierbar und transparent gemacht werden soll; 2. die Demokratisierung nicht wie im liberal-demokratischen System vor der Gesellschaft und der Wirtschaft haltmachen soll; 3. das (für Marx selbstverständliche) Erbe der bürgerlichen Demokratie in der Tschechoslowakei „aufgehoben" werden soll.

Das ist der Anspruch. Doch wie wird dieser Begriff der Demokratisierung gefaßt? Wo liegt die Gewichtung? Im Sinne des liberalen oder des sozialen (und leninistischen) Demokratiebegriffs? Wo können wir in der Programmatik Marxsche Gedanken finden? (Hier müssen wir allerdings einschränkend hinzufügen, daß Marx sich selber nicht weiter konkret über die Ausgestaltung der Demokratie in der Phase des Sozialismus ausgesprochen hat. Man kann nur den Versuch machen, seine potentielle Meinung aus seinen Schriften herauszufinden Da hier nicht eine Untersuchung des äußeren Ablaufs der Ereignisse vom Januar bis August 1968 gegeben werden soll, will ich anhand der der Analyse des Aktionsprogramms der KPÖ versuchen, den Reformprozeß darzustellen.

Das Aktionsprogramm (AP) bietet sich aus folgenden Gründen dazu an: — Zum erstenmal seit den zwanziger Jahren, seit Gottwald und Slansky die Partei auf die Moskauer Linie gebracht hatten, wird eine eigenständige (von der UdSSR abweichende) Parteiprogrammatik vorgelegt. — Das AP will in seinem Selbstverständnis „eine langfristige politische Richtlinie, eine grundlegende politische Übersicht der gegenwärtigen Entwicklungsetappe und ihrer Bedürfnisse" geben. — Es ist ein „offenes" Dokument, das weiterhin vervollständigt werden kann. — Es faßt die Ideen der politischen und ökonomischen Kommissionen zusammen Vorjahre und ist selbst schon das Ergebnis einer zweimonatigen Diskussion. (Es wurde am 6. Februar 1968 vom Präsidium des ZK der KPC initiiert, zwischenzeitlich veröffentlicht und in der Öffentlichkeit wie in der Partei diskutiert, am 5. April 1968 nach einer fünf Tage dauernden Diskussion endgültig veröffentlicht.) — Es gestattet, die entscheidenden Struktur-wandlungen exemplarisch darzustellen: „Das Aktionsprogramm der KPC öffnet den Raum für prinzipielle strukturelle Wandlungen in der tschechoslowakischen Gesellschaft und schafft Bedingungen für eine neue Dynamik des Sozialismus. Deshalb werden an dieses als die ideelle Basis die Aktionsprogramme aller Ressorts, Verbände und Gruppierungen anknüpfen, die in den nächsten Monaten und Jahren zum praktischen Gehalt der Tätigkeit der Ministerien und des staatlichen und gesellschaftlichen Apparats werden."

Ausgangspunkt des Dokuments ist ein kurzer Abriß des Weges der Tschechoslowakei zum Sozialismus, das Bekenntnis zu den sozialen Errungenschaften der sozialistisch-demokratischen Revolution 1944/45 und 1948, die „wesentliche Erweiterung unformeller politischer Freiheiten" (S. 46) und die Kritik der „Deformationen der sozialistischen Grundsätze, die als Personenkult bezeichnet werden ..." (S. 48) Diese grundsätzliche Kritik haben wir schon erörtert, so daß wir uns hier nicht mehr intensiv damit zu befassen brauchen. Wir gehen im folgenden in der Reihenfolge vor, wie sie mit dem Aktionsprogramm gegeben ist, um möglichst immanent auch die Prioritäten zu beachten, wie sie die KPC gesetzt wissen wollte.

Nach der Auffassung des Programms war die Phase der „Diktatur des Proletariats" um 1960 abgeschlossen und die tschechoslowakische Gesellschaft „in eine neue Entwicklungsetappe getreten", wofür folgende Charakteristika gel -ten: — Es bestehen keine antagonistischen Klassen mehr; es findet ein Prozeß der „Annäherung" aller sozialen Gruppen statt; — das ökonomische System ist den Erfordernissen „der Wendung zu intensivem Wachstum" anzupassen; — es gilt, die „Eingliederung des Landes in den Prozeß der wissenschaftlich-technischen Revolution vorzubereiten''; dafür bedarf es höherer „Ansprüche an Kenntnisse und Qualifikation sowie der Anwendung" der Wissenschaft und — „eines breiten Spielraums der gesellschaftlichen Initiative, offenen Meinungsaustausches und Demokratisierung" (AP, S. 49).

Der Verwirklichung standen bisher die über Gebühr verlängerten Methoden des „scharfen Klassenkampfes" (S. 50) der „revolutionären Diktatur" (S. 51) entgegen, die zu Bürokratismus führten, der eine Demoralisierung (S. 52) der Gesamtverhältnisse (Lebensniveau, Infrastruktur etc.) zur Folge hatte. „Moralische und politische Defekte in den menschlichen Beziehungen“ mußten zu „Befürchtungen um den Sozialismus, um seine humanistische Sendung und sein menschliches Antlitz" (S. 52) Anlaß geben. Fehlende Demokratie in der Partei, Unterdrückung der Kritik und „unrichtige Verquickung der Partei-und Staatsleitung" (S. 52) verhinderten eine rechtzeitige Korrektur. Es kam zu „monopolen Machtstellungen mancher Gliederungen. Das hat zu unqualifizierten Eingriffen, zur Untergrabung der Initiative auf allen Stufen, zur Gleichgültigkeit, zum Kult der Durchschnittlichkeit und zur ungesunden Anonymität geführt" (S. 53). 2. „Die Entfaltung der Demokratie und die Beseitigung der Gleichmacherei"

Der Wunsch, die Gleichmacherei zu beseitigen, entspringt der Einsicht, daß der gewaltsame — und dabei nur deklamatorische — Versuch, nach zwölf Jahren revolutionärer Diktatur bereits in die Phase der „gleichen Verteilung" — also praktisch in den Kommunismus — hin-überzugehen, auf kleinbürgerlichen Illusionen beruht und vollkommen unmarxistisch ist, denn das „Recht (wie Karl Marx in der „Kritik des Gothaer Programms" schreibt) kann nie höher sein als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft" Es gilt darum, in der Tschechoslowakei bewußt die Phase des Sozialismus zu durchschreiten, in der „dasselbe Prinzip, das den Warenaustausch regelt“ herrscht. Die volle Entfaltung des Warengesetzes ist aber nötig im „Interesse der Entfaltung unserer ganzen Gesellschaft" (S. 60): „Der Leistungsgrundsatz hebt die technische Reife, die Rentabilität und Produktivität der Arbeit, die Autorität und Vollmacht der verantwortlichen Leiter und das Prinzip der materiellen Interessiertheit hervor, er betont die wachsende Bedeutung der Qualifikation aller Arbeitenden" (S. 60).

Denn nur vollentwickelte Produktivkräfte können den Bereich der gesellschaftlich notwendigen Arbeit so weit zurückdrängen, daß das „Reich der Freiheit", das nur auf jenem Reich der Notwendigkeit aufbauen kann, sich für alle vergrößern kann: „Die wirkliche Ökonomie — Ersparung — besteht in Ersparung von Arbeitszeit (Minimum [und Reduktion zum Minimum] der Produktionskosten); diese Ersparung ist aber keineswegs Entsagen vom Genuß, sondern Entwickeln von power, von Fähigkeiten zur Produktion und daher sowohl der Fähigkeiten wie der Mittel des Genusses. Die Fähigkeit des Genusses ist Bedingung für denselben . . . Die Ersparung von Arbeitszeit gleich Vermehren der freien Zeit, d. h. Zeit für die volle Entwicklung des Individuums, die selbst wieder als die größte Produktivkraft zurückwirkt auf die Produktiv-kraft der Arbeit."

Das soll hier zur Charakterisierung genügen, als Hinweis darauf, mit welch genuin Marx-sehen Kategorien man versuchte, der Wirklichkeit näher zu kommen. Wie überhaupt — das sei hier angemerkt — die „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" gerade bei der Einschätzung der ökonomischen Situation, insbesondere der Frage der Konsumausweitung, die so heikel für viele angebliche Marxisten ist, eine bedeutende Rolle in den Theorien besonders des Richta-Teams gespielt haben. Es wäre also nicht richtig, unter diesem Gesichtspunkt vorschnell von einem „Zurück-zum-Kapitalismus" zu sprechen. Der Garant, diese Entwicklung nicht ausarten zu lassen bzw. mit einer sozialistischen Perspektive zu versehen, sollte ja weiterhin die KPC sein, die gerade „ihre Fähigkeit, die Gesellschaft zu leiten . . ., besonders in der gegenwärtigen Zeit bewiesen (hat), als sie aus eigener Initiative den Demo-kratisierungsprozeß ausgelöst und seinen sozialistischen Charakter gesichert hat" (S. 61). 3. Die führende Rolle der Partei Wir haben schon oben die Leninsche Auffassung von der „zentralistischen Kaderpartei" und ihre dogmatische Überspitzung im Stalinismus kennengelernt. Es ist die brisanteste Frage, die heute eine kommunistische Partei, besonders in den Ostblock-Staaten, anschneiden kann. Grundsätzlich wird auch im AP nicht an diesem Prinzip gerüttelt. Schon die Nomenklatur zeigt die Rücksichtnahme auf die Sowjetunion, indem man auf die „wahre" Leninsche Auffassung vom „demokratischen Zentralismus" hinweist, die im Stalinismus eben verfälscht worden sei. Man war sich der Gefährlichkeit des Geschehens bewußt. Denn zwischen dem „demokratischen Zentralismus" stalinistischer Prägung und den Methoden der innerparteilichen Demokratie, wie sie im AP und besonders im Parteistatut vom 11. August konzipiert waren, liegen doch beträchtliche Unterschiede. In einem Grundsatzartikel der „Prawda" (Moskau vom 14. 8. 1968) schreibt ein I. Polemov nach der Preßburger Konferenz: „Die brüderlichen Parteien haben sich . . . davon überzeugt, daß das Vorwärtsschreiten auf dem Wege zum Sozialismus und Kommunismus erst dann möglich ist, wenn man sich streng und konsequent von den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft leiten läßt..."

Der Katalog der wichtigsten Gesetzmäßigkeiten ist ein Katalog der sowjetischen Auffassung vom Marxismus: „. . . eine der wichtigsten Gesetzmäßigkeiten des Sozialismus ist die führende Rolle der kommunistischen Partei" die aber ihre Gewichtung erst durch den Zusatz eben vom demokratischen Zentralismus erhält: Verbot der Fraktionsbildung, Aufrechterhaltung der organisatorischen und ideologischen Einheit, Ablehnung aller Rechte für die Minderheit. „Die breitangelegte innerparteiliche Demokratie, die Freiheit der Meinungsäußerung bei der Erörterung irgendwelcher Fragen und die eiserne Disziplin nach der Beschlußfassung (deshalb immer Einstimmigkeit, C. F.): diese Prinzipien bilden ein unveränderliches Gesetz der marxistisch-leninistischen Partei."

In der Kritik des Aktionsprogramms an dieser Auffassung deutet sich an, daß in der ÖSSR ein Demokratiebegriff wiederentdeckt wurde, der dem Leninschen zwar nicht direkt entgegengesetzt ist, ihn zumindest aber erheblich um die liberale Variante erweitert: „Die führende Rolle der Partei wurde in der Vergangenheit oft als Monopol, als Konzentration der Macht in der Hand der Parteiorgane aufgefaßt. Das entsprach der falschen These, daß die Partei das Instrument der Diktatur des Proletariats sei .. . Ziel der Partei ist es nicht, ein universeller , Verwalter'der Gesellschaft zu werden, alle Organisationen und jeden Schritt im Leben (der Gesellschaft, C. F.) durch ihre Direktiven zu binden" (S. 62).

Vielmehr sei die Partei verpflichtet, durch „systematische Überzeugungsarbeit und persönliches Beispiel .. . alle Arbeitenden für sie zu gewinnen" (S. 62). Die Partei kann nicht alle sozialen Interessen der Gesellschaft kennen und diese bestimmen. Sie muß im Gegenteil dafür sorgen, daß „sich deren Initiative und politische Verantwortung für die Einheit unserer Gesellschaft (im Rahmen der Nationalen Front, C. F.) erneuert und weiter entfaltet" (S. Dazu bedarf es der Ermunterung von Kritik. Wenn die Parteibeschlüsse und Richtlinien nicht mehr den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Gesellschaft entsprechen, so müssen die Fehler zum Ausdruck gebracht und korrigiert werden 63).

Im AP finden sich fast wörtlich die Leninschen Prinzipien wieder: „Grundlage der Aktionsfähigkeit der Partei unter den neuen Bedingungen ist die ideelle und organisatorische Einheit, die auf der Basis breiter innerparteilicher Demokratie entsteht" (S. 63). Doch der entscheidende Zweifel am Prinzip des „demokratischen Zentralismus" steht im nächsten Satz: „Die wirksamste Waffe gegen das Eindringen von Methoden des bürokratischen Zentralismus in der Partei ist die Stärkung des Einflusses der Parteimitglieder auf die politische Linie" (S. 63). Das könnte zwar auch ein „Stalinist" gesagt haben. Aber es wird doch deutlich, daß die Praxis der „Freiheit der Meinungsäußerung" in der Partei anders aussah; denn, so schreibt das AP: „Voraussetzung für verantwortungsvolle Entscheidungen kollektiver Organe kann einzig und allein eine sachliche Diskussion und der Meinungsaustausch sein" (S. 64). Nur so könne man die besten Lösungen finden.

Der Wille zur schrittweisen (trial and error) Verbesserung und Vervollkommnung — auch schon von der Partei sanktionierter Lösun-B gen — verlangt aber, daß jeder Beschluß prinzipiell wieder angezweifelt werden darf, ja sogar angezweifelt werden muß. Dazu bedarf es der institutionellen Absicherung nicht nur der freien Diskussion, sondern auch des Rechts der Parteimitglieder, nach einer (vom Präsidium) für abgeschlossen erklärten Diskussion deutlich zu machen, daß der zu erwartende Mehrheitsbeschluß ihrer Auffassung nach nicht mit „Richtigkeit" und „Wahrheit" identisch sein muß. Dieser Frage kann man nicht einfach mit „Parteidisziplin" beikommen, sondern nur durch die institutionalisierte Duldung auch abweichender Meinungen: „Die Entscheidungen über alle wichtigen Fragen und die Kaderbesetzung von Funktionen muß nach demokratischen Regeln und durch geheime Abstimmung erfolgen" (S. 64). Eine „Opponentur" (S. 64) sollte möglich sein, da zum Beispiel die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Partei „nicht mit der Vorbereitung von Analysen und Unterlagen ende(n), sondern auf dem Boden der Partei bei der Befolgung der durch die einzelnen Beschlüsse hervorgerufenen Prozesse fortgesetzt werden und so zur Realisierung und Kontrolle der Richtigkeit der Beschlüsse durch die Praxis beitragen soll" (S. 64/65).

Doch der Begriff der Opponentur dem beinahe etwas Amtliches anhaftet, reicht schon nicht mehr aus, um den tatsächlichen demokratischen Kontrollprozeß des Jahres 1968 zu klassifizieren. Eher könnte man mit Otto Kirchheimer von „loyaler Opposition" sprechen, wie sie aus der „klassisch parlamentarischen Opposition" des 18. Jahrhunderts in England hervorgegangen ist: nämlich nicht — wie die „Opposition aus Prinzip" — mit dem Ziel, die sozialen und politischen Institutionen umzustürzen

Wir müssen noch ein wenig bei dem Problem der „führenden Rolle der Partei" verharren. Es erweist sich nämlich, daß das Ringen zwischen „ultrademokratischen" (Kirchheimer) und liberaldemokratischen Ansätzen ein leichtes Über-gewicht für die letzteren ergeben hatte, was — ex negativo — die Veröffentlichung des Partei-statuts vom 11. August 1968 zeigte: „Während das Aktionsprogramm vom April 1968 sowjetischerseits nicht direkt abgelehnt wurde, hat man gegen einige Neuerungen des Statut-Entwurfes noch vor dessen Veröffentlichung scharf protestiert."

Warum? Von der generellen Notwendigkeit, die ideologische Einheit der Partei in der Sowjetunion zu wahren, haben wir schon gesprochen. Wir haben gesehen, daß dieses Prinzip sich erstens aus dem Rousseauschen und Leninschen Demokratiebegriff legitimiert, und daß es zweitens eine gute herrschaftssichernde Position verleiht.

Das AP in Verbindung mit dem Statuten-Entwurf will diese beiden Prinzipien durch historische Erfahrungen und Inhalte der Errungenschaften liberaler Demokratie erweitern und dadurch natürlich „aufheben". 1. Das AP will die Legitimation der Führungsrolle der Partei als Resultante eines Meinungs-und Interessen-wettbewerbs — vermittelt durch kritische Öffentlichkeit — verstanden wissen. 2. Man will die Herrschaft grundsätzlich anzweifelbar machen, das heißt institutionelle Kontrollsicherungen einbauen, die die absolutistische Machtausübung eines staatlichen Organs verhindern sollen.

Zwar sollte auch weiterhin innerhalb der KP Fraktionsbildung nicht zugelassen werden, aber das Recht des Parteimitglieds, „bei Respektierung und Erfüllung des Willens der Mehrheit die eigene Meinung aufrechtzuerhalten und . . . die erneute Erörterung seines Standpunkts von der kompetenten Parteiorganisation oder vom betreffenden Parteiorgan zu verlangen" (Art. 19) schuf dazu faktisch die Möglichkeiten. Auch darf der Standpunkt der Minderheit ins Protokoll ausgenommen werden. Nur so könne demokratische Kontrolle erreicht werden. Otto Kirchheimer zitiert in seinem Aufsatz „Wandlungen der politischen Opposition" einen viktorianischen Politiker (zustimmend), der „als Grundlage für das Funktionieren der Opposition" „das Recht der unterlegenen Gruppe, weiterhin von der Mehrheit zurückgewiesenen Meinungen öffentlich Ausdruck geben zu dürfen", betrachtet

Sehen wir, was zu diesem Problem von den leninistischen Demokratietheoretikern in der Pravda zu lesen war: .freie Meinungsäußerung für die Minderheit, der Schutz der Rechte der in Minderheit gebliebenen Individuen" sei als eine „ernsthafte Gefährdung des unerschütterlichen'Parteiprinzips des demokratischen Zentralismus zu betrachten". „Ist es nicht klar, daß das sogenannte , Recht der Minderheit'. . . die Einheit der Parteireihen schwächt? Und schließlich, kann man die Verletzung des Willens der Mehrheit (. . .) als demokratisch betrachten? Eine solche Erscheinung kann tatsächlich antidemokratisch genannt werden, . . . führt zur bürgerlichen Anarchie."

Wir können also feststellen, daß das liberale Prinzip, den Gemeinwillen aus dem öffentlichen Konkurrenzprozeß der Meinungen und Interessen hervorgehen zu lassen, in der ÖSSR auf sozialistischer Basis wiederhergestellt und die (vorerst noch unzureichenden) institutioneilen Absicherungen geschaffen werden sollten.

Um die sowjetische Ansicht zu charakterisieren, zitieren wir J. Habermas, der J. -J. Rousseaus nicht-öffentlichen demokratischen Meinungsbegriff einer m. E. richtigen Kritik unterzieht: „Die nichtöffentliche Meinung wird unter dem Titel einer anderen opinion publique zum einzigen Gesetzgeber erhoben, und zwar unter Ausschaltung der Öffentlichkeit des räsonierenden Publikums ... Es bedarf nur des gesunden Menschenverstandes (bon sens), um das Gemeinwohl wahrzunehmen. Die einfachen, ja einfältigen Menschen würden durch die politischen Finessen der öffentlichen Diskussion bloß irritiert; lange Debatten gäben partikularen Interessen Auftrieb. Der Eintracht der Versammlungen stellt Rousseau die gefährlichen Einsprüche der Schönredner gegenüber. Die volonte generale ist eher ein Konsensus der Herzen als der Argumente."

Wenn irgendwo, so findet das liberale Prinzip der Redefreiheit seine natürliche Anwendung bei politischen Disputen über soziale Gerechtigkeit, über die Ziele des kollektiven und sozialen Handelns. Es geht dabei nicht nur um einen Fortschritt der Erkenntnis oder der Wahrheit, sondern auch darum, jedem legitimen Interesse Gehör und Einfluß auf den politischen Prozeß zu verschaffen: „Eine Stimme, die man zum Schweigen bringt, ist eine Beschwerde, die unterdrückt wird, oder ein Interesse, dem jenes Maß von Befriedigung versagt bleibt, das ihm billigerweise zukommen müßte."

Wenn aber Geschlossenheit und innere Integrität als wesentlicher Ausdruck von Persönlichkeit qua Definition beim System als Ganzem liegt, wirft sich das Ganze auch als Träger wahrer Subjektivität auf. Die vorgegebene Identität von Ganzem und Teil läßt die oft beschworene von Sozialismus und Demokratie zu. So wird selbstverständlich das herrschende System von Sozialismus zu „wahrem Sozialismus", dem Demokratie immanent sei. In einer ideologiekritischen Wendung zog J. Strinka die Berechtigung, den Begriff „demokratischer Sozialismus" zu verwenden, aus dem Fehlen des Elements der „Freiheit im Sozialismus". „Demokratischer Sozialismus" heißt nämlich vor allem „der Aufbau einer solchen Gesellschaft, in der sich im größten Maß die Subjektivität eines jeden einzelnen ihrer Angehörigen, einer jeden natürlich entstandenen Gruppierung von Menschen und schließlich auch die gesamte Subjektivität der Gesellschaft als Ganzes entfalten und zur Geltung bringen könnte"

Auch Marx’ Eintreten für die Pressefreiheit und die Freiheit der Kritik ist bestimmt von der Einsicht, daß es „ohne Parteien keine Entwicklung, ohne Scheidung kein(en) Fortschritt" gibt Denn „Einheitlichkeit in Denken und Handeln bedeutet nichts anderes als blinden Glauben und Kadavergehorsam" (Marx). So sind Öffentlichkeit und Diskussion und eine freie Presse „das charaktervolle, vernünftige sittliche Wesen der Freiheit" 4. Die Entwicklung der sozialistischen Demokratie und das neue System der politischen Leitung der Gesellschaft Der Begriff „sozialistische Demokratie" soll ausdrücken, daß das politische System, „als Form des politischen Lebens der Gesellschaft, nur eine Komponente dessen ist, was wir als Ganzes als demokratischen Sozialismus bezeichnen" Der Übergang zum demokratischen Sozialismus erfordert eine Änderung des bisherigen Systems: Die Selbstverständlichkeit, daß in der sozialistischen Demokratie — nachdem der „Staat der Diktatur der Arbeiterklasse bei uns seine wichtigste geschichtliche Sendung erfüllt hat" (S. 65) — alle „Formen der Aktivität des Volkes" vergrößert werden müssen, diese Selbstverständlichkeit steht am Anfang der Forderung der Reformer nach sozialistischen gesellschaftlichen Beziehungen, in denen „breiteste Demokratie mit einer wissenschaftlich und fachlich qualifizierten Leitung vereint" (S. 67) wird.

Wurden bisher im direktiven Leitungssystem unmittelbare Interessen der Menschen eher als Hindernis betrachtet denn als Ansatzpunkt für Innovationen, so muß jetzt wahre, teilnehmende Demokratie hergestellt werden. „Teilnahme des Volkes" darf aber nicht bedeuten „Beteiligung an der Erfüllung der Direktiven", sondern „Ermittlung der Richtigkeit der Entscheidung selbst" (S. 66). Das aber heißt gesellschaftlich vermittelte Selbstverwirklichung des Individuums und seiner (engeren) Gruppeninteressen: „Unsere Demokratie muß der Tatkraft eines jeden einzelnen, eines jeden Kollektivs, eines jeden Gliedes der Leitung, gleichgültig auf welcher Stufe, einen breiteren Raum gewähren" (S. 67/68).

Ein rationaler Bezug zwischen den verschiedenen Organisationsstufen ist aber nur möglich, wenn klar abgrenzbar ist, wer welche Verantwortung trägt, damit ein System von Kontrolle und Verantwortlichkeit die selbständige Tätigkeit aller Organisationen auch wirklich schöpferisch und konkret werden lassen kann.

Basis aller Aktivität ist die sozialistische Verfassung der SSR. Das heißt, es wird keinen „politischen Kampf um die Macht im Staate" (S. 69) geben. Vielmehr stellt die Nationale Front eine „politische Plattform" dar, auf der alle Probleme offen ausdiskutiert werden können. Das AP hält an der „ultrademokratischen" Fiktion der gegenseitigen Bindung von Volks-organisationen und politischer (Volks-) Macht fest, insofern, als jede Organisation unmittelbaren Zugang zur sozialistischen Staatsmacht (S. 70) erhalten soll.

Besonderes Gewicht erhält diese Auffassung durch die Zusage einer „verfassungsmäßigen Versammlungs-und Koalitionsfreiheit", die es den „Interessengemeinschaften der Arbeiter und anderer Werktätiger" erlaube, „ohne bürokratische Einschränkungen und monopolisierte Rechte irgendwelcher Organisationen" (S. 70) ihre Forderungen direkt und öffentlich kundzutun. Ein ganzes Geflecht von rechtsstaatlichen, verfassungsmäßigen Garantien und Institutionen muß diese demokratische Interessen-und Meinungskonfrontation sichern. Einschränkungen können nur durch ein Gesetz bestimmt werden, „und nur ein Gesetz kann festlegen, was gegen die Gesellschaft gerichtet, verboten und strafbar ist" (S. 70/71). Das bedeutet eine Absage an die oft willkürliche Einwirkung des Staatssicherheitsdienstes, der im Namen der monopolistischen Macht in Staat und Partei a priori eine einschüchternde Funktion ausübe. „Die Partei behauptet ganz klar, daß dieser Apparat nicht zur Lösung innenpolitischer Fragen und Gegensätze in der sozialistischen Gesellschaft verwendet werden darf." Der Bindung der unabhängigen Gerichte „nur durch das Gesetz" korrespondiert die „völlige Unabhängigkeit der Advokaten von staatlichen Organen" (S. 82). Diese Art „sozialistischer Konstitutionalismus" soll die „Entfaltung der für den Sozialismus spezifisch demokratischen Dimension gewährleisten"

Niemand wird bestreiten wollen, daß die Einführung fester Spielregeln der politischen Demokratie, von „Bürgerrechten", politischen und rechtlichen Garantien der persönlichen Freiheit, Rechtssicherheit und der politischen Gleichberechtigung, aus dem entwickelten Fundus der liberalen (Konkurrenz-) Demokratie stammen. Eine andere Frage ist es, wie diese liberal-demokratischen formalen Voraussetzungen, um ein „leistungsfähiges Fungieren der sozialistischen Demokratie (zu) gewährleisten" eine über den schon geschaffenen Bestand sozialistischer Maßnahmen — wie die Verstaatlichung der Produktionsmittel — hinausgehende Dimension erhalten können. Das heißt auf der anderen Seite, wie über die Einführung liberaler Formen hinaus die „Entfaltung" der Demokratie aussehen soll. Deutlich wird auf jeden Fall, daß die Formen der Demokratie und ihre inhaltliche (sozialistische) Ausgestaltung in einem engen Wechselverhältnis zueinander stehen. Daß nunmehr sozialistische Demokratie immer auch ein einzulösender Anspruch ist, der durch den Begriff der Demokratisierung in seiner teleologischen Dynamik richtig erfaßt wird.

Hier ist auch der Streit zu lokalisieren, der in der Bundesrepublik so unvermutet an Aktuali-tät gewonnen hat, ob eine Erweiterung der politischen Demokratie über das „Staatliche" hinaus möglich und auch wünschenswert sei. Die altliberale Position — immer noch im Dualismus von Staat und Gesellschaft befangen — verneint das. Sie sieht die Selbstverwirklichung des Menschen im abgegrenzt privaten Bereich; das wird deutlich im Festhalten an der Grundposition liberalen Selbstverständnisses, nämlich jedem Bürger als Ausdruck seiner Freiheit die Qualität des Eigentümers zusprechen zu können. „Freiheit durch Eigentum" ist auch heute noch die Hauptforderung aller in der liberal-demokratischen Tradition stehenden Parteien. 5. Sozialistisches Parlament — Pluralismus und öffentliche Meinung Auch das „Herzstück" des Liberalismus, das Parlament, würde eine spezifische Erweiterung unter der Prämisse einer sozialistischen Demokratisierung erfahren. Welcher Stellenwert ließe sich aber für das „sozialistische Parlament", das „mit allen Funktionen" versehen sein sollte, „die ihm in der demokratischen Republik zustehen" (S. 79), innerhalb eines „demokratischen Sozialismus" ausmachen?

In den Materialien, die für den außerordentlichen XIV. Parteitag der KP ausgearbeitet wurden, heißt es dazu allgemein: Die Entfaltung der sozialistischen Demokratie „erfordert sowohl die Ausnutzung der Möglichkeiten der repräsentativen Demokratie (besonders des Parlaments) als auch die Verbindung von direkter und indirekter Demokratie, die Stärkung der Selbstverwaltung auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens (an den Arbeitsstätten wie auch territorial), wo die Selbstverwaltung die Schwächen der repräsentativen Demokratie zu überwinden vermag und die Bedingung für eine tiefere, freie Selbstbestimmung des Menschen und die Erweiterung sei-ner wirklichen Teilnahme an den Entscheidungen heranreift."

Dem allgemeinen Bedürfnis nach einer Kombination beider „Grundsätze politisch parlamentarischer Demokratie mit dem Prinzip der direkten Einflußnahme sozialer Interessen auf die Politik würde eine institutionalisierte Struktur von Vertretungskörperschaften (im Bund und im nationalen Rahmen) entsprechen, das auf dem Kammerprinzip beruht“

Diese Kammern, deren Abgeordnete nicht in lokalen Wahlkreisen, sondern in den Arbeitsstätten gewählt würden, könnten u. U. das Recht des Parlaments auf Gesetzgebung und Kontrolle dadurch einschränken, daß sie fachliche Stellungnahmen zu bestimmten Themen abgeben könnten mit einer „spezialisierten Vollmacht, z. B. Gesetzesanträge über ihr Arbeitsgebiet zur weiteren Beratung zurückzuverweisen" und gewisse Kontrollrechte gegenüber der staatlichen Verwaltung ausüben. Ungeklärt mußte noch das Verhältnis der Nationalausschüsse („in der fortschrittlichen Tradition der örtlichen Selbstverwaltung") (S. 78) als „Vertretungskörperschaften des Volkes" zu den oberen Organen bleiben; besonders deshalb, da die Selbstverwaltung in den Arbeitsstätten schon einen direkten Zugang zu allgemeinen politischen Organen (Parlament) erhalten sollten.

Diese vorgesehenen Prinzipien gehorchen der Einsicht, daß eine „Teilung und Kontrolle der — Prinzip Gewaltenteilung liberales der — eine Garantie gegen Willkür (S. 79) darstellen könne, um für immer zu verhindern, daß es zu einer „allzu großen Konzentration der Macht innerhalb eines Gliedes, eines Apparates oder bei einer Einzelperson kommt" (S. 80).

Als weiteres Moment einer Gewaltenteilung kann die Institutionalisierung eines „sozialistischen Pluralismus" angesehen werden, der aber nicht die Etablierung systemwidriger Parteien zulassen sollte. Die Gretchenfrage ist, wie der Bestand des sozialistischen Systems garantiert werden kann und soll. „Durch die privilegierte politische Machtstellung einer , hypersozialistischen'Kraft (Partei) . .. oder auf andere Weise?" Wie soll sich der oberste Staatswille bilden, das heißt, negativ gewendet: wie verhindert die Gesellschaft, „daß sich etwas als gesamtgesellschaftliches Interesse durchsetzt, was in Wirklichkeit aber nur die engen Interessen der Privilegierten meint?“

Da eine antagonistische Pluralität um Macht kämpfender Gruppen nicht mehr den Bedingungen einer sozialistischen Gesellschaft entspräche wäre die Lösung — bei gleichzeiti-der Integrationswirkung — von weiterhin bestehenden sozialen, natürlichen und traditionellen pluralistischen Interessenkonflikten möglich auf einer prinzipiell unantastbaren, mit verfassungsmäßiger Bestandsgarantie versehenen sozialistischen Basis. Die durch die Autonomie der Gruppen gegebene freie Entscheidung und Konfrontation ermöglicht gleichsam als Resultante einen demokratisch hergestellten obersten Staatswillen, der durch die jederzeit erfolgende Kontrolle und Revision von Entscheidungen nicht monistisch strukturiert werden kann. Die Schwierigkeit bestand nun darin, dieser Vielheit der pluralistischen Gruppen in der Einheit der Nationalen Fornt durch ein Wahlsystem gerecht zu werden, das — zumindest für eine 5-bis 15jährige Über-gansperiode — die Mehrheit für die KPC sichern würde, denn „Erwägungen über ein Wahlsystem in einer sozialistischen Demokratie gestatten es nicht, die konkreten sozialen und politischen Voraussetzungen in einem Land zu abstrahieren" Nicht zuletzt im Hinblick auf die Entwicklung in der Sowjetunion müßte man endgültige Lösungen der Zukunft überlassen. Die Hoffnung war: je entwickelter der Sozialismus, desto geringer die Gefahr einer kapitalistischen Restauration; gerade deshalb seien Garantien der Demokratie im Sozialismus gleichzeitig Garantien für den Sozialismus.

Explizit lehnte man allerdings eine sogenannte „Einigung" auf einen Einheitskandidaten ab; in der Zeit der revolutionären Durchsetzung des Rechts der Stärksten, das heißt der Arbeiterklasse, könne das eine Notwendigkeit sein. Aber der „Übergang von einer Verfassung revolutionären Typs zu einer Evolutionsverfassung und von der Verfassung als Instrument zur Verfassung als Geschäftsordnung" bedeute gerade die Etablierung eines „sozialistischen Konstitutionalismus", der den sich differenzierenden Interessen wieder gerecht wird. Das imperative Mandat, das der Einheitskandidat von oben zugesprochen bekommen hatte als Auftrag zur Erfüllung der ihm gestellten Aufgabe, löschte die Individualität des Abgeordneten aus. Sein Gewissen existierte nicht, keine persönliche Entscheidung war möglich, da das „Gewissen nichts von persönlicher Verantwortung" wissen darf wenn es als Vertreter des einstimmigen Willens der Mehrheit fungiert. Aus dieser negativen Erfahrung begründet Klokocka die Wiedereinführung'des repräsentativen Mandats: „Das sozialistische Parlamentsmandat soll ... als ein repräsentatives Mandat konzipiert sein, das dem Abgeordneten eine gewisse Selbständigkeit seines politischen Willens läßt und der politische Druck auf die parlamentarischen Repräsentanten mit Hilfe der politischen Kontrollen des Parlaments und der Abgeordneten durch die öffentliche Meinung ausgeübt wird."

Wir können natürlich vermerken, daß die Wiedereinführung des Repräsentativsystems zumindest Züge trägt, als die insoweit Verantwortung des Abgeordneten nun nicht mehr allein in der Erfüllung einer (von oben) gestellten Aufgabe liegt, sondern darin, daß er die Interessen seiner Wähler im Parlament mit Gesinnungsgenossen auch gegenüber der Regierung bzw. anderen politischen wie wirtschaftlichen Interessen vertreten muß. Das Parlament kann also selbst — zusammen mit einer fungierenden Öffentlichkeit — wieder das Forum einer rationalen Auseinandersetzung werden, deren Resultat der Kompromiß zwischen Gruppen-und Staatsinteresse sein kann. Ob auf sozialistischer Basis allerdings ein materiales Funktionieren des Parlamentarismus im klassischen Sinn wiederherzustellen ist, kann zumindest mit einem Teil der Argumente, die gegen die heutige Scheinfunktion des Parlaments in den liberal-demokratischen Staaten vorgebracht werden, in Zweifel gezogen werden. Dennoch, meint Klokocka, sei das „keine Verherrlichung bürgerlich-demokratischer Formen". Experimenten stehe das Modell weiter offen. Aber „nach den Erfahrungen mit der monolithischen Konzeption der sozialistischen Gesellschaft (in Form einer direkten Demokratie formalen Leninschen Rätesystems, C. F.), in der der Imperativ der Wähler Tarnung des realen Imperativs des Machtapparates war, ist es ... zweckmäßig, ein repräsentatives Mandat zu schaffen."

Nur in einem Repräsentativsystem entfaltet sich das liberale Prinzip einer „räsonnierenden Öffentlichkeit". Wird es um den demokratischen Begriff der Teilhabe erweitert, konstituiert es neben dem Prinzip der „kritischen Publizität" — mit seinen Adressaten, den „repräsentativen" Machthabern und Abgeordneten — auch die Organisation der Vermittlungsinstanzen: 1.der organisierten Interessen und 2.der informellen, allgemeinen politischen Meinung. Die Macht einer kritischen Öffentlichkeit unter sozialistischen Verhältnissen wurde während des Reformprozesses deutlich, öffentliche Meinung blieb nicht nur auf das Recht zur freien Meinungsäußerung beschränkt, sondern war Katalysator zwischen Bevölkerung und Partei. Die Transparenz der gesellschaftlichen Probleme war besser gesichert als in einer kapitalistischen Gesellschaft; die demokratische Teilnahme war möglich und wirkungsvoller, da es — und das verdient festgehalten zu werden — nicht „jenes Ausmaß -nkontrollierter Entscheidungen hinter dem Vorhang ökonomischer Interessenkoalitionen gibt, da keine privaten In-vestitionsentscheidungen die demokratische Diskussion folgenlos machen"

Materielle Gleichheit ist also — trotz der Aufrechterhaltung von Warenbeziehungen und damit von Entfremdung — Voraussetzung für ein Wirksamwerden von politischer Öffentlichkeit, die selbst wieder — nach Habermas — entscheidende Bedingung für eine Demokratisierung ist 6. Zur neuen Wirtschaftspolitik Wir haben die prinzipielle tschechoslowakische Kritik am zentralistischen Wirtschaftssystem schon kennengelernt. Die konkret vorgesehenen Maßnahmen, die im Aktionsprogramm vorgeschlagen werden, zeigen noch deutlich den Übergangscharakter, in dem die Volkswirtschaft steckte. Die dort auftauchenden Schwierigkeiten waren nicht durch Proklamation fertiger theoretischer Modelle zu beseitigen. So kann es hier auch nicht um eine detaillierte Darstellung vorhandener Modelle gehen. Vielmehr wollen wir fragen, wo „liberale" und „sozialistische" Elemente zu finden sind, in welchem Zusammenhang man von einer „Demokratisierung der Wirtschaft" sprach.

Würde man den Meinungen einiger international renommierter alt-liberaler Nationalökonomen wie Milton Friedman glauben, wäre bereits jede Forderung nach gesamtgesellschaftlicher Verantwortung großer Industrieunternehmen wie auch der Versuch, den Wirtschaftsprozeß mit der Lebensgestaltung der Gesellschaft in Verbindung zu bringen, „reiner Sozialismus". Von dieser Position aus erweisen sich alle ökonomischen Reformen im Ostblock, die eine effektive Verbindung natio-naler makroökonomischer Erwägungen mit den an Marktkriterien gewonnenen mikroökonomischen Entscheidungen auf Betriebsebene erreichen wollen, als strikt „sozialistisch". Die umstrittene Frage ist andererseits aber die, ob und in welchem Maß überhaupt Marktbeziehungen bzw. das Wertgesetz noch Bestandteil wahren sozialistischen Wirtschaftens sein können.

Es sind drei Grundprinzipien, die die Reform der Wirtschaftspolitik bestimmen: 1. Das „sozialistische Eigentum": aber Verneinung der Form, in welcher die Sozialisierung bisher vollzogen worden ist, da sie neue Machtstrukturen eröffnet hat, die sich gegen die Werktätigen gerichtet haben. 2. Gesamtwirtschaftliche planmäßige Zielsetzung, die die makroökonomischen Entwicklungsziele bestimmt. 3. Überwindung der Entfremdung des Menschen durch Mitbeteiligung (Selbstverwaltungsprinzip) eines möglichst großen Kreises von Menschen bei betrieblichen Entscheidungen

Im Abschnitt „Volkswirtschaft und Lebensgestaltung" (S. 84) des Aktionsprogramms wird die „grundsätzliche Veränderung im Mechanismus der sozialistischen Wirtschaft" angesprochen: Abkehr vom Zentralismus, da er das richtige Wirken des Wertgesetzes — der Marktfunktionen — nicht erlaubt. Wie schon W. Brus in seinem Buch „Allgemeine Probleme der sozialistischen Ökonomik" 1961 nachgewiesen hat, ist das effektive Wirken des Wert-gesetzes an dezentralen Entscheidungen auf Betriebsebene auf der Grundlage von Profitabilitätserwägungen gebunden. Ein Gesellschaftskapital, das — bisher von der Bürokratie verwaltet — die Menschen als Objekte höherer Pläne zusammenzwang, hatte für die Individuen nur abstrakten Charakter. Der Verbindung von Ökonomie und Lebensgestaltung sollte nicht normativ bleiben, sondern die Wichtigkeit der Artikulation der individuellen Interessen und Bedürfnisse mit den allgemeinen Interessen und Zielen verbinden. Mittel dazu ist das Selbständigwerden der ökonomischen Einheiten, die ihre Interessen mit dem der gesamtgesellschaftlichen Konzeption auf dem „sozialistischen Markt" (S. 84) verwirklichen. Der Staat erhält deren Funktion aufrecht und vermittelt die langfristigen Interessen durch eine indikative Globalplanung.

Die wirtschaftliche Rückständigkeit der CSSR wurde von allen Ökonomen dem administrativen System angelastet, dessen unausbleibliche Konsequenz der Verlust von Initiative, Verantwortungs-und Qualitätsbewußtsein war. Das sozialistische Prinzip des „Rechts auf Arbeit" und die vornehmlich auf politischer Entscheidung beruhende Weiterführung auch von unrentablen Unternehmen haben zu einer „Abstumpfung" der Wirtschaftspolitik geführt, da jeder, auch bei schlechtester Arbeit, damit rechnen konnte, existieren zu können: aber — so die Kritik — „es ist auf die Dauer nicht möglich .. ., daß man denen, die gut arbeiten, nimmt, und jenen, die schlecht wirtschaften, gibt" (S. 85). Also keine gleichmacherische (Lohn-) Politik, in der den gut wirtschaftenden Unternehmen der Gewinn zugunsten des Ausgleichs von Unrentabilität anderer Unternehmen abgeschöpft wird. Bisher sah man darin den Ausdruck von sozialistischer Solidarität, die aber nach Meinung der Kritiker ein falsch verstandener „Kommunismus" sei bzw. die historisch-ökonomische Situation außer acht lasse.

Vielmehr könne gerade eine sozialistische Volkswirtschaftsplanung durch vorausschauende Infrastrukturpolitik frühzeitig die Umschulung von Arbeitern unrentabler Betriebe initiieren und dadurch soziale Härten vermeiden.

In engem Zusammenhang mit dem Prozeß der allgemeinen Demokratisierung wird der Prozeß der Demokratisierung der Wirtschaft gesehen, der aber „vor allem die Herstellung der Selbständigkeit der Unternehmen ... sowie ihre relative Unabhängigkeit von den Staats-organen, die völlige und reale Gültigkeit der Rechte des Verbrauchers, seinen Konsum und seinen Lebensstil zu bestimmen" (S. 86), umfaßt.

Aber auch die wichtigsten individuellen Rechte sollten davon betroffen sein: „das Recht auf freie Wahl der Arbeitstätigkeit, das Recht und die realen Möglichkeiten ... ökonomische Interessen bei der Schaffung der Wirtschaftspolitik zu formulieren und zu vertreten" (S. 86).

Da durch die vorgesehene Selbständigkeit der Unternehmen die Arbeiter nun auch die unmittelbaren Folgen ihres Wirtschaftens spüren werden, sei es „unerläßlich notwendig, daß das ganze Arbeitskollektiv . . . auch auf die Leitung des Unternehmens Einfluß nehmen soll" (S. 87). Dabei wollte man sich die Traditionen „unserer Betriebsräte aus den Jahren von 1945— 1948" (S. 87) nutzbar machen. Zwar würde die „unteilbare Autorität und Vollmacht der führenden Mitarbeiter bei der Leitung des Unternehmens" aufrechterhalten werden, aber immerhin hätten sie die Verantwortung für die, „Gesamtergebnisse ihrer Arbeit" gegenüber den demokratischen Organen und deren Kontrollfunktion zu tragen: „Diese Organe müssen ein unmittelbarer Bestandteil des Leitungsmechanismus der Unternehmen und dürfen keineswegs gesellschaftliche Organisationen sein (sie können daher nicht mit den Gewerkschaften identifiziert werden)" (S. 87).

Das ist insofern interessant, als auch die bisherige Rolle der Gewerkschaften (S. 87) — als Transmissionsriemen des demokratisch-zentralistischen Willens zu fungieren — den veränderten sozialistischen Produktionsbeziehungen angepaßt werden sollte Denn wenn in der gegenwärtigen Etappe des Sozialismus die Ware-Geld-Beziehungen vorherrschend sind, kann infolge der Anerkennung des arbeitsteiligen Tausches auch nicht von einer demokratischen Interessenidentität ausgegangen werden. Der durch „Konfrontation der Interessen" definierte liberal-demokratische Demokratiebegriff sollte in der Form der Institutionalisierung von Konflikten dazu beitragen, die Produktivität der Gesamtgesellschaft zu verbessern. Konkurrenzdruck könne einen objektivierenden Einfluß auf die Entwicklung der Preise und vor allem der Produktion ausüben, auch wenn der Markt nur unvollständig funktioniert. Die Wichtigkeit des Konkurrenzdruckes dürfe man nicht unterschätzen, da die bloße Gefahr, hinter der Technologie, Organisationsart und Qualität etc. anderer, auch ausländischer Betriebe hinterherzuhinken, stimulierend selbst auf oligopolistische Unternehmen wirke

Kleine individuelle Unternehmen und Dienstleistungsbetriebe (S. 91) sollten die vorhandenen Marktlücken ausfüllen und die Produktion elastisch ergänzen: Der wirtschaftliche Wettbewerb sollte also nicht nur in der Sphäre der Produktion, sondern auch in der des Verkaufs von Konsumgütern und Lebensmitteln (S. 89) wirksam werden. 7. „Die Rolle des Staates in der 'Ökonomik“

Wir ziehen auch hier Seluckys Analyse heran, weil er etwas deutlicher die mehr allgemein gehaltenen „Grundsätze" des Aktionsprogrammes ausführt: Die durchgängige Einführung des Marktprinzips in Politik und Wirtschaft als Ausdruck der „Existenz dei sich ständig erneuernden Widersprüche zwischen gesellschaftlichem und individuellem Interesse" verbietet den staatlichen Organen, diese Widersprüche zu unterdrücken. Sie dürfen nur zum Ziel haben, „Raum für ihre Entfaltung und ihre Lösung zu schaffen"

Daß also die Staatsorgane den Unternehmungen, Gewerkschaften etc. wie „selbständigen juristischen Subjekten gegenüber" (S. 93) auftreten, verstärkt die Annahme, daß das abstrakte (und damit ungerechte) Prinzip der Äquivalenz, also das Postulat der Gleichheit der Vertragspartner, ganz im Sinne liberaler Prinzipien funktionieren soll. Denn diese Beziehungen können in ihrer idealtypischen Ausformung nur durch das Wertgesetz, durch die materiellen Interessen der Produzenten und Konsumenten, durch das Leistungsprinzip geregelt werden: „Kein Betrieb kann den Vertragsabschluß mit einem anderen Betrieb unter Berufung auf die eigene gesellschaftliche Bedeutung oder die Planaufgabe erzwingen."

Nochmals erweist es sich als notwendig, auf Karl Marx'„Kritik des Gothaer Programms" hinzuweisen, wo er schreibt, daß „das gleiche Recht hier (in der Phase des Sozialismus, C. F.) daher immer noch — dem Prinzip nach — das bürgerliche Recht" ist, da das Prinzip des Warenaustausches nur unter dieser Bedingung arbeiten kann Das Prinzip der direktiven Planung dagegen unternahm den Versuch — unhistorisch und unmarxistisch —, die „höhere Phase der kommunistischen Gesellschaft" insofern zu antizipieren, als man die notwendig durch das „gleiche" Recht entstehenden Ungleichheiten (zum Beispiel der verschiedenen Leistungsfähigkeit der Arbeiter) durch ungleiches Recht vermeiden wollte.

Nur die Aufstellung des Volkswirtschaftsplanes (der der demokratischen Kontrolle der Nationalversammlung sowie einer Fachkontrolle wissenschaftlicher Institutionen unterstellt würde) sollte zu langfristiger Entwicklung, zur Setzung von Prioritäten dem demokratischen „Prozeß der gegenseitigen Konfrontation und Abstimmung verschiedenartiger Interessen" (S. 92) unterliegen. Außerdem fiele der Regierung die Aufsicht über etwaigen Monopolmißbrauch zu: „Sie muß ein deutliches Übergewicht der Interessen der Bürger als Verbraucher und höchste Träger der wirtschaftlichen Bewegung gewährleisten" (S. 93).

Im Aktionsprogramm wird aber klargestellt, daß man nicht zum „kapitalistischen Markt" zurückkehren wolle: Man habe den „sozialistischen Markt im Sinn, und nicht seine elementare, sondern seine gelenkte Nutzung" (S. 94). Danach wäre das Prinzip der Äquivalenz insofern erstmals „rein" hergestellt, als tatsächlich niemand mehr anbieten kann als seine Arbeitskraft, also keine Kapitalanlage von Individuen möglich ist und die private Aneignung und Verwertung des Profits entfällt. Auf der anderen Seite begründet Selucky die Trennung von politischer Macht und gesellschaftlichem Eigentum damit, daß in der konsolidierten sozialistischen Gesellschaft die Wirtschaft nicht mehr der politischen Lenkung zur Stärkung der sozialistischen Macht bedarf, daß also „machtpolitische Ziele aufhören, Sinn wirtschaftlicher Tätigkeit zu sein, und wirtschaftliche Ziele an ihre Stelle treten — die Wirtschaft wird also funktionell"

Das ist nun ein entscheidender Punkt bei der Beurteilung des tschechoslowakischen Reform-prozesses. Der Verlust der direkten Kontrolle der Parteiführung über den Ablauf des Wirtschaftsplans, das Selbständigwerden der Wirtschaft („Rückkehr zum Kapitalismus" ), die Freisetzung der Bedürfnisse von unten, die Wiederbelebung des liberal-demokratischen Wettbewerbs und Konkurrenzprinzips — kurz: der Verzicht auf die „führende Rolle der Partei" (und damit ein wichtiger Schritt zum Abbau des „Staatskommunismus") war sicherlich der Hauptanlaß der Intervention der fünf Warschauer-Pakt-Staaten. Wobei hinzugefügt werden muß, daß gerade die Verquickung der Reformen von Wirtschaft und überbau den Anlaß ergab, denn inhaltlich-materiell lagen die Wirtschaftsreformen in der DDR und in Ungarn, ja sogar in der Sowjetunion auf der gleichen Ebene

P. Sweezy drückt das von einer links-sozialistischen Position folgendermaßen aus: „Nein, die sowjetische Invasion der Tschechoslowakei hatte nicht die Absicht, den Trend zum Kapitalismus zu hemmen. Er geht in beiden Ländern vor sich ... Wovor die Führung der Sowjetunion Angst hatte .. ., waren zwei Bedrohungen, eine, die ihre persönlichen Interessen betrifft, und eine andere, die sich auf die nationale herrschende Schicht bezog, die sie repräsentiert."

Aber die militärische Lösung wird nur für kurze Zeit die Probleme überdecken können, vor die sich alle sozialistischen Staaten der Übergangsperiode gestellt sehen: Wie kann man die Wirtschaft rationalisieren, das heißt, wie kann man rationell und effektiv produzieren? Ist die Wiedergewinnung des Begriffs der „Marktrationalität" möglich unter Beibehaltung des „demokratischen Zentralismus"? Um es vorwegzunehmen: Allein in der ÖSSR hat man gesehen, daß die Einführung von entscheidenden strukturellen Wandlungen in der Wirtschaft nicht auf diese beschränkt bleiben kann: „Darum müssen die Anstrengungen, einen qualitativen Wandel herbeizuführen, um die alte Struktur zu überwinden, sich auf die Gesellschaft als Ganzes erstrecken, und nicht beispielsweise allein auf die Wirtschaft, vielmehr auch auf die politischen Beziehungen."

Die Schwierigkeit liegt in der Verknüpfung dieser Sphären. Es gilt also, in der Phase des entwickelten Sozialismus ein System zu finden, das 1.den Produktivitätsfortschritt qualitativ besser verbürgt (Rationalisierung), 2. die Funktion und Aufgabe des Individuums als Subjekt miteinbezieht (Humanisierung), 3. die gesellschaftlichen wie Gruppeninteressen zur Geltung kommen läßt (Demokratisierung).

Hierbei zeigt sich, daß die Behauptung, „Markt" (als Ausdruck von Rationalität) und „Plan" (als Ausdruck einer demokratischen Wirtschaft) seien „lediglich Mittel, bestimmten ökonomischen Aufgaben gerecht zu werden" nicht ganz richtig ist Die Wiedergewinnung des Begriffs der Marktrationalität ist von entscheidender Bedeutung. Im Aktionsprogramm heißt es: Fortschritt in der Wirtschaft sei durch die „Wiederbelebung der positiven Funktionen des Marktes" zu erreichen und durch eine „tiefgehende Umwandlung der Rolle des Wirtschaftsplanes von einem Instrument, das befiehlt, zu einem Instrument, durch das die Gesellschaft auf wissenschaftliche Art und Weise die günstigste langfristige Orientierung ihrer Entwicklung findet" (S. 84) und dabei gleichzeitig Subjektivismus vermeidet: „Die Volkswirtschaft bedarf daher eines Mechanismus, der Spontaneität (als Folge materieller Interessen) und Bewußtheit (ausgedrückt im zentralen Plan) dialektisch vermittelt."

Diese Vermittlung drückt sich darin aus, daß die Gesetze der Markttheorie („wissenschaftliche Art und Weise") auf der Basis des kollektiven Eigentums ihre Wirkung entfalten sollen, das heißt, der Gewinn als zentraler Ausdruck von Marktmechanismen hat die Aufgabe der rationalen Zuordnung der Produk-tionsfaktoren wie beim kapitalistischen Gewinn, kann aber durch den Fortfall der Appropriationsfunktion (Konsumtions-oder Akkumulationszwecke des Privateigentümers) „nun an die Stelle der privaten Unternehmer-initiative'... die Initiative aller an der Produktion Beteiligten treten lassen"

Effektive, auf Gewinn hinzielende Wirtschaftsrechnung erfordert also Wirtschaften mit knappen Mitteln, Leistungssteigerung, hohe qualitative Arbeitsproduktivität, hohe Flexibilität, das heißt schöpferische Reaktion auf die Bedürfnisse des Marktes (AP S. 85/86). Eine Rückverlagerung der wirtschaftlichen Aktivitäten auf die autonomen Betriebe, selbst für den Verkauf ihrer Waren zu sorgen, führe zum Wettbewerb und zur Verantwortlichkeit den eigenen Leistungen gegenüber, die eine schlichte Planerfüllung nicht notwendig nach sich zieht.

Dahrendorf nennt dieses idealtypische Prinzip die (liberale) Marktrationalität; Rationalität sei dabei ein quasi-ökonomischer Begriff: „Sie sucht ein Maximum an Ertrag mit einem Minimum an Aufwand, zum Beispiel ein Maximum an Glück des einzelnen mit einem Minimum an politischer Entscheidung. Die Ordnung beruht auf der Annahme, daß eine solche Rationalität des kürzesten Weges auch den einzelnen beherrscht, daß Menschen also in der Regel nicht systematisch wider ihre Interessen handeln werden."

Diese Art von Rationalität bringe „gleichsam von selbst die jeweils beste Lösung der politischen Probleme hervor" Kennzeichen sei das Fehlen inhaltlicher Normierung im Gegensatz zur planrationalen Ordnung, die alle Bedürfnisse und Entscheidungen vorhersieht und durch eindeutigen Bezug von Mittel und Ziel „den Ablauf vorherbestimmter Prozesse (kontrolliert)" „Planrationalität setzt immer die Möglichkeit der Gewißheit voraus."Sie gerät damit leicht in die „Dogmatisierung des Irrtums". Marktrationalität dagegen läßt den prinzipiellen Zweifel gegen sich gelten, sie ist also nur negativ durch Falsifizierungskriterien bestimmbar.

Dahrendorf formuliert nun die These, daß Markt ständig der „Ergänzung durch den Plan"

bedarf bzw.dessen „Regeln nur wirksam"

werden können, „wenn planvoll die Voraussetzungen ihrer Wirkung geschaffen werden"

Markt und Plan sind unter allen Umständen enger miteinander verknüpft, als die begriffliche Scheidung es nahelegt. Ein liberaler Theoretiker hat damit eingesehen, daß Markt als Selbstzweck nicht Harmonie herstellt, sondern nur durch die als Ergebnis von Planrationalität gesetzten Normen wirksam werden kann.

In der ÖSSR kam man von der anderen Seite her zum gleichen Ergebnis. Es hat sich allerdings gezeigt, daß das Marktprinzip fast alle liberal-demokratischen Spielregeln im gesamtgesellschaftlichen Bereich notwendig miteinführte. Denn das Marktprinzip funktioniert eben unter bestimmten Voraussetzungen (Freiheit, Gleichheit, Autonomie, Kontrolle, Konfliktbejahung etc.), die wiederurn selbst auch Vorbedingung sind für die Herstellung der gesellschaftlichen Normen. Diese sind also nicht mehr Imperativ der Vorhut des bewußtesten Teils der Arbeiterklasse, sondern Resultante des Interessenkonflikts der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Bemerkenswert ist hierzu ein Aufsatz, der sich mit der (liberalen) Theorie des Konflikts und der (dialektischen) Theorie der Widersprüche befaßt Der schon oben konstatierte „Verlust der Dialektik" brachte eine Verkümmerung der Theorie der dialektischen Widersprüche mit sich, die doch „die Konzeption des Konflikts einschließt, aber gleichzeitig als unzertrennbaren Bestandteil auch die Konzeption des Einklangs, des Konsensus, der Integration beinhaltet" Die bisherige Auslegung habe immer zu sehr diese Widersprüche als „Einheit der Widersprüche" angesehen, um so dem „antagonistischen“ Charakter der Widersprüche zu entgehen, der nur im Kapitalismus vorherrschen dürfte. Die Betonung der prinzipieller „Einheit" verdeckte erstens grundlegende Gegensätze auch in der sozialistischen Gesellschaft (zum Beispiel den Gegensatz zwischen manueller und schöpferischer Arbeit) und zweitens eine „bedeutende Quelle der Änderung": das Entstehen von Disproportionen zum Beispiel in der Wirtschaft führt zum Bewußtsein, „daß die Organisation und die Arbeitsteilung, die Methoden des Leitens und Planens nicht adäquat sind“

Am besten wäre es, wenn man aus allen objektiven „Erkenntnissen der soziologischen . Theorie des Konflikts'Belehrungen schöpfen" könnte, die sich eigentlich für die marxistische Theorie der dialektischen Widersprüche von selbst ergeben sollten. „Es wäre sicher optimal, wenn Konflikte den Charakter von . wissenschaftlichen Streiten 1 annehmen würden", deren Methode doch durch „trial and error“ bestimmt ist, das heißt mit Hilfe der Wissenschaft unter den existierenden Alternativen die besten Lösungen zu ermitteln. 8. Marktrationalität und Demokratisierung Dieser „trial and error" -Prozeß ist notwendig an den Rationalitätsbegriff gekettet, der voluntaristische und subjektivistische Entscheidungen ausschließen soll. Demokratisierung (auf Betriebsebene) hieße jetzt, daß die Entscheidungsträger sich demokratisch legitimieren, das heißt, sich der Kontrolle und der Abwahl unterwerfen müssen. Hier zeigt sich wie-der der soziale, teilnehmende Begriff: Die „Unternehmerinitiative" wird durch die materiellen Interessen und die schöpferische Aktivität der Werktätigen ersetzt, die selbst das größte Interesse an einem hohen Gewinn „ihres" Unternehmens haben.

Der Widerspruch zwischen Plan und Markt bezeichnet einen wesentlichen Widerspruch im Sozialismus als einer Ubergangsphase, der noch lange bestehenbleiben wird. „Was den Sozialismus im Gegensatz zum Kapitalismus charakterisiert, ist nicht das Bestehen oder Fehlen von Marktmechanismen, von Geld und Preisen . .. Die Tendenz der Entwicklung auf der Ebene der Formen (Anwachsen oder Zurückdrängen von Marktformen) ist ein Index der Entwicklung sozialer Beziehungen" die in den ökonomischen Mechanismus die grundlegende Überwindung der Entfremdung einbeziehen. Hier gewinnt die Funktion und das Ziel einer Arbeiterselbstverwaltung zur Aufrechterhaltung der sozialen Perspektive ihre Kraft: „Die (ökonomischen, C. F.) Voraussetzung aber richtig zu nutzen, bedeutet Me’ thoden der Produktionsleitung zu finden, die dazu beitragen, den schwierigen Prozeß der Transformation des Menschen in ein bewußtes Glied der gesellschaftlichen Produktion voranzutreiben, zu einem Wesen also, das fähig ist, die ganze Komplexität der Ziele, die die Gesellschaft zu erreichen sucht, zu verstehen und damit seine eigene Rolle in diesem Bemühen."

Wir sehen also, daß der Begriff der „inhaltlichen" Demokratie auf dem formalen Demokratiebegriff aufbaut und gleichzeitig über ihn hinausgeht, als er die bewußte gesamtgesellschaftliche Beziehung (Rationalität) herstellt. Auch die Demokratisierung zentraler Entscheidungen bedarf des formalen Demokratiebegriffs, der politischen Demokratisierung, das heißt der Möglichkeit der Wahl. Der Prozeß demokratischer Willensbildung, der zur Formulierung von Alternativen führt, sollte im „sozialistischen Konstitutionalismus" seine institutionelle Absicherung finden.

Die Demokratisierung auf und durch den Markt, die die Konsumentensouveränität hervorhebt, war zumindest in der Diskussion umstritten. Selucky und Löbl wollten auch makro-ökonomische Entscheidungen dem Markt überlassen, was der These der Trennung von Staat und Wirtschaft korrespondiert. Falls das die vorherrschende Meinung geworden wäre, hätte man also in der CSSR tatsächlich den Markt zur Basis jeglicher Konsumentendemokratie ge-macht, wäre der Vorwurf der Rückkehr zum Liberalismus (frühkapitalistischer Art) berechtigt gewesen. Aber erstens war die Diskussion darüber offen und zweitens stand man dem iksehen Modell im Aktionsprogramm allgemein näher, das nämlich — sehr viel realistischer — die vollkommene Konsumentensouveränität zurückweisen würde: denn „gerade die bewußte Verbindung der Verteilung mit der notwendigen Produktionstätigkeit . . . orientiert die Interessen aller Menschen auf eine gesellschaftlich notwendige Produktionstätigkeit" auf die Verbindung von unmittelbaren individuellen und langfristigen gesellschaftlichen Interessen

Ota ik hatte bereits auf dem XIII. Parteitag der KPC in seinem Beitrag „An der Schwelle einer neuen Entwicklungsetappe der sozialistischen Volkswirtschaft" auf diesen Punkt hingewiesen: Man dürfe nicht in den Fehler verfallen, die augenblicklichen Schwierigkeiten der „neuen Entwicklungsetappe der sozialistischen Wirtschaft, und folglich auch unserer Gesellschaft", damit hinweg zu eskamotieren, daß man den „Kommunismus als Ziel" habe, denn das sei „eine allzu nebelhafte und entfernte Vision. Es ist notwendig, daß die langfristigen Ziele in einer etwas konkreteren Form ausgedrückt werden." Hier hebt Sik die Leistungen von Richta und Kollektiv hervor, die Frage der „wissenschaftlich-technischen Revolution, ihre sozialen Zusammenhänge und ihre Bedeutung für unseren Weg zum Kommunismus" ausgearbeitet zu haben. Mir scheint wichtig, darauf hinzuweisen, daß der allgemeine Demokratisierungsprozeß von einem so einflußreichen Mann, den Sik darstellte, auch in einer mittelfristigen Theorie mit dem Weg zum Kommunismus verknüpft wurde.

Ich möchte hier noch einmal kurz erwähnen, wie die „Probleme des Lebensniveaus, der Kultur", wie der Bürger als „Konsument" mit der Reform der Wirtschaftspolitik, wie die wissenschaftlich-technische Revolution mit der Demokratisierung und Humanisierung der Arbeit verbunden waren, die eine Marxsche Perspektive freilegten:

Die Gestaltung und Entwicklung der Subjektivität der Menschen hängt im Sozialismus davon ab, ob es ihm gelingt, ein „solches System von Zivilisationsregeln (ökonomischen Formen, die den sozialistischen Unternehmungsgeist und solche gesellschaftspolitische Formen stimulieren, die demokratische Aktitität freisetzen) zu entwickeln", das gleichzeitig eine „Optimierung (nicht nur die rein quantitative Maximierung, C. F.) des Wachstums der Produktivkräfte" und „eine wesentliche und stetige Erweiterung der Lebensprozesse aller gestattet". Ohne in den „geschlossenen selbstzweckhaften Kreis" der kapitalistischen Konsumgesellschaft zu verfallen, müsse auch die sozialistische Gesellschaft „eine Zeitspanne gesteigerten Massenkonsums" durchlaufen die den Menschen aus der Sphäre der Notwendigkeit befreit und gleichzeitig Stimulus ist für die „Befriedigung und Gestaltung neuer und höherer Bedürfnisse" Der Sozialismus muß „Schritt für Schritt das Profil der menschlichen Arbeit verändern und die Arbeitszeit verkürzen; er muß moderne Projekte zur . Humanisierung der Arbeit'entwerfen, die den gesellschaftlichen Charakter der Arbeit rationell ausnützen, die arbeitsteilige Zersplitterung kompensieren (durch schöpferische Aufgaben, geistige Arbeit und Mitbestimmung, C. F.), ... die Kultur der Arbeit heben." „Erst mit dieser doppelten Vermittlung — mit Hilfe von Gesellschaftsformen, die eine Umwandlung der gesamten Zivilisationsbasis und damit wiederum Motive zur menschlichen Entfaltung hervorbringen — kann der Mensch die Entiremdung überwinden, die Umkehrung zwischen Subjekt und Objekt, die in der Industriezivilisation enthalten ist."

Auch diese Dialektik von technischer Zivilisation und ihrer möglichen humanistischen Entwicklung ist nicht bloß ein utopisches Gemälde. Ganz in der realistischen Exegese von Marx'„Grundrissen" stehend, sind die Auf-* gaben der nächsten Zukunft (Entfaltung aller Produktivkräfte — Mitbestimmung) mit dem allmählichen Übergang (Verkürzung der Arbeitszeit — Kompensation der noch notwendigen manuellen Arbeit) zum Kommunismus (Umkehrung zwischen Subjekt und Objekt) verknüpft. Erst hier wird eine tendenziell mögliche Überwindung von Entfremdung und wahre Selbstverwaltung möglich sein

So erweist sich auch unsere Themenstellung als zu kurz gegriffen: Die am Beginn des Reformprozesses noch vermutete bloße Liberalisierung und Technokratisierung des politischen und wirtschaftlichen Bereichs wurde bereits im Aktionsprogramm mit einer Perspektive konfrontiert, die man schwerlich bei einer der (liberal-) demokratischen Parteien des westlichen Europa wird finden können: „Wir wollen an den Aufbau eines neuen, zutiefst demokratischen und den tschechoslowakischen Bedingungen entsprechenden Modells der sozialistischen Gesellschaft herangehen ... Nun fällt auch uns die Aufgabe zu, uns den Weg unter unbekannten Bedingungen zu bahnen, zu experimentieren, der sozialistischen Entwicklung einen neuen Charakter zu geben, wobei wir uns auf schöpferisches marxistisches Denken und die Erkenntnisse der internationalen Arbeiterbewegung stützen und uns auf wahrhaftes Verständnis für die Bedingungen der sozialistischen Entwicklung der Tschechoslowakei verlassen wollen, als eines Landes, das vor dem Antlitz der internationalen kommunistischen Bewegung die Verantwortung dafür trägt, wie es eine relativ hochentwickelte materielle Basis, ein ungewöhnliches Niveau der Bildung und Kultur des Volkes und unbestreitbare demokratische Tradition zugunsten des Sozialismus und Kommunismus zu nutzen versteht. Niemand könnte uns verzeihen, wenn wir diese Chance versäumen und dieser Möglichkeit entsagen würden" (AP, S. 119).

IV. Zur Kritik am Reformprozeß

Es scheint verhältnismäßig müßig, herausarbeiten zu wollen, wo in einem sozialistischen Land „liberale", „demokratische", „bürgerliche" oder andere Begriffe wiederentdeckt und -belebt werden, wenn sie auf sozialistischer Basis „aufgehoben" sind. Nun mag man — wie Kalivoda, dem ich mich prinzipiell anschließe — der Meinung sein, daß letztlich Marx die Synthese von Liberalismus und Sozialismus bereits vollzogen habe. Dennoch scheint es mir berechtigt, auf die Stellen hinzuweisen, wo überall ein bewußter Rückgriff auf die formalen Freiheiten der liberalen Demokratie, die Formen der politischen Demokratie getan wurde als Voraussetzung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Man mag einwenden, daß das Markt-oder Marginalprinzip, die „Effektivität" und Rationalisierung gar keine liberalen Prinzipien seien, sondern daß sie eben zur „oeconomica pura" gehörten. Doch scheint mir das mehr einem negativen Vorurteil den Errungenschaften der liberalen Demokratie gegenüber zu entspringen als ernsthafter Analyse. Denn genausowenig wie die Trennung in formale und inhaltliche Demokratie guten Gewissens aufrechterhalten werden kann (beide Prinzipien haben ihre bestimmten normativen bzw. formalen Folgen genausowenig läßt sich das Wirtschaften mit knappen Gütern von der Entwicklung des Kapitalismus, der rationalen Verwaltung, des formalisierten Rechts und dergleichen trennen Mir scheint wenigstens die Antwort, die wir implicite bei den Reformern gefunden haben, plausibel: Der bewußte Durchmarsch durch die Phase des Sozialismus bedarf einer hochentwickelten Tauschgesellschaft, die die spezifischen Nachteile der kapitalistischen Tauschgesellschaft schon abgelegt hat. sowie einer entwickelten politischen Demokratie, die die materialen Verbesserungen (siehe „Öffentlichkeit“) im Sozialismus erst richtig zum Tragen kommen lassen kann. Dennoch möchte ich zum Schluß auf die Kritik eingehen, die von verschiedenen sozialistischen Seiten am Reformprozeß geübt worden ist.

Nur kurz brauchen wir auf die sowjetmarxistische Kritik, die sich auch auf die Verteidiger ihrer Positionen in der Bundesrepublik bezieht, einzugehen. Wir haben sie implizit bereits kennengelernt. Vielleicht ist es noch interessant, ihre Beurteilung des „Manifests der 2000 Worte" zu erfahren, um uns so die Wichtigkeit erklären zu können, die dieses Dokument für die Sowjetunion — hochgespielt oder nicht — erhalten hat. Aber eine ernsthafte Auseinandersetzung scheitert bei allen dogmatischen Marxisten-Leninisten an der Infrage-stellung der führenden Rolle der Partei. Ich zitiere aus dem sowjetischen „Weißbuch": „Die Autoren der , 2000 Worte'verleumden die KPÖ und die sozialistische Ordnung, indem sie behaupten, daß die angeblich . fehlerhafte Linie der Führung diese Partei aus einer politischen Partei und einem ideologischen Bund in eine Großmachtorganisation verwandelt'habe, daß das . Parlament Probleme zu erörtern, die Regierung zu regieren, die Direktoren zu leiten verlernt'hätten und daß , die Kommunistische Partei keinen Dank verdient'. In den . 2000 Worten'wird im Grunde genommen die bürgerliche Tschechoslowakei verherrlicht und aus den Sympathien für die kapitalistische Ordnung kein Hohl gemacht."

Zur Entlarvung dieser „Zitierweise" genügt es, das Dokument zu lesen

Wir brauchen nicht die Argumente zu wiederholen, die in der CSSR gegen die führende Rolle der Partei geltend gemacht worden sind. Und so fangen sich auch die Argumente der dogmatischen Kritiker in ihrer selbstgelegten Falle: Bewährt sich nach Dubcek die führende Rolle der Partei in „dem Maß, indem sie unser Volk als politische Führerin betrachtet", was „man nicht beschließen (kann)", so ergibt sich die „führende Stellung der Partei . .. nicht aus ihrer Macht, sondern aus einer richtigen Politik" Die Interventionsparteien hielten es mit der Macht: „Die nach leninistischen Maßstäben einzige gültige Instanz des objektiven Klasseninteresses, die Partei (der CSSR, C. F.), mußten sie umgehen, um ein von jeglicher Realitätskontrolle ... befreites, rein fingiertes Klasseninteresse für die Berechtigung der Intervention geltend machen zu können."

Die Methode, lieber „Die Welt", den „Bayernkurier", Brzezinski (Alternative zur Teilung), Strauß (The Grand Design) und andere zur Legitimation der Intervention zu zitieren und damit sich eher mit den Wünschen der Gegner als mit den ernsthaften Vorschlägen der sozialistischen Genossen zu solidarisieren, ist nur ein Ausdruck der von Unsicherheit beherrschten Abriegelung vor jeglichem „Revisionismus" bzw. Ausdruck einer irrationalen Solidarität mit der Sowjetunion und dem Marxismus-Leninismus. Theoretisch relevanter ist die links-sozialistische Kritik, die gegen die Neuorganisation des gesamten Gesellschaftsgefüges vorgetragen wurde: also gegen die Wiedereinführung von Parlamentarismus, Pluralismus, „bürgerlicher" Pressefreiheit, gegen die Betonung der Ware-Geld-Beziehungen, gegen ungenügende Selbstverwaltungs-bzw. fehlende Rätevorstellungen. Es wäre sicherlich eine eigene Untersuchung wert, die gesamte Kritik am Reformprozeß klassifizierend darzustellen. Da das hier nicht geschehen kann, möchte ich nur die letzte Fragestellung herausgreifen.

Für die Sowjetunion ergab sich bisher die Frage einer (relativ) autonomen Selbstverwaltung in Form von Räten — abgesehen von den ersten vier Jahren nach der Revolution — nicht. Denn teilweise Dezentralisierung von Entscheidungen ist noch keine Selbstverwaltung oder gar Rätedemokratie.

In der CSSR selbst ist die Frage der Rätedemokratie nicht bzw. nur in der Form einer „Selbstverwaltung der Produzenten", der „Genossenschaftsdemokratie" oder eines „breiten Selbstverwaltungssystems" (Sik) gestellt worden. Am ehesten stand noch das jugoslawische Modell zur Debatte. Doch gerade die Kenntnis der jugoslawischen Erfahrungen gab zu denken: Man wollte die Gefahren einer allzu verselbständigten Autonomie der Betriebe und einer nicht fachlich qualifizierten Leitung ausschalten. Das hieß, daß man alle Selbstverwaltung von Betrieben faktisch aufteilte in eine „unternehmerische" Autonomie der Leitung, die zwischen den „Bojen der Kredit-, Preis-, Lohn-und anderen Bedingungen segeln" muß, und die Werktätigenräte, die diese Leitung kontrollieren und „sich zu den grundsätzlichen, langfristigen Entwicklungsfragen des Unternehmens . . . äußern (sollten), ohne dabei die Verantwortlichkeit des Direktors für endgültige Beschlüsse einzuschränken"

Auch die „unternehmerische" Autonomie sollte sich nicht im luftleeren Raum bewegen, um nur in die eigene Tasche zu wirtschaften — eine Gefahr, die in Jugoslawien zum soge-nannten Betriebs-und Regionalegoismus geführt hat. Vielmehr sollte ein ständiger Dialog, der die Ergebnisse der Marktbeziehungen ergänzen und mitbestimmen sollte, zwischen den Planungsbehörden, „experimentellen Kommissionen", Wirtschaftsräten und den Betrieben ein sowohl effektives wie gesamtgesellschaftlich rationales Wirtschaften ermöglichen. Das bedeutete also keineswegs ein Rätesystem, sondern eher eine Mischform aus kommunaler und betrieblicher Selbstverwaltung und einem nationalen und föderativen Repräsentativsystem, das das demokratische „Gesamtinteresse" nicht nur wahren, sondern eben erst erstellen sollte. Entgegen den Vorstellungen, die Sozialismus nur in einem Räte-system verwirklicht sehen können war man in der CSSR realistisch genug, ein reines Selbstverwaltungssystem nicht zu installieren. Gerade dem Staat als Ausdruck des Gesamt-verbandes sind heute so viele koordinierende und planende Aufgaben zugefallen, daß es meines Erachtens ein falscher Tribut an die identitätsdemokratische Idee gewesen wäre, aus der spontanen Übereinstimmung von Partei und Bürgern schon die Reife und Fähigkeit für einen Räte„staat" zu folgern.

Die sich aus den anarchistischen Wurzeln (Bakunin, Proudhon, Blanqui) nährende Theorie der Kommune als Modell einer arbeitenden, vollziehenden und aneignenden Selbstverwaltung ist zumindest im heutigen Stadium der Gemeinwirtschaft, wo der Gegensatz zwischen Produzenten-und Konsumenteninteresse fortbesteht, strikt nicht durchführbar. Allein eine Mitbestimmung der „arbeitenden Produktionsbeteiligten" oder ein Kontrollrecht der Allgemeinheit könnten allmählich eine Bewußtseinsbildung (Sozialisierung der Bildung) aller Werktätigen herbeiführen, die als Moment einer sozialistischen Gesamtstrategie die „Notwendigkeit der Räte für den Aufbau der klassenlosen und staatenlosen sozialistischen Gesellschaft" antizipieren könnte, wie überhaupt die Schaffung des neuen selbstbewußten Menschen Vorbedingung für eine sich selbst verwaltende Gesellschaft wäre. Immerhin hat man sich in der ÖSSR, wie wir gesehen haben, darüber ausführlich Gedanken gemacht!

So muß sich meines Erachtens fast jede Kritik aus rätesozialistischer Sicht das Gegenargument gefallen lassen, daß eine heutige Einführung — bei bestehender Staatsverwaltung und notwendiger Bürokratie — an den historisch-ökonomischen und sozialen Gegebenheiten vorbeigeht; abgesehen von den prinzipiellen Einwänden, die (auch von sozialistischer Seite) angeführt werden können Das bis in die letzte gesellschaftliche Entscheidung durchgeführte demokratische Identitätsprinzip, verwaltet von der Partei, muß ohne das ergänzende liberal(-demokratische) Prinzip der individuellen Autonomie notwendig in eine bloß formal von Räten regierte autoritär-zentralistische Sowjet(Räte) -Union umschlagen. Die Kritik in der ÖSSR hat das deutlich gemacht. Und, um auf unseren Ausgangspunkt zurückzukommen: Karvas'Demokratiebegriff entbehrt meines Erachtens dieser liberalen Komponente, die auch nicht dadurch ausgenommen wird, daß er von „wirklicher Demokratisierung" spricht. Allzu leicht kann die „Verallgemeinerung der Entscheidung und der Verantwortung" in dem Augenblick, in dem individuelle und oppositionelle Meinung — die notwendig einer gewissen „verantwortungslosen" Distanz bedarf — mit dem Interesse des „wirklichen Kollektivismus" kollidiert, mit diesem für unvereinbar erklärt werden.

Das Pathos der Revolution, das „aktuellste an der Leninschen Lehre . . . von der sozialistischen Revolution, vom sozialistischen Staat und von der revolutionären marxistisch-leninistischen Partei" (Strougal), wird immer dann bemüht, wenn die herrschenden Verwalter der Revolution sich bedroht fühlen. Denn „ein Kommunist soll offenherzig, ehrlich und aktiv sein, das Interesse der Revolution allem anderen im Leben voranstellen, seine persönlichen Interessen den Interessen der Revolution unterordnen ..." Aber revolutionärer Elan läßt sich nicht über Jahrzehnte perpetuieren; gerade die Nichtbefolgung der in der angeblich revolutionären Situation geforderten Disziplin — von Mao gekennzeichnet als Charakteristikum des Liberalismus — führte in der CSSR zu einer „kontrollierten Revolution", als die „geistigen Partisanen" „verantwortungslos" trans-zendierende Kritik am bestehenden System üben konnten. Der Wunsch nach freier Entfaltung eines jeden mußte die hermetischen Gesetzmäßigkeiten und die staatlichen Institutionen aufsprengen, denn „die Demokratie geht vom Menschen aus und macht den Staat zum verobjektivierten Menschen ... Der Mensch ist nicht des Gesetzes, sondern das Gesetz ist des Menschen wegen da."

Fussnoten

Fußnoten

  1. A. Liehm spricht ausdrücklich von der „intellektuellen Opposition gegen Novotnys liberalen Stalinismus". In: A. Liehm, Gespräche an der Moldau, über humanen Sozialismus, München 1970, S. 66.

  2. A. Liehm, a. a. O., S. 68.

  3. Zum Beispiel die Verurteilung von F. Behrens und A. Benary als Revisionisten, als sie 1958 in der DDR eine Wiederbelebung der Marktfunktionen auch in der sozialistischen Wirtschaft forderten.

  4. So reduziert z. B. H. -J. Krahl die in dem Reformprozeß deutlich intendierte Verbindung von Sozialismus und „bürgerlichen" Freiheiten auf die Interessenbedürfnisse von Intellektuellen und Studenten. In: Zur historischen Dialektik der nachstalini-

  5. K. T. Schuon, Typologie und kritische Theorie, in: Das Argument, H. 50, Berlin 1969, S. 96.

  6. W. Abendroth, Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie, Neuwied/Berlin 1967, S. 11. (= Soziologische Texte 47).

  7. W. Abendroth, a. a. O., S. 11.

  8. P. Karvas, Offene Fragen, in: Nachrichten aus der ÖSSR, Dokumentation der Wochenzeitung „Li-terrn listy" des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes, Prag, Febr. —Aug. 1968, hrsg. v. J.

  9. Ein typisches Beispiel dafür liefert P. C. Ludz in seinem Aufsatz „Der neue Sozialismus", in: Die neue Gesellschaft, H. 1, 1970, S. 52— 61. Ludz untersucht die Nach-Januar-Ereignisse unter dem Aspekt einer „Ideologie des Protests", die von revisionistischen Intellektuellen entfacht wurde, aber mangels genügender Organisationsfähigkeit scheitern mußte. Ludz bezieht nicht die „revisionistische" Arbeit vieler Wissenschaftler und Ökonomen in der Partei als Faktoren ein, was immerhin dazu geführt hatte — wie auch das „Manifest der 2000 Worte" zugibt —, daß der Veränderungsprozeß von der KP selbst initiiert wurde. Ludz vernachlässigt gleichfalls die historisch-sozialen Bedingungen der Vor-Januar-Zeit und vergißt, daß der anarchisch-revolutionäre Ausbruch der Massen seinen Ursprung in einer langen Unterdrückungsperiode hatte.

  10. Zur Biographie Dubceks: W. Shawcross, Dubcek. Der Mann, der die Freiheit wollte, München 1970.

  11. J. Maxa, Die kontrollierte Revolution, Wien/Hamburg 1969.

  12. Das Nationalitätenproblem zwischen Tschechen und Slowaken handele ich nicht gesondert ab, da es für unsere Frage kaum Relevanz hat. Das wird auch ex negativo daran deutlich, daß das Föderalisierungsgesetz fast das einzige ist, das die Reform-zeit überlebt hat.

  13. Zahlenmaterial bei C. Kozusnik, Die Entwicklung des sozialistischen Wirtschaftssystems in der Tschechoslowakei, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik, 11. Jg., Tübingen 1966, S. 22— 39.

  14. R. Richta und Kollektiv, Zivilisation am Scheidewege, Soziale und menschliche Zusammenhänge der wissenschaftlich-technischen Revolution, Prag 19682 (hektogr. Manuskript in deutscher Übersetzung), S. 1— 127/8.

  15. Im Vergleich zu den wichtigsten europäischen Ländern absorbierte die Industrieproduktion in der SSR bei gleichem Umfang doppelt so viele Pri-Aus

  16. Abgedruckt in: ÖSSR 1962— 1968, Dokumentation und Kritik, hrsg. v. F. Röll u. G. Rosenberger, München 1968, S, 56 ff. Das Buch wird künftig zitiert als: Dokumentation . . .

  17. Ebda. S. 60/61.

  18. R. Selucky, in der Zeitschrift „Pravnik" Nr. 7, 1964. Abgedruckt in: Dokumentation . . ., a. a. O., S. 53.

  19. So war die „Stalinsche" Verfassung von 1936 eine parlamentarische; aber deren Organe waren nur Fassaden für das tatsächliche Machtzentrum, die Partei, wobei das de iure höchste Machtgremium, das Zentralkomitee, im Grunde zum Ausführungsorgan von Politbüro und Parteisekretariat degradiert worden ist. Immerhin ist interessant zu sehen, daß man glaubte, „formale" Prinzipien der liberalen Demokratie vor dem eigentlichen Machtzentrum aufbauen zu müssen.

  20. R. Selucky, Reformmodell ÖSSR, Entwurf einer sozialistischen Marktwirtschaft oder Gefahr für die Volksdemokratien?, Reinbek 1969 (= rororo aktuell 1207), S. 23.

  21. O. Sik, Plan und Markt im Sozialismus, Wien 1967, S. 30.

  22. Ebda., S. 120, O. Sik zitiert Lenins Interpretation Engels'vom demokratischen Zentralismus. Dieser schließt „Selbstverwaltung" und „Kommunen" nicht aus, ja diese beseitigen jedweden „Bürokratismus" und „Bevormundung von oben".

  23. Ebda. S. 119/120.

  24. E. Löbl, in: Kulturny zivot vom 20. 1. 1967, abgedruckt in: Dokumentation . . . , a. a. O., S. 120.

  25. R. Selucky, Reformmodell SSR, a. a. O., S. 24.

  26. J. Habermas, Technik und Wissenschaft als „Ideologie", Frankfurt/M. 1968 (= edition Suhrkamp 287); C. Offe, Politische Herrschaft und Klassenstrukturen. Zur Analyse spätkapitalistischer Ge-sellschaftssysteme, in: Politikwissenschaft, hrsg. v. G. Kress u. D. Senghaas, Frankfurt/M. 1969, S. 155 bis 189.

  27. A. Wellmer, Kritische Gesellschaftstheorie und Positivismus, Frankfurt/M. 1969 (= edition Suhrkamp 335), S. 145/146.

  28. A. a. O. Diese Arbeit wurde in einer Auflage von 50 000 Exemplaren verbreitet.

  29. Ich zitiere hier aus einem Aufsatz, der eine von Richta selbst geleistete Zusammenfassung darstellt und den Vorteil der leichteren Zugänglichkeit hat. In: Futurum, Zeitschrift für Zukunftsforschung, hrsg. v. O. K. Flechtheim, Bd. 1, H. 2, Meisenheim am Glan 1968, S. 173— 204.

  30. R. Richta und Kollektiv, Zivilisation am Scheideweg, a. a. O., S. III— 26.

  31. Siehe dazu: F. Kutta, Der Einfluß der wissenschaftlich-technischen Revolution auf die Veränderungen im Charakter der Arbeit, Beitrag Nr. 7 der Marienbader Konferenz von 1. — 6. April 1968.

  32. Hervorhebungen vom Verfasser.

  33. Siehe dazu: O. Pavlik, Bildung in der Epoche wissenschaftlich-technischer Revolution, maschinenschriftl. Manuskript, identisch mit dem Beitrag Nr. 19 der Marienbader Konferenz 1. — 6. April 1968.

  34. K. Kosik, Die Dialektik des Konkreten, a. a. O., S. 45.

  35. Ebda., S. 47.

  36. Vgl. Marxistische Philosophie (Lehrbuch), Autorenkollektiv, Berlin 19672, S. 221 und 223.

  37. K. Kosik, Die Dialektik des Konkreten, a. a. O., S. 51.

  38. „Die rationalistische Vernunft setzte voraus, daß das Individuum , in allem seine Vernunft anwenden kann', und lehnte sich deshalb gegen jede Autorität und Tradition auf; sie wollte alles durch ihre Vernunft erforschen und erkennen." Dies sei ihre positive Seite und ein dauerhafter Bestandteil modernen Denkens. Ebda., S. 98.

  39. J. Strinka, Verschämter Dogmatismus und revolutionäre Dialektik, in: Kulturny zivot, 26. 11. 1965, zitiert nach: Dokumentation . . ., a. a. O., S. 77.

  40. Ebda„ S. 80/81.

  41. K. Kosik, Die Krise unserer Gegenwart, in: Nachrichten . . , , a. a. O., S. 57.

  42. „As a result, werk being done in philosophy, , develops mostly according to individual interest and, at the most, according to group interest, and not according to the long-range requirments of the Society'." In: Nova Mysl: „Future Developments in Our Philosophy", Nova Mysl, No. 4, April 1965. Abgedruckt in: Problems of Communism, H. 1, Jan. /Febr. 1967, Vol. XVI, S. 27.

  43. R. Richta und Kollektiv, Für ein neues Modell des Sozialismus, Beitrag in „Rude Pravo" am 10., 11. u. 12. Juli 1968. In: Weg und Ziel, Monatsschrift für Demokratie und den wissenschaftlichen Sozialismus, Wien, Nov. 1968, S. 527.

  44. M. Machovec, Hoffnungen und Befürchtungen der Annäherung, in: Jahrbuch für kritische Aufklärung, Club Voltaire III, hrsg. v. G. Szczesny, München 1967, S. 277.

  45. R. Kalivoda, Demokratisierung und kritisches Denken, in: Nachrichten . . ., a. a. O., S. 142.

  46. L. Magri, Für einen neuen Realismus, in: Lenins „Staat und Revolution" — heute, Berlin 1970, S. 87 (= internationale marxistische Diskussion 2).

  47. Z. Mlynär, Bemerkungen über die Beziehungen sozialistischer Politik und wissenschaftlich-technischer Revolution. Referat, gehalten auf der Konferenz „Der Mensch und die Gesellschaft in der wissenschaftlich-technischen Revolution" in Marienbad 1. — 6. April 1968. Ahgedruckt in: Neue Kritik, Zeitschrift für sozialistische Theorie und Politik, H. 48/49, Aug. 1968, hrsg. v. Bundesvorstand des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), Frankfurt/M., S. 28, Anm. 11.

  48. Ebda., S. 31. Hervorhebungen v. Vers.

  49. H. Marcuse, Die Gesellschaftslehre des sowjetischen Marxismus, Neuwied/Berlin 19692, S. 127 (= Soziologische Texte 22).

  50. SSR. Tschechoslowakei, Der Weg zum demokratischen Sozialismus. Tatsachen zu den Ereignissen von Januar bis Mai 1968, hrsg. v. Pragopress Features Prag, Prag 1968, S. 3.

  51. Ebda., S. 3/4.

  52. Ebda., S. 5.

  53. So zum Beispiel W. Maihofer, Demokratie im Sozialismus. Recht und Staat im Denken des jungen Marx, Frankfurt/M. 1968.

  54. SSR. Tschechoslowakei, Der Weg zum . . ., a. a. O., S. 43.

  55. Ebda., S. 44.

  56. Das Aktionsprogramm der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, Veröffentlichung vom 19. 4. 1968 in der „Prager Volkszeitung", abgedruckt in: Prag 1968 — Dokumente, eingeleitet und zusammengestellt von Michael Csizmas, Schweizerisches Ost-Institut, Bern 1968 (= Tatsachen und Meinungen 5 [TM 5]), S. 43— 121. Seitenangaben im Text.

  57. In: MEW, Bd. 19, a. a. O„ S. 21.

  58. Ebda., S. 20.

  59. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, a. a. O., S. 599.

  60. Die allgemeinen Prinzipien und die nationalen Eigenarten in der Entwicklung des Sozialismus, Pravda vom 14. 8. 1968, S. 3, abgedruckt in: Prag 1968 — Analyse, hrsg. v. Peter Sager und Christian Brügger, Schweizerisches Ost-Institut Bern 1968 (= Tatsachen und Meinungen 6 [TM 6]), S. 17/18.

  61. Ebda., S. 18.

  62. Pravda vom 25. 7. 1968, S. 3. S. Seljuk, Die Stärke der Partei liegt in der Leninschen Einheit, abgedruckt in: Prag 1968 — Analyse, TM 6, a. a. O., S. 21.

  63. Siehe dazu den Staatsrechtler Michal Lakatos, Society and the Formation of Law, Pravny Obzor, No. 2, 1967. " Under socialism, ... it is the nonstale social organizations'. .. 'encompassing almost the entire Society, which best express the different interests of the Czechoslovak people. Thus, one can best define the 'objective social interest'by establishing a mechanism creating ... ‘the possibility of coordinating the different expressions of these interests and of settling conflicts which exist among them by democratic means'..." Zi-tert bei M. Schwartz, Czechoslovakia’s New Political Model: A Design for Renewal, in: The Journal of Politics, No. 4, Vol. 30, Nov. 1968, S. 975.

  64. Hervorhebungen vom Verfasser.

  65. Darüber hinausgehend: V. Havel, Zum Thema Opposition, in: Nachrichten . . . , a. a. O., S. 108 bis 119. Havel forderte ein Zwei-Parteien-System auf sozialistischer Grundlage, wobei als „Hinterland" einer neuen Partei der traditionelle Demokratismus und Humanismus, bei der anderen Partei der Sozialismus stehen sollte.

  66. O. Kirchheimer, Wandlungen der politischen Opposition, in: ders., Politik und Verfassung, Frank-furt/M. 1964 (= edition suhrkamp 95), S. 123.

  67. L. Revesz, Die geplante Parteiverfassung der CSSR, in: Prag 1968 — Analyse, TM 6, a. a. O., S. 107.

  68. Ebda., S. 120/121.

  69. O. Kirchheimer, a. a. O., 124. In der Anmerkung 26 des gleichen Aufsatzes hebt Kirchheimer hervor, „daß die Herausbildung und Anerkennung der Opposition zu den wesentlichsten und bedeutungsvollsten Leistungen der Geschichte der (liberalen, C. F.) Demokratie gehört".

  70. P. Rodionov, Das unerschütterliche Prinzip der marxistisch-leninistischen Partei, Kap. III., Pravda vom 9. 7. 1968, S. 3— 4. Abgedruckt in: Prag 1968 — Analyse, TM 6, a. a. O., S. 121/122.

  71. J. Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Neuwied/Berlin 19652, S. 110/111.

  72. R. P. Wolff, Das Elend des Liberalismus, Frank-furt/M. 1969, S. 26 (In seiner Auseinandersetzung mit J. St. Mill, On Liberty).

  73. J. Strinka, Gedanken über den demokratischen Sozialismus, in: Praxis, H. 1/2, Zagreb 1969, S. 260 bis 265 (hier S. 263).

  74. K. Marx, Der leitende Artikel in Nr. 179 der : „Kölnschen Zeitung", in: MEW, Bd. 1, Berlin 1956, S. 104.

  75. K. Marx, Ein Komplott gegen die internationale Arbeiterassociation, in: MEW, Bd. 18, Berlin 1962, S. 346.

  76. K. Marx, Rheinische Zeitung v. 12. Mai 1842, in:

  77. J. Strinka, a. a. O., S. 262.

  78. V. Klokocka, Demokratischer Sozialismus. Ein authentisches Modell, Hamburg 1968, S. 45 (= Konkret extra 1). Vgl. ferner P. Peska, Einige aktuelle Tendenzen des sozialistischen Konstititionalismus in der Tschechoslowakei, in: Die moderne Demokratie und ihr Recht. Festschrift für G. Leibholz, Bd. 1, Tübingen 1966, S. 229— 244.

  79. R. Richta und Kollektiv, Für ein neues Modell ..., a. a. O., S. 530.

  80. V. Klokocka, a. a. O., S. 45.

  81. Ich beziehe mich hier neben dem Aktionsprogramm großenteils auf V. Klokocka, der ein Modell ausgearbeitet hatte, das aber keineswegs als endgültig betrachtet werden darf. Besonders bei den konkreten institutionellen Reformen macht uns der Experimentiercharakter der acht Monate einige Schwierigkeiten bei der Analyse.

  82. Panzer überrollen den Parteitag, hrsg. v. J. Pelikan, Wien/Zürich/Frankfurt 1969, S. 126.

  83. Ebda., S. 236.

  84. Ebda., S. 237.

  85. S. dazu: J. Släma, Die Entwicklung des sozialistischen Pluralismus, in: Nachrichten . . . , a. a. O., S. 191— 196.

  86. V. Klokocka, a. a. O., S. 50.

  87. Ebda., S. 51.

  88. Ebda., S. 50. Klokocka verweist auf die Verhandlungen des 18. Kongresses der KPF von 1967, die sich für die Anerkennung eines Mehrparteiensystems in einem Prozeß des sozialistischen Aufbaus aussprechen. Desgleichen die 14 Thesen der KPI v. 12. Juni 1965. Abgedruckt in: Ostprobleme, 17. Jg. Nr. 18, Bonn 1965, S. 556— 567.

  89. Panzer überrollen den Parteitag, a. a. O., S. 239.

  90. V. Klokocka, a. a. O., S. 46.

  91. K. Kosik, in: A. Liehm, a. a. O., S. 254.

  92. V. Klokocka, a. a. O., S. 37. Hervorhebung vom Vers.

  93. Ebda., S. 62.

  94. C. Schmidt-Häuer u. A. Müller, Viva Dubcek, Reform und Okkupation in der ÖSSR. Mit einem einführenden Bericht von H. Böll, Köln/Berlin 1968, S. 81.

  95. S. besonders die S. 268— 271 in: Strukturwandel der Öffentlichkeit, a. a. O. Dort entfaltet Habermas eine leorie, die die Folie für die Einordnung des Einflusses der öffentlichen Meinung in der ÖSSP bieten könnte. Vgl. auch ders. in dem Kapitel „Verwissenschaftlichte Politik und öffentliche Meinung", in: Technik und Wissenschaft als „Ideologie", a. a. O., S. 120— 145.

  96. O. ‘k, Das Wirtschaftsmodell des demokratischen Socialismus, in: Merkur, H. 4, 24. Jg., April, Stuttgart 1970, S. 364— 382.

  97. Die Gewerkschaften diskutierten heftig die Frage der Selbstverwaltung und welcher Qualität sie sein sollte. Jan Stern, Redakteur der Gewerkschaftszeitung Prace, meint, daß der demokra-tische Sozialismus ohne Selbstverwaltung „undenkbar ist. Wer es ablehnt, hat den Horizont des Staatskapitalismus geistig nicht überschritten“. Aber auch Stern nimmt in Abwägung der eventuellen Nachteile an, daß eine volle Selbst-und Mit-verwaltung vorerst nicht möglich sein wird. Nur sollen sich die „Manager" ihre Legitimation von „unten" holen, und die Arbeiter sollen lernen, mit-zubestimmen. (Dokumentation . .., a. a. O., S. 290 bis 294.) Auch Prof. Milos Kalab setzte sich auf dem VI. Kongreß der Revolutionären Gewerkschaftsbewegung mit der Problematik von Rentabilität, Arbeitsproduktivität und den Perspektiven einer zukünftigen kommunistischen Selbstverwaltung auseinander. Er hegte den Verdacht, daß die Einführung des formalen Gleichheitsprinzips das (kommunistische) materielle Gleichheitsprinzip zurückdrängen könnte. Die Rolle der Gewerkschaften könne sich nicht — wie im kapitalistischen Staat — allein auf eine Position („konsequente Selbständig-

  98. Vgl. dazu J. A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, Bern 19502, S. 139/140.

  99. R. Selucky, Reformmodell . . . , a. a. O., S. 87.

  100. Ebda., S. 89.

  101. K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, a. a. O., S. 21.

  102. R. Selucky, Reformmodell..., a. a. O., S. 90.

  103. Neues Deutschland, Berlin, 25. August 1968.

  104. Siehe dazu: F. Schmid, Neue ökonomische Systeme in der DDR und SSR, in: Das Argument, Berliner Hefte für Probleme der Gesellschaft, H. 39, Jg. 8, Aug. 1966, H. 4, S. 290— 306.

  105. P. Sweezy, Tschechoslowakei: Kapitalismus und Sozialismus, in: Zur Kritik der Sowjetökonomie, hrsg. v. P. Strotmann u. a., Berlin 1969, S. 109 (= Rotbuch 11).

  106. J. Strinka, Verschämter Dogmatismus und revolutionäre Dialektik, a. a. O., S. 82.

  107. E. Altvater, Rationalisierung und Demokratisierung. Zu einigen Problemen der neuen ökonomischen Systeme im Sozialismus, in: Das Argument, H. 39, Jg. 8, Aug. 1966, H. 4, S. 269.

  108. A. Lowe weist in seiner „Politischen Ökonomik" auf die normative Funktion hin, die „das Modell einer freien Marktwirtschaft... im politischen and kulturellen Wertsystem des Westens erworben hat... ganz unabhängig davon, inwieweit reale Märkte tatsächlich frei sind". Frankfurt/Wien 1965 (= Politische Ökonomie. Geschichte und Kritik), S. 50.

  109. E. Altvater, Rationalisierung .. ., a. a. O., S. 275.

  110. Lowe verweist auf die Ähnlichkeit zwischen den Kernproblemen einer Markttheorie und der Newtonschen Theorie der Mechanik, die Grundlage unseres naturwissenschaftlichen Denkens ist. A. a. O., S. 47. Richta und Kollektiv machen in „Zi-vilisation am Scheidewege", a. a. O., S. IV/10— 11, aber schon auf die Überwindung dieser Konzeption aufmerksam. Diese habe von den Veränderungen auf seiten des Subjekts abstrahiert und die ob-jektive Welt, Natur und auch die Gesellschaft im Grunde zur Maschine reduziert. Die „Produktivkraft Wissenschaft“ erweitere diese cartesianische Rationalität. „Kybernetik, Computer, interdisziplinäre Zusammenarbeit lassen eine methodische Grundlegung der Wissenschaft zu, die mit der Dynamik auf seiten des Objets wie des Subjekts rechnet.“ Vgl. dazu bereits K. Marx, Das Kapital, Bd. I. MEW Bd. 23, Berlin 1953, S. 389.

  111. Siehe dazu: P. Sass, Gesellschaftliche Aspekte der ökonomischen Reformen im sozialistischen Osteuropa, in: Neue Kritik, Zeitschrift für sozialistische Theorie und Politik, Nr. 48/49, Aug. 1968, 9. Jg., Frankfurt/M. S. 34— 49.

  112. E. Altvater, Rationalisierung . .. , a. a. O., S. 276.

  113. R. Dahrendorf, Markt und Plan. Zwei Typen der Rationalität, Tübingen 1966 S 5

  114. Ebda, S. 7.

  115. Ebda S 8

  116. Ebda., S. 13.

  117. J. Klofäc und V. Tlusty, Die soziologische „Theorie des Konflikts“ und die dialektische Theorie der Widersprüche, in: Soziale Welt, Jg. 16, Göttingen 1965, H. 4, S. 309— 318.

  118. Ebda., S. 310.

  119. Ebda., S. 316.

  120. Ebda., S. 318.

  121. Siehe auch: R. Havemann, Dialektik ohn« Dogma? Naturwissenschaft und Weltanschauung Reinbek 1964, S. 160 f., und: K. Rothschild, Bemer kungen zum Thema Sozialismus und Planung, in Kritik der politischen Ökonomie heute. 100 Jahrs „Kapital“, Frankfurt/Wien 1968, S. 238.

  122. C. Bettelheim, über den Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, in: Zur Kritik der Sowjetökonomie, a. a. O., S. 115.

  123. W. Brus, Allgemeine Probleme der sozialistischen Ökonomie, Warschau 1961, S. 278.

  124. O. Sik, Plan und Wirtschaft.. ., a. a. O., S. 198.

  125. Abgedruckt in: Dokumentation..., a. a. O., S. 106 ff.

  126. Zu diesem Komplex: K. P. Hensel u. Mitarbeiter, Die sozialistische Marktwirtschaft in der Tschechoslowakei, Stuttgart 1968 (= Schriften zum Vergleich von Wirtschaftsordnungen, H. 12), bes S. 87— 98.

  127. R. Richta, Die wissenschaftlich-technische Revolution .., a. a. O., S. 202/203.

  128. R. Richta und Kollektiv, Für ein neues Modell ..., a. a. O., S. 533.

  129. Ebda., S. 532.

  130. R. Richta, Die wissenschaftlich-technische Revolution ..., a. a. O., S. 203.

  131. Eine ähnliche Einschätzung gibt A. Hegedüs, Die soziale Kontrolle in der sozialistischen Wirtschaft, in: Jahrbuch für kritische Aufklärung, a. a. O., S. 175. Pessimistischer ist M. Markovic, Dialektik der Praxis, Frankfurt/M. 1968 (= edition suhrkamp 285), S. 150: „Es wäre eine unverzeihliche Naivität und ein Unsinn, davon zu sprechen, daß einmal eine Situation entstünde, in der alle Werktätigen unmittelbar über alle Schlüsselfragen entscheiden", wo „keinerlei Bedürfnis... bestünde nach mittelbarer, stellvertretender Demokratie".

  132. So G. Rittig, Sozialismus und Liberalismus, in: Neue Gesellschaft, Jg. 1, H. 1, Juli/Aug. 1954, S. 42 bis 53.

  133. Siehe die Analyse von Lowe, a. a. O., S. 50.

  134. Alexander Dubek macht diese Verschränkung deutlich: Demokratie bezeichnet er 1. als Methode zur Lösung von Problemen und 2. als Anerkennung der Verbindlichkeit gefaßter Beschlüsse, die auf demokratische Weise erarbeitet sind, mit aktiver Teilnahme aller, die sie angehen. Interview vom 11. 4. 1968 in Rud Prävo, abgedruckt in: Prag 1968 — Dokumente (TM 5), a. a. O., S, 123.

  135. S. dazu: J. A. Schumpeter, a. a. O., S. 198 ff.

  136. Zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei. Tatsachen, Dokumente, Presse-und Augenzeugen-berichte, 1. Folge, Pressegruppe sowjetischer Journalisten, Moskau 1968, 8. 19.

  137. In: Nachrichten ..., a. a. O., S. 170 ff.

  138. „tagebuch", Wien, März/April 1968, S. 20. (Rede am 6. 3. 1968 vor Kladnoer Arbeitern. Zit. bei Y. Karsunke, Böhmische Dörfer, in: Kürbiskern, H. 1, München 1969, S. 80.

  139. O. Negt, Das Ende des Stalinismus, in: Prag und die Linke, hrsg. v. N. Weißenborn, Hamburg 1968 (= konkret extra 2), S. 28.

  140. B. Hartmann, Die Ereignisse in der ÖSSR aus marxistischer Sicht, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, H. 9, XIII. Jg., 1968, S. 915 bis 944. Vgl. ferner F. Hitzer, Imperialistische Strategie und die Ereignisse in der CSSR, in: Kürbis-kern, a. a. O., S. 113— 139; E. Högemann-Ledwohn, Auf dem Rückweg zum Kapitalismus?, in: Kürbis-kern, a. a. O., S. 140— 167; F. Schmid, Demokratisierung und Liberalisierung, in: Kürbiskern, a. a. O., S. 87— 112. Des weiteren J. Alexandrow, Attacke gegen die sozialistischen Grundlagen in der CSSR, Prawda vom 11. Juli 1968.

  141. O. Sik, Zu den Fragen der Gegenwart, in: R. Deppe, B. Heinrich und M. Bärmann, Die Tschechoslowakei von 1945— 1968. Zwischen Kapitalismus und Revolution. Mit einem Aufsatz von O. Sik und einer Einleitung von H. J. Krahl, Frankfurt/M. 1968 (= Voltaire Flugschrift 26), S. 51.

  142. Ebda., S. 46.

  143. Anders zum Beispiel die chinesische Variante, die — eine Mischung aus Staats-und Anarchokommunismus — jegliche „Demokratisierung" abgelehnt hat, da das zur „Sozialdemokratisierung" führe. Auch F. Castro hat den Selbstverwaltungssozialismus Jugoslawiens — im Zusammenhang mit der Intervention in der CSSR — einen „bourgeoisen Liberalismus . . .der sogenannten Kommunisten Jugoslawiens" genannt. (Die Tschechoslowakei auf dem Weg in die Konterrevolution, in: Prag und die Linke, a. a. O., S. 49.)

  144. K. Korsch, Grundsätzliches über Sozialisierung, in: ders., Schriften zur Sozialisierung, hrsg. u. eingeleitet von E. Gerlach, Frankfurt/M. 1969 (= Theorie und Praxis der Gewerkschaften), S. 81.

  145. Ebda., S 82.

  146. Vgl. U. Bermbach, Ansätze zu einer Kritik des Rätesystems, in: Berliner Zeitschrift für Politologie, 9. Jg„ Nr. 4., Dez. 1968, S. 21— 31.

  147. Mao Tse-tung, Gegen den Liberalismus, Peking 1952, S. 6.

  148. Ebda., S. 2.

  149. E. Fischer, Geistige Partisanen, über Macht und Ohnmacht der Intellektuellen in der sozialistischen Welt, in: Die Zeit von 15. 3. 1968, S. 32.

  150. K. Marx, Kritik des Hegeischen Staatsrechts, in: MEW., Bd. 1, Berlin 1956, S. 231.

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Christian Fenner, Diplom-Politologe, geb. 16. August 1942. Studium der Politologie, Publizistik, Jura und Soziologie an der FU Berlin. Gegenwärtig wissenschaftl. Assistent im Fachbereich Politische Wissenschaften (Otto-Suhr-Institut); arbeitet an einer Promotion über wissenschaftlich-technische-Revolu-tion, Sozialismus und Revisionismus.