Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Der Beitrag des Geschichtsunterrichts zur Politischen Bildung | APuZ 11/1970 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 11/1970 „Gesamtdeutsche Erziehung" in Schulbüchern der DDR und BRD Der Beitrag des Geschichtsunterrichts zur Politischen Bildung Die attische Demokratie im politischen Unterricht

Der Beitrag des Geschichtsunterrichts zur Politischen Bildung

Wolfgang Schlegel

/ 30 Minuten zu lesen

I. Die Krise des Geschichtsunterrichts in der Bundesrepublik — Politikum oder Pädagogikum?

Um das Geschichtsbild Die vor zwölf Jahren vom Verfasser dieses Beitrages aufgeworfene Frage: „Brauchen wir ein deutsches Geschichtsbild?" 1) wurde von seinen Kritikern umgewandelt in die Frage: „Sollen (dürfen) wir ein deutsches Geschichtsbild' haben?" — Da es die Pädagogen in der Bundesrepublik Deutschland während der fünfziger Jahre versäumt hatten, in offener Auseinandersetzung über die an der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit zu messenden Positionen von Nation, Vaterland und Kontinuität der deutschen Geschichte mit ihren Schülern zu reden, — was zumeist nicht Schuld der Lehrer war — mußten sie sich sagen lassen, daß durch die Tabuisierung dieser Begriffe ein geschichtlich-politisches Vakuum entstanden sei, das nun durch rechtsradikale und restaurative Gruppen und Tendenzen ausgefüllt würde und was wiederum im Zuge einer Eskalation die Radikalisierung des Linksextremismus förderte. Das Verhältnis des neuen deutschen Staates nach 1945 bis 1949 zu seiner eigenen staatsrechtlichen Kontinuität war gebrochen und mußte erst mühsam im Schutzraum der Mächte und durch eine „bewußte Demokratie" der Grundgesetz-Väter hergestellt werden. Da man aus der Geschichte „lernen" wollte, mußte man bei allen Versuchen und Ansätzen des Neubeginns einen Weg zwischen Traditionsanknüpfung und kritischer Revision suchen. So knüpfte man zwar an die Weimarer Verfassung an, wollte aber deren Fehler, wie etwa die starke Position des Präsidenten, nicht wiederholen. Der Unterricht in Geschichte, der erst einige Jahre nach Kriegsschluß wieder erlaubt wurde, befand sich — da ja Schule und Lehrer im Dienste des Staates stehen — in der ungeklärten Position des Politischen einerseits und des Pädagogischen andererseits. Immer hat ja der Geschichtsunterricht den Zugriff und Eingriff des Staates in seiner jeweiligen Herrschaftsform erfahren müssen. Erich Weniger wies schon 1926 auf diese Tatsache hin. In neuerer Zeit sind empirische Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen Staatsform und Geschichtsunterricht von Weymar und Schallenberger durchgeführt worden. Die Einwirkung des Geschichtsbildes auf die Politik und damit auf die zukünftige Geschichte ist durch diese Forschungen bestätigt worden. Trotzdem ist man allergisch gegen den Begriff „Geschichtsbild", obwohl dabei nicht an ein zum Mythus statuiertes oder vom Staat legitimiertes oder gar ideologisiertes Bild der Geschichte gedacht war, wohl aber an ein Bild der Geschichte, das sich jeder vom Gesamtverlauf des Geschehens machen sollte, so wie jeder ein Weltbild hat. Unter „Kontinuität" soll dabei auch kein harmonisierter Geschichtsverlauf verstanden sein, sondern eher eine dialektische Aufeinanderfolge, ein Ineinandergreifen etwa im Sinn von Toynbees , Challenge and Response', Aktion und Reaktion bei Völkern und Kulturen oder Gruppen.

Jedoch wurden sowohl von der Politischen Bildung als auch von der Geschichtswissenschaft alle Bemühungen um ein Geschichtsbild abgelehnt. Göttinger Historiker sprachen von der „Geschichtsmüdigkeit" unserer Zeit und vom „Verlust der Geschichte" oder betonten, daß man ein Geschichtsbild nicht „machen" könne, was auch niemals behauptet worden war Noch kürzlich hat Christian Graf von Krokkow anläßlich eines Podiumsgesprächs, an dem auch der Verfasser teilnahm, geäußert: „So kommt es zu der oft registrierten und beklagten Geschichtsmüdigkeit: Falls Bildung historische Bildung bedeutet, wäre heute das Volk Rankes und Mommsens ein besonders ungebildetes, ja weithin bildungsfeindliches Volk.“ Die Psychologen haben in der Zeit nach 1945 nachweisen wollen, daß der Jugendliche unserer Volksschulen gar keine Voraussetzungen für einen Geschichtsunterricht mitbringe, er also nur unzusammenhängende Brocken in un-chronologischen „Bildern" verabreicht bekommen könne. Nun waren nach 1945 der deutschen Geschichtswissenschaft — ähnlich wie nach 1918 mit der Kriegsschuldfrage — wiederum politisch relevante Sonderausgaben gestellt, und zwar die Frage nach der „Revision des deutschen Geschichtsbildes" und die nach der „Bewältigung der jüngsten Vergangenheit". Wegen der schwierigen Quellenlage brauchte die Fachwissenschaft natürlich längere Zeit zur Erfüllung dieser Aufgaben; daß sie noch nicht zu Ende geführt sind, zeigt eine Äußerung von Karl-Heinz Ruffmann auf dem schon erwähnten Podiumsgespräch in Ingelheim: „Jeder positive Antwortversuch auf diese Frage (nach der Rolle des Nationalen — d. Vers.) wird von der Forderung ausgehen müssen — die zugleich eine dringend notwendige zu sein scheint —, zumindest teilweisen Abschied von unserem bisherigen Geschichtsbild ... zu nehmen." Hingegen erwartete man von der Geschichts-Pädagogik eine raschere Antwort, womit diese, wie sich bald zeigte, überfordert war. 2. Curriculum Als zu Anfang der sechziger Jahre der erschreckende Wissensmangel der Jugend in Zeitgeschichte bekannt wurde, machte man den Lehrer nicht nur dafür, sondern auch für politische Entgleisungen verantwortlich, die man auf solchen Mangel an zeitgeschichtlichem Wissen glaubte zurückführen zu müssen. (Bekanntlich ist die Effektivität der Tätigkeit des deutschen Lehrers nur nach dem siegreichen Kriege von 1866 gelobt worden!) So bewies Rudolf Raasch in seinem Buche „Zeitgeschichte und Nationalbewußtsein" daß gerade die anti-und a-nationäle Erziehung im Geschichtsund Politik-Unterricht an den bundesdeutschen Schulen zu einer nationalistischen Haltung der Jugend geführt habe — als eine Art von Kompensation, aus einer Art Protest. Die schönen Präambeln der Richtlinien für den Geschichtsunterricht, (die in manchen Ländern keinen Stoffplan, also kein „Curriculum" enthielten), wonach der Geschichtsunterricht von sich aus zur Gemeinschaft, zur Demokratie, zur Toleranz, zur Ehrfrucht vor Gott und zur Völkerverständigung sowie als Zeitgeschichte zur Politischen Bildung führen müsse und solle, hatten sich in der Praxis nicht bestätigt. Auch die zusätzlichen Erlasse der Ministerien, Zeit-geschichte zu betreiben, aber auch „deutsche Ostkunde", konnten an der geringen Wirkung nichts ändern. Auch die Wirksamkeit des Politischen Unterrichts in der bisherigen Form mit der Einbeziehung der Zeitgeschichte wird nach den jüngsten Untersuchungen negativ beurteilt. Hier können wir uns auf die Arbeiten von Assel und Schaaf in dieser Beilage (B 31/1969 und B 1/1970) beziehen. Sie haben noch einmal kritisch den derzeitigen Stand der Politischen Bildung zusammengefaßt. Wieweit die Bemühungen der Politischen Bildungsstätten, z. B.der Europa-Häuser und auch der Vereinigung für politische Bildung mit ihrer Initiative für das Memorandum zur politischen Bildung, das der Verfasser mit unterzeichnet hat, eine Breitenwirkung im Sinne einer Effektivität wirklich politischer Bildung gehabt haben, vermag ich hier nicht zu entscheiden 6a).

Es ist nicht verwunderlich, wenn sich im Geschichtsunterricht, um den es uns hier ja gehen soll, eine Verlagerung zur Voraussetzungslosigkeit vollzogen hat. Hatte der bekannte Geschichtsmethodiker Hans Ebeling — über jeden Verdacht, wieder „Nationalgeschichte"

lehren zu wollen, erhaben — als erster nach 1945 eine mehrbändige „Deutsche Geschichte" für Schüler geschrieben, so war er später zu dem unverbindlichen Titel „Reise in die Vergangenheit" übergegangen, ein Titel, der allein vom Methodisch-Psychologischen herkommt. Man hatte sich zunächst nach dem Kriege um die Neubesinnung über die Stoff-Auswahl, um die Revision des deutschen Geschichtsbildes bemüht; bald jedoch war die Frage nach der Stoff-Bewältigung in den Mittelpunkt der fachdidaktischen Diskussion getreten, so daß — ich schließe mich selbst hier nicht aus — ein so wichtiges Prinzip wie der Begriff des „Exemplarischen" zumeist nur methodisch behandelt wurde.

So hatte sich der Göttinger Historiker Hermann Heimpel (1951 bei den „Tübinger Beschlüssen") für das „paradigmatische Lehren" im Fache Geschichte ausgesprochen. Es sei völlig gleichgültig, sagte er, an welchem historischen Stoff man dem Historischen und seiner wissenschaftlichen Methode begegne, sei es nun ein Thema aus der Weltgeschichte oder eines aus der Landes-oder Dorfgeschichte. So richtig das für die dem Historismus noch verhaftete Fachwissenschaft damals sein mochte, so wenig erscheint es praktisch anwendbar für den Lehrer in der Schüle, insbesondere natürlich für den in der Mittelstufe (Haupt-, Real-und Oberschule in den Schuljahren 5 bis 10), wenn man von ihm verlangt, er solle in chronologischer Abfolge von der Urzeit bis zur Gegenwart unterrichten. Es ist also zu fragen, ob die jahrelange Diskussion über „Inselbildung", „exemplarische Stoffbewältigung" oder „Vergegenwärtigung" den Kern der Frage nach der Stellung des Geschichtsunterrichts in der heutigen Schule getroffen hat.

Wenn wir bei Theodor Wilhelm lesen: „Die geschichtliche Bildung'hat die wirkliche Geschichte weitgehend außer Sicht gebracht" (kursiv im Original), so ist es erstaunlich, wie er hier fast unmittelbar an die Warnung vor allzuviel geschichtlicher Bildung anknüpft, die Friedrich Nietzsche vor fast genau 100 Jahren in seiner unzeitgemäßen Betrachtung „über Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" aussprach. Wilhelm fährt fort: „Wir werden zu zeigen versuchen, daß nur der vorsichtige Abbau der Vorstellung der . geschichtlichen Bildung'den Blick auf die Kontinuität der geschichtlichen Vorstellungswelt wieder freigibt." Theodor Wilhelm wird hier im Hinblick auf Friedrich Oetinger erwähnt, der mit seinem Buche „Partnerschaft" nach dem Kriege als erster besondere Akzente zur Politischen Bildung setzte, Akzente, die auch damals schon völlig unhistorisch waren. Wilhelm verweilt selbst länger bei Nietzsche (S. 57 f.), nachdem er gezeigt hat, daß die Schwächen des Diltheysehen Historismus in einer starken Irrationalität (Erlebnis) und in einer allzu betonten Personalität (Autobiographie) und schließlich auf einem zu geringen Erkenntnisergebnis über die Geschichte im ganzen liegen. Den politischen Ertrag geschichtlicher Erkenntnis sieht Wilhelm in der Erkenntnis von Tradition und Zusammenhang. Er fragt nach der Möglichkeit, noch Konstanten in der immer universaler werdenden Geschichte der Menschheit zu finden, und wendet sich gegen den Voluntarismus und Irrationalismus. Ihnen gegenüber betont er das Denken als einzige Richtschnur: „Es geht in der Schule nicht allgemein um Überlieferung und Achtung vor der Vergangenheit, sondern um die Kontinuität der Denkwelt." Wilhelm nennt als Ziel eines modernen Geschichtsunterrichts die Herstellung des „geschichtlichen Vorstellungszusammenhangs". Inhaltlich weist er dem Geschichtsunterricht das Zielbild „Europa" als heute aktuelle Aufgabe zu (S. 63 f.).

Die Antwort nach dem Ort des Geschichtsunterrichts ist heute also nicht von der Wissenschaft der Geschichte her, sondern von der politischen und gesellschaftlichen Situation her zu geben. Die Fachwissenschaft hat beim letzten Deutschen Historikertag in Freiburg (1967) in den Vorträgen von Mirgeler und Alfred Heuss Forderungen nach europäischer und nach Weltgeschichte für die Wissenschaft gestellt Forderungen, die für den Unterricht nicht ohne Wirkung bleiben können.

Wir fassen zusammen. Erstens: Der kritische Blick in unsere Vergangenheit muß durch eine — wie man heute sagt — Curriculum-Forschung, die sich mit der Auswahl der Stoffe und Begründung ihrer Bildungsrelevanz beschäftigt, geschärft werden und dadurch den Schülern ein geschichtlicher Zusammenhang (Kontinuität), aber auch die Perspektivität im Blick auf die Vergangenheit (nicht Relativität) einsichtig gemacht werden.

Zweitens: Da sich der Geschichtsunterricht vorerst noch einer modernen Wissensvermittlung durch Programmierung entzieht, müssen andere Wege gefunden werden, um den Lehrer von der bloßen direkten Fakten-Übermittlung teilweise zu entlasten

Drittens: Die von Alfred Heuss in Freiburg vertretene Konzeption einer Weltgeschichte kann für den modernen Geschichtsunterricht sowohl als Maßstab für die Auswahl der Stoffe als auch für den politischen und menschlichen Bildungswert von Bedeutung sein.

Schillers Antrittsrede in Jena, die er ja nicht als Fachhistoriker, sondern als engagierter Dichter hielt, handelte von Universalgeschichte; und es ist erfreulich, daß ein Geschichtsdidaktiker unserer Zeit (Wilhelm Münter, 1966) den Satz wagte: „Geschichte sei Universalgeschichte" und auch den Geschichtsunterricht von daher bestimmt. Mir scheint hier ein Neuansatz vorzuliegen, der über die bloß didaktisch-methodische Diskussion hinausgeht. Die kritische Situation des Geschichtsunterrichts, die auch in einem Artikel von Karl Friedrich Roth, dem Verfechter einer Friedens-forschung, unter dem Titel „Quo vadis — Geschichtsunterricht?" aufgewiesen wurde, kann nur durch eine umfassendere Sinnbezogenheit überwunden werden.

Dazu haben die neuen Richtlinien in verschiedenen Bundesländern bereits einen Ansatz geschaffen: Es gibt nur noch einen Durchgang durch die Geschichte, das heißt, der Lehrplan läuft von der 5. bis zur 9. bzw. 10. Klasse in einem Zuge durch von der Urzeit bis zur Gegenwart. Damit ist die Bildersammlung von „Geschichten aus der Geschichte" in die Heimatkunde der Grundschule verwiesen.

II. Das Geschichtsbild formt Politik und Geschichte

1. Zur Geschichte des Geschichtsunterrichts Das Thema enthält die Voraussetzung, man könne von einem wirklichen „Beitrag" des Geschichtsunterrichts zur politischen Bildung sprechen, das heißt, dieser Beitrag müßte aus dem Phänomen „Geschichte" herzuleiten sein, indem man es zur Politik in Beziehung setzt. Diese These soll durch eine kurze historische Analyse erläutert werden. Erich Weniger hat als eine Art Gesetz herausgefunden, daß immer die sozialen Schichten und Kreise geschichtlich unterrichtet wurden, die an der Regierung und Verwaltung beteiligt waren Im frühen Mittelalter war der Klerus maßgeblich an politisch führender Stelle tätig, weil er allein die Schicht der Gebildeten stellte, vor allem die Mönche. Nur sie beschäftigten sich mit Geschichte und Geschichtsschreibung. Im hohen Mittelalter bis hin zur Zeit des fürstlichen Absolutismus waren Geschichte und geschichtliche Unterweisung den Fürsten vorbehalten; Geschichte wurde im wesentlichen aus dynastischem Interesse getrieben. Mit den Freiheitskriegen begann in Deutschland das Interesse an Politik und Geschichte zu wachsen und erfaßte vor allem die bürgerlich-akademischen Kreise. Von der Universität griff der Impuls der Romantik auf die neugegründeten Gymnasien über. Bildung bedeutete historische Bildung. Die Dichter wählten geschichtliche Stoffe in politisch bildender Absicht. Die Erziehung zur Nation und zum Kampf für die Freiheit galt als Ziel eines geschichtlich-patriotischen Unterrichts, der sich — wie die Dichtung — an der germanischen Frühzeit orientierte. Das neuhumanistische Gymnasium allerdings, Schule des emanzipierten Bürgertums, das nun als Beamtenschaft an den Regierungsaufgaben beteiligt wurde, stellte ein elitär-ästhetisches Erziehungsziel in den Mittelpunkt und nahm seine Vorbilder aus der Antike.

Die Geschichte sollte Vor-und Leitbilder für die politische Erziehung in der Gegenwart hergeben.

Die Möglichkeit eines Beitrags des Geschichtsunterrichts zur Politischen Bildung war für die damaligen Pädagogen unbestritten.

Damals begann sich jene historisierende Form der Bildung in Deutschland zu verbreiten, die schon Nietzsche kritisiert hat und die auch heute noch Gegenstand der Kritik ist.

Nach 1848 nahmen die fürstlichen Regierungen in Deutschland unmittelbar Einfluß auf den Geschichtsunterricht in ihren Schulen. Die neueste Geschichte wurde bewußt ausgeklammert, die Beschränkung auf die Antike wurde für die Gymnasien noch strenger durchgeführt, und für die Volksschulen schrieb man eine dynastische Geschichte in Geschichtsbildern vor. Nach 1871 stand der Geschichtsunterricht vollends im Dienste der Erziehung zum . guten Patrioten'unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Herrscherhauses. Kaiser Wilhelm II. griff schließlich persönlich in den Geschichtsunterricht ein durch die Cabinettsordre vom 1. Mai 1889, um die Schüler gegen die Einflüsse des Sozialismus immun zu machen.

Das nationalistische Geschichtsbild der staatlichen Schulen, stets neu wachgehalten durch den Sedanstag, hat zu einem Geschichtsbild geführt, dessen gefährliche politische Wirkungen erst viel später — zu spät — erkannt wurden. Der durch diese Erziehung mit bedingte „Zeitgeist" hatte alle Schichten der Bevölkerung so stark erfaßt, daß selbst die ideologischen Gegenkräfte nicht dagegen ankamen. Allerdings darf man nicht vergessen, daß dieser nationalistisch-imperialistische „Zeitgeist" damals alle europäischen Völker erfaßt hatte. Golo Mann hat in seiner Rede zum Jubiläum des Auswärtigen Amts darauf hingewiesen Neben dem offiziellen Geschichtsbild gab es zwei inoffizielle:

a) Das Geschichtsbild des historischen Materialismus wurde in den Kreisen der marxistischen Arbeiterschaft durch die intensive Schulungsarbeit ihrer Funktionäre gegen Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Sein leicht lehr-und lernbarer Inhalt ist der Klassenkampf und der vorgezeichnete Weg der Geschichte über den Kapitalismus zur Revolution. Dieser determinierte Ablauf des Geschehens bis zur staats-freien Endstufe schien zwar utopisch, war aber für die immer zahlreicher werdenden Anhänger des Sozialismus verheißungsvoll. Auch hier diente das Geschichtsbild zur Gestaltung der Politik. Bismarcks Gesetze gegen die „Reichsfeinde" führten nur zu einer noch stärkeren Konsolidierung dieser Anhängerschaft eines geschichtlich-politischen Zukunftsbildes, das im Gegensatz zu dem staatlich gelehrten stand.

b) Das Geschichtsbild des in der Bismarckzeit ebenfalls verfolgten Katholizismus unterscheidet sich vom offiziellen dadurch, daß es noch Kategorien und Werte kennt, die über der Nation und dem staatlichen Vaterland stehen, und daß es den Säkularisierungsprozeß noch nicht mitvollzogen hat. Das hatte zur Folge, daß überall da, wo diese Geschichtsauffassung als Heilsgeschichte noch ernsthaft geglaubt wurde, statt der hybriden Fortschrittsgläubigkeit und des imperialistischen Nationalismus die Endlichkeit der gottgeschaffenen Welt gesehen wurde.

Die Weimarer Republik versuchte zum ersten-mal, eine pluralistische Bildungswelt zu ermöglichen. Mit der Einführung der vollen parlamentarischen Demokratie war jeder Bürger formell an der politischen Gestaltung der Gesellschaft beteiligt. Daher sollte auch jeder den vollen Geschichtsunterricht erhalten. War in Preußen durch einen Ministerialerlaß im Jahre 1872 in allen Volksschulen Geschichte als ordentliches Unterrichtsfach eingeführt worden, so wurde der Geschichtsunterricht jetzt auf eine noch breitere Basis gestellt und — nach Möglichkeit — dem Einfluß des Staates entzogen, dafür aber in der erstaunlichen Liberalität jener Zeit den jeweiligen Schulbuchverlagen und -autoren überlassen! Neue Tendenzen wollten den Geschichtsunterricht im pazifistischen Sinne mehr als Kulturgeschichte gestalten, im Grunde aber änderte sich an der nationalistischen Tendenz kaum etwas. Der Nationalsozialismus brachte dann wieder eine einheitliche Ideologie in die politische Erziehung durch Geschichte: Erziehung zum heldischen Menschen durch Aufzeigen des Rassenkampfes in den Jahrtausenden nordisch-germanischer Geschichte 12a). 2. Grenzen der Fachwissenschaft Was und wie war bis dahin der „Beitrag des Geschichtsunterrichts zur Politischen Bildung"? War er erfreulich, positiv? Nach 1945 schrieben Historiker Bücher mit Titeln wie „Die deutsche Katastrophe" — „Abschied von der bisherigen Geschichte" — „Irrweg der deutschen Nation", die die Frage stellten: war alles falsch?

Ist es nicht für den Nachlebenden erschrekkend, wenn er lesen muß, wie deutsche Universitätshistoriker sich in ihren Urteilen geirrt haben und wie sie sich etwa im Ersten Weltkriege völlig unwissenschaftlich in einen Haß haben hineinziehen lassen, obwohl sie von der Voraussetzungslosigkeit der Wissenschaft gesprochen hatten? Ist es nicht erschütternd, wenn man von einem so hochzuverehrenden Geist wie Wilhelm Dilthey folgende Passage liest: „Unseren Schriftstellern imponiert bald das romanische Ideal der Vernichtung von Familie und Eigentum zugunsten staatlicher Tyrannei, bald der rückständige skandinavische Kultus des Rechts der verband-losen Individualität, bald das barbarische slawische Wühlen in den Partien des Menschen, wo für die Bestie Raum ist. Nur aus den Tiefen des germanischen Wesens kann unseren Dichtern ein der Gegenwart mehr entsprechendes Bewußtsein kommen, was das Leben sei und was die Gesellschaft sein soll." (Aus: Die Einbildungskraft des Dichters, 1887)

Trägt also Geschichte als Geschichtsunterricht tatsächlich zur Politischen „Bildung" bei? Sicherlich, aber wie? War die Art, wie durch Geschichte politische Erziehung und Bildung vermittelt wurde, im kritischen Rückblick immer richtig? Falls wir sie nicht für richtig oder angemessen halten — so müssen wir weiter fragen, ob es an der Geschichte oder an der Politischen Bildung lag. Sind wir sicher, daß heute die Erfolge besser sein werden? Alle Untersuchungen, die über die Effektivität und über die qualitative Wirkung der Politischen Bildung — sei es mit oder ohne Geschichtsunterricht — angestellt wurden, verneinen den Erfolg oder stellen ihn zumindest kritisch in Frage. Es genügt, wenn an die jüngst hier erschienenen Arbeiten von Assel und Schaaf und an das etwas verspätet erschienene Protokoll einer Tagung der Kommission für Politische Bildung von 1968 erinnert wird. Was dort z. B. Felix Messerschmid an intellektueller Bildung des Aktivbürgers forderte, kommt zwar scheinbar ganz ohne Geschichte aus, könnte aber die gesetzten Forderungen wie „Herrschaftsverhältnisse auf Sinn und Ziel der demokratischen Verfassung hin zu prüfen und zu durchschauen" ohne geschichtliche Bildung nicht erfüllen. Andererseits wies Messerschmid darauf hin, „daß mit den Fachwissenschaften allein politische Bildung nicht zu leisten sei". Die Beiträge der Einzelwissenschaften seien von außerordentlicher Wichtigkeit und müßten , im Hinterkopf'des jeweils Lehrenden in möglichster Fülle und Klarheit vorhanden sein. Aber die bloße Vermittlung fachwissenschaftlicher Ergebnisse gehe nicht „unter die Haut" und schaffe nicht politische Bildung im eigentlichen Sinn. Nach 1945 hatte man die politische Relevanz des Geschichtsunterrichts durchaus noch gesehen. Aus all den Erfahrungen sowohl der Weimarer Republik als auch des Nationalsozialismus wollte man etwas für die eigene Zeit und Zukunft „lernen". Nach einer Zeit der Stagnation kurz nach 1945 setzte damals die Welle der „Revision des deutschen Geschichtsbildes" ein. Während die DDR durch Historiker-Kollektive ein ideologisches neues Geschichtsbild erstellte, legte man in der Bundesrepublik größten Wert darauf, kein Geschichtsbild zu haben, da man es nicht „machen" könne Aber sowohl in der DDR als auch in der BRD entging man nicht der Gefahr, aus der politischen Wünschbarkeit der Gegenwart eine bestimmte Sichtweite in die Vergangenheit zurückzuprojizieren. Geschichte sollte vornehmlich unter dem Aspekt des Klassenkampfes oder dem der Demokratie betrachtet werden. Der Auftrag an den Geschichtsunterricht lautete eine Zeitlang: „Bewältigung der jüngsten Vergangenheit". Diese Bewältigung sollte durch „Zeitgeschichte" erfolgen. Aber erst Anfang der sechziger Jahre bemerkte man, daß Zeitgeschichte nicht aus sich politische Bildung erbringt. Man vergleiche dazu das obige Zitat von Messerschmid über den begrenzten Beitrag der Fachwissenschaften. Rudolf Raasch wollte mit seinen Befragungen bei Gymnasiasten beweisen, daß die in der Schule betriebene Zeitgeschichte durch weitgehende oder völlige Ausklammerung von tradierten Begriffen wie „Vaterland", „Nation", „national" ein . Vakuum'ergeben hätte und als Kompensation nun erst recht eine nationale Haltung bei den Schülern entstanden sei. Eugen Lemberg hat ebenfalls wiederholt diese These vertreten, insbesondere in Band II seines Werkes „Nationalismus" in dem er aufgrund seiner Theorie, daß es Nationalismus immer gegeben habe und immer geben werde, die psychologische und soziologische Notwendigkeit der „Hingabe und Bindung an Groß-gruppen" als Inhalt politischen Engagements für Jugendliche erklärt. Weiterhin möchte Lemberg „Ostkunde" zum Inhalt einer materialen politischen Bildung anstelle einer bisher nur formalen machen

Die Übernahme bestimmter Inhalte aus der Geschichte in die politische Bildung scheint aber nicht mehr unumstritten möglich zu sein. Die bereits zitierte Kommission zur Beratung der Bundesregierung in Fragen der Politischen Bildung kam zu dem Ergebnis, daß es derzeit keine faßbare Konzeption der Politischen Bildung gäbe. Dr. Tormin stellte in-jener Diskussion zu einer Bemerkung von Professor Rothfels fest, „die Praktiker der politischen Bildungsarbeit hätten die Notwendigkeit einer Grundkonzeption schon früh als sehr dringend empfunden. In zahlreichen und intensiven Bemühungen habe man sich mit dieser Frage auseinandergesetzt; zu einer gültigen Lösung sei es jedoch nicht gekommen. Unter diesen Umständen müßten die gestellten Aufgaben pragmatisch angegangen werden. Die Frage nach einer Gesamtvorstellung von Politik und Gesellschaft sei zur Zeit nicht beantwortbar." Professor Hennis vertrat hierzu die Auffassung, „daß eine solche Gesamtkonzeption überhaupt nicht realisierbar sei. Sie widerspreche einfach dem Wesen von Politik, die ja die ständige Reaktion auf Lagen sei und nicht Ausführung eines theoretischen Programms . . . Der Entwurf eines Gesamtkonzepts der Politischen Bildung — wie ihn vielleicht auch die

Bundesregierung von der Kommission erwarte — scheine ihm daher nicht möglich zu sein." Nun gilt allerdings die Aussage von Hennis nicht schlechthin, denn es gibt ja durchaus Auffassungen, die Politik als Ausführung eines Programms oder einer Ideologie ansehen, nur eben ist es nicht die unsrige. Wir haben aber gesehen, daß es auch in unserer Vergangenheit im deutschen Staate Zeiten gegeben hat, in der man zu einer bestimmten Konzeption hin erziehen wollte, in der man zu einem guten Patrioten erziehen wollte. Das aber wird heute nicht mehr akzeptiert und ist heute nicht mehr möglich Also kann auch Geschichtsunterricht nicht inhaltlich von sich aus zur Politischen Bildung führen, auch Zeit-geschichte nicht. Die täglichen Ereignisse beweisen es: Studenten werfen der Schule und der Hochschule einerseits vor, die Gegenwart sei trotz aller Zeitgeschichte falsch gestaltet, benützen aber andererseits Argumente aus der Zeitgeschichte: Die Bilder von Rosa Luxemburg und anderen revolutionären Helden zeigen, daß ihre Vorstellungen aus der Zeit-geschichte stammen.

III. Lernen aus der Geschichte?

Die Diskussion spitzt sich auf die Frage zu: Können wir aus der Geschichte lernen? Kann Geschichtsunterricht politische Bildung ergeben? Lernen meint doch wohl in diesem Zusammenhang, politisch lernen, besser für das nächste Mal zu handeln, Fehler, die gemacht wurden, nicht wiederholen. Was sagt die geschichtliche Erfahrung dazu?

Luther meinte, die „Chroniken und Historien" seien „wundernütze", den Lauf der Welt zu erkennen. Die Geschichte war ihm ein Spiegel, darauf die Menschen die Welt erblicken und „dazu witzig und weise werden aus denselben Historien . . .". Wolle man die Erfahrungen, die uns die Geschichte bietet, durch eigene Erfahrungen machen, so würde dazu unser Leben nicht ausreichen, sagte er. Ich nenne das die „stellvertretende Funktion" des Geschichtsunterrichts: wissen, was menschenmöglich ist, das heißt, das Menschenbild realistisch sehen. In der Aufklärung entdeckte man das genetische Prinzip in der Geschichte; dadurch wurde sie zur zwangsläufigen Stufenleiter, die zum optimalen Ziel einer Endstufe menschlicher Entwicklung auf vernünftigem Wege führt. Die Französische Revolution wollte dieser Entwicklung nachhelfen, und Marx bildete daraus das logische Gesetz einer determinierten Geschichte. Die Romantiker erblickten in einer längst vergangenen Zeit, die zum Ideal verklärt wurde, das Vorbild für die Politik und wollten Vergangenes wiederherstellen (Restauration). Jakob Burckhardt aber sah in der Heraufkunft des Nationalismus — ähnlich wie Grillparzer — den Untergang der Kultur; , Macht'war ihm an sich böse.

Das Fazit dieser Geschichtsbetrachtungen ist, um es pointiert zu sagen: Man lernt immer nur das aus der Geschichte, was man lernen will oder soll! Ähnliches wurde im ersten Kapitel gelegentlich der Geschichte des Geschichtsunterrichts bereits angedeutet: Die Wilhelminische Zeit versuchte in einer Zeit mit demokratischen Tendenzen in Europa, völlig unzeitgemäß dennoch in Deutschland das monarchische Prinzip als Gottesgnadentum zu restaurieren und zu konservieren, einen Hohenzollern-Mythos zu entwickeln, um zu beweisen, daß die Geschichte geradewegs auf diese preußisch-deutsche Gegenwart hingeführt habe. Die Weimarer Zeit versuchte, nationale, demokratische und pazifistische Geschichte zugleich zu lehren und verlor damit ihr Profil. Hitler ließ aus der Geschichte nur die kämpferischen Helden von Armin dem Cherusker bis Horst Wessel gelten. Und auch er griff, wie Wilhelm II., persönlich in den Geschichtsunterricht ein, hatte er doch in Mein Kampf darüber ein eigenes Kapitel geschrieben. Geschichte war also immer als Unterricht und auch als Wissenschaft „Magd der Politik".

Gern hat man auch von den „Analogien" in der Geschichte gesprochen. So schrieb Johann Gustav Droysen über Alexander den Großen und sah in den Makedoniern die Preußen der Antike. Für Spengler war in Analogie zur spätrömischen Kaiserzeit seine Gegenwart eine Verfallszeit — was Ludwig Klages und Hans Sedlmayr für die Anthropologie und Kunstwissenschaft nachvollzogen. Wagner und Nietzsche wollten aus dem germanischen My-thos eine neue Kultur für das 19. und Hitler und Alfred Rosenberg für das „XX. Jahrhundert" schaffen. Immer und immer wieder sollte Politik als Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft durch die Geschichte geformt werden.

Echte Analogien, die schlüssig sind, gibt es nicht in der Geschichte, so lehrte der Historismus. Wittram hat wiederholt davor gewarnt, denn jede geschichtliche Situation sei je wieder eine andere und lasse sich niemals mit einer früheren vergleichen Können wir also nichts lernen aus der Geschichte? Ist der Historismus heute noch zeitgemäß in seiner rein individualisierenden Auffassung?

IV. Politik und Geschichte

Die Herausarbeitung des einmaligen, einzigartigen und unwiederholbaren Faktums als Aufgabe der Geschichtswissenschaft hat zu einem Spezialistentum geführt, so daß keine großen Gesamtdarstellungen mehr gelingen konnten. Hängt man weiterhin diesem historischen Prinzip nach, so kann in der Tat die Geschichte, dem Nur-Einzelnen verhaftet, der Politik und der Politischen Bildung kaum einen Beitrag liefern, da ja auch die Situation und die Lage jeweils in der Politik anders ist und der Politiker und der Aktivbürger jeweils anders darauf reagieren müssen. Wenn wir aber die jüngste Entwicklung der Geschichtswissenschaft und auch der Geschichtsdidaktik verfolgen, so wird ein Verlassen der Position des extremen Historismus deutlich. Die reine Ereignisgeschichte tritt zurück in ihrer Bedeutung gegenüber einer Verlebendigung und einem Ausweis von geschichtlichen Strukturen, die der geschichtlichen Wirklichkeit in ihrer Komplexität und Verästelung, in ihrem Ubergreifen auf alle Lebensgebiete des sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens nahe-kommen und die inneren Baugesetze’ transparent machen sollen.

Werner Conze und Theodor Schieder haben in ihren Forschungsgebieten auf diese neue Form geschichtlicher Forschungsmethodik hingewiesen. Auch Paul Kluke machte zum Verhältnis Geschichtswissenschaft—Politi-sehe Bildung entsprechende Ausführungen

Bei seiner Aufgabe, die Funk-Hörer exemplarisch in die Arbeitsweise der Geschichtswissenschaft einzuführen, wählte er nicht, wie es noch Heimpel in seinen großen Vorlesungen über deutsche Geschichte im Norddeutschen Rundfunk 1955 getan hat, den erzählenden Bericht über die Zeiten hinweg unter gleichzeitiger Herausarbeitung der großen Tendenzen (Ideen), sondern er beschränkte sich auf eine Epoche und auf ein politisches Grundproblem:

„Geschichte ist ... auch Erzählung um der Erzählung willen, und eben doch viel mehr, sie ist ein Ringen um die Probleme, die uns alle existentiell betreffen . . . Und zudem wurde der Geschichte schon sehr früh eine besondere Aufgabe zugeschrieben: die unmittelbar belehrende ... So gern ein solcher Anspruch . bestritten wird, sollten wir uns vergegenwärtigen, daß doch eine ganze Wissenschaft darauf aufbaut . . . die Politik-Wissenschaft . . .

Das Funk-Kolleg dieser Reihe, das an den politischen Verhältnissen Englands seit dem 17. Jahrhundert allgemeine Einsichten in die Voraussetzungen und das Wesen des Parlamentarismus vermittelt hat, ist ein schönes Beispiel dafür." (S. 9 f.)

Warum er das Thema „Außenpolitik in Deutschland" gewählt hat, begründet er politisch und nicht historisch, aber letzthin soll dadurch Geschichte transparent werden, denn nun kann sie wieder einen Beitrag zur Politischen Bildung leisten: „So verwirrend nun außenpolitische Ereignisse in den Verwicklungen eines bestimmten Fragenkomplexes sein mögen, es bleiben in ihnen doch gewisse Konstanten bestehen, die über lange Zeiträume hinweg uns immer wieder begegnen." (S. 17) Als solche Konstanten werden genannt: Staat, Volk, Nation, Nationalstaat, Nationalität, Selbstbestimmung.

Mit dieser Konzeption haben wir den Historismus hinter uns gelassen. Es ist offensichtlich, daß der politische Beitrag einer Geschichtswissenschaft dieser Art bedeutender und umfangreicher sein kann als zuerst angenommen. Versuchen wir, einen Katalog von Merkmalen zusammenzustellen.

1. Geschichtsunterricht kann — auch schon in der Mittelstufe aller gegenwärtigen Schularten bei einer gewissen intellektuellen Beanspruchung der Schüler — Strukturen als Konstanten in der Geschichte herausarbeiten, die zugleich Grundbegriffe der Politik sind und dadurch politische Grundeinsichten vermitteln.

2. Unter Politischer Bildung kann man einen Vorgang in drei Stufen verstehen

Erste Stufe:

Information (Übermitteln von Kenntnissen);

Zweite Stufe:

Einsicht (Urteilsbildung aus Erkenntnis);

Dritte Stufe:

Entscheidung und Handeln (Bekenntnis, Wekkung des Willens zum Handeln).

3. Die Art des methodischen Vorgehens und die Zielrichtung in der Politischen Wissenschaft und in der Geschichte sind jeweils andere. Will Geschichtswissenschaft Zusammenhänge erfassen und den Sinn von Situationen und Ereignissen verstehen, so will die Politikwissenschaft punktuelle Analysen durchführen

4. Politik und Geschichte ereignen sich überall dort, wo der Wille von Individuen oder Gruppen aktiv auf Einwirkung oder auf Veränderung der Umwelt ausgerichtet ist. 5. Man hat nach elementaren und fundamentalen Kategorien der Politik und damit auch der Politischen Bildung gesucht und jeweils angeführt: Macht, Partnerschaft, Gemeinwohl (bonum communae des Mittelalters), Freiheit und Konrolle der Macht, Konflikt und Ordnung, Menschenwürde Daran wurde kritisiert, daß stets die Gefahr bestehe, die Basis könne nur durch einen Begriff als Grundkategorie zu eng werden.

6. Geschichte wird gern als das Feld der Entscheidung und Bewährung bezeichnet (so auch Kluke, a. a. O.). Um nicht einem Dezisionismus zu verfallen, sollte man zum geschichtlichen Grundbegriff der „Tat" den aus dem Mittelalter stammenden der „Widerfahrnis" hinzufügen

Zusammenfassend muß nach dem jüngsten Stande der Diskussion gesagt werden, daß wohl alle Bemühungen, den Beitrag der Geschichte und des Geschichtsunterrichts zur Politischen Bildung inhaltlich materiell oder gar normativ zu fassen, heute an unserer Auffassung einer offenen Struktur Politischer Wissenschaft und des politischen Handelns als eines pragmatischen und völlig undoktrinären scheitern müssen. Der Beitrag kann daher wohl nur im folgenden liegen:

Erstens: Geschichte vermittelt Fakten in möglichst objektiver Form als Voraussetzung und als Arbeitsmaterial für politische und politologische Analysen und Entscheidungen (Information).

Zweitens: Geschichte gibt Grundbegriffe der Politik in ihrer elementaren Form und Strukturen als formales Material.

Drittens: Geschichte könnte vielleicht heute doch eine Konzeption anbieten — was von den Diskussionsrednern der Kommission für die Politik-Wissenschaft verneint wurde —: die Konzeption einer „Weltgeschichte".

V. Geschichte als Information

Eines muß deutlich sein: Die Information — also die „erste Stufe" — kann immer nur Gelegenheit geben für politische Bildung, kann nur Angebot sein. Hierzu eine Stellungnahme von Gottfried Leder, die zunächst etwas befremdend klingen mag: „Angesichts des Problems der Bildung müssen wir Abschied nehmen von der Vorstellung, daß alles machbar sei. Politische Bildung ist ihrem Wesen nach Ereignis, nicht Veranstaltung . . . Veranstal-tungen schaffen stets nur Anlässe und damit Möglichkeiten zu politischer Bildung. Sie sind jedoch nicht imstande, politische Bildung gleichsam als vorausberechenbares Ergebnis zu . produzieren'." Die beiden ersten Stufen „Information" und „Einsicht" schaffen also nur Voraussetzungen für ein besseres politisches Verständnis 28). Aufgabe und Möglichkeiten des geschichtlichen Unterrichts als Beitrag zur Politischen Bildung sollten daher wesentlich in sachgerechter, stoffgedrängter und transparenter Information und im üben von Urteilsbildung gesehen werden. Darüber hinaus kann das Transparentmachen von Strukturen erstrebt und in höheren Schuljahren in gradueller Verschiedenheit je nach der Entwicklungsphase der Schüler auch erreicht werden.

Der Beitrag des Geschichtsunterrichts kann heute nicht mehr in Unmittelbarer, inhaltlicher Art, sondern nur in formaler, struktureller Art gesehen werden. (Das „nur" gilt dabei nicht als abwertend Geschichte trägt nicht durch Inhalte oder inhaltliche Aussagen zur Politischen Bildung bei, sondern eher durch Haltungen. Geschichte ist aber ganz allein kompetent für drei wichtige Voraussetzungen politischer Bildung — und so hat es wohl auch Kluke in seiner Einleitung gemeint, wenn er davon spricht, daß die Politik-Wissenschaft auf der Geschichte „aufbaut":

Erstens: Sie gibt sachlich'richtige Fakten (nach unserem Verständnis von Wissenschaft!). — Ich zitiere noch einmal Gottfried Leder: „Die Fähigkeit und Entschlossenheit des Menschen, eine Sache vor allem so zu sehen, wie sie ist, kennzeichnet eine erste Verhaltensweise, die für politische Bildung von grundlegender Bedeutung ist. Nur diese Haltung der Sachlichkeit ermöglicht Sachgerechtigkeit . . . Die Hin-führung zur Sachlichkeit soll ihrerseits die Fähigkeit und Entschlossenheit fördern, Konflikte sachgerecht auszutragen" (a. a. O., S. 194).

Zweitens: Politische Grundbegriffe werden am treffendsten und am einprägsamsten dann erklärt, wenn sie, bzw. die damit bezeichneten Phänomene, in der Geschichte in ihrer Ursprungssituation zum erstenmal auftreten.

Darin liegt zum Beispiel der ungemein bildende Wert der Kenntnis des Griechentums für die moderne Demokratie, weil dort Begriffe wie „Polis“, „Demokratie", „Freiheit"

die Elemente ihrer politischen Bedeutung im Ursprung zeigen, noch besser als in der englischen Geschichte 29a).

Drittens: Geschichte kann deutlich machen, wie es geworden ist; sie zeigt die Entwicklung auf. Die einzige angemessene Form, Ursachen für politische Situationen und Phänomene, Probleme und Konflikte aufzuzeigen, ist die Zurückführung auf die geschichtlichen Wurzeln, auf ihre Entwicklung. Eine andere Kausalität kann es auf diesem Fachgebiet nicht geben. Das Kennzeichen für diese Verfahren ist, daß wir einen Wirkungszusammenhang erst im Nachhinein erkennbar machen können. Friedrich Schlegel sagte bekanntlich, der Historiker sei ein rückwärts gewandter Prophet, und nach Hegel tritt die Eule der Minerva ihren Flug erst in der Dämmerung an. Ob unter „viertens" der Historiker auch ein vorwärts gewandter, also ein echter Prophet sein kann, muß trotz mancher Bemühungen um eine historische Futurologie seit Oswald Spengler vorerst noch offenbleiben Immerhin sind jene aus der Fülle des geschichtlichen Anschauungsmaterials entwickelten Grundbegriffe Abstrakta, die eine politisch reale Bedeutung haben und in die Zukunft hineinreichen können; so etwa die schon genannten wie Macht, Partnerschaft, Gemeinwohl, Freiheit, Konflikt, Haltung, Entscheidung, Bewährung, Entwicklung, Zusammenhang; aber auch andere wie Monarchie, Königtum, Republik, Demokratie, Parlamentarismus, Despotie, Diktatur usw.

VI. Geschichte als Weltgeschichte

Daß Geschichte Ausformungen eines bestimmten Arsenals solcher Begriffe und Ideen oder Tendenzen (Ranke) zeige, setzen die unter der Leitung von Hörst Schällenberger erarbeiteten neuen Richtlinien von Nordrhein-Westfalen (1968) voraus. Dort gibt es nur noch das Bindestrich-Fach „Geschichte/Politik". In der Einleitung zu diesen Richtlinien zum Geschichts-unterricht an den Hauptschulen heißt es: „Durch kritisch geprüfte Anschauung wird der politische Sinn gebildet. Die Arbeit in der Hauptschule im Fachgebiet Geschichte/Politik soll in Auseinandersetzung mit der Verwirklichung des Menschen in der Geschichte und Gegenwart eine politische Bildung bewirken, die auf Vergegenwärtigung der politischen Sachverhalte und eines sachgemäßen politischen Verhaltens und Handelns abzielt." Es wird der großartige und noch recht kühne Versuch gemacht, die gesamte Gesellschaftslehre und alle politischen Möglichkeiten und Grundformen an der Geschichte exemplarisch zu verdeutlichen. Hier wird die These von der Geschichte als Bewährungsfeld wahrgemacht, aber vor allem auch die These, Geschichte sei Weltgeschichte, wie sie Alfred Heuss und Wilhelm Münter vertreten Diese Konzeption der Weltgeschichte als eines Geschichtsbildes von dialektischer Kontinuität unseres Kulturkreises von Sumer bis zur Gegenwart liegt dem Lehrplan zugrunde Als Methode wird im Lehrplan von Nordrhein-Westfalen das exemplarische Prinzip praktiziert, indem jeweils an den großen Epochen bestimmte politische Formen und Formationen sowie soziologisch-politische Strukturen aufgezeigt werden. Dabei bleibt für die deutsche Geschichte als Rechtfertigung nur noch das Argument, sie sei das „repräsentative Untersuchungsobjekt" und der „traditionsgebundene Standort des Schülers" (Prof. Beeck-Wuppertal in einem Vortrag in Volmarstein).

Die Geschichte wird daraufhin untersucht, wieweit in ihr Begriffe (Ideen, Ideologien, Tendenzen), die in der Gegenwart noch gewisse Bedeutung haben, verwirklicht wurden oder gewirkt haben. Alfred Heuss hat in seinem o. a. Buch (1968) auf Max Webers „Idealtypen" hingewiesen, die dieser ja nicht als typisierte oder idealisierte Personen, sondern als verdichtete Strukturen, Ausformungen oder Verwirklichungen auffaßte. Durch Herausarbeiten solcher Strukturen kann man Phänomene verdeutlichen und miteinander vergleichen. Das hat einen eminent politisch bildenden Effekt. Es gibt — nach Klafki — Individualitäten, die Abbildcharakter haben, repräsentativ sind.

Die Konzeption der Menschen-und Menschheitsgeschichte als Weltgeschichte ist schon an sich ein Beitrag zur Politischen Bildung. Ein solches Geschichtsbild war von jeher die katholisch-christliche Konzeption, aber auch in säkularisierter Form die idealistisch-aufklärerische und wohl auch die eigentlich marxistische. Die erste geht aus von der Auffassung, daß es sich bei der Weltgeschichte als Heilsgeschichte um die Schöpfung Gottes handelt, die anderen davon, daß es um die Entfaltung der Humanität gehe. Wohl alle fassen das Ganze der Weltgeschichte als Hinführung zum Frieden auf, sicherlich für uns heute eine bemerkenswerte politische Kategorie! Man erhofft eine Überwindung des Nationalismus In der Schulpraxis bedeutet das nach den geltenden neuen Richtlinien in allen Bundesländern bereits jetzt, daß in der Mittelstufe, das heißt in den Klassen 5 bis 9 bzw. 10 aller Schulgattungen, im einmaligen Durchgang die Weltgeschichte als ein Ganzes behandelt wird: Ausgehend von der Urzeit ohne eine Differenzierung in Völker oder Nationen führt der Weg über die frühen Hochkulturen, die erste „Weltreiche" bilden, zu den Völkern am Mittelmeer der Antike, die das Imperium Romanum entstehen lassen, das ja auch nicht national ausgerichtet war, über das anationale christliche Reich des Mittelalters, dessen Wiederaufrichtung Karl V. vergeblich versuchte, zu der erst seit dem 17. Jahrhundert einsetzenden Entstehung der modernen Welt als eines Systems von „Nationalstaaten" Europas, die ihre Imperien im gegenseitigen Kampf der Weltkriege unseres Jahrhunderts selbst zerschlugen.

Nationalstaat und Nationalismus sind also recht junge Erscheinungen, und auch die Geschichtsschreibung war noch bis ins frühe 19. Jahrhundert „Weltgeschichts-Schreibung".

Ein Geschichtsunterricht in dieser Konzeption kann der Politischen Bildung dienen, ohne seinen facheigenen Charakter aufzugeben.

Fussnoten

Fußnoten

  1. In: Die Sammlung, 13. Jg. 1958, S. 255— 264, und Westdeutsche Schulzeitung, 68. Jg. 1959, S. 226— 228, 246— 249.

  2. Ernst Weymar, Das Selbstverständnis der Deutschen, Stuttgart 1961; Horst Schallenberger, Das Geschichtsbild der Wilhelminischen Ara und der Weimarer Republik, Ratingen 1964.

  3. Hermann Heimpel, Kapitulation vor der Geschichte?, Kleine Vandenhoeck-Reihe 27/27 a; Alfred Heuß, Verlust der Geschichte, Kleine Vandenhoeck-Reihe 82; Reinhard Wittram, Das Interesse an der Geschichte, Kleine Vandenhoeck-Reihe 59/60.

  4. In: Nation und Demokratie in unserer Zeit, Mainz 1969, S. 38.

  5. In: Nation und Demokratie in unserer Zeit, S. 20.

  6. Neuwied 1964.

  7. Theodor Wilhelm, Theorie der Schule. Hauptschule und Gymnasium im Zeitalter der Wissenschaften, Stuttgart 1967, S. 52.

  8. Vgl.den Bericht über die 27. Versammlung deutscher Historiker in Freiburg/Breisgau (= Beiheft zur Zeitschrift Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Stuttgart 1969); dort insbesondere die Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Alfred Heuß, Die Möglichkeiten einer Weltgeschichte heute, dessen Wortlaut sowohl in der Zeitschrift Saeculum 19 (1968), Heft 1, als auch in dem Sammelband: Zur Theorie der Weltgeschichte, Berlin 1968, erschienen ist.

  9. Zwar gibt es schon einen von Ingenkamp bearbeiteten zweiteiligen „Geschichtstest" zur Prüfung geschichtlichen Schülerwissens, aber meines Wissens noch keine Programme für den Geschichtsunterricht, was mir der Leiter des Zentrums für neue Lernverfahren der Universität Tübingen, Professor Dr. Walther Zifreund, bestätigte.

  10. In: Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung, 5/69.

  11. Erich Weniger/Die Grundlagen des Geschichtsunterrichts, Leipzig 1926. Vgl. dazu auch Heinrich Ritter von Srbik, Geist und Geschichte, 2 Bände, München — Salzburg 19642.

  12. Vgl. zu dieser Frage einer „Indienststellung der Historie" und des „Zeitgeistes" K. D. Erdmanns Vortrag auf dem Freiburger Historikertag 1967: Geschichte, Politik und Pädagogik — aus den Akten des Deutschen Historikerverbandes, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 1968,

  13. Zit. nach Ludwig Pesch, Die west-östliche Nation, Stuttgart 1965, S. 149 f.

  14. Hans-Günther Assel, Kritische Gedanken zu den Denkansätzen der politischen Bildung, B 31/69 v. 2. August 1969, und Erwin Schaaf, Ordnung und Konflikt als Grundprobleme der politischen Bildung, B 1/70 v. 3. Januar 1970, die sich bereits mit der als die modernste „Didaktik der politischen Bildung" angesehenen Arbeit von Hermann Giesecke (Konflikttheorie) kritisch auseinandersetzen.

  15. Die deutsche Unruhe. Ursachen — gegenwärtige Situation — Folgerungen für die politische Bildungsarbeit, B 3/70 v. 17. Januar 1970.

  16. Die Bemühungen des Verfassers um ein „deutsches Geschichtsbild", in manchen Formulierungen wohl etwas ungeschickt, aber in dem Vorsatz unternommen, keine Tabuisierung der deutschen Geschichte als Geschichte einer Nation aufkommen zu lassen, trugen ihm neben manch gar nicht beabsichtigter Anerkennung (z. B. Abdruck ohne Wissen des Vers, in den „Burschenschaftlichen Blät

  17. In: Rowohlts Deutsche Enzyklopädie, 2 Bde Ich habe mich mit seinen Thesen auseinandergesetzt in meinem Aufsatz: Nationalismus und politische Bildung, in: Der freie Bürger (Beilage zur Staats-zeitung Rheinland-Pfalz) 1967, und in: Pädagogische Arbeitsblätter 1967 (Beilage zur Süddeutschen Lehrerzeitung).

  18. In: Ostkunde, Hannover 1966. — Vgl. dazu jetzt kritisch Caesar Hagener, Zum Beispiel Ostkunde, in: Westermanns Pädagogische Beiträge, 21 Jg., 1969, S. 1 ff., und eine sich daran in derselben Zeitschrift anschließende Diskussion.

  19. Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3/70, S. 28.

  20. Vgl. dazu meinen Beitrag: Nation und Demokratie — ein pädagogisches Problem unserer Zeit, in: Nation und Demokratie in unserer Zeit, Mainz 1969.

  21. Vgl. Reinhard Wittram, Das Interesse an der Geschichte. Kleine Vandenhoeck-Reihe Nr. 59/60.

  22. Vgl. Theodor Schieder, Geschichte als Wissenschaft, München 1960, und ders., Das deutsche Kaiserreich von 1871 als Nationalstaat, Köln-Opladen 1961. — Geht es im ersten Buche um die gegenwärtige historische Methode, so im zweiten nicht um die Ereignisgeschichte, sondern um das nationalstaatliche Bewußtsein. Eine ähnliche Problematik zeigt auch Werner Conze auf: Die deutsche Nation. Ergebnis der Geschichte, Göttingen 1963.

  23. In: Neuere Geschichte. Deutsche Außenpolitik im Zeitalter des Nationalstaates, Fischer-Bücherei, Funk-Kolleg Bd. 5 (1969).

  24. Vgl. mein Buch: Geschichtsunterricht in der Volksschule, München 19642, Kapitel „Geschichtsunterricht und politische Bildung".

  25. Vgl. dazu Hans Mommsen, Politische Wissenschaft und Geschichtswissenschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46/63.

  26. Zu den drei letzten Begriffen vgl. besonders: Hermann Giesecke, Didaktik der Politischen Bildung, München 1965; Erwin Schaaf, Ordnung und Konflikt als Grundprobleme der politischen Bildung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 1/70; Wolfgang Hilligen, Vorschläge für didaktische Kategorien zur Strukturierung von Inhalten und Intentionen der politischen Bildung, in: Die deutsche Unruhe. Protokoll, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3/70, S. 20 ff.

  27. Vgl. in meinem o. a. Buch das Kapitel „Tat und Widerfahrnis".

  28. In: Contact. Bildungspolitisches Forum der Wirtschaft, 7. Jg. 1967, Heft 4, S. 296.

  29. Um kritische Einwände vorwegzunehmen: Diese Stufen sind nur wegen der logischen Klarheit getrennt aufgeführt worden, in praxi muß man sie weder in zeitlicher noch in sachlicher Abgrenzung sehen, sie können ineinander übergehen; es können eventuell auch nur Stufe 1 oder 2 erreicht werden.

  30. Vgl. dazu auch Reinhard Wittram, Zukunft in der Geschichte. Zu Grenzfragen der Geschichtswissenschaft und Theologie, Kleine Vandenhoeck-Reihe 235/236.

  31. In: Grundsätze, Richtlinien, Lehrpläne für die Hauptschule in Nordrhein-Westfalen (= Schriftenreihe des Kultusministers, Heft 30), Wuppertal-Ratingen-DüsSeldorf 1968, B 4/1 f.

  32. Wilhelm Münter, Zeitgemäßer Geschichtsunterricht, München 1967; Alfred Heuss, Zur Theorie der Weltgeschichte, Berlin 1968.

  33. Nach dieser Konzeption ist auch des Verfassers „Handbuch für den Geschichtsunterricht an Haupt-und Realschulen" aufgebaut. Bd. II (1770— 1890)

  34. Vgl. zum Friedensproblem in pädagogischer Sicht: Karl Friedrich Roth, Erziehung zur Völkerverständigung und zum Friedensdenken, Donauwörth 1967. Aus der Sicht der Politikwissenschaft und der Soziologie: Ekkehard Krippendorff (Hsg.), Friedensforschung, Köln 1968. Skeptisch gegenüber einer baldigen Überwindung des Nationalismus kürzlich Hans Kohn, Nationalismus und Integration: 1949 und 1969, in: Integration, Vierteljahreshefte zur Europaforschung 4/1969, S. 275— 292; vgl. aber auch Dieter Senghaas, Die Erziehung zum Frieden in einer friedlosen Welt, in: Die Neue Sammlung, 9. Jg„ 1969, Heft 2, S. 130— 139.

Weitere Inhalte

Wolfgang Schlegel, Dr. rer. cult., geb. 1912, Professor für Geschichte und Didaktik des Geschichtsunterrichts an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz,