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Der Kommunismus in Asien | APuZ 5/1970 | bpb.de

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APuZ 5/1970 Die Sowjetkommunisten und die Konvergenztheorie Der Kommunismus in Asien

Der Kommunismus in Asien

Oskar Weggel

/ 43 Minuten zu lesen

I. Der Kommunismus im asiatischen Kräfteparallelogramm

Abbildung 3

An der Partie, die sich auf dem Schachbrett des vielfältigen Kontinents Asien abspielt, sind seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zahlreiche Personen und Ideen beteiligt, die sich in ihrer Vielfalt kaum auf einen einzigen Nenner bringen lassen. Der Kommunismus macht in diesem Kräfteparallelogramm nur ein einzelnes Bündel aus. Neben ihm wirken Neutralismus, Nationalismus sowie ein gewisser „Globalismus", der sich in der Rolle der Vereinten Nationen manifestiert, gar nicht zu reden von dem Einfluß der Großmächte, die mit mehr oder weniger geringem Erfolg das eine oder andere Land in ihr „östliches" oder „westliches" Lager zu ziehen versuchen Aber selbst in dieser verhältnismäßig eingeengten Position gibt es kaum den Kommunismus, der sich als Inbegriff einer einheitlichen Bewegung ausgeben dürfte: Hat doch die Kettenreaktion, die seit Stalins Tod den „Weltkommunismus" immer stärker aufsplittert, auch vor Asien nicht haltgemacht: Allzu verschiedenartig sind dort die kulturellen, rassischen, sprachlichen und sozialen Gegebenheiten. Alles in allem war es aber nicht nur die sozio-kulturelle Umwelt, die dem kommunistischen Polyzentrismus in Asien Vorschub leistete, sondern vor allem auch der Aufstieg Rot-Chinas zu einem zweiten kommunistischen Mekka und der daraus entstehende Konflikt zwischen Peking und Moskau, dessen Auswirkungen unten noch näher darzulegen sind.

Der Kommunismus hat sich damit nicht nur „orientalisiert" sondern schillert bereits in noch differenzierteren Abstufungen: Möglicherweise wird die Koreanisierung und Vietnamisierung eines Tages semantisch genau so möglich sein wie die schon heute überall akzeptierte „Sinisierung“ des Kommunismus. Gerade das nordkoreanische Beispiel mag eine eindrucksvolle Illustration davon geben, wie ein Staat nach und nach seine Handlungsfreiheit zurückbekommen kann: Von 1945 bis 1949 reagierte es gehorsam auf jeden Wink

Stalins, schwenkte aber dann nach dem KoreaKrieg ebenso vorbehaltlos ins Lager Pekings. Nach dem Bruch zwischen Moskau und Peking machte es sich eine Haltung der „passiven Neutralität" zu eigen, bei der es sich geschickt jeder Parteilichkeit und jeder eigenen Stellungnahme entzog. Nach 1961 fand die nord-koreanische Parteiführung dann den Mut zu selbstbewußtem ideologischen Eklektizismus und damit zu einer „aktiven Neutralität"

Diese gerade in Asien so bemerkenswerte Aufspaltung der einst so monolithischen und homogenen kommunistischen Bewegung in einen schillernden Pluralismus ist vielleicht „die bedeutungsvollste und nachhaltigste Auswirkung des historischen Kampfes in der kommunistischen Welt" Unter diesen Umständen ist es fast unmöglich, von einem „asiatischen Kommunismus" zu sprechen. Nur mit großer Vorsicht seien deshalb einige Phänomene angedeutet, deren gemeinsamer Nenner vor allem in dem Schicksal liegt, das allen vorindustriellen Gesellschaften im Laufe ihres Umbruchs eigen ist und das deshalb auch auf den Charakter des Kommunismus abfärbt.

Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Internationale Solidarität wird dieser Beitrag als Vorabdruck aus Bd. 7 der Schriftenreihe des Instituts veröffentlicht. Der Band erscheint in Kürze unter dem Titel „Kommunistische Herrschaftssysteme in Theorie und Wirklichkeit" im v. Hase & Koehler-Verlag, Mainz.

II. Die kommunistischen Parteien Asiens

Die kommunistischen Parteien Asiens

1. Ihre Stellung in den einzelnen Staaten In den zwanzig Staaten, die hier untersucht werden hat der Kommunismus beträchtlich abgestufte Chancen: In vier Ländern bildet er die Ideologie der Regierung, in fünf Staaten spielen die kommunistischen Parteien eine wichtige Rolle im Willensbildungsprozeß und in weiteren elf Staaten schließlich lebt der Kommunismus in der Illegalität.

a) Die Staaten, die kommunistisch regiert werden (Volksrepublik China, Nordkorea, Nordvietnam, Mongolische Volksrepublik), stellen sich geopolitisch als kompakter kontinentaler Block dar, dessen geographischen Umrissen die Insel-und Halbinselgruppen Japan, Südkorea, Formosa, die Ryukyus, die Philippinen, Südvietnam, Malaysia und Thailand als maritime pro-westliche Front vorgelagert sind. Soweit diese Frontlinie Lücken aufweist, werden diese durch eine weitere Kette neutral orientierter Staaten (Indien, Ceylon, Birma, Indonesien und Kambodscha) ausgefüllt. Keiner von den vier kommunistisch regierten Staaten weist die sozio-kulturellen Voraussetzungen auf, die Marx für ein kommunistisches Regime postuliert hat. Trotzdem ist die Kontinuität der kommunistischen Parteien dort nicht unbeträchtlich: Sie wurden in den zwanziger und dreißiger Jahren gegründet (Äußere Mongolei: 1920, China: 1921, Korea: 1925, Vietnam: 1930) und haben in den vierziger und fünfziger Jahren die Macht im Staat übernommen (China: 1949, Nordkorea: 1945, Nordvietnam: 1954). Die Äußere Mongolei macht hier eine gewisse Ausnahme, da sie sich bereits 1921 als Volksrepublik und erster kommunistischer Staat Asiens etablierte.

b) In Indien, Ceylon, Laos, Kambodscha und Japan haben sich die kommunistischen Parteien in der Legalität behaupten können, vermögen aber freilich — von Laos abgesehen — nur eine regional sehr begrenzte Rolle zu spielen. c) In den übrigen elf Staaten (Birma, Indonesien, Malaysia, Nepal, Südvietnam, Südkorea, Pakistan, Philippinen, Singapore, Taiwan und Thailand) mußten die lokalen kommunistischen Parteien in die Illegalität untertauchen, wo sie sich — von Taiwan und Südkorea abgesehen — zum Teil recht wirksam arrangieren konnten. 2. Die einzelnen Probleme der kommunistischen Parteien a) Illegalität 13 von 19 kommunistischen Parteien sind vor dem Jahre 1937, also bis zum Vorabend des Zweiten Weltkrieges, gegründet worden. Damals harmonierten ihre ideologische Ausrichtung und ihr nationales Interesse, die beide gegen den „Imperialismus" gerichtet waren, so daß sie mit den „bourgeoisen" Parteien am gleichen Strang ziehen konnten. Nach dem Krieg und zumeist auch erst nach Erringung der Souveränität (Birma: 1948, Indonesien: 1946, Pakistan: 1947, Südvietnam: 1954) wurden sieben der kommunistischen Parteien verboten. Sie hatten ihre Schuldigkeit getan und konnten gehen, zumal sie sich mit einer Zielstrebigkeit um die Macht bewarben, die ihren „bourgeoisen" Kontrahenten unheimlich sein mußte. Es wiederholte sich damit dasselbe Vereinigungs-und Trennungsschema wie bereits vorher in der Türkei und im Irak. b) Regionalität Soweit die kommunistischen Parteien nicht staatstragend sind, bleibt ihr Wirkungsgebiet im allgemeinen auf relativ schmale Regionen beschränkt (vgl. Spalte 7 der Tabelle). Meist handelt es sich bei den Schwerpunktgebieten um soziale Spannungsfelder, in denen die Kommunisten das Krisenmanagement in die Hand nehmen können. Arme Grenzgebiete (Nordost-Thailand, Nord-Borneo), Städte und Provinzen mit einem hohen Anteil arbeitsloser Intellektueller (Osaka, Tokyo, Kyoto, Singapore, Rangun, Colombo, Manila), Areale mit ethnologischem Explosivstoff (etwa die Nagas und Mizos in Indien, die verschiedenen Sprachgruppen im malayisch-indonesischen Grenzgebiet in Sarawak) und Bevölkerungsteile, die ausländischen Einwirkungen besonders zugänglich sind (zum Beispiel die Bauern von Naxalbari gegenüber China) bieten sich als Kristallisationspunkte für den Kommunismus an. Eine gewisse Ungeschicklichkeit, die — mit Ausnahme von Mao Tse-tung — fast sämtliche asiatische Staats-führer im Umgang mit der ihnen weitgehend fremden und vielfach rätselhaften Landbevölkerung zeigen und die das Problem des „vergessenen Dorfes" verstärkt hat, erleichtert diesen Zugriff des Kommunismus. c) Orientierung (Peking, Moskau?)

Besonders heikel ist die Frage der „Orientierung" (Spalte 5). Mögen vor wenigen Jahren die Fronten hier noch klar gewesen sein, so verwischen sich diese Differenzen neuerdings immer mehr. Die japanische KP zum Beispiel hatte bis 1966 einen klaren prochinesischen Kurs gesteuert. Formell schwenkte sie seit Beginn der Kulturrevolution zwar auf die sowjetische Seite ein, in Wirklichkeit jedoch wird ihre Ausrichtung immer „japanischer" Ähnliche Pendelbewegungen lassen sich in der Haltung Nord-Koreas nachweisen Besonders stark ist die Fieberkurve der vietnamesischen KP und der Nationalen Befreiungsfront (NLF). Nationale Interessen (Waffenlieferungen, Friedensgespräche in Paris) haben die dortigen Kommunisten immer stärker in die Arme Moskaus getrieben, obwohl man eigentlich erwarten sollte, daß der respektierte und gefürchtete nördliche Nachbar China die gesamte Aufmerksamkeit seines traditionellen Satelliten absorbieren müßte.

Diese Entwicklung zum „passiven" oder gar „aktiven" Neutralismus ist nicht selbstverständlich, wenn man die Frühgeschichte der Komintern betrachtet. Insbesondere seit der Machtübernahme durch Stalin wurden die örtlichen kommunistischen Parteien zu „Hilfstruppen Moskaus" die indirekt das „Vaterland des Weltproletariats", die Sowjetunion, in ihrer Außenpolitik unterstützten, wie etwa das Beispiel der indischen KP zeigte, die auf Anweisung der Sowjetunion nicht mehr am Unabhängigkeitskampf gegen England (Rußlands Verbündeten im Zweiten Weltkrieg) teilnahm Der weltpolitische Wendepunkt kam erst 1949, als das chinesische Festland kommunistisch wurde und vor allem mit dem Tode Stalins, der die Ära des kommunistischen Block-Denkens abschloß und den Widerstand gegen eine elastischere Koexistenzpolitik, vor allem neutralen Ländern gegenüber, beendete Endlich war damit die Parteidisziplin der Dritten Internationale (Komintern), die dem Patriotismus manchmal jahrzehntelang im Wege gestanden hatte, beseitigt, und die Kommunisten konnten ihrer eigentlichen Bestimmung, der „vaterländischen Revolution", nachkommen d) Machtergreifungsschema Gibt es eine Technik der Machtergreifung, die allen Bewegungen des asiatischen Kommunismus gemeinsam ist? Aus systematischen Gründen sei vorausgeschickt, daß sich aus der Vielfalt revolutionären Geschehens im Asien der Neuzeit drei Formen der Revolution heraus-schälen lassen:

Neben der „japanischen" Methode der „Revolution von oben", die jedoch den überkommenen Gesellschaftsapparat unangetastet läßt, und der „nationalistischen Methode", die eine fortschrittliche Partei gegen ein herrschendes Regime im Namen nationaler Befreiung und sozialer Revolution nach westlichem und liberalem Vorbild führt (zum Beispiel die Kuomintang in China, die Kongreßpartei in Indien), erweist sich die Revolution kommunistischer Observanz nur als eine von mehreren Möglichkeiten

Kann deshalb der Kommunismus schon nicht das Monopol der Revolution in Asien für sich in Anspruch nehmen, so fragt sich, ob es wenigstens innerhalb seiner Marschroute eine Revolutionsmethode gibt, die einheitlich genannt zu werden verdient. Scalapino sucht diese Frage zu beantworten, indem er die fünf Stadien der Machtergreifung in China zu einem taktischen Revolutionsschema empor-stilisiert, dem er zwar nicht expressis verbis, wohl aber de facto Modellcharakter für ganz Asien beimessen möchte. Aus drei Gründen kann dieser Annahme nicht gefolgt werden:

Einerseits ist dieses Fünf-Stadien-Schema — zumindest in seiner dürren Abstraktheit — keine asiatische Spezialität: Aufbau der Partei nach sowjetischem Vorbild (1. Stadium), Erweiterung der Partei von einer Verschwörung zu einer Massenorganisation (2. Stadium), politischer Kampf gegen die etablierte Staatsmacht (3. Stadium), der schließlich in einen militärischen „Volkskrieg" übergeht (4. Stadium) und Vollendung der Revolution in zwei Stufen während des 5. Stadiums bilden in ihrer Gesamtheit ein Skelett, wie es sich genauso gut aus der sowjetischen Revolutionsgeschichte herauspräparieren ließe. Als chinesische (oder asiatische) Besonderheiten der Machtergreifung ließen sich allenfalls die raffiniert ausgeformte Partisanenkriegstheorie (Akzentuierung des Zeitfaktors, Betonung des „Politischen" vor dem Technischen, Drei-Phasen-Zyklus, Zweitrangigkeit des Hinterlandes, „Papiertiger-Theorie" usw.), die Betonung des bäuerlichen Elements und die spezifische Koalitionstechnik der „Neuen Demokratie" hervorheben.

Andererseits ist das Schema bis jetzt im übrigen Asien nicht besonders erfolgreich gewesen: In der Äußeren Mongolei hat sich das kommunistische Regime — weitab vom chinesischen Schema — mit Hilfe der damals noch jungen Sowjetmacht etabliert Der Kommunismus in Nord-Korea ist ein stalinistisches Importprodukt. Allenfalls in Südvietnam scheinen gewisse Linien nach dem chinesischen Muster gezogen zu sein. In zahlreichen anderen Ländern dagegen hat die chinesische Strategie — falls sie überhaupt als solche empfunden worden war — weitgehend Schiffbruch erlitten (Philippinen, Indonesien, Thailand, Birma und im indischen Naxalbari) und dürfte schon aus diesem Grunde viel von ihrer Attraktivität eingebüßt haben.

Im übrigen beweist Scalapinos eigener Versuch, die einzelnen asiatischen Länder unter das chinesische Schema zu subsumieren die Unzulänglichkeit seiner eigenen Prämisse. e) Intellektuelle Elite Was die soziale Zusammensetzung der Parteien anbelangt (Spalten 4 und 8), so ergibt sich eine doppelte Erkenntnis

Fast alle asiatischen kommunistischen Parteien sind in hohem Maße von einer intellektuellen Elite beherrscht. Einzig die KP Nord-Koreas kommt dem Ideal einer kommunistischen Arbeiter-und Bauernpartei nahe und verdient wirklich die Bezeichnung „Massenpartei".

Die Mitgliederzahlen allein bürgen noch nicht für die Stärke einer KP, wie etwa Laos zeigt. Wichtiger ist eine breite Massenbasis und ein starker militärischer Arm (vergleiche China, Nord-Vietnam, Nord-Korea, Äußere Mongolei, Laos, Süd-Vietnam, Indien in einigen Staaten). f) Führungsstruktur Eine kurze Beschreibung der Führungsstruktur im asiatischen Kommunismus läßt sich in drei Teilen geben, die allerdings — ebenso wie die Technik der Machtergreifung — schon sehr der Gefahr der Verallgemeinerung ausgesetzt sind:

Wenn es erlaubt ist, hier die Methode des Sprangerschen Idealtypus zu verwenden, so lassen sich in Asien vor allem drei „reine" Führerschaftstypen identifizieren:

— der Ideologe (Kennzeichen: hohes Interesse am Ideologischen; introvertiert; stammt aus Intellektuellen-Kreisen; neigt zum Doktrinären);

— der Aktivist (hat kein Interesse an der „langweiligen" Theorie; ist extrovertiert und zeigt sich als Mann der Praxis; er stammt meist aus den Reihen der „einfachen Leute" und ist in seiner Haltung pragmatisch);

— der Karrierist (ein Typ, der aus opportunistischen Motiven der KP beigetreten ist und weder das geistige Engagement noch die angeborenen Führungsqualitäten der beiden anderen Typen mitbringt)

Fast alle kommunistischen Bewegungen Asiens stützten sich zunächst auf eine ideologische Führerschaft (ein Beispiel dafür ist etwa die Gesellschaft zum Studium des Marxismus-Leninismus in China), dann kam die Zeit der Aktivisten (Organisation der Partei und Guerilla-Verbände),die schließlich ihrerseits mit zunehmender Differenzierung des Apparats den Karrieristen das Feld räumen müssen Insofern folgen die asiatischen kommunistischen Parteien einem allgemeinen organisationsimmanenten Entwicklungsprozeß. Die Maoisten freilich, die den Bürokratismus als eine Art Krankheit zum Tode betrachten, haben mit ihrer Großen Proletarischen Kulturrevolution den gesamten Kaderapparat zerschlagen und damit eine Wendung „zurück zum Aktivismus" eingeleitet. Nur unter der Bedingung, daß sie die Revolution zu einer Permanenz-erscheinung gestalten können, werden Mao und die Seinen freilich mit der Hydra der Bürokratie fertig werden.

Ihrer sozialen Herkunft nach stammen die asiatischen Kommunistenführer fast durchweg aus der Intelligentsia, also aus der „Bourgeoisie" (Mao Tse-tung, Kim Il-sung, Ho Chi Minh) und — im Unteroffizierskorps der Guerilla-Einheiten — aus der Bauernschaft. Nur wenige von ihnen kommen aus den Kreisen der städtischen Arbeiterschaft

Uber das Alter der Mitglieder läßt sich kaum etwas Allgemeines sagen. Wenn Scalapino meint, daß die Schlüsselpositionen heute im allgemeinen von „Repräsentanten der zweiten und dritten Führungsgeneration" mit einem Altersdurchschnitt von „ 40 bis 55" besetzt sei, so trifft dies auf die chinesischen Kommunisten jedenfalls nicht zu

III. Chancen und Hindernisse für den Kommunismus in Asien

Abbildung 5

1. Die Chancen Allgemein gesprochen liegen die Chancen des Kommunismus darin, daß er konkrete Wege und Mittel zeigt, um mit dem Katarakt von Problemen fertig zu werden, welche die Modernisierung mit sich bringt: Wichtigste Voraussetzung für den Übergang zur Moderne sind gemeinsame „Werte", brauchbare Institutionen, straffe Organisation und eine moderne, vor allem am Leistungsprinzip orientierte „Motivierung" — vier Postulate also, denen der Kommunismus in seiner Weise gerecht werden kann. Insofern ist er also nicht Selbstzweck, sondern besitzt einen mehr instrumentalen Charakter. Neben diesen allgemeinen Vorzügen scheint die Attraktivität des Kommunismus aber noch auf folgenden vier besonderen Vorzügen zu beruhen: a) Psychologisch Am meisten dürfte die psychologische Bedeutung der marxistisch-leninistischen Lehre ins Gewicht fallen, da sie mit ihren Forderungen und Versprechungen nicht nur an die Intellektuellen, sondern auch an das einfache Volk appelliert:

Die Attraktivität des Marxismus-Leninismus für den Intellektuellen liegt auf der Hand: Die Geschlossenheit des Systems, die mit wenigen Grundelementen ausgerüstete Dialektik, das handliche Geschichtsbild, die Kritik des Kapitalismus (und Imperialismus), die Aufrufe der Lehre zum Handeln und nicht zuletzt ihre klaren taktischen und strategischen Handlungsanweisungen müssen jeden nach politischen Lösungen suchenden jungen Politiker faszinieren. Dies um so mehr, als der Zusammenbruch der traditionellen Sozialordnungen in Asien (Großfamilie, Clan, Stamm, Dorfgemeinschaft) ein Vakuum hinterlassen hat das durch neue Strukturen ausgefüllt sein will, wenn nicht Anarchie im Politischen und Nihilismus im Weltanschaulichen die Atomisierung und Zersplitterung der Gesellschaft weitertreiben sollen. Der Kommunismus mit seinen praktisch bewährten Organisationsprinzipien scheint hier die richtige Antwort zu geben: Eiserne Disziplin, eingedrillte Hierarchien und fragloser Gehorsam sind Eigenschaften, die einen Ausweg zu einer heileren Welt und Geborgenheit in neuen Kollektiven versprechen. Müssen die Vorzüge des Kommunismus dem kritischen Asiaten im übrigen nicht noch überzeugender erscheinen, wenn er die Mißerfolge der „westlich" strukturierten asiatischen Staaten (Pakistan, Birma, Indonesien) betrachtet oder gar wirtschaftliche Vergleiche (etwa zwischen Indien und Rot-China) anstellt?

Der Kommunismus taugt aber nicht nur als organisatorisches Vehikel, sondern präsentiert sich in seiner Grundhaltung zugleich als eine „Philosophie der Hoffnung" die ihren Anhängern aus der Isolation zertrümmerter Weltanschauungen heraushilft und ihnen nicht nur einen neuen gemeinsamen geistigen Standort zuweist, sondern zugleich einiges zur begrifflichen Klärung der Zukunft leistet.

Bei alledem kann es dem Kommunismus nicht schaden, daß er obendrein an gewisse Traditionalismen anknüpft, die im asiatischen Denken tief verwurzelt sind. Besonders die elitäre Denkweise der kommunistischen Parteien und der Stellenwert, welcher der Erziehung beigemessen wird, stehen im Einklang mit den überkommenen sozialen Spielregeln Wie wichtig übrigens gerade der Appell an die vielfach zum „akademischen Proletariat" entwürdigten jungen Intellektuellen ist, geht vor allem daraus hervor, daß die alten Eliten im Prozeß der Akkulturation immer mehr zerbröckeln und durch westlich ausgebildeten Nachwuchs ersetzt werden. Nehru, Sun Yatsen, Gandhi, Sukarno und Ho Chi Minh sind nur einige typische Fackelträger dieses Jahrhunderts der „Intelligentsia" Mao Tsetung ist zwar nicht westlich erzogen, sein Denken ist jedoch vom westlichen Marxismus geprägt.

Der Kommunismus beflügelt aber nicht nur die von den Intellektuellen getragenen Reintegrationshoffnungen, sondern befriedigt auch die Träume nach sozialer Gerechtigkeit, die als utopische Elemente, ja fast als Archetypen „unauflösbar in das bäuerliche Leben aller prämodernen Gesellschaften . . . verwoben sind" Unter diesem Aspekt ist der in Formeln und Dogmen zu einer Art säkularisierter Religion hochgezüchtete Kommunismus eigentlich nichts als ein Echo auf die vielfachen Anrufe des primitiven „Volkskommunismus"

Diese schlichten Utopien, die nichts anderes sind als „ein natürlicher Rettungsring . . . (inmitten) .. .der .. . unerträglichen Lasten des irdischen Daseins" schlummern unausgesprochen unter der Oberfläche der Gesellschaft weiter oder werden von einer dogmatischen Religion aufgefangen, bis sie eines Tages „modernisiert" und in schlagkräftigere Protestbewegungen umfunktioniert werden. Aus diesem unerschöpflichen Reservoir nun kann der Kommunismus seine Proselyten wählen. Nicht zufällig waren es häufig gerade „rote" Mönche, die sich für den Kommunismus einsetzten. Es war daher zuweilen ausgerechnet der Kampf des orthodoxen Kommunismus gegen die traditionellen Religionen, der es erschwerte, die natürlichen Quellen des Glaubens und der Anhänglichkeit für seine Zwecke zu nutzen Auch der Glaube jenseits des Bereichs von Argumenten kann dem Kommunismus also in Einzelfällen zugute kommen. b) Politisch Politisch bietet der Marxismus-Leninismus eine brauchbare Alternative zum westlichen Parlamentarismus, der wegen seiner spezifischen Voraussetzungen so gar nicht in die Wertlandschaft der Asiaten paßt. Vielfach ist diese typisch westliche Form der Demokratie zu einem Synonym für Korruption, Privilegien, Eigenbrötelei und permanente Krisenhaftigkeit geworden „Demokratie", so wie sie der Marxismus-Leninismus definiert, läßt demgegenüber zwar den Wort-und Formenbe-stand der „alten" Demokratie („Gleichheit", „freie Wahlen", „Grundrechte", „Volkskongresse" usw.) unangetastet, baut aber in praxi auf die Manipulation der Massen (des „Volkes") durch die Vorhut einer kleinen, nach dem Prinzip des „demokratischen Zentralis: mus“ straff organisierten Partei.

Nur mit einer nach diesem Schema aufgebauten „Erziehungsdiktatur" kann es letztlich gelingen, gewisse Erbübel, wie Korruption und Nepotismus, auszurotten und ein neues Dienst-und Arbeitsethos zu schaffen, das sich auch sekundären Sozialgebilden gegenüber mitteilt Gerade in nicht kommunistisch gelenkten Staaten Asiens besteht häufig genug die Gefahr eines „neuen Autoritarismus" der zentralistischen Bürokratien und Eliten, der zwar moderne Ziele proklamiert, doch weitgehend in den Verhaltensmustern der traditionellen Machtstruktur verharrt und die Massen in ihrer Passivität weiterschlummern läßt c) Wirtschaftlich Auf wirtschaftlichem Gebiet weist der Marxismus-Leninismus einen offensichtlich brauchbaren Weg zur Modernisierung im erwünschten Tempo. Der Kommunismus lieferte das Modell für die Mobilisierung der Arbeitskräfte, für die Allokation von Produktionsmitteln, vor allem aber gibt er seinen Anhängern das Instrumentarium in die Hand, das sie befähigt, Ziele und Mittel im „Produktionskampf" sinnvoll aufeinander abzustimmen. Die wichtigsten Methoden zur Industrialisierung von Agrargesellschaften lassen sich in wenigen Stichworten zusammenfassen: — Entwicklungspläne, insbesondere Fünfjahrespläne; — Flurbereinigung und Rationalisierung der Landwirtschaft durch Kollektivierung in Form von „Kolchosen" oder „Volkskommunen"; — Verstaatlichung der Privatbetriebe in der Industrie, und Gründung neuer Industrien durch den Staat; — Ersetzung der „traditionellen Bürokraten'durch den modernen Typ des (technisch orientierten) Managers oder des (mehr auf politische Organisation ausgerichteten) Kaders und Einführung neuer Spielarten des Managements. (Sowjetunion: Ein-Mann-Management nach dem Führerprinzip, Volksrepublik China: Massenlinie im Management) — Erziehung der Menschen für die moderne Industriekultur (Verzicht auf Spontaneität im Arbeitsleben, Anpassung an sekundäre Sozialgebilde und an die Spielregeln der pluralistischen Gesellschaft) durch Erziehungsdiktaturen, die mit den Methoden der Massenbewegungen und mit einem neuen „Arbeitsstil" den ökonomischen Problemen zu Leibe rücken (in China gibt es etwa drei solcher Arbeitsstile: Vereinigung von Kadern und Massen, Vereinigung von Theorie und Praxis, Kritik und Selbstkritik).

Nur am Rande sei erwähnt, daß der Kommunismus mit seiner straffen Organisation Berufschancen verspricht, wie sie sonst nur die aufgeblähten Armeen in den Entwicklungsländern zu bieten vermögen Der Kommunismus ist damit eine Art Entwicklungsdemiurg und weist auch solchen Staaten einen Weg, die nur seine Planungselemente übernehmen wollen, nicht jedoch den kompletten Satz seiner Ideologie. d) Staatsbildend Nicht zuletzt aber empfiehlt sich der Marxismus-Leninismus als ein Instrument zum Aufbau einer Nation. Auf dem Trümmerfeld der alten Gesellschaft liegen zahlreiche disparate Elemente, die nach einer Neuordnung verlangen: Horizontale und vertikale Immobilität im Sozialen, Desinteresse am Staat, Partikularismus, Regionalismus, Minoritätsprobleme, Kampf der religiösen Gemeinschaften gegen den Staat, Kampf des Nachwuchses gegen die alte Elite, Kampf des Dorfes gegen die Stadt; alle diese verschiedenartigen und konfliktreichen Elemente gilt es, unter ein gemeinsames Dach zu bringen. Der Marxismus-Leninismus vermag mit dieser Quadratur des Kreises relativ gut fertig zu werden. Seine dialektischen Kriterien bringen klare Differenzierungen in den Wirrwarr; er bürgt für eine gemeinsame Partei, liefert ein Ordnungsschema gemeinsamer politischer Werte und schafft gemeinsame Aufgaben

Nicht zufällig zeichnen sich deshalb gerade drei kommunistische Staaten — Rot-China, Nord-Korea und Nord-Vietnam — durch eine Kohäsion nationalen Denkens und durch wohl-gedrillte Armeen aus, wie sie in anderen unterentwickelten Staaten Asiens kaum ein zweites Mal anzutreffen sind. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, daß die „Akkulturationserscheinungen des Kommunismus" ihre Zugkraft nicht zuletzt den natürlich hervorbrechenden Gleichwertigkeitsansprüchen gegenüber der machtpolitisch-technologischen Hegemonie des Westens verdankt. Der Marxismus legt den Finger auf die wunden Stellen der anscheinend so dominierenden europäisch-amerikanischen Gesellschaft und spricht ihr mit subtiler wissenschaftlicher Begründung das Todesurteil. Mehr noch: Der Kommunismus liefert den bisher gedemütigten Kolonialländern das Werkzeug, das sie befähigt, dem Westen eine Lehre zu erteilen, überdies setzt der Marxismus mit seinen elastischen Anpassungsmöglichkeiten jene Kulturüberlieferungen frei, die bisher vom westlichen Einfluß geknebelt waren Kein Wunder, daß auf diese Weise Nationalismus und Kommunismus häufig am gleichen Strang ziehen Dies zeigt sich u. a. besonders deutlich beim Kampf gegen die sogenannten „ungleichen Verträge", die der westliche Imperialismus des 19. Jahrhunderts einigen asiatischen Staaten auferlegt hatte.

So wären also dem Kommunismus in Asien Tür und Tor geöffnet? Auf den ersten Blick könnte es so scheinen. Daß dem nicht ganz so ist, mögen die im folgenden aufgeführten schwerwiegenden Gegenargumente beweisen 2. Die Hindernisse Welche Hindernisse stellen sich dem Kommunismus in Asien in den Weg? Nach dem Leninschen Konzept, das vor allem auf die Partei abstellt, hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, wie stark oder schwach eine Kommunistische Partei jeweils ist. Eine starke Partei zeichnet sich durch drei Kriterien (militärisches Potential, breite Massenbasis und Dominanz der Intellektuellen) aus während eine schwache Partei im allgemeinen lediglich über das letzte dieser drei Elemente verfügt a) Tradition, Religion, politisches Denken und Nationalismus als Konkurrenten Das eigentlich entscheidende Kriterium dürfte wohl die Sympathie der Massen sein (Mao Tse-tung: „Das Volk ist das Wasser und die Kommunisten sind die Fische"). Gerade um diese Voraussetzung ist es aber aus mehreren Gründen schlecht bestellt:

aa) Die bäuerliche Bevölkerung, auf deren Unterstützung es entscheidend ankommt, ist noch über weite Landstriche Asiens hinweg an Tradition und Religion gebunden, deren Beitrag heute fast überall in einem mehr oder weniger passiven Protest gegen die heran-drängende Moderne liegt. Auch finden die Autorität der traditionellen Herrscher (zum Beispiel das Königshaus in Kambodscha und die malayischen Fürstentümer), der gesellschaftliche Rahmen des Kastenwesens und die Sozialregeln des Buddhismus und Islam noch weitgehend Respekt und Anerkennung. Religiös gefärbter Fatalismus sorgt dafür, daß die Unzufriedenheit, eine Hauptvoraussetzung für kommunistische Revolutionen, erst gar nicht entstehen kann oder daß der Erwartungshorizont von vornherein so düster und zynisch ist, daß die immer noch traurige Wirklichkeit im Vergleich dazu erträglich erscheint

Gerade diese zermürbende Zähigkeit des passiven Widerstands der Traditionalisten war es, der das kommunistische China in seine bisher gewaltigste Massenbewegung, die Kultur-revolution, getrieben hat. Nicht zufällig hat sich diese Kulturrevolution gegen die soge-nannten „Vier Alten" (altes Denken, alte Gewohnheiten, alte Sitten, alte Gebräuche) gerichtet und es sich zur Aufgabe gemacht, den „Kampf im überbau" solange fortzuführen, bis die „sozialistische Basis" dort ihre völlige Entsprechung findet. ab) Die politische Haltung der Bauern war darüber hinaus seit jeher passiv-abwartend. Der „Staat" war Sache des sakralen Herrschers. Das politische Bewußtsein reichte oft kaum über das Weichbild des eigenen Dorfes hinaus, so daß von einem Staatsbewußtsein keine Rede sein konnte. Wie sollten solche Menschen plötzlich den weltweiten Kampf des Proletariats und das abstrakte Klassenschema des Marxismus begreifen? Kein Wunder, daß die meisten von ihnen im „Lokalpatriotismus" verharren ac) Schließlich tritt in einer Zeit, da sich die Asiaten ihrer Besonderheiten bewußt werden, der Nationalismus mit der säkularisierten Religion des Kommunismus in einen scharfen Wettbewerb. Wo sich der Kommunismus diese Bewegung nicht zunutze macht (wie etwa in Indonesien), zieht er leicht den kürzeren, zumal der Nationalismus fast stets im Gewände des „Sozialismus" auftritt (staatliche Planung, Genossenschaftswesen, staatlich betriebene Industrien, Staatsgesellschaften und Staatsmonopole in Verbindung mit Grundrechten, die dem privaten Unternehmertum eine reelle Chance geben).

Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang ist das Zeugnis Reischauers, des früheren amerikanischen Botschafters in Japan, der in seinem berühmten Hearing vom 31. Januar 1967 den „asiatischen Sozialismus und Neutralismus als die wichtigsten Bollwerke gegen die Ausbreitung einer einheitlichen kommunistischen Idee" bezeichnete b) Gegnerschaft Armeen der Eine besondere Schwäche der kommunistischen Bewegungen in Asien liegt darin, daß sie — mit Ausnahme selbstverständlich der vier dominierenden kommunistischen Staaten sowie mit Ausnahme von Laos und Süd-Vietnam — im allgemeinen über keine nennenswerte militärische Unterstützung verfügen. Es fehlt ihnen aber nicht nur das militärische Potential, sondern sie haben obendrein mit der erbitterten Gegnerschaft der nationalen Armeen aller nicht kommunistisch regierten Staaten zu rechnen. Diese Armeen sind ausnahmslos antikommunistisch und haben oft genug zur Zerschlagung des Kommunismus beigetragen (Indonesien, Birma, Thailand). Diese Gegnerschaft ist für die kommunistischen Bewegungen nicht zuletzt deshalb alarmierend, weil die Militärs gerade in Entwicklungsländern einen unverhältnismäßig hohen Anteil an der Staatsmacht innehaben. Sie verschlingen nicht nur einen Großteil des Etats (im Indonesien Sukarnos waren es 4/5 des Staatshaushaltes), sondern übernehmen neben ihren natürlichen Schutzaufgaben auch Obliegenheiten der Polizei und Verwaltung, der Erziehung und Entwicklung. Der Konfrontation mit einem so mächtigen, allgegenwärtigen Gegner kann sich der Kommunismus nur dort entziehen, wo ihm eine starke Massenbasis zur Verfügung steht. c) Entstehung des Mittelstandes Auch der im Zuge der Verwestlichung und Pluralisierung der Gesellschaft langsam heranwachsende Mittelstand in Asien wird sich als immer stärkerer Widerstand gegen den Kommunismus erweisen. In den traditionellen asiatischen Gesellschaften hatte es seit jeher intensiv gegliederte Standesstrukturen gegeben, wobei die Kluft zwischen Oben und Unten, zwischen einer kleinen Elite und der Masse des Analphabetentums, zwischen Wohlhabenheit und Armut und schließlich zwischen Stadt und Land besonders kraß ausgeprägt war. Mit kommunistischen Augen gesehen gab es in dieser „feudalen" Gesellschaftsordnung also nur eine hauchdünne Schicht, die durch kommunistische Revolutionen ihr Reichtums-, Bildungs-und Verwaltungs-Monopol zu verlieren hatte, während „ 90 Prozent der Massen" nur gewinnen konnten. Mit dem Heraufkommen „kleiner Geschäftsleute und kleiner Unternehmer, beruflicher und anderer intellektueller Arbeiter, mit bescheidenem Einkommen, mit der langsamen Etablierung von , white-coIlar'-Arbeitern und regelmäßig entlohnten Angestellten größerer kommerzieller, industrieller und finanzieller Einrichtungen" bildet sich eine zwar heterogene, in ihrer Verteidigungsbereitschaft aber durchweg entschlossene Bevölkerungsschicht heraus, welche die bisher so schmale Basis der traditionellen Oberschicht verbreitern und die Gewichte zuungunsten des Kommunismus verschieben wird d) Fehlen charismatischer Führergestalten Noch eine weitere Entwicklung könnte auf die Dauer den Höhenflug des Kommunismus in Asien hemmen: Mit Ausnahme der dominierenden vier Bewegungen (unter Mao Tse-tung, Kim Il-song, Ho Chi Minh und Cedenbal) fehlt es nämlich den übrigen KPs an wirklichen charismatischen Führergestalten: ein wahrhaft empfindlicher Mangel in einem Erdteil, in dem eine politische Bewegung weniger durch das Profil eines Programms, als vielmehr durch überragende Wortführer ihre Legitimation zu erbringen hat. Die „starken Männer", die nach einem langen Kampf um die Unabhängigkeit von den Kolonialmächten an die Macht gekommen waren, entpuppten sich zum Teil als entschiedene Antikommunisten (Singman Rhee in Süd-Korea, Diem in Süd-Vietnam und Chiang Kai-shek in Nationalchina/Taiwan) oder verstanden es, den Kommunismus neben ihrem eigenen Charisma verblassen zu lassen (Nehru, Sukarno, Sihanouk). In einigen Staaten hat sich nicht ein einzelner Führer, sondern ein starkes Führungskollektiv als Machtträger legitimiert, das sich etwa in Thailand als Clique, in Birma als offene Militärdiktatur, in Süd-Vietnam und Indonesien als verbrämte Militärdiktatur manifestiert Soweit die kommunistischen Konkurrenzbewegungen ausnahmsweise über hervorragende Organisatoren verfügt hatten (zum Beispiel Aidit in Indonesien, Takin Than Thun in Birma) wurden diese liquidiert.

Alles in allem dient der Kommunismus als bloßer Entwicklungsdemiurg und wird wahrscheinlich in dem Augenblick überflüssig werden, da die soziale und politische Integration sich mit gewissen Minimalforderungen ausgesöhnt hat Bis dahin wird die Protestbewegung des Kommunismus dafür sorgen, daß der Reformeifer nicht ganz erlahmt. Insofern ist die von ihm ausgehende Unruhe heilsamer als eine „graue und farblose Koexistenz"

IV. Der asiatische Kommunismus in der Auseinandersetzung zwischen Moskau und Peking

Abbildung 6

1. Die Differenzen zwischen Moskau und Peking a) Das sozio-ökonomische Gefälle zwischen Moskau und Peking Bei dem seit dem XXII. Parteitag der KPdSU im Jahre 1961 offen ausgebrochenen Konflikt zwischen der industrialisierten Sowjetunion und dem agrarischen China geht es um mehr als nur um Worte und um müßige dogmatische Plänkeleien jenseits des Bereichs historischer Zwänge und Hypotheken. Aus diesem Grunde seien hier die wichtigsten Umweltfaktoren angeführt, die beim Beginn der russischen und chinesischen Revolutionen jeweils vorlagen und die beide Bewegungen schon in statu nascendi verschieden prägten Da die Revolution in China nicht irgendeine asiatische Revolution darstellt, sondern zu dem Modell für andere kommunistische Bewegungen in Asien geworden ist spiegelt sich in den sowjetisch-chinesischen Differenzen zugleich die gesamte sowjetisch-panasiatische Situation. aa) Wirtschaftlich war Rußland im Jahre 1917 nur im Vergleich zu den westlichen Industrie-ländern (also: relativ) „unterentwickelt" Das von zwölfjährigen Kriegswirren zerrissene agrarische China dagegen war in dieser Beziehung nach jeder Richtung hin (also: absolut) unterentwickelt ab) Das Gefälle in der ökonomischen Entwicklung konnte nicht ohne Auswirkung auf die revolutionäre Konzeption beider Staaten bleiben Während sich für die Sowjetunion des Jahres 1927 zum China des Jahres 1958 noch zahlreiche Parallelen finden lassen ergeben sich für die Sowjetunion am Ende der sechziger Jahre ganz neue Konstellationen: Sieht China nur die Alternative zwischen raschem wirtschaftlichen Aufstieg oder unvermeidlicher Niederlage, befürwortet es deshalb die „Revolution in Permanenz", so kann die Sowjetunion beruhigt auf ihren wirtschaftlichen und militärischen Lorbeeren ausruhen und die chinesischen Experimente als „linkes Abenteuertum" abtun ac) Unter dem Gesichtspunkt revolutionärer Erfahrungen konnten die Chinesen nach der Machtübernahme auf den reichen Schatz der sowjetischen und der eigenen 25jährigen Er-

ifahrung zurückgreifen und so — zumindest bis 1958 — die Gesellschaft geschmeidiger und bruchloser sozialisieren, als es die Sowjetfüh-

Erst-rer vermocht hatten, die als sozialistische . Hinge viele bittere Rückschläge erleiden muß ten, ehe sie ihren utopischen Ballast zu einem gewissen Teil über Bord warfen. ad) Eine weitere Erfahrung, die das Selbstverständnis der Revolutionsführer beider Gesellschaften ausgeformt hat, ist die recht unteraschiedliche Dauer ihres revolutionären Kampfes um die Macht. Während sich die russische Oktoberrevolution auf einige Wochen zusammendrängte, hatten die Chinesen nicht weniger als 28 Jahre um die Macht zu kämpfen und w waren dabei nicht nur einmal von der „Ausirottung“ bedroht. Nur härteste Selbstdisziplin rund ein besonderer „Stil", der sich im Guerilla-I Denken, im Vertrauen auf die eigene Autar1 kie, in einer klassenkämpferischen und kritischen Bereitschaft sich selbst und anderen gegenüber, in der Methode der populistischen 1 Massenlinie, in der Betonung der Praxis, in seiner Aversion gegenüber jeglichem Bürokraittismus, in der Betonung des Voluntarismus und i in der Bevorzugung des politisch engagierten Dilettanten gegenüber dem Fachmann manifestiert, konnten eine Balance gegen die im-i mer härter werdende Umklammerung durch udie Kuomintang-Truppen und durch die Japai ner geben. Der Universalmensch, der sich in der Rolle des Guerillero genauso zurechtfindet 'wie in der des Technikers, Arztes und autarI ken Ackerbauern, ist seither das Ideal der I Maoisten geblieben, während sich ähnliche /'Vorstellungen in der Sowjetunion schon längst verflüchtigt haben. 6 ae) Eine Identifizierung der revolutionären [Konstellationen in der Sowjetunion und in ) China scheitert auch daran, daß der Bürger[krieg zwischen „Rot" und „Weiß" in der So-r wjetunion erst nach der sowjetischen Macht-Vergreifung ausbrach, während umgekehrt in ) China die kommunistische Machtergreifung ) i den Krieg gegen die Kuomintang abschloß. I Durch den „Kriegskommunismus" litt die neue I Heilslehre in der Sowjetunion so sehr, daß J selbst das Tauwetter der nachfolgenden Neuen ) ökonomischen Politik (NEP) den Großteil der I Bauern nicht mehr versöhnen konnte. — In ) China dagegen verstand es die KP nicht nur, ihre Interessen mit denen der Bauern zu verschmelzen (zumindest bis zum Vorabend der Kollektivierung), sondern konnte darüber hin. aus gleich nach 1949 — ohne das zeitraubende Intermezzo einer „NEP" — mit einer beinahe lautlosen Kollektivierung beginnen.

Das tertium comparationis? Ein so starkes sozioökonomisches Gefälle klafft nicht nur zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China, sondern auch zwischen der Sowjetunion und den anderen asiatischen Staaten: zu aa) Die Kriterien eines „unterentwickelten Staates" (wirtschaftlich-technische Rückständigkeit, weitgehende horizontale und vertikale Immobilität im Sozialen, Überbevölkerung, fehlende Wirtschaftsgesinnung, Kapitalarmut usw.) waren nicht nur am Vorabend der kommunistischen Machtergreifung in China gegeben, sondern prägen — mit Ausnahme von Japan — in der einen oder anderen Form auch die anderen Staaten Asiens. zu ab) Da es in der Mitte des 20. Jahrhunderts auch in Asien keinen Staat mehr gibt, der auf eine möglichst rasche Modernisierung verzichten möchte, muß dort die mit Methode betriebene Ungeduld Chinas einleuchtender erscheinen als die im Vergleich dazu geruhsamere Attitüde der Sowjetunion. zu ac) Es wird auch kaum einem asiatischen Staatsmann empfehlenswert erscheinen, die mit so vielen mißlungenen Utopismen geführte sowjetische Revolution nachzuahmen, wenn er doch die chinesischen Methoden vor Augen hat, die den Entwicklungsprozeß so viel reibungsloser vorantreiben. zu ad) Angesichts der objektiven wirtschaftlichen Rückständigkeit muß den asiatischen Führern auch der Appell an die subjektiven Kräfte und die Pflege der prononciert chinesischen „Arbeitsstile" zweckdienlicher erscheinen als das bereits vom gesellschaftlichen Pluralismus geprägte bürokratische und „unrevolutionäre, revisionistische" Verhalten der heutigen Sowjetmenschen. zu ae) Da ferner nach Chinas Intentionen Jie einzelnen asiatischen Staaten durch „Volkskriege" aufgerollt werden sollen, durch Guerilla-Aktionen also, die in enger Verbindung mit der bäuerlichen Bevölkerung von ländlichen Basen aus zu starten hätten, könnte nach dem Sieg der kommunistischen Aufständischen die Sozialisierung sich ähnlich reibungslos abwickeln wie in China.

Diese fünffache Subsumtion unter Kriterien der sozioökonomischen Umwelt zeigt also, daß die asiatischen Staaten alles in allem mehr für das chinesische Modell prädestiniert sind als für das sowjetische. b) Die ideologischen Auswirkungen dieser Difierenzen Bei so bemerkenswerten Differenzen in der historischen Ausgangslage kann es selbstverständlich nicht ausbleiben, daß auch die ideologische Betrachtungsweise recht verschieden ausfällt. Es ist hier nicht der Ort, die gesamte Problematik des chinesisch-sowjetischen Konflikts nochmals aufzurollen. Die wichtigsten Streitpunkte konzentrieren sich auf drei Punkte, die das Verhältnis zum Kapitalismus, zu den Drittländern und zu den internen Problemen des Kommunismus und der befreundeten sozialistischen Staaten betreffen. Diese Probleme lassen sich in wenigen Stichworten zusammenfassen: ba) Gegenüber kapitalistischen Ländern ergeben sich folgende Fragen: Hat der Kapitalismus und Imperialismus seit Lenins Tagen seinen fundamental aggressiven Charakter geändert? Sind also friedliche Koexistenz, friedlicher Übergang zum Sozialismus (Evolution) und friedlicher Wettbewerb angebracht? Oder hat der Akzent weiterhin auf Krieg, Revolution und kämpferischer Einheitsfront zu liegen? bb) Gegenüber Drittländern: Sollen sich die Kommunisten mit der „nationalen Bourgeoisie" über die Etappe einer bürgerlich-demokratischen Revolution, also sozusagen friedlich und „legalistisch" in das Stadium des Sozialismus hineintragen lassen? Oder aber sollen sie auf „illegale" Weise den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen, nach chinesischem Vorbild die Führung der anderen Klassen übernehmen und unter überspringen der kapitalistischen Phase den Sozialismus aufbauen?

bc) Gegenüber sozialistischen Ländern (also unter anderem auch über Probleme im eigenen Haus) steht die Alternative zur Debatte, ob der wirtschaftliche Aufstieg und die „materielle Interessiertheit" als primäres Ziel legalisiert werden sollen oder aber ob die permanente Revolution, die den Klassenkampf als Vater aller Dinge anerkennt, zu bevorzugen sei.

China hält sich bei all diesen Alternativen an die radikalere Lösung. Kein Wunder also, daß Moskau in Asien zum Beschützer neutraler und gemäßigterer Regierungen geworden ist, während Peking immer mehr in die Rolle eines Vorkämpfers gegen den Imperialismus hineingewachsen ist und einen radikalen revolutionären Kurs steuert. Selbst wenn Peking und Moskau inzwischen nicht mehr die eigentlichen Doppelsonnen sind, um die der Rest der „Satelliten" zu kreisen hat, so müssen doch ihre beiden Revolutionstheorien von den anderen asiatischen Bewegungen als echte Alternativen empfunden werden. Die Frage lautet also, ob der sowjetische oder aber der chinesische Weg die größeren Erfolgschancen verspricht. Oder sollte letztlich gar ein „dritter Weg" aus dem Zustand der Unterentwicklung herausführen? 2. Aussichten des sowjetischen Wegs in Asien Seit Chruschtschows These vom XX. Parteitag, daß die sozialistischen Kräfte im Wege der Evolution an die Macht kommen könnten, hat sich für die Sowjetunion die Frage dahin zugespitzt, wie es um die Chancen der Kommunisten bei den Wahlen bestellt sei. Wie die Beispiele Kerala (1957) und West-Bengalen (1969) zeigen, kann der Kommunismus auf legalem Wege im wesentlichen dort Fuß fassen, wo — die alten Ordnungen aufgebrochen, — westliche Bildung relativ verbreitet und damit die unausweichlichen Voraussetzungen der Modernisierung gegeben sind „Eine arme, jedoch weitgehend des Lesens und Schreibens kundige, geistig lebendige Gemeinschaft wird nach revolutionären Lösungen suchen, während eine ebenso arme, jedoch weitgehend analphabetische, geistig in den Fesseln der Tradition befangene Gesellschaft sich in Untätigkeit, Frömmigkeit und Verzweiflung mit ihrem Zustand abfinden wird." Kerala hat mit die meisten Alphabeten und Akademiker Indiens, betreibt die fortschrittlichste Bildungspolitik und verfügt außerdem über die stärkste christliche Minderheit in Indien, welche die hinduistische Sozialordnung durchbrochen hat Ähnlich ist die Situation in Bengalen, wo — ungewöhnlich für Indien — 29, 38 0/0 der Bevölkerung in der Industrie beschäftigt sind

Solange die beiden eben angeführten Voraussetzungen in Asien noch vereinzelte Erscheinungen sind, hat die „legale" Machtergreifung wenig Chancen. 3. Aussichten des „chinesischen Wegs" in Asien Während Moskau sich anschickt, in seinem außenpolitischen Verhalten immer „urbaner" zu werden, neigt Peking von Jahr zu Jahr mehr zum Radikalismus. Erst das Jahr 1969 scheint wieder eine gewisse Mäßigung mit sich gebracht zu haben. China verfolgt in seiner Außenpolitik eine Strategie, die sich teils an nationalen, teils an ideologischen Aspekten orientiert. Während das Verhalten gegenüber den fernerliegenden Kontinenten Afrika und Südamerika überwiegend von ideologischen Gesichtspunkten bestimmt wird, vermengen sich bei der Hinwendung zu den asiatischen Nachbarn nationale und ideologische Kategorien zu einem schwer entwirrbaren Motivbündel. Von den drei nationalen Hauptzielen Chinas (Wiedervereinigung beider chinesischen Teilstaaten, nationale Sicherheit und Ausdehnung seines Einflusses in Asien ) ist im vorliegenden Zusammenhang vor allem das Bedürfnis nach einer Renaissance der traditionellen Hegemonie in Asien festzuhalten, wobei freilich der Gedanke einer Invasion, Eroberung oder Annexion kaum eine Rolle spielt. Peking sucht ideologisch die auf globaler Ebene zwischen Imperialismus und „modernem Revisionismus" einerseits und dem kommunistischen Lager andererseits aufkeimenden „antagonistischen Widersprüche" durch unerbittlichen „Klassenkampf" zu lösen, der sich — im Gegensatz zur klassischen marxistischen Version — nicht in den hochindustrialisierten Staaten des Westens, sondern in den Entwicklungsländern als den „Sturmzentren der Weltrevolution" abzuspielen hat. Ein reiches Instrumentarium steht hierbei zu Gebote: Die Skala reicht von der herkömmlichen Diplomatie und der fühlbar demonstrierten Militärmacht über die „Diplomatie von Volk zu Volk" Handel und Entwicklungshilfe bis hin zur subversiven Tätigkeit, die oft auch von Auslandschinesen mitgestaltet wird Hier seien vor allem zwei Maßnahmen näher erläutert, die dem chinesischen Außenverhalten ihr spezifisches Gepräge geben: a) Subversion und Volkskrieg als Mittel Allenthalben in Asien sucht China gegen die nach seinem Freund-Feind-Schema eingestuften Feindstaaten das Mittel des langandauernden Volkskrieges einzusetzen, das in der Form „nationaler Befreiungskriege" gegen den Imperialismus und unter dem Titel „revolutionärer Bürgerkriege" gegen die „Lakaien des Imperialismus" in den betreffenden Ländern gerichtet ist. Zahlreiche Beispiele ließen sich gerade aus der Zeit der Großen Proletarischen Kulturrevolution hier anführen. Nirgends jedoch wurde die maoistische Strategie so detailliert durchgeführt wie in Indien

China nahm die Aufstände der nördlichen Grenzvölker, der Nagas und Mizos im Jahre 1966, insbesondere aber die Volkserhebung der Bauern von Naxalbari im Bundesstaat West-Bengalen, in einem Gebiet mit ungefähr 700 km 2 und rund 80 000 Menschen zum Anlaß, um seine Theorien in die Praxis umzusetzen. Nie zuvor in der kommunistischen Geschichte war ein Aufstandsprogramm so konkret erläutert worden. Wegen seiner repräsentativen Bedeutung soll dieses Projekt hier etwas ausführlicher dargestellt werden.

In mehreren Artikeln legte die Pekinger „Volkszeitung" eine maoistische Linie für Indien in klaren, unmißverständlichen Worten nieder. Naxalbari war das „Vorspiel zu einer gewaltsamen Revolution mehrerer hundert Millionen Menschen in ganz Indien". Damit diese Absicht aber Wirklichkeit würde, müsse die indische Revolution einen Weg einschlagen, bei dem sie sich auf Bauern stützt, auf dem Lande Basen errichtet, geduldig sich auf den verlängerten bewaffneten Kampf einläßt und schließlich vom Lande aus die Städte einkreist und erobert Das bisherige Denken der indischen Kommunisten, das sich auf die Städte konzentriert habe, müsse aufgegeben werden und die Bauern sollten statt dessen zur „unbesiegbaren Macht der indischen Revolution werden". Aus diesem Grunde habe sich das Proletariat mit den Bauern zusammen-zutun. Da die Reaktionäre zeitweise stärker als die revolutionären Kräfte seien, hätten die Kommunisten „das ganze Arsenal der flexiblen Taktik und Strategie des Volkskrieges einzusetzen" und einen „hingezogenen bewaffneten Kampf durchzustehen". Dieser be-waffnete Kampf habe auf dem Lande zu beginnen, „wo die reaktionäre Ordnung schwach sei" und „wo die Revolutionäre offener und freier manövrieren könnten". Es mache gar nichts aus, wenn die revolutionären Dimensionen am Anfang recht unscheinbar seien und wenn die Bauern noch mit Pfeil und Bogen zu kämpfen hätten; solange nämlich die indischen proletarischen Revolutionäre der revolutionären Linie des Marxismus-Leninismus und dem maoistischen Denken folgten und sich auf ihren großen Alliierten, die Bauern, verließen, sei es für sie durchaus möglich, auf dem Lande von einer revolutionären Basis zur anderen voranzuschreiten, vor allem in den großen Gebieten des Hinterlandes, und dabei eine Volksarmee neuen Typs aufzubauen. Bei alldem werde es natürlich „Zwiste und überraschende Wendungen und Schwierigkeiten geben"; aber letztlich werde es doch möglich sein, die isolierten Areale in großem Stile auszuweiten.

Ganz im Geiste der Aufrufe Che Guevaras, viele Vietnams zu schaffen, appellierten die Chinesen an die indische Linke, für „Dutzende von Naxalbaris in allen Teilen Indiens" zu sorgen. Mit all diesen Forderungen wandten sich die Chinesen nicht etwa an die Kommunistische Partei, die als revisionistisch gebrandmarkt wurde, sondern an das „revolutionäre Volk von Indien". Mit der Aufforderung, eine klare Linie zwischen sich und den Revisionisten zu schaffen, wollte Peking wohl auf eine ihm günstige weitere Zersplitterung des indischen Kommunismus hinaus, die sowohl seinem nationalen als auch seinem ideologischen Interesse entgegenkommen würde.

Der Mißerfolg des Aufstandes in Naxalbari brachte Peking zwar dazu, seine Belehrungen einzustellen oder zumindest etwas vorsichtiger vorzubringen. An der inneren Einstellung der Maoisten dürfte sich jedoch in der Zwischenzeit kaum etwas geändert haben. Im September 1967 zog die „Volkszeitung" noch einmal das Resümee aus den Erfahrungen von Naxalbari und stellt fest, daß „die agrarische Revolution als die Grundaufgabe der neudemokratischen Revolution während des gegenwärtigen Stadiums in Indien zu gelten habe, und daß diese Revolution unausweichlich eine Revolution bewaffneter Bauern sein wird".

Eine ähnliche Taktik hat sich China für Indonesien Thailand oder für die Philippinen zu eigen gemacht. Selbst in Japan, wo dem Volkskriegsschema natürliche Grenzen gesetzt sind, sucht die Volksrepublik China über die Japanisch-Chinesische Freundschafts-Vereinigung, über das Japanisch-Afrikanische Solidaritätskomitee und über die Japanisch-Chinesische Vereinigung zur Handelsförderung die Revolution zu importieren Keine dieser subversiven Bewegungen sind bisher freilich über Anfangserfolge hinausgekommen. Die aufständischen Guerillas wurden zum Beispiel in Birma durch Ne Win, in Indonesien durch Magsaysay und in Indonesien durch Suharto in ihrer Tätigkeit behindert. In anderen Ländern wie in Nationalchina/Taiwan und in Süd-Korea ist die Überwachung so streng, daß kommunistische Ansätze bereits im Keime erstickt werden. Auch im thailändischen Nordosten kann — der von Peking im Dezember 1968 entfachten Pressekampagne zum Trotz — kaum von einer leve en mässe die Rede sein, wenn freilich andererseits das Geplänkel im Vorfeld noch lange anhalten wird.

Nach Scalapinos Beurteilung sind Staaten wie Birma, Kambodscha, Indonesien, Laos und Thailand „in höchstem Maße" der Revolution chinesischen Typs ausgesetzt, weil sie die Kriterien der Unterentwicklung und der Kontrolle durch „bourgeois-demokratische" Kräfte mit dem China der Jahre nach 1945 gemeinsam hätten Sind aber diese drei Kriterien nicht zu allgemein, um eine so kühne historische Parallele zuzulassen? Im übrigen unterscheidet Scalapino auch nicht zwischen Chancen auf „legalem Weg" und solchen durch illegal subversive Tätigkeit, sonst hätte sich sein generalisierendes Verfahren sehr schnell korrigiert. Staaten mit einer relativ stabilen, noch in traditionellen Formen verankerten Sozialordnung wie Thailand, Ceylon, Kambodscha und Indien, sowie fortgeschrittene oder relativ fortgeschrittene Gesellschaften (Japan und die Philippinen) sind offensichtlich viel weniger für den Kommunismus empfänglich, als es noch vor wenigen Jahren scheinen mochte und als es insbesondere die „Domino-Theorie" annimmt. Einzig Süd-Vietnam und Laos scheinen derzeit dem kommunistischen Zugriff ernsthaft ausgesetzt zu sein. überhaupt dürfte es ohne einen kräftigen Anstoß von außen um die Chancen des kommunistischen Volkskrieges nicht gut bestellt sein: Nicht zufällig waren alle vier herrschenden Parteien Asiens durch Kriege an die Macht gekommen. Die KP der Äußeren Mongolei ist letzlich genauso ein Ergebnis des ersten Weltkrieges, wie die Parteien Nord-Vietnams, Nord-Koreas und Chinas nicht ohne den zweiten Weltkrieg hätten erfolgreich sein können. b) Hua-chiao als Fünfte Kolonne Die Hua-chiao, die Auslandschinesen, gelten insbesondere in Südostasien häufig als Fünfte Kolonne des chinesischen Kommunismus. In dieser Verallgemeinerung liegt zweifellos eine Übertreibung. Doch findet der Kommunismus nicht zufällig gerade bei den Auslandschinesen besonders willige Aufnahme. Die Situation dieser größten Minderheit in Südostasien ist nicht ohne Tragik.

Die britische Kolonialverwaltung hatte sie vor allem zu Beginn des 19. Jahrhunderts als billige und politisch ungefährliche Arbeitskräfte einwandern lassen Sie hatten durch Zähigkeit und Fleiß, durch ihre Erfahrung in Geldgeschäften und durch ihre gegenseitige Solidarität schon bald eine Position erworben, die ihren Gastländern Unbehagen verursachte, zumal sie sich nicht absorbieren ließen, sondern im Gefühl rassischer und kultureller Überlegenheit ihre nationale Identität in eigenen Stadtvierteln und eigenen Schulen bewahrten. Nur schaden konnte es ihnen, daß sie überdies ihre ökonomischen Gewinne häufig nicht reinvestierten, sondern zurück in ihr Stammland schickten. Zu allem Überfluß verstanden sie es, ganze Monopole in ihre Hand zu bekommen. (In Thailand hatten sie zum Beispiel alle Reismühlen und die Reispreise unter ihre Kontrolle gebracht. Auf den Philippinen kontrollierten angeblich etwa 180 000 Chinesen fast den ganzen Handel Da schließlich auch ihr Anteil an der autochthonen Bevölkerung nicht unerheblich ist (Malaysia 41, 2%, Thailand 18 % ), nahmen zahlreiche Gastländer zu einer Zermürbungstaktik gegen das „dritte China" ihre Zuflucht: Sie schlossen Chinesen von bestimmten Wirtschaftszweigen aus, leiteten Umsiedlungsaktionen ein, um diese Minderheit zu dislozieren, errichteten Staatsgesellschaften als Konkurrenz, bevorzugten die Einheimischen bei Außenhandels-genehmigungen und verboten den Chinesen, Waffen zu tragen oder den Beruf eines Polizisten auszuüben

Unter diesen Umständen ist es nicht weiter verwunderlich, wenn die in den Strudel der Diskriminierung hineingerissenen Auslands-chinesen voller Hoffnung auf das wieder erstarkte China blickten, das ihnen kraft seines überwältigenden Prestiges bei ihren Gastländern wieder mehr Respekt verschaffen kann. Hierbei ist den Hua-chiao der kommunistische Charakter Chinas ziemlich gleichgültig, hatten sie doch von jeher alle Bewegungen mitgemacht, die ihrem Stammland zu einer Renaissance seiner Macht und seines Ansehens hatten verhelfen können. Als China seine monarchische Staatsform abstreifte und sich zur Republik erklärte, wurde dieser wahrhaft revolutionäre Wandel von den Auslands-chinesen ohne Zögern akzeptiert. Um wieviel mehr erst muß ein Staat willkommen sein, der in wenigen Jahren schon seinen Anspruch als dritte Weltmacht angemeldet hat Da dieses China aber kommunistisch ist, muß der Kommunismus wohl auch etwas „charakteristisch Chinesisches" sein, das zur Identifizierung aufruft Nicht zufällig hat deshalb zum Beispiel ein „überwältigender Anteil der Kommunisten in Sarawak eine gemeinsame Erziehung in chinesischen Schulen"

In jüngerer Zeit scheint sich hierin freilich eine Änderung anzubahnen. Zwar läßt sich immer noch nicht leugnen, daß die Rolle des kommunistischen Chinas oft nicht nur durch die lokalen kommunistischen Parteien, sondern vor allem auch durch die meist unpolitischen jedoch heimattreuen Auslandschinesen wesentlich erleichtert wird. (Weder die Sowjetunion noch die Westmächte verfügen über ein ähnliches Instrument der Infiltration und des „neo-imperialistischen" Einflusses.) Doch sorgen gerade diese Befürchtungen dafür, daß die Spannungen zwischen der Volksrepublik China und ihren mit Auslandschinesen besonders stark durchsetzten Nachbarstaaten (insbesondere den Philippinen, Indonesien, Thailand, Kambodscha, Malaysia, Birma) nicht nachlassen. Schon aus diesem Grunde werden die Gastländer dem Chinesenproblem immer ihre besondere Aufmerksamkeit schenken und ihr ohnehin schon geschärftes Mißtrauen noch weiter verstärken. Vor allem aber haben die meisten Uberseechinesen, insbesondere die Führungselite, eingesehen, daß ihrer Zukunft mehr mit einer friedlichen Regelung des Verhältnisses zu den Gastländern gedient ist als durch einen Import der Revolution, zumal das Interesse und die Unterstützung Pekings letzlieh mehr taktischer Natur sind Auf die Dauer dürften deshalb auch die Auslands-chinesen sich kaum als Trojanisches Pferd für die Interessen Pekings einspannen lassen. 4. Die wahrscheinliche Entwicklung: Der „dritte Weg" in Asien Weder der chinesische noch der sowjetische Kompaß zeigen also die wünschenswerte Richtung an. Sollte dies bedeuten, daß der Kommunismus in Asien überhaupt keine Chance hat? Die Antwort auf diese Frage führt zu einer mittleren Lösung: Der Kommunismus als Ideologie scheint seine Rolle weitgehend ausgespielt zu haben, der Kommunismus als Methode dagegen darf sich große Chancen ausrechnen. Der Kommunismus als Ideologie könnte die pragmatisch ausgerichteten asiatischen Staaten allzusehr in die Sackgasse starrer Dogmen führen. Gebietet doch die Ideologie, insbesondere die chinesische, nicht nur den Verzicht auf westliche Entwicklungshilfe, sondern auch radikale Kollektivierung der Landwirtschaft und vorrangigen Aufbau der Schwerindustrie 88a): Verhaltensformen also, die mit den spezifischen Anforderungen an eine organische Entwicklung unvereinbar sind. — überdies wäre eine ideologische Hörigkeit nicht nur mit den jeweiligen sozioökonomischen Interessen unvereinbar, nationaler sondern mit der Würde Selbständigkeit, die sich im Zusammenhang mit dem wachsenden Polyzentrismus herausbildet. Der Kommunismus als Entwicklungsmethode (Planung, Bodenreformen, Verstaatlichung, Genossenschaftswesen) dagegen dürfte auf die Dauer größere Chancen haben als ein allzusehr auf die hochindustrialisierten, pluralistischen Gesellschaften des Westens zugeschnittener Entwicklungsliberalismus.

Allerdings spielen auch die typischen Funktionselemente der „kapitalistischen Gesellschaft wie Mannigfaltigkeit der Eigentums-formen und selbständiges Unternehmertum, enge Koppelung der Volkswirtschaft mit der Weltwirtschaft, beherrschender Einfluß der Verbraucher auf die Verteilung der Güter und die Freiheit der Gewerkschaften eine erhebliche Rolle. Eine individuell abgestimmte Mischung von planungs-und marktwirtschaftlichen Elementen dürfte so letztlich den Bedürfnissen der meisten asiatischen Staaten am besten entsprechen.

Der Kommunismus als solcher hat also mehrere Facetten. Bornierter und pauschaler Antikommunismus wird deshalb bei den Asiaten im allgemeinen kaum auf Gegenliebe stoßen, sondern eher den Verdacht auslösen, daß sie durch einen Popanz abgelenkt oder aber als Mittel zum Zweck mißbraucht werden könnten. Westliche Beobachter sollten nicht, wie es in der Vergangenheit verschiedentlich geschehen ist, den „dritten Weg" mit Kommunismus identifizieren Nicht zu Unrecht beklagt Reischauer, daß die USA „gewöhnlich den asiatischen Neutralismus bekämpfen" damit aber „den Kommunismus vor einem seiner gefährlichsten Gegner beschützen" und überdies „den Neutralismus in einen potentiellen Verbündeten des Kommunismus verwandelt haben"

Mit westlichen Vorstellungen sollte sich eigentlich alles vertragen, was der Stabilität in Asien dient, sei es nun ein gesundes Nationalbewußtsein, eine freiwillig getragene regionale Bündnisstruktur oder aber ein Entwicklungsprogramm, das beim planwirtschaftlichen Instrumentarium des Kommunismus Anleihen gemacht hat. Es sollte keinem Zweifel unterliegen, daß eine solche Selbststärkung den betreffenden Staaten größeren Schutz gegen Fremdherrschaft und Subversion im Inneren zu bieten vermag als Militärbündnisse und Militärhilfe, Je „aktiver" ein solcher Neutralismus ist, desto mehr wird er auf die „dritte" Lösung zustreben, selbst wenn die Abstufungen und Schattierungen (Indien nach „Westen", Laos nach „Osten") manchmal recht verschieden ausfallen. „Letzten Endes leidet der Kommunismus an der großen taktischen Schwäche, daß sich jeder, der nicht ausgesprochen für ihn eintritt, sich schließlich gezwungen sieht, gegen ihn zu kämpfen. Der asiati-sehe Neutralismus [und damit auch der . dritte Weg , der Verfasser] ist dem kommunistischen Konzept zentralistischer und einheitlicher Kontrolle diametral entgegengesetzt. Für uns ist er jedoch nur eine von vielen möglichen Variationen des Unabhängigkeitsthemas, das die ganze Demokratie durchzieht."

V. Zusammenfassung

Abbildung 7

Der Kommunismus ist neben dem Nationalismus und dem Neutralismus nur eine politische Kraft in Asien. Er gibt sich nicht mehr einheitlich-global, sondern spiegelt zahlreiche lokale Besonderheiten wider. Kommunistische Parteien, die teilweise beim nationalen Befreiungskrieg eine bedeutende Rolle gespielt haben, sind in vier Staaten Asiens dominierend, in fünf Staaten legal und in elf Staaten verboten. In den nichtkommunistischen Staaten ist die Bedeutung der kommunistischen Parteien, deren Orientierung (nach Moskau oder Peking) übrigens immer nur schwer zu bestimmen ist, auf vereinzelte Regionen beschränkt. Die Revolutionstechnik der kommunistischen Parteien entspricht nicht immer dem chinesischen Fünf-Stadien-Modell. Fast allen KPs ist jedoch eine einheitliche Organisation nach sowjetischem Vorbild, eine überwiegend intellektuelle Führungselite und das allmähliche Hervortreten des „karrieristischen" Führer-typs gemeinsam. In China freilich sind durch die Kulturrevolution diese Tendenzen vermindert worden.

Günstig für den Kommunismus in Asien sind seine Brauchbarkeit als Entwicklungsdemiurg, als Alternative zur Demokratie westlichen Stils und als Motor für die Ausbildung eines Nationalstaats; ganz besonders aber sein Optimismus, der die Reintegrationshoffnung der Elite bestärkt, sowie sein Utopismus, der den breiten Massen eine Art säkularisierter Religion bietet.

Als hinderlich für den Kommunismus erweisen sich Tradition, Religion und politische Indifferenz der Massen, ferner die Konkurrenz des Nationalismus, die Aversion der etablierten Streitkräfte und der im Entstehen begriffene neue Mittelstand sowie das Fehlen charismatischer Führergestalten in den noch nicht kommunistisch gewordenen Staaten. Zuungunsten des Kommunismus fällt aber schließlich auch der Konflikt zwischen Moskau und Peking ins Gewicht. Die zahlreichen Gemeinsamkeiten zwischen der VR China und den asiatischen Staaten auf sozio-ökonomischem Gebiet scheinen der radikaleren chinesischen Ideologie einen gewissen Vorsprung zu geben, zumal der „legale" Weg der Sowjetunion wegen der zumeist fehlenden Voraussetzungen (Zerbrechen der alten Ordnungen, Verbreitung westlichen Gedankenguts, wie etwa in Kerala) wenig Erfolg verspricht. Gleichwohl scheint auch die chinesische Methode, die mit den Mitteln der Subversion, des „Volkskriegs" und mit Unterstützung zahlreicher Auslands-chinesen laboriert, angesichts der Aufmerksamkeit vieler Regierungen nur an wenigen neuralgischen Punkten Aussicht zu haben.

Unter diesen Umständen schicken sich die meisten Länder an, in „aktiver" Neutralität den „dritten Weg" zu gehen, wobei sie pragmatisch-kommunistische Methoden übernehmen, der kommunistischen Ideologie aber mit Vorbehalt gegenüberstehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Cum grano salis läßt sich folgende Dreiteilung geben:

  2. Vgl. unter Kap. IV.

  3. Harry Benda, Reflections on Asian Communism, Yale University Reprint Series Nr. 17, New Haven 1966, S. 5; ursprünglich publiziert in „The Yale Review" Vol. LVI, Okt. 1966, Nr. 1.

  4. Näheres bei M. Y. Cho, Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Peking und Pyongyang, Schriften des Instituts für Asienkunde in Hamburg, Bd. 20, Wiesbaden 1967, S. 21 ff., 52 ff., 43 ff.

  5. Donald S. Zagoria, Some Comparisons Between the Russian and Chinese Models, in: A. Doak Bar-nett, Hrsg., Communist Strategies in Asian, New York-London 1963, S. 32.

  6. Vgl. Anm. 1.

  7. Sheldon Simon, Maoism and Interparty Relations: Peking's Alienation of the Japanese Communist Party, in: China Quarterly 1968 Nr. 35, S. 42, 54.

  8. Vgl. Anm. 4.

  9. H. J. Winkler, Südostasien von Pakistan bis Korea, Berlin 1964, S. 43.

  10. Ebenda.

  11. Für die Nachkriegszeit gibt Roger Swearingen (Technics of Communist Aggression and the Moscow-Peking Axis, in: Philipp W. Thayer, Hrsg., Nationalism and Progress in Free Asia, Baltimore 1956, S. 309 ff.) ein dreifaches Strategieschema: a) 1945— 1947: „rechte" Strategie vereinigt von oben (die Kommunisten arbeiten mit den Nationalisten zusammen, z. B. in Vietnam und in Indien); b) 1948— 1949: „linke" Strategie, vereinigte Fronten von unten, bewaffnete Aufstände. Die Zusam-

  12. Erläutert etwa am Beispiel Ho Chi Minh's vgl. Jean Lacouture, Ho Chi Minh, Frankfurt/Main, S. 78 ff.

  13. Harold H. Fisher, Backgrounds of Communism in Asia, in: Thayer, a. a. O., S. 291 ff.

  14. Robert A. Scalapino, The Communist Revolution in Asia, New Jersey 1965, S. 16— 22.

  15. Erst bürgerlich-demokratische Revolution (Landverteilung, Säuberung konterrevolutionärer Elemente, Einheitsfrontpolitik, die Arbeiter, arme Bauern und fortschrittlich gesinnte nationale Bourgeoisie unter der Führung der KP vereinigt); dann sozialistische Revolution (Kollektivierung der Landwirtschaft, Verstaatlichung der Industrie; intensivierte ideologische Kontrolle, Massenbewegung großen Stils, Anpassung des Überbaus an die sozialistische Basis). Vgl. etwa Mao, Die chinesische Revolution und die KP Chinas, A. W. II, Peking 1968, S. 379— 385.

  16. M. T. Haggard, Mongolia, The first Communist State in Asia, in: Scalapino, S. 24 f.

  17. Scalapino, S. 24 f.

  18. Vgl.ders., S. 33 f.

  19. Z. B. Guerillatätigkeit in Naxalbari (WestBengalen).

  20. Scalapino, S. 6— 9.

  21. Ders., S. 13 f

  22. Ders., S. 14 f.

  23. Ders., S. 15.

  24. Das Durchschnittsalter der 90 Mitglieder des ZK der 'KPCh betrug im Jahre 1965 64 Jahre; vgl, Jürgen Domes, Politik und Herrschaft in Rotchina, Stuttgart — Berlin — Köln — Mainz 1965, S. 64. Für den inzwischen angelaufenen Wiederaufbau der KPCh nach der Kulturrevolution sollen allerdings vorwiegend jüngere Aktivisten herangezogen werden.

  25. Zu diesen vier Kriterien vgl. Wilbert E. Moore, Strukturwandel der Gesellschaft, München 1967, S. 154 ff.

  26. Einige wenige Länder (Japan, Thailand, Malaya, die Philippinen) sind von diesem Zusammenbruch weitgehend verschont geblieben.

  27. Scalapino, S. 5.

  28. Zu diesem Aspekt vgl. ebenda.

  29. Ders., S. 2, definiert den Marxismus in Asien u. a. als Bewegung der Intelligenz.

  30. Benda, S. 6.

  31. Der Ausdruck lautet nach Benda „Folk Communism" (S. 12) und „Folk Marxism" (S. 7).

  32. Ders., S. 6.

  33. Ders., S. 8.

  34. Scalapino, S. 3.

  35. Vgl. etwa Art. 19 VI der Parteisatzung der KPCh von 1956: Einzelne Parteimitglieder gehorchen der Parteiorganisation, die Minderheit gehorcht der Mehrheit, die untere Parteiorganisation gehorcht den höheren Organisationen, die einzelnen gesamtstaatlichen Parteiorganisationen gehorchen dem Nationalen Parteikongreß und dem Zentralkomitee.

  36. Winkler, S. 70.

  37. Dazu besonders eindrucksvoll R. Segal, Die Krise Indiens, Frankfurt/Main 1968, S. 301 ff.

  38. In Indonesien gilt die KPI z. B. heute noch als Garantie gegen Korruption und Mißwirtschaft.

  39. Deshalb auch die in China geläufige Forderung, die Politik müsse dem Expertentum vorangehen.

  40. H. J. Behrendt, Soziale Strategie der Entwicklungsländer, Frankfurt/Main 1965, S. 505.

  41. F. Schurmann, Ideology and Organization in Communist China, Berkeley and Los Angeles 1966, S. 234 f„ 253 ff. und 286 f.

  42. Winkler, S. 52.

  43. Vgl. z. B§. Mao Tse-tung: „Es ist notwendig. . . einheitliche Auffassungen, eine einheitliche Politik, einheitliche Pläne, ein einheitliches Kommando und einheitliche Aktionen ... zu erreichen . . .", zit. in Peking Rundschau 1969, Nr. 1, S. 8.

  44. Emanuel Sarkisyanz, Südostasien seit 1945, München 1961, S. 14.

  45. Ders., S. 19.

  46. Die KP Indonesiens hat sich z. B. einem ultrakonservativen und antiamerikanischen Programm verschrieben, vgl. Hughes, S. 74.

  47. So in Rot-China, Nord-Korea, Nordvietnam, Mongolische Volksrepublik.

  48. Scalapino, S. 34 f.

  49. Indifferenz und Fatalismus der indischen Gesellschaft veranlassen z. B. ausgebeutete Landarbeiter dazu, auch in ihrem Zustand der Erniedrigung und Beleidigung nicht mehr Land zu begehren, als sie ohnehin bebauen (Segal, S. 130 ff. mit zahlreichen Nachweisen).

  50. „Die Inder erwarten im allgemeinen einfach das Schlechteste voneinander . . . Daß die Korruption . . . aber jenes Ausmaß erreicht, das in Indien selbst allgemein unterstellt wird, ist unwahrscheinlich; denn dann wären die Menschen so sehr mit dem Annehmen und Austeilen von Pfründen beschäftigt daß es keine wirksame Verwaltung mehr gäbe . . .

  51. Dazu vgl. etwa Mao Tse-tung, Strategische Probleme des Partisanenkriegs, in: A. W. II, Peking 1968, S. 119.

  52. Die amerikanische Asienpolitik, in: Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Nr. 22, Hamburg 1967, S. 103.

  53. Erwähnt sei etwa die chinesische Gentry, die das Bildungs-, Verwaltungs-und oft auch das Reichtumsmonopol innehatte.

  54. Zur 90 %-Formel vgl. etwa Mao Tse-tung, A. W. II, Peking 1968, S. 446, 281, 283 f.

  55. H. P. Fairchild, Dictionary of Sociology, New York 1944, Stichwort . middle Hass'.

  56. In Indien bildete sich etwa im Zusammenhang mit der britischen Kolonialverwaltung ein solcher Mittelstand heraus, vgl. Segal, S. 98. In China löste der Handel mit den fremden Mächten eine solche Entwicklung aus.

  57. Bernhard Dahm, Südostasien: Oligarchien und totalitäre Diktaturen, in: Moderne Welt, 1968, Heft 2, S. 159 ff.

  58. Benda, S. 15.

  59. Ders., S. 16.

  60. Das nachfolgende fünfgliedrige Schema folgt Zagoria, S. 20 ff.

  61. Scalapino, S. 16.

  62. Auf die Kriterien der Unterentwicklung kann hier nicht eingegangen werden; vgl. aber Behrendt, a. a. O.

  63. Exemplarische Zahlen hierfür bei Zagoria, a. a. O.

  64. Beide kämpfen angestrengt um die Akkumulation von Kapital, beide lassen die Industrie auf Kosten der Landwirtschaft wachsen, beide riskieren eine mangelnde Balance der Wirtschaftsfaktoren. Wirtschaftliche Lücken werden durch den Appell an die Einsatzbereitschaft ausgefüllt, Zagoria, S. 28 f.

  65. Zagoria, S. 30, 28.

  66. Winkler, S. 52.

  67. Segal, S. 154.

  68. Genauere Angaben über die Besonderheit Keralas, aufgeschlüsselt nach verschiedenen Kategorien und in Konfrontation mit dem typisch indischen Staat Uttar Pradesh finden sich bei Segal, S. 152 ff. Genauere Zahlen über die Christen bei Manfred Turlach, Kerala — Versuch einer Analyse, Vierteljahresbericht der Friedrich-Ebert-Stiftung 1967, S. 304; über Allgemeinbildung und Arbeitsdisziplin der Bevölkerung, ebenda, S. 300 f.

  69. Segal, S. 156; im übrigen hätte die KPI nur noch in Andhra Pradesh Chancen (21, 05% in der Industrie beschäftigt), während andere Teile Indiens die Voraussetzungen für den Kommunismus nicht erfüllen; ders., ebenda.

  70. Harold Hinton, The Foreign Policy of Communist China, Journal of South-East Asia and the Far-East, 1968 Nr. 1, S. 7 ff.

  71. Das Militär spielt seit dem Koreakrieg und dem chinesisch-indischen Grenzkonflikt keine außenpolitische Rolle mehr; die — normale — Diplomatie (diplomatische Beziehungen zu zwölf asiatischen Staaten) hat Sympathien für China zu entwickeln und antikolonialistische Gefühle wachzurufen. Mit der Diplomatie von Volk zu Volk wendet sich Peking — unter Mißachtung herkömmlicher diplomatischer Gepflogenheiten — direkt an das Volk des Gastlandes (u. a. bei der Entwicklungshilfe und bei Verbreitung revolutionärer Literatur). A. Doak Bar-nett, Red Chinas Impact on Asia, in: G. P. Jan, Government of Communist China, San Francisco 1966, S. 572.

  72. Ders., S. 568.

  73. Bhabani Sen Gupta, A Maoist Line for India, in: China Quarterly 1968, Nr. 33, S. 3 ff.

  74. Zitiert im einzelnen in Sen Gupta, a. a. O.

  75. Asian almanac 1969, S. 3154 f.

  76. Vgl. z. B. Peking Rundschau 1969 Nr. 3, S. 19 ff.

  77. J. van der Kroes, Philippine Communism and the Chinese, in: China Quarterly 1967, April/Juni 1967, S. 115 ff.

  78. Sheldon Simon, Maoism and Interparty Relations. Pekings Alienation of the Japanese Communist Party, in: China Quarterly 1968 Nr. 35, S. 49, 51 ff.

  79. Scalapino, S. 27.

  80. C. P. Fitzgerald, The Third China, Vancouver 1965, S. 15 ff.

  81. Zumindest ist dieser Glaube — und das ist das Entscheidende! — unter den Philippinos verbreitet, auch wenn die Statistik davon weit abweicht. Näheres vgl. bei van der Kroes, Philippine Communism and the Chinese, S. 123, insbes. 127 f. mit genauen Zahlenangaben.

  82. Genauere Zahlenangaben bei Fitzgerald und Guy Hunter, South-East Asian Race, Culture and Nations, London — New York — Kuala Lumpur 1966, S. 32.

  83. Winkler, S. 50.

  84. Fitzgerald, S. 72, 59.

  85. Ebenda, S. 73.

  86. J. van der Kroes, Communism in Malaysia and Singapore, in: Asian Studies Vol. IV Nr. 3/554.

  87. Oftmals bilden freilich auch gerade Auslands-chinesen das Stammpersonal lokaler KPs, z. B. in der Malaysischen KP, ebenda, S. 552 ff.

  88. Besonders illustrativ ist das Beispiel Singapurs, wo sich die chauvinistischen Separatisten unter Führung der Barisan-Sozialisten gegen eine Fusion mit Malaysia aussprachen, während sich die Assimilationisten der PAP (People's Action Party) unter Lee Kuan Yew für ein Malaysia unter Einschluß Singapurs und für aufrichtige Zusammenarbeit einsetzten (Lee E. Williams, The Future of the Overseas Chinese in South-East Asia, New York—Toronto — London — Sydney 1966, S. 97). Wenn es 1965 doch zur Absplitterung Singapurs kam, so waren dafür andere Gründe maßgebend als der Separatismus Lee Kuan Yew's. Näheres a. a. O., S. 104 ff.

  89. Zu diesen vier idealtypischen Kriterien vgl. Raymond Aron, Die industrielle Gesellschaft, Frankfurt/Main — Hamburg 1964, S. 106, 98.

  90. In Indien gibt es z. B. etwa 11 000 Gewerkschaften, die in vier Dachverbänden organisiert sind und auf die der Staat keinen Einfluß nehmen kann. Daneben existiert ein kommunistischer allindischer Gewerkschaftsbund mit rund 2 500 000 Mitgliedern, der dem östlichen Weltgewerkschaftsbund angehört.

  91. Reischauer, Die amerikanische Asienpolitik, a. a. O„ S. 102 f.

  92. Ebenda, S. 103.

  93. Ebenda, S. 35.

  94. Ebenda, S. 103.

Weitere Inhalte

Oskar Weggel, Dr. jur., Assessor, geb. 1935, Studium der Rechtswissenschaft und des modernen Chinesischen in Bonn. Zwei Jahre Aufenthalt in der Republik China (Taiwan). Ein halbes Jahr am Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln tätig. Seit August 1968 Wissenschaftlicher Referent für den Bereich der Volksrepublik China am Institut für Asienkunde in Hamburg. Veröffentlichungen: Zentralregierung und Provinzialverwaltung auf Taiwan. Selbstverwaltungsideologie und Verfassungswirklichkeit, Hamburg 1968; Die chinesischen Revolutionskomitees, Hamburg 1968. In Vorbereitung: Die Große F roletarische Kulturrevolution; Die Gesetzgebung in der Volksrepublik China.