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Die Roten Garden | APuZ 46/1969 | bpb.de

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APuZ 46/1969 Die Roten Garden

Die Roten Garden

Dietmar Albrecht

Die Große Proletarische Kulturrevolution der Volksrepublik China hat in den Jahren 1965 bis 1969 eine Überfülle von Material hervor-gebracht, das zu sichten und auszuwerten noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Neben einer ansehnlichen Reihe von Zeitschriftenaufsätzen sind bereits einige ausführlichere deutschsprachige Studien erschienen, die sich mit Teilaspekten der Kulturrevolution befassen (Dieter Heinzig, Kuo Heng-yü, Klaus Mehnert, Joachim Schickel, Oskar Weggel), ebenso ein Bericht eines Augenzeugen (Giovanni Blumer). Die vorliegende Arbeit will einige Fakten und analytische Bemerkungen über ein bislang vernachlässigtes Phänomen der Kultur-revolution mitteilen — ihre Roten Garden. Räumte die westliche und östliche Presse den Aktionen der Roten Garden auch den größten Raum ein in der sensationshungrigen China-Berichterstattung, so trug sie doch kaum dazu bei, ihren Lesern dieses Phänomen jugendlicher Rebellion verständlich zu machen. Wir wollen versuchen, die Motive der revolutionären Führer als auch der rebellierenden Jugendlichen aufzuspüren, ihre Handlungen und Ideen zu schildern und das Bemühen der Führung, die Avantgardisten der Kulturrevolution wiederum zum Objekt der Erziehung und Umformung zu machen.

Zur Umschrift des Chinesischen wird das in der Volksrepublik China eingeführte Hanyu-pin-yin benutzt, das sich als beste und offizielle Umschrift in der Sinologie durchsetzt, so auch in dem neuesten, in den Yale Linguistic Series von John DeFrancis herausgegebenen Lehrbuch. Ausnahmen werden in dieser Arbeit für Peking (Beijing) und Kanton (Guangzhou) gemacht Eine Aussprachehilfe für das Hanyu-pinyin befindet sich im Anhang. Die in Klammem jeweils angefügten chinesischen Termini sollen dem Fachmann die Überprüfung der vom Verfasser gewählten Übersetzungen erleichtern. Durchweg wurden, soweit dem Verfasser bekannt die in den offiziellen Pekinger Übersetzungen gebrauchten deutschsprachigen Begriffe verwendet

An Quellen wurden vor allem herangezogen: das täglich in Peking erscheinende Parteiorgan Renmin Ribao (Volkszeitung), die vierzehntägig ebenfalls in Peking erscheinende Parteizeischrift Hongqi (Rote Fahne), der täglich in London erscheinende Nachrichtendienst der Volksrepublik China News irom Hsinhua News Agency (NHNA) sowie die beiden Wochen-zeitschriften Peking Rundschau und Peking Review-, der Ubersetzungsdienst des Hongkonger Union Research Institute Union Research Service (URS), die übersetznngsdienste des amerikanischen Generalkonsulates in Hongkong Survey oi China Mainland Press (SCMP), Selections irom China Mainland Magazines (SCMM) und Current Background (CB) sowie der Übersetzungsdienst des Londoner BBC Summary oi World Broadcasts Part Three: The Far East (SWB FE); schließlich die wö-chentlich von Pater LaDany SJ in Hongkong herausgegebenen China News Analysis (CNA), das wöchentliche Hongkonger Magazin für Politik und Wirtschaft Far Eastern Econo-mic Review (FEER), der vierzehntägige Dienst des britischen Informationsbüros in Hongkong Current Scene sowie der vierteljährlich vom Londoner Contemporary China Institute herausgegebene China Quarterly. Sämtliche zitierten Quellen sind einsehbar am Institut für Asienkunde Hamburg.

I. Motive

INHALT (Hanyu-pinyin) I. Motive II. Rebellion 1. Eskalation 2. Bildersturm 3. Kontakte 4. Fraktionen 5. Methoden HI. Die Frage der politischen Macht 1. Die Armee greift ein 2. Opposition der extremen Linken IV. Vom Subjekt zum Objekt der Revolution Anhang I: Aussprachehilfe für die Umschrift des Chinesischen Anhang II: Kurzer Führer durch die deutschsprachige Literatur

In der'Mitte der fünfziger Jahre, nach dem Ende des Koreakrieges und den ersten großen wirtschaftlichen und sozialen Reformen, war die Herrschaft der Kommunistischen Partei auf dem chinesischen Festland unumstritten. Gegen die konkurrierenden Machtzentren in Shanghai und der Mandschurei hatte Mao Zedong die kollektive Parteiherrschaft durchgesetzt und sie an der „Massenlinie" orientiert: „Die Massenlinie, d. h. , aus den Massen schöpfen und in die Massen tragen, bildet die grundlegende Linie für alle Tätigkeitsgebiete unserer Partei. Man muß unbedingt in die Mehrheit der Massen 'Vertrauen setzen, vor allem in die Mehrheit der Arbeiter und Bauern, die die Hauptmassen bilden. In der Arbeit muß man es verstehen, sich mit den Massen zu beraten, darf man sich niemals von den Massen lösen. . . . Das chinesische Volk hat in langandauerndem revolutionärem Kampf die Methode der vollen und freimütigen Meinungsäußerung entwickelt, die eine der wichtigsten Formen des revolutionären Kampfes ist, eines Kampfes, bei dem man sich auf die Volksmassen stützt, um die Widersprüche im Volk (die nichtantagonistischen Widersprüche, D. A.) und die Widersprüche zwischen uns und dem Feind (die antagonistischen Widersprüche, D. A.) zu lösen."

Mit dem Sieg der Revolution formierten sich auch ihre Nutznießer. Die Autorität des revolutionären Führers und seines Konzeptes prallte zusammen mit den fachlichen und persönlichen Interessen der in Partei und Staat sich etablierenden Bürokratie und dem starken Einfluß in Kultur und Erziehung des aus vor-revolutionären Zeiten her etablierten Bürgertums. Auf ihrem langen Marsch zur politischen Macht hatten die chinesischen Kommunisten recht unorthodoxe Methoden entwickelt zur Abwehr parteilicher Abweichungen und bürokratischer Selbständigkeit, nämlich Kritik und Selbstkritik im Kreislauf von Einheit-Kritik-Einheit, die „Umformung der Weltanschauung" (sixiang-gaizao) als den ganzen Men-sehen erfassende ideologische und sozialethische Erneuerung, die „Beauftragung von Funktionären mit niederen Funktionen" (xiafang), beispielsweise als periodische Verschickung von städtischen Kadern aufs Land, schließlich die Kritik höherer Ränge durch niedere bzw. die Kritik der Mehrheit durch die Minderheit In Gegensatz zu bürokratischer Lenkung und Kontrolle stellte Mao Zedong die politische Aktion als kollektiven, emanzipatorischen Lernprozeß, der seine Richtung erhält aus der Verpflichtung zur „konkreten Utopie" einer klassenlosen Gesellschaft.

In der Berichtigungsbewegung der „Hundert Blumen" von 1957 („Hundert Blumen sollen blühen, hundert Schulen streiten") lud die Führung der Partei erstmals außerparteiliche Gruppen zur Kritik an der Partei ein und bekannte damit das wachsende Vermögen der Parteibürokratie, sich gegen interne Korrektur abzuschirmen. Doch die Partei umging in den Wochen der Hundert Blumen die Berichtigung der kritisierten Anschauungen und Praktiken, da ihre außerparteilichen Kritiker das tolerierbare Maß überschritten. Die überschäumende Kritik, die die proletarische Herrschaft in Frage stellte, demonstrierte die Notwendigkeit neuer revolutionärer Aktion und weltanschaulicher Umformung. Die „Drei Roten Banner" des Jahres 1958 (Generallinie des sozialistischen Aufbaus, Großer Sprung nach vorn und Volkskommunenbewegung) waren geeignet, durch neue Formen der Massenorganisation auf einer qualitativ höheren gesellschaftlichen Ebene die virulenten Widersprüche aufzulösen und die politische Aktion zugleich nutzbar zu machen für den beschleunigten sozialistischen Aufbau. Die Utopie realisierte sich damals nicht im erhofften Maße. In den Jahren der pragmatischen Anpassung 1959 bis 1961 verschärfte sich die Kritik an Politik und Herrschaft der Partei und drang in wesentlichen Fragen bis in die Parteispitze vor. Die Bürokratie machte sich selbständig. Die traditionellen Berichtigungsmethoden degenerierten zur formalistischen Rezitation.

Auf dem 10. Plenum des 8. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei im September 1962 setzte Mao Zedong seine Forderung nach Erneuerung des ideologischen Kampfes gegen Rationalisierung, Pragmatisierung, Entspannung und bürokratische Selbstherrlichkeit durch. Spätere Zeitungsartikel wiesen auf die drei wichtigsten Probleme hin, die Mao Zedong herausstellte. Zunächst prangerte er die Tendenz an, auf dem Lande die Individualwirtschaft wiedereinzurichten, und zeigte sich entschlossen, die kollektive, sozialistische Kontrolle zu sichern. Zum zweiten äußerte der Parteivorsitzende seine Sorgen über die chinesische Jugend: Die Erziehung der Jugend im Klassenkampf müsse verstärkt werden, um sicherzustellen, „daß unser Land in den nächsten Generationen und für immer revolutionär und unbestechlich bleibt". Schließlich warnte Mao Zedong vor der Gefahr intellektueller Abweichung: Eine ganze Reihe von Personen nutzten das Schreiben von Romanen aus, um antiparteiliche Tätigkeiten durchzuführen, und bereiteten die Öffentlichkeit auf die Wiedereinführung des Kapitalismus vor Wenn man, so Mao Zedong, Klassen und Klassenkampf und die Diktatur des Proletariats vergäße, „dann würde es nicht lange dauern, vielleicht nur ein paar Jahre oder ein Jahrzehnt oder höchstens einige Jahrzehnte, bis unvermeidlich im ganzen Lande eine gegenrevolutionäre Restauration einsetzt; die marxistisch-leninistische Partei würde zweifellos eine revisionistische oder faschistische Partei werden, und ganz China würde seine Farbe ändern“

Mao Zedong konzentrierte sich zunächst auf die ländlichen Probleme. Der „Vorläufige Beschluß des Zentralkomitees der KPCh über einige Probleme bei der gegenwärtigen Arbeit auf dem Lande" sollte eine ländliche sozialistische Erziehungsbewegung großen Stils in Gang setzen, die an die revolutionäre Initiative der Funktionäre an der Basis gegenüber den mittleren und höheren Parteichargen appellierte — da das „Führungspersonal unfähig" sei — und die die revolutionären Funktionäre auswählen sollte aus dem Reservoir der armen Bauern und unteren Mittelbauern (pin-xiazhong-nong), da deren „Klassenzuge-hörigkeit und wirtschaftlicher Status sie nicht so hartnäckig am System kleinmaßstäblichen Privateigentums an Produktionsmitteln festhalten und sie den Sozialismus bereitwilliger akzeptieren" ließe Die höheren Funktionäre sollten erneut mit niederen Funktionen beauftragt werden und dabei „tief in einen Punkt eindringen" (shenru dao yi-ge dian) Der Parteiapparat zeigte sich Unwillens, die Kritik der armen ländlichen Massen über sich ergehen zu lassen, und blickte mit Herablassung auf die ungebildeten Juniorfunktionäre an der Basis. Er verzögerte schlicht die Anwendung der „frühen zehn Punkte" des vorläufigen Beschlusses vom Mai 1963 und ergänzte ihn im September des gleichen Jahres um weitere zehn Punkte, die den Appell an die Massen zurücknahmen, erneut Disziplin und Kontrolle von oben nach unten forderten und den Bauern materielle Anreize versprachen Die Urheberschaft der späteren zehn Punkte wurde nachher dem Staatspräsidenten und seinerzeitigen zweiten Mann nach Mao Zedong, Liu Shaoqi, in die Schuhe geschoben, dem „obersten kapitalistischen Machthaber" in den kulturrevolutionären Anklagen.

Der Widerstand gegen die von Mao Zedong geforderte ideologische Reinigung und gegen seinen Appell an die revolutionäre Spontaneität der Massen artikulierte sich nur verhüllt. Die Mehrheit der Funktionäre der mittleren und höheren Ebenen übte sich in der Kunst, „rote Fahnen" zu schwenken, um der Roten Fahne Widerstand zu leisten (dazhe „hong qi" fan hongqi). So gelang es Mao Zedong erst im Januar 1965, auf einer Arbeitssitzung des Politbüros eine Berichtigung der sozialistischen Erziehungsbewegung durchzusetzen. Alleiniges Ziel der Erziehungsbewegung, so hieß es jetzt, seien die antagonistischen Klassenwidersprüche, sei die Berichtigung „jener Machthaber in der Partei, die den kapitalistischen Weg gehen" (dangnei naxie zou-zibenzhuyi-dao-lude dangquanpai). Dabei handele es sich nicht nur um Funktionäre aus Kommunen, Bezirken, Xian oder Sonderbezirken, sondern sogar Genossen der Provinzparteiausschüsse und des Zentralkomitees widersetzten sich dem Sozialismus In dieser Deutlichkeit war die Unzufriedenheit Mao Zedongs bislang in keinem Parteidokument festgehalten worden. Und doch sabotierte die Partei weiterhin die Erziehungsbewegung. Die Volkszeitung disqualifizierte das Verhalten übereifriger Funktionäre (und implizit die Intentionen Mao Zedongs) gar als „metaphysisch" So stagnierte die ländliche Berichtigungsbewegung im Tauziehen zwischen Mao Zedong und seinen Gefolgsleuten auf der einen und der überwältigenden Parteibürokratie auf der anderen Seite. Andere ideologische Diskussionen und Kampagnen ließen sie in den Hintergrund treten. Erst bei der Ausweitung der Großen Proletarischen Kulturrevolution auf Industrie und Volks-kommunen im Dezember 1966 fand sie wieder Erwähnung.

Das zweite Problem, das Mao Zedong auf dem September-Plenum 1962 herausgestellt hatte, betraf die revolutionäre Erziehung der Jugend. Um zu verhindern, daß China seine Farbe änderte, um die Zukunft der Revolution zu sichern, genügte es nicht, nur eine richtige Linie und eine richtige Politik zu haben, sondern Millionen von „Nachfolgern der revolutionären Sache des Proletariats" (wei wuchanjiejigeming shiyede jiebanren) müßten erzogen und geschult werden. Den Neunten Kommentar zum Offenen Brief der KPdSU, in dem Mao Zedong persönlich mit dem chruschtschowschen „Pseudokommunismus" abrechnete, endete er mit der Frage der Nachfolger: „Im Grunde genommen handelt es sich bei der Frage der Heranbildung von Nachfolgern der revolutionären Sache des Proletariats darum, ob es Nachfolger gibt, die die von der älteren Generation begonnene Sache des Marxismus-Leninismus iortsetzen werden, ob die Führung unserer Partei und unseres Staates auch weiterhin in der Hand proletarischer Revolutionäre liegen wird, ob unsere Nachkommen und die nächsten Generationen weiterhin auf dem richtigen Wege des Marxismus-Leninismus vorwärtsschreiten können, also ob wir in der Lage sind, eine Wiederholung des Chruschtschow-Revisionismus in unserem Land zu verhüten. Kurz, das ist eine äußerst wichtige Frage, eine Schicksalsfrage unserer Partei und unseres Landes, eine Frage auf Leben und Tod....

Aufgrund der in der Sowjetunion vor sich gegangenen Veränderungen haben die imperialistischen Propheten die Hoffnung auf eine friedliche Evolution der chinesischen Partei in der dritten oder vierten Generation. Wir werden die Prophezeiung der Imperialisten zu-schanden machen. Wir werden von oben nach unten, überall und ständig unsere Aufmerksamkeit auf die Erziehung und Ausbildung der Nachfolger der revolutionären Sache lenken."

Mao Zedong mißtraute gründlich der Generation, wie sie in China nach der Befreiung erzogen worden war, einer Generation, der es an kämpferischer Erfahrung gebrach, „die nie einen Krieg durchkämpft und nie einen Imperialisten oder Kapitalisten an der Macht ge -sehen hatte" Dies sagte Mao Zedong im Januar 1965 dem ihm vertrauten Edgar Snow. Ein halbes Jahr später schnitt Andre Malraux die Frage der Opposition an. Darauf Mao Zedong: „Die national gesinnten Bürgerlichen, die Intellektuellen und so weiter gibt es immer noch. Und es gibt nun auch die Kinder der einen und der anderen. . . ." Malraux: „Warum die Intellektuellen?" — „Ihr Denken ist antimarxistisch. Im Befreiungskrieg haben wir sie ausgenommen, selbst jene, die Bindungen zum Kuomintang gehabt hatten; wir hatten ja zu wenig marxistische Intellektuelle. Ihr Einfluß ist noch lange nicht dahin. Vor allem nicht bei der Jugend. ... Eine Menge Konflikte reifen heran. . . . Das Problem der Jugend ist nicht gelöst. ... Die Revolution und die Kinder — für beide gilt: Wenn man sie großziehen will, muß man sie bilden. . . . Die Jugend muß durch Bewährungsproben gehen." Malraux'Empfindungen: „Es weht etwas durchs Zimmer, das unsere Gesprächspartner noch regloser werden läßt. . . Man bekommt ein Gefühl, als werde von der geheimen Vorbereitung einer Kernexplosion gesprochen." 1962 zählte der Chinesische Kommunistische Jugendverband (Zhongguo Gongchanzhuyi Qingniantuan), das klassische Nachwuchsreservoir der Partei, 25 Millionen Mitglieder, was über zwanzig Prozent der chinesischen Jugend zwischen 15 und 25 Jahren entsprach. Auf dem Neunten (dritten und 25 Jahren entsprach. Auf dem Neunten (dritten) Kongreß des Jugendverbandes im Juni 1964 in Peking (die offizielle Zählung beginnt mit dem ersten kommunistischen Jugendtreffen 1922 in Kanton), dessen Bedeutung die wichtigsten Parteiführer durch ihre Anwesenheit betonten, warnte der Erste Sekretär zwar ebenfalls vor „bürgerlicher Entartung und schlechten und verkommenen Elementen, die sich in den Jugendverband 14) eingeschmuggelt" hätten, doch ironisch fügte er — eine Bemerkung Mao Zedongs paraphrasierend — hinzu, die Widersprüche zwischen bürgerlichem Gedankengut, der Kultur und den Gebräuchen der alten Gesellschaft und den Forderungen der proletarischen Gesellschaft würden noch fünf bis zehn Generationen andauern (und sind deshalb wohl nicht sonderlich ernst zu nehmen). Wohl korrumpiere der Humanismus (der kollaborierenden bürgerlichen Intellektuellen) die Jugend und sei von Übel, doch der „moderne Dogmatismus" — und hier griff er den zuhörenden Parteivorsitzenden direkt an — sei von gleichem Übel wie der Revisionismus der Intellektuellen 15).

Das dem Neunten Kongreß des Jugendverbandes folgende Plenum seines Zentralkomitees vom Mai 1965 paßte sich verbal der sich in der ländlichen Erziehungsbewegung abzeichnenden radikaleren Linie an und übte gar ein wenig Selbstkritik: Die Jugend solle sich, so die Führung des JugendVerbandes, aktiv beteiligen an der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion; sie solle zum Einsatz auf dem Lande und in den Bergen mobilisiert werden; politische Betätigung solle emporschießen, die „Maozedongideen lebensbezogen studiert und schöpferisch angewandt" werden (huoxue huoyong Maozedong-sixiang). Da diese Weisungen „der Parteizentrale und des Vorsitzenden" nicht genügend studiert worden seien, habe es Mängel und Irrtümer gegeben. Doch die Irrtümer seien zweitrangig und die Hauptlinie richtig gewesen Obschon die Selbstkritik sehr leise klang, wurde der Beschluß noch vier Monate geheim gehalten. Seiner Veröffentlichung im September 1965 folgten sogleich neue Richtlinien des Jugendverbandes für die Rekrutierung neuer Mitglieder. In ihnen hieß es, man solle auch die entmutigten und verzweifelten Kinder aus den „falschen Familien" wissen lassen, daß sie bei einiger Anstrengung eine bessere Zukunft vor sich hätten. Unter den 95 Prozent, die nach dem Vorsitzenden Mao der kommunistischen Herrschaft zustimmen, seien auch Kinder von Ausbeuterfamilien, die allmählich dem Einfluß der Ausbeuterklasse entkommen seien. Man solle zusehen, daß so viele wie möglich von ihnen in den Jugendverband einträten, „auch Kinder von Großgrundbesitzern, reichen Bauern und Kapitalisten, sofern sie den Anforderungen genügen" Die Absicht dieser Richtlinien war zweideutig. Die Erweiterung der Klassen-basis entsprach sicherlich den Absichten Mao Zedongs. Nur zu oft verteidigten ehemalige Revolutionäre und spätere Parteibürokraten ihre Position gegen Konkurrenten mit dem Hinweis auf deren „falsche" Klassenzugehörigkeit. Unterrepräsentiert waren jedoch in der Mitgliedschaft des Jugendverbandes zunächst einmal die Kinder der Landbevölkerung im allgemeinen und der armen Bauern und unteren Mittelbauern im besonderen, ebenso die Kinder der ungebildeten Arbeiter, die sich vor der Befreiung keine besonderen Verdienste erworben hatten. Anstatt sich also den „Massen" zu öffnen, aus ihnen revolutionäre Nachfolger zu rekrutieren, versöhnte sich der Jugendverband mit den Kindern der Klassenfeinde von einst, deren Opportunismus den Machtpositionen der Berufsjugendlichen weniger gefährlich schien. 1966 — im Jahr der Kulturrevolution — unternahm der Jugendverband kurz vor Toresschluß verzweifelte Anstrengungen, mit der politischen Entwicklung gleichzuziehen und sich an die Rockschöße der Peking und die Massenmedien zurückerobernden Mao Zedong/Lin Biao-Gruppe zu heften. Vorbehaltlos unterstützten im Juni 1966 Zeitung und Magazin des Jugendverbandes das Vorgehen gegen die Revisionisten in der Partei und denunzierten die Abweichler in den eigenen Reihen. Sogar die Konkurrenz, die rebellierenden Schüler und „jungen revolutionären Kämpfer" (geming xiao jiangmen), wurden willkommen geheißen Das Mäntelchen flatterte zu spät nach dem Wind. Der Jugendverband wurde nach dem August-Plenum des Zentralkomitees der Partei für lange Zeit totgeschwiegen. Seine Tageszeitung erschien am 17. August 1966 ein letztes Mal

Der Jugendverband hatte sich unfähig gezeigt, kämpferischen Elan in die Jugend zu tragen, sich von Bürokratismus und revisionistischem Gedankengut zu befreien und Mao Zedongs Appell zur Heranbildung revolutionärer Nachfolger zu beantworten. Zu sehr war der Verband mit der Parteibürokratie verfilzt; überaltert waren seine Funktionäre, die um ihre persönlichen Interessen fürchteten. Deutete auch einiges darauf, daß der Jugendverband nicht von vornherein überspielt werden sollte, so diskreditierten ihn doch seine Doppelzüngelei und seine halbherzigen Zugeständnisse, als es überdies schon zu spät war. Einige Jugendsekretäre mochten bei der Bildung der Rotgardistenzellen im Frühjahr 1966 beteiligt gewesen sein Der Jugendverband als Institution jedoch wurde von der rebellierenden Jugend als Teil des feindlichen Establishment hinweg-gespült.

Es bleibt noch die „Abweichung der Intellektuellen" zu untersuchen, das dritte Problem der Mahnrede Mao Zedongs auf dem 10. Plenum vom September 1962. Die Kritik der Intellektuellen am revolutionären Konzept Mao Zedongs und das stille und ausgesprochene Einverständnis des parteilichen Propagandaapparates mit diesen Intellektuellen sind bereits an anderer Stelle ausführlicher behandelt worden Die wichtigen Veröffentlichungen der Literaten, gegen die Mao Zedong von November 1965 bis Juni 1966 seine Ideologen zu Felde ziehen ließ, lagen in der Zeit vor dem September-Plenum 1962. Die Autoren waren so hochgestellte Persönlichkeiten wie der Vize-bürgermeister von Peking, der Chefredakteur der Volkszeitung und Stadtparteisekretär von Peking oder der Leiter der Erziehungsarbeit und später der Einheitsfrontabteilung im Pekinger Stadtparteiausschuß Ihre Protektoren mußten also an noch höherer Stelle tätig sein. Erkennbar wurden sie in der vorbereitenden Phase der Kulturrevolution: der Oberbürgermeister und Erste Parteisekretär von Peking, der Leiter der Propagandaabteilung im Zentralkomitee und der Minister für Kultur

Der intellektuelle Widerstand erstreckte sich auf alle Bereiche des Überbaus. Theoretisch begründet wurde er von einem der führenden Parteiideologen und Lehrer an der Parteihochschule, Yang Xianzhen. Dieser entwickelte die Theorie des „Zwei verbinden sich zu Einem"

(he er er yi): Der fundamentale Konflikt innerhalb gesellschaftlicher Einheiten tendiere zum allmählichen Wachstum des kommunistischen Elements, während das kapitalistische Element allmählich schwächer werde bis zu seinem endgültigen Verschwinden. Die Widersprüche lösten sich in der gesellschaftlichen Praxis nahezu automatisch auf: „Zwei verbinden sich zu Einem". Mao Zedongs Basissatz „Eins spaltet sich in Zwei" (congshi yi fen wei er), das heißt, die Widersprüche seien aufzudecken und auszutragen, sei lediglich zum methodischen Verständnis des Klassenkampfes notwendig. Theoretisch sei die scheinbare Einheit aufzuspalten, doch nur, um zur prakti- sehen Einsicht des „Zwei verbinden sich zu Einem" zu gelangen

Die Argumentationsweise Yang Xianzhens begründete nicht nur die intellektuelle Dissi-denz im Innern, sondern wies auch bedrohlich in die Nähe der sowjetischen Koexistenztheoretiker — dies zur Zeit der endgültigen Loslösung von der ideologischen Hegemonie der Sowjetunion, die vom Neunten Kommentar besiegelt wurde. Die Evolutionstheorie des „Zwei zu einem verbinden" verniedlichte in der Sicht Mao Zedongs und Lin Biaos ebenso die äußere Konfrontation: die Einkreisung durch die USA (Thailand, Vietnam, Taiwan, Okinawa, Korea) und durch die Sowjetunion (Zentralasien, Mongolei, Fernost) Yang Xianzhen mochte im Sinn haben, durch Einheit im Innern und das Bündnis mit der Sowjetunion der amerikanischen Bedrohung zu begegnen.

Die Entwicklung der frühen sechziger Jahre, charakterisiert durch Mao Zedongs Warnung vor dem September-Plenum 1962, bestätigte die These des revolutionären Führers, daß in der sozialistischen Gesellschaft neben den „Widersprüchen im Volke" — zwischen Werktätigen und nationaler Bourgeoisie, zwischen kollektiven und individuellen Interessen, zwischen dem Parteiapparat und den „Massen" — auch die „Widersprüche zwischen uns und dem Feind" fortbestehen, der antagonistische Kampf „zwischen den zwei Wegen, zwischen dem des Sozialismus und dem des Kapitalismus". Die offenkundig revisionistische Haltung der Partei und ihrer Organisatioren, ihr Beharren, „es genüge, die sozialistische Revolution an der wirtschaftlichen Front durchzuführen", ihre Weigerung, „eine gründliche sozialistische Revolution auch an der politischen und ideologischen Front" durchzuführen ließ die Gefahr eines dialektischen Rückschlages wachsen. War die „Konterrevolution, bis dahin ein schlechtes Besonderes im Allgemeinen, welches Revolution ist", im Begriff, „deren übergreifende Rolle (zu usurpieren)?" Wollte der „Feind des Volkes, bis dahin dessen Antagonist, ihm Freund geworden sein"? Die Frage wurde unausweichlich, „ob womöglich die . . . Opposition sich den Platz des vorgeblich Allgemeinen so effektiv angemaßt (hatte), daß die Revolutionäre, wenngleich sie den Platz des Besonderen nur scheinbar besetzten, doch rebellieren müssen, damit sie nicht als Reaktionäre in Erscheinung treten" Die Revolutionäre rebellierten, als die traditionellen Berichtigungsmethoden gescheitert waren. Im Februar 1967 stellte Mao Zedong rückblickend fest: „In der Vergangenheit führten wir die Kämpfe auf dem Lande, in den Fabriken, auf dem Gebiet der Kultur, und wir führten die sozialistische Erziehungsbewegung durch. Aber all dies konnte das grundsätzliche Problem nicht lösen (die Gefahr, daß China seine Farbe änderte, D. A.), weil wir kein Mittel, keine Methode fanden, die breiten Massen in Bewegung zu setzen, damit sie unsere dunklen Seiten auf gründliche Weise und von unten her aufdeckten."

II. Rebellion

Ein einigermaßen zuverlässiges Instrument, auf daß sich Mao Zedong zu Beginn der Kulturrevolution stützen konnte, war die Volks-befreiungsarmee (Renmin Jiefangjun). Mit ihrer Führung hatte er nach stürmischen Auseinandersetzungen auf dem 8. Plenum des Zentralkomitees im August 1959 auf dem Lushan Lin Biao, den Helden des Bürgerkriegs gegen die Nationalisten, beauftragt Ähnlich der Kommunistischen Partei Chinas hatte die Armee, seitdem sie 1950 die Guerilla gegen Kasernen vertauschte, das „Fisch-im-Wasser" -Verhältnis zum Volk, die erprobte Methode zum politischen und militärischen Erfolg, weitgehend eingebüßt. Lin Biao, der bereits kurz nach der Übernahme des Verteidigungsministeriums in aufsehenerregender Weise die Maozedongideen glorifizierte suchte die Armee weltanschaulich und organisatorisch wieder umzuformen zur politischen Avantgarde, zum Wächter einer revolutionären Entwicklung Chinas. Vom Sommer 1960 bis in das Jahr 1964 folgten einander nahezu ununterbrochen Bewegungen zur Verbesserung des Arbeitsstils und zur ideologischen Schulung von Soldaten und Offizieren in den Maozedongideen, deren „lebensbezogenes Studium und schöpferische Anwendung" zur Richtschnur in der politischen Arbeit der Armee erklärt wurden. Eine solche „schöpferische Anwendung der Maozedongideen" waren die Vier Ersten (si-ge di-yi), die der Militärausschuß des ZK im Oktober 1960 zu Maximen der Indoktrinierung erklärte: Der Mensch sollte den Vorrang haben vor den Waffen, die politische Arbeit vor der anderen Arbeit, die ideologische Arbeit vor der politischen Routinearbeit, schließlich die „aus dem Leben geschöpften Ideen" (ein besonderer Beitrag Lin Biaos) vor der Buchweisheit Mit den Vier Ersten wurde Mao Zedongs Konzept der Massenlinie erneut betont; die „aus dem Leben geschöpften Ideen" figurierten an prominenter Stelle unter den Leitlinien der Kulturrevolution. Die zitierte Ausgabe des vertraulichen „Arbeitsbulletins" der Volksbefreiungsarmee (die Ausgaben des Bulletins von Januar bis August 1961 fielen den Taiwan-Nationalisten bei einem ihrer Überfälle in die Hände) liest sich ohnehin wie eine Vorwegnahme der kulturrevolutionären Methoden: Unter den verschiedenen Formen politischer Erziehung wird das Rufen von Schlagworten, der Gebrauch von Plakaten und Wandzeitungen mit großen Schriftzeichen empfohlen; die Funktionäre werden angewiesen, Kampftechniken wie „großen Wettstreit, großes Blühen, große Debatten und Große-Schriftzeichen-Zeitungen" extensiv zu nutzen; die Politoffiziere sollen jene „Arbeiter der Propaganda-und Kulturabteilungen" überprüfen, die die Maozedongideen in die Massen tragen. In jenen Jahren druckte die „Zeitung der Befreiungsarmee" (Jiefangjun Bao) regelmäßig „Worte des Vorsitzenden Mao" (Mao zhuxj yulu), die zum „organisierten Studium in jeder Armee-Einheit ausgewählt" und „auf die Bedürfnisse und das Bildungsniveau der untersten Kader und Soldaten abgestimmt" worden waren. Im Mai 1964 und in revidierter Fassung zum Tag der Befreiungsarmee am 1. August 1965 erschienen die „Worte" als Rotes Buch und wurden an jeden Soldaten ausgehändigt

Seit 1964 ging die Armee daran, die von ihr entwickelten Methoden und Techniken fortschreitend auf Partei und Massen zu übertragen. Zur gleichen Zeit, in der die Sozialistische Erziehungsbewegung die ländlichen Massen mobilisieren sollte, wurde China aufgerufen, „von der Befreiungsarmee zu lernen" Die Helden, die als nacheifernswerte Beispiele propagiert wurden, kamen aus den Reihen der Armee 1964 begann die Armee, zusätzlich zur staatlichen Verwaltungshierarchie politische Abteilungen einzurichten, die die politische Arbeit in der Staatsmaschinerie wiederbeleben sollten. Die Herausforderung der Bürokratie war allen sichtbar, obschon die Armee sich strikt auf ihre politische Rolle beschränkte und weder Staats-noch Partei-funktionen usurpierte'.

Weshalb versuchte Mao Zedong nicht mit einer ideologisch derart geschulten und organisatorisch festgefügten Armee eine schnelle, durchgreifende Säuberung von Partei und Staat von oben? Warum ging er den langsamen und schlecht kalkulierbaren und noch weniger manipulierbaren Weg der schrittweisen Verstärkung des Druckes von unten durch neue Formen der Massenorganisation, bei denen die Armee nur Pate stand? Zum einen, so Richard Löwenthal, sei wohl auch die Armee in ihrer Haltung zu Mao Zedongs utopischer Konzeption nicht so einheitlich gewesen, zum anderen aber sei Mao Zedong kein Zyniker wie Stalin. Er glaube an sein Konzept der ununterbrochenen Revolution. „Wer den ideologischen Elan der Revolution im Kampf gegen bürokratische Erstarrungstendenzen erneuern und auf die heranwachsende Jugend übertragen will, der kann selbst nicht rein bürokratisch von oben vorgehen, sondern muß den Versuch zur Mobilisierung der Massen wagen."

Mao Zedong wählte eine Methode zur Mobilisierung der Massen, die wohl einmalig dasteht in der Geschichte der Herrschaftssysteme. Er appellierte an die akademische und halbakademische Jugend in den Städten, deren noch ungebrochenen Elan und soziale Unzufriedenheit er ummünzte in Herrschaftskritik. Indem Mao Zedong dieser Jugend die Initiative übertrug, hatte er zugleich die Veränderung des Staates wie der Jugend im Sinn die Umwälzung der revisionistischen Staats-und Parteiorganisation und zugleich die Heranbildung von „revolutionären Nachfolgern". Mao Zedong erreichte ein drittes: Ausbruch und Kanalisierung der Frustration vor allem der Jugend proletarischer Herkunft, die sich in den Jahren nach dem ersten revolutionären Sprung von 1958 angestaut hatte.

Schätzungen der Vereinten Nationen nennen eine jährliche Zuwachsrate der Bevölkerung Chinas zwischen zwei und fünf Prozent oder umgerechnet etwa 14 Millionen Menschen im Jahr. Die Zahl der Jugendlichen im Alter zwischen fünf und 24 Jahren erhöhte sich von annähernd 255 Millionen 1958 auf 300 Millionen 1963 und auf 350Millionen im Jahr 1968 Dieser Zuwachs bürdet einem System, das seiner gesamten Bevölkerung Ausbildung und Bildung vermitteln und das allen Jugendlichen angemessene Arbeitsplätze verschaffen will, ungeheure Lasten auf. Erziehungssystem und Wirtschaft der Volksrepublik hatten sich dieser Belastung nicht gewachsen gezeigt. Das mangelnde Angebot an Ausbildungs-und Arbeitsplätzen wurde noch verschärft durch das Monopol, das die alten Funktionäre (lao ganbu) in Partei, Verwaltung und Industrie hatten. Diese Funktionärsgruppe versprach 1965/66 so bald noch nicht abzutreten. Ihre Mitglieder gehörten in der Mehrzahl der Partei schon vor 1949 an, waren aber in der großen Masse erst nach 1915 geboren, also noch keine fünfzig Jahre alt. Sie standen Aufstieg und Ambitionen der Jungen im Wege, die eine befriedigende Tätigkeit beginnen oder in ihr fortkommen wollten

Der Wettbewerb um den Zugang zu weiterführenden Schulen und um befriedigende Arbeitsplätze wurde in den sechziger Jahren härter. Die Zulassungsprüfungen, die im Juni 1966 abgeschafft wurden, erwiesen sich als schwer zu passierende Hürde, deren Überwindung dann noch nicht einmal eine wissenschaftliche oder wirtschaftliche Karriere versprach. Die materiell besser gestellten, vorgebildeten Kinder bürgerlicher Herkunft mit besseren häuslichen Bildungschancen waren den Kindern von Arbeitern und armen Bauern nicht nur objektiv überlegen bei der Bewerbung um Schul-, Studien-oder Arbeitsplätze, sondern auch subjektiv, wie die Auswahlkriterien der Prüfer und Schulleiter — die meisten von ihnen selber bürgerlicher Herkunft — beweisen Das Bemühen der chinesischen Führung, die Unterschiede zwischen intellektueller Aristokratie und ungebildeten Massen sowie zwischen geistiger und körperlicher Arbeit zu verringern mit dem Ziel, sie ganz aufzuheben, war nach dem Zwischenspurt von 1958 gescheitert. Die im Frühjahr 1964 eingeführten Halb-Arbeit-halb-Studium-Schulen (bangong-bandu xuexiao) sollten den kommunistischen Allround-Menschen heranbilden, den Anteil von Proletariern unter den Intellektuellen erhöhen und die Theorie nachhaltig mit der Praxis verbinden. Diese Schulen wurden unter den Händen der bürgerlichen Erzieherelite zu Auffangschulen für Versager proletarischer Herkunft Die erzieherische Tradition erwies sich stärker als der rationale Versuch, geistige und körperliche Arbeit zu verbinden, den überlasteten Lehrplan zu reduzieren, Bildung und Ausbildung in die Massen zu tragen, qualifizierte Arbeiter zu nebenberuflicher Lehrtätigkeit heranzuziehen und den Lernenden aktiv am Lernprozeß zu beteiligen. Lehrer und Parteifunktionäre trafen sich in der Meinung, das Halb-und-halb-System auf Grundschulen sowie auf allfällige Neugründungen zu beschränken und die bestehenden Vollzeitschulen unangetastet zu lassen. Erst die kulturrevolutionären Richtlinien vom Frühjahr und Herbst 1967 erweiterten das Halb-und-halb-System auf Oberschulen und Universitäten, bevorzugten Kinder von Arbeitern, armen Bauern und Soldaten und setzten sich zum Ziel, die Lehrerschaft zu „proletarisieren".

Die Jugend proletarischer Herkunft, der oft beschworene Nutznießer und Nachfolger der Revolution, nahm die Führung der Kommunistischen Partei zu Recht beim Wort und erwartete, daß das nachrevolutionäre Erziehungssystem sie für ihre künftige Führungsrolle vorbereiten werde. Doch auf Oberschulen und Universitäten mußte der Schüler und Student proletarischer Herkunft erfahren, daß das System nicht für ihn, sondern für die besser ausgestatteten Kinder der Bourgeoisie geschaffen war, denen gründlich zu mißtrauen ihn Erfahrung und politische Erziehung gelehrt hatten. Schule und Universität bedeuteten für ihn akademische und soziale Demütigung durch die Mittelklasse Diese Jugend sah Mao

Zedongs Appell zur Rebellion als erlösende Befreiung an von der bürgerlichen Vorherrschaft an Schulen und Universitäten und von dem mit Partei und Bourgeoisie kollaborierenden Jugendverband. Doch Mao Zedongs Appell weckte ebenso den vom bürokratischen Establishment gezüchteten Opportunismus, die Aussicht, durch revolutionären Aktivismus Vorteile zu erlangen beim Wettbewerb um Ausbildung und Beruf. Er weckte aber auch einen jahrelang gehegten Idealismus zur engagierten Teilhabe am Aufbau des kommunistischen Utopia. Der Meisterschwimmer im Yangzi lehrte: Schwimmen erlerne man nur durch Schwimmen, und nur der revolutionäre Kampf könne revolutionäre Änderungen hervorbringen. 1. Eskalation 1962 äußerte Mao Zedong, daß man, um eine politische Macht zu stürzen, zuallererst die öffentliche Meinung in Bewegung bringen und den ideologischen Bereich bearbeiten müsse So äußerte sich die Große Proletarische Kulturrevolution zunächst als „Kritik bürgerlichen reaktionären Denkens", zu der Mao Zedong auf einer Arbeitssitzung des Politbüros im September 1965 aufrief Seltsamerweise wurde der Pekinger Stadtparteisekretär und Oberbürgermeister Peng Zhen, der als Protektor der dissidenten Pekinger Intellektuellen notorisch war, als Leiter einer vorbereitenden Gruppe für die beginnende Kulturrevolution eingesetzt. Geschah es, um seine Loyalität zu Mao Zedong zu testen, ihn endgültig zu entlarven? Mao Zedong zog sich allerdings im Herbst 1965 nach Shanghai zurück, von wo er, ungeachtet der „vorbereitenden Tätigkeiten" Peng Zhens, durch den Literaturkritiker und Parteiideologen Yao Wen-yuan einen sensationellen Angriff gegen den Stellvertreter Peng Zhens und renommierten Literaten Wu Han richten ließ Die hin und her wogende Diskussion über die Polemik Yao Wenyuans wurde akzentuiert durch eine Direktive Lin Biaos, die zunächst für den innermilitärischen Bereich bestimmt schien, bald jedoch sich als Signal für eine Berichtigungsbewegung neuen Stils erwies, die das gesamte Land erfassen sollte. Die Direktive zielte ganz offen auf die führenden Funktionäre, namentlich die Parteisekretäre von der Ebene der Xian (Landkreise) bis hin zu den Regionalbüros. Loyalität und Fähigkeit der Funktionäre sollte sich am Test erweisen, ob sie die Maozedong-ideen als Richtschnur ihrer Arbeit befolgten. Die Direktive gab zu, daß viele Funktionäre den praktischen Nutzen der Maozedongideen bestritten und sich lieber ihren beruflichen Tätigkeiten widmeten. Lin Biao empfahl den „alten Genossen" und „hohen Funktionären" zur Abhilfe das eifrige Studium der Werke Mao Zedongs und furchtlose Selbstkritik und Kritik Während die Pekinger Autoritäten die Diskussion um Wu Han aufs akademische Gleis abzuschieben suchten, heizte die Zeitung der Befreiungsarmee, die kurzfristig — bis zur personellen Umbesetzung der Zentralorgane der Partei — die publizistische Leitung der Kulturrevolution übernahm, die Kampagne mit zwei scharfen Leitartikeln vom 18. April und 4. Mai 1966 an. Am 10. Mai folgte der zweite Angriff Yao Wenyuans in der Shanghaier Wenhui Bao

Die Auseinandersetzung wurde mit dem von der Gruppe um Mao Zedong ausgehenden innerparteilichen Rundschreiben vom 16. Mai in die gesamte Partei getragen Dieses bis zu seinem ersten Jahrestag vertraulich bleibende Dokument nannte die neue Bewegung erstmals beim Namen: Große Proletarische Kulturrevolution. Mit ihr ziehe Mao Zedong die Lehre aus der Reaktion von Partei und Staat auf seine Warnungen vom September 1962. Um das revisionistische Übel an der Wurzel zu packen, helfe nur eine radikale „Zerstörung aller alten Ideologie und Kultur", eine „große Umgestaltung des Bewußtseins", die die proletarischen Massen befähige und ermutige, gegen die bürokratische Herrschaft zu rebellieren. Das Rundschreiben beschuldigte Peng Zhen, in sogenannten „Februar-Thesen" (er-yue tigang) an alle Parteiorgane als Leiter der die Kulturrevolution vorbereitenden Gruppe das Ziel dieses großen Kampfes verdunkelt zu haben. Die Februar-Thesen legten Wert aufs „Blühenlassen". Doch unter solchem Blühenlassen verstehe Peng Zhen (im Gegensatz zu dem politischen Inhalt, den Mao Zedong den „Hundert Blumen" gab „bürgerliche Liberalisierung". Gleichzeitig verbiete er aber dem Proletariat, seine Meinung zu äußern und die Bourgeoisie zurückzuschlagen, indem er fordere, die „andere Seite" nicht nur politisch zu schlagen, sondern sie auch „hinsichtlich des wissenschaftlichen Niveaus wirklich zu übertreffen und zu besiegen". Damit schütze Peng Zhen die „wirklichen, bürgerlichen akademischen Despoten und deren wankende Monopolstellung in den akademischen Kreisen". Zugleich setze er der proletarischen Linken viele Schranken, lege Vorschriften und Tabus für sie fest: „Zu einer Zeit, da der neue heftige Kampf des Proletariats gegen die Vertreter der Bourgeoisie an der ideologischen Front eben erst beginnt, man sich aber auf vielen Gebieten und an vielen Orten ihm noch nicht angeschlossen hat oder, wo dies geschehen ist, die überwiegende Mehrheit der Parteikomitees noch in sehr geringem Maße begriffen hat, wie dieser große Kampf zu führen ist, noch weit davon entfernt ist, ihn gewissenhaft und wirkungsvoll zu führen, — in einer solchen Zeit jedoch wird (in den Februar-Thesen, D. A.) wiederholt nachdrücklich betont, daß der Kampf . geleitet werden muß', daß er mit , Sorgfalt'und , Vorsicht'und , nach Genehmigung durch die zuständigen führenden Organe'geführt werden muß.“

Noch einmal hatte der Parteiapparat, verkörpert durch Peng Zhen (der immerhin Mitglied des Politbüros war), versagt. Das Rundschreiben vom 16. Mai eröffnete nun die zweite Phase der Kulturrevolution: Vergleichbar der Hundert-Blumen-Bewegung von 1957 wurden wiederum außerparteiliche Gruppen zur Kritik der Parteiautoritäten eingeladen, doch dieses Mal nicht von der bürgerlichen Rechten, sondern von der studentischen Linken.

Wie die ersten Gruppen und Zellen der jugendlichen Rebellen an Oberschulen und Universitäten sich bildeten oder gebildet wurden, ist noch heute unklar. Man kann annehmen, daß Mittelsmänner Mao Zedongs an den großen Universitäten und Fachhochschulen des Landes politisch (im Sinne Mao Zedongs) zuverlässige und organisatorisch befähigte Studenten und Oberschüler aus dem oben skizzierten Potential unzufriedener Kinder proletarischer Herkunft um sich sammelten. Anzunehmen ist weiter, daß Mittelsmänner Lin Biaos an den Fachhochschulen der Volks-befreiungsarmee Rebellenkerne schulten, so beispielsweise an der Pekinger Hochschule für Luftfahrt (an der die Tochter Lin Biaos studierte) und an der Ingenieurschule in Haerbin (Heilongjiang). Die ersten Impulse der Schüler und Studenten gingen von Peking aus. Eine „Rote-Garde-Gruppe" an der Oberschule der Pekinger Qinghua-Universität beanspruchte für sich das nationale Erstgeburtsrecht. In ihrer ersten Wandzeitung gab sie als Gründungsdatum den 21. Mai 1966 an und bezeichnete sich als „Kampftruppe der revolutionären Minderheit", die das „Recht der Rebellion" beanspruche, um „eine revisionistische Führung zu bekämpfen". Mao Zedong selbst, so berichtete eine andere Wandzeitung, stimmte dieser ersten Rotgardistenzelle brieflich zu: „Wir unterstützen von Herzen alle jene, die in der Bewegung der Kulturrevolution auf Eurer Seite stehen, in Peking ebenso wie im ganzen Land."

Die „erste Salve der Großen Proletarischen Kulturrevolution" wurde allerdings von einer Gruppe jüngerer Philosophiedozenten der Pekinger Universität (Beijing Daxue, kurz Beida) „abgeschossen". Als die Studenten der berühmten Beida am 25. Mai 1966 nach der mittäglichen Ruhepause in ihre Seminare zurückeilten, fanden sie an den Mauern ihrer Mensa eine Reihe von handgeschriebenen großen Plakaten vor, sogenannte Dazibao oder Große-Schriftzeichen-Zeitungen. Die Unterzeichner, die Philosophiedozentin Nie Yuanzi und sechs ihrer Kollegen, richteten auf den Wandzeitungen scharfe Angriffe gegen den Rektor der Universität, Lu Ping, der zugleich ihr Parteisekretär war, gegen seinen Stellvertreter und gegen den stellvertretenden Leiter der Universitätsabteilung im Pekinger Stadtparteiausschuß. Ganz im Sinne des Rundschreibens vom 16. Mai, das den Unterzeichnern der Wandzeitungen bekannt gewesen sein mußte, wurden die drei Funktionäre bezichtigt, zu einer Zeit, da die Große Kulturrevolution ihrem Höhepunkt zustrebe, den politi-sehen Kampf aufs akademische Gleis abschieben zu wollen. Sie riefen nach verstärkter Führung und hätten öffentliche Diskussionen und Wandzeitungen verboten. Mit schnell errichteten Tabus und Vorschriften suchten sie ihre Position zu halten und die Kulturrevolution zu unterminieren. Doch fliegende Ameisen könnten-keinen dicken Baum vertilgen (eine Anspielung auf das Gedicht Mao Zedongs vom Januar 1963 „Genossen Guo Moruo erwidernd" Für alle revolutionären Intellektuellen sei die Zeit gekommen zu kämpfen. Geschart um das Zentralkomitee und den Vorsitzenden Mao sollten sie die Herrschaft der Revisionisten und aller chruschtschowistischen Konterrevolutionäre brechen

Betroffen und verwirrt sammelten sich die Studenten vor diesem Aufruf Zwar hatte es seit 1963 an ihrer Universität immer wieder politische Kampagnen gegeben, die seit Herbstanfang 1965 an Intensität zunahmen.

Immerhin stand der Dekan der Historischen Fakultät seit März 1966 im Schußfeld. Doch um die Auseinandersetzungen in der Parteispitze wußten weder die Studenten noch die große Masse der Dozenten. Jemand, der es wagte, dem Verbot des Rektors zuwider Wandzeitungen anzuschlagen und darin die höchsten Autoritäten der Universität anzugreifen, handelte entweder gegenrevolutionär oder besaß die Unterstützung noch höherer Funktionäre. Was sollte man nun denken? Rektor Lu Ping nahm den Schwankenden rasch das Denken ab. Noch am gleichen Nachmittag erteilte er den Provokateuren einen scharfen Verweis. Nun scharte sich die Mehrheit der Studenten wieder um die etablierte Autorität. Bald war die Wandzeitung Nie Yuanzis von zahllosen ablehnenden Dazibao umringt. Eine rebellisch gesonnene Minderheit beharrte allerdings auf dem Standpunkt der Philosophiedozenten, während Lu Ping den Text der Wandzeitung vervielfältigen ließ, die Diskussion in die Seminare verlagerte und so die politische Auseinandersetzung in akademische Höhen entrückte. Die Ruhe hielt aber nicht lange an. Am Abend des 1. Juni wurden Studenten und Dozenten zu einer Sondersendung von Radio Peking zusammengerufen, in der der volle Wortlaut der Wandzeitung Nie Yuanzis verlesen wurde. Dies ließ auf Billigung von höchster Seite schließen. Noch am gleichen Abend berief man eine erste Massenversammlung ein, auf der die rebellierenden Philosophen den Vorsitz führten.

Die dritte und größte Sensation folgte am 3. Juni. Radio Peking gab die Ernennung eines neuen Pekinger Stadtparteisekretärs bekannt. Peng Zhen, einer der führenden Männer der Volksrepublik, war also gestürzt! Mit der Ernennung der neuen Pekinger Parteileitung gab Radio Peking auch schon erste Weisungen weiter: Eine Arbeitsgruppe (gong-zuozu) der Partei wurde an die Peking Universität entsandt, um dort die Große Sozialistische Kulturrevolution zu leiten (das gleiche geschah im ganzen Land); der Rektor und sein Stellvertreter waren entlassen; die Arbeitsgruppe sollte alle Verantwortung übernehmen, solange der Parteiausschuß der Universität reorganisiert wurde Öffentlichkeit und Partei erfaßten erst die Tragweite der Pekinger Beschlüsse, als an der Peking Universität die Wogen der Agitation schon hochschlugen. Zehn Tage und Nächte lang wurde der Campus belagert von heftig diskutierenden Gruppen. Lastwagenweise strömten Besuchergruppen in das Universitätsareal, wo an sämtlichen erreichbaren Wänden Dazibao klebten. Nahezu alle Studenten und Dozenten hatten Kritik und Selbstkritik vorzubringen, am lautesten diejenigen, die nach der Absetzung Lu Pings in aller Eile von den Dörfern, auf die sie abkommandiert waren, an die Universität zurückkamen.

Die Wandzeitung der Philosophiedozenten fand nach ihrer Sanktionierung durch Radio Peking Nachahmung im ganzen Land. Ob an der Halb-Arbeit-halb-Studium-Schule der Nanjing Universität im mittelostchinesischen Li-yang, der Funktionärshochschule der Provinz Hunan oder der Hochschule für Verkehrswesen in Xi’an (Shanxi): am 2. Juni erscheinen die Wandzeitungen mit Angriffen auf Rektor und Parteisekretär, Arbeitsgruppen der übergeordneten Parteiinstanzen untersuchen die Kritik, und die Rektoren werden früher oder später abgelöst Am 13. Juni wurden die sich so formierenden Rebellen an Schulen und Universitäten auf dramatische Weise angefeuert. Staatsrat und Zentralkomitee gaben die Aufhebung aller Zulassungsprüfungen bis zu ihrer Reform und die Verschiebung aller Ein-schreibungen für ein halbes Jahr bekannt. Im zugehörigen Kommentar verurteilte die Volks-zeitung „jene hohen und mächtigen antiparteilichen und antisozialistischen bürgerlichen Machthaber, die hohe Positionen im Erziehungswesen einnehmen": „Ihr habt die Zöglinge der reaktionären Klassen an Eure Busen gedrückt und auf hundertundeine Weise die Kinder der arbeitenden Klasse abgewiesen und angegriffen. Ihr habt mit den antiparteilichen und antisozialistischen Spezialisten'und , Professoren kollaboriert und sie ermutigt, bürgerliches und revisionistisches Gift auszustreuen. Können wir bei soviel Bosheit auf Eurem Konto und soviel Schuld gegenüber dem Volk Euch gestatten, Eure Untaten fortzusetzen, ohne Euch anzuprangern, ohne Euch zu kritisieren, ohne Euch zu bekämpfen? ... Die Massen der Arbeiter, Bauern, Soldaten, revolutionären Funktionäre und Intellektuellen haben sich entschlossen, Euch Ungeheuer bloßzustellen, Euch auszujäten, all Eurer . imponierendes Auftreten zu entlarven und Eure , ererbten Schätze'zu zerschmettern.“

In den meisten Schulen, Instituten und Universitäten wurden in der Folge Unterricht und Ausbildung umfunktioniert zu Teach-ins, Kampfsitzungen und Basisgruppenarbeit. „Die linken Studenten stählen sich. Sie fangen an, eine starke revolutionäre Truppe aufzubauen. ... Sie wagen zu denken, zu sprechen, anzugreifen, zu handeln und die Revolution voranzutreiben. Sie werden das Herz der Revolution.“

Nach den Anfangserfolgen der studentischen Rebellen suchte der Parteiapparat im Juni und Juli 1966 die revolutionäre Situation an den Schulen und Universitäten wieder in den Griff zu bekommen, mit der Absicht, die Rebellion in eine Berichtigungsbewegung alten Stils umzuwandeln. Die Arbeitsgruppen, die die Partei entsandte, gingen vordergründig auf die aktuellen innerschulischen und inneruniversitären Forderungen ein, um alle weitergehende Kritik zu verurteilen. Sie suchten jeweils die gemäßigte Mehrheit von den Radikalen zu trennen, um dann die Führer der Rebellen zu isolieren und teilweise gar festzusetzen Da Mao Zedong sich immer noch außerhalb Pekings aufhielt, führte Staatspräsident Liu Shaoqi die Geschäfte des Zentral-komitees. Zur Selbstkritik aufgefordert, übernahm er später die Verantwortung für das Vorgehen der Arbeitsgruppen: „Weil die meisten Arbeitsgruppen die Führung der Massenbewegung an sich rissen und viele Beschränkungen aulerlegten, kam es unvermeidlich zu Unzufriedenheit und Zweifeln unter den Massen. Auch wenn diese sich manchmal radikal äußerten, so gehörten diese-Äußerungen immer noch zu den Äußerungen derer, die zu denken, zu sprechen, zu kämpfen und zu rebellieren wagten. .. . Während der fünfzig Tage der Entsendung von Arbeitsgruppen unterstützte ich stets die Arbeitsgruppen. Auf diese Weise vergrößerte ich für die Arbeitsgruppen die Möglichkeit, Fehler zu begehen, und erhöhte den Ernst des Problems. Die meisten Verantwortlichen der Arbeitsgruppen begriffen weder die Große Proletarische Kulturrevolution noch lernten sie von den Massen. Sie verlangten von Anfang an von den bereits in Bewegung gesetzten Massen, den '/on uns und den Arbeitsgruppen subjektiv entworfenen Plänen und Schritten zu folgen. Dies widersprach aber dem Gesetz der Entwicklung der revolutionären Massenbewegung und führte zu vielen schwerwiegenden Ereignissen. Dies war ein Fehler der rechtsopportunistischen Linie. . . .“

Die führenden Männer und Frauen der Partei griffen in die Auseinandersetzungen zwischen den Arbeitsgruppen und den Rebellen und zwischen den radikalen und gemäßigten Studentengruppen ein. Chen Boda, Privatsekretär Mao Zedongs und seit Juli 1966 Leiter der direkt dem Politbüro unterstellten Kulturrevolutionsgruppe und Jiang Qing, Gattin Mao Zedongs und Beraterin der Kulturrevolutionsgruppe, unterstützten und berieten die Rebellen an der Peking Universität. Wang Guangmei, die Gattin Liu Shaoqis, und weitere später scharf kritisierte Führer der „Rechten" stützten gemäßigte Studenten und die Massen der Funktionäre an der Qinghua Universität Mitte Juli begab sich Mao Zedong demonstrativ wieder in die Öffentlichkeit — mit einer seine physische und geistige Vitalität und Kampfeslust beweisenden Durchquerung des Yangzi in der Nähe der großen Brücke bei Wuhan Am 18. Juli übernahm der Parteivorsitzende seine Funktionen in Peking Zur gleichen Zeit erfuhr die chinesische Öffentlichkeit von der rigorosen Säuberung des zentralen Propagandaapparates Sobald Mao Zedong die Verantwortung an der Partei-spitze wieder an sich genommen hatte, zogen sich die berüchtigten Arbeitsgruppen aus den Universitäten zurück, zunächst in Peking, Anfang August im ganzen Land. Am 29. Juli empfingen Mao Zedong, Premierminister Zhou Enlai und andere führende Funktionäre der „Linken" Vertreter der rebellierenden Schüler-und Studentengruppen aus Peking. An diesem Treffen, so scheint es, wurde der Name „Rote Garden" (Hongweibing) offiziell aus der Taufe gehoben

Die offizielle chinesische Übersetzung „Rote Garden" ließ den Irrtum aufkommen, die Hongweibing setzten geradlinig die Tradition der „Roten Garden" (chiweidui) aus der Frühzeit der Guerilla in den Jinggang-Bergen fort Diese frühen „Roten Garden" wurden erstmals erwähnt in der von Mao Zedong verfaßten Resolution des 2. Parteitages des Grenzgebietes Hunan-Jiangxi vom 5. Oktober 1928, in der es hieß: „Allein mit den örtlichen Chiweidui, jedoch ohne reguläre Rote Armee, kann man nur mit den Hofwehren der Grund-herren fertig werden, nicht aber mit den regulären weißen (d. h. nationalistischen, D. A.) Truppen." Angemerkt wurde dazu von den Herausgebern der Ausgewählten Werke Mao Zedongs: „Die Chiweidui waren eine bewaffnete Organisation der Volksmassen in den revolutionären Stützpunktgebieten, deren Mit-glieder weiter ihrer Berufstätigkeit nachgingen.'' Zhu De, einer der bekanntesten Partisanenführer, beschrieb diese rotgardistische Volksmiliz als „Reservoir für die reguläre Rote Armee." Sie kämpfte nur als Hilfstruppe, nicht an der Front: „Im feindlichen Hinterland lauerten sie Kurieren und Patrouillen auf, zerstörten feindliche Lager und Verbindungswege, verbargen sich in den Wäldern und führten ihren eigenen Propagandakrieg " Chiweidui für Rote Garden tauchte zuletzt noch Anfang 1966 auf, nämlich als Rote Garden der Arbeiter (Gongren Chiweidui)

Folgten die Hongweibing organisatorisch und funktional auch nicht den Guerilleros der Jinggang-Berge, so wollten sie doch den Geist der romantisierten Frühphase der chinesischen Revolution wiedererwecken. Ebenso assoziierten die Roten Garden Hongweibing sicherlich die Garden der Pariser Kommune von 1871 und auch die Krasnaja Gvardija des revolutionären Rußland, die in jeder großen Krise der Revolution auf der Straße erschienen, „ungeschult und undiszipliniert, aber von revolutionärem Elan erfüllt" Die sowjetische Presse allerdings übersetzte die Roten Garden Hongweibing nur kurze Zeit mit dem auszeichnenden Krasnaja Gvardija. Schon im September 1966 wählte sie statt seiner Krasnaja Och-rana, was nicht verfehlte, beim russischen Leser Erinnerungen an die zaristische Geheimpolizei wachzurufen Die chinesische Presse sparte nicht mit ausschmückenden Beinamen für die Hongweibing: revolutionäre Nachfolger (geming jiebanren), junge revolutionäre Kämpfer (geming xiao jiangmen) und auch Teufelskerle (chuangjiang) wurden die häufigsten rotgardistischen Epitheta.

Die Roten Garden standen bereit. Mit ihnen hatte Mao Zedong die Methode gefunden, die Massen in Bewegung zu setzen. Den immer noch resistenten Parteiapparat überspielte der Parteivorsitzende auf dem 11. Plenum des Zentralkomitees, das vom 1. bis 12. August 1966 nach vierjähriger Sitzungspause zusammen-trat, durch ein Go-in von „Vertretern der revolutionären Dozenten und Studenten der Hochschulen von Peking" Derart unter Druck gesetzt, billigte das Plenum in seinem am 8. August angenommenen Beschluß das Vorgehen der Rebellen an den Schulen und Universitäten und gab grünes Licht (oder besser rotes Licht) für den Aufstand der nächsten Wochen: „Eine große Anzahl revolutionärer junger Leute, die vorher völlig unbekannt waren, sind zu mutigen und wagenden Bahnbrechern geworden. Sie sind energisch in der Tat und intelligent. Durch die Medien der Wandzeitungen und der großen Debatten diskutieren sie die Dinge aus, entlarven und kritisieren gründlich und greifen entschlossen die oiie-nen und versteckten Vertreter der Bourgeoisie an. In solch großer Bewegung ist es kaum vermeidbar, daß sie diese oder jene Mängel offenbart haben, aber ihre allgemeine revolutionäre Orientierung war von Anfang an richtig. ... Da der Widerstand recht stark ist, wird es in diesem Kampf auch Rückschläge und sogar wiederholte Kehrtwendungen geben. Das ist nicht schlimm. Das stählt das Proletariat und andere Werktätige und vor allem die junge Generation, erteilt ihnen Lehren, vermittelt ihnen Erfahrung und hilft ihnen zu verstehen, daß der Weg der Revolution in einem Zickzackkurs verläuft und nicht glatt und eben ist.... In der Großen Proletarischen Kulturrevolution liegt die einzige Methode für die Massen, sich zu befreien. Die Methode, in allem für sie zu handeln, darf nicht angewendet werden. Vertraut den Massen, stützt Euch auf sie und achtet ihre Initiative! Befreit Euch von der Furcht! Habt keine Angst vor Unordnung! Vorsitzender Mao hat uns oft gesagt, daß die Revolution nicht derart verfeinert, sanft, gemäßigt, gütig, höflich, zurückhaltend und großzügig sein kann!“

Doch die Rebellen sollten zugleich gewaltlos vorgehen: „Die Methode, die angewandt werden soll, ist die Diskussion, Darlegung der Tatsachen, Ar-gumentation und mit Hilfe dieser Argumentation Überzeugung. Es ist unzulässig, eine Minderheit, die anderer Ansicht ist, mit Gewalt zum Nachgeben zu zwingen. Die Minderheit soll geschützt werden, denn manchmal liegt auch bei ihr die Wahrheit. Auch wenn sie unrecht hat, soll man ihr dennoch erlauben, in ihrer Sache zu sprechen und ihre Meinung zu behalten. Wenn es eine Debatte gibt, soll sie mit Argumenten und nicht mit Gewalt geführt werden. ... Im Verlauf der Bewegung ... sollen keine Maßnahmen ergriffen werden gegen Studenten und Schüler der Universitäten, Fachschulen, Ober-und Grundschulen aufgrund von Problemen, die aus der Bewegung entstanden sind..

Ihren ersten großen öffentlichen Auftritt erlebten die Roten Garden am 18. August, nachdem ihre Führer von Chen Boda instruiert worden waren Inmitten einer riesigen Menschenmasse zeigten sich Zehntausende von Jugendlichen in Khaki-Uniformen und mit den charakteristischen roten Armbinden vor dem Pekinger Tiananmen, dem Tor des Himmlichen Friedens. Lin Biao, auf dem 11. Plenum zum „engsten Waffengefährten" Mao Zedongs und zu seinem Nachfolger avanciert, hielt „Schulter an Schulter mit Vorsitzendem Mao" die wichtigste der Reden. Lin Biao gab die Parole Po jiu li xin, „Zerstörung des Alten und Errichtungen des Neuen“, aus: „Die Große Proletarische Kulturrevolution will alle bürgerliche Ideologie ausrotten und die proletarische Ideologie aufrichten. Sie will die Seelen der Menschen umformen, ihr Denken revolutionieren, die Wurzeln des Revisionismus ausreißen und das sozialistische System fortentwickeln.. .. Wir werden mit aller Kraft alles alte Denken, alle alte Kultur, alle alten Bräuche und alten Gewohnheiten der Ausbeuterklasse ausjäten und alle jene Teile des Überbaus umformen, die dem sozialistischen Unterbau nicht mehr entsprechen... Wir werden uns mit aller Kraft bemühen, proletarische Machtorgane einzusetzen mit dem neuen Denken, der neuen Kultur, den neuen Bräuchen und den neuen Gewohnheiten des Proletariats. ... Wir wollen Hunderte von Millionen Menschen in die Lage versetzen, daß sie die Maozedongideen erfassen.... Wir wollen sie so praktizieren, daß sie die geistige Haltung der gesamten Gesellschaft umwandeln.

Wir wollen die Maozedongideen, diese großartige geistige Kraft, in eine gewaltige materielle Kraft umsetzen!" 2. Bildersturm Große Proletarische Kulturrevolution — wuchanjieji wenhua da geming — meint, semantologisch getreuer übersetzt, „große Umgestaltung des Bewußtseins der besitzlosen Klassen" Zwar sind die Ausbeuterklassen nach 1949 vom Volk entwaffnet und ihrer Macht beraubt worden, doch ihre reaktionären Gedanken blieben in den Gehirnen verwurzelt, hat doch Tausende von Jahren ihre beherrschende Ideologie weitgehenden Einfluß auf die Gesellschaft ausgeübt In den beiden Wochen nach der Rede Lin Biaos waren es vor allem die Oberschüler, Kinder und Jugendlichen zwischen acht und zwanzig Jahren, die dem überlebenden Einfluß der alten Welt den Krieg erklärten, Bräuche und Gewohnheiten umwälzen wollten. Sie, die Oberschüler, hingen am wenigsten an traditioneller Bildung und an besitzbürgerlichen Vorstellungen, sie verbürgten am ehesten proletarischen Eifer. Während die Studenten, vor allem die aus Peking, in alle Winde reisten, um „revolutionäre Kontakte anzuknüpfen" (geming chuan-lian) konzentrierten sich die Oberschüler auf alles in ihrer Umgebung, das Vorstellungen vom „Westen" und vom „Bürgertum" wachrief Die Studenten richteten ihre Aktion gegen die Partei-und Staatsbürokratie aller Ebenen, provozierten die Funktionäre, setzten sie oft gewalttätiger Kritik und demütigender Selbstkritik aus und verbreiteten so die Saat der antiautoritären Rebellion. Die Oberschüler, denen sich bald auch die jüngsten Grundschüler anschlossen, taten die „Schmutzarbeit", schnitten Frisuren ab, wechselten Straßenschilder und Schaufensterdekorationen aus, drangen in die Wohnungen der ihre Renten verzehrenden Grundbesitzer und Kapitalisten ein und behängten die altehrwürdigen Kultur-denkmäler mit den Worten des Vorsitzenden Mao.

Anna Louise Strong, eine amerikanische, in Peking residierende Kommunistin, berichtete von einem Besuch im Pekinger Verbindungszentrum der Roten Garden im Kulturpalast der Arbeiter nahe dem Tiananmen. Die Rotgardisten erzählten ihr von ihrem Vorgehen bei der Säuberung der Vier Alten. Sie hätten sich jeweils mit den Arbeitern und Angestellten der Geschäfte und Betriebe beraten, bevor sie Firmenschilder, Auslagen und luxuriöse Einrichtungen entfernten. Ebenso hätten sie mit den Straßenausschüssen, der zuständigen Polizei und den Nachbarn zusammengearbeitet bei der Suche nach Klassenfeinden. Sie hätten bei ihren Nachforschungen oft nie zuvor gesehene Dinge zutage gefördert: Mengen von Gold und Silber, Dokumente über den seinerzeit verteilten Landbesitz, Geld der Nationalisten und sogar Waffen. Auf die Frage Strongs, ob die Rotgardisten den schon 1964 gefaßten Beschluß, die in Peking illegal ansässigen Großgrundbesitzer zurück auf die Dörfer zu schicken, nun in die Tat umsetzten, erhielt sie die Antwort, die Anweisungen der Roten Garden wären nicht bindend. Viele der enteigneten Großgrundbesitzer wären allerdings schon bei ihrem Nahen geflohen

Xie Fuzhi, Minister für Öffentliche Sicherheit und später Vorsitzender des Pekinger Revolutionsausschusses, stellte nach diversen Wand-zeitungsberichten folgende Statistik des Feldzuges der Roten Garden gegen die Vier Alten auf (die Angaben datieren vom 3. Oktober 1966): 1. Angriff auf den Feind (1) Verhaftungen von Großgrundbesitzern (dizhu), reichen Bauern (funong), gegenrevolutionären Elementen (fahgeming fenzi), schlechten Elementen (huai fenzi) und Rechtsabweichlern (youpai fenzi) beliefen sich auf 16 623 Personen. (2) In 1788 Fällen wurden Verhaftungen wegen gegenrevolutionärer Handlungen vorgenommen. (3) Weitere Verhaftungen beliefen sich auf 3368 Personen. 2. Beschlagnahme von Waffen, Munition und ähnlichem 85 , Kanonen , 22 Maschinengewehre, 13 700 Gewehre, 13 800 ältere Flinten, 1 368 000 Geschosse, 26 700 Granaten, 210 000 Jin (105 000 kg) Munition, 389 000 Zündkapseln, 23 000 Bajonette, 6000 Jin (3000 kg) Gift und 13 600 Bilder Jiang Kaisheks oder nationalistische Fahnen. 3. Beschlagnahme von Eigentum 1 198 000 Liang (59 900 kg) Gold, 306 000 Liang (15 300 kg) Silber, 9 789 000 Silbermünzen, US-Dollars im Wert von 3 558 000 Yuan (5 799 540 DM), englische Pfunde und andere Währungen im Wert von 3 739 000 Yuan (6 094 570 DM), Bargeld und Sicherheiten im Wert von 482 000 Yuan (785 660 DM)

Offizielle Berichte und Stellungnahmen haben nie einen fremdenfeindlichen Charakter der rotgardistischen Aktionen zur „Zerstörung des Alten" zum Ausdruck gebracht, doch spiegelten viele der Angriffe gegen „westliche" Erscheinungsformen solche Gefühle wider. Für die Roten Garden waren bürgerliche Tendenzen identisch mit revisionistischem Druck. Revisionismus wird mit der Sowjetunion identifiziert, und diese hat sich mit ihrem „Verbündeten", den USA, gegen China verschworen. So wurden bourgeoise Tendenzen dem westlichen Imperialismus gleichgesetzt. Beide waren in gleicher Weise Feinde der Maozedong-ideen. Der revolutionäre Halbwüchsige, der eine Wandzeitung pinselte gegen Lippenstifte oder Dauerwellen, kämpfte an der gleichen Front wie der Ingenieur der Volksbefreiungsarmee, der den Nordvietnamesen bei der Beseitigung von Schäden half, die durch amerikanische Luftangriffe verursacht worden waren. So wollten die Roten Garden auch nicht glauben, daß die acht ausländischen Nonnen, die im August 1966 gewalttätig nach Hongkong abgeschoben wurden, den Kindern der Diplomaten lediglich Gottes Wort lehrten. Sie erschienen ihnen als Agenten fremden Brauchtums und Glaubens, die Religion und Schule als Deckmantel für „Spionagehandlungen des Imperialismus" benutzten.

Die westliche und auch die sowjetische Presse haben die Exzesse der Roten Garden in den beiden Wochen nach dem August-Plenum weidlich ausgekostet. Welchen Lorbeer sich dabei die Presse der Bundesrepublik Deutschland erwarb — und dies durch alle Lager hindurch —, hat Günter Amendt in seinem Funk-Feature „China. Der deutschen Presse Märchenland" dokumentiert

Die Gesprächspartner Anne Louise Strongs bestätigten, daß viele der Rotgardisten anfangs übers Ziel geschossen wären. Doch in jeder Massenbewegung seien zu Beginn Berichtigungen notwendig. Die Anwendung von Zwang würde nun durch Überredung ersetzt.

Auch der Chronist des China Quarterly urteilte, daß, bedenke man die Riesenzahl der beteiligten Jugendlichen und den hohen Grad verbaler Hitzigkeit, die Summe physischer Gewalttätigkeit niedrig geblieben sei Die Mehrzahl der Chinesen stand dem Bildersturm der Oberschüler ablehnend gegenüber, wenn sie sich auch den Weisungen der Kinder und Jugendlichen notgedrungen fügten. Die Apparate von Partei, Staat und Massenorganisationen igelten sich zunächst ein, um ihre Chance bei einer Abkühlung des putschisti-sehen Aktivismus abzuwarten. Die Respektlosigkeit der im Land konspirierenden Studenten gegenüber sämtlichen Parteichargen, ausgenommen lediglich Mao Zedong und Lin Biao, irritierte nach wenigen Tagen auch die Inspiratoren der Kulturrevolution. Am 28. August richtete die Volkszeitung den dringenden Appell an die Jugendlichen, statt Gewalt Argumente zu gebrauchen, wie es der Beschluß vom 8. August fordere. So stand auch das zweite Massentreffen der Roten Garden am 31. August vor dem Tiananmen unter der neuen Parole Lin Biaos „Mutiger Kampf und mutige Revolution, (doch zugleich) weiser Kampf und weise Revolution". Die Mehrheit des Volkes, so Lin Biao, müsse gewonnen und nur die kleine Handvoll der Rechten geschlagen werden, und auch diese mit Argumenten (wen-dou), wohlgemerkt, nicht mit Brachialgewalt oder gar mit Waffen

Zhou Enlai gab bei der gleichen Massendemonstration detailliertere Richtlinien für ein gemäßigteres Vorgehen der Roten Garden: „Wie die Befreiungsarmee sollt Ihr mit ganzem Herzen dem Volk dienen, enge Verbindung zu den Massen halten, die Massenlinie befolgen und immer treue Diener des Volkes sein. Lernt den Drei-Acht-Arbeitsstil von der Befreiungsarmee, beachtet die Drei Haupt-regeln der Disziplin und die Acht Verhaltensmaßregeln schützt die Interessen der Massen, verteidigt das Staatseigentum und bereitet ein gutes sozialistisches Klima. Die Roten Garden sollen organisiert werden zu einer hoch-disziplinierten, kämpferischen Armee mit hohem politischen Bewußtsein. Sie sollen zu einer zuverlässigen Reserve der Befreiungsarmee werden."

Lin Biaos und Zhou Enlais Appelle fruchteten — bis Ende Dezember beim übergreifen der Rebellion auf Arbeiter und Bauern erneut alle Dämme brachen. 3. Kontakte Die organisatorische Betreuung der umherreisenden Studenten-und Schülermassen vollzog sich in Peking und anderswo unter materieller und personeller Mithilfe der Armee und der Stadt-und Provinzverwaltungen. Die Armee wies die Neuankömmlinge ein, stellte Transportraum zur Verfügung und sicherte die Versorgung. Den organisatorischen Einsatz der Befreiungsarmee bestätigte ein Bericht über die beim „Empfang der revolutionären Jugendlichen geleistete Arbeit". Um die „riesige Arbeit" zu bewältigen, „damit sich die Besucher in der Hauptstadt wie zu Hause fühlten", stellte die Armee „über 100 000 Kommandeure und Kämpfer zur Verfügung. . . . Diese Kommandeure und Kämpfer blieben die ganze Zeit mit den revolutionären Jugendlichen zusammen, sorgten für sie und lebten, aßen und studierten mit ihnen zusammen." Der Nutzen war gegenseitig. Die Armee war „mit vielen revolutionären jungen Kämpfern in Kontakt gekommen" und hatte „von ihrem revolutionären Geist, von ihrem Mut zu denken, zu sprechen, durchzubrechen, Revolution zu machen und zu rebellieren gelernt" Elf Millionen Rotgardisten besuchten von Mitte August bis Ende Dezember 1966 die Hauptstadt. In acht gigantischen Massendemonstrationen zwischen dem 18. August und 26. November genügten die nationalen Führer der Linken, vorweg Mao Zedong und Lin Biao, dem Bedürfnis der Jungen und Mädchen nach Kommunikation mic ihren Idolen. Immer wieder mußte die Führung ihre Ultimaten zum Verlassen Pekings verlängern, bis Ende Dezember die kostenlosen Transporte in die Hauptstadt endgültig eingestellt wurden. Erst dann, mit Einbruch des in Peking empfindlich kalten Winters, kehrte einigermaßen Ruhe auf den Straßen und Plätzen der Hauptstadt ein

Anne Louise Strong beschrieb das hauptstädtische Verbindungszentrum der Roten Garden der Pekinger Ober-und Hochschulen, das am 27. August „auf den Rat Zhou Enlais" bei einem Treffen von 2000 Vertretern der haupt-städtischen Rotgardistenorganisationen zur „Vermittlung von Kontakten und Verbindungen" errichtet worden war: Es gliederte sich in Abteilungen für Propaganda, Versorgung, Organisation, Sicherheit und ein Sekretariat und hatte über 200 Angestellte, die kontinuierlich von den Mitgliedsorganisationen neu gewählt wurden. Das Verbindungszentrum wählte die Kontaktpersonen aus, die von Provinzorganisationen „zum Austausch revolutionärer Erfahrungen" angefordert wurden. Die Pekinger Stadtverwaltung unterstützte technisch und finanziell das Zentrum, das vom 27. August bis zum 12. September, dem Tag des Besuches von Anna Louise Strong, 470 000 auswärtige Rotgardisten betreut und deren Versorgung mit Hilfe der Behörden gesichert hatte Ähnliches berichtete Alessandro Casella Ende November 1966 aus Kanton. 500 000 auswärtige Rotgardisten waren in der Stadt, wobei von den ursprünglich 700 000 bereits 200 000 wieder abgereist waren. Sie kamen aus allen Teilen Chinas, aus Xinjiang und Shanghai, aus dem Tibet und dem Nordosten. 50 000 Rotgardisten lagerten ständig am Bahnhof, der gleich dem Pekinger Hauptbahnhof den Roten Garden ganz zur Verfügung gestellt worden war. Nach ihrer Ankunft sprachen die Roten Garden bei einem zentralen Empfangsausschuß vor, den die städtischen Behörden organisiert hatten. Hier erhielten die Ankömmlinge Stadtpläne und wurde für ihre Verpflegung und Unterbringung in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden gesorgt. Stadt und Provinz gaben den Rotgardisten einen halben Yuan pro Tag und Person, jeden Tag also 250 000 Yuan (oder 407 500 DM)! Alle städtischen Verkehrsmittel waren nach Vorlage des Schüler-oder Studentenausweises frei benutzbar. Einige Rotgardisten, so berichtet Alessandro Casella, trugen die Uniformen ihrer Väter. Von den Hunderttausenden Jugendlichen konnten sich übrigens nur etwa 40 Prozent tatsächlich als Mitglieder der Roten Garden ausweisen. Die übrigen waren Schüler und Studenten ohne die vorgeschriebene Klassenherkunft, genossen aber die gleichen Vergünstigungen wie die „echten" Rotgardisten

Giovanni Blumer, Augenzeuge in Shanghai und Peking, schrieb, die unentgeltlich das ganze Land bereisenden Studenten könnten bei jedem beliebigen Provinzparteiausschuß vorsprechen und gegen Quittung Barbeträge für ihren Unterhalt empfangen. Dieser Kredit werde dem Institut, dem der Student angehöre, zur Rückzahlung präsentiert. Die Studenten wiederum schuldeten die entliehenen Beträge ihrem Institut. Die Rückzahlungsmodalitäten würden allerdings erst später geregelt Jene Zeit der „revolutionären Kontaktaufnahme" war so nicht nur handfeste politische Aktion mit drastischen personellen und materiellen Auswirkungen, sondern ebenso (und vielleicht für die Mehrzahl der Jugendlichen) vergnügliche Touristik. 4. Fraktionen Der Prozeß der politischen Sammlung und Aktion der jugendlichen Rebellen verlief ziemlich verwickelt. In den Wochen nach dem 11. Plenum übten die Roten Garden handgreiflich Macht aus und verhießen den Jugendlichen Ansehen, Einfluß und Erfolg. Die Masse der Schüler und Studenten begann den Rebellen-gruppen zuzuströmen. Angesichts der Millionen von Aufnahmegesuchen konnte die Mitgliedschaft nicht länger nur auf Kinder der „Fünf Roten" — arme Bauern und untere Mittelbauern, Soldaten, Arbeiter, revolutionäre Funktionäre, d. h. Parteimitglieder vor 1945, und revolutionäre Märtyrer, d. h. Gefallene des Bürgerkrieges — beschränkt werden. Die Klassenunterschiede traten zurück hinter dem Ziel, eine größtmögliche Zahl von Freiwilligen in einer mächtigen Massenbewegung zu sammeln. Diese Entwicklung ging nicht ohne laute Proteste der proletarischen Abkömmlinge ab, an die doch eigentlich der Ruf zur Rebellion gerichtet war Doch solche Proteste wurden von der Flut der Jugendlichen hinweggeschwemmt. Ab September 1966 etwa betrachtete man als Rote Garden Grundschüler, Oberschüler und Studenten zwischen sechs und dreißig Jahren, sofern sie sich nur durch rote Armbinden als Hongweibing kenntlich machten. Mit dem schnellen Anwachsen der Roten Garden spaltete sich die Bewegung naturgemäß in einige wenige ihren politischen und ideologischen Zielen hingegebene Aktivisten — die sich wieder je nach ihrer Herkunft, Loyalität zu politischen Führern und persönlichen Ambitionen zerstritten — und in die große Menge unpolitischer, opportunistischer und dabei vor allem aufstrebender Mitläufer.

Es wäre ein unmögliches Unterfangen, die Vielzahl rotgardistischer Organisationen systematisch zu erfassen. Es gab kein „Führungs-Zentrum" der Roten Garden. Die fraktionalisti-sehen Spaltungen verliefen nicht nur zwischen „Linken" und „Royalisten", sondern auch innerhalb dieser politischen Richtungen bildeten sich Klüngel, die mit der Ausweitung der Bewegung sich noch vervielfachten. Ein anschauliches Bild der Pekinger Organisationen spiegelt der Erlebnisbericht eines Xian-Parteisekretärs aus der zentralchinesischen Provinz Sichuan wider, der gemeinsam mit seiner Frau und Parteigenossin im Juni 1966 nach Peking gereist war, um dort seine Beschwerden gegen den mächtigen Provinzparteisekretär von Sichuan vorzubringen.

Der Xiansekretär schrieb in Peking eine 20 000 Schriftzeichen umfassende Anklage gegen seinen Vorgesetzten. Vergebens suchte er sie im Kontrollausschuß des Zentralkomitees an den Mann zu bringen. Auch ein Versuch, Jiang Qing an der Peking Universität zu erreichen (der Ruf der Gattin Mao Zedongs mußte sich schon im Juni 1966 verbreitet haben), schlug fehl. Schließlich schrieb der Sekretär einen dringenden Appell an die „revolutionären Genossen" und heftete ihn — es war schon in der ersten Septemberhälfte — an die Türen eines „Verbindungsamtes des Zweiten Hauptquartiers der Revolutionären Rebellen"

(dier silingbu geming zaofan lianluozhan). Sofort seien Dutzende von „jungen revolutionären Kämpfern" zum Schutze der Genossen aus Sichuan herbeigeeilt. Doch die Kontaktpersonen des Provinzparteisekretärs schrieben nun ebenfalls Wandzeitungen. Gegen sie richtete der Xiansekretär noch schärfere öffentliche Angriffe. Das Empfangsamt des Zentralkomitees beschwor ihn nun, keine Wandzeitungen mehr zu veröffentlichen, würden doch Zehntausende von Rotgardisten die Anklagen lesen und sie binnen kurzem in der ganzen Stadt verbreiten. (Die Rebellen genossen anscheinend Respekt.) Da der Xiansekretär nicht gehorchen wollte, gab das Zentralkomitee den Leuten des Provinzparteisekretärs den Rat, aus Peking abzureisen und so die ganze Angelegenhejt einschlafen zu lassen. Die Zeit, gegen den mächtigen Provinzchef vorzugehen, schien den Genossen der Kulturrevolutionsgruppe noch nicht gekommen. Zu jener Zeit, so teilte der Xiansekretär in seinem Rundfunkbericht mit, hätten die Rebellen an der Qinghua Universität, der Pekinger Hochschule für Luftfahrt und der Hochschule für Geologie, den Zentren der „Linken", noch interne Schwierigkeiten gehabt.

Genossin Nie Yuanzi, als Verfasserin der ersten Wandzeitung berühmt geworden, war indessen an der Peking Universität unerreichbar.

Die Wende kam mit einem Treffen des „Dritten Hauptquartiers der Hauptstädtischen Roten Garden" (shoudu hongweibing disan silingbu), an dem Zhou Enlai, Chen Boda, Jiang Qing und Kang Sheng (Chef der Geheimdienste und Mitglied der Kulturrevolutionsgruppe) teilnahmen und ein Student der Kampf-gruppe Rote Fahne der Luftfahrthochschule über den Kampf zwischen dem proletarischen und kapitalistischen Weg sprach. Erst jetzt, Anfang Oktober, wurde dem Ankläger aus Sichuan die Existenz dieses Dritten Hauptquartiers bekannt. Er wandte sich an die dortigen Genossen und erhielt sofort Kontakt zu den Führern der Linken. Am 30. Oktober konnte der Xiansekretär seine Beschwerden Premierminister Zhou Enlai persönlich vortragen. Nun durfte er den Druck seines Materials vorbereiten. Am 1. April 1967 schließlich wurde auf einem Massentreffen im Beisein aller führenden Linken der Kampf des Xiansekretär zu seinen Gunsten entschieden. Er wurde rehabilitiert und nach Sichuan gesandt, um dort den Kampf gegen den Provinzchef direkt fortzusetzen (Der rebellierende Xiansekretär wurde im Mai 1968 Mitglied des Ständigen Ausschusses im Provinzrevolutionsausschuß von Sichuan; vom Provinzparteisekretär hörte man nichts mehr.)

Der Bericht des Parteisekretärs aus Sichuan bestätigte die steigende Bedeutung jenes „Dritten Hauptquartiers" im Herbst 1966 und die Schwäche des Zweiten Hauptquartiers. Allerdings mußte noch im Oktober 1966 das Gebäude des Dritten Hauptquartiers nachts von Truppen bewacht werden Die wichtigsten Rebellen der Hauptstadt (Nie Yuanzi von der Peking Universität, Kuai Dafu von der Qinghua Universität, Lin Doudou — Tochter Lin Biaos — von der Luftfahrthochschule) und die von ihnen vertretenen Institutionen gehörten neben der Hochschule für Darstellende Künste (Einfluß Jiang Qings) und einigen Technischen Instituten dem Dritten Hauptquartier an Es beteiligte sich maßgeblich an der Revolutionierung Shanghais im Januar 1967, so bei der Übernahme der Wenhui Bao Im Januar und Februar 1967 wurde das Organ des Dritten Hauptquartiers, die „Hauptstädtischen Roten Garden" (Shoudu Hongweibing), zum offiziösen Sprachrohr der Linken.

Als erste Leitungsinstitution erschien in Peking das „Erste Hauptquartier der Roten Garden der Hauptstädtischen Universitäten, Hoch-und Fachschulen" (shoudu da-zhuan-yuan-xiao hongweibing diyi silingbu). Es unterzeichnete als einziges der Pekinger Hauptquartiere den „Dringenden Aufruf" vom 9. Januar 1967 an das Shanghaier Volk, woran sich allerdings noch eine Gruppe der Pekinger Qinghua und der Pekinger Sporthochschule beteiligten Ein letztes Mal trat das Erste Hauptquartier bei einem Aufruf zur Wiederherstellung der Ordnung in Guiyang (Provinz Guizhou) in Konkurrenz zu einer Gruppe des Dritten Hauptquartiers. Danach scheint es sich mit der stärkeren Konkurrenz zusammengeschlossen zu haben, über die Aktivität des Zweiten Hauptquartiers sind keine weiteren Details bekannt. Alle drei Pekinger Hauptquartiere fusionierten schließlich im Februar und März 1967. Am 3. März meldete die Volkszeitung die Gründung der „Hauptstädtischen Vertreterversammlung der Roten Garden der Universitäten und Hochschulen", am 26. März folgte ein Kongreß der Roten Garden an den Oberschulen Mit dem Abschluß dieser Bündnisse waren allerdings die internen Spannungen kaum beseitigt.

Eine „konservative" Opposition unter den Rotgardistenfraktionen scheint im Oktober 1966 unter dem Namen Liandong, Einheitsaktion, begründet worden Zu sein — in der Halle des Politbüros im Pekinger Parteiviertel Zhongnanhai, wie eine Wandzeitung später berichtete Die Zeitung der Qinghua-Rebellen erwähnte, daß dem Liandong die Kinder höherer und höchster Parteifunktionäre angehörten Rote Fahne und Volkszeitung zählten den Liandong ausdrücklich zu den „feindlichen Organisationen". Der japanische Mainichi Shimbun zitierte im Januar eine Pekinger Wandzeitung, die den Liandong auf die „Hauptstädtische Aufsichtstruppe der Roten Garden" (shoudu hongweibing jiuchadui) zurückführte, die am 31. August 1966 vor dem Tiananmen Lin Biao, Jiang Qing und Zhou Enlai ihre Armbinden umgestreift hatten. Die gleichen Jiuchadui wurden allerdings schon im Oktober 1966 aufgelöst, als sich herausstellte, daß der Parteiapparat sie als Überwachungsinstrumente benutzte Mitglieder des Liandong griffen Anfang 1967 in Peking Polizeistationen und Regierungsgebäude an und setzten diffamierende Gerüchte über Jiang Quing, Zhou Enlai und Chen Boda in Umlauf Ende April 1967, so berichtete schließlich die Far Eastern Economic Review, hätten diese drei Führer der Linken 139 Mitglieder des Liandong aus Pekinger Gefängnissen entlassen, damit die „verführten Jugendlichen" Gelegenheit erhielten, ihre „Irrtümer" zu berichtigen Schon diese an der Fülle des Materials gemessen kärglich zu nennenden Angaben über die Gruppenbildungen der Rotgardisten verwirren. Was zu stimmen scheint, war die verhältnismäßige Stärke des Liandong und seine Rücken-deckung in hohen Parteikreisen. So wie das linke Dritte Hauptquartier über ganz China seine Kontakte knüpfte, so besaß der Liandong Verbindungen zu allen wichtigen Städten. Der Liandong — und mit ihm zahllose andere Gruppen, die oft die Linke überflügelten — zählte wohl zu denen, die „rote Fahnen" schwenkten, um der Roten Fahne Widerstand entgegenzusetzen, zur Verteidigung der Bürokratie, der seine Väter angehörten.

Die größeren der Rotgardistenfraktionen entwickelten sich binnen wenigen Monaten von kleinen Zellen zu komplexen Organisationen mit Hunderttausenden von Mitgliedern und Mitläufern, mit Zentralausschüssen, Vorsitzenden, Unterausschüssen und Unterabteilungen. Ein engmaschiges Kommunikationsnetz dieser Fraktionen überzog das Land. Es bediente sich einzelner reisender Vertrauenspersonen, doch nicht selten auch drahtloser Sende-und Empfangsstationen (die von der Pekinger Führung später ausdrücklich verboten wurden). Der finanzielle Bedarf dieser Organisationen wurde zumeist durch die Parteiausschüsse der Provinzen und Städte sichergestellt, später auch durch die Revolutionsausschüsse, die sich auf diese Weise einen Rest von Kontrolle über die Rebellenfraktionen zu erhalten wußten. Die militanteren unter den Fraktionen setzten sich aus Oberschülern zusammen und wurden oft von entlassenen Soldaten oder Milizsoldaten geführt. Diese Gruppen konnten sich zum Tei) mit gestohlenen Armeewaffen ausrüsten. Die größeren Fraktionen richteten in allen wichtigeren Städten „Verbindungsämter" ein, die die Führer der Organisationen auf dem laufenden hielten und den örtlichen Aktivisten Unterstützung verschafften. Diese Massenorganisationen scheiterten einzig bei dem Versuch, nationale Befehlsstäbe einzurichten. Hier blieb die Führung energisch bei ihrem Verbot 5. Methoden Es ist erstaunlich, wie sehr die Aktionen und Methoden der rebellierenden Roten Garden und die Reaktion der angegriffenen Bürokratie den westeuropäischen und nordamerikanisehen Studentenrebellionen ähneln, denn so wenig Kenntnisse die chinesischen Schüler und Studenten über ihre Kommilitonen im Westen hatten, so ungenügend waren umgekehrt die Informationen über die Vorgänge in China. Sit-ins, Go-ins, Teach-ins, Erstürmung der Rektorate auf der Suche nach Disziplinarmaterial, Umfunktionierung der Lehrveranstaltungen, Schmähung des Lehrund Verwaltungspersonals und nicht zuletzt der Fraktionalismus auf Seiten der Studenten waren den Kommilitonen in Berlin, Berkeley und Peking gemeinsam. Der große, entscheidende Unterschied war die offizielle Förderung der chinesischen Rebellen durch die Führungsgruppe Mao Zedongs. Armee und Sicherheitskräfte tolerierten die Aktionen und leisteten organisatorische Hilfe.

Die Entscheidung Mao Zedongs, „aus den Massen zu schöpfen", barg Konsequenzen, die für die westliche Erkenntnis des chinesischen totalitären Systems überraschend waren. Die jugendlichen Rebellen „loszulassen" und sie zu revolutionärer Aktion anzuspornen hieß, ihnen Bewegungsfreiheit einzuräumen, Recht zur Kritik und Möglichkeit zur Weitergabe der Kritik, Versammlungsfreiheit und Koalitionsfreiheit — sofern die bürgerlich-liberalen Begriffe hier anwendbar sind. Erneut stritten „hundert Schulen". Lin Biao charakterisierte auf der größten der Massenversammlungen vor dem Tiananmen diese neue „Große Demokratie" (da minzhu):

„Die breiten revolutionären Massen unseres Landes haben die neue Erfahrung gewonnen, die Große Demokratie zu entwickeln unter der Diktatur des Proletariats. In dieser Großen Demokratie erlaubt die Partei furchtlos den breiten Massen, die Medien der freien Meinungsäußerung, der Wandzeitungen, der großen Debatten und des umfassenden revolutionären Erfahrungsaustausches zu nutzen, um die führenden Institutionen von Partei und Regierung und die Führer aller Stufen zu kritisieren und zu überwachen. Zugleich werden die demokratischen Rechte des Volkes in überein Stimmung mit den Prinzipien der Pariser Kommune in vollem Maße verwirklicht. Ohne solche Große Demokratie wäre es unmöglich, eine wahrhaft große proletarische Kulturrevolution in Gang zu bringen . . ., die Wurzeln des Revisionismus auszureißen, die Diktatur des Proletariats zu festigen und das Fortschreiten unseres Landes auf dem Weg des Sozialismus und Kommunismus zu gewährleisten. Diese Große Demokratie ist ein neuer Weg, die Mao-zedongideen in den breiten Massen zu verankern, eine neue Form d e r S e 1 b s t -erziehung der Massen. Sie ist ein neuer Beitrag des Vorsitzenden Maos zur marB xistisch-leninistischen Theorie über die proletarische Revolution und die Diktatur des Proletariats ..."

Radio Henan antwortete den „konservativen Kräften", die behaupteten, es gebe keine Demokratie und Gleichheit in Henan: „Wie ist die Lage in Wirklichkeit? Man kann frei über den Rundfunk senden, kämpft Euer Rundfunk nicht Tag und Nacht? (Radio Henan war zu jener Zeit „links", die lokalen Stationen in der Provinz in den Händen der Konservativen, D. A.). Eure Flugblätter finden sich überall. Eure Wandzeitungen füllen die Straßen. Viele Leute verlassen die Arbeit, mißachten ihre Pflicht und nehmen an Versammlungen, Demonstrationen und Straßendiskussionen teil. Was wollt Ihr mehr an Demokratie und Gleichheit?"

Wichtigstes Medium der Großen Demokratie aller wurden nach der Aufhebung Beschränkungen Anfang August 1966 die Wandzeitungen, die von den jugendlichen Avantgardisten eifrig genutzt und bald durch die verfeinerten und durch ihre gedruckte Form offiziösen Charakter tragenden Ad-hoc-Zeitungen oder „Kleine Zeitungen" (xiao bao) ergänzt wurden, die für zwei Fen oder drei Pfennige an jeder Straßenecke zu haben waren. Wand-und Ad-hoc-Zeitungen — die letzteren nicht zu verwechseln mit umgetauften offiziellen Zeitungen, etwa der seit 10. September 1966 unter dem Namen Rote-Garde-Zeitung (Hongwei Bao) erscheinenden Kantoner Abendzeitung (Yangcheng Wanbao) — lieferten die wichtigsten Informationen über die Kulturrevolution. Ihr Inhalt wurde bis etwa Ende 1967 von den japanischen Korrespondenten in Peking einigermaßen verläßlich berichtet.

Der Gebrauch von Wandzeitungen geht bereits auf die kaiserliche Zeit zurück, wo Erlasse an die Häuserwände in Stadt und Land geklebt wurden. Mao Zedongs erste Veröffentlichung war eine Wandzeitung, die er, wie er später Edgar Snow erzählte, auf eine Schulwand klebte Wandzeitungen spielten eine wichtige Rolle in der Hundert-Blumen-Bewegung von 1957 und der sich anschließenden Rechtsabweichlerkampagne. Eine „demokratische Wand" wurde zu jener Zeit an der Peking Universität eingerichtet, an der jeder seine Meinung frei äußern konnte. Nach dem Ende der Hundert Blumen wurde diese Wand mit Angriffen auf die Rechtsabweichler bedeckt, mit Enthüllungen über den persönlichen Hintergrund der Angegriffenen, mit Gedichten, Glossen und Karikaturen — ein Vorgeschmack auf die Kulturrevolution Am 25. Mai 1966 erschien die Wandzeitung Nie Yuanzis und ihrer Mitdozenten, einen Monat darauf erteilte die Volkszeitung offiziell die Billigung dieses Mediums: „Bist Du ein Revolutionär? Dann mußt Du diese Wandzeitungen willkommen heißen und für sie einstehen, die Führung bei ihrer Herstellung übernehmen und die Massen ermutigen, sie frei zu schreiben und frei alle Probleme aufdecken. Bist Du ein Royalist? Dann mußt Du solche Wandzeitungen auf den Tod fürchten . . . Wir ermutigen die Massen, Wandzeitungen gegen schreiben, um unseren Kampf den Feind zu erleichtern."

Bald nutzten auch die Opfer der Rebellen das neue Medium. Angriffe wurden mit Verteidigungen überklebt. Die Kritik machte auch vor den Führern der Linken nicht halt — bis hin zu Zhou Enlai. Die Bedeutung solcher Kritik war ablesbar an der Lebensdauer der Anschläge. Später als die Wandzeitungen und nicht so zahlreich tauchten die Ad-hoc-Zeitungen auf; eine der ersten war die Shoudu Hongweibing, das Organ des Dritten Hauptquartiers in Peking. Eines der verläßlichsten Organe wurde bald Jinggangshan, die Zeitung der Jinggang-

shan-Kampftruppe an der Pekinger Qinghua, die in enger Verbindung zu Jiang Qing und Chen Boda stand. Eine Spitzenleistung der rot-

gardistischen Zeitungspolemik, die „Karikatur der hundert widerlichen Clowns", hat Kuo Heng-yü in deutscher Sprache analysiert

Während Wandzeitungen und Ad-hoc-Zeitungen ungehemmt den Spielraum der Großen Demokratie nutzten, hielten sich die offizielle Presse ebenso wie die im Ausland — vor allem in Hongkong — abhörbaren zentralen und Provinz-Rundfunkstationen zurück. Sie waren zentraler Sprachregelung unterworfen, exponierten sich weniger und erlaubten später die Rehabilitierung vieler angegriffener Funktionäre Im Herbst und Winter 1967/68 verschwanden die Wandzeitungen von den Häuserwänden in gleichem Maße, wie die Armee die revolutionären Rebellen zügelte, unterbrochen nur von der kurzlebigen Periode des Linksrucks im April 1968. Mitte Juni 1967 schränkte die Führung auch den wilden Lautsprecherkrieg der Roten Garden ein — ein aufdringliches das „den Medium der Rebellen, Schlaf der Arbeiter störte" Vom gleichen Monat an druckte die Volkszeitung Leserbriefe, die den verschwenderischen Gebrauch der Medien der Großen Demokratie beklagten: die überhandnehmenden Wandzeitungen, Flugblätter, mobilen und festen Lautsprechereinrichtungen Die Freiheit der Großen Demokratie ermunterte das scharfe verbale und auch physische Vorgehen der Roten Garden gegen die „Revisionisten und bürgerlichen Machthaber" in Partei und Staat. Führende Funktionäre wurden auf die Straßen gezerrt und unter spitze Papierhüte gesteckt, die Mao Zedong 1927 als wirksamste Methode gepriesen hatte, mit Großgrundbesitzern, lokalen Machthabern und dem Landadel fertig zu werden. „Wem man einmal den hohen Hut aufgesetzt hat, der hat für immer sein Gesicht verloren und traut sich nicht mehr, den Kopf zu heben."

Kritisierte Funktionäre stellten sich den Rebellen zur Selbstkritik. Einige begingen Selbstmord. Die Mehrheit zog den unblutigen Weg der Selbstkritik vor, meist wenig freiwillig und auch wenig gründlich. Die Selbstkritiken Liu Shaoqis waren Meisterstücke taktischer Rückzugsgefechte. Ein im Westen bekanntgewordener Höhepunkt der rotgardistischen Verhör-techniken war die Überlistung der Gattin Liu Shaoqis, Wang Guangmeis, und ihre unfreiwillige Vorführung vor ein Rotgardistentribunal der Pekinger Qinghua Universität

III. Die Frage der politischen Macht

In den Monaten August bis November 1966 war es gelungen, die innerschulische und inneruniversitäre Rebellion zur Massenbewegung unter den Schülern und Studenten auszuweiten. Als Rote Garden erfüllten sie ihre Funktion, die Bürokratien von Partei und Staat durchzurütteln, bürgerliches und revisionistisches Denken zu entlarven und zu vernichten, als Gärstoff unter den weniger hemmungslosen Massen zu wirken und den toten Punkt in der revolutionären Fortentwicklung des Über-baus zu überwinden. Doch der Übergang von der Destruktion der Roten Garden zur Neukonstruktion der politischen Macht wurde für die Roten Garden und die Führung der Linken zur schmerzhaften Erfahrung.

Im Dezember 1966 ging die Führung daran, die Massenbasis der Rebellion zu erweitern. Bislang hatte es geheißen, die Studenten und Schüler sollten weder in die Fabriken noch in die Volkskommunen gehen. Arbeiter, Bauern, wissenschaftliches und technisches Personal und die Angestellten in Regierungsbehörden und den Unternehmen sollten auf ihren Posten bleiben, alle Bereiche der Produktion in Gang halten und doch zugleich die Kulturrevolution in Produktion und Forschung durchführen. Die Studenten sollten vertrauen, daß Arbeiter und Bauern die Revolution in eigener Verantwortung durchführen könnten. Die „Revolution anzupacken und die Produktion voranzutreiben" (zhua geming cu shengchan) rief Zhou Enlai Mitte September die Massen vor dem Tiananmen auf Die Direktive vom 6. Dezember, durch Wandzeitungen bekanntgeworden, beendete diese Politik der Zurückhaltung. Studenten und Schüler durften nun „Fabriken und Bergwerke" betreten, um dort die Kultur-revolution zu propagieren — unter Einhaltung von Ruhe und Ordnung und bei Beteiligung an körperlicher Arbeit. Eine Unterbrechung des Arbeitsprozesses oder körperliche Gewaltanwendung wurden verboten. Der Acht-Stun-den-Tag war einzuhalten Der gemeinsame Neujahrsleitartikel von Volkszeitung und Roter Fahne motivierte den Entschluß der Führung. Zum einen sollte die Ausweitung der Bewegung helfen, die Kluft zwischen Intelligenz und Arbeiterschaft zu überbrücken, die sich während der antiautoritären Aktionen der vorhergehenden Monate eher vertieft hatte — eine weitere Gemeinsamkeit von Studentenrebellionen. Die Arbeiter, interessiert an Ruhe und Ordnung und Sicherung ihrer Leistungen in der Produktion, stellten sich zumeist auf die Seite ihrer Parteisekretäre, wenn diese ins Schußfeld der rotgar-distischen Angriffe gerieten. Dies stärkte nur noch den intellektuellen Snobismus der Schüler und Studenten. Den Arbeitern wurde nun gesagt, nur Wirrköpfe könnten meinen, Revolution und Produktion seien einander entgegengesetzt. Ob es wohl der Zweck von Ackerbau, Weberei und Stahlerzeugung sei, den Kapitalismus aufzubauen? Revolution könne für die gesellschaftlichen Produktivkräfte nur förderlich sein. Die sozialistische Entwicklung soll profitieren von der Umwälzung im über-bau, der geistige Anstoß in materielle Kraft umgesetzt werden. Für die Intellektuellen bedeutete das Bündnis mit den Arbeitern wiederum, vom hohen Roß, auf das sie ihre beherrschende Rolle in der Kulturrevolution gehoben hatte, wieder herunterzukommen und die Verbindung zu den eigentlich tragenden Massen nicht zu verlieren. Ein wichtiges Ziel der Kulturrevolution war die Umwälzung im Erziehungswesen. Wie sollte sie erreicht werden, wenn nicht mit Beteiligung der Arbeiter und armen Bauern?

Ein anderes Motiv für die Ausweitung der Rebellion war, den renitenten Funktionären den Rückhalt zu nehmen, auf den sie sich unter den Angriffen der Roten Garden stützen konnten. Was den Führern der Linken für die Roten Garden recht war, schien den Funktionären billig: auch sie gaben Freifahrtscheine aus für die Fahrt nach Peking und zur Kontaktaufnahme untereinander, jedoch nur für die Arbeiter. Nach der Ausweitung der Rebellion wuchs diese Tendenz zur mächtigen und die Produktion bedrohenden „Ökonomistischen" Gegenströmung an: Die Arbeiter erhielten freigebig, was zu verdrängen sie mühsam gelernt hatten — Sonderprämien, Darlehen, Aufmunterung zu Streiks und Massendemonstrationten gegen die jugendlichen Rebellen. Die Funktionäre machten den Arbeitern begreiflich, welche Macht sie als Träger der Produktion gegenüber den Jungintellektuellen besaßen, die ihnen die Kulturrevolution beibringen wollten.

So bewirkte das Eingreifen der Roten Garden in vielen Betrieben einen kurzfristigen Zusammenbruch der Produktion neben gewaltsamen Zusammenstößen. Die Schwierigkeiten, die die größte Industriestadt Chinas, Shanghai, hatte, wurden in einer ganzen Serie von dringenden Aufrufen und Appellen deutlich Studenten wurden eingesetzt, um Produktionslücken zu schließen, so beim Stapellauf des ersten in der Volksrepublik gebauten Hochseefrachters am 10. Januar 1967, beim Löschen der durch Dockerstreiks lahmgelegten Schiffe im Shanghaier Hafen und bei der Aufrechterhaltung des bestreikten Eisenbahnbetriebs Langfristig sollte sich die Parole, „die Revolution anzupacken und die Produktion zu fördern", als erfolgreich erweisen. (Die zahlreichen Berichte über wissenschaftliche und technische Durchbrüche, oft mit sehr primitiven Mitteln erzielt, deuten darauf.) Doch kurzfristig erschien es bereits als Erfolg, wenn das Niveau der Produktion durch Einsatz aller Kräfte überhaupt aufrechterhalten werden konnte

Die Kulturrevolutionsgruppe in Peking mochte das wirtschaftliche Durcheinander vorausgesehen und eingeplant haben. Am 26. Dezember riefen Jiang Qing und Chen Boda eine „Allchinesische Truppe Allgemeiner Roter Arbeiterrebellen" zur Besetzung der Pekinger Gewerkschaftszentrale auf und zur Machtergreifung in den Organen der Arbeiterschaft. Sang-und klanglos stellte die Dachgewerkschaft alle Aktivitäten ein Die Verschmelzung der Arbeiterrebellen und der jungen Intelligenz und Studentenschaft sollte die „mächtige Armee von einigen hundert Millionen" schaffen, mit der es möglich sein würde, nach Monaten der Zerstörung und Rebellion „die festen Stellungen des Gegners und seine letzten Bastio-nen" zu zerstören und auch politisch die Macht zu ergreifen

Der Höhepunkt der Turbulenz im Januar 1967 schien der Führung unter Mao Zedong ein Schritt vorwärts zu sein zur Utopie. Am Mor -gen der Kulturrevolution, am 24. März 1966, hatte die Rote Fahne die Vision einer sozialen und politischen Organisation beschworen, wie sie den Ideologen Mao Zedongs wohl als Ziel der kulturrevolutionären Rebellion vorschwebte. Vorbild war die Pariser Kommune von 1871. Einer reaktionären Regierung im Innern und der Drohung eines starken Feindes von außen konfrontiert, hatten die Pariser Kommunarden den Aufstand gewagt und die Staatsmaschinerie der Bourgeoisie gestürzt. An ihrer Stelle begründeten sie die Kommune, die „in weitem Maße von den Arbeitern und ihren Massenorganisationen unterstützt wurde". Weiter hieß es zur Kommune: „Die meisten ihrer politischen Richtlinien wurden durch Vorschläge der Massen angeregt und spiegelten die Interessen des Proletariats und der Werktätigen wider. Die Führer der Kommune wurden von den Massen gewählt, unterstanden ihrer Aufsicht und konnten entsprechend dem Gesetz durch sie wieder entlassen oder abberufen werden ... Die Kommune war Exekutive und Legislative zugleich. Die Ausschüsse der Kommune erließen Gesetze, ihre Mitglieder setzten sie in Kraft und legten vor den Ausschüssen und dem Volk Rechenschaft ab . .

Was Friedrich Engels der Pariser Kommune als historisches Verdienst nachrühmte, machten sich die Pekinger Ideologen von 1966 zum Vorsatz: „Gegen die in allen bisherigen Staaten unumgängliche Verwahdlung des Staates und der Staatsorgane aus Dienern der Gesellschaft in Herren der Gesellschaft wandte die Kommune zwei unfehlbare Mittel an. Erstens besetzte sie alle Stellen, ob verwaltende, richtende oder erzieherische, durch Wahl nach allgemeinem Stimmrecht der Beteiligten, und zwar auf jederzeitigen Widerruf d-urch dieselben Beteiligten . . .“

Als es daran ging, erste revolutionäre Macht-organe einzusetzen, zitierte die Rote Fahne einen Ausspruch Mao Zedongs vom 1. Juni 1966, nachdem die Wandzeitung der Philosophen an der Peking Universität das „Manifest der Pekinger Volkskommune der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts" gewesen sei. Zu jener Zeit schon, so fuhr die Rote Fahne fort, habe Mao Zedong seine Weisheit und sein Genie gezeigt. Mit seinem Ausspruch habe er vorausgesagt, daß die Staatsorgane in der Kulturrevolution vollkommen neue Formen annehmen würden

Der organisatorische Wandel, den die „Lehren der Pariser Kommune" ins Auge faßten, ging weit über den politischen Bereich hinaus. Die Bürger ihrer Gesellschaftsordnung ähnelten einem „Hans Dampf in allen Gassen". Der Staat entbehrte, soweit er noch bestehen blieb, jeder funktionalen Spezialisierung. Sogar die Armee würde aufgelöst, denn jeder würde zum Soldaten. Die soziale Ordnung der Pariser Kommune nahm den antiautoritären und antiprofessionellen Charakter der Kulturrevolution vorweg. Die führenden Ideologen der Kulturrevolution und mit ihnen ein Teil der rotgardistischen Studenten schienen die Vision ernsthaft realisieren zu wollen. In Shanghai wurde am 5. Februar die Volkskommune Shanghai (Shanghai Renmin Gongshe) proklamiert, nachdem aus den massenhaften Unruhen die Linken als Sieger hervorgegangen waren. Die führenden Köpfe dieser Kommune, Zhang Chunqiao und Yao Wenyuan, gehörten seit dem Vorabend der Kulturrevolution zur engsten Umgebung Mao Zedongs. Es ist sehr wahrscheinlich, daß, im Lichte des Hong-qi-Aufsatzes vom März 1966, ihre vorprellende Aktion den Absichten Mao Zedongs entsprach. Doch Mao Zedong selbst verurteilte die Gründung der Volkskommune Shanghai als voreilig, wie Zhang Chunqiao — einen Tag, nachdem die Kommune Shanghai in Revolutionsausschuß umgetauft worden war — am 24. Februar seinen Anhängern mitteilte Mao Zedong, so scheint es, wollte die Euphorie der Volkskommunenbewegung von 1958 nicht wiederholen, um nicht ein zweites Mal der mangelnden Reife der gesellschaftlichen Verhältnisse und des Bewußtseinsstandes wegen zurückstecken zu müssen. Die Entwicklung gab ihm recht. Abgesehen von den Dokumenten der erstarkenden ultralinken Opposition, wurden die Kommunen seither totgeschwiegen. Mit einer Ausnahme: dem Bericht über die Pe-kinger Massendemonstrationen zur Unterstützung der Pariser Arbeiter und Studenten im Mai 1968, der zaghaft und anklagend zugleich die revolutionäre Tradition der Pariser Kommune hochleben ließ 1. Die Armee greift ein Die Entscheidungen des Januar und Februar 1967 waren für den Fortgang der Kulturrevolution von größter Bedeutung. Eine Einschätzung der realen Machtverhältnisse war in jenen Wochen wohl nicht nur für den außen-stehenden Beobachter, sondern auch für die Führung in Peking schwierig. Aus dem Chaos sollte die Neuordnung erwachsen, doch die linken Fraktionen waren uneinig und geschwächt. Anarchismus (wuzhengfu-zhuyi), „Grüppchendenken" (xiaotuanti-zhuyi), Sektiererei (zongpaizhuyi), „Bergspitzenmentalität" (shantouzhuyi, eine Art Rechthaberei), Spaltertum (fenliezhuyi) und später auch Polyzentrismus (duozhongxin-lun) wurden ihnen vorgeworfen Viele der für die Funktionsfähigkeit der administrativen Organe notwendigen Kader waren eingeschüchtert und untergeschlüpft. Als organisatorische und politische Potenz hielt die Armee sich abseits. Ihre Beteiligung an der Rebellion der Roten Garden war bislang über administrative Hilfe nicht hinausgegangen. Die „Rechte" wiederum formierte sich in den Wintermonaten zur machtvollen restaurativen „Februar-Gegenströmung zur Revision der Verurteilungen" (eryue niliu fan'an), die mit Hilfe höchster Funktionäre und zum „Ökonomismus" verführter Arbeiter zum Gegenschlag ausholte gegen die Rebellen.

Zweierlei Entscheidungen waren möglich. Das Chaos konnte vollständig gemacht werden, indem die Massenrebellion auch in die Armee getragen wurde. War auch dieses letzte Herrschaftsinstrument zerstört, konnten nach dem Beispiel der Pariser Kommune die Massen ihre direkte Herrschaft errichten — ein Rätesystem ohne elitäre Kaderpartei, bewaffnet mit den Maozedongideen. Die Kommunarden von Shanghai gaben das Beispiel. Ihr Vorgehen wurde später von der ultralinken Opposition als „Januarrevolution" (yiyue geming) gefeiert.

Die Alternative war, dem revolutionären „Wellenberg" eine Phase der Konsolidierung folgen zu lassen, eine „Stufe" im Verlauf der permanenten Revolution. Eine direkte Machtergreifung der Massen analog der Pariser Kommune bedrohte im Winter 1967 den staatlichen Zusammenhalt Chinas, seine sozialistischen Aufbauleistungen. Eine „Aufsicht" durch die Massen sollte anstelle von „Machtergreifung und Kontrolle" den Erfolg der Rebellion gegen Bürokratismus und Revisionismus garantieren Lin Biaos Armee stand bereit, organisatorisch helfend und politisch lenkend dieses Konzept zu verwirklichen, den Klassenkampf zu entschärfen und im Bündnis mit den rebellierenden Massenfraktionen und ideologisch umgeformten Funktionären die revolutionäre Neuordnung in den Griff zu bekommen.

Mao Zedong bewies die größere Weitsicht und sagte dem euphorischen Utopismus der Ultralinken ab. Auf der Sitzung des Militärausschusses des ZK am 20. oder 21. Januar fiel die Entscheidung zugunsten des Eingreifens der Volksbefreiungsarmee. Ihr erteilte Mao Zedong in seiner Weisung vom 23. Januar genaue Richtlinien. Die Armee sollte 1. die in der Minderheit befindliche und des-organisierte Linke unterstützen;

2. für eine menschliche Behandlung und für die Rehabilitierung erfahrener Funktionäre Sorge tragen;

3. anarchistische Tendenzen niederhalten;

4. als neues Modell für die Ergreifung der politischen Macht die „Dreierverbindung"

fördern (san-wei yi-ti, später allgemein sanjieht.'. in der die revolutionären Rebellen die Macht mit der Armee und revolutionären Funktionären teilen sollten;

5. die industrielle und landwirtschaftliche Produktion sichern und vorantreiben In Kurzform übertragen lautete die Weisung San-zhi liang-jun, „drei zivile und zwei militärische Aufgaben", nämlich Hilfe für die Linke, Arbeiter und Bauern, dazu militärische Erziehung und militärische Verwaltung. Ausführungsbestimmungen zur Weisung Mao Zedongs, erlassen am 28. Januar, stellten klar, daß die Armee weiterhin rigoros einem Über-greifen der Kulturrevolution auf ihre inneren Reihen verschlossen blieb. Unbefugten wurde ausdrücklich ein Eindringen in militärische Bereiche untersagt, öffentliche Kritik an Soldaten und Offizieren verboten

Mit diesen Weisungen gab die Armee ihre Rolle als organisatorische Hilfe auf und trat als ordnende Schiedsmacht, massiv parteinehmend — nach ihrem Gutdünken, da Definitionen „gegenrevolutionärer" und „linker" Aktionen bis zum September ausblieben — auf die Szene der Massenauseinandersetzungen und Machtergreifungen. Die lokalen Befehlshaber sandten ihre Einheiten zur Mithilfe in Industrie und Landwirtschaft. Ihre Unteroffiziere und Offiziere „halfen" Studenten und Schülern zurück an ihre Unterrichtsstätten, erteilten ihnen militärischen Unterricht und interpretierten mit ihnen die Maozedongideen.

Der ungestümen Kritik an den Funktionären von Partei und Staat wurde jetzt ein Riegel vorgelegt. Der Leitartikel der Roten Fahne Nr. 4/1967 wiederholte unter der Überschrift „Funktionäre müssen korrekt behandelt werden" die Feststellung von Punkt acht des Beschlusses vom August 1966, daß die „Mehrheit der Funktionäre gut" sei. Die Meinung vieler Rotgardisten, daß alle Autoritäten in der Bürokratie schlecht seien und en mässe gestürzt werden müßten, wurde jetzt als „anarchistisches Denken" verurteilt. Solches Denken lehne eine korrekte Klassenanalyse ab und negiere die grundsätzlichen Tatsachen der vergangenen siebzehn Jahre. Nur dann sei es möglich, so fuhr die Rote Fahne fort, die Machtergreifungen mit weniger Schwierigkeiten durchzuführen, die Revolution anzupacken und die Produktion voranzutreiben, wenn sich die revolutionären Massen mit führenden Kadern verbündeten, die fachliche Befähigung mit politischer Integrität verbänden. Die Rote Fahne wies die unverbesserlichen Rebellen auf einen charakteristischen Zug aller Berichtigungsbewegungen der Kommunistischen Partei hin: „Gerade weil unsere Partei die Politik des , aus vergangenen Fehlern lernen, um künftige zu vermeiden'und des , die Krankheit heilen, um den Patienten zu retten'in der Vergangenheit anwandte, war sie in der Lage, ideologische Auseinandersetzungen korrekt durchzustehen und das zweifache Ziel ideologischer Reinheit und der Einheit unter den Genossen zu erreichen.“

Am eindringlichsten bemühte sich Premierminister Zhou Enlai, die Kritik der Rebellen in geordnete Bahnen zu lenken. In einer Ansprache vor Vertretern revolutionärer Rebellen aus „Handel und Finanzen" warf er den Roten Garden schwerwiegende Fehler vor: „Ein höchst wichtiger Grundsatz bei der Behandlung revolutionärer Funktionäre ist, ihnen zu ermöglichen, ihre Sünden durch neue Verdienste wettzumachen ... Können wir uns erlauben, alle älteren Funktionäre fallenzulassen? .. . Wenn wir nicht die Ziele unserer Angriffe einschränken, wird es unmöglich für uns, die Mehrheit zu konsolidieren ... Führende Funktionäre der verschiedenen Organe sollten allmählich, einer nach dem anderen, ausgenommen werden. Dies ist der Sinn der Dreierverbindungen ...

Das Zentralkomitee der Partei wird sehr unzufrieden sein mit den Bildern, die die Leute mit Verbrecherhüten zeigen und wie sie am Nak-ken herumgezerrt werden. Die älteren Funktionäre sind die Aktiva unserer Partei. Die verdorbenen Elemente sind in der Minderheit. Wir hätten nicht einmal Peng Zhen auf diese Weise bekämpfen sollen. Vorsitzender Mao hat auch gesagt, daß der Kampf auf eine zivilisierte Weise geführt werden solle. Ihr müßt die Geistesverfassung der älteren Funktionäre verstehen. Jeden ohne Unterschied niederzuschlagen ist eine schlechte Kampfesweise. Statt dessen sollten wir genau unterscheiden zwischen den Personen an der Macht, die den kapitalistischen Weg gehen, und Funktionären, die nur leicht geirrt haben . ..

Der Eisenbahnminister und sein Stellvertreter sind von den Rebellen des Eisenbahnministeriums vom Amt suspendiert worden. Den halben Tag durften sie Toiletten reinigen, und die andere Hälfte sind sie dem Kampf ausgesetzt. Das schadet unserer künftigen Arbeit ... Rebellen dürfen nur überwachen, nicht intervenieren. Zum Beispiel haben sie vor einiger Zeit im Außenministerium zu wirken begonnen, und ihre Unerfahrenheit hat unsere auswärtigen Beziehungen ernsthaft beeinträchtigt ... Es ist ein kleinerer Irrtum, die reaktionäre Linie zu befolgen, als sie anzuordnen. Für diejenigen, die die reaktionäre Linie nur befolgt haben, genügen zwei oder drei Runden Selbstkritik. Es schadet der Partei und dem Volk, wenn Funktionäre und Massen zueinander in Opposition stehen ..

In den Augen Zhou Enlais hatten die zur Rebellion aufgerufenen Roten Garden ihre Funktion erfüllt. Nun sollte die berichtigte Bürokratie wieder die Verwaltung übernehmen unter der Aufsicht der Dreierverbindung von Rebellen, Armee und revolutionären Kadern. Doch es kostete einige Mühe, die Bürokraten und Parteifunktionäre, die geschmäht worden waren, wieder zur Zusammenarbeit zu bewegen. Genauso schwierig war es auf der anderen Seite, den revolutionären jungen Kämpfern beizubringen, daß die so heftig kritisierten Funktionäre wieder in Amt und Würden eingesetzt werden sollten. Die Versicherung, die Funktionäre würden nie wieder ihre bürokratische Macht errichten können, befriedigte die Roten Garden nicht.

Ab Ende Januar 1967 setzten die offiziell gebilligten Machtergreifungen der revolutionären Massenorganisationen, rehabilitierten Kader und der Armee ein. Umständliche Prozeduren gingen ihnen voraus. Der erste Schritt war dem Militär im Namen des Militärausschusses der Provinz vorbehalten, das die Rebellenfraktionen innerhalb einer Arbeits-oder Ausbildungseinheit anleitete, sich zusammenschließen, gemeinsam die Maozedongideen zu studieren und Große Bündnisse (dalianhe) zu schließen. Der nächste Schritt war die Bildung einer Dreierverbindung (sanjiehe), eines neuen Führungsorgans, in dem Militär, Vertreter der Rebellenfraktionen und einige revolutionäre Funktionäre zusammenarbeiteten. Nach Großem Bündnis, und Dreierverbindung folgte die Einsetzung eines Revolutionsausschusses der einzelnen Arbeits-oder Ausbildungseinheiten (geming weiyuanhui). Den revolutionären Machtergreifungen in den Betrieben, Schulen usf. folgte der Zusammenschluß von Rotgardisten, revolutionären Arbeitern und Bauern in den Städten und Provinzen in Form von Vertreterversammlungen der Roten Garden, Arbeiter und Bauern (hongweibing bzw. gongren bzw. nongren daibiao weihuiyi).

Die Vertreterversammlungen der Bauern schlossen nur arme Bauern und untere Mittel-bauernein. Erst nach Bildung dieser Vertreterversammlungen konnte ein provinzieller oder städtischer Revolutionsausschuß ins Leben gerufen werden.

Die eigentlichen Träger der Kulturrevolution, die Roten Garden und die Revolutionären (Arbeiter-) Rebellen, entsandten allenfalls 50 Prozent der Mitglieder der Revolutionsausschüsse. Im Revolutionsausschuß von Shanxi, der am 18. März 1967 ausgerufen wurde, stellten sie von 245 Mitgliedern 118, genau 48, 1 Prozent, wie die Presse penibel berichtete. Im Pekinger Revolutionsausschuß vom 20. April 1967, der 97 Mitglieder umfaßte, waren 24 Arbeiter, 17 Soldaten, 14 Studenten und Dozenten, 13 arme Bauern und untere Mittelbauern, 13 Regierungsfunktionäre, 6 Oberschüler, 6 Vertreter aus Kultur, Erziehung und Gesundheit sowie 4 „Bürger". Im Revolutionsausschuß von Guangdong, gegründet am 21. Februar 1968, waren 15 Prozent der Mitglieder Rotgardisten, 25 Prozent Arbeiter, 20 Prozent Bauern, 15 Prozent Kader, 15 Prozent Militärs. Von den übrigen 26 Revolutionsausschüssen liegen keine aufgeschlüsselten Zahlenangaben vor. Doch keiner der Vorsitzenden entstammte den Massenorganisationen, und auch von den stellvertretenden Vorsitzenden wurde kaum einer von den Rotgardisten oder Revolutionären Rebellen gestellt

Ursprünglich, nämlich im Beschluß vom 8. August 1966, war vorgesehen, die neuen Macht-organe nach dem Vorbild der Pariser Kommune direkt und allgemein nach den Vorschlägen der Massen zu wählen. Nachdem die direkte Herrschaft der Massen auf bloße „Aufsicht" reduziert worden war, konnte die Armee es verantworten, die Mitglieder der Führungsorgane selbst auszusuchen. Das Ideal der Pariser Kommune hätte angesichts der Zersplitterung der Rebellenfraktionen auch wohl kaum verwirklicht werden können. In Shanxi allerdings wählte eine „Konferenz" (und nicht Vertreterversammlung) von 4000 Soldaten und Angehörigen revolutionärer Massenorganisationen den Revolutionsaus-schuß, von Peking hieß es, „verschiedene Konferenzen" hätten die Vertreter nominiert.

Die revolutionären Machtorgane erlitten bald das Schicksal aller Apparate und mußten sich gegen bürokratische und selbstherrliche Neigungen in den eigenen Reihen zur Wehr setzen. Der Revolutionsausschuß von Shandong erließ am 7. Juni 1967 eine Weisung, die später allen zentralen Medien verbreitet von wurde. In ihren zehn Punkten hieß es: 1. Die Verherrlichung von Mitgliedern des Revolutionsausschusses ist verboten .. ;

2. ohne vorhergehende kollektive Beratung im Ausschuß dürfen die Mitglieder nicht öffentlich im Namen des Ausschusses sprechen noch ihre Reden aufzeichnen oder drucken lassen . . .;

3. wenn ein Mitglied in der Öffentlichkeit erscheint, soll es weder feierlich willkommen geheißen noch beklatscht werden;

ohne die Erlaubnis des Ausschusses darf es nicht fotografiert oder gefilmt werden . ..;

4. die Mitglieder müssen eine bestimmte Zeit körperlicher Arbeit widmen . . .;

5. sie dürfen Geschenke in eigenem Namen weder verteilen noch empfangen . . .;

6. die Namen der Mitglieder sollten im allgemeinen in den Zeitungen nicht erscheinen; wo dies notwendig sein sollte, muß es in Übereinstimmung mit den Weisungen des ZK erfolgen;

7. die Mitglieder sollen ein einfaches Leben führen . . . sie dürfen keine öffentlichen Wagen zu privaten Zwecken benutzen;

8. sie müssen Zeit finden, die Öffentlichkeit zu Rate zu ziehen und deren Briefe zu beantworten ...;

9. sie sollen sich in die Öffentlichkeit begeben und gelehrig nach der Leute Meinung fragen;

10. von Zeit zu Zeit sollen sie eine „kleine Berichtigung" durchführen unter Teilnahme einiger Mitglieder von Massenorganisationen. Die „zerstörerische Wirkung bürgerlicher Gedanken" war auch nach Rebellion und Umsturz nicht beseitigt worden. Der „in Zucker gehüllte Feind" war schwer zu bekämpfen

Während die Armee sich abplagte, die Energien der Roten Garden auf ihr ursprüngliches Betätigungsfeld, die Schulen und Universitäten, zurückzulenken, sollten die verstärkten und offenen Polemiken gegen die höchsten Parteifunktionäre die Angriffslust der Rebellen in geordnete Bahnen lenken -Ende März begann der Feldzug gegen den Staatspräsidenten Shaoqi, dessen Liu Lehrbuch über die „Selbstschulung des Kommunisten" (lun Gong-chandang-yuande xiuyang) indiziert und der für die Arbeitsgruppen des Sommers 1966 jetzt haftbar gemacht wurde. Das Rundschreiben des ZK vom 15. Mai 1966 wurde veröffentlicht und damit Peng Zhen namentlich angegriffen. Im August folgten namentliche Angriffe auf den Vorgänger Lin Biaos, Peng Dehuai Als letzte der namentlich in der zentralen Presse angegriffenen Größen folgte Tao Zhu, der erst im Juni 1966 die Propagandaabteilung des ZK übernommen und kometengleich in der Parteihierarchie aufgerückt war. Ihm wurde die Taktik unterstellt, extrem linke Neigungen gefördert zu haben, um die Linke sich ad absurdum führen zu lassen und dadurch die angegriffene Rechte zu schützen Die zitierte „Februar-Gegenströmung" der konservativen Funktionäre nutzte den Druck der Armee auf die Roten Garden aus, um Vergeltung zu üben, oft unterstützt durch unsichere Soldaten, deren an Disziplin gewohnte Haltung sie eher auf die Seite der etablierten Autorität treten ließ. Die Rote Fahne entschuldigte die „zeitweiligen Fehler einiger Genossen in den lokalen Armee-Einheiten" mit den „verwirrenden und komplizierten Bedingungen des Klassenkampfes" Die Rote Fahne sah sich veranlaßt, ausdrücklich auf die „enormen Beiträge der Rotgardisten für die Kultur-revolution" zu verweisen, weswegen auch die ernsteren Fehler der Jugendlichen durch geduldige Umerziehung korrigiert werden sollten. Man solle ihnen helfen, verständiger und reifer zu werden. Nur die kapitalistischen Machthaber, die selbst die nachsichtige Politik des „den Patienten retten" ausnutzen, griffen die Jugendlichen an unter dem Vorwand, Ruhe und Ordnung wiederherstellen zu wollen

Die „Februar-Gegenströmung" und der Einsatz der Armee ließen das Pendel der Kulturrevolution zu weit nach rechts schwingen. Eine Weisung des Militärausschusses des ZK rief die Armee am 6. April 1967 wieder um einiges zurück. Die Soldaten sollten keinen Gebrauch von der Schußwaffe machen, Leute nicht willkürlich verhaften, Massenorganisationen nicht willkürlich gegenrevolutionär nennen, vielmehr die schlechten Elemente isolieren und die Massen zurückgewinnen. So einfach sei es nicht: nämlich gegenrevolutionär den zu nennen, der in Militärlager einzudringen versucht, und revolutionär den, der es sein lasse. Man solle darüber hinaus die Massen nicht zu Selbstkritiken zwingen und keine körperliche Züchtigung gestatten. Die Armee, so der Militärausschuß, sei aber weiterhin aus der kulturrevolutionären Bewegung herauszuhalten. Innerhalb des Militärs sei lediglich Aufklärung erlaubt über den Kampf zwischen den beiden Wegen. Wie widersprüchlich die Direktive blieb, zeigte eine der wichtigsten Weisungen: vor allen „wichtigen Aktionen" sei die Zustimmung der „Zentrale" einzuholen. Doch zugleich sollte die Armee alle Führungsgewalt ausüben, bis ein Revolutionsausschuß ernannt worden sei Mao Zedong wies obendrein die Armee an, in jeweils zweiwöchigen Berichtigungskursen die Erfahrungen bei der Unterstützung der Linken zu sammeln und auszuwerten

Der Versuch, die Armee zurückzurufen und den linken Rebellenorganisationen wieder mehr Spielraum zu gewähren, gab Anlaß zu erneuten Zusammenstößen und erneuerten Ordnungsrufen. Im Juni und Juli 1967 entsandte Peking hohe Funktionäre, die an Ort und Stelle die Ursachen der Unruhen erkunden und Kompromisse vermitteln sollten mit dem Ziel, das Eindringen -in militärische Installationen, die Angriffe auf Soldaten und Offiziere und die Waffendiebstähle zu unterbinden. Berichtigung und Selbstkritik aller Beteiligten sollten durch Große Bündnisse und Dreierverbindungen gekrönt werden. Die Pekinger Delegierten und die lokalen Befehlshaber schienen sich an den verschiedenen Orten des Landes nur unter Schwierigkeiten verständigt zu haben. In Wuhan, dem strategischen Herzen Chinas am Mittellauf des Yangzi, kam es zu einem eklatanten Zusammenstoß, der China an den Rand des Bürgerkrieges brachte und der letztlich zur entscheidenden Niederlage der Ultralinken und zum Ausschwingen des kulturrevolutionären Pendels führte.

In Wuhan hatten die Kämpfe zwischen „Rebellen" und „Royalisten" seit Februar 1967 angehalten. Bis Juni zählte man 200 „Zwischenfälle". Viele Fabriken mußten ihre Produktion einschränken oder ganz einstellen. Am 14. Juni soll die konservative Fraktion der „Million Helden", die in Wuhan überlegen war, die wichtige Brücke über den Yangzi besetzt haben, zu jener Zeit noch der einzige Übergang über den Fluß (die zweite Yangzi-Brücke bei Nanjing nordwestlich Shanghai wurde erst 1968 fertiggestellt). Das Vorgehen der Konservativen schien von der -lokalen Armeegarnison toleriert worden zu sein, obwohl die Wirtschaft des bedeutenden Eisen-und Stahlzentrums jetzt ernsthaft beeinträchtigt wurde. Am 14. Juli, so hieß es, sei Zhou Enlai persönlich nach Wuhan geeilt, um die Fraktionen nach „links" und „rechts" zu „sortieren". Die „Million Helden" rechnete der Premier zu den „Rechten" und zog sich damit den Unwillen des Militärs zu. Der Sicherheitsminister und Vorsitzende des Pekinger Revolutionsausschusses, Xie Fuzhi, und einer der führenden Ideologen der Kulturrevolutionsgruppe, Wang Li, lösten kurz darauf Zhou Enlai ab. Jetzt meuterte die lokale Garnison und verhaftete Wang Li, den notorischen Ultralinken. Telefonisch wies der Generalstabschef die lokalen Befehlshaber an, die Sicherheit der Pekinger Delegierten zu garantieren. Zhou Enlai flog ein zweites Mal nach Wuhan. Da die konservativen „Million Helden" mit Lastwagen den Wuhaner Flugplatz blockierten, mußte das Flugzeug des Premiers umgeleitet werden. Zhou Enlai konnte die sofortige Freilassung Wang Lis nach massivem Druck durchsetzen. Die „Million Helden" wurden aufgelöst, der Garnisonsbefehlshaber zur Berichtigung nach Peking beordert. Xie Fuzhi und Wang Li wurden nach ihrer Rückkehr nach Peking begeistert gefeiert

Das abwehrende Verhalten des lokalen Militärs gegenüber der Linken in Wuhan und anderswo hatte einen jähen Pendelausschlag zugunsten der antiautoritären Rebellen zur Folge, einen zweiten revolutionären Höhepunkt nach der „Januarrevolution". Der Ungehorsam des Wuhaner Militärs erlaubte es den Linken, die Ursache für alle Rückschläge der Kulturrevolution bei der Armee zu suchen. Die Machtergreifungen im mandschurischen Heilongjiang (31. Januar 1967), im ostchinesischen Shandong (3. Februar 1967), im südchinesischen Guizhou (13. Februar 1967) und in Peking (20. April 1967) wurden nun als schlecht verhüllte militärische Coups decouvriert, gegen die die bisherigen „linken" Machtergreifungen in Shanghai (5. Februar und 24. Februar 1967) und Shanxi (18. März 1967) nicht ankämen. Am 31. Juli rief die Rote Fahne auf, die „Handvoll von Machthabern in Partei und Armee hervorzuholen und hinwegzufegen" Sogar Lin Biao verteidigte auf der ersten einer Serie von politischen Konferenzen der militärischen Spitze das erneuerte Chaos, das die Voraussetzung sei, „reaktionäre Zustände und Personen zu entlarven". Lin Biao riet, selbst ungerechtfertigten Angriffen sich zu beugen und Fehler bei der Hilfe der Linken durch Selbstkritik zu berichtigen Anfang August erging sogar die Weisung, besonders ausgewählte Rotgardisten zu bewaffnen. Mao Zedong selbst autorisierte die um sich greifende Militanz: „Jeder soll sich vorbereiten, die Bajonette aufzupflanzen!" Jiang Qing, eine der notorischen Linken, forderte am 22. Juli die ihr ergebenen Roten Garden auf, „die Waffen zu ergreifen, mit Argumenten anzugreifen, doch mit Waffengewalt sich zu verteidigen".

Wuhan und die „Julirevolution" brachten China an den Rand der Anarchie und des Bürgerkrieges. In allen Provinzen fochten die Fraktionen. Waren sie bewaffnet, gab es häufig Todesopfer. Bedrohlicher als der Fraktionalismus unter den Massenorganisationen wurden die Auseinandersetzungen in der Armee selbst, die bislang sorgsam aus dem Kampf zwischen den beiden Linien herausgehalten worden war. Sollte Chinas Integrität erhalten bleiben — für das Gegenteil hielten sich an den Grenzen Xinjiangs und Heilongjiangs, in Ladakh und der Mongolei und nicht zuletzt auf Taiwan und in Vietnam die Mächte bereit —, so mußte die Führung der Kultur-revolution die Bremsen anziehen. Noch deutlicher als im Januar und Februar siegte im August 1967 die Staatsräson über die Utopie.

Jiang Qing als wohl exponierteste Führerin der Linken bemühte sich, den Roten Garden die bittere Einsicht in die neue gemäßigtere Politik verständlich zu machen. In ihrer berühmt gewordenen Rede vom 5. September 1967 widerrief sie ihren Aufruf zur Waffengewalt 'vom Juli und appellierte an die Rebellen, die „Aufrührerei in unseren Feld-armeen" zu beenden und das „Feuer der Revolution nicht weiter anzufachen": „Die Genossen sollten bedenken und ihr Hirn dabei anstrengen, ob wir ohne die Armee zu diesem Gespräch hier in der Halle des Volkes hätten zusammenkommen können. ... Wo immer in der Welt habt Ihr eine so gute Armee? Ihr wagt ihre Waisen zu stehlen, schlagt und kritisiert sie, und doch schweigt die Armee und schlägt nicht zurück ... Schlagworte wie , die Handvoll in der Armee hervorzerren'sind grundverkehrt. Sie haben unglückliche Folgen verursacht. Jetzt ist diese Tendenz noch in ihrem Anfangsstadium, und wir können sie bremsen . .. Zuerst intervenierte die Armee nicht, doch später mußte sie einschreiten. Natürlich hat sie nicht immer die Lage richtig erfaßt, doch ist das unvermeidlich ... das sind keine Irrtümer über die Linie ... Wenn beide Seiten, die Armee und Ihr, Selbst-kritik übten, so hielte ich das iür eine passable Methode ... Auf diese Weise könnten wir uns beruhigen und miteinander ins Gespräch kommen."

Die Zurückhaltung, für die Jiang Qing die Armee noch lobte, wurde gleichentags durch eine Direktive von Zentralkomitee, Staatsrat, Militärausschuß und Kulturrevolutionsgruppe gelockert. Nach langem Zögern erhielt nun die Armee die Erlaubnis, zur Selbstverteidigung und zum Schutz ihres Materials und ihrer Einrichtungen von der Schußwaffe Gebrauch zu machen. Noch einmal verbot die Direktive es Außenstehenden, in die Bereiche der Armee einzudringen, Waffen, Munition, Ausrüstung und Fahrzeuge zu stehlen. Bereits gestohlenes Material solle sofort zurückgegeben werden, andernfalls die Täter mit aller Strenge bestraft würden. „Die Armee-Einheiten aller Regionen sollen, wenn sie diesen Befehl ausiühren, zunächst geduldig ideologisch vorarbeiten, vernünftig diskutieren und versuchen, die Gegner zu überzeugen. Sollte sich diese Methode als unwirksam erweisen, dürfen sie Warnschüsse in die Luft feuern. Wenn Überredungsversuche und Warnschüsse noch immer unwirksam bleiben, sollen sie den Diebstahl als gegenrevolutionär hinstellen und Maßnahmen ergreifen, daß die kleine Zahl von schlechten Elementen unter den Führern der gegnerischen Gruppen und ihren Komplizen inhaftiert und dem Gesetz entsprechend bestraft werden. Falls diese Elemente hierbei Widerstand leisten, hat die Volksbefreiungsarmee das Recht, in Selbstverteidigung zurückzuschlagen."

Die Rede Jiang Qings und die Direktive der Zentrale wiesen endgültig den Weg zu Konsolidierung und Disziplinierung. Am 1. Oktober 1967, dem Nationalfeiertag, vierzehn Monate nach dem 11. Plenum des ZK, forderte Lin Biao, „engster Waffengefährte" Mao Zedongs, die Massen auf, an erster Stelle ihre Selbstsucht zu bekämpfen, ihren Egoismus, und dann erst den Revisionismus zu kritisieren (dou si pi xiu) Erneut erhielt die Armee den Befehl, Große Bündnisse und Dreierverbindungen in Schulen, Fabriken, Regierungs-und Parteibüros zu fördern und durchzusetzen Die immer noch „revolutionäre Kontakte knüpfenden" restlichen Schüler, Studenten und Arbeiter wurden gebieterisch an ihre Arbeitsund Ausbildungsstätten zurückgerufen, um Große Bündnisse zu schließen oder ihnen beizutreten. Kampf, Kritik und Umformung (dou-pi-gai) sollten in die funktionalen Einheiten verlagert werden: Kampf gegen jene Machthaber in den Einheiten, die den kapitalistischen Weg eingeschlagen hatten; Kritik und Zurückweisung der reaktionären bürgerlichen akademischen Autoritäten, der Ideologie der Bourgeoisie und aller Ausbeuterklassen; Umformung der Erziehung, Literatur und Kunst und aller anderen Teile des Überbaus, die nicht der sozialistischen wirtschaftlichen Basis entsprachen. Kampf-Kritik-Umformung als Mittelstück von Einheit-Kritik-Einheit sollten wieder zur Einheit der Massen führen, Einheit untereinander und Einheit zwischen Massen und Führung, Einheit als ein Wille, ein Schritt, ein Handeln (tongyi-yizhi, tongyi-bufa, tongyi-xingdong)

Die Armee hatte weiterhin strengen Befehl, die ideologische und organisatorische Befriedung nicht zu erzwingen, sondern kraft ihrer Argumente zu erreichen. Dabei sollte sich die Armee auf die Unterstützung der gesamten Linken konzentrieren und nicht auf einzelne Fraktionen (zhi zuo bu zhi pai) Die Armee versagte jedoch, sobald die Fraktionen größeren Umfang annahmen. Weiter gefaßte Bündnisse und Dreierverbindungen mußte die Führung in Peking, das als einigermaßen „neutraler" Boden betrachtet wurde, vermitteln. Vor allem dem unermüdlichen und geduldigen Einsatz Zhou Enlais war es zu verdanken, wenn sich die Meldungen über Machtergreifungen in Betrieben, Schulen, Gemeinden, Städten oder gar Provinzen allmählich häuften. Rotgardistenprotokolle solcher Verhandlungsrunden in Peking ließen immer wieder das Vermittlungsgeschick des Premiers erkennen, der im rechten Augenblick aber auch seine Autorität und die des lokalen Militärs einzusetzen wußte 16°).

Den Nekrolog auf die Roten Garden und die Rebellion aller revolutionären Massenorganisationen hielt der Sicherheitsminister und Vorsitzende des Pekinger Revolutionsausschusses. Revolutionären Lehrern und Studenten aus Peking rief Xie Fuzhi am 24. Oktober 1967 zu: „Genossen, Euer Beitrag war groß! Von den Schulen seid Ihr in die Gesellschaft gedrungen, von Peking aus ins ganze Land gegangen. Eure Errungenschaften können niemals geleugnet werden. Aber jetzt verlangen Vorsitzender Mao, die Parteizentrale und die Kulturrevolutionsgruppe, anderthalb Jahre später, daß die Große Proletarische Kulturrevolution in ein neues Stadium eintritt. Es ist nicht zu rechtfertigen, daß die Gesellschaft mobilisiert wird und Ihr im Land herumreist. Es wird nun Zeit, daß Ihr an Eure Unterrichtsstätten zurückkehrt. Während Ihr den Unterricht durchführt, könnt Ihr die Revolution vorantreiben. Ihr sollt Kampf-Kritik-Umformung jetzt in Euern Einheiten durchführen, das ist heute die Aufgabe."

Erstmals kam mit Xie Fuzhi offiziell einer der Pekinger Führer auf den Neuaufbau der Partei zu sprechen und auf den Platz der kultur-revolutionären Rebellen in ihr. Nach Xie Fuzhi kamen für die Mitgliedschaft in der reformierten Partei vor allem Mitglieder des (schon totgeglaubten) Jugendverbandes in Frage, aber nur solche, die sich während der Kulturrevolution bewährt hatten. Zwar gebe es auch bislang unorganisierte Jugendliche, meinte Xie Fuzhi, die sich hervorgetan und verdient gemacht hätten, doch zu ihrer endgültigen Beurteilung bedürfe es einer längeren Probezeit. „Wir hoffen, einige dieser revolutionären Rebellen in die Partei aufnehmen zu können. Aber diese Neuaufnahmen werden von den individuellen Verdiensten abhängen und von einem Jahr oder zwei Jahren der Bewährung . . . Wahrscheinlich werden Rotgardisten am Neunten Parteitag teilnehmen. Aber wenn ich sage, daß Rotgardisten teilnehmen werden, so meine ich, daß Parteimitglieder teilnehmen werden."

In einer zweiten Rede zwei Tage später, dieses Mal vor den Mitgliedern seines Revolutionsausschusses, betonte Xie Fuzhi, daß die Partei der Kontrolle von oben wieder den Vorzug geben werde vor der Willensbildung von unten. Ginge man anders bei der Auswahl der Teilnehmer des kommenden Parteikongresses oder der Kandidaten für die Führungsgremien vor, so sei es nicht sicher, daß die Rebellen auch die Mehrheit erhielten. Er schlüge vor, am Parteitag sollten etwa 10 000 Delegierte teilnehmen. Hielte man einen Parteitag von nur etwa tausend Delegierten ab, so würden es lauter ältere Leute sein, und von den Rebellen wäre niemand vertreten. Es sollte doch aber eine größere Zahl von Arbeitern und jungen Menschen und einige Rotgardisten als Delegierte gewählt werden

Der Pekinger Sicherheitsminister machte den Rebellen klar, daß ihre Zeit vorbei war. Ihre Funktion als Hefe in der chinesischen Gesellschaft hatten sie erfüllt. In den Städten und umliegenden ländlichen Bezirken hatten sie eine Gärung erreicht, die nur mit Mühe zu einer neuen, von Revisionismus und Selbst-herrlichkeit gereinigten Herrschaftsordnung konsolidiert werden konnte. Die Rebellen hatten sich nun auf die revolutionäre Kleinarbeit in ihren Einheiten zu beschränken. Xie Fuzhi wies sie darauf hin, daß die Führung nicht gewillt sei, sie weiterhin als Avantgarde zu bevorzugen. 2. Opposition der extremen Linken Ein Teil der rotgardistischen Schüler und Studenten, und zumeist die progressivsten unter ihnen, gab sich mit den Parolen zur Rückkehr an die Arbeitsstätten, zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung und zur „Selbstrevolution" (ziwo geming) nicht zufrieden. Konsolidierung, Disziplinierung und militärisches Engagement kollidierten mit den antiautoritären Ressentiments, die die Rebellion freigesetzt hatte. Die aktivistischen Rotgardisten meuterten, als sie zu reformerischer Kleinarbeit heimkehren und sich der erneuerten Autorität der berichtigten Kader und den von der Rebellion verschont gebliebenen Militärs unterwerfen sollten.

Seit dem Februar 1967 geisterte ein neuer Begriff durch das revolutionäre Vokabular: jizuo sichao, das „extrem linke Denken". Es kennzeichnete eine politische Strömung unter den Rebellen, die sich gegen den „Ökonomistischen Gegenwind" der konservativen Funktionäre, gegen die Widerrufung der Shanghaier Kommune und gegen das recht einseitig Ruhe und Ordnung restaurierende Eingreifen der Armee wandte. Das Wort sichao, „Denkrichtung" oder „Denkströmung", war nicht un-\ bedacht gewählt. Im Gegensatz zu den objektiv gültigen, wohletablierten Maozedong-sixiang, den „Maozedongideen", dem Gedankengut sixiang des Vorsitzenden, drückte sichao einen dynamischen Denktrend aus, der sich den sixiang widersetzte. Diese extrem linke Denkrichtung berief sich auf die Lehren der Pariser Kommune, wie sie die Rote Fahne ein Jahr zuvor gezogen hatte: „Als der Aufstand siegte, legten die Arbeiter weder ihre Waffen nieder noch gaben sie ihre Macht aus den Händen . . . Sie wurden sich nach und nach bewußt, daß das politische Instrument ihrer Versklavung nicht als politisches Instrument ihrer Emanzipation dienen konnte. Um sich zu emanzipieren, mußte das Proletariat die bürgerliche Staatsmaschinerie zerschmettern, denn es war die Maschinerie selbst und nicht die eine oder andere Form, die sie annehmen konnte, die bekämpft werden mußte. Hatte das Proletariat jene Maschinerie erfolgreich zerschmettert und die Macht ergriffen, so mußte es verhindern, daß seine eigenen Staatsorgane sich nicht von Dienern der Gesellschaft wieder in ihre Herren verwandelten."

Die Anhänger der „extrem linken Denkrichtung" maßen die revolutionären Errungenschaften von 1967 an den Lehren von 1966. In ihren Augen waren es heuchlerische „Dreier" verbindungen, denn das Militär und die (rehabilitierte) Bürokratie beherrschten sie. Die Große Demokratie war zur Manipulation von Ja-Sagern degeneriert. Den Aufschwung, den die Kulturrevolution der Entwicklung des Überbaus versetzt hatte, wollten die extrem Linken nicht bremsen. Mao Zedong war im Januar 1967 vor der erneuten Euphorie eines neuen Großen Sprungs zurückgeschreckt. Den Ultralinken mochte der überbau ruhig der Basis voraneilen. Eine solche Entwicklung konnte den Weg zum Kommunismus nur beschleunigen.

Im ganzen Land sammelten sich Anhänger dieser Denkart. Ihre bekannteste Organisation wurde der „Ausschuß des Großen Bündnisses der Proletarischen Revolutionäre der Provinz Hunan" (abgekürzt Shengwulian). Shengwulian war im Oktober 1967 von Oberschülern der Hauptstadt Changsha der Provinz Hunan (der Heimatprovinz des lebenslangen Rebells Mao Zedong) gegründet worden. Ihm gehörten jedoch auch Funktionäre aus Partei und Staat und sogar höhere Offiziere im Ruhestand an. Vorsitzender war ein achtzehnjähriger Oberschüler, dem Verbindungen zur konservativen Gruppierung des Liandong und Aktionen gegen Premier Zhou Enlai nachgesagt wurden. Eine seiner Mitschülerinnen vertrat den jungen Vorsitzenden. Der Werdegang dieser Stellvertreterin war lupenrein revolutionär: Nach Angriffen gegen die von der Partei im Sommer 1966 an die Oberschule entsandte Arbeitsgruppe und gegen den später abgesetzten Provinzparteisekretär durfte sie am 18. August 1966 die Tribüne am Tiananmen in Peking besteigen und Seite an Seite mit den Führern die Massendemonstration abnehmen. Während des „Februar-Gegenwindes" wurde die Oberschülerin ins Gefängnis gesteckt, doch später mit der Hilfe des Pekinger Dritten Hauptquartiers rehabilitiert. Die beiden jungen Vorsitzenden des Shengwulian waren charakteristisch für viele der enttäuschten Rotgardisten. Schaute man sich allerdings die Väter der beiden an, fiel auf den revolutionären Lebenslauf ein Schatten. Beide Väter wurden als Nachwirkung der Entlassung Peng Dehuais 1959 degradiert. Mit Hilfe der jungen Rebellen mochten sie versuchen, die über sie verhängten Urteile zu revidieren, „rote Fahnen" zu schwenken, um der Roten Fahne zu opponieren. Eine solche unheilige Allianz enttäuschter Rotgardisten, zynisch gewordener ehemaliger Jugendverbandsmitglieder (die ja ehemals die Creme der Jugend darstellten), unzufriedener Funktionäre (die in der allgemeinen Rebellion zu gewinnen hofften) und verbitterter, weil ihrer profitablen Studienplätze beraubter bürgerlicher Jugendlicher (die hoffen konnten, mit wachsendem Linksdruck würde die Reaktion erstarken und siegen und ihnen die alten Positionen wiedergeben), ein solches Bündnis bildete sich auch anderswo und diskreditierte von vornherein die extreme Linke

So wurde auch bald der Vater des jungen Vorsitzenden als Cheftheoretiker des Shengwulian bezeichnet — nicht ganz zu Unrecht, denn die Dokumente des Shengwulian ließen eine langjährige theoretische Schulung erkennen. Das bedeutendste dieser Dokumente, die Schrift „China Wohin?" vom 6. Januar 1968, faßte die Argumente der „extrem linken Denkrichtung" in geschliffener Polemik zusammen. Die oder der Verfasser beklagten, daß Mao Zedongs „wissenschaftliche Voraussage", das Endziel der Kulturrevolution sei die Errichtung einer „Volkskommune China" (Zhonghua Ren-

min Gongshe), Utopie geblieben sei. Mao Zedong habe zu Recht festgestellt, daß die Klasse, die die neuen Produktivkräfte verkörpere, zu kämpfen habe gegen die dekadente Klasse, die dem gesellschaftlichen Fortschritt hinderliche Produktionsverhältnisse vertrete. Doch habe Mao Zedong verfehlt zu sagen, daß das Problem der politischen Machtergreifung nur durch Gewalt gelöst werden könne. Entscheidend für den Ausgang der Kulturrevolution sei deshalb die Armeefrage. Die Volksbefreiungsarmee sei in den Jahren nach 1949 von der allgemeinen Verbürgerlichung des politischen Lebens der Volksrepublik nicht verschont geblieben. Die Armee habe sich von den Massen isoliert und sei zu einem Instrument der Unterdrückung geworden. Militärische Bürokraten seien ebenso schlimm wie Parteibürokraten. Einzig die unbehinderte Einbeziehung der Armee in die Kulturrevolution — und dieses Ziel unterstellte Shengwulian dem Befehl Mao Zedongs vom 23. Januar 1967 — könne die Haltung des Militärs wesentlich ändern. Im Endstadium der Revolution könne der Widerspruch zwischen Armee und Massen allerdings nur aufgehoben werden, wenn sich die Massen selber als bewaffnete Macht organisierten. Die „Bewegung zur Ergreifung der Waffen" im Juli und August 1967 sei deshalb ein guter Anfang gewesen. Die Rede Jiang Qings habe dann den Bürokraten den Weg zurück an die Macht geebnet.

Shengwulian räumte ein, daß den Massen mehrheitlich das „kommunistische Utopia" wie es in den Monaten vor dem August-Plenum und sogar noch in dem 16-Punkte-Be-schluß vom August 1966 skizziert worden war, unverständlich geblieben sei. Nur einige junge Intellektuelle klammerten sich daran, weil sie fühlten, daß sie nur in einer Gesellschaft vom Typus der Pariser Kommune „endgültige Befreiung" erfahren könnten. Die „Januarrevolution" habe bereits die Emanzipation der Produktivkräfte vorangebracht: „Die Massen sahen mit einemmal, daß man ohne Bürokraten nicht nur weiterleben, sondern auch besser und in größerer Freiheit leben könne." Einen zweiten Schritt in Richtung auf ihre Emanzipation hätten die Revolutionäre im August 1967 getan, als sie erkannten, daß nur durch einen Bürgerkrieg die „bewaffnete rote kapitalistische Klasse" besiegt werden könne. Doch seit September beschränke sich die Führung der Kulturrevolution auf die Liquidierung einiger einzelner Machthaber, die den kapitalistischen Weg gingen. Jetzt von „vollständigem Sieg"

(ein Wort Lin Biaos, D. A.) zu sprechen, sei pure Heuchelei. Die Partei des Neunten Partei-tages würde eine Partei des bürgerlichen Reformismus werden, der den bürgerlichen Usurpatoren in den Revolutionsausschüssen diene. Sich selbst betrachte Shengwulian als „Organ der Diktatur der Massen" analog den russischen Sowjets nach dem Februar 1917, die Usurpatoren der Revolutionsausschüsse als die russischen Kerenskijs. Allein die „ununterbrochene Revolution in Stufen" (das Konzept Mao Zedongs, D. A.) werde das Bewußtsein der proletarischen Kräfte stärken und schließlich den Sieg bringen. Soweit die Schrift „China Wohin?" des hunanesischen Shengwulian

Die „extrem linke Denkrichtung" wurde scharf zurückgewiesen, so etwa von der Shanghaier Wenhui Bao vom 11. September 1967. Doch indem die Wenhui Bao, das Sprachrohr der ersten antirevisionistischen Polemiken der Kulturrevolution, gleichzeitig zur Wachsamkeit aufrief denjenigen gegenüber, die den Widerstand gegen das extrem linke Denken mit dem Kampf gegen alle proletarischen Revolutionäre verbänden, deutete die Zeitung an, daß die Argumente von Gruppen wie dem Shengwulian von den Intentionen der Pekinger Ideologen so weit nicht entfernt waren. Wen wunderte es, daß im Herbst 1967 die jungen ideologischen Protagonisten der Kulturrevolution und mit ihnen ihr Organ, die Rote Fahne, von der Bühne abgezogen wurden? Zu ihnen gehörte auch Wang Li, der in Wuhan von den Konservativen verhaftet worden war. Chen Boda, so hieß es, mußte Selbstkritik üben, und Jiang Qing ging, nach einer Mitteilung Zhou Enlais, im November 1967 für sieben Wochen „in Urlaub"

Das extrem linke Denken bestand weiter. Die Radiostation der südlich Shanghai gelegenen Provinz Zhejiang klagte im Juli 1968, die Vertreter jenes „reaktionären Trends" wollten weder Rebellen noch Konservative noch Machthaber, die den kapitalistischen Weg gehen, sie wollten allgemeine Wahlen. Sie behaupteten, der Revolutionsausschuß von Zhejiang (eingesetzt am 24. März 1968) repräsentiere nur ein paar Fraktionen, „eine Minderheit hat die Macht an sich gerissen". Die Entwicklung der Kulturrevolution, so jene Oppositionellen, müsse neu bewertet werden, insbesondere das Vorgehen des Provinzmilitärs bei der Praktizierung der „drei zivilen und zwei militärischen Aufgaben" Am 15. November berichtete der gleiche Sender sogar, die Ultralinken hätten auf den Zhoushan-Insein, etwa 200 km von Shanghai entfernt, ihre sozialen Vorstellungen in die Praxis umgesetzt. Das Militär sei eingeschritten (die Zhoushan-Inseln liegen in Reichweite der nationalistischen Marine auf Taiwan) Auch nach dem Neunten Parteitag noch zeigte sich die „extrem linke Denkrichtung" aktiv

Die Opposition der extremen Linken war Ausdruck der Erwartungen, die die Kulturrevolution in ihrer Avantgarde, den rotgardistischen Intellektuellen, weckte: die Hoffnung auf einen egalitären Sozialismus, frei von aller Repression. Die Erwartungen konnten nicht erfüllt werden, sollten die Erfolge der Volksrepublik beim Aufbau des Sozialismus — begrenzt wie sie immer noch waren — nicht in utopischen Experimenten leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

IV. Vom Subjekt zum Objekt der Revolution

Seit dem Herbst 1967 beherrschte die Volks-befreiungsarmee die politische und administrative Szenerie der Proletarischen Kulturrevolution. Zunächst lenkte die Führung den Aktivismus der Schüler und Studenten zurück auf ihren Ausgangsort, das Erziehungswesen. Die Wiederaufnahme des Unterrichts und die Verlagerung der Umwälzung auf die Schulen sollten die Ziele der „Kultur" revolution in der nachfolgenden Generation verankern und ein Wiederaufleben der revisionistischen und bürgerlichen Tendenzen am traditionellen Zufluchtsort der Bourgeoisie verhindern. Die Neukonstruktion der politischen Machtorgane hing in der Luft ohne entsprechende Umwälzungen im Bereich von Kultur und Erziehung. Hier sollten Oberschulen und Universitäten beispielhaft vorgehen.

In seiner frühen Direktive an Lin Biao vom 7. Mai 1966, die die „Erziehungsrevolution" (jiaoyu geming) eröffnete, legte Mao Zedong fest: „Die Studenten sollen ihr Fachstudium als ihre Hauptbeschäftigung betrachten, aber sie sollen ebenso in allen anderen Bereichen Erfahrungen sammeln, in der Industrie, in der Landwirtschaft und in der Armee. Das Studium soll verkürzt, die Erziehung revolutioniert werden. Die kapitalistischen Gelehrten dürfen die Schulen nicht länger unter ihrer Kontrolle behalten.“

Als Modell proletarischer Erziehung wurde die in Yan’an 1937 begründete „Antijapanische militärische und politische Universität des chinesischen Volkes" (Kurzform Kangda) propagiert. Der Direktor der Kangda war Mao Zedong selbst, sein Stellvertreter Lin Biao Aus verschiedenen Direktiven und Reformvorschlägen der Schulen und Universitäten selbst kristallisierten sich im Laufe des Jahres 1967 folgende Leitlinien: 1. Bewerber werden aufgrund von Empfehlungen politisch zuverlässiger Personen ausgewählt; 2.der Unterricht wird verkürzt: die Grundschule (xiaoxue) beansprucht vier bis fünf Jahre, die Oberschule (zhongxue) ebenfalls vier bis fünf Jahre, die Universität (daxue)

zwei bis vier Jahre; Grund-und Oberschule zusammen beanspruchen nicht mehr als acht Jahre; 3. neues Lehrmaterial wird herausgegeben, in dem die Maozedongideen im Vordergrund stehen; 4. vor ihrem Studienabschluß nehmen alle Schüler und Studenten an körperlicher Arbeit und militärischem Dienst teil; erfolgreich seine Ausbildung beenden kann nur.

wer sich in Industrie, Landwirtschaft und Armee bewährt hat;

5. erfahrene Arbeiter und Bauern gehören dem Lehrpersonal an, wählen die revolutionären Studenten aus und schulen sie vor dem Übergang auf die Universitäten

Nicht nur fehlende Lehrgänge und fehlendes Lehrmaterial verzögerten in den beiden Jahren nach dem Eingreifen der Armee die Wiederaufnahme eines intensiven Grundschulund Fachunterrichtes, sondern ebenso die Nachwirkungen der rotgardistischen Rebellion. Schüler und Studenten fanden nur langsam von ihren Reisen zur „Anknüpfung revolutionärer Kontakte" zurück in ihre Einheiten. Die Lehrer trauten sich nicht zurück vor ihre jungen Ankläger. Schüler und Studenten waren obendrein heillos zerstritten. Die jungen Intellektuellen, die vor der Kulturrevolution in die Dörfer oder in die Berge gesandt worden waren und während der Rebellion an ihre Unterrichtsstätten zurückkehrten, wollten nicht wieder fort. Die Jugendlichen wiederum, deren Ausbildung eigentlich beendet gewesen wäre, wollten nicht hinaus aufs Land und stellten „eine Menge unvernünftiger Forderungen hinsichtlich ihrer beruflichen Verwendung nach dem Studienabschluß . . ., ihre Privatinteressen gingen ihnen über alles"

Am 8. Oktober 1967 erließ die Pekinger Führung ein dringendes Rundschreiben „an alle Revolutionsausschüsse . . ., militärischen Kontrollausschüsse (das militärische Führungsorgan, dem bis zur Einsetzung von Revolutionsausschüssen die politische und administrative Verantwortung zufiel, D. A.), Militär-bezirke . . ., Massenorganisationen in den Städten und auf dem Lande". Unter der Parole „Sendet junge Intellektuelle und andere hinaus auf die Dörfer und hinauf in die Berge" forderte die Führung: „Auf der Stelle sollen junge Intellektuelle und andere zur Arbeit hinaus auf die Dörfer und hinauf in die Berge ziehen, um sich mit den Massen der Arbeiter und Bauern zu vereinen, an den drei großen revolutionären Bewegungen (san da geming yundong: Klassenkampf, Produktionskampf, wissenschaftliche Experimente, D. A.) teilzunehmen und das neue sozialistische Dorf mit aufzubauen . . . Junge Intellektuelle und andere, die zur Arbeit auf die Dörfer und in die Berge geschickt worden waren, müssen auf ihren Produktionsposten auf dem Lande ausharren und Vorbilder werden des , die Revolution anpacken und die Produktion vorantreiben'. Jene Jugendlichen und anderen Personen, die zur Arbeit auf die Dörfer und in die Berge geschickt worden waren und sich noch in den Städten aufhalten . .. sollen schleunigst auf die Dörfer zurückkehren, um an Ort und Stelle die Revolution in die Hand zu nehmen . . ., mit den örtlichen revolutionären Massen zusammenzuarbeiten und sowohl die Revolution als auch die Produktion besser und besser durchzuführen. Die revolutionären Massenorganisationen in den Städten und die Verwandten der auf das Land geschickten Leute müssen die revolutionäre Aktion aktiv unterstützen. Die revolutionären Funktionäre müssen die Initiative ergreifen und ihre Kinder aufs Land schicken."

Das Rundschreiben drohte drakonische Maßnahmen an für den Fall, daß die Angesprochenen nicht gehorchten. Zugleich forderte es die Bauern und ländlichen Funktionäre auf, sich mit den aufs Land geschickten Intellektuellen zu vereinen, sie nicht zu diskriminieren, ihre Ernährung und Unterbringung zu sichern und sie nicht in die Städte zurückzutreiben — ein deutlicher Hinweis auf die Spannungen zwischen Intellektuellen auf der einen und Arbeitern und Bauern auf der anderen Seite. Die jungen Intellektuellen wiederum, so forderte es das Rundschreiben, „müssen beharrlich an Ort und Stelle auf dem Lande in ihrer freien Zeit . .. gemeinsam mit den armen Bauern und unteren Mittelbauern die Revolution anpacken. Sie dürfen ihre Arbeitsplätze nicht nach Gutdünken verlassen, um Leute auf höherer Ebene zu besuchen oder revolutionäre Erfahrungen auszutauschen .. Das Rundschreiben wurde nur zögernd befolgt In erster Linie ging es wohl darum, die vom Land in die Städte zurückgestiömten Intellektuellen wieder zurückzuschaffen. Es waren Grundschulund Oberschulabsolventen, denen eine weiterführende Ausbildung versagt worden war, und auch arbeitslose Universitätsabsolventen. Seit jenem Rundschreiben waren aber auch alle anderen Oberschul-und Universitätsabsolventen angesprochen, mit ihnen die gesamte städtische Bevölkerung. Nicht nur sollten Intellektuelle und Städter auf dem Lande ideologisch umgeformt werden, sondern auch die menschenleeren und ungeschützten Randprovinzen Chinas besiedeln helfen wie Tibet, Xinjiang, die Innere Mongolei und Heilongjiang. Die großangelegte (und von der westlichen Presse wieder intensiv kolportierte) „Landverschickung" wurde zum Zaubermittel für alle in der Spätphase der Kulturrevolution auftauchenden Probleme: Umerziehung der intellektuellen Rebellen, Arbeitsbeschaffung für Schulabsolventen, „Reinigung der Klassenmitgliedschaft", Vereinfachung der Verwaltungsstrukturen und Beschäftigung der städtischen Arbeitslosen. Und letztlich diente sie noch dem Kampf gegen den äußeren Revisionismus durch Sicherung der Grenzgebiete zur Sowjetunion und zur Mongolei.

Das revolutionäre Pendel kam mit den Dämpfungsmaßnahmen vom September und Oktober 1967 noch nicht zum Stillstand. Zum einen leisteten die entthronten Rebellen hartnäckigen Widerstand, zum anderen stieg die neue Macht einigen Militärs zu Kopfe. Im März 1968 wurde der Ende 1965 eingesetzte Generalstabschef unter der Anklage, sich zu sehr in den Mittelpunkt gestellt zu haben, gestürzt. Mit ihm mußten weitere hohe Militärführer gehen Sogleich schwang das Pendel wieder um einiges nach links. In den in jenen Tagen begründeten Revolutionsausschüssen von Shanxi (1. Mai 1968), Liaoning (10. Mai 1968) und Sichuan (31. Mai 1968) wurden die Massenorganisationen in stärkerem Maße berücksichtigt Mit dem Linksruck lebte die Unrast an Schulen und Universitäten von neuem auf, so daß sich Mao Zedong am 28. Juli in einem Gespräch mit führenden Studenten der Pekinger Qinghua-Universität bitter beklagte, daß die streitenden Studentenfraktionen noch nicht einmal in die Endstufe von Kampf-Kritik-Umformung eingetreten seien Mao Zedong zog die Konsequenzen und machte den Studenten und Schülern drastisch deutlich, wie sehr sie zum Objekt der Revolution geworden waren.

Ab Ende Juli 1968 wurden „Arbeiterpropagandatrupps" in Begleitung von Armeeangehörigen in Schulen und Universitäten entsandt, um sich „mit den Schülern und Studenten zu vereinen", Große Bündnisse zu fördern und die Revolution auf dem Sektor der Erziehung voranzutreiben. Mao Zedong persönlich beglückwünschte die erste dieser Gruppen, die seit dem 27. Juli an der Qinghua eingesetzt war, am 5. August durch die Übersendung eines Korbes voller Mangofrüchte, Gastgeschenk einer pakistanischen Delegation Yao Wenyuan, der die Kulturrevolution mit seiner Polemik gegen die Pekinger Literaten eröffnet hatte, begründete die Wiederbetonung der führenden Rolle der Arbeiter (und Bauern). Vergessen war die Zeit der Rebellion, die die Proletarische Kulturrevolution erst in die Massen getragen hatte: „Die Tatsachen beweisen, daß ... die Studenten und Intellektuellen allein nicht imstande sind, die Aufgabe von , Kampf-Kritik-UmfoT-mung'und eine ganze Reihe anderer Aufgaben an der Front des Erziehungswesens zu erfüllen, daß Arbeiter und Angehörige der Volks-befreiungsarmee mithelfen müssen, daß es dabei die feste Führung durch die Arbeiterklasse geben muß. Vor kurzem hat Vorsitzender Mao darauf verwiesen: , Zur Durchführung der proletarischen Revolution im Erziehungswesen muß die Arbeiterklasse die Führung inne-haben, muß die Masse der Arbeiter daran beteiligt sein und, zusammen mit den Kämpfern aus den Reihen der Befreiungsarmee, mit den Aktivisten unter den Schülern und Studenten, Lehrern und Arbeitern von Schulen, die entschlossen sind, die proletarische Revolution im Erziehungswesen zu Ende zu führen, die revolutionäre Dreierverbindung herbeizuführen. Die Arbeiterpropagandatrupps sollen lange Zeit in den Schulen verbleiben, sie sollen sich an allen Aufgaben in den Schulen beteiligen, die mit , Kampf-Kritik-Umformung'zu tun haben, sie sollen stets die Schulen leiten. In den Dörfern sollen die verläßlichsten Bundesgenossen der Arbeiterklasse — die armen Bau- ern und unteren Mittelbauern — die Schulen verwalten! ... Diese Weisung ist eine scharfe Waffe zur gründlichen Vernichtung des bürgerlichen Erziehungssystems. Die Masse der jungen Studenten und Schüler soll die Eroberung der Stellungen in den Schulen durch die Arbeiterklasse ... aufs freudigste begrüßen."

Weshalb mußten die jungen Intellektuellen erneut erzogen werden? „Weil die Betroffenen in der Vergangenheit eine bürgerliche Erziehung erhalten haben und sie jetzt eine proletarische, erneute Erziehung erhalten. Das ist der eine Sinn. Der andere ist folgender: Unter dem schädlichen Einfluß der revisionistischen Linie des chinesischen Chruschtschow (Liu Shaoqi, D. A.) wurden sie in der Vergangenheit von bürgerlichen Intellektuellen erzogen, während sie jetzt, geleitet von der proletarisch-revolutionären Linie des Vorsitzenden Mao, von Arbeitern, Bauern und Soldaten wiedererzogen werden. .. . Sich mit den Arbeitern, Bauern und Soldaten verbinden und ihnen dienen, das ist der grundlegende Weg für diese erneute Erziehung.“

Die „Umformung der Weltanschauung" wurde für alle Beteiligten oft schmerzhaft und bald ermüdend. Während die Schüler und Studenten sich nur mühsam den Arbeitern unterwarfen, gingen diese oft zu rigoros vor und vernachlässigten die Maxime Mao Zedongs, allen Kritisierten „einen Ausweg offenzulassen" Sehr impulsiv nahm Jiang Qing am 7. September die der harten Umerziehung unterworfenen jungen Revolutionäre in Schutz. Erstaunte schon die zornige Offenheit Jiang Qings, der Gattin Mao Zedongs, so war die Veröffentlichung ihrer Rede durch die offizielle Nachrichtenagentur noch erstaunlicher (Anlaß der Rede war die Feier zur Einsetzung der beiden letzten Revolutionsausschüsse von Tibet und Xinjiang, beide am 5. September 1968). Jiang Qing gestand, sie hätte erst kurz zuvor die Nachricht erhalten, daß sie sprechen sollte. Nun richte sie ihre Begrüßung an die proletarischen Revolutionäre, an die Angehöri-gen der Volksbefreiungsarmee und an die jungen Kämpfer der Roten Garden: „Ihr werdet bemerkt haben, daß ich im Gegensatz zu Zhou Enlai (der vor ihr sprach, D. A.) es deutlich versäumt habe, die Arbeiter und Bauern zu erwähnen, die Euch den Garaus zu machen versuchen. Ihr jungen Revolutionäre und Roten Garden habt in der Kulturrevolution einen harten Job zu erledigen gehabt. Nun gut, Ihr habt dabei ein paar Fehler begangen. Doch aus ihnen könnt Ihr lernen, und, durch Erfahrung gewitzt, weiter erstarken. — Jetzt sollte ich eigentlich etwas Nettes über die Führung durch die Arbeiterklasse sagen. Aber ich kann nur klarstellen, daß sie Euch nicht verfolgen darf. Sie muß die jungen Kämpfer der Roten Garden schützen, muß ihnen helfen und sie erziehen .. .“

Jiang Qings zorniger Ausfall vermochte vielleicht die rigorose Behandlung der jungen Intellektuellen ein wenig zu mildern. Doch den Trend zur Wiederaufrichtung der Diktatur des Proletariats und seiner Avantgarde, der Kommunistischen Partei, konnte sie nicht aufhalten (und wollte sie wohl auch nicht). Am 1. Januar 1968 hatten die Volkszeitung, die Rote Fahne und die Zeitung der Befreiungsarmee in einem Leitartikel vorausgesagt, die Kommunistische Partei werde Wiedererstehen, und neben der Partei der Kommunistische Jugendverband (!), die Roten Garden (!) und alle revolutionären Massenorganisationen, umorganisiert allerdings gemäß den Anweisungen Mao Zedongs und Lin Biaos. Im Oktober 1968 trat die Partei offiziell wieder in Funktion. Das 12. Plenum des 8. ZK, das vom 13. bis zum 31. Oktober in Peking zusammentrat, hieß sämtliche von Mao Zedong seit dem 11. Plenum im August 1966 erlassenen Weisungen gut. Es bestätigte die Führung der Arbeiterklasse in allen Dingen, einschließlich „aller kulturellen Gebiete". Es bestätigte ebenso die Übernahme aller bislang in Staatsregie befindlichen Schulen durch die Arbeiter und Bauern Nach dem 12. Plenum hatte die Vorbereitung des Neunten Parteitages absoluten Vorrang. Eine von Mao Zedong persönlich entworfene neue Satzung zirkulierte zur Diskussion durch die verschiedenen restaurierten Parteiinstanzen. Nach Kampf-Kritik-Umformung wurde die Einheit in den Vordergrund gerückt. Zu diesem Zweck druckte die Volkszeitung Mao Zedongs Bericht an das 2. Plenum des 7. ZK vom März 1949 ab. In jenem Bericht — der Sieg über die Nationalisten war damals in greifbare Nähe gelangt, Peking war in Händen der Volksbefreiungsarmee — rief der Parteivorsitzende zur Zusammenarbeit mit allen sozialistischen Gruppen auf, die dazu bereit waren. Politische Konsolidierung und wirtschaftlicher Wiederaufbau sollten nach dem Sieg der Revolution den Vorrang haben vor weiterer kämpferischer Umgestaltung der Gesellschaft So konnte vom 1. bis zum 24. April 1969 der Parteitag der Sieger und der Einheit zusammentreten und den Rechenschaftsbericht des neuen stellvertretenden Parteivorsitzenden Lin Biao anhören, diskutieren und verabschieden. Das 9. Zentralkomitee wurde gewählt, um seinerseits die höchste Parteiführung zu wählen

An der Spitze der Parteihierarchie stehen nun Mao Zedong — dieser ununterbrochen seit der Zeit des Langen Marsches von 1935 — und Lin Biao. Ihnen folgen im Ständigen Ausschuß Zhou Enlai, Premierminister und Vermittler der neuen Herrschaftsordnung, Chen Boda und Kang Sheng, die Führer und Promotoren der Kulturrevolutionsgruppe. Sind auch die übrigen zwanzig Mitglieder des Politischen Büros des Zentralkomitees — von ihnen dreizehn aktive Militärs — in, wie wir sagen würden, alphabetischer Reihenfolge aufgeführt worden, so folgten doch beim entscheidenden Wahlgang des Zentralkomitees den fünf Mitgliedern des Ständigen Ausschusses unmittelbar die drei führenden Linken und gleichzeitig neuen Gesichter der Kulturrevolution: Jiang Qing, Gattin Mao Zedongs und Beraterin der Kulturrevolutionsgruppe, Yao Wenyuan, der jüngste im Politbüro, Chefpolemiker der Kulturrevolution und Kommunarde von Shanghai, und Zhang Chunquiao, der seit Januar 1967 als Vorsitzender der Kommune und später des Revolutionsausschusses die zweitwichtigste Stadt Chinas, Shanghai, fest für Mao Zedong regierte. Ihre Namen wird man sich merken müssen.

Anhang

I: Aussprachehilfe für die Umschrift des Chinesischen (Hanyu-pinyin) 1. Konsonanten 2. Vokale b Bach a Saal P Puppe o Sonne m Maß e möchte f Peder iyi Sieb d Dach u, wu Kuh t Teller ü, yu Flüh n naß (nach j, q, x ohne Umlaut)

1 Leder ai Zeit g Gast ao Haus k Keller ou Hof h lachen ei englisch lake j Jeep (d + j) ia, ya Jahr q cheese (t + j) iao, yao jauchzen X ich iu, you johlen z entsetzt (stimmhaftes d ie, ye Projekt + stimmhaftes s) ua, wa (englisches w + a)

c Zeit uai, wai englisch wife s Faß uo, wo englisch wall zh Dschungel ui, wei englisch way ch Tscheche üe, yue französisch fluet (einsilbig)

sh Schatten (nach j, q, x ohne Umlaut)

r (zwischen englischem r er englisch furry und französischem j) -i (in zi, ci, si) (der Konsonant wird verlängert) ng singen -i (in zhi, chi, ri) (Konsonant + Retroflexlaut, y Junge d. h. mit zurück-gebogener Zunge) w englisch way 4 3. Vokale + n oder ng an mahnen ang Drang ian, yan Jänner iang, yang englisch young uan, wan englisch w + an uang, wang englisch w + ang üan, yuan ü + an (einsilbig) ong Stimmung (nach j, q, x ohne Umlaut)

en lachen iong, yong jung un, wen englisch when eng Menge in, yin Sinn ueng, weng englisch w + eng ün, yun Düne ing, ying singen (nach j, q, x ohne Umlaut)

Quelle: angelehnt an Han De Cidian (Chinesisch-Deutsches Wörterbuch), Peking: Shangwu Yinshuguan (Handelsverlag), 1964.

II: Kurzer Führer durch die deutschsprachige Literatur

1. Allgemeines Joachim Schickel, Große Mauer, Große Methode, Annäherungen an China, Stuttgart 1968.

(Reisefeuilletons, sinologische und philosophische Essays) 2. Revolutionsgeschichte, Biographie Stuart R. Schram, Mao Tse-tung, Frankfurt 1969 (zur Zeit beste Mao Zedong-Biographie im Kontext der chinesischen Revolution, revidierte englische Originalausgabe Harmondsworth 1967).

Tilemann Grimm, Mao Tse-tung, Reinbek 1968 (Biographie und Revolutionsgeschichte in Kurzform). 3. Wirtschaftliche und sozioökonomische Entwicklung seit 1949 C. Bettelheim, H. Marchisio, J. Charriere, Der Aufbau des Sozialismus in China, München 1969 (Sozioökonomische und sozialpsychologische Voraussetzungen der kulturellen Umwälzungen, französische Erstausgabe Paris 1966).

Udo Ernst Simonis, Die Entwicklungspolitik der Volksrepublik China 1949 bis 1962, Unter besonderer Berücksichtigung der technologischen Grundlagen, Berlin 1968, Volkswirtschaftliche Schriften Heft 123.

Max Biehl, Die chinesische Volkskommune im „Großen Sprung" und danach, Hamburg 1965.

Jan Myrdal, Bericht aus einem chinesischen Dorf, München 1966, auch als dtv-Taschenbuch 591 (Bauern erzählen ihr Leben und die Revolution in ihrem Dorf der Provinz Shanxi, Sommer 1962; schwedisches Original Stockholm 1963). 4. Maozedongideen Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke I-IV, Peking: Verlag für fremdsprachige Literatur, 1968ff (Bände I bis III bereits erschienen).

Mao Tse-tung, Ausgewählte Schriften, übersetzt und kommentiert von Tilemann Grimm, Frankfurt 1963.

Mao Tse-tung, 37 Gedichte, übersetzt und kommentiert von Joachim Schickel, Hamburg 1965, als dtv-Taschenbuch 442, 1967.

Das Rote Buch, Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung, Peking: Verlag für fremdsprachige Literatur, 1967. Von Tilemann Grimm hrsg. Ausgabe Frankfurt 1967. Von Joachim Schickel wurde eine kommentierte Ausgabe für den Herbst 1969 angekündigt als Rowohlt-Taschenbuch 1150.

Stuart R. Schram, Die permanente Revolution in China, Dokumente und Kommentar, Frankfurt 1966 (französische Originalausgabe Paris 1963). 5. Große Proletarische Kulturrevolution Giovanni Blumer, Die chinesische Kulturrevolution 1965/67, Frankfurt 1968 (Mischung von Chronologie, Augenzeugen-und Dokumentarbericht).

Dieter Heinzig, Die Krise der Kommunistischen Partei Chinas in der Kulturrevolution, Hamburg 1969, Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Nr. 27.

Kuo Heng-yü, Maos Kulturrevolution, Analyse einer Karikatur, Pfullingen 1968, Reihe „Politik in unserer Zeit" Nr. 10 (Biographische Interpretation der Rotgardistenkarikatur der Hundert Widerlichen Clowns, Chronologie der Kulturrevolution bis Sommer 1967). Klaus Mehnert, Maos Zweite Revolution, Stuttgart 1966 (Dokumente des Sommers und Herbstes 1966, dazu sowjetische, ostdeutsche und polnische Interpretation).

Klaus Mehnert, Peking und die Neue Linke, Stuttgart 1969 (Zugang zu Dokumenten der extrem linken Opposition).

Oskar Weggel, Die chinesischen Revolutionskomitees oder der Versuch, die Große Kultur-revolution durch Parzellierung zu retten, Hamburg 1968, Mitteilungen des Institutes für Asienkunde Nr. 25.

Nachtrag Nach Abschluß des Manuskriptes erschienen bzw. wurden angekündigt:

Joachim Schickel (Hg.), Mao Tse-tung, Der Große Strategische Plan, Dokumente zur Kultur-revolution, Voltaire Handbuch 3— 5, Berlin 1969 (Sammlung in der Peking Rundschau erschienener offizieller Texte von der Frühphase bis Oktober 1968).

Joachim Glaubitz (Hg.), Opposition gegen Mao, Abendgespräche am Yenshan und andere politische Dokumente, Olten und Freiburg 1969 (Materialien zur intellektuellen und militärischen Opposition, vgl. Anm. 23 und 30).

Hans Heinz Holz, Widerspruch in China, Politisch-philosophische Erläuterungen zu Mao Tsetung, Reihe Hanser Nr. 27.

Enrica Collotti Pischel, Die chinesische Kulturrevolutign, Probleme sozialistischer Politik Bd. 18 (Analyse einer engagierten Sozialistin).

Fussnoten

Fußnoten

  1. Guanyu Holuxiaofude jia gongchanzhuyi ji qi zai shijie lishi shangde jiaoxun. Jiu ping Su-gong zhongyande gongkaixin, Renmin Ribao/Hongqi 14. Juli 1964 (über den Pseudokommunismus Chruschtschows und die historischen Lehren für die Welt. Neunter Kommentar zum Offenen Brief der KPdSU), deutsch in: Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung, Peking: Verlag für fremdsprachige Literatur (VFL) 1965, S. 465— 536, Zitat S. 527.

  2. Hierzu Dietmar Albrecht, Die Führung der Kommunistischen Partei Chinas, Berliner Zeitschrift für Politologie IX/1, S. 58— 67, Mai 1968.

  3. Hu Yaobang in Renmin Ribao, 7. Juli 1964; NHNA, 30. Juli 1966; Hongqi 11, 21. August 1966; alle zitiert nach Philip Bridgham, Mao's „Cultural Revolution", Origin and Development, China Quarterly 29, Januar—März 1967, S. 8 f.

  4. Zitat bei Lin Biao, Zai Zhongguo Gongchandang dijiu-ci quanguo daibiao dahui shangde baogao. Yijiuliujiu-nian siyue yiri baogao, siyue shisiri tongguo, Renmin Ribao, 28. April 1969. Deutsch: Bericht auf dem 9. Parteitag der KPCh, erstattet am 1. April und angenommen am 14. April 1969, Peking, VFL 1969.

  5. Renmin Ribao, 11. Januar 1963; Text des Beschlusses bei Richard Baum und Frederick C. Teiwes, Ssu-ch’ing: The Socialist Education Movement of 1962— 1966, Berkeley: Center for Chinese Studies 1968, im Anhang.

  6. Renmin Ribao, 25. Januar 1963, Baum/Teiwes, a. a. O„ S. 14.

  7. Renmin Ribao, 23. Februar 1963, Baum/Teiwes, a. a. O., S. 14.

  8. Text des September-Beschlusses ebenfalls bei Baum/Teiwes.

  9. Einige Fragen, die während der Sozialistischen Erziehungsbewegung gegenwärtig auf dem Lande auftauchen (23 Artikel), Text bei Baum/Teiwes.

  10. Renmin Ribao, 10. Oktober 1965, Baum/Teiwes, a. a. O., S. 40.

  11. über den Pseudokommunismus ..., a. a. O. (Anm. 1), S. 532 f.

  12. Bericht Edgar Snows über sein Interview mit Mao Zedong, Washington Post, 14. Februar 1965; Bridgham, a. a. O. (Anm. 3), S. 13.

  13. Andre Malraux, Antimemoiren, nach dem Vor-abdruck in Die Zeit, 20. September 1968.

  14. Renmin Ribao, 7. Juli 1964, druckte den Arbeitsbericht vom 10. Juni 1964 ab.

  15. Maozedong-sixiang wird seit dem 9. Parteitag offiziell stets mit „Moazedongideen" übertragen anstelle des umständlicheren „Gedanken Mao Zedongs" oder „Denken Mao Zedongs". „Maoismus" tauchte nur gelegentlich und immer inoffiziell während der Kulturrevolution auf (Maozedong-zhuyi). Die ideengeschichtliche Aufreihung lautet nun Marxismus-Leninismus-Maozedongideen (Makesi-zhuyi, Liening-zhuyi Maozedong-sixiang).

  16. Zhongguo Qingnian Bao (Zeitung der chinesischen Jugend), 7. September 1965, CNA 633.

  17. Zhongguo Qingnian Bao, 9. Oktober 1965, CNA 633.

  18. Zhongguo Qingnian Bao, 16. Juni, 18. Juni, 21. Juni und 26. Juli 1966.

  19. Zhongguo Qingnian Bao, 17. August 1966, CNA 634. Zur Entwicklung des Jugendverbandes vgl. John Israel, The Red Guards in Historical Perspective: Continuity and Change in the Chinese Youth Movement, China Quarterly 30, April—Juni 1967, S. 1— 32.

  20. Giovanni Blumer behauptet (aus eigener Erfahrung?), der Jugendverband sei weitgehend an der Auswahl von Kadern der Roten Garden beteiligt gewesen: Die chinesische Kulturrevolution 1965/67, Frankfurt 1968, S. 129 f., 188.

  21. Kuo Heng-yü, Humanität als „Ladenhüter" und Mao und die Literaten, Neue Zürcher Zeitung 17. April und 7. August 1966; ders., Maos Kultur-revolution, Analyse einer Karikatur, Reihe „Politik in unserer Zeit", Pfullingen 1968.

  22. Wu Han, Hai Rui Ba Guan (Hai Rui wird entlassen), Beijing Wenyi 1/1961, Mingbao (Hongkong) 3/1966, dazu die Polemik von Yao Wenyuan, Wenhui Bao (Shanghai) 10. November 1965; beide Texte deutsch in: Ostprobleme, 18. Jg., Nr. 18. Deng Tuo alias Ma Nancun, Yanshan Yehua (Abendgespräche am Schwalbenberg), Beijing Wanbao 1961 und 1962, und Deng Tuo/Liao Mosha/Wu Han, Sanjiacun Zhayi (Notizen aus dem Dreifamiliendorf), Beijing Ribao, Beijing Wanbao und Qianxian (Peking), 1961 ff., ins Japanische übertragen vom Mainichi Shimbun: Yenzan Yawa, Tokio 1966; ausgewählte Glossen Deng Tuos in der Chih Luen Press, Hongkong 1966; zu den „Abendgesprächen" und den „Notizen" die Polemik Yao Wenyuans in Wenhui Bao, 10. Mai 1966, deutsch in: Die Große Sozialistische Kulturrevolution in China (1), Peking: VFL 1966. Vgl. Stephen Uhalley Jr., The Cultural Revolution and the Attack on the „Three Family Village", China Quarterly 27, Juli—September 1966, S. 149— 161.

  23. Hierzu Merle Goldman, The Fall of Chou Yang, China Quarterly 27, Juli—September 1966, S. 132 bis 148.

  24. „Yi fen wei er" yu „he er er yi". Xuexi Mao zhuxi weiwu-bianzhengfa sixiangde tihui. („Eins in Zwei Spalten" und „Zwei zu Einem Verbinden", Interpretation aus dem Studium der materialistisch-dialektischen Ideen des Vorsitzenden Mao), von Ai Hengwu und Lin Qingshan, Guangming Ribao, 29. Mai 1964. Jiu „he er er yi" wenti he Yang Xianzhen tongzhi shangque (Diskussion mit Genossen Yang Xianzhen über das Problem des „Zwei zu Einem Verbinden"), von Wang Zhong und Guo Peiheng, Renmin Ribao, 17. Juli 1964, dort auch der Nachdruck des Aufsatzes aus Guangming Ribao.

  25. Hierzu Ross Terrill, The Siege Mentality, Problems of Communism XVI/2, März—April 1967, S. 1— 10.

  26. Uber den Pseudokommunismus . . ., a. a. O. (Anm. 1), S. 525 f.

  27. Joachim Schickel, Dialektik in China (II), in: Große Mauer, Große Methode, Stuttgart 1968, S. 175; auch in Kursbuch 9, Juni 1967.

  28. Zitiert von. Lin Biao in seinem Bericht an den 9. Parteitag, a. a. O. (Anm. 4).

  29. Hierzu David A Charles, The Dismissal of Marshal P’eng Teh-huai, China Quarterly 8, Oktober—Dezember 1961, S. 63— 76, und Dieter Heinzig, Von Lushan zur Kulturrevolution, Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien 5/1968, Köln; deutschsprachiges Material zum „Rechtsopportunismus" Peng Dehuais in Peking Rundschau 1967, Nrn. 34 und 35.

  30. Renmin Ribao, 30. September 1959, Bridgham, a. a. O. (Anm. 3), S. 3.

  31. Gongzuo Tongxun (Arbeitsbulletin) 3, 7. Januar 1961, S. 1— 33, abgedruckt bei J. Chester Cheng (Hg.), The Politics of the Chinese Red Army, Stanford: The Hoover Institution on War, Revolution, and Peace, 1966. Vgl. Bridgham, a. a. O. (Anm. 3), S. 5 f.

  32. Mao zhuxi yulu. Zhongguo Renmin Jiefangjun zong zhengzhibu bianyin (Worte des Vorsitzenden Mao. Herausgegeben von der Allgemeinen Politischen Abteilung der Chinesischen Volksbefreiungsarmee), Peking 1964/1965; offizielle deutsche Übersetzung Peking: VFL 1967; kommentierte deutsche Ausgabe hg. von Tilemann Grimm, Frankfurt 1967. Die Zitate entstammen dem Vorwort zur Ausgabe vom 1. 8. 1965.

  33. Renmin Ribao, 1. Februar 1964.

  34. Hierzu Mary Sheridan, The Emulation of Heroes, China Quarterly 33, Januar—März 1968, S. 47— 72.

  35. Richard Löwenthal, Die Schrift an der Wand, in: Die Zeit. 2? Januar 1967

  36. Bertolt Brecht, Me-ti. Buch der Wendungen, Frankfurt 1965, S. 194, Mi-en-leh sagte, „jede Köchin müsse den Staat lenken können. Er hatte so zugleich eine Veränderung des Staates wie der Köchin im Auge."

  37. UN-Schätzung, zitiert von Michel Oksenberg, China: Forcing the Revolution to a New Stage, Asian Survey VII/1, Januar 1967, S. 8 f.

  38. Michel Oksenberg, S. 9.

  39. Vgl. CNA 623, 5. August 1966, und URS 47/19, 6. Juni 1967. Ebenso Renmin Ribao, 15. August 1966

  40. Anschauliche Schilderungen gibt die Ad-hoc-Zeitung Ba Sanshiyi, Guangzhou, Dezember 1967, übersetzt in URS 50/3, 9. Januar 1968.

  41. Vgl. das Flugblatt eines Rotgardisten der Pekinger Qinghua Universität vom 20. Juli 1966, übersetzt in: Ostprobleme 19. Jg. Nr. 4, S. 106 bis 110.

  42. Zitiert von Lin Biao in seinem Bericht an den 9. Parteitag (Anm. 4).

  43. NHNA 6. Juni 1966, Bridgham, a. a. O. (Anm. 3), •S. 16.

  44. Vgl. Anm. 23.

  45. Direktive vom 15. November 1965, NHNA, 26. November 1965, Bridgham, a. a. O. (Anm. 3), S. 18.

  46. Alle drei Texte in: Die Große Sozialistische Kulturrevolution (1), Peking: VFL 1966.

  47. Tongzhi. Zhongguo Gongchandang zhongyang weiyuanhui (16. 5. 1966), Renmin Ribao, 17. Mai 1967; vgl. dazu den gemeii amen Kommentar in Renmin Ribao/Hongqi, 18. Mai 1967: Weidade lishi wenjian. Deutsch beide Texte als Rundschreiben des ZK der KPCh und Ein großartiges historisches Dokument, Peking: VFL 1967.

  48. Zai Zhongguo Gongchandang quanguo xuan-chuan gongzuo huiyi shangde jianghua (12. März 1957), Peking: Renmin Chubanshe, 1957. Deutsch: Rede auf der Landeskonferenz der KP Chinas über Propagandaarbeit, Peking: VFL 1965, 2. Ausl. 1967.

  49. Angaben bei John Israel, a. a. O. (Anm. 20), S. 7, und Philip Bridgham, a. a. O. (Anm. 3), S. 24.

  50. NHNA, 5. Juni 1966.

  51. Vgl. Mao Tse-tung, 37 Gedichte, Hg. Joachim Schickel, München 1967, S. 43 und S. 142 f.

  52. Text der Wandzeitung in Renmin Ribao, 2. Juni 1966.

  53. Augenzeugenbericht von Marianne Bastid, Ori-gines et developpement de la Revolution Culturelle, Politigue Etrangere, 32. Jg., Nr. 1 (1967), S. 68— 86.

  54. SWB FE 2178.

  55. Zhongguo Qingnian Bao, 16. Juni 1966 nach CNA 623, 5. August 1966, S. 6; SWB FE 2203, Radio Changsha, 27. Juni 1966; Andrew Watson, Revolution in Sian, Far Eastern Economic Review (FEER) 56/3, 20. April 1967 und 56/4, 27. April 1967.

  56. Renmin Ribao, 18. Juni 1966.

  57. Zhongguo Qingnian Bao, 23. Juni 1966, CNA 634, S. 5.

  58. Vgl. die „Untersuchung der von der Arbeitsgruppe an der Qinghua Universität im Juni und Juli 1966 in der Frage der Funktionäre verfolgten reaktionären Linie der Bourgeoisie", Renmin Ribao 31. März 1967, Peking Rundschau 15/1967. Vgl. auch Giovanni Blumer, a. a. O. (Anm. 21), S. 138— 147.

  59. Selbstkritik vom 9. Juli 1967 in Tiyu Zhanbao, Guangzhou, 10. Sept. 1967, nach der Übersetzung von Kuo Heng-yü, a. a. O. (Anm. 22), S. 62— 74. Vgl. auch die Reden Liu Shaoqis vor der Pekinger Hochschule für Bauindustrie vom 2. bis 4. August 1966, in URS 51/8 und 9, 26. und 30. April 1968.

  60. NHNA 9. Juli 1966.

  61. Mainichi Shimbun 26. September 1966, zitiert bei John Israel, a. a. O. (Anm. 20), S. 7. Selbstkritik Wang Guangmeis, abgedruckt in Current Scene V/9, 31. Mai 1967.

  62. Mao Zedongs schwimmerisches Können und die schnelle Strömung des Yangzi an jener Stelle (15 km/h) erhöhen den Wahrheitsgehalt der NHNA-Meldung vom 23. Juli 1966. Wichtiger als die objektive Wahrheit ist allerdings die beabsichtigte Wirkung.

  63. Mitteilung Liu Shaoqis in seiner Selbstkritik, a. a. O. (Anm. 60), S. 67.

  64. Vgl. Kuo Heng-yü, Mao und die Literaten, Neue Zürcher Zeitung 7. August 1966.

  65. Nach John Israel, a. a. O. (Anm. 20), S. 11.

  66. So auch Joachim Schickel, a. a. O. (Anm. 28), S. 212 f.

  67. Zhongguode hongse zhengquan weisheme nenggou cunzai? (5. Oktober 1928), Xuan Ji (yi-juan ben), S. 50, 55. Deutsch: Warum kann die chinesische Rote Macht bestehen? Ausgewählte Werke I, Peking: VFL, 1968, S. 71, 78.

  68. Agnes Smedley, The Great Road: The Life and Time of Chu Teh, zitiert in Current Scene IV/16, 5. September 1966, S. 7.

  69. Renmin Ribao 20. Januar 1966, zitiert bei H. C. Chuang, The Great Proletarian Cultural Revolution. A Terminological Study, Berkeley: Center for Chinese Studies, Studies in Chinese Communist Terminology No. 12 (1967), S. 10.

  70. John Reed, Zehn Tage, die die Welt erschütterten, zitiert bei Joachim Schickel, a. a. O. (Anm. 28), S. 212.

  71. Vgl. H. C. Chuang, a. a. O. (Anm. 70), Anm. 16, S. 49.

  72. Zhongguo Gongchandang diba-jie zhongyang weiyuanhui dishiyi-ci quanti huiyi gongbao (1966 nian bayue shierri tongguo), Renmin Ribao 14. August 1966. Deutsch: Kommunique des 11. Plenums des 8. Zentralkomitees der KPCh, angenommen am 12. August 1966, Peking: VFL, 1966. Das Zitat gehört zur Vorbemerkung.

  73. Zhongguo Gongchandang zhongyang weiyuan-hui guanyu wuchanjieji wenhua da gemingde jueding (1966 nianbayue bari tongguo), Renmin Ribao 9. August 1966. Deutsch: Beschluß des Zentralkomitees der KPCh zur Großen Proletarischen Kulturrevolution, angenommen am 8. August 1966, Peking: VFL, 1966.

  74. Peking Review Nr. 35, 26. August 1966, S. 10 f.

  75. Peking Review 35, 26. August 1966, S. 8.

  76. Formulierung Peter Weber-Schäfers. Vgl. Joachim Schickel, a. a. O. (Anm. 28), S. 164— 166, und H. C. Chuang, a. a. O. (Anm. 70), S. 1— 5.

  77. Renmin Ribao 1. Juni 1966.

  78. Vgl. die Rede Zhou Enlais vom 31. August 1966, Peking Review 37, 9. September 1966, S. 12.

  79. Vgl. Po jiu li xin yibai li (100 Regeln zur Zerstörung des Alten und Errichtung des Neuen), Beijing Maozedong-zhuyi (I) (diershiliu-ge) zhongxue hongweibing (Rote Garden der Pekinger [26. ] Maoismus-Oberschule), 1. September 1966, übersetzt in URS 46/26, 31. März 1967.

  80. Letter From China, Peking 20. September 1966, in Global Digest, Hongkong, 1II/11 November 1966, S. 50— 58.

  81. Kurzform Di-fu-tan-huai-you, eine Umschreibung aller Nutznießer und Anhänger der Nationalisten, die der „Umerziehung durch Arbeit" (laodong-gaizao) während der kulturrevolutionären Unruhen wohl entflohen waren.

  82. Zitiert nach John Israel, a. a. O. (Anm. 20), S. 13. Umrechnungen:'1 Jin = 0, 5 kg, 1 Liang = 50 g, 1 Yuan = 1, 63 DM.

  83. Voltaire Flugschrift 13, Berlin 1968.

  84. John Israel, a. a. O. (Anm. 20), S. 14.

  85. Peking Review 37, 9. September 1966, S. 10.

  86. Der Drei-Acht-Arbeitsstil (sanba-zuofeng) umfaßt drei Leitsätze und acht Schriftzeichen. Die drei Leitsätze: 1. feste und richtige politische Orientierung; 2. sorgfältige und einfache Arbeitsweise; 3. bewegliche Strategie und Taktik. Die acht Schrift Zeichen: tuanjie = Geschlossenheit, jinzhang = Einsatzfreudigkeit, yansu = Ernsthaftigkeit, huopo = Lebhaftigkeit.

  87. Die Drei Hauptregeln der Disziplin (sanda-jilü) und die Acht Verhaltensmaßregeln (baxiang-zhuyi) sind als Moralkodex der Guerilleros in den Jinggang-Bergen entstanden. Die Drei Hauptregeln der Disziplin: 1. handele auf Befehl; 2. nimm anderen nichts weg; 3. was vom Feind übernommen wurde, wird dem Staat abgeliefert. Die Acht Verhaltensmaßregeln: 1. sprich höflich; 2. bezahle redlich, was Du kaufst; 3. gib alles zurück, was Du entleihst; 4. bezahle für alles, was Du beschädigst; 5. schlage und verfluche niemanden; 6. tue der Ernte keinen Schaden; 7. nimm Dir Frauen gegenüber keine Freiheiten heraus; 8. mißhandele keine Gefangenen.

  88. Peking Review 37, 9. September 1966, S. 11 f.

  89. Peking Rundschau IV/1, 3. Januar 1967, S. 4 f.

  90. Vgl. Harald Munthe-Kaas, Military Culture, FEER 54/11, 15. November 1966, S. 541 f.

  91. Letter From China a. a. O. (Anm. 81), S. 51— 53.

  92. Das „Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang", Grenzprovinz zur zentralasiatischen Sowjetunion, wird im Westen zumeist als Sinkiang wiedergegeben.

  93. Cantonese Red, FEER 54/10, 8. Dezember 1966, S. 503 s.

  94. Giovanni Blumer, a. a. O. (Anm. 21), S. 212 f.

  95. Vgl. die „Dringende Aufforderung" der nach Peking gereisten Fünf-Rot-Schüler der Oberschule Nr. 2 von Hunjiang, Provinz Jilin, an ihre „Fünf-Schwarz" -Klassenkameraden, schleunigst Peking wieder zu verlassen, Datum 5. September 1966. übersetzt in Ostprobleme Jg. 19 Nr. 4, 24. Februar 1967, S. 110.

  96. Radio Guizhou 27. Juni 1967, CNA 670, 28. Juli 1967, S. 1— 4.

  97. Renmin Ribao 29. April 1967, CNA 682.

  98. Vgl. CNA 682, 27. Oktober 1967, S. 2.

  99. Renmin Ribao 10. und 26. Januar 1967, CNA 682.

  100. Wenhui Bao 9. Januar 1967, deutsch in: Die Große Proletarische Kulturrevolution in China (10), Peking: VFL, 1967.

  101. Renmin Ribao 3. März 1967 und 27. März 1967.

  102. Zhongxue Hongweibing 3, 20. Mai 1967, in Mingbao, Hongkong, 5. April 1967 (wiederum nach japanischen Quellen), CNA 682.

  103. Mingbao 30. März 1967, CNA 682.

  104. Vgl. Kikuzo I o und Minoru Shibata, The Dilemma of Mao Tse-tung, The China Quarterly 35, Juli—September 1968, S. 71.

  105. CNA 682, S. 6.

  106. Alexandra Close, Round in Circles, FEER 56/4, 4. Mai 1967, S. 251.

  107. Vgl. Current Scene VI/18, 15. Mai 1968: Mass Factionalism in Communist China.

  108. Peking Review 46, 11. November 1966, S. 10 f. Hervorhebung durch den Verfasser.

  109. CNA 692, 19. Januar 1968, S. 4. Sendung vom 4. Januar 1967.

  110. Edgar Snow, Red Star Over China, London 1963, S. 136.

  111. Vgl. Current Scene V/4, 31. Mai 1967, S. 2.

  112. Renmin Ribao 20. Juni 1966.

  113. A. a. O. (Anm. 22).

  114. Rundschreiben des ZK der KPCh an die Provinz-und Lokalorgane der Propagandaabteilung, 14. August 1967, in SCMP 4057, S. 6— 7.

  115. Radio Peking, Regionalprogramm, SWB FE 2494.

  116. Renmin Ribao 15. und 16. Juni 1967, Current Scene V/4.

  117. Hunan nongmin yundong kaocha baogao (März 1927), Xuan Ji (yi-juan ben), S. 25. Deutsch: Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan, Ausgewählte Werke I, Peking: VFL, 1968, S. 37.

  118. A. a. O. (Anm. 62).

  119. Peking Review 39, 23. September 1966, S. 12 f.

  120. Asahi Shimbun 12. Januar 1967, CNA 642, 6. Januar 1967, S. 6. Vgl. Renmin Ribao 26. Dezember 1966, Leitartikel.

  121. Zusammengefaßt in: Die Große Proletarische Kulturrevolution in China (10), Peking: VFL, 1967.

  122. Renmin Ribao 14. Januar, 17. Januar und 29. Februar 1967. Vgl. Neale Hunter, Port In A Storm, FEER 56/12, 22. Juni 1967, S. 663— 667, und Evelyn Anderson, Shanghai: The Masses Unleash-ed, Problems of Communism XVII/1, Januar— Februar 1968, S. 12— 21. Ebenso Giovanni Blumer, a. a. O. (Anm. 21), S. 248 ff.

  123. Vgl. Jan Prybyla, The Economic Cost, Problems of Communism, XVII/2, März-April 1968, S. 1— 13.

  124. Yomiuri Shimbun 4. Januar 1967, vgl. Philip Bridgham, Mao's Cultural Revolution in 1967: The Struggle to Seize Power, China Quarterly 34, April—Juni 1968, S. 6— 37, S. 8.

  125. Neujahrsleitartikel Renmin Ribao/Hongqi 1. Januar 1967, deutsch in: Die Große Proletarische Kulturrevolution in China (9), Peking: VFL, 1967.

  126. Zheng Zhisi, Die Lehren der Pariser Kommune, Hongqi 4, 24. März 1966, nach dem Text in Peking Review 14— 16, April 1966.

  127. Friedrich Engels, Vorwort zu Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, zitiert von Zheng Zhisi.

  128. Hongqi 3, 1. Februar 1967. SCMM 563, 13-Februar 1967, S. 1— 7, 5.

  129. Text der Rede in SCMP 4147, 27. März 1968.

  130. Peking Rundschau V/21, 28. Mai 1968, S. 13— 15. Als Dokument 21 bei Klaus Mehnert, Peking und die Neue Linke, Stuttgart 1969.

  131. Vgl. Renmin Ribao 22. Januar 1967.

  132. Vizepremier Tan Zhenlin wurde später als Urheber der „Februar-Gegenströmung" angegriffen; vgl. Dieter Heinzig, Die Krise der Kommunistischen Partei Chinas in der Kulturrevolution, in: Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Hamburg, Nr. 27, Hamburg 1969, S. 21.

  133. Ein solcher Ausspruch wird Zhou Enlai und Chen Boda zugeschrieben (15. Januar 1967), Sankei Shimbun 17. Januar 1967; vgl. Bridgham, a. a. O. (Anm. 125), S. 10.

  134. Current Background 851, 6. Mai 1968, S. 4.

  135. Mainichi Shimbun 30. Januar 1967, CNA 655, 14. April 1967.

  136. Hongqi 4, 1. März 1967, SCMM 566, 6. März 1967, S. 1— 8.

  137. Asahi Shimbun 23. Februar 1967 nach Wand-zeitungen in der Peking Universität.

  138. Angaben bei CNA 658, S. 7; SWB FE 2448; John Gittings, The Numbers Game, FEER LX/24, 13. Juni 1968, S. 545 f. Zu den Revolutionsausschüssen liegt in deutscher Sprache eine ausführliche Studie vor von Oskar Weggel, Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Hamburg Nr. 25, Hamburg 1968. Vollständige Angaben über die Besetzung der Führungsgremien der Revolutionsausschüsse finden sich in Current Scene Vl/9 und VI/18.

  139. Renmin Ribao 23. Juni 1967 bringt Text und Kommentar.

  140. Zu den Polemiken von 1967 vgl. Heinzig, Die Krise der KPCh, a. a. O. (Anm. 133), S. 16— 23. Vgl. auch Parris H. Chang, Mao’s Great Purge: A Political Balance Sheet, Problems of Communism XVIII/2, März—April 1969, S. 1— 10.

  141. Vgl. " Xiuyang" de yaohai shi beipan wuchan-jieji zhuanzheng, Renmin Ribao/Hongqi 8. Mai 1967. Deutsch: Verrat an der Diktatur des Proletariats — der Kernpunkt des Buches über die „Selbstschulung", Peking: VFL, 1967. — Nach den Angriffen auf Liu Shaoqi mußte das Rote Buch an zwei Stellen redigiert werden: die Überschrift des 24. Kapitels „Sixiang yishi xiuyang“ (Selbst-schulung oder Selbstvervollkommnung des ideologischen Bewußtseins) wurde abgeändert in „Jiuzheng cuowu sixiang“ (Berichtigung falscher Ansichten), vgl. S. 204 der chinesischen Ausgabe. Ebenso wurden auf S. 208 der chinesischen Ausgabe zwei Sätze, die einen Ausspruch des „Genossen Liu Shaoqi" Wiedergaben, ganz gestrichen. Uns lagen Ausgaben vom Januar 1967 (unredigiert) und von 1968 vor. Die unredigierte Fassung übersetzte Tilemann Grimm (S. 108, llOf.), während die offizielle Pekinger Übersetzung der späteren Fassung folgt (S. 280, 286); vgl. Anm. 33 dieser Arbeit. Die Polemik gegen Liu Shaoqi untersucht Dieter Heinzig in: Mao contra Liu, Be. ichte des Bundes-instituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien Nr. 48, Köln 1967.

  142. Vgl. Heinzig, Von Lushan zur Kulturrevolution, a. a. Ö (Anm. 30). im

  143. Vgl. Yao Wenyuan, Ping Tao Zhude liang-ben shu, Renmin Ribao 8. September 1967. Deutsch: Kommentar zu den zwei Büchern von Tao Zhu, Peking: VFL, 1968.

  144. Hongqi 5, 30. März 1967, SCMM 568, S. 1— 4.

  145. Hongqi 4, 1. März 1967, SCMM 566, S. 1— 8.

  146. Yomiuri Shimbun 9. April 1967, Bridgham a. a. O. (Anm. 125), S. 16; vgl. Renmin Ribao 21. April 1967.

  147. Direktive vom 7. Mai 1967, zitiert von NHNA 16. Juni 1967, Bridgham, a. a. O. (Anm. 15, Anm. 125), S. 20.

  148. Nach Berichten von Ad-hoc-Zeitungen in URS 48/10, 4. August 1967, und der Dokumentation in China Quarterly 32, Oktober—Dezember 1967, S. 185 f.

  149. Hongqi 12, 31. Juli 1967, redigierte Fassung in Peking Review 32, 4. August 1967, S. 36— 39.

  150. Lin Biaos Rede vom 9. August 1967 wird zitiert in SCMP 4036, S. 1— 6.

  151. Sankei Shimbun 22. August 1967, Bridgham, a. a. O. (Anm. 125), S. 26.

  152. Zitiert von Bridgham, a. a. O. (Anm. 125), S. 26.

  153. Text in SCMP 4069, S. 1— 9.

  154. Text in SCMP 4026, S. 1— 2.

  155. Renmin Ribao 2. Oktober 1967; Peking Rundschau Nr. 40/41, 1967.

  156. Renmin Ribao 18. Oktober 1967.

  157. Von der Aufgabenstellung Kampf-Kritik-Umformung im Renmin Ribao/Hongqi-Leitartikel 1. Januar 1967 bis zur Herausstellung der Einheit im Jiefangjun Bao-Leitartikel vom 7. August 1968, abgedruckt in Renmin Ribao 13. August 1968, verstrichen immerhin zwanzig Monate.

  158. Rede Zhou Enlais am 17. September 1967, SCMP 4066, S. 5.

  159. Den langen mühseligen Weg von der Rebellion über den Fraktionalismus zu den Bündnissen und Dreierverbindungen und die zwielichtige Rolle des Militärs — in diesem Falle der Befehlshaber in Kanton — schildert der Brief eines führenden Rotgardisten an den Stab der Kantoner Militärregion, datiert vom 1. April 1968, übersetzt in URS 52/7 und 8, 26. Juli 1968.

  160. Nach den Auszügen in China Quarterly 33, Januar—März 1968, Chronicle and Documentation, S. 150— 154.

  161. Zheng Zhisi, Die Lehren der Pariser Kommune, a. a. O. (Anm. 127).

  162. Personalangaben über Shengwulian finden sich in URS 51/5— 6, 19. April 1968, S. 61— 65.

  163. Die Inhaltswiedergabe folgt dem englischer Text in URS 51/19— 20, 7. Juni 1968. Klaus Mehnerts Studie (Anm. 131) hat das Verdienst, die Dokumente des Shengwulian und die (sehr oberflächliche) Kritik der Pekinger Führer ins Deutsche übertragen zu haben (Dokumente 1 bis 8).

  164. Agence France-Presse zitiert am 30. April 1968 entsprechende Wandzeitungen, vgl. Parris H Chang, a. a. O. (Anm. 141), S. 3

  165. Radio Hangzhou 15. Juli 1968, CNA 719, 2. August 1968, S. 4.

  166. Radio Hangzhou 15. November 1968, CNA Chinese Language Monitoring Service Nr. 331.

  167. Renmin Ribao 6. Mai 1969, Hongqi 5/1969, John Gittings, Sing Along With Mao, FEER LXIV/21, 22. Mai 1969, S. 449— 451.

  168. Zitiert im Leitartikel von Renmin Ribao 1. August 1966, Peking Review 32, 5. August 1966, S. 6 f. Text der Weisung in Peking Rundschau 47, 21. November 1967.

  169. Texte zur Kangda-Propaganda in URS 46/2, 6. Januar 1967.

  170. Fang Zheng, Zhonggongde jiaoyu geming (Die Erziehungsrevolution der chinesischen Kommunisten), Zuguo Yuekan (Hongkong) 45, Dezember 1967, S. 2— 10.

  171. Radio Nanchang (Provinz Jiangxi) 12. Oktober 1967, SWB FE 2594. Vgl. auch Radio Jinan (Provinz Shandong) 27. Oktober 1967, SWB FE 2617.

  172. Text in Union Research Institute (Hg.), Chinese Communist Party Documents on the Great Prole-tarian Cultural Revolution 1966— 1967, Hongkong 1968, S. 550— 563, verglichen mit dem deutschen Text bei Klaus Mehnert, a. a. O. (Anm. 131), Dokument 10.

  173. Radio Peking 12. Oktober 1967, SWB FE 2595; Radio Shanghai 4. Dezember 1967, SWB FE 2648; Radio Jinan (Provinz Shandong) 26. Januar 1968, SWB FE 2692.

  174. Wenhui Bao 30. April 1968, SCMP 4180, S. 1— 3.

  175. Parris H. Chang, a. a. O. (Anm. 141), S. 3, Anm. 9.

  176. John Gittings, Stifling the Students, FEER LXI/35, 29. August 1968, S. 377 f.

  177. Renmin Ribao 6. August 1968, Peking Rundschau 32/1968, S. 5— 7, Klaus Mehnert, a. a. O. (Anm. 131), Dokument 13.

  178. Yao Wenyuan, Gongrenjieji bixu lingdao yiqie, Renmin Ribao 26. August 1968. Deutsch: Die Arbeiterklasse muß bei allem die Führung inne-haben, Peking: VFL, 1968, auch bei Klaus Mehnert, a. a. O. (Anm. 131), Dokument 16.

  179. Guanyu zhishifenzi zai jiaoyu wenti, Renmin Ribao 12. September 1968. Deutsch: Zur erneuten Erziehung der Intellektuellen, Peking: VFL, 1969.

  180. Ein mahnender Hinweis darauf erfolgte in der redaktionellen Vorbemerkung von Hongqi zu einem Untersuchungsbericht über die Erziehungsrevolution an der Shanghaier Fachschule für Maschinenbau, Renmin Ribao 5. September 1968.

  181. Zitiert nach John Gittings, Lösing Her Cool, FEER LXI/38, 19. September 1968, S. 541 f. Die deutsche Fassung der Peking Rundschau 37/1968, S. 9, die auch Klaus Mehnert, a. a. O. (Anm. 131) als Dokument 20 abdruckt, verschweigt die Hiebe auf die Arbeiterklasse.

  182. Zhongguo Gongchandang diba-jie kuodade dishier-ci zhongyang weiyuanhui quanhui gongbao, Renmin Ribao 2. November 1968. Deutsch: Kommunique der erweiterten 12. Plenartagung des 8. ZK der KPCh, Peking: VFL, 1968. Die Schulfrage wurde allerdings noch bis in den Sommer 1969 hinein diskutiert und experimentiert, vgl. Colina MacDougall, FEER LXIV/24, 12. Juni 1969, S. 620 ff. und URS 54/2, 7. Januar 1969.

  183. Renmin Ribao 25. November 1968: Zai Zhongguo Gongchandang diqi-jie zhongyang weiyuanhui dier-ci quanti-huiyi shangde baogao (5. März 1949), Report to the Second Plenary Session of the Seventh Central Committee of the Communist Party of China, Selected Works IV, S. 361— 376. Deutsche Übersetzung noch nicht erschienen.

  184. Alle Beschlüsse des 9. Parteitages und des 1. Plenums des 9. ZK in: Peking Review 18/1969.

Weitere Inhalte

Dietmar Albrecht, Diplom-Politologe, Jahrgang 1941, Studium in Freiburg und Berlin; seit 1968 Ostasien-Stipendiat der Stiftung Volkswagenwerk, Studium des Chinesischen in Bonn; arbeitet an einer Dissertation zur Hundert-Blumen-Bewegung. Veröffentlichungen zur chinesischen Innenpolitik in „Berliner Zeitschrift für Politologie" und „Sozialistische Politik".