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Wirtschaftliche Mitbestimmung -ein Problem unserer Wirtschafts-und Sozialordnung | APuZ 41-42/1969 | bpb.de

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APuZ 41-42/1969 Wirtschaftliche Mitbestimmung -ein Problem unserer Wirtschafts-und Sozialordnung Die Welternährungslage Bilanz und Tendenzen

Wirtschaftliche Mitbestimmung -ein Problem unserer Wirtschafts-und Sozialordnung

Bernd-Jürgen Wendt

1. Was heißt Mitbestimmung?

Bernd V. Dreesmann:

Die Welternährungskrise................... S. 35

Das Zauberwort Mitbestimmung wirkt nach einem Jahrzehnt relativer Ruhe in unseren bewegten sechziger Jahren wieder verstärkt wie ein Ferment in alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens hinein und hat eine Wohlstandsgesellschaft in Gärung gebracht, über die sich nach einem entbehrungsreichen Aufbau langsam die Kruste restaurativer Selbstgefälligkeit zu legen drohte. Mitbestimmung ist eine „komplexe, eine in allen wesentlichen gesellschaftlichen Bereichen relevante Frage" Sie wird in Universitäten und Schulen, in Betrieben und Unternehmen, in Verbänden und Parteien, in den Kirchen beider Konfessionen gefordert, selbst in der Bundeswehr regt sich die Diskussion über eine sachgerechte Befehlsstruktur im Zeitalter des militärischen Spezialistentums. Man wird deshalb in der Mitbestimmungsfrage sehr sorgfältig zwischen den verschiedenen Inhalten und Zielsetzungen der Forderungen, zwischen ihren Trägern und Funktionsbereichen differenzieren müssen.

An der Mitbestimmung scheiden sich heute die Geister in einer vorher kaum gekannten Schärfe. Die Befürworter sehen in ihr ein Instrument zur endgültigen Durchsetzung demokratischer Prinzipien in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, ein „Stück Gesellschaftspolitik" zur „Ausgestaltung und Festigung unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung" die Gegner wittern hier einen Explosivkörper, der die Grundlagen unserer mühsam nach dem Chaos von 1945 etablierten Ordnung zu vernichten droht. Demgegenüber sei gleich von vornherein im Interesse einer sachlichen Auseinandersetzung betont, daß Mitbestimmung an sich — das gilt für alle Anwendungsbereiche — noch keinem Werturteil unterliegt. Funktionsgerecht und konstruktiv geplant und gehandhabt, vermag sie schöpferische Kräfte zu entbinden, die bisher von einer autoritären Herrschaftsstruktur vielleicht erdrückt wurden; lediglich als unqualifiziertes „Mit-Hineinreden" verstanden, kann die Mitbestimmung aber auch jeden Entscheidungsprozeß und damit den Fortschritt schlechthin sabotieren. Man wird also nicht nur von der institutionellen Vielschichtigkeit, sondern auch vom Qualitativen her sehr differenziert und behutsam zur Mitbestimmung Stellung beziehen müssen.

Im Folgenden soll das weit gespannte Thema Mitbestimmung auf einen relativ engen, aber wirtschafts-und gesellschaftspolitisch außerordentlich bedeutsamen Ausschnitt reduziert werden: auf die sogenannte „wirtschaftliche" oder „qualifizierte Mitbestimmung". Was heißt das? Mitbestimmung kann nach Vorstellungen des DGB auf sechs verschiedenen Wirtschaftsebenen verwirklicht werden: 1. am Arbeitsplatz, 2. im Betrieb als produktionstechnisch-organisatorischer Einheit, 3. im Unternehmen als juristisch-ökonomischer Einheit (2. und 3. können im Klein-oder Mittelbetrieb zusammenfallen), 4. auf wirtschaftspolitischer Ebene des Wirtschaftszweiges (der Branche), im Rahmen der Volkswirtschaft, 6. im internationalen oder supranationalen Raum von der EWG und Montanunion bis zur Weltwirtschaft.

Die Diskussion hat sich heute auf den Punkt 3 zugespitzt, während die Punkte 4 bis — im Gegensatz zur Weimarer Zeit — für die Gewerkschaften heute mehr sekundären Charakter haben.

Entsprechend den verschiedenen Ebenen der Realisierung zeigt „der Wirkungsgrad der Mitbestimmung der Arbeitnehmer . . . innerhalb der Bundesrepublik Deutschland alle denkbaren Abstufungen" 5). Ihren höchsten „Wirkungsgrad" hat sie durch das „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaues und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie" von 1951, das so-genannte Mitbestimmungsgesetz, in der Montanwirtschaft erreicht 6). Hier sind die Arbeitnehmer durch ihre Repräsentanten über einen halb-paritätisch zusammen mit den Kapital-eignern besetzten Aufsichtsrat sowie über ein gleichberechtigtes Vorstandsmitglied (Arbeitsdirektor) an den Unternehmensentscheidungen voll beteiligt (wirtschaftliche oder qualifizierte Mitbestimmung). Es besteht also eine echte Partnerschaft zwischen den Produktiv-faktoren Kapital und Arbeit, freilich mit einem erheblichen Schönheitsfehler: Diese Form der Mitbestimmung ist institutionell etwas künstlich in die bestehende Unternehmensstruktur der Kapitalgesellschaften und in die Organe der Aktionärsseite hineingebaut, allerdings noch nicht in die Hauptversammlung, sondern erst in den Aufsichtsrat und die „Exekutive". Die Gewerkschaften geben sich mit diesem „Spatzen in der Hand" zunächst noch zufrieden, wenn sie mit ihm die qualifizierte Mitbestimmung ausbauen können. Damit ist jedoch die „Taube auf dem Dach", die auf allen Ebenen symmetrisch durchstrukturierte Unternehmensverfassung mit jeweils paritätisch besetzten Unternehmensversammlungen und -räten sowie einem Vorstand in der bisherigen Form, noch nicht aus dem Auge verloren.

Außerhalb der Montanindustrie besteht auf Unternehmensebene noch keine echte wirtschaftliche Mitentscheidung, da hier das Betriebsverfassungsgesetz (BVG) von 1952

(§§ 76, 77) nur eine Drittelparität der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (einfache Mitbestimmung) und im Vorstand überhaupt keine Vertretung vorsieht und im übrigen, „um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmer zu fördern und eine gegenseitige Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten sicherzustellen" (67, 1), auf einen paritätisch besetzten „Wirtschaftsausschuß" verweist. Unter „wirtschaftlichen Angelegenheiten", bei denen ein „Anspruch auf Unterrichtung", also nicht auf aktive Mitentscheidung besteht, sind Fabrikations-und Arbeitsmethoden, Produktionsprogramm, wirtschaftliche Lage des Unternehmens, Produktions-und Absatzlage und „sonstige Vorgänge zu verstehen, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren" (§ 67, 3). Für alle Betriebe, auch für die Montanbetriebe, regelt das BVG im Rahmen und zur Durchsetzung des geltenden Tarif-rechts nur eine Mitbestimmung in sozialen (§§ 56 bis 59) und personellen Angelegenheiten (§§ 60 bis 66) wie Arbeitszeit, Urlaubspläne, Berufsausbildung, Verwaltung von Wohlfahrtseinrichtungen sowie Einstellungen, Umgruppierungen, Versetzungen und Entlassungen. Im Personalbereich sind freilich zahlreiche Vorbehaltsrechte für den Arbeitgeber eingebaut. Während das BVG von 1952 bei beiden Sozial-partnern heute fast unbestritten ist und die Gewerkschaften hier nur eine gewisse Verbesserung anstreben, geht die Diskussion verstärkt seit Anfang der sechziger Jahre darum, die Montanmitbestimmung auf alle Unternehmen von einer gewissen Größenordnung an auszudehhen, wobei gegebenenfalls eine Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft mit den entsprechenden Mitbestimmungsgremien vorzunehmen wäre. Nach Vorstellung der Gewerkschaften beinhaltet „Großund Größtunternehmen''das Vorhandensein von zwei der drei folgenden Kriterien: 1. mehr als 2000 Arbeitnehmer, 2. mehr als 150 Mill. DM Umsatz-erlös, 3. mehr als 75 Mill. DM Bilanzsumme. Die Personalgesellschaften mit vermögensrechtlich voll haftenden Eigentümern, das heißt vor allem die mittelständischen und kleingewerblichen Betriebe, wo Eigentümer, Unternehmer und „erster Arbeiter" meist noch identisch sind, sind aus Gründen der Risiko-haftung aus der Mitbestimmungsdiskussion ausgeklammert, soweit sie nicht die Umwandlung vollziehen.

Für die wirtschaftliche Mitbestimmung auf Unternehmensebene werden teils sozialethischhumanitäre („Würde des arbeitenden Menschen"), teils politisch-gesellschaftliche Gründe in Analogie zum politisch-staatlichen Raum ins Feld geführt, die im einzelnen noch zu untersuchen sein werden. Nur soviel sei vorausgeschickt, um die wirtschaftliche Argumentation allgemein von der eingangs angesprochenen umfassenden Mitbestimmungsproblematik anzuleuchten: Alle so verschieden artikulierten und begründeten Mitbestimmungsforderungen lassen sich, soweit sie sich nach der gesellschaftlich-staatlichen Realität und nicht nach einer sozialromantischen Utopie ausrichten oder nur die Anarchie herbeiführen wollen, auf einen einheitlichen Kern zurückführen, auf das Unbehagen darüber, daß die Demokratie in Deutschland teilweise im Formalen stekkengeblieben ist und sich noch nicht in der notwendigen Breite und Stabilität auf eine gesellschaftliche Basis gründet. Noch gibt es „Obrigkeit", die sich nicht auf die überzeugende und permanent zu erbringende Leistung beruft, sondern auf überholte und fragwürdige Ausleseprinzipien, auf quasi-ständische Privilegien, auf Alter, Tradition, ererbte Vorrechte und eine heute vielfach schon brüchige Eigentumsordnung. Einig wissen sich die Anhänger der Mitbestimmung in ihrem Verlangen nach Legitimation oder doch wenigstens Kontrolle der Macht «von unten". Herrschaftsstränge sollen, soweit sie von der Sache her gerechtfertigt sind — über einen derartigen Sachzwang machen sich auch die eifrigsten Vorkämpfer für die Mitbestimmung keine Illusionen —, wenigstens durch größere Publizität durchsichtig gemacht und damit einer effektiveren Überwachung gegen Mißbrauch unterworfen werden.

Die Verfechter der wirtschaftlichen Mitbestimmung gehen übereinstimmend davon aus, daß „die dominierenden Strukturprinzipien in der Wirtschaft den politischen Strukturprinzipien hinterherhinken" Während der Mensch als Staatsbürger in der Demokratie die volle Mündigkeit erreicht habe, werde er als Arbeitnehmer durch seinen Lohnvertrag vom Kapital-Subjekt auf die Objektrolle eines „Wirtschaftsuntertans" hinabgedrückt Das Ziel der Mitbestimmung ist der schon 1908 von Friedrich Naumann in seinem Reichstagsplädoyer für Arbeiterausschüsse und -kammern geforderte Industrie-oder Wirtschaftsbürger. „Wie kann man", fragte Naumann damals, „die monarchisch entstandene Industrie mit parlamentarischen Einrichtungen durchsetzen? . . . Die Frage, die uns für zehn bis zwanzig Jahre beschäftigt, ist im Grunde die alte liberale Organisationsfrage, angewandt auf wirtschaftliche Betriebe. Aus Industrieuntertanen sollen Industriebürger gemacht werden." Die „Bürgerfreiheit auch im Bereiche der Arbeit zu schaffen", ist nach einem ähnlichen Wort von Carlo Schmid aus dem Jahre 1955 „der Sinn des Mitbestimmungsrechtes, für das . . . die Gewerkschaften zu streiten bereit waren und sind. . . . Der arbeitende Mensch will sich nicht nur darauf beschränken müssen, Bürger zu sein, wenn der Staat ihn zu politischen Wahlen ruft; er will auch dort Bürger sein, wo der Schwerpunkt seines Lebens liegt: im Betrieb, im Büro, in der Fabrik. Bürger sein heißt aber, einem Befehl nur dann gehorchen zu brauchen, wenn man diesen Befehl mitgebildet hat." Mitbestimmung beseitigt nach Nell-Breuning „nur eine Unterprivilegierung, die mit der freiheitlich-demokratischen Ordnung, die wir für den politischen, den gesellschaftlichen und den wirtschaftlichen Bereich wünschen, zwar nicht schlechterdings unvereinbar ist, bestimmt aber ihr eher Abbruch tut als ihr zur Zierde gereicht" sie überträgt nach einer Äußerung K. Ballerstedts „das Prinzip der Demokratie, nämlich Legitimierung aller Staatsmacht aus dem Willen der Gewalt-unterworfenen heraus, auf die Wirtschaftsordnung" Noch prononcierter argumentiert der katholische Sozialwissenschaftler F. Klüber: „Die Existenz der Demokratie hängt davon ab, daß sie von der Arbeiterschaft innerlich anerkannt und mitgetragen wird. Man kann aber vom Arbeiter nicht erwarten, daß er sich in einem Staat zu Hause fühlt, der sich immer noch nicht vom Geist des preußischen Drei-Klassen-Wahlrechts freigemacht hat und den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Lebenskreis zum Bürger minderen Ranges deklassiert. Ohne die gesellschaftliche Integrierung der Arbeiterschaft fehlen der Demokratie die Voraussetzungen für ihre volle Ausreifung, die Glaubwürdigkeit ihres Anspruches und das Fundament ihres Fortbestandes."

Auch die Gegenseite, ideologisch repräsentiert u. a. in F. Böhm, einem der markantesten Vertreter des von W. Eucken begründeten „Freiburger Ordo-Liberalismus", argumentiert politisch mit dem Demokratie-Begriff, um mit ihm die wirtschaftliche Mitbestimmung gerade zu bekämpfen. Die freie Wettbewerbswirtschaft wird hier als die „technisch idealste Erscheinungsform von Demokratie" überhaupt angesehen, „sie fügt sich . . . aufs Vollkommenste in eine politische Demokratie ein, weil sie in sich ein demokratischer Vorgang ist" Die Mitbestimmung dagegen beseitige mit der unbeschränkten Privatautonomie des Unternehmers nicht nur eine tragende Säule der freien Marktwirtschaft, sondern der demokratischen Ordnung schlechthin; sie beschwöre sogar ein pseudodemokratisch konstituiertes und legitimiertes „Kondominium" zwischen Arbeit und Kapital herauf mit der Gefahr einer undemokratischen, weil unkontrollierbaren Monopol-herrschaft der Produzenten zu Lasten der Konsumenten. In dem Widerstreit von Marktwirtschaft und Mitbestimmung dokumentiere sich „das geistige Ringen zwischen persönlichem Freiheitsstreben und kollektiver Sicherheit" * Um klarer Fronten willen sollte man von vornherein betonen, daß es hier um einen Machtkampf geht, um die Verteidigung respektive Usurpierung gewisser Positionen und Aufgaben. Beharrt die eine Seite darauf, daß „jedes Mitbestimmungsrecht von Privatpersonen . . . einen Eingriff in fremde Zuständigkeit" bedeute so sieht die andere in der Mitbestimmung „eine neuzeitliche Form von Freiheitsbegehren" ein „demokratisches Freiheitsrecht" Freilich können in diesem Konflikt außerordentlich fruchtbare Chancen für eine dynamische, zukunftsoffene Gestaltung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft liegen, sofern es gelingt, die wertvollen, freiheitlich-demokratischen Elemente auf beiden Fronten in einem übergreifenden Konsensus zusammenzuführen.

Die Verfechter der Mitbestimmung leugnen nicht, daß das Lohnarbeitsverhältnis seit dem autokratisch-patriarchalischen „Herr-im-Hause Standpunkt" der Stummschen Ära im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, beginnend mit dem Vaterländischen Hilfsdienstgesetz 1916, dann in der Weimarer Republik durch das Betriebsrätegesetz, die Tarif-autonomie der Gewerkschaften, den Tarifvertrag, die Arbeitslosenfürsorge und zahlreiche arbeitsund sozialrechtliche Gesetze und Verordnungen bis hin zum BVG von 1952 eine fortschreitende Humanisierung und Absicherung erfahren hat. Dennoch sei in unserer heutigen Arbeitnehmergesellschaft der ständig an Bedeutung zunehmende Produktivfaktor Arbeit im Unternehmen immer noch rechtlich dem Kapital und der vom Kapital bestellten Verfügungsmacht des Unternehmers nachgeordnet und mit Abschluß des Arbeitsvertrages letztlich diesen beiden Faktoren ausgeliefert. In Zeiten der Vollbeschäftigung, wo auf dem Arbeitsmarkt — wie gegenwärtig — statistisch auf einen Arbeitslosen acht offene Stellen warten, mag dies faktisch unerheblich sein, in Perioden der Depression oder struktureller Umstellungen etwa auf dem Kohle-oder Stahl-Sektor wie in diesen Jahren werde der Arbeitnehmer sehr schnell bei Betriebsstillegungen, Produktionseinschränkungen oder Entlassungen — die Weltwirtschaftskrise habe es gelehrt — zu spüren bekommen, was es konkret bedeutet, sich durch seine Unterschrift einer fremden Macht ohne Kontrolloder Ein-wirkungsmöglichkeiten zu unterwerfen. Die Arbeit empfange den ihr in der modernen Industriewelt zukommenden Rang erst in einem interessendualistisch (statt wie bisher interessenmonistisch, das heißt allein vom Kapital her) und dreipolig strukturierten Unternehmensmodell, in dem Arbeitnehmer und Aktionäre gemeinsam partnerschaftlich den Unternehmer oder das top-management — the force that integrates men and physical plant into an efficient operating unit (L. A. Keith) — bestellen und kontrollieren. „Parlamentarisierung" der Unternehmensleitung in dieser Form meint — das sei noch einmal betont — ebensowenig wie in der parlamentarischen Demokratie oder im bestehenden Aktienrecht, wo die Aktionäre ja auch die „Exekutive“ parlamentarisch einsetzen und legitimieren, Abbau notwendiger Autorität oder Weisungsbefugnisse oder gar permanentes „Zerreden" anstehender Entscheidungen.

Den Anhängern der Mitbestimmung geht es nicht um den Vorteil des Augenblicks, sondern um ein langfristiges Ziel, eine ökonomisch-soziale Ordnung, in deren Mittelpunkt nicht mehr allein wie im 19. Jahrhundert der „Besitzbürger" (Bourgeois), sondern der Arbeitnehmer als vollgültiger Partner des Eigentümers steht. Ebensowenig sollte man dem Arbeitgeber pauschal kurzsichtigen Klassenegoismus oder reaktionäre Unbelehrbarkeit unterstellen. Beiden Parteien gemeinsam ist das Bestreben, eine produktive, dynamische und wettbewerbsfähige Volkswirtschaft zu bewahren, die in einer ständig wachsenden internationalen Konkurrenz zu bestehen und dabei Leistungen zu erstellen vermag, die dem Kapital Gewinn und dem Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz und seinen Lebensstandard garantieren.

2. Mitbestimmung nach dem Zweiten Weltkrieg

An Hand der Mitbestimmungsentwicklung bis 1933 wurde bereits gezeigt wie dieses Thema unmittelbar in einen gesellschaftlich-politisch-ökonomischen Gesamtprozeß eingebettet und nur in seiner historischen Dimension voll zu begreifen ist. Die systematische Abgrenzung der Problematik bedarf also der Ergänzung durch den historischen Aspekt. Die Situation von 1945 war, verglichen mit der von 1918, zunächst viel offener und erfolgversprechender für gesellschaftspolitische und ökonomische Experimente, etwa für den Ausbau der sozialen und personellen Mitbestimmung von 1920 zu einer echten wirtschaftlichen Mitentscheidung durch die Arbeitnehmer. Denn die große Depression von 1929— 1933, die Endphase Weimars, und die Jahre des Dritten Reiches hatten das „Kapital", ohne daß hier einem in der Faschismusdiskussion oft so bequemen Monokausalismus das Wort geredet oder eine generelle Diffamierung der Wirtschaftskreise betrieben werden soll, doch 1945 politisch und moralisch ungleich schwerer kompromittiert, als dies 1918 durch die Ereignisse im und vor dem Ersten Weltkrieg der Fall gewesen war. Besonders die Grundstoffindustrien und der Großgrundbesitz galten keineswegs mehr in der allgemeinen Lethargie und Verbitterung der Nachkriegsjahre als sakrosankter Bestandteil einer privaten Eigentumsordnung. Auch in den Westzonen meldeten sich zahlreiche Stimmen für eine Sozialisierung, und zwar bis in die traditionell bürgerlichen Kreise hinein. „Wir wollen", erklärte Konrad Adenauer am 7. April 1946 als damaliger Vorsitzender der CDU in der britischen Zone, „Beteiligung der Arbeiterschaft an Führung und Verantwortung, und zwar nicht nur im Rahmen der Selbstverwaltungskörperschaften, sondern auch in großen anonymen Kapitalgesellschaften, in denen das Eigentumsrecht mehr oder weniger an Einfluß hinter dem Direktionsrecht zurückgetreten ist." Ähnlich forderte das Ahlener Programm des CDU-Zonenausschusses der britischen Zone vom 8. Februar 1947 ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer und sogar eine Vergesell-schaftung der Montanindustrie. „Das kapitalistische Wirtschaftssystem", hieß es u. a. begründend, „ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden." Weiter ging naturgemäß die SPD in ihren Hannoverschen Leitsätzen vom 11. Mai 1946 mit ihrer Forderung nach einer „sozialistischen Wirtschaft durch planmäßige Lenkung und gemeinwirtschaftliche Gestaltung". Ferner konnte sich das Verlangen nach Mitbestimmung darauf berufen, daß angesichts der zerstörten oder demontierten Produktionsstätten, Häfen und Verkehrsanlagen dem Produktivfaktor Arbeit bei der bewundernswerten Wertschöpfung nach 1945 vom Direktionsmitglied bis hinunter zum Hilfsarbeiter gegenüber dem Eigentum eine ungleich größere und zentrale Rolle zufiel als je in der Geschichte vorher, eine Rolle, die sich auch, wenn schon nicht in einer breiteren Vermögensstreuung, so doch wenigstens in einer Demokratisierung der unternehmerischen Entscheidungsgewalt, in einer Dezentralisierung der Macht niederschlagen sollte. Wo Unternehmer und Gewerkschaften, Direktoren, Betriebsräte, Werkmeister und Lehrlinge, auch letztere vielfach noch in abgetragenen Militärklamotten, gemeinsam „die Ärmel hochkrempelten" und „ihr" Werk wieder aufbauten oder — teilweise sogar durch Betriebssabotage — vor dem Zugriff der Alliierten retteten, war kein Platz mehr für einen abgestandenen Patriarchalismus, zumal wenn der „Patriarch", wie es gerade in der Schwerindustrie nicht selten der Fall war, als politisch „Belasteter" dankbar die Unterstützung durch seinen „unbelasteten" Betriebsrat annahm.

In der allgemeinen Aufbruchsstimmung von 1945-1947 galt die Mitbestimmung, oft verbunden mit der Forderung nach Sozialisierung, für alle Parteien und Verbände — mit Ausnahme der FDP und der ihr nahestehenden Kreise — als elementarer und unverzichtbarer Bestandteil einer lebendigen Demokratie in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, die nicht — wie in Weimar — im Formalen Steckenbleiben, sondern im Bewußtsein der ganzen Bevölkerung Wurzeln schlagen sollte. So bildeten sich 1945/46 in Anknüpfung an die 1933 abgebrochene Tradition und meist in Überein-stimmung mit den Unternehmern überall wieder spontan Betriebsräte. Sie erfuhren eine Ermunterung und Legitimierung am 10. April 1946 durch betriebsverfassungsrechtliche Rahmenvorschriften im Kontrollratsgesetz Nr. 22, vor allem aber auch durch die britische Besatzungsmacht und die hinter ihr stehende Labourregierung Attlee, die bereits im eigenen Lande bei den Grundstoffindustrien den Weg zur Sozialisierung eingeschlagen hatte.

Sehr viel zurückhaltender und infolge ihrer Vormachtstellung auch über ihre Besatzungszone hinaus bremsend verhielten sich die Amerikaner in der Mitbestimmungsund Sozialisierungsfrage. Im Zuge der „Entflechtung" der Eisen-und Stahlindustrie entstand unter britischer Ägide 1946 die North German Iron and Steel Control Group als überbetriebliche Kontrollinstanz für einen Wirtschaftszweig, der als Hauptstütze der nationalsozialistischen Herrschaft galt. 1947 wurden in den „entflochtenen" Stahlwerken durch freie Vereinbarungen auf Betriebsebene und mit Zustimmung der Besatzungsmacht paritätisch besetzte Aufsichtsräte und Arbeitsdirektoren geschaffen, so daß die wirtschaftliche Mitbestimmung an sich schon seit 1947 datiert. Endlich wird man auch auf Gewerkschaftsseite den Mitbegründer und ersten Vorsitzenden des DGB, eine so respektheischende und allseits anerkannte Persönlichkeit wie Hans Böckler, und Dr. Heinrich Dinkelbach auf Unternehmerseite, der als von den Engländern hinzugezogener Sachverständiger entschieden für die Mitbestimmung eintrat, mit ihren großen Verdiensten um den sozialen Ausgleich nicht vergessen dürfen.

Entsprechend dem Kontrollrats-Rahmengesetz erließ die Mehrzahl der Länderregierungen — mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg — 1947-1950 für ihren jeweiligen Bereich Betriebsrätegesetze mit sehr verschieden fixierten Mitwirkungsund Mitbestimmungsrechten für die Betriebsräte Erst das BVG von 1952 überwand diese Rechtszersplitterung und schuf eine einheitliche Bundesregelung.

Die Schöpfer des Grundgesetzes taten nach den traurigen Erfahrungen von Weimar sicher gut daran, diesmal die Verfassung nicht mehr mit einem heftig umstrittenen und allenthalben noch keineswegs ausdiskutierten gesellschaftlich-ökonomischen Ordnungsmodell zu belasten — einem Ordnungsmodell, das überdies in der Verfassung der Weimarer Republik (Art. 151 ff.: Das Wirtschaftsleben) durch seine Aufnahme in den Grundrechtskatalog noch eine grundsätzliche Be-tonung erfahren hatte Das Grundgesetz hat „sich nicht für eine bestimmte Wirtschaftsverfassung als allein mit dem Grundgesetz vereinbar entschieden" Die freie, soziale Marktwirtschaft ist keine „dem Grundgesetz adäquate Ordnung der Wirtschaft"; mithin verstößt auch die Mitbestimmung, soweit sie überhaupt die Marktwirtschaft substantiell — was sehr umstritten ist — berührt, nicht schon deshalb gegen die Verfassung. Nach höchst-richterlicher Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht von 1954 steckt das GG nur einen Rahmen ab, in dem der Bundesgesetzgeber nach Maßgabe der Rechtsstaatlichkeit wirtschaftsund sozialrechtlich tätig werden kann, so etwa, wenn Art. 15 GG ihn ermächtigt, Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel mit entsprechender Entschädigung „in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft" zu überführen In der Bundesrepublik als einem „demokratischen und sozialen Bundesstaat" (Art. 20, 1 GG) mit unbedingt rechtsstaatlichem Charakter (Art. 20, 3 GG) ist zwar das Privateigentum „gewährleistet" (Art. 14, 1 GG), zugleich jedoch in enger Anlehnung an Art. 153 WRV seine Sozialbindung unterstrichen: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." (Art. 14, 2 GG)

Hier ist übrigens — worauf sich die Verfechter der Mitbestimmung in ihrer Polemik gegen die angeblich uneingeschränkte „Heiligkeit" des Eigentums berufen — erneut ein Grundsatz der möglichen Verfügungsbeschränkung verfassungsrechtlich verankert, der ins Privatrecht schon knapp ein Menschenalter vor Weimar in der Hochblüte einer kapitalistisch-individualistischen Ordnung durch § 903 BGB Eingang gefunden hat: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen." Günter Apel, stellvertretender Vorsitzender der DAG und ständiger Berater der Sachverständigenkommission der Bundesregierung in der Mitbestimmungsfrage, interpretiert den Art. 14 GG recht extensiv, wenn er meint, mit ihm sei „der Weg zum konstitutionellen Eigentum von der Verfassung her abgeschlossen. Nach Inhalt und Formulierung eröffnet Art. 14 aber auch gleichzeitig die Möglichkeit zu einem demokratischen Eigentum." Ballerstedt dagegen, selbst ein überzeugter Verfechter der Mitbestimmung, warnt vor einer interventionistischen Überdehnung des Begriffes „Sozialbindung" in der Richtung, daß der Gebrauch des Eigentums „zugleich dem allgemeinen Besten dienen müsse und daß, wenn der Eigentümer diesen Dienst nicht selbst zu leisten vermöge, sein Recht dem höheren Wohl der Allgemeinheit zu weichen habe" Vielmehr unterstreicht er die „Notwendigkeit einer Differenzierung nach Eigentumsobjekten". Die entscheidende Frage, an der sich die Geister scheiden, ob der Art. 14 GG eine Unternehmensverfassung mit Mitbestimmung der Arbeitnehmer „neben den aus dem Eigentum abgeleiteten Befugnissen" verbietet, beantwortet Ballerstedt negativ: „Genauso, wie für den Städtebau eine Ordnung aufgestellt ist, in die sich die Ausübung der Eigentümerbefugnisse unter Wahrung des Eigentumskerns einzufügen hat, sollte der Gesetzgeber eine Unternehmensordnung aufstellen und von dem Grundsatz ausgehen, daß der Eigentümer, der sein Eigentum unternehmerisch nutzen will, dies nur im Rahmen der gesetzlichen Unternehmensordnung tun kann. Diese Unternehmens-ordnung muß das Mitbestimmungsrecht und die Publizitätspflicht in sich aufnehmen."

Die bundesgesetzliche Verankerung eines vielerorts schon bestehenden und im Montanbereich sogar bereits sehr ausgebauten Mitbestimmungsrechtes im Mitbestimmungsgesetz von 1951 und BVG von 1952 fiel in eine Periode der staatlich-politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konsolidierung mit beginnenden restaurativen Tendenzen Die tradierte Eigentumsordnung hatte sich wieder verfestigt; Adenauer kämpfte mit Erfolg um die Aufhebung der Demontagen; Besatzungsstatut und Entnazifizierung näherten sich mit dem Einbau Westdeutschlands in die atlanti-sehe Verteidigungsfront gegen den Bolschewismus überraschend schnell ihrem Ende. „Im Bergbau stießen die Kräfte der Mitbestimmung, anders als in der Eisen-und Stahlindustrie, auf eine soziologisch besonders stark ausgeprägte, eigenwillige und standesbewußte Gruppe von Führungskräften, nämlich die der Bergassessoren, die an eine strenge Ordnung des Bergbaus gewöhnt waren . .. Der Aufgabenbereich der Mitbestimmung wurde . . . mit nur wenigen erkennbaren Ausnahmen von vornherein erheblich enger abgegrenzt, als es sich in der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie ergeben hatte."

Bei der heftigen Auseinandersetzung um die Mitbestimmung 1950— 1952 hatte die politische Konstellation teilweise Ähnlichkeit mit der von 1919/20. Das BRG von 1920 stellte ebenso wie das BVG von 1952 einen Kompromiß zwischen hochfliegenden Entwürfen einer Aufbruchszeit und einem inzwischen wiedererschütterungsfrei gemachten Boden der Realität dar — oder sollte man schärfer formulieren: Das BRG bedeutete gegenüber der Zeit vor 1918 einen wichtigen Schritt zur „konstitutionellen Fabrik", das BVG dagegen zementierte nur den Entwicklungsstand von 1920. G. Erdmann, Hauptgeschäftsführer der BDA, betonte dagegen 1964, das BVG stehe „in einem wesentlichen gesellschaftspolitischen Gegensatz zum BRG der Weimarer Republik" Denn während dem Betriebsrat im BRG die Aufgabe zugewiesen worden sei, von einer „Ideologie des Interessengegensatzes" aus die „Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber wahrzunehmen", ziele der § 49 des BVG auf die Wahrung des betrieblichen Friedens durch „vertrauensvolle Zusammenarbeit" zwischen Arbeitgebern, Betriebsräten, den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und den Arbeitgebervereinigungen.

Dieser wirtschaftsfriedliche und integrierende Charakter des BVG deutet zwar auf eine sehr starke Abschleifung der Klassenfronten seit der Weimarer Zeit hin, er sollte aber nicht über die tiefgreifenden Auseinandersetzungen innerund außerhalb des Bundestages hinwegtäuschen, die der Verabschiedung des BVG vorausgingen. Am 12. Mai 1952 forderte der DGB Arbeiter, Angestellte und Beamte „zum Kampf für ein fortschrittliches Betriebsverfassungsgesetz auf Grundlage einer demokratischen Wirtschaftsordnung und -Verwaltung" auf und drohte in einem Schreiben an Adenauer „gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen", das heißt den politischen Streik zur Durchsetzung der eigenen Mitbestimmungsvorstellungen an Adenauer wies in seiner Antwort vom 16. Mai auf die Verfassungswidrigkeit der geplanten Kampfmaßnahmen hin und bezeichnete „eine organisierte Schädigung der Volkswirtschaft durch Streiks, unternommen nur werden, um der Parlamentsmehrheit den gewerkschaftlichen Willen aufzuzwingen, als einen Verstoß gegen das Grundgesetz und als eine gefährliche Störung der inneren Ordnung unseres Staates". Trotzdem führte die IG Druck und Papier am 28. /29. Mai in allen Zeitungsbetrieben einen zweitägigen Streik durch, der freilich am Gesetz nichts mehr änderte.

Zur Beurteilung der damaligen Auseinandersetzung, die noch bis auf den gegenwärtigen Stand der Mitbestimmungskontroverse ausstrahlt, ohne daß sich die Fronten bei aller Verbindlichkeit sozialpartnerschaftlichen Verhaltens in der Sache geändert hätten, wird man die restaurativen Tendenzen der fünfziger Jahre als Ausfluß der damaligen politischen Konstellation werten müssen. 1919/20 und später zerriß die Frontstellung zwischen „rechts" und „links" ein ganzes Volk, und die Mitbestimmungsanhänger waren in der Regel zugleich als „rote Novemberverbrecher" oder „Träger des Dolchstoßes" Zielscheibe einer immer radikaler sich gebärdenden Agitation auf der Rechten. Nach dem zweiten Zusammenbruch zog sich wieder, diesmal freilich unter den veränderten Bedingungen ideologisch verfestigter Besatzungsgrenzen, ein Graben zwischen zwei gegensätzlichen Eigentums-und Gesellschaftsmodellen durch das Volk, wieder mit entsprechend restaurativen Rückwirkungen auf das sozialpolitische Klima. Der soziale Konflikt verschärfte sich erneut ins politisch Grundsätzliche. Denn jedes Rütteln an der gerade unter Ludwig Erhard etablierten freien Marktwirtschaft und an der „Heiligkeit des Privateigentums" unmittelbar an der Nahtstelle der weltweiten ideologischen Konfrontation, gleichsam in ihrem vordersten Graben, wurde sofort als Kapitulanten-und Handlangertum dem Osten gegenüber gebrandmarkt. Gerade die Eigentumsbastion wurde als unverzichtbare Schutzwehr und Symbol der freiheitlich-westlichen Gemeinschaft besonders kompromißlos verteidigt, Vorschläge zu ihrer Modifikation — wie etwa auf dem Gründungskongreß des DGB 1949 die Forderung nach Sozialisierung und „Wirtschaftsdemokratie" -— als „Aufweichung" dieser Schutzwehr gebrandmarkt. Zudem erging die Warnung, Adenauer in seinem Kampf um die Aufhebung der Demontagen nicht durch sozialistische Experimente, die möglicherweise besonders das Mißtrauen der Amerikaner wecken mußten, in den Rücken zu fallen. Endlich schien die uneingeschränkte Unternehmerinitiative ein elementarer Bestandteil der freien Marktwirtschaft zu sein, mithin also jede Beeinträchtigung dieser Initiative durch Experimente ein Schlag gegen diese Wirtschaftsform selbst, die sich ebenfalls damals noch in einem ängstlich von allen Seiten beobachteten Experimentierstadium befand. Symptomatisch für die verhärtete Stimmung damals ist ein Vortrag, den der schon aus Weimar bekannte katholische Publizist Josef Win-schuh am 25. April 1952 unter dem Thema „Sinn und Unsinn der Wirtschaftsdemokratie" vor der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer hielt Winschuh qualifizierte die Forderung nach Mitbestimmung „im wesentlichen" als „die bewußte Regieleistung von Funktionären", als „einen Einbruch politisch-sozialer Manager in die wirtschaftliche Führung", das Ahlener Programm der CDU als „unreif" und die (noch zu behandelnde) Mitbestimmungsentschließung des Bochumer Katholikentages 1949 als „ausgesprochene Entgleisung". Östlich der Elbe, meinte er, hätten die Arbeiter gelernt, „das . Volkseigentum'an ihren Betrieben als Lüge und Ausbeutung zu hassen und sich nach ihren früheren Unternehmern wie nach Befreiern zurückzusehnen". Den Gewerkschaften warf der Sprecher „Überheblichkeit" und eine „Hybris des Selbstgefühls" vor, „die vielleicht die Axt an die Wurzel des bisherigen Wirtschaftssystems setzt".

Können derartige Äußerungen, so typisch sie auch für die Zeitumstände bei ihrer Entstehung vielleicht sein mögen, auch richtungweisend für die Gegenwartsdiskussion sein? Diese wichtige Frage zwingt uns, noch einmal die verschiedenen Standorte in der Mitbestimmungsdiskussion zu skizzieren und dabei zu prüfen, wieweit sich hier möglicherweise in den letzten 15 Jahren ein Wandel vollzogen hat.

3. Die Standorte in der Mitbestimmungsdiskussion

Hier kann es aus Raumgründen nur darum gehen, die verschiedenen Meinungsbilder in großen Umrissen und unter Verzicht auf personelle oder sachliche Differenzierung herauszuarbeiten. Ausgehend von Kunze/Christmann sind dabei folgende Positionen zu unterscheiden: a) Die Freiheitlichen Sozialisten vor allem in den Gewerkschaften und in der SPD mit Verbindungen zum religiösen Sozialismus in den Lagern beider Konfessionen (u. a. H. Böckler, L. Rosenberg, O. Brenner, K. Ballerstedt, H. Deist, K. Schiller, H. Koch, E. Potthoff, L. Preller, C. Schmid), b) die Vertreter der evangelischen Sozialethik (u. a. W. Künneth, Eb. Müller und H. Thielikke), c) die Repräsentanten der katholischen Sozial-lehre mit einem sehr großen Spannungsbogen zwischen dem gewerkschaftsnahen, progressiven Flügel um O. von Nell-Breuning SJ, H. J.

Wallraff SJ, F. Klüber, W. Dirks und H. Duvernell und der traditionalistischen Richtung um G. Gundlach SJ (gest. 1963), A. Rauscher SJ und Wilh. Weber.

Die Positionen b) und c) sind politisch teils in der SPD, teils in dem linken, arbeitnehmer-und mitbestimmungsfreundlichen Flügel der CDU, u. a. in den Sozialausschüssen der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft repräsentiert. Gegen a) bis c) heben sich die Gegner der Mitbestimmung ab: d) Die Neoliberalen der „Freiburger Schule", politisch beheimatet in der FDP und auf dem rechten CDU-Flügel. Die Aussagen von Männern wie W. Eucken (gest. 1950), F. Böhm, G. Briefs, A. Müller-Armack, V. Muthesius, A. Rüstow, W. Röpke, Th. Dehler, G. Erdmann decken sich nahezu mit dem Arbeitnehmer-standort und erfreuen sich mancher Sympathien bei den Traditionalisten im Katholizismus wie G. Gundlach SJ, A. Rauscher SJ oder Wilh. Weber, e) die Neomarxisten auf dem linken SPD-Flügel (u. a. W. Abendroth, V. Agartz, Th. Pirker, P. von Oertzen). a) Der freiheitliche Sozialismus und die Gewerkschaften

Gerhard Erdmann, Hauptgeschäftsführer der BDA, nahm im April 1964 die Präambel des Düsseldorfer Grundsatzprogrammes des DGB von 1963 sowie eine Erklärung des DGB zur 10-Jahres-Feier der Hans-Böckler-Gesellschaft zum Anlaß, eine ernste Mahnung an „Politik, unternehmerische Wirtschaft und öffentliche Meinung" zu richten, sich mit der Gewerkschaftsforderung nach Mitbestimmung und nach Wirtschaftsdemokratie und „mit den bei ihrer Erfüllung sich für unsere Staats-, Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung ergebenden Folgen auseinanderzusetzen". Die Ausgestaltung der Mitbestimmung, erklärte L. Erhard im März 1969, stelle „in entscheidender Stunde sogar die Weichen, ob wir einem syndikalistischen Wirtschaftsprinzip überantwortet werden sollen oder ob die Freiheit der Person das tragende Element einer demokratischen Ordnung bleiben soll bzw. bleiben darf"

Diese und viele ähnliche Äußerungen von neoliberaler und Unternehmerseite orientieren sich seit den zwanziger Jahren vorwiegend an der „Wirtschaftsdemokratie" als einem umfassenden ökonomisch-sozialpolitischen Programm der Gewerkschaften, in das die Mitbestimmung als Kernproblem eingebettet ist. Dabei wird unterstellt, daß sich im freiheitlichen Sozialismus bis heute im Grunde an dem 1928 von Naphtali, Baade, Sinzheimer, Hilferding, Nölting und Tarnow aufgestellten Programm nichts geändert habe. Damals hieß es u. a: „Sozialismus und Wirtschaftsdemokratie sind als Endziel untrennbar miteinander verbunden. Es gibt keine vollendete Wirtschaftsdemokratie ohne sozialistisches Wirtschaftssystem."

Hier wird ein entscheidender Faktor übersehen: In der „Wirtschaftsdemokratie" und mithin auch bei der Mitbestimmung hat sich seit 1945 „ein grundsätzlicher Meinungswandel vollzogen, der für viele, die der Tradition verhaftet waren oder noch sind, schmerzlich sein mag, aber nicht mehr umzukehren ist" Den Gewerkschaften könnte man höchstens vorwerfen, dies aus Rücksichtnahme oder Hemmungen gegenüber der eigenen Vergangenheit und radikaldemokratischen Konkurrenzströmungen nicht immer ganz deutlich gemacht und sich nicht entsprechend von den Theoretikern der zwanziger Jahre abgesetzt zu haben. Nach 1918 ging es für die Gewerkschaften zunächst einmal darum, oberhalb der Unternehmensebene auf der Grundlage der „Zentralarbeitsgemeinschaft" vom 15. November 1918 die volle Gleichberechtigung und Autonomie als Sozial-und Tarifpartner zu erstreiten Von hier aus konzentrierten sich die Anstrengungen naturgemäß primär auf die überbetriebliche Mitbestimmung auf allen Stufen bis hinauf zur volkswirtschaftlichen Ebene (Wirt-Schaftskammern, Bezirkswirtschaftsräte, Wirtschaftsparlament, jeweils mit halb-paritätischer Besetzung), während die Mitbestimmung im Betrieb zunächst mehr ein sekundäres Anliegen war und überdies die Gewerkschaftsführung ständig am Anfang in einen recht unangenehmen Konflikt brachte mit den revolutionären Arbeiter-und Betriebsräten als Zentren einer antirevisionistischen Opposition. Als dann auf dem Kongreß des ADGB in Breslau 1925 „zum Kampf um die Demokratisierung der Wirtschaft, die zur Gemeinwirtschaft geführt werden müsse", aufgerufen und drei Jahre später in Hamburg das Programm der „Wirtschaftsdemokratie" formuliert wurde, erschien die wirtschaftliche Mitbestimmung, besonders die auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, in diesem Rahmen lediglich als Instrument zur Realisierung einer sozialistischen Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung, als revisionistische Etappe auf dem langen Marsch zur Sozialisierung der Produktionsmittel. Mitbestimmung, Wirtschaftsdemokratie und sozialistische Wirtschaftsordnung waren in einer „transistenten Reihe" als Mittel, Vorziel und Endziel unmittelbar einander zugeordnet. „Die entscheidende Zäsur für den mit der Forderung nach Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung gegebenen Wandel der Ziel-Mittel-Problematik liegt zeitlich gesehen in den ersten Jahren nach Beendigung des zweiten Weltkrieges." In einer bemerkenswerten Kehrtwendung verzichteten die Gewerkschaften de facto darauf, an das Programm von 1928 anzuknüpfen. Vielmehr verlagerten sie ihre Anstrengungen zur Durchsetzung der Mitbestimmung gegenüber Weimar von Anfang an von der Wirtschaftspolitik weg auf das einzelne Unternehmen. (Daß dies auch von erheblicher Relevanz zugleich für die Gesamtwirtschaft ist, wird an anderer Stelle zu erörtern sein.) Damit aber verzichteten sie praktisch auf gesamtwirtschaftlich-staatliche Mitbestimmungsorgane, die sie eine Generation vorher noch in ihrem Instrumentalcharakter für das sozialistische Fernziel sehr hoch eingeschätzt hatten. Hier veränderte sich nicht nur die Funktion der Mitbestimmung, sondern zugleich auch die übergeordnete wirtschaftspolitische Zielsetzung oder besser umgekehrt: Der konsequente pragmatische Reformismus bei einem immer mehr verblassenden ideologischen Fernziel bedingte neue Akzentsetzungen bei der Kooperation zwischen Arbeit und Kapital. „Die grundlegende Veränderung läßt sich dahingehend charakterisieren, daß es sich bei der qualifizierten Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene zwar um eine wirtschaftsdemokratisch bezogene, aber durchaus eigenständige Konzeption der Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit handelt."

Dies wurde — was man der Gegenseite zugute halten muß — 1949 auf dem Gründungskongreß des DGB noch nicht deutlich, war wohl auch in dieser Eindeutigkeit noch nicht ausdiskutiert. Hier stand im Zentrum das recht umfassend formulierte Verlangen nach „Mitbestimmung der organisierten Arbeitnehmer in allen personellen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen der Wirtschaftsführung und Wirtschaftsgestaltung". Verbunden damit war die Forderung nach Planung, um den zweckmäßigen Einsatz der volkswirtschaftlichen Produktivkräfte und die Deckung des volkswirtschaftlichen Bedarfs sowie die Vollbeschäftigung zu gewährleisten, weiterhin nach Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum als „Schlußstein des wirtschaftsdemokratischen Aufbaues in unserem Lande" (H. Böckler) und nach sozialer Gerechtigkeit bei der Verteilung des volkswirtschaftlichen Ertrages.

Noch lag also, selbst wenn sich die Praxis inzwischen weiterentwickelt hatte, ideologisch der Schatten des wirtschaftsdemokratischen Grundsatzprogrammes von 1928 über dem Neubeginn. Noch waren auch die Befürworter einer zentralistischen Planwirtschaft in den Gewerkschaften und in der SPD in ihren düsteren Prognosen über einen unheilvollen Ausgang des Erhardschen Experimentes nicht durch den rapiden Wirtschaftsaufschwung im Gefolge des Korea-Booms widerlegt.

Das Referat des Vorsitzenden Hans Böckler auf dem Gründungskongreß wies aber bereits in die Zukunft einer Partnerschaft zwischen Arbeit und Kapital, die sich nicht auf über-und Unterordnung oder Enteignung gründete, sondern in Anknüpfung an den lebhaft begrüßten Bochumer Katholikentag und an die Sozialenzyklika Pius XI. (Quadragesimo anno) auf eine „organische Einheit" beider Wirtschaftsfaktoren, die den „Arbeiter auch dann, wenn er nichts anderes als seine Arbeitskraft in das Unternehmen einbringt, als völlig gleichberechtigt und gleichverpflichtet neben dem Unternehmer" stehen läßt. Selbst wenn Böckler an der „Forderung nach einer geplanten und gelenkten Wirtschaft" und nach einer „Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien" — übrigens ganz im Einklang mit seinen Labourkollegen in England, wo die konservative Opposition freilich die britische Volkswirtschaft in der Attlee-Ära nicht als „volksdemokratisch" einstufte — festhielt, stand im Mittelpunkt seines Grundsatzreferates doch „der deutsche Arbeitnehmer" und weder der Klassenkampf noch ein rein sozialistisches Zukunftsmodell. Für diesen „Arbeitnehmer" (nicht „Arbeiter" mit klassen-kämpferischem Akzent!) verlangte er „wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichstellung mit jedermann in unserem Lande"; für die Gewerkschaften wie für „alle arbeitenden Menschen" nahm er „die Rechte und Freiheiten in Anspruch, die ein demokratisches Staatswesen seinen Bürgern gewährleistet. Bürger, nicht mehr Untertanen wollen wir sein. Wir wollen mitraten, mittaten und mitverantworten in allen wichtigen Dingen des Lebens der Gesamtheit. Vor allem aber in den Angelegenheiten der Wirtschaft unseres Volkes." Der fast wörtliche Anklang an Naumann hier ist unverkennbar. „Auf eine Demokratisierung der Wirtschaft", fuhr Böckler fort, „ist deshalb unsere Absicht gerichtet und auf Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft in allem wirtschaftlichen Geschehen." Wie ein letzter Abglanz Weimars wirkt die Passage über eine paritätische Mitbestimmung „in der Gesamt-wirtschaft und in allen ihren Organen und Vorgängen" durch Wirtschaftsund Handelskammern oder ähnliche paritätisch besetzte Selbstverwaltungsorgane. In dieser konkreten Form tauchte das Thema dann in Zukunft immer weniger auf.

Die SPD stellte sich voll hinter die Forderung nach einer Demokratisierung des Wirtschaftsprozesses, nach planmäßiger Lenkung und Sozialisierung, wobei freilich ebenso wie bei den Gewerkschaften die beiden letzten Punkte mit zunehmendem Abstand vom Krieg immer mehr verblaßten Forderte man 1946 in Hannover noch „eine sozialistische Wirtschaft durch planmäßige Lenkung und gemeinwirtschaftliche Gestaltung", so war 1952 im Dortmunder Aktionsprogramm nur noch von Neuordnung durch eine „Verbindung von volkswirtschaftlicher Planung und einzelwirtschaftlichem Wettbewerb" und von einer Uberfüh-runq der Grundstoffindustrien in Gemein-eigentum die Rede. In einer Ergänzung des Aktionsprogramms in Berlin 1954 heißt es dann noch zurückhaltender: „Betriebe werden nicht schon dadurch demokratisiert, daß sie in Gemeineigentum übergehen. Entscheidend ist ihre Betriebsverfassung." 1959 setzte die Partei mit ihrem Bekenntnis zur Privatinitiative, zum wirtschaftlichen Wettbewerb und zum Privateigentum in Bad Godesberg dann auch in der Mitbestimmungsfrage einen revisionistischen Schlußpunkt; der klassenbewußte Proletarier der Vergangenheit wurde von dem „Wirtschaftsbürger" der Zukunft abgelöst. „Demokratie aber verlangt Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Betrieben und in der gesamten Wirtschaft. Der Arbeitnehmer muß aus einem Wirtschaftsuntertan zu einem Wirtschaftsbürger werden. Die Mitbestimmung in der Eisen-und Stahlindustrie und im Kohlenbergbau ist ein Anfang zu einer Neuordnung der Wirtschaft. Sie ist zu einer demokratischen Unternehmensverfassung für die Großwirtschaft weiter zu entwik-keln."

Was Bad Godesberg für die SPD ist, bedeutet für die Gewerkschaften der außerordentliche DGB-Bundeskongreß in Düsseldorf vom November 1963 mit der Verabschiedung eines Grundsatzprogrammes, das — wie erwähnt — auf die Arbeitgeberseite wie ein Alarmsignal wirkte. Tatsächlich hat die Forderung nach qualifizierter Mitbestimmung seitdem in folgenden Punkten eine erhebliche Aktivierung und Konkretisierung erfahren a) Sicherung der paritätischen Mitbestimmung bei allen wirtschaftlichen, sozialen und personellen Entscheidungen, b) Gültigkeit der paritätischen Mitbestimmung in privaten, öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen Unternehmen, c) Ausbau der betrieblichen Mitbestimmungsrechte, d) Bildung von Aufsichtsräten in allen Großunternehmen unbeschadet ihrer Rechtsform mit paritätischer Besetzung durch Kapitaleigner und Arbeitnehmer, e) Sicherstellung der Berufung mindestens eines Mitgliedes des Vorstandes oder der Ge-schäftsführung aller Großunternehmen, das nicht gegen die Mehrheit der Stimmen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bestellt und entlassen werden kann.

Man wird hier zum Verständnis der neuen Impulse in der Mitbestimmungsdiskussion berücksichtigen müssen, daß seit Anfang der sechziger Jahre auf die deutsche Wirtschaft nach einer Periode ungebrochenen Wachstums vor allem im Bergbau und in der Stahlerzeugung erhebliche Struktur-und Anpassungsprobleme gegenüber dem Markt und der technischen Entwicklung zukommen, die zugleich neben technisch-organisatorischen weitreichende wirtschaftlich-soziale Fragen aufwerfen. Struktur-und Wachstumskrisen wirken sich weit über den Arbeitsplatz des einzelnen heute auf die Gesamtgesellschaft aus; Entlassungen, Umsiedlungen, Umschulungen usf. berühren die Wirtschaftsgeographie ganzer Landstriche wie etwa das Rhein-Ruhr-Revier; großräumige Regionalplanungen, Rationalisierungs-und sonstige Investitionshilfen unter Einschaltung staatlicher Haushaltsmittel, Konzentrationsbewegungen in der Stahlproduktion, technologische Umstellungen auf dem Energie-oder Chemiesektor — all diese Aufgaben und noch viele andere, die heute auf uns zukommen, sind nur durch eine „konzertierte Aktion" von Kapital, Arbeit, Unternehmern, staatlicher Legislative und Exekutive, durch eine enge Zusammenarbeit von Repräsentanten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu bewältigen. Dabei ist es nicht mehr eine Sache der Ideologie, sondern einfach der organisatorischen Effizienz, ob man für den Wandlungsprozeß, dessen Notwendigkeit inzwischen auch der letzte Zechenbesitzer eingesehen haben dürfte, als Kontaktebene nur die übergeordnete der Tarifpartnerschaft wählen oder zugleich bereits innerhalb der betroffenen Unternehmen in den zuständigen Organen, vor allem im Vorstand, für eine reibungslose Durchführung von Strukturreformen im Rahmen einer qualifizierten Mitbestimmung Sorge tragen und damit schon im Vorweg etwa durch Aufstellung von Sozial-neben den Investitions-und Finanzplänen mögliche Differenzpunkte ausräumen sollte.

Hier müssen betriebliche und überbetriebliche Räder unmittelbar im Interesse der Gesamt-volkswirtschaft ineinandergreifen — angetrieben durch die Energie aller Betroffenen, ob Anteilseigner, Arbeitnehmer oder Unternehmer.

„Die Sicherung und Förderung des arbeitenden Menschen", heißt es in einer Denkschrift des Bundesvorstandes des DGB von 1966 unter dem Thema „Mitbestimmung — eine Forderung unserer Zeit" „wirft eine Vielzahl von Einzelproblemen auf. Diese können angesichts der differenzierten Gesamtentwicklung nicht allein durch regionale Tarifverträge gelöst werden, weil sie die Lage der einzelnen Unternehmen nicht angemessen berücksichtigen können. Auch die Betriebsräte können diese Aufgabe nicht allein übernehmen, weil sie auf die für die Arbeitnehmer besonders wichtigen Rationalisierungs-, Umstellungsund sonstigen Investitionen keinen Einfluß haben. Eine gestaltende Einflußnahme der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen auf unternehmerische Entscheidungen ist nur möglich, wenn die Arbeitnehmer auf die Unternehmensorgane einwirken können, in denen solche Maßnahmen vorbereitet und entschieden werden. . Das wird durch qualifizierte Mitbestimmung sichergestellt."

Die Strukturdebatte hat also den Gewerkschaften und ihrer Forderung nach qualifizierter Mitbestimmung schon auf Unternehmensebene vor allem durch Delegierung von Gewerkschaftsvertretern in den Aufsichtsrat (bei elf Mitgliedern zwei) und in den Vorstand (Arbeitsdirektor) nach dem Montanmodell erheblich Auftrieb gegeben. Ohne die Mitarbeit dieser Arbeitnehmervertreter an den Sozialplänen wären aber auch zweifellos die inzwischen getroffenen Strukturmaßnahmen im Ruhrbergbau nicht so reibungslos durchzuführen gewesen. Ähnliches gilt für den Stahlbereich und hier anstehende Strukturmaßnahmen, etwa die Errichtung von Walzstahlkontoren

Die qualifizierte Mitbestimmung als „eine der Grundlagen einer freiheitlichen und sozialen Gesellschaftsordnung" und als „dem Wesen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates" angemessen erscheint in dem Düsseldorfer Grundsatzprogramm eingebettet in eine Reihe von wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen wie Freiheit und Selbstverantwortung des Arbeitnehmers, Vollbeschäftigung, stetiges Wirtschaftswachstum, gerechte Eigentums-und Vermögensverteilung, Geldwertstabilität, Verhinderung des Mißbrauches wirtschaftlicher Macht und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit. Im 3. Abschnitt werden die Mittel zur Erreichung dieser Ziele aufgeführt, u. a.der volkswirtschaftliche Rahmenplan, Haus-hälts-und Finanzpolitik, Investitionslenkung, Gemeinwirtschaft, Kontrolle wirtschaftlicher Macht, wirtschaftliche Mitbestimmung sowie eine Mischung aus Planung und Wettbewerb. In dem Dokument von 1966 heißt es dann ausdrücklich interpretierend: „Keines dieser Mittel hat doktrinären Charakter ... Es kommt darauf an, den vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten auch mit einem entsprechenden Instrumentarium zu begegnen." Noch deutlicher könnte wohl der Pragmatismus in der Gewerkschaftspolitik heute gegen alle anderslautenden Unterstellungen kaum betont werden. Zudem wird besonders bei der Erwähnung des Rahmenplanes und der Investitionslenkung deutlich, wieviel hier inzwischen seit 1966 unter dem Eindruck der zeitweiligen Rezession und im Rahmen einer Wirtschaftsund Finanz-politik, die durch Schiller und Strauß von beiden großen Parteien verantwortet wird, realisiert worden ist, ohne daß der Wettbewerbs-charakter unserer Marktwirtschaft durch eine gewisse Globalsteuerung ernsthaft in Frage gestellt worden wäre. Planung zur Sicherung eines stetigen Wirtschaftswachstums auf der Grundlage der freien Verkehrswirtschaft erscheint uns in der Ära nach Erhard seit 1966 nicht mehr als Widerspruch.

Das von Erdmann inkriminierte Ziel einer „Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft", die „darauf abzielt, alle Bürger an der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Willensbildung gleichberechtigt teilnehmen zu lassen", stellt keine starre ideologische Gesamtalternative zum bestehenden Wirtschaftssystem wie in den zwanziger Jahren mehr dar, sondern mehr die Richtung eines evolutionären Prozesses auf dem Boden des „demokratischen und sozialen Rechtsstaates" (Art. 20, 1 GG). Dazu noch einmal interpretierend die Erklärung von 1966: Im Düsseldorfer Grundsatzprogramm von 1963 „wurde die Mitbestimmung der Arbeitnehmer weder als klassenkämpferische Etappe auf dem Wege zum Sozialismus noch als Ausdruck harmoniegläubiger Partnerschaftsvorstellungen angesehen" Die Gewerkschaften haben die gegebene marktwirtschaftliche Ordnung akzeptiert; Planung und Wettbewerb sollen sich gegenseitig ergänzen als Grundelemente eines dynamischen Wachstumsprozesses, der nach den Erfahrungen von 1966/67 nicht mehr allein durch das neoliberale Instrumentarium der fünfziger Jahre gewährleistet werden kann, sondern zusätzlich vor allem auf dem Investitionssektor der volkswirtschaftlichen Lenkung bedarf.

In der bereits erwähnten Denkschrift von 1966 erfolgt noch einmal eine eindeutige Absetzung gegen Naphtalis „Wirtschaftsdemokratie": „Die Mitbestimmung in den Unternehmensorganen ist auf die Interessen der Einzelunternehmen bezogen. Diese sind je nach der Lage einzelner Wirtschaftszweige und Unternehmen unterschiedlich. Deshalb kann die Mitbestimmung keine gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen verfolgen." Die Mitbestimmung ist ein „Eigenwert . . ., der seine Rechtfertigung nicht aus instrumentalen Möglichkeiten bezieht, sondern aus gesellschaftspolitischen Vorstellungen hergeleitet werden muß"

Im folgenden sind noch einmal stichwortartig die zentralen Argumente zugunsten der Mitbestimmung angeführt, wobei Mitbestimmung stets auch — ein besonders umstrittener Punkt — Einflußnahme der Gewerkschaften über die mindestens zwei Aufsichtsratssitze und den Arbeitsdirektor bedeutet

Mitbestimmung beseitigt die einseitige und ungerechtfertigte Herrschaftsmacht des Eigentums über den Menschen als Objekt; sie sichert die persönlichen Freiheitsrechte und gibt „der Arbeit einen neuen Sinngehalt . . ., indem man den arbeitenden Menschen durch die Mitverantwortung für das ganze Unternehmen den Zusammenhang erkennen läßt zwischen seiner Arbeit, die oft nur aus demselben, immer wiederkehrenden Handgriff besteht, und den wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bedingungen seiner Freiheit und Sicherheit".

Mitbestimmung nimmt der heute üblichen „Trennung des Arbeiters-von den Produktionsmitteln" wenigstens „den ärgsten Stachel" Mitbestimmung und Mitverantwortung machen den Menschen reif „für die größere Aufgabe in Gemeinde und Staat. Unterentwickelte und verkümmerte Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz von Mitverantwortung und von Mitbestimmung ausgeschlossen sind, bilden eine latente Gefahr für die Demokratie" — Mitbestimmung als „institutionelle Sicherung des allgemeinen Demokratisierungsprozesses".

Mitbestimmung mobilisiert die Initiativkräfte der Arbeitnehmer und fördert dadurch die Produktivität.

Mitbestimmung wirkt als „machtverteilendes Prinzip" mit einer „Ausweitung des Freiheitsspielraumes auf immer größere Gruppen unserer Gesellschaft". Mitbestimmung beseitigt autoritäre Herrschaftsformen und wirkt der Bürokratisierung und Entpersönlichung des Produktionsprozesses entgegen.

Mitbestimmung gibt eine Antwort auf einen Teilaspekt der Aufgabe, „die neu entstehenden Zusammenballungen wirtschaftlicher Macht gesellschaftspolitisch zu neutralisieren" Sie ermöglicht die demokratische Kontrolle der politisch-wirtschaftlichen Macht als Folge einer immer stärkeren Konzentrationsbewegung.

Mitbestimmung setzt die Mitbeteiligung der Gewerkschaften als „Korsettstangen" voraus. Sie bringen gegen den Betriebsegoismus gesamtwirtschaftliche Erwägungen zur Geltung, geben den Arbeitnehmern entsprechende Rükkenstärkung in ihrem Abhängigkeitsverhältnis zur Unternehmensleitung und vermitteln ihnen durch Schulungsarbeit die notwendige Sachkenntnis.

Mitbestimmung beseitigt nicht den „sozialen Konflikt sie gewährleistet aber, „daß die Konflikte in bestimmten Institutionen nach bestimmten Spielregeln ausgetragen werden, wobei alle Beteiligten nach Lösungen streben, die dem Unternehmen als Ganzem und den in ihm vorhandenen Interessen gerecht werden". Mitbestimmung läßt den Arbeitdirektor „zum Mittler entgegengesetzter Anschauungen" werden und dient dem Betriebsklima.

Mitbestimmung bietet durch eine „im Geiste unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung integrierte Unternehmensleitung" die Gewähr dafür, „daß die unternehmerische Entscheidungsgewalt nicht dazu mißbraucht wird, den Freiheitsbereich der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer weiter einzuschränken, als es für die Erfüllung der Produktionsaufgabe des Unternehmens notwendig ist"

Mitbestimmung findet als wirtschaftliche Mitbestimmung nur im Großunternehmen in der Form einer Kapitalgesellschaft Anwendung, nicht jedoch in mittelständischen und kleingewerblichen Betrieben, wo Eigentümer und Unternehmer noch identisch sind.

Der Gesetzgeber als Garant der sozialen Rechtsordnung ist grundsätzlich legitimiert, unter Umständen sogar verpflichtet, in die Unternehmensverfassung lenkend mit dem Ziel der „Sicherung rechtsstaatlicher Grundwerte durch institutionelle Ordnungen" 2 einzugreifen. Dennoch soll „weder das Autonomieprinzip noch das Selbstverwaltungsprinzip" — Autonomie verstanden als „Disposi-tions-und Handlungsfreiheit in dem . privaten'Gebilden" — grundsätzlich angetastet werden, vielmehr „werden beide Prinzipien . .. auf diese Weise eigentlich erst im Sinne einer sozialbedingten und sozialgebundenen Autonomie fundiert und abgesichert" b) Die evangelische Sozialethik

Nach dem Zweiten Weltkrieg und den schrecklichen Erfahrungen mit dem Mißbrauch der Macht und der Pervertierung sittlicher Werte in der Hitlerzeit hat die Evangelische Kirche in Deutschland einen sichtbaren Bruch mit der nachreformatorischen Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Kirche und Staat — nach Müller „eine Folge der staatskirchlichen Mißdeutung der Zwei-Reiche-Lehre Luthers" — vollzogen und sich voll zu ihrer Mitverantwortung für eine sittlich fundierte soziale Ordnung in einem demokratischen Gemeinwesen bekannt. Dabei kann sie naturgemäß im Rahmen ihres „Wächteramtes" nur Empfehlungen, aber keine verbindlichen Stellungnahmen oder gar eine christlich-theologische Lösung für die Mitbestimmung anbieten — ein Grundsatz, der bisher streng eingehalten worden ist. Im Mittelpunkt der kirchlichen Aufmerksamkeit steht der Mensch als Träger „ethisch relevanten Geschehens" nicht die Organisation oder ein konkretes Ordnungsmodell.

In den personal-und sozialethischen Begründungen für die Mitbestimmung deckt sich der evangelische Standpunkt sehr weit mit dem katholischen und dem freiheitlich-sozialistischen: Verantwortung und Mündigkeit in der Arbeit; gegen Instrumentalisierung des Menschen; Milderung der Fremdbestimmtheit; der Mensch als vollwertiges Glied im Wirtschaftsprozeß; ethische Aufwertung von Arbeit und Beruf; Realisierung der Selbstverwaltung; Abbau und Versachlichung der Kampfsituation; Partnerschaft nicht als Einebnung der sozialen Fronten, sondern als Bereitschaft zur gegenseitigen Fairneß; Ersetzung der Autoritätsbeziehungen durch mitmenschliche Formen der Kooperation; Mitwirkung an der gerechten Verteilung des Ertrages; Sozialbindung des Eigentums und Ausschaltung von Mißbrauch; Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit als wesentliche Voraussetzung für den Bestand der Demokratie und der menschlichen Freiheit.

Bereits in seiner Erklärung zur Mitbestimmung vom 25. August 1950 hatte der Rat der EKD eine Erweiterung des BRG von 1920 gefordert: „Es ist der Sinn des Mitbestimmungsrechts, das bloße Lohnarbeitsverhältnis zu überwinden und den Arbeiter als Menschen und Mitarbeiter ernst zu nehmen. Seine Verwirklichung wird nicht nur für den Arbeitnehmer, sondern für den Arbeitgeber und das Gemeinwesen ein Beitrag zur Gesundung unserer sozialen Verhältnisse sein. Die Mitbestimmung bedarf allerdings der rechtlichen Ordnung. Dabei werden aus der Sache heraus Abstufungen zwischen sozialen, betriebstechnischen, persönlichen und wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechten unerläßlich sein.“ Allerdings sicherte sich der Rat dagegen ab, in der damals so erhitzten tagespolitischen Atmosphäre von einer bestimmten Seite „vereinnahmt" zu werden:

„Die gesetzliche Regelung sollte dem organischen Hineinwachsen der Beteiligten in die Aufgaben und der freien Vereinbarung weiten Spielraum geben und allen Versuchen zum Schematismus und Zentralismus widerstehen."

Auch wurden Arbeitgeber-und Arbeitnehmer-organisationen in einer gewissen Distanzierung zu den Gewerkschaften „vor allem auf das überbetriebliche Mitbestimmungsrecht" verwiesen, „während bei der Gestaltung des betrieblichen Mitbestimmungsrechtes der Tatsache Rechnung getragen werden muß, daß in erster Linie die Angehörigen des Betriebs selbst zur Mitverantwortung berufen sind. Hier haben die Organisationen vorwiegend fördernde Hilfe zu leisten."

Einen u. a. auch von progressiver katholischer Seite lebhaft begrüßten Meilenstein stellt die Studie der Kammer für Soziale Ordnung der EKD zur Mitbestimmung in der Wirtschaft vom November 1968 dar. Hier geht es in enger Anlehnung an die Erklärung von 1950 darum, „das inzwischen Erreichte zu sichern und sinnvoll weiterzuentwickeln. Die Sicherung der Mitverantwortung des Arbeitnehmers in seinem Unternehmen muß dabei das bestimmende Motiv sein." Nach knapper Erwähnung der Individualnatur des Eigentums konzentriert sich die Aussage auf die „soziale Verpflichtung, vom Eigentum den rechten Gebrauch zu machen" (Art. 1). „Der Sinn des Eigentums würde verkehrt, wenn das Eigentumsrecht so gestaltet wäre, daß Menschen dadurch ihre Verantwortungsfähigkeit und Freiheit verlören. Diese Gefahr liegt nahe, wo sich das Eigentum an Produktionsmitteln in den Händen weniger konzentriert oder wo die Bestimmungsrechte der Eigentümer so geordnet sind, daß dadurch die Freiheit und Verantwortungsfähigkeit, die anderen Menschen zukommen, über Gebühr eingeschränkt oder gar lahmgelegt werden. Ob und wieweit diese Gefahr bei uns besteht, bedarf sorgfältiger Prüfung."

Die Freiheit des Menschen in der Gesellschaft wird nicht mehr — wie noch im 19. Jahrhundert -— von der wirtschaftlichen Unabhängigkeit her bestimmt, sondern von seiner Mitverantwortung im sozialen Abhängigkeitsgeflecht (Art. 1).

In Art. 5 (Vom Patriarchalismus zur sozial-rechtlichen Partnerschaft) wird die Dreipoligkeit der Unternehmensstruktur — Kapital-Arbeit-Unternehmer — herausgestellt und dem Unternehmer die Aufgabe zugewiesen, „Kapital und Arbeit in rechter Weise zusammenzubringen und fruchtbar zu machen. Da die Arbeitnehmer ebenso wie die Eigner kleiner Kapitalanteile ihre Anliegen und Interessen meist nicht selbst wirkungsvoll wahrnehmen kön-nen, lassen sie sich durch selbstgewählte Beauftragte, Organisationen und Institute vertreten. Die Vertreter von Kapital und Arbeit sind die Partner, von deren vertrauensvoller Mitarbeit die für die Führung eines Unternehmens Verantwortlichen heute getragen sein müssen." Freilich schließt diese Partnerschaft „gegensätzliche Standpunkte in bestimmten Fragen und das Austragen von Konflikten nicht aus".

Dem kapitalistischen Ziel der Gewinnmaximierung wird unter Art. 6 (Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit) ein sozialethisches Postulat als gleichwertig zur Seite gestellt: „Die Wirtschaft soll zugleich als ein Lebensbereich gestaltet werden, in dem der Mensch seine ihm von Gott gegebenen Anlagen entfalten kann.“ Dieses Anliegen dürfe jedoch — hier wird der vermittelnde Charakter der Denkschrift deutlich — nicht dazu führen, „daß sich in den Betrieben das Streben nach wirtschaftlichem und technischem Erfolg nicht gegen Unbeweglichkeit, Trägheit und unberechtigte Sonderwünsche der Menschen durchzusetzen vermag". „Geschlossenheit und Beweglichkeit ihrer Organisation" sind wesentliche Voraussetzungen für die „Leistungsfähigkeit und den Ertrag wirtschaftlicher Unternehmen" (Art. 7). Ist die Unternehmensleitung „mit der gleichzeitigen Verantwortung für die mitarbeitenden Menschen und für den rechten Einsatz des anvertrauten Kapitals" verbunden, so haben andererseits „die Vertreter des Kapitals und die Vertreter der Arbeitnehmerschaft . . . gemeinsam darüber zu wachen, daß alle, die leitende Funktionen haben, diese doppelte Verantwortung in rechter Weise wahrnehmen". Die Ordnungen des Wirtschaftslebens „müssen so gestaltet sein, daß das Interesse der Unternehmensleitungen ebenso auf die menschlichen wie auf die technisch-wirtschaftlichen Aufgaben hingelenkt wird" (Art. 10).

Zahlreiche Aussagen über Marktausrichtung, marktkonformes Verhalten und Marktgehorsam vermitteln bisweilen den Eindruck, als werde das vorher aufgestellte sozialethische Postulat von der Würde der Arbeit zugunsten marktwirtschaftlicher Erfordernisse wieder etwas zurückgenommen. Doch geht es hier darum, Kapital und Arbeitnehmerschaft gemeinsam in einen Prozeß einzubinden, der zwar um seiner Leistungsfähigkeit willen den Gesetzen der freien Verkehrswirtschaft gehorchen muß, zugleich aber durch die Erstellung von Gütern und Dienstleistungen zum Wohle der Allgemeinheit wieder von übergeordneter sozialethischer Bedeutung ist. „Alle Unternehmen sollen den Markt mit Gütern und Dienstleistungen versorgen. Diese Aufgabe ist auch für die sozialethischen Überlegungen zur Mitbestimmung von grundlegender Bedeutung" (Art. 11). Es sei zu prüfen, „wie die Kontrollfunktion des Kapitals und die soziale Verantwortlichkeit der Unternehmensleitungen gegenüber ihren Belegschaften auf die Dauer am sinnvollsten wahrgenommen wird" (Art. 13).

Im internationalen Wettbewerb wird den Arbeitgeberwarnungen zum Trotz den mitbestimmten Unternehmen in Deutschland eine erhöhte Anziehungskraft zugesprochen. „Sozialformen, die zu einer engeren Zusammenarbeit der Sozialpartner führen, dienen der politischen Stabilität und der sozialen Befriedung. Diese bilden für eine langfristige Unternehmenspolitik eine wichtige Voraussetzung" (Art. 15). Allerdings wird auch vor den Folgen einer zu starken Behinderung der Kapitalnutzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit und für das „Zusammenwachsen der europäischen Wirtschaft" durch die Mitbestimmung gewarnt.

Konkret wird die wirtschaftliche Mitbestimmung in Großunternehmen unter Art. 18 gefordert durch den Hinweis auf die „doppelte Verantwortlichkeit" der Unternehmensleitungen und ihre bessere Abstützung, „wenn sie nicht einseitig nur von der Legitimation durch die Kapitalbesitzer abhängig wären". „Die Vertretung der Mitarbeiter und ihrer Anliegen sollte darum in den großen Unternehmen institutionell in besonderer Weise abgesichert werden." Der nach 1945 durch Arbeitnehmer-vertretungen in den Organen eingeschlagene Weg „sollte weiter beschritten werden", was konkret einen Ausbau der Betriebsverfassung von 1952 bedeuten würde. Dabei wird „das Gewicht der Arbeitnehmervertretung" (Art. 20) in den Unternehmen außerhalb der Montanindustrie, das heißt die Drittelparität im Aufsichtsrat (AR), sehr kritisch als zu gering und sogar als ausgesprochen entmutigend und aktivitätshemmend bewertet, wenn sich die Arbeitnehmervertreter im AR nur „als ein Anhängsel betrachtet" fühlten. „Das Gefühl der Arbeitnehmervertreter, in allen ernsthaften Fällen doch nichts erreichen zu können, kann zu ihrer Entmutigung führen. Wenn aber Menschen zum Verstummen gebracht werden, wo sie verantwortlich reden und mithandeln sollen, entstehen Gefahren für unsere Gesellschaft. Es sollte daher nach Wegen gesucht werden, wie ein Mitbestimmungsrecht zur Geltung kommen kann, ohne daß Nebenwirkungen eintreten, die nicht beabsichtigt und für die Unternehmen und die Wirtschaft schädlich sind."

Positiv wird die Mitbeteiligung der Gewerkschaften an der Mitbestimmung beurteilt (Art. 19), wenngleich die Denkschrift fast pedantisch auch die möglichen Gefahren aufzählt, die der Rolle der Gewerkschaften bei der bisher schon praktizierten Montanmitbestimmung innewohnen (Art. 23).

Kontroversen hat es dann bei einer genauen Ausarbeitung der Mitbestimmungsparitäten innerhalb einer neuen Unternehmensverfassung gegeben (Art. 28: Das Problem eines Ausgleichs der Bestimmungsrechte). In einer gewissen Überspitzung der Gegensätze wird den „einander überschneidenden Anliegen" der Arbeitnehmervertreter (volle Parität in den Aufsichtsorganen) und der Unternehmer-seite (marktgerechte wirtschaftliche Entscheidungen, Aufrechterhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit) ein „sachlich begründetes Gewicht" zugemessen, der „Ausgleich zwischen diesen beiden Anliegen" jedoch von der „Mehrheit der Kammer" dann sehr stark nach dem Montanmodell, also nach einer faktischen 50: 50-Parität, ausgerichtet. Etwas verklausuliert heißt es, der Mehrheit habe „ein Ordnungsmodell vor Augen (gestanden), nach dem derjenige Teil der AR-Sitze, der den Arbeitnehmern nach dem BVG zur Parität fehlt, in Zukunft bei seiner Bestellung vom Vertrauen beider Seiten abhängig gemacht wird". Trotzdem machten „einige Mitglieder der Minderheit" geltend, „daß das vorgenannte Modell der Arbeitnehmerschaft die Gleichberechtigung, wie sie sich aus den in dieser Schrift geltend gemachten sozialethischen Gesichtspunkten ergäbe, vprenthalte, die bestehende paritätische Mitbestimmung gefährde, obgleich sie sich bewährt habe, und die anzustrebende Entwicklung zur paritätischen Mitbestimmung verzögere". „Anderer Mitglieder" gaben dagegen zu bedenken, „man begebe sich durch diesen Schritt auf einen Weg, der am Ende das Verfügungsrecht der Kapitaleigner so stark einenge, daß das Funktionieren der freien Wirtschaft in Gefahr gerate."

Die Studie betont, es sei nicht ihre Aufgabe gewesen, diese Frage zu entscheiden, „sondern ihre Bedeutung sachlich darzustellen". Deshalb habe man die verschiedenen Auffassungen bekanntgegeben, „die eine einmütige Meinungsäußerung verhinderten". Man wird es der EKD hoch anrechnen müssen, daß sie gerade durch ihren bewußten Verzicht auf eine Verschleierung oder künstliche Harmonisierung der Meinungsdifferenzen in den eigenen Reihen die Vielschichtigkeit der Mitbestimmungsproblematik besonders eindringlich herausgestellt und damit einen bedeutsamen und profilierten Beitrag für die sozialpolitische Diskussion geleistet hat. c) Die katholische Soziallehre Im Katholizismus sind die Gegensätze zwischen „rechts" und „links" in der Mitbestimmungsfrage nach Ausweis des Schrifttums ungleich prononcierter als im Protestantismus herausgearbeitet, so daß sich Neoliberale ebenso wie Gewerkschaftler auf Stimmen aus dem katholischen Lager berufen können. Die Auseinandersetzung um die Mitbestimmung berührt im Anschluß an die bedeutenden Sozialenzykliken Leos XIII. (1891 Rerum nova-rum) und Pius XL (1931 Quadragesimo anno) unmittelbar den Kern der katholischen Sozial-lehre. Sie spiegelt einerseits den entscheidenden Wandlungsprozeß, der sich in ihr seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert vollzogen hat, andererseits wirkt sie aber auch gerade in unserem Jahrzehnt unmittelbar aktiv auf diesen Prozeß ein. Der Fermentcharakter des Mitbestimmungsproblems im katholischen Gesellschaftsbild soll hier im wesentlichen herausgearbeitet werden, ohne daß noch einmal auf die einzelnen, immer wiederkehrenden Argumente für und gegen die Mitbestimmung eingegangen werden kann, wie sie sich auch im sozialistischen, protestantischen und neoliberalen Lager ebenso finden. Nell-Breuning SJ spricht im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil'von „der großen Wendung von einer Vorstellung, in der das Eigentum das tragende Ordnungsprinzip ist und die Arbeit in die vom Eigentum grundgelegte Ordnung sich einfügt, zu einem Ordnungsbild, dessen Umrißlinien wir zur Zeit noch nicht klar sehen, die klar und deutlich zu umreißen uns aber als Aufgabe gestellt ist, einem Ordnungsbild, in dem die Arbeit das tragende Ordnungsprinzip ist und das Eigentum in diese Ordnung eingebaut erscheint"

Die leidenschaftlich geführte Diskussion bewegt sich um die beiden Pole „Eigentum" und „Arbeit". Wie stark das Spannungsfeld zwischen ihnen ist, mag die Gegenüberstellung besonders markanter Aussagen aus dem traditionalistischen und dem progressiven Lager erhellen: G. Gundlach SJ hält es für „undenkbar, daß der Gesetzgeber bewirkt, daß das, was der eine Partner des Lohnvertrages kraft der Substanz des Privateigentumsrechts vermag, auch der andere Partner — der Nicht-eigentümer — vermag; . . . wenn aber irgend etwas als Substanz des Privateigentumsrechts zu gelten hat, dann doch dies, daß sein Träger und eben kein anderer über die im Eigentum stehende Sache zu verfügen vermag" A. Rauscher SJ, Schüler, Assistent und Nachfolger Gundlachs als Leiter der „Zentralstelle", hält es ebenso wie sein Lehrer für unabdingbar, daß „das Privateigentum und nicht etwa Eigentum und Arbeit in der organisatorischen Sphäre menschlichen Gesellschaftslebens eine unersetzbare Ordnungsinstitution ist und sein kann" „Das Privateigentum beinhaltet in seinem Kern das Recht der menschlichen Person, über eine Sache als die ihrige vollkommen zu verfügen. Diese Verfügungsbefugnis läßt verschiedene Grade zu: vom vollen, freien Eigentum bis zum geteilten, belasteten Eigentum, von Ober-und Untereigentum. Immer aber ist für das Eigentum wesentlich, daß jemand über eine Sache als die seinige verfügt."

Demgegenüber kommt O. von Nell-Breuning SJ im Anschluß an Wilhelm Krelle unter dem Thema „Funktionswandel des Eigentums" zu dem Ergebnis: „In der heutigen Industriewirtschaft ist das in einem Unternehmen eingesetzte Kapital keine private Angelegenheit mehr, sondern nur noch das materielle (ökonomische) Substrat eines Sozialgebildes, dessen Leitung nicht ohne weiteres dem zufälligen Eigentümer dieses Substrates anvertraut werden darf und auf dessen Erträge ihm ebenso-wenig ein ausschließlicher Anspruch zu-74 steht." Eine viel radikalere Position hat Franz Klüber, Professor für katholische Gesellschaftslehre an der Phil. -Theol. Hochschule Regensburg, bezogen, wenn er nicht einmal mehr das Partnerschaftsverhältnis von Kapital und Arbeit anerkennt, sondern — unter Berufung auf das Vatikanische Konzil — für eine Unterstellung des Eigentums in der Unternehmens-struktur unter den menschlichen Produktivfaktor Arbeit plädiert, die Gleichordnung nur als Durchgangsstufe sieht und letztlich das kapitalistische Uber-Unterordnungsverhältnis also genau umkehren will — eine einseitig „labori-

stische" Konzeption, die im Katholizismus doch wohl auch auf dem progressiven Flügel kaum viel Anhänger finden dürfte. Für Klüber nimmt die Arbeit „unter den Ordnungselementen der Wirtschaft den ersten Rang ein, weil der arbeitende Mensch als Mitgestalter am Werk des Schöpfers zur Verwirklichung des Schöpfungsplanes beiträgt und im Vollzug seiner täglichen Arbeit sein eigenes Menschentum entfaltet. Dieser durch die Arbeit bewirkten inneren Bereicherung der Person kommt ein höherer Wert zu als dem Eigentum. Dieses ist nur ein Ordnungsinstrument im Dienste des Menschen. Die Ordnung des Eigentums muß also der Arbeit und dem Anspruch des arbeitenden Menschen unterstellt werden."

„Diese Tatsache, daß Arbeit und Kapital sich nicht gleichwertig und gleichrangig gegenüberstehen, sondern im Verhältnis von Uberund Unterordnung, bestimmt auch ihren Stellenwert als Ordnungselemente des Unternehmens . . . Die Parität der Arbeiter-Mitbestimmung kann deshalb nur als die unterste Grenze des für die Arbeiterschaft zu fordernden Anteils an der Bestellung der Unternehmensleitung angesehen werden ... Nicht die Parität, sondern die Überordnung der Arbeit über das Kapital ist ein Gesetz der metaphysischen Ordnung."

Die Gegner der Mitbestimmung berufen sich auf Leo XIII. und die von ihm in „Rerum nova-rum" klar herausgestellte Begründung des Privateigentums aus dem Naturrecht wohingegen die Mitbestimmung höchstens abgeleiteten naturrechtlichen Charakter haben könnte, sowie auf die „zurückhaltende, sehr stark differenziernde und vorsichtige Spra-ehe" Pius XII. und auf Kardinal Frings Die Verfechter der Mitbestimmung halten sich an den Bochumer Katholikentag 1949, vor allem aber an das Sozialrundschreiben Johannes XXIII. (1961 Mater et Magistra) sowie an die vom Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 verabschiedete Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute". Schwieriger liegt die Frage bei Puis XI. und seinem Rundschreiben „Quadragesimo anno". Denn es wird von beiden Seiten als Argumentationsgrundlage beansprucht, und auch das Zweite Vatikanum hat sich auf dieses Dokument (Q. A. 65) berufen. Selbst einer Unternehmerfamilie entstammend, hat Pius XI. durch die von ihm aufgeführten drei konstitutiven Unternehmensfaktoren „unternehmerische Leistung" (intellectus) — „Kapitaleinsatz" (res) — „Arbeitseinsatz" (opera) für die gegenwärtige Mitbestimmungsdiskussion im Rahmen einer dreipoligen Unternehmensverfassung richtungweisende Akzente gesetzt, wobei man jedoch die noch sehr traditionsgebundene Reihenfolge mit der Arbeit am Ende nicht übersehen sollte. Besonders umstritten ist bis in die nachkonziliare Ära hinein heute folgende Formulierung (Q. A. 65): „Für den heutigen Stand der gesellschaftlichen Wirtschaft mag immerhin eine gewisse Annäherung des Lohnarbeitsverhältnisses an ein Gesellschaftsverhältnis nach Maßgabe des Tunlichen sich empfehlen. Erfreuliche Anfänge sind ja bereits gemacht zum beiderseitigen nicht geringen Vorteil der Arbeitnehmer wie der Produktionsmittelbesitzer. Arbeiter und Angestellte gelangen auf diese Weise zu Mitbesitz oder Mitverwaltung oder zu irgendeiner Gewinnbeteiligung (Ita operarii officialesque consortes fiunt dominii vel curationis, aut de lucris perceptis aliqua ratione participant)."

Der Auslegungsstreit entzündete sich vor allem daran, ob Pius drei gleichberechtigte und voneinander unabhängige Formen der „Annäherung des Lohnarbeitsverhältnisses an ein Gesellschaftsverhältnis" habe nebeneinander-stellen wollen: Mitbesitz (dominium) — Mit-verwaltung (curatio) — Gewinnbeteiligung (de lucris perceptis participatio), oder ob er lediglich zwei Formen gutgeheißen und dabei die „Mitverwaltung" (curatio) durch das blassere „vel" unmittelbar dem „Mitbesitz" zugeordnet, also „Mitverwaltung" vom vorherigen „Mitbesitz" abhängig gemacht und scharf dagegen durch das „aut" die „Gewinnbeteiligung" als zweites Glied abgesetzt habe. Auch der Streit um den Begriffsinhalt von „curatio" ist nach dem Zweiten Vatikanum, daß sich direkt auf diese Stelle beruft, neu entfacht worden. Bedeutet „curatio" nur unverbindliche Mitberatung, Anhörung und Mitsorge oder schon verbindliche Befugnis zur Mitentscheidung?

Einen ersten Durchbruch nach 1945 in der katholischen Mitbestimmungsdiskussion brachte die Entschließung des 73. Deutschen Katholikentages 1949 in Bochum, von den Traditionalisten — vor allem durch die umstrittene naturrechtliche Qualifikation der Mitbestimmung als ein „natürliches Recht in gottgewollter Ordnung" — als „Entgleisung" abqualifiziert, von Böckler unmittelbar anschließend auf dem Gründungskongreß des DGB dankbar als entscheidender Impuls für die gesamte Mitbestimmungsentwicklung begrüßt und ausführlich zitiert. „Die katholischen Arbeiter und Unternehmer stimmen darin überein, daß das Mitbestimmungsrecht aller Mitarbeitenden bei sozialen, personalen und wirtschaftlichen Fragen ein natürliches Recht in gottgewollter Ordnung ist, dem die Mitverantwortung aller entspricht. Wir fordern eine gesetzliche Festlegung. Nach dem Vorbild fortschrittlicher Betriebe muß schon jetzt überall mit seiner Verwirklichung begonnen werden."

In eine zweite Phase der Diskussion, die dann zum Zweiten Vatikanischen Konzil führte, leitete Johannes XXIII. mit seinem Sozialrundschreiben „Mater et Magistra" (1961) die Mitbestimmungsfrage. Hier ist festgestellt: „Bei der Erledigung der Angelegenheiten und beim Ausbau des Unternehmens sollte auch die Stimme des Arbeiters gehört und seine Mitverantwortung angesprochen werden" (MM 92). Außerdem ist die tradierte Reihenfolge Kapital—Arbeit in bedeutsamer Weise in dem Abschnitt über das Privateigentum modifiziert: „Man schätzt das Einkommen, das auf Arbeitsleistung oder auf einem davon abgeleiteten Rechtsanspruch beruht, höher als das Einkommen aus Kapitalbesitz oder daraus abgeleiteten Rechten. Das entspricht vollkommen dem eigentlichen Wesen der Arbeit. Denn diese ist unmittelbarer Ausfluß der menschlichen Natur und deshalb wertvoller als Reichtum an äußeren Gütern, denen ihrer Natur nach nur der Wert eines Mittels zukommt. Diese Ent-Wicklung ist deshalb ein echter Ausdruck menschlichen Fortschritts" (MM 106 1.). über die wirtschaftliche Mitbestimmung heißt es sehr dezidiert: „. . . in der menschlichen Natur selbst ist das Bedürfnis angelegt, daß, wer produktive Arbeit tut, auch in der Lage sei, den Gang der Dinge mitzubestimmen und durch seine Arbeit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit zu gelangen" (MM 82).

Während A. Rauscher unter Berufung auf J. Hirschmann, der an der Schlußredaktion des Schreibens mitbeteiligt war, rundweg erklärt, die Berufung auf „Mater et Magistra" in der Frage der wirtschaftlichen Mitbestimmung erfolge „zu Unrecht", arbeiten Klüber und Nell-Breuning überzeugender den progressiven Charakter der bereits auf das Konzil hinführenden Formulierung heraus: „Als Entscheidungsbefugnis auch über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Betriebs ist das Mitbestimmungsrecht auch von Johannes XXIII. verstanden worden." „Mitbestimmung im allgemeinen hat durch die Enzyklika , MM'endgültig ihren festen Platz in der katholischen Soziallehre erhalten; wer für wirtschaftliche Mitbestimmung eintritt, ist zum mindesten ebenso , päpstlich 1 wie derjenige, der glaubt, ihr mit Zurückhaltung begegnen oder gar sie bekämpfen zu müssen."

Die Interpretationskontroversen um „Quadragesimo anno" und „Mater et magistra" waren nur ein Vorspiel für die weitaus heftigeren Dispute, die sich am richtigen Verständnis der Pastoralkonstitution von 1965 entzündeten Der Abschnitt „Einige für das ganze sozialökonomische Leben verbindliche Grundsätze" befaßt sich mit dem Thema Mitbestimmung und seiner Zuordnung zur Arbeit und zum Kapital, und zwar in der schon bei Johannes XXIII. angelegten programmatischen Reihenfolge Arbeit (opera) — Mitbestimmung (participatio) — Eigentum (res) Damit ist die katholische Soziallehre bei grundsätzlicher Bejahung des Privateigentums doch beträchtlich von ihrer konservativen sozialpolitischen Grundhaltung an der Seite des (freilich sozial-gebundenen) Kapitals abgerückt, in die sie die Abwehrhaltung gegen die marxistischen Angriffe auf die bestehende Eigentumsordnung im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert — übrigens ebenso wie den Protestantismus — gedrängt hatte. Die umstrittenen Passagen von , MM'sind folgende:

Nr. 67: „Die in der Gütererzeugung, der Güterverteilung und in den Dienstleistungsgewerben geleistete menschliche Arbeit hat den Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens, denn diese sind nur werk-zeuglicher Art." Hier ist die Arbeit als wirtschaftliches Ordnungselement allen anderen Produktivfaktoren mit Instrumentalcharakter als höherwertig und richtungweisend vorangestellt Die Begründung liefert gleich der folgende Satz: „Die Arbeit nämlich, gleichviel, ob selbständig ausgeübt oder im Lohnarbeitsverhältnis stehend, ist unmittelbarer Ausfluß der Person, die den stofflichen Dingen ihren Stempel aufprägt und sie ihrem Willen dienstbar macht." Und etwas weiter unten: „Da der Wirtschaftsprozeß im allgemeinen auf Arbeitsvereinigung beruht, ist es unbillig und menschenunwürdig, ihn so zu gestalten und zu lenken, daß irgendwelche Arbeitenden zu Schaden kommen."

Klüber folgert, aus dieser hohen Auffassung der Arbeit ergebe sich „konsequent der Anspruch des arbeitenden Menschen auf Mitbestimmung" und bezieht sich dabei zugleich auf den anschließenden, besonders umkämpften Absatz, mit dem das Konzil den Mitbestimmungsanspruch unmittelbar der Sinnbestimmung der Arbeit zugeordnet habe: „In den wirtschaftlichen Unternehmen stehen Personen miteinander in Verbund, d. h.freie, selbstverantwortliche, nach Gottes Bild geschaffene Menschen. Darum sollte man unter Bedachtnahme auf die besonderen Funktionen der einzelnen, sei es der Eigentümer, der Arbeitgeber, der leitenden oder der ausführenden Kräfte, und unbeschadet der erforderlichen einheitlichen Werkleitung die aktive Beteiligung aller an der Unternehmensgestaltung voranbringen; die geeignete Art und Weise der Verwirkli-chung wäre näher zu bestimmen. In großem Umfang werden Entscheidungen über wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, die für das künftige Los der Arbeiter und ihrer Nachkommen von Bedeutung sind, nicht so sehr in den einzelnen Unternehmen als vielmehr an höheren Stellen getroffen; darum sollten die Arbeiter auch (etiam) daran beteiligt sein, sei es unmittelbar, sei es durch frei gewählte Abgesandte" (Nr. 68).

In diesem Absatz werden besonders drei Formulierungen für die wirtschaftliche Mitbestimmung in Anspruch genommen:

a) Das Unternehmen erscheint nicht als „bloße Sachapparatur, beherrscht von technisch-ökonomischen Vorgängen, denen die mit ihrer Arbeit am Unternehmen Beteiligten nachgeordnet wären. Es ist eine Vereinigung (. Verbund') menschlicher Personen, deren Interesse und Anspruch auf Mitgestaltung der Ordnung dieses Sozialgebildes nicht ausgeschlossen werden kann." b) Ungeachtet der beiden Vorbehalte „unter Bedachtnahme auf die besonderen Funktionen der einzelnen" und „unbeschadet der erforderlichen einheitlichen Werkleitung" — Vorbehalte übrigens, die jeder Mitbestimmungsanhänger im Blick auf die Leistungskraft eines Unternehmens voll bejahen würde — spricht die Formulierung „actuosa participatio in in-ceptorum curatione" (die aktive Beteiligung aller an der Unternehmensgestaltung) im wörtlichen Anschluß und unter ausdrücklichem Bezug auf „Quadragesimo anno" uneingeschränkt von wirtschaftlicher Mitbestimmung, wobei „curatio" und „participatio" sehr extensiv ausgelegt werden.

c) Diese Interpretation wird noch gestützt durch die folgende Passage, nach der der Arbeiter „auch" (etiam, frz. egalement) an „Entscheidungen über wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten" oberhalb der Unternehmensebene beteiligt werden soll, was nur einen Sinn gibt, wenn man mit Hilfe des „auch" schon den vorhergehenden Satz sehr extensiv auslegt.

Einig sind sich in der Auslegungskontroverse alle Parteien, daß die weltweite Bischofsversammlung in Rom kein konkretes Rezept für die Mitbestimmung in Deutschland geben wollte und konnte, daß sie die Ausgestaltung der Praxis vielmehr ausdrücklich für den „Sachverstand der Fachleute" offengelassen hat: .. die geeignete Art und Weise der Verwirklichung wäre näher zu bestimmen". Grundsätzliche Uneinigkeit besteht jedoch darüber, wie weit sich aus dem Konstitutionstext eine Ermunterung oder eine Warnung herauslesen läßt, den bereits eingeschlagenen (Montan-) Weg weiterzuverfolgen. Nell-Breuning schrieb am 17. Dezember 1965 in der „Welt der Arbeit" : „Inzwischen hat das Konzil gesprochen; es hat die schlimmsten Befürchtungen der Mitbestimmungsgegner, wenn möglich, noch übertroffen." Aus der Interpretation des Unternehmens als Verbund von Menschen „folgert das Konzil, daß alle diese den Unternehmensverband bildenden Personen aktiv an der Führung des Unternehmens beteiligt sein sollten, je nach ihrer besonderen Funktion und selbstverständlich unbeschadet der für den ordnungsmäßigen Ablauf der unternehmerischen Entscheidungen und des betrieblichen Geschehens unerläßlichen Einheitlichkeit der Leitung".

Der „Industriekurier" replizierte unter dem Thema „Befürwortet die Kirche die Mitbestimmung?" am 8. Januar 1966 mit dem lapidaren Schlußsatz: „Die zahlreichen Gegner dieser Art der Mitbestimmung (das heißt der wirtschaftlichen Mitbestimmung nach Vorstellung der Gewerkschaften) fühlen sich . . . durch die Formulierungen der Konzilskonstitution . . . voll befriedigt." Darauf noch einmal Nell-Breuning: „Im Konstitutionstext findet sich keinerlei Beschränkung der Mitbestimmung; vielmehr enthält der Text die wirtschaftliche Mitbestimmung ohne Umschweife und empfiehlt sie ohne Einschränkungen für die Ebene des Unternehmens und für die Ebene der Wirtschaftspolitik; das läßt sich nun einmal nicht wegdisputieren." Noch schärfer interpretiert Klüber: „Weil es dem Konzil um eine mitentscheidende Beteiligung der Arbeiterschaft an der Unternehmensleitung geht, muß die im BVG entworfene Form der Mitbestimmung als unbrauchbar zurückgewiesen werden. An der Norm der Pastoralkonstitution gemessen, handelt es sich im BVG nur um eine nominelle Vorspiegelung der wirtschaftlichen Mitbestimmung, sachlich fehlt sie vollständig, weil der Arbeiterschaft keine Mitentscheidung über die Bestellung der Unternehmensleitung gewährt wird." Damit ist im Katholizismus der gegenwärtige, nachkonziliare Stand der Mitbestimmungsdiskussion umrissen: Auch hier streiten — wie im Protestantismus, nur vielleicht noch um einige Grade erhitzter — Traditionalisten und Progressive um einen Gegenstand, der nicht mehr beiläufig zu erledigen ist, sondern liebgewordene Vorstellungen aus einer Zeit, da die Welt noch „heil", wohlgeordnet und überschaubar schien, grundsätzlich in Frage stellt. Auch hier ist schon das leidenschaftliche gesellschaftspolitische Engagement profilierter Christen sicher ungleich bedeutsamer als jeder Versuch, voreilig eine einheitliche Patentlösung anzubieten, die in einer Periode des Umbruches doch fragwürdig bleiben müßte. d) Der Neoliberalismus und das Unternehmertum Die Arbeitgeberseite steht heute dem BVG von 1952 nahezu vorbehaltlos positiv gegenüber, lehnt jedoch den Ausbau der hier verankerten sozialen und personellen Mitbestimmung zu einer halb-paritätischen Mitentscheidung der Arbeitnehmer nach Montanbeispiel ebenso kompromißlos ab. Das mag zunächst überraschen, wenn man sich den erbitterten Kampf gerade der Unternehmerschaft gegen das BRG von 1920 und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat damals vergegenwärtigt. Aber schon in den zwanziger Jahren stellte sich bald heraus, daß sich die Betriebsräte — vor allem wenn man unter dem Schlagwort der „Werksgemeinschaft" ihren Rückhalt bei den Gewerkschaften abbauen würde — doch nach ihrer „Domestizierung" relativ leicht und ohne Schaden in das Gesamtunternehmen integrieren ließen und hier sogar ausgleichend auf das Betriebsklima und damit zugleich produktivitätsfördernd wirkten. So konnte man nach 1945 auf der Betriebsebene durchaus an fruchtbare Erfahrungen der Weimarer Zeit anknüpfen, was gerade nach dem Zusammenbruch um so dringender war, einmal weil der Aufbau die Anstrengungen aller Betriebsangehörigen in Anspruch nahm, zum anderen weil die politisch „unbelasteten" Betriebsräte für die „belasteten" Unternehmer besonders in der Schwerindustrie gegenüber den Besatzungsmächten eine willkommene Abschirmfunktion hatten. Diese doppelte materielle und politische Not des Augenblicks, verschärft durch das alliierte Einspruchs-und Kontrollrecht, schuf sogar zeitweise — in genauer Umkehr der Weimarer Verhältnisse — gerade bei. Eisen und Stahl in den entflochtenen Werken eine erhöhte — vielleicht auch nur taktisch bedingte — Bereitschaft, den bewährten Betriebsräten auch ein echtes wirtschaftliches Mitbestimmungsrecht einzuräumen. So erklärten 1947 Dr. Reusch (Gute Hoffnungshütte AG), Dr. Jarres (Klöckner Werke AG) und Dr. Hehemann (Otto Wolff) in einem gemeinsamen Brief an das Verwaltungsamt für Wirtschaft in Minden: „Schließlich erklären wir unsere aufrichtige Bereitwilligkeit, den Belegschaften und den Gewerkschaften volle Mitwirkungsrechte einzuräumen. Wir wollen uns den Forderungen einer neuen Zeit nicht verschließen und stimmen einer Beteiligung auch der Arbeitnehmerschaft an der Planung und Lenkung sowie an den Aufsichtsorganen für die großen Erwerbs-gesellschaften der Eisen-und Stahlindustrie voll und ganz zu."

Eine sichtbare Verhärtung, ausgehend vor allem von den Eigentümern mittlerer und kleinerer Unternehmen, setzte dann besonders in dem Augenblick ein, als sich herausstellte, daß wirtschaftliche Mitbestimmung auf Unternehmensebene zugleich auch Mitwirkung der Gewerkschaften, also unter Umständen betriebs-fremder Personen und Institutionen, bedeutete. Der Widerstand gegen die qualifizierte Mitbestimmung konzentriert sich bis zur Gegenwart sehr stark mit auf diesen Punkt. Je stärker sich die Gewerkschaften im Gegensatz zu Weimar auf die innerbetriebliche Mitbestimmung konzentrieren, um so aktiver bemüht sich die Unternehmerschaft, sie unter Berufung auf „eine funktionsund leistungsfähige Betriebsgemeinschaft" aus dem Unternehmen hinaus und zurück auf die in Weimar zunächst sehr bewährte überbetriebliche Sozialpartnerschaft zu drängen. „Aufgabe des Parlaments", schrieb der Rheinische Merkur am 22. April 1950 „muß es sein, ein Rahmengesetz zu schaffen, das geordnete Wege weist, auf denen die beiden Sozialpartner zu Betriebsvereinbarungen kommen, um Mitverantwortung und Mitbestimmung der Belegschaft in der je anderen konkreten Situation des je anderen Betriebes festzulegen." „Betriebsvereinbarungen", „Mitbestimmung in der je anderen konkreten Situation des je anderen Betriebes" — hier klingt mit deutlicher Frontstellung gegen über-betriebliche Einwirkungsmöglichkeiten und Solidaritäten die alte Idee der wirtschaftsfriedlichen „Werksgemeinschaft" wieder an, die nun ihre zeitgemäße, entideologisierte und pragmatische Ausdeutung im BVG finden sollte, So proklamierten es auch die wirtschaftlichen Spitzengremien, u, a. die Vereinigung der Arbeitgeberverbände, der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie-und Handelstag und der Gesamtverband des Groß-und Außenhandels, in einer gemeinsamen Erklärung gegen die qualifizierte Mitbestimmung im Mai 1950 als ihr Ziel, „die unmittelbaren Beziehungen zwischen den Unternehmern und den in ihren Betrieben tätigen Arbeitnehmern im Interesse des sozialen Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und Sicherheit durch Anteilnahme der beteiligten Arbeitnehmer selbst am betrieblichen Geschehen zu fördern"

Während die Gewerkschaften die stärkere Integration des einzelnen Arbeitnehmers in das Unternehmen und in die Gesamtgesellschaft durch kollektiv-repräsentative Einrichtungen wie etwa den halb-paritätischen AR oder einen von der Arbeitnehmerseite abhängigen Arbeitsdirektor anstreben, hält die Gegenseite dies für ein „im Ansatz untaugliches Mittel" und stellt dem Prinzip der kollektiven Bindung das Individualprinzip gemäß dem neoliberalen Credo entgegen: „In den Betrieb und in das Unternehmen integriert sich der Arbeitnehmer in erster Linie durch eigene Persönlichkeitsentfaltung, durch eigene wirtschaftliche Leistung und durch den eigenen Aufstieg zur Menschenführung. . . . Entsprechendes gilt für die Integration des einzelnen in die Gesamtgesellschaft." Die „soziale Partnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Betrieb und im Unternehmen", und zwar „im Rahmen der sachnotwendig hierarchischen Betriebsstruktur", wird eindeutig vom „persönlichen Bereich" gegenseitiger Unabhängigkeit und Achtung bestimmt Hier im Bereich von „Rücksichtnahme, Respekt und Vertrauen" liege „das Schwergewicht des Integrationsanliegens". Das BVG biete die geeignete Grund-läge„zur gemeinschaftlichen partnerschaftlichen Gestaltung des sozialen Betriebsgeschehens".

Sicher wäre es unbillig, der Unternehmerschaft zu unterstellen, sie wolle mit derartigen Äußerungen über den Vorzug betriebsinterner Abmachungen die Uhren vor 1914 zurückdrehen, die Betriebsangehörigen wieder aus der Klammer gewerkschaftlicher Solidarität lösen und sie ganz in „wirtschaftsfriedliche" Vertretungskörperschaften des Einzelbetriebes zurückbinden. Die wichtige gesamtwirtschaftliche Rolle der Gewerkschaften als Tarifpartner, wie sie 1918 erkämpft wurde, ist heute unbestritten. Im Gegenteil: In der erwähnten Stellungnahme der Spitzengremien von 1950 wird das Bestreben sichtbar, gerade die Weimarer Ebene der „Zentralarbeitsgemeinschaft" (ZAG) wieder zu aktivieren, hatte sie sich doch schon einmal als geeignete Plattform erwiesen, um gemeinsam zu radikale Forderungen der Betriebsräte innerhalb der Einzelunternehmen oder andere linke Konkurrenzbewegungen zu neutralisieren und zu bekämpfen. Ausdrücklich wird auf die ZAG und den Reichswirtschaftsrat von Weimar Bezug genommen und als zeitgemäße Form der Wiederbelebung der ZAG „im Sinne eines gleichberechtigten Zusammenwirkens zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern" ein ganzes Bündel gemeinsam zu besetzender Organisationen vom Bundeswirtschaftsrat über Landeswirtschaftsräte bis hinunter zu freien bezirklichen Arbeitsgemeinschaften angeboten. „Innerbetrieblich lassen sich die für das politische Gemeinwesen entwickelten und richtigen Formen der Demokratie auf die Gemeinschaft der Arbeitskräfte in einem wirtschaftlichen Betriebe nicht übertragen. Eine Parlamentarisierung der Unternehmensleitungen widerspricht deren Wesen und Aufgabenstellung." Dieses zentrale Argument gegen die wirtschaftliche Mitbestimmung, in dem übersehen ist, daß die Unternehmensleitung in Kapitalgesellschaften immer schon durch die Anteilseigner „demokratisiert" ist und daß es bei der Mitbestimmung nur darum geht, den Kreis der „demokratischen Willensträger" zu erweitern, ohne ihnen damit gleich das Recht zum permanenten Hineinreden einzuräumen, hängt insofern mit dem vorhergehenden zusammen, als „Demokratisierung" der Unternehmensentscheidung immer zugleich auch Mitspracherecht der Gewerkschaften bedeutet. Zudem hat das Unternehmertum hier in seiner Argumentation ebenfalls den entscheidenden Schritt vom Eigentum zum Management getan, um von hier aus seine Position gegen die wirtschaftliche Mitbestimmung auszubauen: Die „unternehmerische Leistung" als „ökonomisch aktives Element" gegenüber den „zunächst passiv wartenden Faktoren Kapital und Arbeit" bestimme im wesentlichen „die Werte-schaffung in einer Volkswirtschaft, ihre Export-und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt .. . Seine Lähmung bedroht daher unweigerlich das Kapital mit der Verkümmerung oder Vernichtung seiner Ertragsfähigkeit und Existenz und die Träger der Arbeit mit der Gefahr der Einkommensminderung oder der Arbeitslosigkeit."

Von dieser Aussage leiten sich alle einzelnen Argumente gegen die wirtschaftliche Mitbestimmung ab. Sie sollen im folgenden ebenso wie die Gewerkschaftsargumente systematisch aufgeführt werden

Mitbestimmung hemmt die Initiative, bürokratisiert und paralysiert eine „selbstverantwortliche, vom Eigentum legitimierte, sozialverpflichtete Unternehmensführung".

Mitbestimmung ist deshalb „mit der Struktur einer Marktwirtschaft und einer freien Wettbewerbsordnung unvereinbar"; sie verhindert ein zielbewußtes, marktgerechtes Verhalten, „und zwar in jeder Hinsicht, insbesondere in bezug auf den Warenmarkt, den Kapitalmarkt und in bezug auf den Arbeitsmarkt". Sie gefährdet das dynamische Wirtschaftswachstum und ist insofern „letztlich ein Kampf gegen die Produktivität der Arbeit selbst".

Mitbestimmung setzt an die Stelle der freien, sozialen Marktwirtschaft die zentralistische Plan-und Verwaltungswirtschaft der Gewerkschaften (syndikalistisches Modell).

Mitbestimmung würde deutschen Unternehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz „zwangsläufig schwere Wettbewerbsnachteile" auflasten; sie würde ausländische Interessenten von einem Engagement auf dem deutschen Kapitalmarkt abschrecken, womöglich ausländische Konzernspitzen und Werke zur „Emigration" zwingen und damit die europäischen Integrationsbemühungen und die Stellung der Bundesrepublik in der Weltwirtschaft empfindlich treffen.

Mitbestimmung in Form einer Demokratisierung zerstört die „Privatautonomie des einzelnen oder einzelner Gruppen", unterwirft das Unternehmen der „Bestimmung durch unternehmensfremde Kräfte" und macht es „zu einer fremdbestimmten quasi öffentlichen Einrichtung". Mitbestimmung beseitigt die Tarifautonomie der Sozialpartner und damit die Partnerschaftslage überhaupt, „die der Grundidee nach auf der Gegenposition zweier unabhängiger Mächtegruppen und Interessenlagen beruht". Dafür würde nicht nur das Einzelunternehmen, sondern „unser gesamtes Gemeinwesen dem dominierenden Einfluß der Gewerkschaften" ausgeliefert mit weitreichenden Folgen auch für die Handlungsfreiheit von staatlicher Exekutive und Legislative. „Ob man das dann entstehende Gemeinwesen Gewerkschaftsstaat oder perfekte Funktionärsapparatur nennen möchte, wäre nur eine Geschmacksfrage, denn letztlich bestünde nur eine Alternative: Entweder müßte sich der Staat als Repräsentant der Öffentlichkeit dieser allumfassenden Gewerkschaftsmacht unter Ausschaltung der Gewerkschaften selbst bemächtigen — oder der Staat würde von der Gewerkschaftsmacht usurpiert. Eine weitestgehende Vereinigung dieser Mächte wäre jedenfalls unausbleiblich."

Mitbestimmung bringt die Arbeitnehmervertretungen im AR und im Vorstand (Arbeitsdirektor), soweit sie durch die Gewerkschaften „ferngesteuert" sind, bei Tarifverhandlungen in einen unlösbaren Konflikt zwischen Betriebs-und Gewerkschaftszugehörigkeit. Sie stehen mit beiden Beinen in verschiedenen Soziallagern, was auf eine völlige Aushöhlung der Tarifautonomie hinauslaufe.

Mitbestimmung gibt Personen Entscheidungsbefugnisse in die Hand, die keiner Risikohaftung unterliegen. Mitbestimmung beraubt das Privateigentum an Produktionsmitteln „seiner Legitimationskraft wie seiner Funktionsfähigkeit" und drängt es „in eine ohnmächtige Rolle . . ., die es außerstande setzte, seine Ordnungsfunktion auszuüben".

Mitbestimmung ist weder geeignet noch legitimiert zur Machtkontrolle im öffentlichen Interesse. Diese unterliegt in einem demokratischen Rechtsstaat allein der durch das Gesamt-volk bestellten staatlichen Gewalt, das heißt staatlicher Gesetzgebung und Verwaltung sowie öffentlich-rechtlichen Institutionen. Gesamtwirtschaftliche und damit auch gesellschaftspolitische Kontrolle durch die Gewerk• die nur einen Teil des Volkes reprä-sentieren, gefährdet gerade die Grundprinzipien einer allgemeinen demokratischen Willensbildung.

Mitbestimmung als Kontrollinstrument erübrigt sich, da die wirtschaftliche Macht in einer marktwirtschaftlichen Ordnung „im Prinzip geteilt, systemgebunden und in sich ausbalanciert", also „bereits vom Wirtschaftssystem her auch in ihrer politischen Effizienz weitgehend neutralisiert ist". Die Einflußmöglichkeiten auf eine Wirtschaftsgestaltung sind in einer freien Wettbewerbsordnung „von vornherein dezentralisiert". Die unternehmerische Entscheidung ist dem sehr differenzierten Marktgeschehen untergeordnet, sie unterliegt bis zum Großunternehmen hinauf überdies „einer umfangreichen wirtschaftlich und sozial bindenden staatlichen Gesetzgebung" (Sozial-, Steuer-, Finanzgesetze, Wettbewerbs-und Marktordnungen) und ist eingebettet in die „gegebene pluralistische Gesellschaftsstruktur".

Einen der wesentlichsten Einwände gegen die oben kurz skizzierte Skala von Argumenten hat der Volkswirtschaftler Fritz Voigt in einer sehr fundierten, teilweise empirisch untermauerten und allseits anerkannten „Analyse der Einwirkungen der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland auf die Unternehrnensführung" formuliert: „Im Gegensatz zu der Problemstellung auch der modernen Theoretischen Nationalökonomie, die vom Einheitsbild , des'Unternehmers ausgeht und ihm einfache, von der Maximierung des Gewinns oder der Minimierung der Kosten bestimmte Zielsetzungen . .. zuschreibt, zeigt die Untersuchung, wieviel interessanter und tiefschichtiger in Wirklichkeit das Zustandekommen jeder unternehmerischen Entscheidung ist. Dies gilt für die Investitionstätigkeit genauso wie für die Preisbildung und für die Reaktionen der Unternehmung auf Nachfrageänderungen, auf Wandlungen der Konjunktur oder der Marktstruktur. Die Funktionen, die die moderne Theorie aufstellt, beziehen sich in ihrer leider zu weitgehenden Abstraktion ebenso auf den Kleinunternehmer, der persönlicher Alleineigentümer der Produktionsanlagen ist, wie auf die Aktiengesellschaft mit einer einzigen Betriebsstätte oder den Weltkonzern von juristisch selbständigen, wirtschaftlich aber abhängigen Gesellschaften und Tausenden von Betrieben. Sie verliert damit an Aussagefähigkeit für viele Vorgänge der modernen Wirtschaftsentwicklung, weil ihr Maßstab diese viel tiefschichtigeren Prozesse gar nicht zu erfassen vermag. Mit derartigen Denkmodellen der modernen Nationalökonomie könnte man nie eine . Einwirkung'der Institution Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf die Willensbildung der Unternehmen erfassen". „Das Zielsystem und die Willensbildung der Unternehmung" seien „erheblich vielschichtiger", „als die Denkmodelle der modernen Theorie annehmen"

Unter Berufung auf Voigt wird von den Verfechtern der Mitbestimmung mit einigem Recht eingewandt, viele Argumente gegen die „Fremdbestimmung" durch die Gewerkschaften träfen ebenso auf die niemals in Frage gestellte traditionelle „Fremdbestimmung" durch Vertreter des Finanzkapitals im AR zu. Das Unternehmen ist immer schon, wie Voigt überzeugend darlegt, als Glied eines übergreifenden Gesamtorganismus in hohem Maße Kräften und Interessen „von außen" ausgesetzt, und es fragt sich, ob man nicht durch die Mitbestimmung gerade einen Teil dieser Interessen institutionell schon auf Unternehmens-ebene integrieren sollte, bevor es dann später überbetrieblich zu Kollisionen kommt.

Kann man manchen gewerkschaftlichen Forderungen vorwerfen, sie seien noch zu sehr am überholten ideologischen Klassenschema orientiert, so gilt für viele Arbeitgeberargumente, daß sie ihre Kraft aus stark vereinfachten neoliberalen Ordnungsmodellen im Unternehmens-, aber auch im gesamtwirtschaftlichen Bereich ziehen.

Die Beunruhigung über eine zunehmende Machtkonzentration — „keineswegs etwa nur Marktmacht, sondern ganz allgemein wirtschaftliche Macht, gesellschaftliche Macht, politische Macht" — kann ebensowenig durch den Hinweis auf die pluralistische Gesellschaft und den Rechtsstaat gegenstandslos gemacht werden wie die Tatsache, daß das Großunternehmen, um das es hier eigentlich geht, im Zuge'der Kartell-und Konzernbildung viel eher marktbeherrschend als marktgehorchend ist. Zudem bedarf das liberale. Ordnungsbild einer unabhängig über den Parteien thronenden, allseitig abwägenden Staatsgewalt, die als Sachwalterin des öffentlichen Interesses den nötigen Freiheitsspielraum garantiert und gefährliche Machtbildungen bereits im Keim erstickt, sicher im Zeitalter des Lobbyismus und der pressure groups nach allen Seiten hin erheblicher Korrekturen. Ob die wirtschaftli-ehe Mitbestimmung gerade hier eine zentrale Aufgabe hat, müßte freilich noch sehr genau geprüft werden.

Der Vorstellung vom „raffenden Kapital" ohne soziale Bindung in manchen Köpfen auf Arbeitnehmerseite entspricht — ebenfalls noch ein Relikt überholten Klassendenkens — bei vielen Unternehmern die Vorstellung vom Moloch einer machtbesessenen, zentralistischen Einheitsgewerkschaft. Dagegen stellt der DGB ein immer wieder mühsam ausbalanciertes Nebeneinander von 16 einzelnen Industrie-gewerkschaften dar, wenngleich die IG Metall, die IG Chemie und die IG Bergbau schon von ihren Wirtschaftszweigen und ihrem Mitgliederbestand her die Mitbestimmungsdiskussion wesentlich bestimmen. Zudem stehen die Gewerkschaften seit Düsseldorf 1963 auf dem Boden einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung, und seit Beginn der wirtschaftlichen Mitbestimmung im Montanbereich haben sie keinen Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Unterstellung geliefert, die Mitbestimmung habe für sie nur Instrumentalcharakter für eine spätere Sozialisierung. Im Gegenteil: Bedeutet nicht der Ausbau der innerbetrieblichen Mitbestimmung auf Partnerschaftsbasis gerade einen Verzicht auf die Umwandlung der Eigentumsverhältnisse? Wer endlich den Arbeitsdirektor oder das AR-Mitglied (im allgemeinen nur zwei von elf!) als Marionette gewerkschaftlicher Fernsteuerung bezeichnet, verkennt nicht nur Struktur, technische Möglichkeiten und Interessenpluralismus in den Gewerkschaften, sondern spricht dem Aufsichtsrats-oder Vorstandsmitglied auch seinen Willen zur souveränen Sachentscheidung und sein unternehmerisches Verantwortungsbewußtsein ab — wie die Praxis bisher gezeigt hat, zu Unrecht. Voigt kommt sogar zu dem Ergebnis, „daß die virtuellen Arbeitssektoren der Träger der Mitbestimmung stets die Investitionstätigkeit der Unternehmen unterstützten und deren Verstärkung ermutigten" Im Interesse einer Sicherung der Produktivität und damit auch ihrer Arbeitsplätze waren die Arbeitnehmervertreter „viel eher geneigt zur Kreditaufnahme, wenn das kaufmännische oder technische Vorstandsmitglied die Investition empfahl, als dies nach unserem Eindruck durchschnittlich in parallel gelagerten Fällen in Unternehmen mit geringerem Wirkungsgrad der Mitbestimmung von Aktionären gebilligt zu werden pflegte". Mitbestimmung bedeutete also auf dem wichtigen Investitions-sektor, von dem die Zukunft einer dynamischen Wachstumswirtschaft abhängt, oft eine Stärkung und Unterstützung der unternehmerischen Initiative gegenüber den Repräsentanten des Kapitals.

Auch das Risikoargument wird stets zurückgewiesen mit der Begründung, einmal „hafte" auch der Arbeitnehmer für eine Fehlentwicklung mit seinem Arbeitsplatz, zum anderen hafte der Unternehmer persönlich nur bei schuldhaftem Versagen, der Kapitaleigner höchstens mit seinem Aktieneinsatz und im übrigen werde heute bei Großunternehmen sowieso jeder Verlust mit Rücksicht auf die volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Gesamtlage vom Staat durch Subventionen „sozialisiert", das heißt auf die Allgemeinheit umgelegt.

Nicht leicht von der Hand zu weisen ist selbst für einen so engagierten Mitbestimmungsanhänger wie Nell-Breuning der Vorwurf der Inkompatibilität zwischen Tarifpartnerschaft außerhalb und Teilhabe an der Mitbestimmung innerhalb eines Unternehmens, wenngleich die tarifpolitischen Auseinandersetzungen auch heute schon viel mehr an Daten des Wirtschaftswachstums, an Kaufkraft, Vollbeschäftigung und Geldwertstabilität — mithin also an gemeinsamen übergeordneten Sachgesichtspunkten — orientiert sind als an einer scheinbar naturgegebenen sozialen Konfliktsituation. So hält Krelle es durchaus für möglich daß sich künftig die Lohnbestimmung möglicherweise auf die gemeinsame Erstellung eines jährlichen Volkswirtschaftsplanes unter Mitwirkung der Gewerkschaften verlagern wird, in dem die volkswirtschaftlich vertretbaren Lohnsteigerungen und Ecklöhne in großem Rahmen festgelegt würden. Den Tarifverhandlungen bliebe dann nur noch die Festlegung von Einzelheiten vorbehalten. Der Verzicht auf das bisherige Prinzip des Arbeitskampfes unter Einsatz aller Mittel wäre „gleichzeitig eine Art , Gegenleistung'der Gewerkschaften, die eine Einführung der Mitbestimmung sehr erleichtern, wenn nicht überhaupt erst möglich machen würde". „Die Mitbestimmung", folgert Krelle, „wird die Wirtschaftsordnung in dem Sinne verändern, daß die Lohnbestimmung aus dem Bereich des bilateralen Machtkampfes herausgenommen und der gesamtwirtschaftlichen Entscheidung überantwortet wird. An dieser werden auch die Gewerkschaften beteiligt sein."

An diesem Punkt dürften sich aber unter dem Einfluß der Mitbestimmung und mit einer Aushöhlung der Tarifautonomie Wesen und Zielsetzung der deutschen Gewerkschaftsbewegung in einem Ausmaß verändern, das in den Gewerkschaften und im Sozialismus selbst eine gegenläufige Bewegung gegen eine zu weitgehende Identifizierung und Verfilzung mit dem Kapital und der Unternehmensführung auslösen würde. Mit Recht warnt Nell-Breuning die Gewerkschaften, bei ihren Forderungen sorgsam auf die Politik Bedacht zu nehmen, „die sie in bezug auf ihre Tarifhoheit und die Autonomie der Sozialpartner betreiben, und ebenso bei letzterer auf die Ziele, die sie sich in bezug auf die Mitbestimmung setzen; die beiden stehen in einem, wie man heute zu sagen pflegt, dialektischen’ Verhältnis" Zudem bestehe die Gefahr, daß die Gewerkschaften ihre fähigsten Leute an die Mitbestimmung verlieren und am Ende „zum Schaden der wertvollen Funktionen, die sie heute auf überbetrieblicher (Branchen-) Ebene erfüllen", vom Typ der modernen Industrie-gewerkschaft wieder zur Unternehmens-(Betriebs-) Gewerkschaft oder gar „sozusagen zu Sozialabteilungen der Unternehmen herabsinken" e) Die Neomarxisten

Die Mitbestimmungsdiskussion hat Industrie und Gewerkschaften, evangelische Sozialethik und katholische Soziallehre in entscheidende Phasen ihrer Entwicklung, an eine „Zeitwende" (Agartz) geführt. Daß dies bisher noch nicht mit letzter Eindringlichkeit deutlich geworden ist und sich das Gespräch in Öffentlichkeit und Parlament immer noch im vordergründigen Geplänkel bewegt bzw. zeitweise — möglicherweise aus wahltaktischen Gründen — ganz versiegt ist, liegt nicht zuletzt daran, daß die wirtschaftliche Mitbestimmung, von der Strukturkrise im Bergbau abgesehen, bis jetzt noch nicht ernsthaft durch eine Rezession auf die Probe gestellt worden ist, auch 1966/67 nicht. Die IG Bergbau hat schon 1953 darauf verwiesen, daß die Mitbestimmung unter rezessiven Bedingungen zu einer lastenden Bürde für die dann an die unternehmerische Verantwortung gebundenen Gewerkschaften werden und möglicherweise Entlassungen, Lohnsenkungen und einen Abbau des Sozialetats (mit gewerkschaftlicher Zustimmung und Unterstützung!) im Gefolge haben könnte Genau diese kompromittierende oder — wie es heißt — korrumpierende Konsequenz einer gewerkschaftlich ausgerichteten Mitbestimmung haben die Gegner im Blick, die dem DGB von links unter neomarxistischem Banner erwachsen sind. Hier ist die Lage für den DGB und die Industriegewerkschaften heute ähnlich wie vor 50 Jahren für die sozialistischen Freien Gewerkschaften, als sie stets von links in der ZAG der Kumpanei mit dem Kapital und des Verrates an der Arbeiterklasse verdächtigt wurden; freilich mit dem großen Unterschied, daß dem demokratischen Sozialismus nach 1918 eine machtvolle politisch-ideologische Konkurrenzbewegung für einige Jahre erwachsen war, während sich die antirevisionistischen Kräfte links von der SPD in der Bundesrepublik zunächst unter den strengen Blicken der Besatzungsmächte und dann in der Wohlstandsgesellschaft bisher noch nicht wieder zu einer machtvollen und massenwirksamen Alternative zu formieren vermochten.

Für den Neomarxisten — gleichviel, ob er direkt von Marx und Engels kommt oder mehr durch den Rätesozialismus Weimars oder durch das jugoslawische Modell geprägt ist — kann eine Zusammenarbeit zwischen Arbeit und Kapital in Anknüpfung an die „Wirtschaftsdemokratie" Naphtalis höchstens nur klassenbezogenen Übergangsund Instrumentalcharakter auf dem Wege zur Sozialisierung und zur Alleinbestimmung der Arbeiterschaft in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft haben Jeder Versuch, eine Partnerschaft als Endziel zwischen zwei an sich unüberbrückbar gegensätzlichen Produktivfaktoren mit Hilfe der Mitbestimmung zu etablieren, ist Betrug an der Arbeiterklasse und muß letztlich die kapitalistische Abhängigkeit auf ewig zementieren. Der Weg „eines partnerschaftlichen Ausgleichs mit den herrschenden gesellschaftlichen Kräften" würde der Arbei-terbewegung „nach aller historischen Erfahrung bestenfalls die Rolle eines Juniorpartners eröffnen"

Der Neomarxismus wirft den Gewerkschaften „Bewußtseinstrübung" gegenüber dem „qualitativen Unterschied der klassengebundenen Interessengegensätze zwischen Arbeitern und Unternehmern" die Möglichkeit einer „ideellen und materiellen Korrumpierung" durch die bezahlten Aufsichtsratsund Vorstandssitze in den mitbestimmten Unternehmen Systemhörigkeit mangelndes Klassen-und Verantwortungsbewußtsein gegenüber der Arbeiterschaft vor allem auch in den Nahzielen der Lohn-und Arbeitszeitpolitik sowie bei der Sicherung des Arbeitsplatzes in den Strukturkrisen (besonders bezogen auf den Ruhrbergbau) eine auf die Dauer lähmende „Zwitterstellung" und „Bewußtseinsspaltung" zwischen Konzern-und Gewerkschaftsinteressen, Schwächung der klassengebundenen Kampfbereitschaft und eine verhängnisvolle Bürokratisierung vor.

Obgleich die wirtschaftliche Mitbestimmung für die reformistisch-revisionistische Gesamtentwicklung, die die Gewerkschaften im Grunde seit ihrer Entstehung eingeschlagen haben, nur einen konsequenten Abschluß darstellt, sollten die warnenden Stimmen der Neomarxisten als ständige Herausforderung zur Selbstkontrolle nicht überhört werden. Hier sind Gefahren signalisiert, die unter widrigen Umständen durchaus in den so oft schon beschworenen „gewerkschaftlichen Selbstmord" durch übergroße Mitverantwortung und Bindung führen könnten

4. Die Mitbestimmung in der Bewährung

Drei Faktoren zwingen uns heute noch zur Vorsicht, wenn wir ein Urteil über das Funktionieren der Montanmitbestimmung formulieren wollen: Einmal leben wir seit mehr als zwei Jahrzehnten in einer Periode eines nahezu ungebrochenen Wirtschaftswachstums praktisch ohne soziale Konflikte. Die Sozialpartner ziehen „am gleichen Strang". Niemand will die Jahre 1929— 1933 wieder heraufbeschwören; aber erst unter derartigen wirtschaftlichen Belastungenwürden sich Vor-und Nachteile einer qualifizierten Mitbestimmung eindeutig herausschälen. Zum anderen ist bisher ein zwar sehr bedeutsamer, aber insgesamt doch relativ kleiner Teil unserer Wirtschaft echt „mitbestimmt", und wir haben noch keinen Anhaltspunkt dafür, wie sich das Mitbestimmungsexperiment in einer voll „mitbestimmten" Volkswirtschaft bewähren würde. Endlich sind zwei Jahrzehnte doch ein recht geringer Zeitraum, um eine so weitreichende Maßnahme wie die qualifizierte Mitbestimmung in ihren ganzen Folgewirkungen gerade auch für die Mitbestimmenden selbst abschätzen zu können.

Trotzdem hat Fritz Voigt in der erwähnten Analyse schon Anfang der sechziger Jahre ein recht positives Urteil gewagt. Nur ist es bedauerlich, wenn die Arbeitgeberseite ihn als Kronzeugen für ihren negativ-skeptischen Standpunkt beansprucht und dabei Wesentliches nicht mitzitiert Zwar gibt Voigt als Möglichkeit zu bedenken, daß die Gewerkschaften durch die Mitbestimmung „zumindest in einigen Wirtschaftszweigen eine Machtposition erhalten (haben), die sie noch nie in der Geschichte erlangen konnten", und daß sie infolgedessen in der Montanindustrie „eine zielbewußte eigene Wirtschaftspolitik betreiben (könnten), der gegenüber die Aktionäre oder etwa widerstrebende Vorstandsmitglieder machtlos wären", um dann aber sehr dezidiert — was nicht erwähnt wird — fortzufahren: „Von diesen Möglichkeiten ist nicht ein einziges Mal Gebrauch gemacht worden." Die Gewerkschaften hätten „keine Initiative zur Durchsetzung ihrer vielfach erhobenen wirtschaftspolitischen Forderungen oder auch nur zur Berücksichtigung ihrer Argumente entwik-kelt". Ein interessantes Beispiel aus der Praxis der Mitbestimmung, das auch den Skeptikern zu denken geben sollte, erwähnt Th. Pir-ker 1955 hatte eine Urabstimmung in der eisenschaffenden Industrie 90 °/o für Kampfmaßnahmen ergeben; in diesem Augenblick bremsten die Arbeitsdirektoren, gewerkschaftliche Aufsichtsräte und Betriebsräte dieses Wirtschaftszweiges gleichsam in einer kleinen Palastrevolution gegen O. Brenner ihre eigene Industriegewerkschaft und erklärten deren Lohnforderungen für weit überhöht. Die Betriebsräte des Hüttenwerkes Oberhausen stellten sich auf einer Versammlung offen hinter die Arbeitsdirektoren und gegen die Höhe der gewerkschaftlichen Forderungen. So soll es mehrfach in den ersten zehn Jahren „Situationen gegeben (haben), in denen der Arbeitsfrieden im Bergbau und in der Stahlindustrie ernsthaft gefährdet und in denen es nicht zuletzt einigen mutigen Arbeitsdirektoren zu danken war, daß manchmal noch in letzter Stunde ein gedeihlicher Kompromiß zustande kam" '

Die Verfechter der Mitbestimmung berufen sich vielfach auf den sozialen Frieden in der Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten, vor allem im Kohlenbergbau, wo sich die strukturelle Umstellung nicht zuletzt durch die Mitbestimmung so reibungslos vollzogen habe. Auch erfreuten sich deutsche Stahlaktien in den USA als besonders „streiksicher" nicht geringer Wertschätzung.

Die Gegner der Mitbestimmung dagegen interpretieren dieses zweifellos bemerkenswerte sozialpolitische Phänomen, das in Westeuropa kaum seinesgleichen hat, je nach Geschmack verschieden: Die Arbeitgeberseite meint, es hätte noch schlimmer kommen können, und daß dies nicht der Fall gewesen sei, sei allein darauf zurückzuführen, daß die „mitbestimmten" Betriebe bisher als Minderheit in einen Wettbewerbs-und marktorientierten volkswirtschaftlichen Gesamtorganismus eingebettet, dadurch gleichsam neutralisiert seien und infolgedessen diesen Organismus noch nicht hätten qualitativ verändern können „Ist aber der überwiegende Teil der Wirtschaft .demokratisiert', dann ist das marktwirtschaftliche System insgesamt außer Kraft gesetzt . . . Das System ist umgeschlagen, die störende Ausnahme zur Regel geworden."

Die Neomarxisten dagegen sehen in dem Wirtschaftsfrieden geradezu ein schlagendes Beispiel für die korrumpierende Verfilzung von Arbeit und Kapital in einer bürgerlich-restau-rativen Ordnung und dafür, daß die westdeutschen Gewerkschaften „schwach" geworden seien und sich „das gesellschaftliche Kräfteverhältnis . . . völlig zu ihren Ungunsten verschoben" habe

Daß sich schon sozialpsychologisch in der „Stimmung" des einzelnen Arbeiters in den „mitbestimmten" Betrieben ein Wandel vollzogen habe, wagt keine Seite eindeutig zu bejahen. Dies ist zweifellos eine Frage der langfristigen Erziehung und der intellektuellen Reife. Auch sollte man sich hüten, ein gewisses retardierendes Trägheitsmoment im Bewußtsein gegen die Mitbestimmung zu verwenden. Auch das staatsbürgerlich-politische Bewußtsein pflegt sich nicht immer mit der formalen Wahlmündigkeit zu decken — denken wir vor allem an die Zeit vor 1918 —, ohne daß jemand heute ernsthaft daran dächte, daraufhin die Volkssouveränität und das allgemeine Wahlrecht wieder aufzuheben. Zudem ist ebenso wie im Politischen auch bei der wirtschaftlichen Mitbestimmung ausdrücklich eine repräsentative Form der Willensbildung vorgesehen, die es jeweils ermöglicht, die am besten qualifizierten Persönlichkeiten am eigentlichen unternehmerischen Entscheidungsprozeß zu beteiligen.

5. Zum gegenwärtigen Stand der Mitbestimmungsdiskussion

Die Regierung der Großen Koalition hat zwar entsprechend ihrer Erklärung vom 13. Dezember 1966 eine unabhängige, wissenschaftliche Sachverständigenkommission, die sogenannte „Biedenkopfkommission", am 22. Januar 1968 berufen, um die Mitbestimmungsfrage klären zu lassen — auf die Tagesordnung des Kabinetts ist dieses Problem dann aber in dieser Legislaturperiode nicht mehr gesetzt worden. Es sieht auch bisher so aus, als ob die Parteien im Wahlkampf um dieses „heiße Eisen" einen Bogen machten und es augenblicklich mehr in den Hintergrund treten lassen.

Die SPD-Fraktion hat nach intensiven Vorarbeiten einer von der Partei eingesetzten Kommission, unterstützt von drei Arbeitsgruppen, am 10. Dezember 1968 fünf Gesetzentwürfe, u. a. zur Neuregelung der Betriebsverfassung, über die Unternehmensverfassung in Großunternehmen und Konzernen und zur Sicherung der Montanmitbestimmung bis zum 31. Dezember 1973, verabschiedet und im Bundestag eingebracht, wo sie dann am 22. Januar 1969 in Erster Lesung behandelt und den zuständigen Ausschüssen überwiesen wurden Der Entwurf über die Unternehmensverfassung in Großunternehmen und Konzernen setzt sich dadurch bemerkenswert von den DGB-Vorstellungen und dem Montanmodell ab, daß die außerbetrieblichen Arbeitnehmervertreter im AR nicht wie hier durch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften entsandt, sondern generell wie alle anderen Arbeitnehmervertreter von der Belegschaft gewählt werden bei einem Vorschlagsrecht der Gewerkschaften. Außerdem soll der Aktionärsversammlung auf der Kapitalseite eine Unternehmensversammlung der Arbeitnehmer gegenüberstehen. Der SPD-Entwurf fordert ebenfalls wie die Gewerkschaften die Ausdehnung der wirtschaftlichen Mitbestimmung für sämtliche Großunternehmen und Konzerne in der Rechtsform einer AG, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer GmbH, einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, soweit sie die entsprechenden, bereits bekannten Größenordnungen erfüllen.

Die CDU befaßte sich auf ihrem Berliner Parteitag im November 1968 ebenfalls eingehend mit der Mitbestimmung und bekannte sich in einem Beschluß (Art. 64) zu einem „modernen und fortschrittlichen Unternehmensrecht" und „partnerschaftlicher" Gestaltung des „wirtschaftlichen Geschehens". Für den Ausbau der Mitbestimmung verwies sie auf die Notwendigkeit, erst einmal den Bericht der „Biedenkopfkommission" abzuwarten und „sorgfältig" zu prüfen. Die betonte Distanz zum Montanmodell, die verdeckte Spitze gegen ein Hineinregieren der Gewerkschaften in die Betriebe und der Hinweis auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit deuten darauf hin, daß in dem Beschluß ein Kompromiß zwischen dem rechten (Arbeitgeber-) und dem linken (Arbeitnehmer) Flügel der Partei erzielt werden mußte: „Bei einer Neuordnung des Unternehmens-rechts darf ein überbetriebliches Einflußmonopol zugunsten von organisierten Interessen nicht zugelassen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen auch im internationalen Wettbewerb nicht beeinträchtigt werden. Angesichts dieser Zielsetzung kann eine schematische Übertragung des Modells der Montanmitbestimmung nicht befürwortet werden. Wer in Betrieben oder Unternehmen Arbeitnehmerinteressen wahrnimmt, muß von dem Vertrauen der Belegschaft getragen werden. Wir treten dafür ein, daß die sozialen und personellen Belange der Belegschaft verantwortlich auf Vorstandsebene bearbeitet werden, bei großen Unternehmen durch ein dazu bestelltes Vorstandsmitglied." Bundeskanzler Kiesinger wies in Berlin die Unterstellung O. Brenners, er „drücke" sich vor der Entscheidung, unter Bezugnahme auf die Sachverständigenkommission scharf zurück, erklärte jedoch, er lasse sich aber auch „von niemandem dabei unter Druck setzen".

Die Sozialausschüsse der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft haben einen sehr progressiven „Entwurf zur Ausgestaltung der Rechte des Arbeitnehmers in Betrieb, Unternehmen und Wirtschaft" zur Diskussion gestellt. Er entwickelt eine Unternehmensverfassung für „Größtund Großunternehmen" (freilich mit wesentlich engerer Grenzziehung als bei SPD und DGB) an Stelle des bisherigen „Zwittermodells" der Montanverfassung, die von der Basis her bereits paritätisch strukturiert ist mit Unternehmensversammlung, Unternehmensrat und Vorstand und insofern über den DGB-Entwurf hinaus in die Nähe Nell-Breunings rückt. Zugleich wird hier auch eine starke institutionelle und personelle Einbeziehung des „öffentlichen Interesses" in die Unternehmensversammlung gefordert, also der „dritten Bank" neben Anteilseigner und Arbeitnehmern.

Der DGB hat am 12. März 1968 auf der Kölner Mitbestimmungskundgebung in seinem „Entwurf eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Großkonzernen und Großunternehmen (Mitbestimmungsgesetz)" noch einmal verlangt, die Montanmitbestimmung auf die Großunternehmen und Großkonzerne aller Wirtschaftszweige auszudehnen. Die DAG hat zuletzt am 30. November 1968 ihre Vorstellungen in den „Thesen zur Mit-bestimmung" niedergelegt, wobei sich die Grenze für die Einführung der wirtschaftlichen Mitbestimmung genau mit der der SPD und des DGB deckt.

Damit sind die Fronten in der gegenwärtigen Auseinandersetzung noch einmal abgesteckt. Es bleibt zu hoffen, daß die verschiedenen Standpunkte auch weiterhin in einem versachlichten und nüchternen Sozialklima ausdiskutiert werden und daß schließlich eine Lösung des sehr verwickelten Problems noch in einer Periode des Wirtschaftswachstums erreicht wird, bevor der Druck einer rezessiven Entwicklung und daraus resultierende Tarifkonflikte möglicherweise zu einer Verhärtung der Positionen führen. Sollte man nicht in einer wirtschaftlichen Gutwetterlage bereits gemeinsam Unterkünfte für mögliche spätere Stürme zimmern?

Schiller hat mit seiner „konzertierten Aktion" bereits einen Weg für eine zeitgemäße Sozial-partnerschaft gewiesen; mögen von hier aus auch Impulse für eine Einigung in der Frage der wirtschaftlichen Mitbestimmung und damit belebende Kräfte für unsere gesamte Wirtschafts-und Sozialordnung ausströmen!

Nachtrag

Wenige Wochen nach Fertigstellung des Aufsatzes erhielt die Mitbestimmungsdiskussion Anfang September 1969, mitten im Wahlkampf, plötzlich noch einen dramatischen Akzent. Ausgerechnet in den „mitbestimmten" Unternehmen der eisenschaffenden Industrie und des Bergbaus brachen wilde Lohnstreiks aus und breiteten sich, ausgehend von einem Arbeitskonflikt im Hoesch-Konzern, zur Überraschung von Regierungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften sofort mit großer Geschwindigkeit über den Saarund Ruhrbergbau, die nordrhein-westfälische Eisen-und Stahlindustrie, die Klöckner-Werke in Bremen und Osnabrück bis hinauf zu den Kieler Howaldtswerken/Deutsche Werft aus. DGB, IG Metall, IG Bergbau und Arbeitgeberverbände bemühten sich sofort, in einer „konzertierten Aktion" durch umgehende Lohnzugeständnisse und ein Vorziehen der an sich erst für den späten Herbst anstehenden Tarifverhandlungen die , wilden'Ausstände in den Griff zu bekommen und zu „kanalisieren".

Die Gegner der Mitbestimmung interpretierten die Streikwelle umgehend als eindeutigen Beweis sowohl für die Fragwürdigkeit der qualifizierten Mitbestimmung im Montanbereich, die den Arbeitskampf nun doch nicht habe verhindern können, als auch für ein endgültiges Scheitern der Schillerschen Konzeption vom „runden Tisch".

Gegenüber voreiligen und oft wahlkampfbeeinflußten Deutungen dieser und ähnlicher Art, die keine tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema Mitbestimmung darstellen, sei davor gewarnt, die zweifellos für die Bundesrepublik ganz ungewohnte , wilde'Streikwelle als „englische Krankheit" nun gleich zum Symptom einer angeblich latent vorhandenen sozial-und wirtschaftspolitischen Krisensituation hochzuspielen. Man wird vielmehr hier zweierlei bedenken müssen: Einmal haben die Tarifpartner nach einer mehrjährigen „konzertierten" Stillhaltung am runden Tisch im Dienste der Preis-und Geldwertstabilität die Stimmung in der Arbeiterschaft sicher falsch eingeschätzt, so daß sie sich von der Streiklawine haben überrollen lassen, statt rechtzeitig Zugeständnisse zu machen resp, zu fordern; zum anderen kann man selbst im Arbeitgeberlager — die schnellen Zugeständnisse deuten darauf hin — nicht ganz abstreiten, daß die glänzende konjunkturelle Ertrags-und Absatzentwicklung in der Eisen-und Stahlindustrie zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Arbeitnehmer geradezu herausforderte, sich rechtzeitig, wenn nicht anders möglich, sogar im Alleingang ohne Gewerkschaften, ein Stück von dem „Konjunkturkuchen" zu sichern.

Kritisch könnte man zur Mitbestimmung hier anmerken, daß die beste Sozialpartnerschaft, konzertierte Aktion und qualifizierte Mitbestimmungsregelung wenig nützen, wenn sich unter den Arbeitnehmern erst ein Mißtrauen einnistet, daß derartige Einrichtungen mit ihrer Tarifpolitik hinter dem Boom herhinken, und wenn die Spitzenvertreter der Tarifpartner diesem Mißtrauen kein überzeugendes Stillhalteargument mehr entgegensetzen können.

Bernd-Jürgen Wendt 15. September 1969

Fussnoten

Fußnoten

  1. Günther Apel, Mitbestimmung. Grundlagen, Wege, Ziele, München 1969, S. 126.

  2. Harald Koch, Mitbestimmung als gesellschaftspolitische Aufgabe, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, hrsg. und bearb. v. K. Nemitz und Richard Becker, Köln 1967, S. 11.

  3. Gute und übersichtliche Einführung in die Problematik bei G. Apel, a. a. O.; Fr. -Wilh. Dörge/Manfred Schmidt, Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betriebe, in: Wirtschafts-und Soz. pol. Modell-analysen politischer Probleme, Reihe A der Beitr. z. Wirtschaftsund Sozialkunde, Heft 17, Opladen 1965; G. vonEynern, Grundriß der politischen Wirtschaftslehre, Opladen 1968, bes. §§ 120— 132; Otto Kunze/Alfr. Christmann, Wirtschaftliche Mitbestimmung im Meinungsstreit, 2 Bde, Köln 1964; O. von Nell-Breuning SJ, Mitbestimmung, EVA, Frankfurt 1968 (zit. „Mitbestimmung"); ders., Streit um Mitbestimmung, EVA, Frankfurt 1968 (zit. „Streit"); ders., Mitbestimmung. Wer mit wem?, Herder 1969 (zit.: „Wer mit wem?"); ders., Zur wirtschaftlichen Mitbestimmung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 34/66 v. 24. 8. 1966, S. 3— 10; Fritz Voigt/Walter Weddigen, Zur Theorie und Praxis der Mitbestimmung, 2 Bde., Berlin 1962; D. Schneider/R. F. Kuda, Mitbestimmung. Weg zur industriellen Demokratie?, München 1969 (Quellensammlung).

  4. Wirtschaftliche Mitbestimmung in der Gegenwartsdiskussion. Begegnungsveranstaltungen 1966, DGB-Landesbezirk NRW 1967, S. 144 f. (zit.: „Wirtschaftliche Mitbestimmung").

  5. F. Voigt in: Voigt/Weddigen, a. a. O., I, S. 501; zu den verschiedenen Formen der Mitbestimmung vgl. auch W. Weddigen in: Voigt/Weddigen, a. a. O., I, S. 13 ff.; G. Apel, a. a. O., S. 81 ff..

  6. Ergänzt 1956 durch die sogenannte „HoldingNovelle".

  7. In der Regel je vier Arbeitnehmer-und Arbeitgebervertreter mit je einem „weiteren Mann“ und einem neutralen „elften Mann". Von den vier Arbeitnehmervertretern bestellen die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften zwei Mitglieder.

  8. Vgl. Gerhard Erdmann, Das Betriebsverfassungsgesetz, mit ausführlichen Erläuterungen für die Betriebspraxis, 2. wesentl. erw. Auflage, Neuwied/Rhein 1954.

  9. Apel, a. a. O., S. 46.

  10. Nell-Breuning, Wer mit wem?, a. a. O., S. 57.

  11. Zit. nach Wirtschaftliche Mitbestimmung, a. a. O., S. 91.

  12. Zit. nach Wirtschaftliche Mitbestimmung, a. a. O., S. 91 f.

  13. Nell-Breuning, Streit, a. a. O., S. 70.

  14. Kurt Ballerstedt, Wirtschaftsverfassung und sozialer Rechtsstaat, in: Wirtschaftliche Mitbestimmung, a. a. O., S. 39.

  15. Franz Klüber, Mitbestimmung als gesellschaftspolitisches Ziel der katholischen Soziallehre, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, S. 69.

  16. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 55.

  17. F. Böhm, in: Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 66.

  18. F. Böhm, Die rechtliche Problematik der paritätischen Mitbestimmung, in: Mitbestimmung? Beitr. zur Problematik der paritätischen Mitbestimmung in der Wirtschaft von Franz Böhm, Goetz Briefs, Wolfgang Heintzeler, Anton Rauscher und Werner Schöllgen, hrsg. und eingel. v. Goetz Briefs, Stuttgart 1967, S. 130 (zit.: Mitbestimmung?).

  19. Gerhard Weisser, Mitbestimmung als eine notwendige Folgerung aus heutigem freiheitlichem Sozialismus, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 85.

  20. Nell-Breuning, Streit, a. a. O., S. 68.

  21. Vgl. Bernd-Jürgen Wendt, Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft in der Weimarer Republik, Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 26/69 v. 28. Juni 1969, S. 27 ff.

  22. Zit. nach Dörge/Schmidt, a. a. O., S. 8.

  23. Vgl. Dörge/Schmidt, a. a. O., S. 8.

  24. Vgl Erdmann, a. a. O., S. 403 ff.

  25. Vgl. Wendt, a. a. O., S. 32 ff.

  26. Zum folgenden vgl. Ballerstedt, a. a. O.; Apel, a. a. O., S. 63 f.; Nell-Breuning, Mitbestimmung, a. a. O., S. 99, 114.

  27. Ballerstedt, a. a. O., S. 32.

  28. Vgl. auch Art. 14, 3 GG: Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfall der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

  29. Vgl. Nell-Breuning, Mitbestimmung, a. a. O., S. 114.

  30. Apel, a. a. O„ S. 63 f.

  31. Ballerstedt, a. a. O., S. 44.

  32. Ballerstedt, a. a. O., S. 49.

  33. Für den öffentlichen Bereich 1955 durch das Personalvertretungsgesetz ergänzt.

  34. Vgl. Voigt, a. a. O, S. 184.

  35. Voigt, a. a. O , S. 185.

  36. Vgl. die masch. schr. Niederschrift „Der Verlauf der Verhandlungen zwischen den Vertretern der Unternehmer und des Deutschen Gewerkschaftsbundes über das Mitbestimmungsrecht" in der Hamburger Commerzbibliothek

  37. G. Erdmann, Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung. Ihre rechts-und staatspolitische Problematik, Neuwied/Rhein 1964, S. 18 (zit.: „Wirtschaftsdemokratie").

  38. Die Problematik eines politischen Streiks tauchte dann wieder im Sommer 1968 bei der 3. Lesung der Notstandsgesetze auf.

  39. Josef Winschuh, Sinn und Unsinn der Wirtschaftsdemokratie, in: Schriftenreihe „Der selbständige Unternehmer", Heft 5, 1952.

  40. Prof. Franz Böhm war Mitbegründer der CDU und 1953— 1965 Mitglied des deutschen Bundestages.

  41. Aus der unendlichen Fülle der Literatur zum Gewerkschaftsstandpunkt vgl. hier nur Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 249 ff.; Wirtschaftliche Mitbestimmung, a. a. O.; Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O.; Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Ein Leitfaden, hrsg. v. DGB-Bundesvorstand, Düsseldorf Nov. 1968; zur Mitbestimmung: Prof. Franz Klüber, Edgar Nawroth OP, Hermann Josef Wallraff SJ, Bernhard Tacke in: Schriftenreihe Mitbestimmung 3, hrsg. v. DGB-Bundesvorstand, Aug. 1968.

  42. „Die Gewerkschaften kämpfen um die Ausweitung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Damit wollen sie eine Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft einleiten, die darauf abzielt, alle Bürger an der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Willensbildung gleichberechtigt teilnehmen zu lassen."

  43. „Eine Demokratie ist nur dann für uns mit wirklichem Leben erfüllt, wenn sie auch in die Wirtschaft getragen wird."

  44. Zit. nach Die Welt Nr. 93 v. 22. 4. 1969, S. 7.

  45. Wirtschaftsdemokratie, Ihr Wesen, Weg und Ziel, hrsg. i. A.des ADGB von F. Naphtali, 1928.

  46. Wirtschaftsdemokratie, Ihr Wesen, a. a. O., S. 10; auch zitiert und kommentiert bei Windschuh, a. a. O., S. 18.

  47. Koch, a. a. O., S. 15; zum folgenden vgl. auch Gerhard Leminsky, Die qualifizierte Mitbestimmung innerhalb der gewerkschaftlichen Ordnungsvorstellungen, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 31 ff.; Hans G. Schachtschabei, Die Ziel-Mittel-Problematik der qualifizierten Mitbestimmung, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 175 ff; deis., Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Wirtschaftsführung der Unternehmer auf betrieblicher Ebene in der Auffassung der Gewerkschaften und der Arbeitgeber-verbände; ders., Die gewerkschaftliche Forderung nach Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf über-betrieblicher Ebene und ihre Vereinbarkeit mit anderen Konzeptionen, beide Aufsätze in: Voigt/Weddingen, a. a. O., II, S. 9 ff.; 155 ff.

  48. Vgl. Wendt, a. a. O., S. 29 ff.

  49. Schachtschabei, Die Ziel-Mittel-Problematik, a. a. O., S. 178.

  50. Schachtschabei, Die Ziel-Mittel-Problematik, a. a. O., S. 181.

  51. Vgl. Kunze/Christmann, a. a. O., II, S. 397 ff.

  52. Vgl. Dörge/Schmidt, a. a. O., S. 8; Tatsachen und Argumente Nr. 278, S. 6 ff. (hrsg. v. Vorstand der SPD, SOPADE-Rednerdienst).

  53. Nach Schachtschabei, Die Ziel-Mittel-Problematik, a. a. O., S. 182 f.; vgl. auch Leminsky, a. a. O., S. 39 f.

  54. Abgedruckt in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 289 ff., Zitat S. 305.

  55. Vgl. Kurt Nemitz, Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 152.

  56. Vgl. Anm. 54, S. 300.

  57. Vgl. Anm. 54), S. 299; vgl. auch Mitbestimmung. Argumente, Informationen, hrsg. v. DGB-Bundes-vorstand 19682, S. 15: „Mitbestimmung jedoch setzt schon vom Begriff her das Weiterbestehen auch anderer . Klassen'oder sozialer Gruppen voraus. Die Mitbestimmung dient somit nicht der Beseitigung aller übrigen sozialen Gruppen und der Verwirklichung eines Herrschafts-Monopols der Arbeitnehmer, sondern dem Ziel einer weitgehenden gesellschaftlichen Integration auf der Grundlage voller Gleichberechtigung."

  58. Vgl. Anm. 54, S. 352.

  59. Leminsky, a. a. O., S. 41.

  60. Zitate, wenn nicht anders vermerkt, aus: Wirtschaftliche Mitbestimmung in der Gegenwartsdiskussion, a. a. O.

  61. Nell-Breuning, Mitbestimmung, a. a. O., S. 10.

  62. Koch, a. a. O., S. 12.

  63. Vgl. dagegen Ralf Dahrendorf, Das Mitbestim-mungsproblem in der deutschen Sozialforschung. Eine Kritik, in: Studien zur Soziologie, München 1965®.

  64. Koch, a. a. O., S. 20.

  65. Herbert W. Köhler, zit. nach Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 274.

  66. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 275.

  67. Vgl. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 193 ff.; Lothar Wiedemann, Zur Entwicklung des Mitbestimmungsgedankens in der evangelischen Sozialethik, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 72 ff.; Mitbestimmung in der Wirtschaft. Die vom Rat der EKD herausgegebene Studie der Kammer für soziale Ordnung mit Erläuterungen von Eberhard Müller, Hamburg 1968.

  68. A. a. O„ S. 15.

  69. Helmuth Thielicke, Theol. Ethik II, 1. Teil, S. 15, zit. nach Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 204.

  70. Vgl. Wiedemann, a. a. O., S. 78 ff.

  71. Nell-Breuning, Wer mit wem?, a. a. O., S. 240 f.

  72. Art. 11; 14; 20, 2; 24 d; 28.

  73. Vgl Nell-Breuning, a. a. O.; Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 91 ff.; Franz Klüber, Mitbestimmung als gesellschaftspolitisches Ziel der katholischen Soziallehre, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 49 ff.; Josef Oelinger, Wirtschaftliche Mitbestimmung. Positionen und Argumente in der innerkatholischen Diskussion, Köln 1967; Anton Rauscher, Arbeit und Eigentum in der Problematik der paritätischen Mitbestimmung, in: Mitbestimmung?, a. a. O., S. . 56 ff.

  74. Nell-Breuning, Wer mit wem?, a. a. O., S. 63.

  75. Gustav Gundlach SJ kehrte nach dem Tode Pius XII. aus Rom zurück, um die Leitung der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach zu übernehmen. Er starb 1963.

  76. Zit. nach Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 129.

  77. A. a. O„ S. 66.

  78. A. a. O„ S. 68.

  79. Wer mit wem?, a. a. O., S. 162.

  80. A. a. O„ S. 51.

  81. A. a. O„ S. 60 f.

  82. Vgl. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 164: „Das Recht zum Besitze privaten Eigentums hat der Mensch von der Natur erhalten" (Rerum nova-rum 4).

  83. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 119. Nach einem Wort Pius'XII. muß der Eigentümer der Produktionsmittel stets „Herr seiner wirtschaftlichen Entschlüsse bleiben" (zit. nach Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 117 ff.; Rauscher, a. a. O., S. 58.

  84. Vgl. Das Problem des Mitbestimmungsrechts. Stellungnahme und Vorschläge der Unternehmerschaft, Mai 1950, S. 5.

  85. Vgl. Klüber, a. a. O., S. 53 f.; Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 117 ff.; Rauscher, a. a. O., II, S. 106.

  86. Vgl. Kunze/Christmann, a. a. O., II, 106.

  87. Klüber, a. a. O., S. 54.

  88. Nell-Breuning, Wer mit wem?, a. a. O., S. 29.

  89. Vgl. Nell-Breuning, Streit, a. a. O., S. 129 ff., daneben auch S. 73 ff., 143 ff., 147 ff., 150 f., 152ff.; ders., Wer mit wem?, a. a. O., S. 277 ff., daneben S. 38 ff., 48 ff., -Klüber, a. a. O„ S. 49 ff.; Oelinger, S. 36 ff.

  90. Zweiter Teil, 3. Kap., 2. Abschn.

  91. Nr. 67. 68.

  92. Vgl. auch Nr. 26, 3: „Die gesellschaftliche Ordnung und ihre Entwicklung müssen sich dauernd am Wohl der Personen orientieren; denn die Ordnung der Dinge muß der Ordnung der Personen dienstbar werden und nicht umgekehrt.“

  93. A. a. O., S. 51.

  94. Oelinger, a. a. O., S. 33.

  95. Zitiert nach Streit, a. a. O., S. 116.

  96. Zit. nach Nell-Breuning, Wer mit wem?, a. a. O., S. 38.

  97. Streit, a. a. O., S. 81.

  98. A. a. O„ S. 58.

  99. Zit. nach Dörge/Schmidt, a. a. O., S. 4; auch abgedruckt in: Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Ein Leitfaden, S. 13.

  100. Zit. nach: Das Problem . . . (vgl. Anm. 84), S. 18.

  101. Vgl. Wendt, a. a. O., S. 39 ff.

  102. Vgl. Anm. 100).

  103. Wirtschaftliche Mitbestimmung und freiheitliche Gesellschaft. Eine Stellungnahme des Arbeitskreises Mitbestimmung bei der BDA zu den gewerkschaftlichen Forderungen; Okt. 1965, S. 53 (zit.: Mitbestimmung und Gesellschaft). Zur Position des Neoliberalismus vgl. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 39 ff.

  104. Mitbestimmung und Gesellschaft, a. a. O., S. 55.

  105. Das Problem . . . (vgl. Anm. 84), S. 8 f.

  106. Das Problem . . ., S. 4.

  107. Das Problem . . . , S. 5.

  108. Zusammenstellung bes. nach: Mitbestimmung und Gesellschaft, a. a. O.

  109. F. Voigt, a. a. O., S. 507.

  110. Nell-Breuning, Mitbestimmung, a. a. O., S. 48 f.

  111. A. a. O., S. 478.

  112. Streit, a. a. O., S. 58.

  113. Wilhelm Krelle, Mitbestimmung und marktwirtschaftliche Ordnung, in: Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O., S. 131.

  114. Streit, a. a. O., S. 59.

  115. Streit, a. a. O„ S. 50 ff.

  116. Vgl. Kunze/Christmann, a. a. O., I, S. 337 ff.

  117. Vgl. Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik, a. a. O„ S. 147.

  118. Vgl. Peter von Oertzen und sein Standardwerk über die Rätebewegung, Betriebsräte in der Novemberrevolution, 1963.

  119. Vgl. Victor Agartz bei Kunze/Christmann, a. a. O„ II, S. 591.

  120. Von Oertzen, zit. nach Kunze/Christmann, a. a. O., II, S. 622.

  121. Agartz, zit. nach Kunze/Christmann, a. a. O., II, S. 600.

  122. Agartz, a. a. O., S. 603.

  123. Kurt Neumann bei Kunze/Christmann, a. a. O., II, S. 606.

  124. Agartz, a. a. O., S. 603.

  125. Vgl. Nell-Breuning, Streit, S. 48 ff.: „Selbstmord der Gewerkschaften?“

  126. Bes. a. a. O., S. 500 ff.

  127. Mitbestimmung und Gesellschaft, a. a. O., S. 31; Voigt, a. a. O., S. 502.

  128. Nach Voigt/Weddigen, a. a. O., I, S. 69.

  129. Zit. nach Voigt/Weddigen, a. a. O., I, 70.

  130. Mitbestimmung und Gesellschaft, a. a. O., S. 39 f.

  131. Agartz, a. a. O., S. 603.

  132. Vgl. Apel, a. a. O., S. 160 ff.; Mitbestimmung — SPD, Gesetzentwürfe über die Unternehmensverfassung. . . . Hrsg. v. Vorstand der SPD, Bonn 1968.

  133. Vgl. Apel, a. a. O„ S. 174 f,; CDU diskutiert Mitbestimmung. Die Aussprache über die Mitbestimmung auf dem Berliner Parteitag der CDU im Nov. 1968. Hrsg. v. d. CDU-Bundesgeschäftsstelle Bonn.

  134. Vgl. Apel, a. a. O„ S. 175 ff.

  135. Vgl. Apel, a. a. O, S. 131 ff.

  136. Vgl. Apel, a. a. O., S. 140 ff.

Weitere Inhalte

Bernd-Jürgen Wendt, Dr. phil., geb. 6. Oktober 1934 in Hamburg, Privatdozent an der Universität Hamburg, Historisches Seminar. Veröffentlichungen: München 1938 — England zwischen Hitler und Preußen, 1965; Jugend im nationalsozialistischen Deutschland, in: GWU Jg. 17, Heft 2, Februar 1966; Appeasement 1938 — Wirtschaftliche Rezession und Mitteleuropa, 1966; regelmäßige Rezensionen in der Wochenzeitung DAS PARLAMENT.