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Mit 18 wählen? Die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Bundesrepublik Deutschland | APuZ 33/1969 | bpb.de

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APuZ 33/1969 Tatbestände und Probleme der Führung und Führungsbildung in Wirtschaft und Verwaltung Mit 18 wählen? Die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Bundesrepublik Deutschland

Mit 18 wählen? Die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Bundesrepublik Deutschland

Hans-Helmut Röhring

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bestimmt in Artikel 38 Abs. 2: „Wahlberechtigt ist, wer das 21., wählbar, wer das 25. Lebensjahr vollendet hat." Diese Regelung galt 16 Jahr „Wahlberechtigt ist, wer das 21., wählbar, wer das 25. Lebensjahr vollendet hat." Diese Regelung galt 16 Jahre unumstritten. Erst 1965 kam in der Bundesrepublik eine Diskussion über die Frage der Herabsetzung des Wahl-alters in Gang. Sie wurde von den Vorsitzenden der politischen Jugendorganisationen Junge Union, Jungsozialisten, Jungdemokraten und von jüngeren Bundestagsabgeordneten aller drei Parteien angeregt 1). Die von den Reformern geforderte Herabsetzung des

Abbildung 10

Wahlalters auf 18 Jahre wird seither in allen Parteien auf Bundes-und Länderebene debattiert. Die schweren Studentenunruhen des Jahres 1968 haben dazu beigetragen, diese Debatte zu einer öffentlichen Diskussion auszuweiten. Die verfassungspolitisch entscheidende Initiative ergriff die parlamentarische Opposition. In der 196. Sitzung des V. Bundestages am 15. November 1968 brachte die FDP einen Gesetzentwurf zur Änderung des Artikels 38 Abs. 2 GG ein, wonach wahlberechtigt sein soll, wer das 18., und wählbar, wer das 23. Lebensjahr vollendet hat.

I. Die Festlegung des Wahlalters in Deutschland seit 1848

Abbildung 2

Das durch die deutsche Nationalversammlung von 1848 verabschiedete Reichswahlgesetz vom 12. April 1849 bestimmte das vollendete 25. Lebensjahr als Wahlalter. Dieses Wahlgesetz ist zwar nicht in Kraft getreten, aber es blieb die Grundlage für die Reform der Verfassung des Deutschen Bundes von 1866 und des Wahlgesetzes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1869, das bis 1918 in Kraft geblieben ist. Nach der November-Revolution verwirklichte der Rat der Volksbeauftragten die Forderungen des Erfurter Programms der SPD von 1891 und verkündete durch den Aufruf an das Deutsche Volk vom 12. November 1918 2) mit Gesetzes-kraft u. a. die Herabsetzung des Wahlalters auf 20 Jahre: „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht aufgrund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen. Auch für die Konstituierende Versammlung, . . . gilt dieses Wahlrecht."

Abbildung 11

In den Beratungen der Verfassunggebenden Nationalversammlung spielte das Wahlrecht keine besondere Rolle. Die Weimarer Reichs-Artikel 22 Abs. 1 die Wahlrechtsgrundsätze:

Abbildung 12

„Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von den über 20 Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt." Der Verfassungsentwurf des Herrenchiemseer Verfassungskonvents von 1948, der dem Parlamentarischen Rat bei seinen Beratungen des künftigen Grundgesetzes als Plattform diente, sah in Art. 45 Abs. 1 die Festlegung des Wahlalters auf 21 Jahre vor. Für dieses Wahlalter entschied sich der Organisationsausschuß des Parlamentarischen Rates unter Hinweis auf die Volljährigkeit. Der KPD-Abgeordnete Renner, der in der 2. Sitzung des Hauptausschusses am 11. November 1948 vorschlug, „den Wahlberechtigten das aktive Wahlrecht schon mit 18 Jahren und das passive Wahlrecht mit 21 Jahren (einzuräumen)", konnte die Auffassung seiner Partei nicht durchsetzen. Der Beschluß des Organisationsausschusses ist durch Art. 38 Abs. 2 des Grundgesetzes geltendes Recht für die Bundesrepublik geworden: „Wahlberechtigt ist, wer das 21., wählbar, wer das 25. Lebensjahr vollendet hat."

Abbildung 13

Mit der Ausnahme Berlins und des Saarlandes erfolgte die Festlegung des Wahlalters in den Verfassungen und Wahlgesetzen der Bundesländer entsprechend der Regelung des Grundgesetzes. In der Verfassung von Berlin vom 1. September 1950 ist in Art. 26 Abs. 3 das Wahlalter auf 20 Jahre festgelegt: „WahlbeWahl das 20. Lebensjahr vollendet und seit mindestens 6 Monaten in Berlin ihren Wohnsitz haben." Der Gesetzgebenden Versammlung des Saarlandes lag mit dem Art. 65 des Entwurfs der Verfassungskommission die Anregung vor, das Wahlalter auf 2 Monaten in Berlin ihren Wohnsitz haben." Der Gesetzgebenden Versammlung des Saarlandes lag mit dem Art. 65 des Entwurfs der Verfassungskommission die Anregung vor, das Wahlalter auf 21 Jahre festzulegen. In der Plenarsitzung am 7. November 1947 beantragte die Sozialdemokratische Partei die Festsetzung des Wahlalters auf 20 Jahre und begründete ihren Antrag im wesentlichen damit, „daß der 20jährige die nötige Reife besitzt, um sich ein politisches Bild zu machen oder um politische Entscheidungen zu treffen". Ein weitergehender Antrag der Kommunistischen Partei, das Wahlalter auf 18 Jahre herabzusetzen, wurde abgelehnt. Nach der Annahme des sozialdemokratischen Antrages durch die gesetzgebende Versammlung lautet Art. 66 der Verfassung des Saarlandes vom 15. Dezember 1947: „Stimmberechtigt sind alle über 20 Jahre alten Deutschen, die im Saarland ihren Wohnsitz haben und nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen sind."

Die jüngsten Bundestagsabgeordneten

Mit den Beschlüssen der Landesparlamente von Hamburg (März 1969), Schleswig-Holstein (Juni 1969) und Nordrhein-Westfalen (Juli 1969), für die Wahlen zum Landesparlament und für die Kommunalwahlen das aktive Wahlalter von 21 auf 18 Jahre und das passive Wahlalter von 25 auf 23 Jahre herabzusetzen, ist die bundeseinheitliche Regelung des Wahlalters weiter durchbrochen worden.

II. Die Festlegung des Wahlalters in den Staaten Europas und den USA

Abbildung 3

Die grundgesetzliche Regelung des Wahlalters befindet sich in Übereinstimmung mit dem Wahlrecht der meisten anderen westlichen Länder. Die Schweiz 4), Island und Norwegen gewähren das aktive-Wahlrecht schon mit 20, die USA-Bundesstaaten Georgia und Kentucky bereits mit 18, zwei weitere Bundesstaaten der USA mit 20 Jahren. Österreich und Schweden haben das aktive Wahlalter erst vor kurzer Zeit auf 19 Jahre herabgesetzt 5). In einigen westlichen Ländern, in denen das aktive Wahlrecht wie in der Bundesrepublik erst vom 21. Lebensjahr an gewährt wird, sind ebenfalls Forderungen nach einer Herabsetzung des Wahlalters laut geworden. Der ame-rikanische Präsident Lyndon Johnson hat während seiner Amtszeit mehrfach entsprechende Erklärungen abgegeben. In Frankreich setzte sich bereits 1965 der Staatssekretär für Jugend und Sport, Maurice Herzog, für eine Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 18 Jahre ein. In Großbritannien trat zuerst die Liberale Partei mit einer Kampagne für die Herabsetzung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre hervor. Die angestrebte Reform wird seit 1965 von einer starken Gruppe der Labour Party unterstützt und gegenwärtig von der Regierung Wilson geprüft 6).

I. Das Wahlalter in Verbindung mit dem Volljährigkeitsund Wehrpflichtalter ّ— internationaler Vergleich Europa und USA

Im Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit der Staaten Westeuropas und der USA ist das aktive Wahlrecht in den kommunistischen Staaten Osteuropas — einschließlich der DDR — auf 18 Jahre festgelegt. Auch in eini-gen nicht-sozialistischen Ländern gilt ein Wahlalter von 18 Jahren, z. B. in Israel, Jordanien, Paraguay und Südafrika. Die übrigen außereuropäischen Staaten haben sich in ihrer überwiegenden Mehrheit für 21 Jahre entschieden

III. Forderungen nach Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland

Abbildung 4

1) Verbände und Parteien In der 1965 eingeleiteten Debatte über die Herabsetzung des Wahlalters verliefen die Fronten zunächst weniger zwischen den Parteien als zwischen „jung" und „alt" innerhalb der Interessenverbände und der politischen Parteien. Bereits im Mai 1963 hatte die Jugend der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft auf ihrer 7. Bundesjugendkonferenz die Forderung nach einer Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 18 Jahre erhoben. Aber erst nach der Beratung und Verabschiedung der Dritten Novelle zum Wehrpflichtgesetz im Februar 1965, die das Einberufungsalter von 20 auf 18 Jahre herabsetzte begann die Frage der Vorverlegung des aktiven Wahlrechts auf das Alter von 18 Jahren und des passiven Wahlrechts auf 23 Jahre zu einer zentralen jugendpolitischen Forderung zu werden. Es waren vor allem die politischen Jugendorganisationen, die nach der Änderung des Einberufungsalters eine entsprechende Regelung für das Wahlrecht forderten. Die Deutschen Jung-demokraten und die Junge Union Deutschlands erhoben die Forderung zum Bestandteil ihrer jugendpolitischen Programme. Der Deutsche Gewerkschaftsbund schloß sich der Forderung auf seiner 6. Bundesjugendkonferenz im November 1965 und auf dem 7. DGB-Bundeskongress im Mai 1966 an. In den Bundestagsparteien waren es zunächst einzelne jüngere Abgeordnete aller drei Fraktionen, die sich für eine Herabsetzung des aktiven und des passiven Wahlalters einsetzten. Die Reaktion ihrer Fraktionskollegen auf diesen Vorschlag entsprach meist ihrem Alter: Die jüngeren Abgeordneten befürworteten die Reform, die 40-60jährigen verhielten sich wohlwollend bis skeptisch und Konrad Adenauer, der Senior der CDU, lehnte ihn kategorisch ab; er meinte, die jetzige Regelung sei „gut und wohl begründet" 1966, im letzten Jahr der Regierung Erhard, forderte die SPD-Opposition im Bundestag von der Regierung ein Gutachten zur Problematik des Wahlalters. Im November 1968 sprachen sich in Berlin der Parteirat der SPD und der Bundesparteitag der CDU für eine Herabsetzung des Wahlalters aus Die verfassungspolitisch entscheidende Initiative wurde jedoch von der FDP-Opposition ergriffen. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte bereits am 7. Mai 1968 die Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage beschlossen und brachte in der 196. Sitzung des V. Bundestages am 15. November 1968 einen Gesetzentwurf für die Änderung des Art. 38 Abs. 2 GG ein, wonach wahlberechtigt sein soll, wer das 18., wählbar, wer das 23. Lebensjahr vollendet hat. Nach der ersten Beratung des von der FDP-Fraktion eingebrachten Gesetzentwurfs, in deren Verlauf Sprecher aller drei Fraktionen und der Bundesminister des Innern zu der Vorlage Stellung nahmen wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Innenausschuß des Bundestages überwiesen. Der Innenausschuß setzte für den 12. Mai 1969 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen zu der Frage der Herabsetzung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre an 14a). Eine bereits für die Bundestagswahl 1969 wirksame Herabsetzung des Wahlalters ist rechtlich kaum noch möglich, weil die Parteien bereits ihre Kandidaten für die Bundestagswahl im September 1969 durch die „wahlberechtigten" Parteimitglieder, also durch minde-stens 21jährige benannt haben. Die Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre schon für die Bundestagswahl 1969 würde die Wiederholung der Abstimmungen in den Wahlkreisen unter Beteiligung der 18-bis 21jährigen Parteimitglieder erfordern. 2. Die Situation in den Bundesländern Auch in den Parlamenten der deutschen Bundesländer steht die Herabsetzung des Wahl-alters zur Debatte. In der Mehrzahl der Bundesländer wird die Abänderung der Wahlgesetze bzw.der Verfassungsbestimmungen in Richtung auf eine Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 18, des passiven Wahlalters auf 23 oder 21 Jahre angestrebt 15a).

Abbildung 16

Hamburg:

II. Altersgrenzen im Zusammenhang mit dem Wahlalter in der Bundesrepublik

Als erstes Länderparlament hat die Hamburger Bürgerschaft am 12. März 1969 die Herabsetzung des aktiven Wahlrechts von 21 auf 18 Jahre und des passiven Wahlrechts von 25 auf 23 Jahre beschlossen. Damit sind bei den Wahlen zum Landesparlament und zu den Bezirksparlamenten Anfang 1970 zusätzlich etwa 60 000 Wähler zwischen 18 und 21 Jahren stimmberechtigt.

Abbildung 18

Schleswig-Holstein:

III. Altersgrenzen in der Bundesrepublik, die neben der Volljährigkeit im Falle der Herabsetzung des Wahlalters betroffen sein würden bzw. überprüft werden müßten

Der Kieler Landtag setzte am 10. Juni 1969 als zweites deutsches Parlament nach der Hamburger Bürgerschaft das aktive Wahlalter von 21 auf 18 Jahre und das passive Wahlalter von 25 auf 23 Jahre herab. Die Neuregelung wird zum erstenmal bei den Kommunalwahlen im Jahre 1970 wirksam.

Nordrhein-Westfalen:

Die sozialdemokratisch geführte Landesregierung und die CDU-Opposition des Düsseldorfer Landtages hatten im November 1968 unabhängig voneinander 'Initiativen zur Neufestsetzung des Wahlalters ergriffen. Am 1. Juli 1969 faßte das Düsseldorfer Parlament einstimmig die verfassungsändernden Beschlüsse, das aktive Wahlalter auf 18 und das passive Wahlalter auf 23 Jahre herabzusetzen. Die Neuregelung wird zum erstenmal bei den Landtagswahlen im Jahre 1970 wirksam. Zugleich wird aber das Wahlrecht in dem bevölkerungsreichsten Bundesland insofern eingeschränkt, als Landtagswahl ebenso wie Kommunalwahl künftig nicht mehr alle vier, sondern nur noch alle fünf Jahre stattfinden. *

Saarland:

Auch im Saarland können von 1970 an bei Landtags-und Kommunalwahlen bereits 18jährige wählen und 23jährige gewählt werden. Der saarländische Landtag verabschiedete am 9. Juli 1969 fast einstimmig eine Verfassungsänderung in dritter Lesung, durch die das aktive Wahlalter von 20 auf 18 Jahre und das passive Wahlalter von 25 auf 23 Jahre herabgesetzt wird.

Berlin:

Die SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses forderte den Senat am 23. April 1968 auf, eine Gesetzesvorlage für eine Herabsetzung des Alters für das aktive Wahlrecht auf 18 Jahre auszuarbeiten und zugleich mit dem Bund und den übrigen Bundesländern Einvernehmen über entsprechende Regelungen herzustellen. Anfang Mai 1968 wurden auch von der Berliner CDU-und FDP-Fraktion Gesetzesentwürfe für eine Herabsetzung des aktiven Wahlalters eingebracht, die seither den Fachausschüssen des Abgeordnetenhauses vorliegen. Die FDP-Fraktion beantragte darüber hinaus eine Herabsetzung des passiven Wahlalters auf 23 Jahre.

Niedersachsen:

Im Niedersächsischen Landtag ist ein Gesetz-entwurf der FDP zur Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 18 und der Wählbarkeit auf 23 Jahre nach der ersten Lesung am 11. September 1968 dem zuständigen Ausschuß überwiesen worden. In der Debatte sprachen sich Vertreter von SPD, CDU und FDP grundsätzlich für die Gesetzesänderung aus. Nur der NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden lehnte eine Senkung des Wahlalters ab, weil, wie er u. a. sagte, den Jugendlichen die nötige Erfahrung fehle.

Bremen:

In der Bremer Bürgerschaft herrscht der Wunsch vor, daß sich der Bundestag so schnell wie möglich mit der Wahlrechtsfrage beschäftigen möge, um das Wahlalter einheitlich herabzusetzen. Obwohl alle Parteien der Bürgerschaft grundsätzlich bereit wären, das Wahl-alter ebenfalls herabzusetzen, wird betont, daß dies nur durch eine Änderung der Landesverfassung zu erreichen ist. Eine derartige Verfassungsänderung setzt in Bremen jedoch einen einstimmigen Beschluß der Bürgerschaft oder einen Volksentscheid voraus.

Rheinland-Pfalz:

Bereits im Mai 1968 hatten sich die drei Fraktionen des Landtages, CDU, SPD und FDP, grundsätzlich für eine Herabsetzung des Wahl-alters in Bund und Ländern ausgesprochen. Während die oppositionelle SPD-Fraktion einen Urantrag einbrachte, betonte die CDU, daß eine derartige Initiative vom Bund ausgehen müsse. Der Koalitionspartner der CDU, die FDP, vertrat nach dem Alleingang der Hamburger Bürgerschaft die Auffassung, daß für Rheinland-Pfalz eine neue Regelung bereits für die Kommunalwahl im Juni 1969 wünschenswert gewesen wäre.

Hessen:

Hessen befindet sich in einer besonderen Situation. Eine Änderung der Landesverfassung, die für eine Herabsetzung des Wahlalters notwendig wäre, bedarf der Bestätigung durch einen Volksentscheid. Ein Volksentscheid ist in Hessen seit 1950 nicht mehr praktiziert und seither von den regierenden Sozialdemokraten stets als Instrument für die Tagespolitik energisch zurückgewiesen worden. Dennoch hat die SPD-Fraktion die Landesregierung im September 1968 beauftragt, nach Möglichkeiten für eine Herabsetzung des Wahlalters zu suchen. Nach dem Alleingang der Hamburger Bürgerschaft betonte die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, daß jetzt erst recht auf einer bundeseinheitlichen Regelung bestanden werden müsse.

Baden-Württemberg:

In Stuttgart beschäftigte sich der Landtag Ende 1968 mit Anträgen der FDP-und der SPD-Fraktion, das aktive Wahlrecht auf 18 und das passive Wahlrecht auf 23 Jahre herabzusetzen. Alle Fraktionen des Hauses bekundeten ihre Bereitschaft zu dieser Änderung. Doch setzte sich die Auffassung der CDU durch, einen entsprechenden Beschluß des Bundestages abzuwarten. Dazu wurde betont, daß der Landtag nicht unter Zeitdruck stehe, da die nächste Kommunalwahl in Baden-Württemberg erst 1972 fällig sei.

Bayern:

Im Freistaat Bayern treten alle Parteien im Prinzip für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre ein. Die SPD-Fraktion hat einen entsprechenden Gesetzentwurf ausgearbeitet, für die CSU-Regierung hat Innenminister Bruno Merk eine bundeseinheitliche Regelung angeregt. Nach Auffassung der CSU sollte allerdings mit dem Wahlalter auch die Volljährigkeitsgrenze insgesamt herabgesetzt werden. Im übrigen befindet sich Bayern in einer ähnlichen Situation wie Hessen: Zur Herabsetzung des passiven Wahlalters ist eine Verfassungsänderung notwendig, für die es eines Plebiszits bedarf.

IV. Die Einstellung der Bevölkerung zur Frage der Herabsetzung des Wahlalters

Abbildung 5

Uber die Einstellung der Bevölkerung zur Frage der Herabsetzung des Wahlalters liegen wenige zuverlässige Untersuchungen vor, die die neueste Entwicklung berücksichtigen. Eine im Juli 1968 vom Godesberger Institut für angewandte Sozialwissenschaft durchgeführte Repräsentativerhebung ergab, daß die jungen Bundesbürger für, die älteren gegen die Gewährung größerer Rechte für die 18-bis 21jährigen sind. Nach dieser Erhebung wären 36 0/0 der Bevölkerung mit einer Herabsetzung des aktiven Wahlrechts von 21 auf 18 Jahre einverstanden, während 48 °/o der Bevölkerung es lieber sähen, wenn es bei der derzeitigen Regelung bliebe. Noch geringer ist die Bereitschaft, andere Rechte, die gegenwärtig an das 21. Lebensjahr gebunden sind, wie die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit oder das Recht, ohne Einwilligung der Eltern zu heiraten, bereits den 18jährigen Bundesbürgern einzuräumen. Nach dieser Erhebung befürworten nur 25 °/o der Gesamtbevölkerung die Gewährung dieser Rechte an die jüngere Generation, während 52 °/o sie ablehnen. Die Einstellungen zur Neufestsetzung der Altersgrenzen sind eng mit dem eigenen Lebensalter verbunden. Nur unter den 18-bis 24jährigen wünscht eine klare Mehrheit, daß bereits den 18jährigen größere bürgerliche und staatsbürgerliche Rechte eingeräumt werden. Mit wachsendem Lebensalter nimmt die Bereitschaft, den Jüngeren größere Rechte zu geben, ab. Unter den Männern und Frauen über 50 Jahre ist mehr als die Hälfte gegen die Forderungen der jüngeren Generation. Trotz der zahlreichen Gegenstimmen ist in den letzten Jahren die Aufgeschlossenheit für eine Herabsetzung des aktiven Wahlrechts gewachsen. Bei einer infasErhebung im Frühjahr 1966 hatten sich nur 22 % für, 63 0/0 aber gegen eine Herabsetzung des Wahlalters ausgesprochen; im Juli 1968 ergab die Untersuchung 36 °/o befürwortende und 48 0/0 ablehnende Stimmen. Im einzelnen zeigte die Erhebung folgende Ergebnisse Eine im August 1968 vom Allensbacher Institut für Demoskopie in eigener Regie durchgeführte Umfrage zur Einstellung der Bevölkerung zu der Frage der Herabsetzung des Wahl-alters auf 18 Jahre ergab, daß die absolute Mehrheit der Bevölkerung (52 °/o) die Beibehaltung des Wahlalters von 21 Jahren wünscht. Im einzelnen brachte die Erhebung die folgenden Ergebnisse 16a).

Frage:

„Eine Frage zum Wahlalter: Bisher ist es bei uns so geregelt, daß man bei den Bundestagswahlen ab 21 wählen darf. Nun ist vorgeschlagen worden, das Wahlalter auf 18 herabzusetzen. Wofür sind Sie: daß man ab 18 oder ab 21 wählen kann?

V. Die Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters in der Bundesrepublik

Abbildung 6

Die öffentliche Diskussion und die Debatten im Bundestag und in den Länderparlamenten zeigen eine breite Skala der Argumente für und wider die Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 18 Jahre. Die Diskussion konzentriert sich auf die Aspekte des Wehrpflichtalters, der politischen Reife und Selbständigkeit, der möglichen Integrationswirkung einer Herabsetzung des Jahre. Die Diskussion konzentriert sich auf die Aspekte des Wehrpflichtalters, der politischen Reife und Selbständigkeit, der möglichen Integrationswirkung einer Herabsetzung des Wahlalters, der Wahlbeteiligung und der Volljährigkeit. Pragmatische Überlegungen dominieren. In den Stellungnahmen der Parlamentarier werden juristische Bedenken vorwiegend von den „Nur-Politikern" geltend gemacht, während die Rechtsexperten der Parteien das Problem primär politisch sehen. In den Parteien und Parlamenten überwiegen die Stimmen für eine Wahlrechtsänderung, während die Bevölkerung nach den Ergebnissen von Meinungsumfragen mehrheitlich für eine des geltenden Beibehaltung Wahlalters plädierte. Die Fronten für und wider die Herabsetzung des Wahlalters verlaufen weniger zwischen den Parteien als zwischen „jung" und „alt". Die für die verschiedenen Standpunkte typischen Argumente sind im folgenden aufgeführt 17).

A) Die Argumente für eine Herabsetzung des Alters für das aktive Wahlrecht 1. Wehrpflicht bereits mit 18 Jahren Im Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956 wurde die Wehrpflicht für männliche Jugendliche vom vollendeten 18. Lebensjahr ab festgesetzt, die Einberufung war jedoch erst nach dem vollendeten 20. Lebensjahr vorgesehen. Mit der Dritten Novelle zum Wehrpflichtgesetz vom 24. Februar 1965 wurde das Einberufungsalter von 20 auf 18 Jahre herabgesetzt. Wenn man jungen Menschen im Alter von 18 Jahren zumutet, ihren Wehrdienst in der Bundeswehr abzuleisten, dann sollte man ihnen auch das Recht zugestehen, über die Geschicke dieses Staates durch den Stimmzettel mitzuentscheiden. Wer für reif angesehen wird, als Soldat möglicherweise andere Menschen töten zu müssen oder sich töten zu lassen, dem muß auch die Reife zugesprochen werden, als Staatsbürger vollberechtigt an der politischen Willensbildung teilzunehmen. Staatsbürger-liehen Pflichten sollten stets auch staatsbürgerliche Rechte entsprechen 17a). 2. Verantwortlichkeit im Beruf sowie weitgehende Rechte und Pflichten junger Menschen ab 18 Jahren a) Schulpflicht und Lehrzeit enden gewöhnlich mit 18 Jahren. Dieser Zeitpunkt kann deshalb etwa als das Ende der Jugendzeit angesehen werden. Der größte Teil der 18-bis 20jährigen steht bereits vollverantwortlich im Berufs-und Erwerbsleben mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. So enden mit 18 Jahren z. B. alle Schutzbestimmungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz. Die jungen Menschen befinden sich in der Regel zu diesem Zeitpunkt auch in einer finanziell unabhängigen Position 18). Die folgenden Zahlen geben einen Hinweis auf den Anteil der erwerbstätigen und finanziell selbständigen Jugendlichen zwischen 18 und 21 Jahren b) Ab 18 Jahren können junge Menschen für volljährig erklärt werden; sie sind unbeschränkt deliktsfähig und besitzen das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat. Minderjährige können Mitglied von politischen Parteien werden und an den parteiinternen Entscheidungen teilnehmen. 18jährige können Führerscheine der Klassen I und III erwerben. Nach § 1 Jugendgerichtsgesetz vom 4. August 1953 kann jemand, der zwischen 18 und 21 Jahren straffällig geworden ist, als ein „Heranwachsender" wie ein Erwachsener behandelt werden. Die erst mit 21 Jahren eintretende volle Geschäftsfähigkeit ist Jahren straffällig geworden ist, als ein „Heranwachsender" wie ein Erwachsener behandelt werden. Die erst mit 21 Jahren eintretende volle Geschäftsfähigkeit ist rechtlich durchbrochen, z. B. durch § HO BGB, den sogenannten „Taschengeldparagraphen". Praktisch leben heute ganze Industrien von dem Kapital, das jungen Menschen frei zur Verfügung steht.

Das Prinzip, daß eine Person erst mit 21 Jahren als „Erwachsener", das heißt als mündiger Bürger gilt, ist demnach in vielerlei Hinsicht durchbrochen. Eine Vielzahl der Rechte und Pflichten, die junge Menschen mit 18 Jahren erhalten, stellt sie den „Erwachsenen" gleich; dennoch erhalten sie weder das Wahlrecht noch die Volljährigkeit. Darüber hinaus erscheint heute die gesetzlich fixierte Gewalt der Erziehungsberechtigten über die 18-bis 21jährigen überaus brüchig 20). 3. Heranführung der jungen Menschen an die Demokratie — Lücke zwischen staatsbürgerlichem Unterricht und aktiver politischer Mitwirkung a) Die jungen Menschen sollten durch die Möglichkeit der Teilnahme an politischen Wahlen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auch praktisch an die Demokratie herangeführt werden. Für viele Jugendliche bedeutet heute „Freiheit" auch, politische Entscheidungen mit-treffen zu können. Deshalb sollte man ihnen bereits frühzeitig die Möglichkeit geben, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen. Im übrigen befindet sich heute nahezu in der ganzen Welt die junge Generation in Bewegung. In vielen Ländern will man das Wahlalter für den Staatsbürger herabsetzen. Die Bundesrepublik sollte auf diesem Gebiet nicht auf dem konservativen Flügel stehen. Demokratie verlangt Mitbestimmung und Mitverantwortung. Je früher die junge Generation in eine Demokratie integriert wird, desto stabiler wird sich diese Demokratie gegen innen-und außenpolitische Bedrohungen erweisen 21). b) Mit der Beendigung des staatsbürgerlichen Unterrichts in den Schulen einschließlich der Berufsschulen mit etwa 18 Jahren, an dessen Abschluß die jungen Menschen im allgemeinen politisch relativ aufgeschlossen sind beginnt eine etwa dreijährige Zeitspanne, in der es ihnen verwehrt ist, ihr politisches Interesse durch Teilnahme an politischen Wahlen zu praktizieren und zu festigen. Um diese Lücke zwischen dem Ende des staatsbürgerlichen Unterrichts in den Schulen und dem Aktivwerden als wahlberechtigter Staatsbürger zu schließen und dem verbreiteten politischen Desinteresse entgegenzuwirken, empfiehlt sich eine Herabsetzung des Wahlalters. Ferner sollte Wählen und damit handlungsbezogenes politisches Denken bereits in einem Alter zur „Gewohnheit" werden, wo der junge Mensch noch unter den Lerngewohnheiten der Schule steht und wo private, berufliche und familiäre Fragen noch nicht dominant sind. 4. Zunehmender Anteil alter Menschen an der wahlberechtigten Bevölkerung Durch die steigende Lebenserwartung nimmt der Anteil der Bürger über 65 Jahre an der Gesamtbevölkerung ständig weiter zu. Damit wird von dieser Altersgruppe ein wachsender politischer Einfluß auf die Gesellschaft, und zwar überwiegend im Sinne einer konservativen Grundhaltung, ausgehen, während wirtschaftliche Dynamik und sozialer Wandel einer modernen Industriegesellschaft eine konservative Denkweise immer mehr als „rückständig" erscheinen lassen. Im Interesse einer fortschrittlicheren politischen und sozialen Entwicklung kann es daher geboten erscheinen, das zunehmende Gewicht alter Menschen am politischen Entscheidungsprozeß durch eine Ausdehnung des Wahlalters nach unten zumindest teilweise auszugleichen Bei einer Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre würde der Anteil der 18-bis 21jährigen Heranwachsenden an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten etwa 6, 5 °/o, der Anteil der Wahlberechtigten über 60 Jahre etwa 24 % betragen. Ein größerer Anteil junger Menschen an der Gesamtwählerschaft würde einen größeren Druck auf die Parteien ausüben, stärker als bisher die Probleme der Jugend zu beachten und überzeugender als bisher nach einer Antwort auf die drängenden jugendpolitischen Fragen zu suchen 5. Größere Reife und Selbständigkeit der 18-bis 20jährigen Der Reifeprozeß der heutigen Jugendlichen unter 21 Jahren auf geistigem, beruflichem und politischem Gebiet vollzieht sich schneller als bei früheren Generationen. Junge Menschen urteilen heute bereits mit 18 Jahren kritisch, sachlich und vorurteilslos. Nach dem 1. Jugendbericht der Bundesregierung wächst das politische Interesse „sprunghaft an, sobald die Jugendlichen 18 Jahre alt werden. Das politische Interesse entspringt verschiedenen Motiven: Wißbegier über die eigene Lebenswirklichkeit, Kritik an den vorgefundenen Verhältnissen, Beunruhigung durch die allgemeine Weltlage, Verständnis für die Verflochtenheit des persönlichen Lebens mit dem öffentlichen Leben ... Engagement für politische Aufgaben." Diese Aussage des Jugendberichts der Bundesregierung wird in einer eingehenden Untersuchung zur Soziologie der jungen Menschen heute von Viggo Graf Blücher bestätigt, die auf einer vom Emnid-Institut im Jahre 1964 durchgeführten umfassenden Befragung von Jugendlichen aller Schichten im Alter von 15-25 Jahren über Lebensbereiche, Gesellungsformen und Denkweisen der jungen Menschen in der Bundesrepublik basiert und umfangreiches Umfrage-material vorangegangener Jahre sowie die früheren Arbeiten von Helmut Schelsky

Jürgen Habermas und Mitarbeitern und Walter Jaide einbezieht. Blücher kommt zu dem Ergebnis, daß sich die von ihm untersuchten drei Altersgruppen hinsichtlich ihres politischen Interesses und Engagements auffällig unterscheiden. Er registriert a) eine wahrscheinlich vorpolitische Haltung der jungen 15-bis 17jährigen, die sich sowohl in ihrem Informationsgrad, in ihren politischen Interessenrichtungen als auch in ihrem politischen Stil ausgedrückt fand; b) die in der Detaillierung zahlreicher Einzelfragen übereinstimmend zum Ausdruck kommende höhere Politisierung der 18-bis 21 jährigen, die auch in einer stärkeren Tendenz zum Engagement und ebenfalls in einem besseren Strukturverständnis für demokratische Lebensformen bestätigt wurde; mit 18 Jahren ist praktisch der volle Informationsgrad erreicht; c) die in überraschend übereinstimmender Weise bestätigte geringere Interessiertheit, Engagiertheit, Bewußtheit und demokratische Bindung der über 21jährigen.

Für die Gesamtheit der jungen Menschen von 15 bis 25 Jahren kommt Blücher aufgrund seiner Untersuchungen zu der Aussage daß deren Vorstellungen gegenüber den politischen Grundstrukturen unserer staatlichen Gegenwart, der demokratischen Herrschaftsform und ganz allgemein der Demokratie gegenüber, sich grundlegend von der kritischen Distanz unterscheiden, die Popitz in breiten Teilen der von ihm untersuchten Arbeiter-gruppen festgestellt hat. Sie unterscheiden sich ebenfalls grundlegend von der kritischen und passiven Distanziertheit, die Schelsky in der von ihm untersuchten Generation der Nachkriegsjugend vorfand; von deren prinzipiellem Skeptizismus blieb ein Restbestand, den Blücher als „kritisch-distanzierte Scheu vor einer engagierten Bindung" bezeichnet. Von dem „autoritärem Potential" in Höhe von 22 °/o, das Habermas unter den Frankfurter Studenten von 1957 vorfand, und von den durch Jaide 1961 beschriebenen autokratischen Tendenzen fand Blücher in den von ihm untersuchten vergleichbaren Sozialschichten ebenfalls Restbestände, die nach seiner Auffassung jedoch als eine Vorliebe für entschiedene demokratische Führung zu interpretieren sind. „Der Grundtatbestand drückt sich in einer gewandelten allgemeinen Grundeinstellung zur Politik und zum demokratischen System aus — die beide als eine Einheit erlebt werden." Die Untersuchungen Blüchers lassen erkennen, daß diese Erscheinung nicht als ein an der Oberfläche des Bewußtseins bleibender, konformistischer Anpassungsvorgang zu bewerten ist, sondern „daß die Einstellung zur Demokratie auf in sich schlüssigen Wissens-und Bewußtseinsinhalten begründet ist. Die staatliche Wirklichkeit und die Ordnungsformen, in denen die jungen Menschen leben, sind ihnen zu einer undiskutierten Selbstverständlichkeit geworden 6. Wachsende Zahl von Frühehen Die Verfechter des im vorstehenden Abschnitt referierten Arguments weisen häufig gleichzeitig darauf hin, daß die heutigen Jugendlichen unter 21 Jahren sehr viel früher, als dies in der Vergangenheit der Fall war, als selbständig angesehen werden. Als Beleg für die früher eintretende Selbständigkeit der jungen Menschen wird die Tatsache des ständig sinkenden durchschnittlichen Heiratsalters genannt.

Das durchschnittliche Heiratsalter der ledigen Eheschließenden betrug bei den Männern und Frauen

Es ist schwer miteinander vereinbar, Jugendlichen die Gründung einer Familie zu erlauben, ihnen aber das Wahlrecht zu verweigern. Allein im Jahre 1964 haben 23 000 Männer und 136 000 Frauen unter 21 Jahren die Ehe geschlossen. Der Anteil der Frühehen wird sehr wahrscheinlich weiter ansteigen

Statistische Angaben über Eheschließungen von Männern unter 21 Jahren

In diesem Zusammenhang muß jedoch die Tatsache berücksichtigt werden, daß die Ehen zwischen sehr jungen Ehepartnern am häufigsten geschieden werden So zeigt die Aufschlüsselung der Ehescheidungszahlen aus dem Jahre 1961 folgendes Bild: Von 10 000 Ehen, die von Brautleuten unter 21 Jahren geschlossen wurden, wurden nach sechs Ehejähren schon 931, nach zehn Ehejahren 1338 geschieden, gegenüber 315 bzw. 469 bei Ehe-schließungen im Alter von 26 bis 30 Jahren. 7. In der DDR Wahlrecht mit 18 Jahren Die jungen Menschen in der DDR erlangen das Wahlrecht wie die Volljährigkeit bereits mit 18 Jahren. Angesichts dieser Regelung im anderen Teil Deutschlands können sich die 18-bis 20jährigen in der Bundesrepublik als benachteiligt und als unmündig behandelt fühlen. Darüber hinaus bedeutet die unterschiedliche Regelung einen weiteren trennenden Faktor zwischen beiden Teilen Deutschlands 8. Antwort auf die Unruhe der Jugend Unter Berücksichtigung der unter den Punkten drei bis sechs genannten Argumente bedeutet die Herabsetzung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre eine notwendige und angemessene Antwort auf die Unruhe der Jugend gegenüber den Erstarrungen in unserer politischen Welt 9. Praktische Erfahrungen mit einem niedrigeren Wahlalter Sowohl in der Schweiz wie auch bereits in der Weimarer Republik und in den Bundesländern Berlin und Saarland wurde das Alter für das aktive Wahlrecht auf 20 Jahre festgelegt. Die Regelung hat sich nicht politisch nachteilig ausgewirkt.

B) Die Argumente gegen eine Herabsetzung des Alters für das aktive Wahlrecht 1. Kein Junktim zwischen Wehrpflichtalter und Wahlrechtsalter Zwischen Wehrpflichtalter und Wahlalter besteht kein zwingender Zusammenhang. Der Wehrdienst erfordert keine Qualifikation, die für die Wahlentscheidung erforderlich ist, wie z. B. politische Kenntnisse und Erfahrungen. Der frühzeitige Beginn des Wehrdienstes liegt im Interesse der jungen Menschen, da seine Ableistung erfolgt, bevor sie sich eine wirtschaftliche Existenz schaffen und eine Familie gründen wollen. Darüber hinaus ist vom Wehrdienst faktisch nur etwa die Hälfte der männlichen Jugend betroffen 2. Trend zu längerer Ausbildung a) In der heutigen hochindustrialisierten Gesellschaft zeigt sich ein langfristiger Trend zu immer länger werdendem Schulbesuch und Berufsausbildungsgang. Damit wird die wirtschaftliche Selbständigkeit ständig weiter hinaus gezögert. b) Bei einem Wahlberechtigten sollte jedoch eine gesicherte und selbstverantwortliche Einordnung in berufliche und gesellschaftliche Positionen vorausgesetzt werden. Die soziale Integration muß das erste Kriterium für politische Mitbestimmung abgeben. Die 18-bis 21jährigen verfügen noch nicht über den als notwendige Voraussetzung anzusehenden klaren Standort in der Gesellschaft 3. Wachsende Anforderungen an die Urteils-fähigkeit des Wählers Die politischen und gesellschaftlichen Probleme werden zunehmend komplizierter. Dementsprechend wachsen die Anforderungen an die Fähigkeit des Wählers, die komplizierten Zusammenhänge zu durchschauen und sich darauf aufbauend ein Urteil zu bilden. Diese Fähigkeit kann jedoch bei einem Alter von 18 Jahren noch nicht in ausreichendem Maße vorausgesetzt werden 4. Auseinanderklaffen zwischen körperlicher und seelisch-geistiger Entwicklung Jugendlicher — fehlende Reife zur politischen Entscheidung

Dem Phänomen der körperlichen Frühreife (Akzeleration) steht das Phänomen einer Retardierung und des Auseinanderklaffens zwischen körperlicher und seelisch-geistiger Reife bei etlichen jungen Menschen gegenüber, das bei einem Teil der 18-bis 20jährigen die Reife zur politischen Entscheidung bezweifeln läßt

Nach dem Kriege ist von Jugendpsychologen die Vermutung vertreten worden, die damalige Jugendgeneration leide entgegen der verfrühten körperlichen Reifung an einer verzögerten seelisch-geistigen Entwicklung. Spätere Untersuchungen von H. Thomae, U. Undeutsch und anderen haben diese Vermutung jedoch nicht bestätigt „Beim Durchschnitt der heutigen Jugendlichen liegt ein in beiden Bereichen annähernd analoges Entwicklungstempo vor. Wenn dabei auch der Spielraum in Entwicklungsverlaufsunterschieden nach Bereichen des Erlebens und Verhaltens sowie nach Typen Jugendlicher groß ist, von einem generellen „Zurückbleiben" der psychischen Entwicklung gegenüber der körperlichen kann nicht die Rede sein."

W. Lenz und H. Kellner zufolge findet die beklagte körperliche Entwicklungsbeschleunigung bereits im Kindesalter statt und kaum im Jugendalter, womit die These einer durch die Akzeleration erhöhten Belastung der Jugend hinfällig würde Walter Jaide wendet gegen das Argument der „fehlenden Reife" ein, es sei wohl überholt und utopisch, „im Querschnitt unserer Bevölkerung eine wesentliche Zunahme und Ausreifung politischer Informiertheit, Meinungsbildung und Anteilnahme etwa nach dem 19. Lebensjahr zu erwarten.... Die . höhere Reife’ Erwachsener ist ... noch nicht erwiesen worden. . . . Lebenserfahrung kann sich zumindest in zwei Richtungen auswirken: In klärender Reflexion über solche Erfahrungen und Erprobung einerseits — wie aber auch in Verhärtung von Vorurteilen, in Hörigkeit gegenüber Gruppenmeinungen und Gruppeninteressen, in einem Weiterschleppen veralteter, vereinfachter Vorstellungen über Geschichte und Politik andererseits." Nach Auffassung Friederich Tenbrucks darf jedoch die Gefahr nicht verkannt werden, „daß sich selbst mit demokratischem Glaubensbekenntnis und Engagement (der Jugend) jenes gefährliche Gemisch von Purismus, Doktrinarismus und Radikalismus verbinden kann, das die Komplexität politischer Fragen zu übersehen entschlossen und der Intoleranz fähig ist." 5. „Wahlmüdigkeit" der jungen Generation Die Erfahrungen aus früheren Bundestagswahlen zeigen, daß junge Menschen von 21 bis 25 Jahren „wahlmüder" als über 25jährige Erwachsene sind. Erst mit wachsender Berufserfahrung und in der Verantwortung für die eigene Familie wird die Bedeutung politischer Entscheidungen stärker bewußt. Auch bedarf es wohl einiger Zeit, bis die nötige Sicherheit gewonnen worden ist, zwischen den politischen Parteien zu entscheiden 6. Zusammenhang mit dem Volljährigkeitsalter und anderen Altersgrenzen Eine Herabsetzung des Wahlalters müßte zwingend auch eine Herabsetzung des Volljährigkeitsalters — wie auch anderer Altersgrenzen — nach sich ziehen, da man schlecht jungen Menschen die Reife zur politischen Entscheidung zubilligen, ihnen die Reife zur Entscheidung in zahlreichen persönlichen Belangen, zu der sie des Status der Volljährigkeit bedürfen, aber absprechen kann. Wer das wichtigste Recht eines Staatsbürgers, über die Geschicke des Gemeinwesens mitzuentscheiden, für sich in Anspruch nimmt, der sollte auch über die Rechte eines voll-mündigen Staatsbürgers verfügen. Eine Herabsetzung des Volljährigkeitsalters würde durch den Fortfall der Schutzbestimmungen aber zumindest für einen Teil der Jugend negative Wirkungen zur Folge haben 7. Notwendige Überprüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Heranwachsenden Auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Heranwachsenden und die Möglichkeit, auf diese Altersgruppe das Jugendstrafrecht anzuwenden, müßte im Falle einer Herabsetzung des Wahlalters überprüft werden. Bestrebungen, die Strafmündigkeitsgrenze her-aufzusetzen, würden wahrscheinlich unmöglich gemacht Gegenwärtig kann nach dem Jugendgerichts-gesetz auf „Heranwachsende" (18-bis 21jährige) das Jugendstrafrecht angewendet werden. Für diese Altersgruppe wird im Einzelfall aufgrund von Gutachten durch das Gericht entschieden, ob der Täter nach seinem Reifegrad als Jugendlicher oder Erwachsener zu betrachten ist 8. Ähnliche Regelungen in anderen westeuropäischen Ländern — enge europäische Verflechtung läßt deutschen Alleingang nicht ratsam erscheinen a) In fast allen westeuropäischen Ländern fallen aktives Wahlrecht und Volljährigkeit mit 21 Jahren zusammen; nur in drei westeuropäischen Ländern liegt das aktive Wahlalter unter dem Alter eintretender Volljährigkeit. Deshalb kann auch im internationalen Bereich — von den osteuropäischen Staaten abgesehen — von einem Trend zur Herabsetzung des Wahlalters nicht gesprochen werden. b) Bei der engen europäischen Verflechtung sollte kein Staat die Herabsetzung dieser Altersgrenze im Alleingang vornehmen. Eine für den Rechts-und Geschäftsverkehr so bedeutende Neuregelung wie die Herabsetzung des Volljährigkeits-und des Wahlalters sollte zumindest von den westeuropäischen Staaten einheitlich eingeführt werden.

VI. Zur Frage der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters

Abbildung 7

1. Kein zwingendes Junktim zwischen Wahl-alter und Volljährigkeitsalter Die Annahme eines zwingenden Junktims zwischen Wahlalter und Volljährigkeitsalter läßt sich kaum überzeugend begründen. Nach der Weimarer Verfassung lag das Wahlalter bei 20, die Volljährigkeit jedoch wie heute bei 21 Jahren, ohne daß daraus rechtliche Diskussionen entstanden wären. Ein Auseinanderfallen zwischen Wahlalter und Volljährigkeit gibt es in der Bundesrepublik im Saarland und in Berlin, wo das Wahlrecht für den Landtag bzw. für das Abgeordnetenhaus mit 20 Jahren beginnt, und neuerdings auch in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo das aktive Wahlalter für die Bürgerschafts- bzw. Landtagswahlen und für die Kommunalwahlen auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Eine Diskrepanz zwischen Wahlalter und Volljährigkeitsalter besteht auch in Österreich, Schweden und in Island.

Es liegt kein innerer Widerspruch darin, daß die politische Mündigkeit und die zivilrechtliche Mündigkeit auseinanderfallen. Auch innerhalb der zivilrechtlichen Mündigkeit gibt es unterschiedliche Altersgrenzen zwischen der Religionsmündigkeit (14 Jahre) der beschränkten Testierfähigkeit (16 Jahre) der Ehemündigkeit bei Mädchen (16 Jahre) und der allgemeinen Geschäftsfähigkeit. Die verschiedenen Altersgrenzen beruhen auf den unterschiedlichen rechtlichen Kriterien. Altersgrenzen müssen für die verschiedenen Lebens-und Rechtsgebiete notwendigerweise schematisch nach gruppenspezifischen Merkmalen abgestuft werden. Danach kann es durchaus berechtigt sein, die volle zivilrechtliche Verantwortlichkeit im Rechts-und Wirtschaftsleben, die Eingriffsmöglichkeiten im Jugendwohlfahrtsrecht und die Schutzgrenzen für Jugendliche im Strafrecht abweichend von der Altersgrenze für die Ausübung des Wahlrechts festzusetzen. Es herrscht weitgehende Einigkeit darüber, daß die Frage, wieweit diese Altersgrenzen noch der geistig-seelischen Entwicklung der heutigen Jugend angemessen sind oder ob sie herabgesetzt werden sollten, erst nach eingehender wissenschaftlicher Überprüfung entschieden werden kann 2. Rechtsvorschriften, in denen auf die Volljährigkeit bzw. die Vollendung des 21. Lebensjahres abgestellt ist Auf die Volljährigkeit, die nach § 2 BGB mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintritt, ist abgestellt in folgenden Rechtsvorschriften einer Herabsetzung des Volljährigkeitsalters wäre eine Änderung der Fassung dieser Vorschriften nicht erforderlich, da sie an den Begriff der Volljährigkeit bzw.der Minderjährigkeit anknüpfen und somit auf § 2 BGB verweisen.

Auf die Vollendung des 21. Lebensjahres ist — ohne Rücksicht auf Volljährigkeit oder Minderjährigkeit — abgestellt in folgenden Rechts-vorschriften: 3. Auswirkungen einer Herabsetzung des Volljährigkeitsalters auf andere Rechtsbereiche

Die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters auf 18 Jahre würde erhebliche Auswirkungen für das Jugendwohlfahrtsrecht und voraussichtlich auch für das Jugendstrafrecht haben.

Im Bereich des Jugendwohlfahrtsrechts wären erzieherische Maßnahmen im Rahmen staatlicher Eingriffe an die Volljährigkeitsgrenze von 18 Jahren gebunden. Für die drei Jahrgänge von 18 bis 21 Jahre würden alle Möglichkeiten der erzieherischen Einwirkung durch Maßnahmen der Jugendhilfe entfallen.

Freiwillige Erziehungshilfe, Fürsorgeerziehung und Erziehungsbeistandschaft würden statt mit 21 schon mit 18 Jahren enden

Eine Herabsetzung der Volljährigkeit auf 18 Jahre hätte voraussichtlich auch erhebliche Auswirkungen auf die Behandlung der „Heranwachsenden" im Jugendstrafrecht. Gegenwärtig wird diese Altersgruppe der 18 bis 21jährigen unter den Voraussetzungen des § 105 JGG nach dem Jugendstrafrecht behandelt. An die Stelle der Kriminalstrafen treten weitgehend Erziehungsmaßregeln; der Jugendstrafvollzug selbst wird in besonderen Ju-Nach gendstrafanstalten vollzogen. Bei der Erörterung der zur Diskussion stehenden Reformen des Jugendstrafrechts wurde vorgeschlagen, das erzieherische Jugendstrafrecht über § 105 JGG hinaus auf „Heranwachsende" allgemein auszudehnen. Eine Erklärung der über 18jährigen zu zivilrechtlich voll verantwortlichen Staatsbürgern wäre mit einer Sonderbehandlung dieser Altersgruppe im Rahmen des Jugendstrafrechts zwar nicht grundsätzlich unvereinbar, sie hätte aber wahrscheinlich die Tendenz, diese Gruppe auch im Strafrecht als voll strafmündig zu behandeln und unter das Erwachsenenstrafrecht zu stellen.

VII. Die wahrscheinliche Stimmenverteilung der 18-bis 20jährigen auf die einzelnen Parteien nach einer Herabsetzung des aktiven Wahlalters

Beteiligung an der Bundestagswahl Quelle: Wirtschaft und Statistik. 1961 1957

Die Herabsetzung des aktiven Wahlalters würde die Wahlergebnisse voraussichtlich kaum beeinflussen. Das infas-Institut ermittelte im Auftrag des „Spiegel" durch eine Analyse seiner monatlichen Umfragen zwischen Januar 1967 und April 1968, daß von den 18, 19 und 20 Jahre alten Bundesbürgern 400/0 CDU, 35% SPD und 6% eine andere Partei wählen würden; 19% waren unentschlossen. Diese Gruppe der Jungwähler würde demnach nicht wesentlich anders votieren als die Älteren. Im einzelnen ergab die Analyse die folgenden Ergebnisse (zum Vergleich nachgeordnet andere Altersgruppen)

Einen Überblick über die Stimmabgabe der jungen Wähler zwischen 21 und 30 Jahren für die drei im Bundestag vertretenen Parteien bei den Bundestagswahlen 1961 und 1965 gibt die folgende Tabelle (Zahlenangaben in Prozent; in Klammern die Prozentzahlen aller Wähler):

Die Affinität der 21-bis 30jährigen Wähler zur CDU war demnach überproportional und zur FDP unterproportional, während die zur SPD dr Gesamtwählerschaft zu dieser Partei entsprach. Nach Aussage des Bundesinnenministers Benda (CDU) in der Bundestagsdebatte vom 15. November 1968 zeigt die letzte Meinungsumfrage über die mutmaßliche Wahl-entscheidung der 18-bis 20jährigen, die den Stand vom September 1968 wiedergibt, das gleiche Bild

Die in der Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters gelegentlich vorgetragene Meinung, daß es bei den 18-bis 21jährigen eine überdurchschnittliche Affinität zur NPD gebe wird von den Ergebnissen der vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen nicht bestätigt Eine vom Allensbacher Institut für Demoskopie im Auftrag des „Spiegel" im Februar 1966 — dem Jahr der spektakulären Wahlerfolge der NPD in den Kommunalwahlen mehrerer Bundesländer — durchgeführte Analyse der NPD-Anhänger führte zu dem Ergebnis: „Die skeptische Generation der 16-bis 29jährigen Deutschen, die bei der gesamten Bevölkerung 28 Prozent ausmacht, ist bei den Nationaldemokraten nur mit 18 Prozent vertreten."

Die vorliegenden Untersuchungen über die Wählerschaft der NPD zeigen übereinstimmend, daß diese Partei unterdurchschnittlich von den 21-bis 30jährigen Männern und Frauen, aber relativ überwiegend von 45 bis 60jährigen Männern gewählt wird

VIII. Überprüfung des Alters für das passive Wahlrecht

Abbildung 9

Mit einer Überprüfung des aktiven Wahlalters sollte konsequenterweise auch die Überprüfung des Alters für das passive Wahlrecht einhergehen. Die den Parlamenten der Bundesländer vorliegenden Anträge auf Abänderung des geltenden Wahlalters schließen die Herabsetzung des passiven Wahlalters ebenso ein wie die Gesetzesinitiative, die von der FDP-Fraktion am 15. November 1968 im Bundestag eingebracht wurde. Dabei ist als neue Altersgrenze für das passive Wahlrecht das vollendete 23. Lebensjahr vorgesehen

In der Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters wird jedoch auffallend selten auf die Argumente für und wider die Herabsetzung des passiven Wahlalters eingegangen. In diesen wenigen Fällen werden im wesentlichen die bei der Debatte über die Herabsetzung des aktiven Wahlalters ins Feld geführten Argumente in abgewandelter Form wiederholt, wobei die Argumente der persönlichen und politischen Reife und der Integration der Jugend im Vordergrund stehen. Von den Befürwortern einer Herabsetzung des passiven Wahlalters von 25 auf 23 Jahre wird in diesem Zusammenhang auf die notwendige „Verjüngung des Parlaments" hingewiesen. Uber die geringe Zahl der Abgeordneten unter 30 Jahre in den bisher gewählten Bundestagen gibt die folgende Tabelle Aufschluß:

Die Gegner einer Herabsetzung des passiven Wahlalters betonen, daß die mit der parlamentarischen Tätigkeit verbundene hohe Verantwortung eine persönliche Reife, Lebenserfahrung und politische Urteilsfähigkeit erfordert, die das jetzige Mindestalter von 25 Jahren als berechtigt erscheinen läßt. Dem Wunsch nach einer „Verjüngung des Parlaments" kann nach ihrer Auffassung auch im Rahmen des jetzigen Wählbarkeitsalters Rechnung getragen werden.

In den verschiedenen westeuropäischen Staaten ist das passive Wahlalter unterschiedlich geregelt. In der Mehrzahl der westeuropäischen Länder liegt das Alter für das passive Wahlrecht jedoch unter 25 Jahren, wobei es häufig im gleichen Alter wie das aktive Wahlrecht gewährt wird ANHANG

Fussnoten

Fußnoten

  1. RGBl 1918, S. 1303. — Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands hatte bereits im Gothaer Programm von 1875 das „allgemeine gleiche direkte Wahl-und Stimmrecht mit geheimer und obligatorischer Stimmabgabe aller Staatsangehörigen vom 25. Lebensjahr an" gefordert.

  2. Zitiert bei Harry Pross, Die Zerstörung der deutschen Politik. Dokumente 1871 bis 1933, Frankfurt 1959, S. 228.

  3. Siehe auch Anm. 59.

  4. Vergleiche dazu die „Übersicht über das Wahl-alter für die Volksvertretungen in auswärtigen Staaten" im Anhang dieses Heftes.

  5. Die Wehrpflicht begann bereits nach dem Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956 für männliche Jugendliche mit dem vollendeten 18. Lebensjahr; die Einberufung erfolgte jedoch demselben Gesetz zufolge erst mit dem vollendeten 20. Lebensjahr.

  6. Durch Beschluß ihres Bundesjugendtages am 2. April 1965.

  7. Jugendpolitisches Programm vom 2. Mai 1965.

  8. Vgl. Die ZEIT vom 14. 1. 1966.

  9. Der CDU-Parteitag billigte den im „Entwurf für ein Aktionsprogramm der CDU" enthaltenen Passus: „Die CDU setzt sich dafür ein, daß das aktive Wahlrecht und die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18 Lebensjahres beginnen."

  10. Siehe auch Kapitel IV dieser Abhandlung. — Auszüge der Debatte in „Das Parlament" Nr. 47 vom 23. 11. 1968.

  11. Gleichzeitig zur Mitberatung an den Rechtsausschuß und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß.

  12. Gemäß § 22 des Bundeswahlgesetzes vom 7. Mai 1956.

  13. Quelle: infas Repräsentativerhebung, Bundesgebiet, Juli 1968, 994 Befragte, random-Auswahl, eigene Erhebung. Veröffentlicht im infas report vom 9. 9. 1968.

  14. Ähnlich äußerten sich Hans-Dietrich Genscher, FDP/MdB, in der WELT vom 8. 1. 1966; Karl Holl, Vorsitzender der deutschen Jungdemokraten, im Dezember 1965; 7. Ord. Bundeskongreß des DGB am 8. 5. 1966.

  15. Aus: 10. Quellenheft der Volks-und Berufs-zählung vom 6. Juni 1961, veröffentlicht im November 1966.

  16. In diesem Sinne äußerten sich u. a.: Hermann Busse, FDP/MdB, in der WELT vom 8. 1. 1966; der Bundesminister für Familie und Jugend, Bruno Heck, in „Bunte Illustrierte" Heft 33/1968; Günther Müller, SPD/MdB, in der WELT vom 2. 10. 1968; Hans-Dietrich Genscher, FDP/MdB, in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968.

  17. Siehe auch Punkt 5 dieses Katalogs.

  18. Ähnlich äußerten sich u. a.: Martin Faltermaier, Schriftleiter der Zeitschrift „Deutsche Jugend"; A. Klönne, Soziologe an der Universität Münster und C. W. Müller, Sozialpädagoge an der Pädagogischen Hochschule Berlin, in: „Deutsche Jugend", 14. Jg., 1966; Egon Klepsch, CDU/MdB, am 15. 11. 1965; der SPD-Abgeordnete Westphal in der Bundestagsdebatte am 15. 11. 1968.

  19. Ähnlich äußerten sich u. a.: „Junge Gemeinschaft", Organ der SJD — Die Falken, April 1965; Karl Holl, Vorsitzender der deutschen Jungdemokraten, im Dezember 1965; der SPD-Abgeordnete Westphal in der Bundestagsdebatte am 15. 11. 1968, der in diesem Zusammenhang darauf hinwies, daß der Bundestag „... für ein Jugendarbeitsschutzgesetz von dem Gedanken bis zur Verwirklichung über elf Jahre gebraucht (hat)" und das Ausbildungsförderungsgesetz und das Berufsausbildungsgesetz als weitere Beispiele nannte, „... bei denen das Dutzend der Jahre, seit dem sie im Gespräch sind, leider längst überschritten ist."

  20. Bericht über die Lage der Jugend und die Bestrebungen auf dem Gebiet der Jugendhilfe gemäß § 25 Abs. 2 des Jungwohlfahrtgesetzes an den Präsidenten des deutschen Bundestages, federführend der Bundesminister für Familie und Jugend, Bonn, 14. Juni 1965.

  21. Die Generation der Unbefangenen. Zur Soziologie der jungen Menschen heute, Düsseldorf-Köln 1966.

  22. Die skeptische Generation. Eine Soziologie der deutschen Jugend, Düsseldorf-Köln 1957.

  23. Habermas, v. Friedeburg, Oehler, Weitz, Student und Politik, Neuwied 1961.

  24. Das Verhältnis der Jugend zur Politik. Empirische Untersuchungen zur politischen Anteilnahme und Meinungsbildung junger Menschen der Geburtsjahrgänge 1940— 1960, Berlin 1963.

  25. A. a. O., S. 378 f.

  26. Vgl. zum Folgenden: Blücher, a. a. O., S. 377.

  27. Heinrich Popitz, H. P. Bahrdt, E. A. Jüres, H. Kesting, Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. Soziologische Untersuchungen in der Hüttenindustrie, Tübingen 1957.

  28. A. a. O., S. 450 ff.

  29. A. a. O., S. 127 und 131 ff.

  30. A. a. O„ S. 82 ff. und 88 ff.

  31. A. a. O., S. 377. — Die von Blücher vorgenommenen Trendvergleiche zeigen, daß die entschiedenere Zuwendung zur Demokratie eine Erscheinung des letzten Jahrzehnts, „wahrscheinlich sogar der letzten fünf bis sieben Jahre" sein dürfte (bezogen auf das Jahr 1964).

  32. Das Argument der politischen Reife der 18-bis 20jährigen vertraten u. a.: Karl Holl, Vorsitzender

  33. Aus: Familienbericht der Bundesregierung vom 25. 1. 1968.

  34. Der größte Teil dieser Frühehen dürfte dadurch zu erklären sein, daß die Heirat erfolgt, weil ein Kind erwartet wird; vgl. Familienbericht der Bundesregierung vom 25. 1. 1968.

  35. Aus: Familienbericht der Bundesregierung vom 25. 1. 1968, S. 28. Das hier referierte Argument wurde u. a. von Rolf Zundel in der ZEIT vom 14. 1. 1966 vertreten, der sich im übrigen jedoch gegen eine Herabsetzung des Wahlalters aussprach.

  36. Familienbericht der Bundesregierung vom 25. 1. 1968, S. 53.

  37. Das hier referierte Argument wurde in dieser Form in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 von keiner Fraktion vertreten; es spielt aber in der öffentlichen Diskussion eine gewisse Rolle und wird deshalb hier aufgeführt.

  38. Dieses gesamtpolitische Argument wurde in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 von dem Abgeordneten Genscher (FDP) und Westphal (SPD) vertreten; der Abgeordnete Westphal schloß seine Ausführungen in dieser Debatte mit dem Rat: „Lassen Sie uns als eine Antwort auf die Unruhe der Jungen gegenüber den Erstarrungen in unserer politischen Welt den Schritt tun, der auf diese Jugend zugeht, und ihr mehr Mitwirkungsmöglichkeiten, aber gleichzeitig auch mehr Mitverantwortung anbieten!"

  39. Ähnlich äußerten sich u. a.: Holger Börner, SPD/MdB, im Januar 1964 in der Jugendillustrierten „Elan"; Bundesfamilienminister Bruno Heck am 19. 3. 1966 in einem Interview mit den „Westfälischen Nachrichten"; in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 wurde dieses Argument von dem CDU-Abgeordneten Picard und dem CSU-Abgeordneten Jaeger vertreten; der Abgeordnete Jaeger vertrat darüber hinaus die Auffassung: „So wie man im Militär zuerst zu gehorchen lernt, bevor man befehlen kann, so muß man auch im Staatsleben überhaupt zuerst einmal dienen, ehe man mit führt; der Wehrdienst ist ein Dienst und das Wahlrecht ein Führungsamt des Bürgers."

  40. Das Argument des fehlenden sozialen Standorts wurde in der Bundestagsdebatte vom 15. 11.

  41. In diesem Sinne äußerten sich u. a.: Bundes-familienminister Bruno Heck im September 1963 im „Fährmann"; Holger Börner, SPD/MdB, im Januar 1964 in der Jugendillustrierten „Elan"; vgl. hierzu auch: Kapitel V, A 5 dieser Abhandlung. — A. Klönne und andere Autoren (vgl. „Deutsche Jugend", 14. Jg., 1966) wenden gegen dieses Argument ein, daß die junge Generation, am Ende ihrer gerade gewonnenen Ausbildung stehend und noch relativ frei von hergebrachten Denkgewohnheiten, vermutlich eher in der Lage sei, diese komplizierten Zusammenhänge zu durchschauen als ältere Generationen. In diesem Zusammenhang gewinnt für viele Autoren die Frage der Qualität des Ausbildungswesens in der Bundesrepublik besondere Bedeutung; denn es handelt sich — über die Gruppe der jungen Wähler hinaus — um ein Problem der gesamten Gesellschaft, ob der einzelne Staatsbürger eine ausreichende Ausbildung in wirtschaftlicher, politischer und sozialer Hinsicht erfahren hat, um wirklich wahlmündig seine eigene Entscheidung treffen zu können.

  42. In diesem Sinne äußerten sich u. a.: Bundes-familienminister Bruno Heck im September 1963 im „Fährmann"; Konrad Adenauer in der WELT vom 8. 1. 1966; Karl Wienand, SPD/MdB, im Januar 1966; Rolf Zundel in der ZEIT vom 14. 1. 1966; der CSU-Abgeordnete Jaeger zitierte in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 das Argument in abgewandelter Form, nach der bei jungen Menschen die körperliche Reife früher als einst, die sittliche Reife aber später als früher einsetze.

  43. Vgl. z. B. Udo Undeutsch, Das Verhältnis von körperlicher und seelischer Entwicklung, Handbuch der Psychologie, 3 Bände, Göttingen 1959. Siehe auch: Viggo Graf Blücher, a. a. O., S. 387 ff.

  44. Walter Jaide in: „Deutsche Jugend", 14. Jg., 1966.

  45. Die körperliche Akzeleration, München 1965.

  46. Vgl. dazu auch: Viggo Graf Blücher, a. a. O., S. 388 f.

  47. In: „Deutsche Jugend", 14. Jg., 1966.

  48. In: „Deutsche Jugend", 14. Jg., 1966.

  49. In diesem Sinne äußerten sich u. a.: Irma Keilhack, Hamburger Jugendsenatorin, im August 1965; Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier; Fritz Erler, SPD/MdB, auf dem Jugendkongreß der SPD 1965; in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 wurde dieses Argument von dem CSU-Abgeordneten Jaeger vertreten, der das persönliche Bekenntnis hinzufügte, . er habe sich 1931, als er als 18jähriger noch nicht gegen den Radikalismus wählen konnte, damit getröstet, „daß es ja nicht lange dauert, bis man zum Wahlrecht kommt."

  50. Vgl. Tabelle III im Anhang dieses Heftes.

  51. In diesem Sinne äußerten sich u. a.: Konrad Adenauer und Bundesinnenminister Lücke in der WELT vom 8. 1. 1966; Waldemar Ritter, SPD-Referent für Jugendpolitik, gegenüber der DAG„Jugendpost" im September 1965; Joseph Rommerskirchen, CDU/MdB, im „Fährmann" vom Mai 1965; der CSU-Abgeordnete Jaeger in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968. Das hier referierte Argument wird ausführlich im Kapitel VI dieser Ausgabe behandelt.

  52. Ähnlich äußerten sich u. a.: Heinz Westphal, SPD/MdB, am 28. 1. 1966 im SPD-Pressedienst (in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 nahm der Abgeordnete Westphal dieses Argument jedoch nicht wieder auf); der CSU-Abgeordnete Jaeger in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968.

  53. In einem Gutachten der „Arbeiterwohlfahrt e. V." zur Reform des Jugendstrafrechts wird vorgeschlagen, daß die Altersgrenze für die bedingte Strafmündigkeit von 14 auf 16 Jahre heraufgesetzt werden sollte und daß auch Heranwachsende regelmäßig noch der Geltung des Jugendstrafrechts unterliegen sollten. Gleichzeitig sollte das Jugend-strafrecht auf ein reines „Erziehungsstrafrecht" umgestellt werden.'— Ein Reformentwurf für das Schweizer Strafgesetzbuch sieht die Einführung eines „Jungtäter-Strafrechts" für 19-bis 25jährige vor.

  54. Ähnlich äußerten sich u. a.: Bundesinnenminister Lücke am 8. 1. 1966 in der WELT; der SPD-Abgeordnete Westphal richtete in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 die dringende Empfehlung an die Bundesregierung, „die Fragen des Volljährigkeitsund Ehemündigkeitsalters mit dem Ziel einer europäischen Lösung anzugehen"; der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Horst Ehmke, wandte sich auf dem Kongreß des Lateinischen Notariats 1967 in München mit diesem Argument gegen einen einseitigen deutschen Schritt in der Frage der Herabsetzung dieser Altersgrenzen. — Vgl. zur Regelung des Wahlalters und des Volljährigkeitsalters in den anderen europäischen Staaten die Übersicht im Anhang dieser Abhandlung. In Großbritannien empfahl das von der britischen Regierung eingesetzte „Committee on the Age of Majority" in seinem Bericht vom Juli 1967 u. a. die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters und der Ehemündigkeit von 21 auf 18 Jahre. Die „Conference on Electoral Law" des House of Commons hat in ihrem Schlußbericht an den Premier-Minister vom 9. 2. 1968 u. a. die Empfehlung ausgesprochen, das Wahlalter auf 20 Jahre herabzusetzen. — Der Europarat bereitet gegenwärtig einen Bericht über die Lage der Jugend in Europa vor, in dem auch die Frage des Wahlalters behandelt werden wird. Die Diskussion hierüber wird in der Beratenden Versammlung im Herbst 1969 erfolgen.

  55. Alleinige Entscheidungsbefugnis über das religiöse Bekenntnis qemäß § 5 RelKErzG.

  56. Gemäß § 2229 BGB.

  57. Gemäß § 1 EheG.

  58. Eine ähnliche Auffassung wurde in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 von den Abgeordneten Westphal (SPD) und Genscher (FDP) vertreten.

  59. Zusammengestellt von der Wissenschaftlichen Abteilung des Deutschen Bundestages, Juristische Dokumentation, GeschZ 32 J 216/66.

  60. Die Beantwortung der Frage, ob Eingriffsrechte der Jugendhilfe gegen Volljährige möglich sind, würde u. a. davon abhängen, ob man von der geltenden Konzeption des Jugendwohlfahrtsrechts abgehen und dem Staat originäre Eingriffsrechte auch gegen Volljährige geben soll, die nicht mehr der elterlichen Gewalt unterstehen, aber noch erziehungsbedürftig sind. Es ist sehr zweifelhaft, ob eine solche Regelung dem Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 GG entsprechen würde: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht, über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft."

  61. Vgl. Der Spiegel Nr. 21/68, S. 22.

  62. Das genaue Zahlenergebnis der von Bundesminister Benda zitierten Meinungsumfrage lag dem Verfasser bei Abfassung des Manuskripts nicht vor.

  63. So der CDU-Abgeordnete Picard in der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968.

  64. In der Bundestagsdebatte vom 15. 11. 1968 nahm auch Bundesinnenminister Benda zu der Aussage des CDU-Abgeordneten Picard Stellung. Der Bundesminister wies darauf hin, daß sich die Aussage, es gebe bei den 18-bis 21jährigen eine überdurchschnittliche Affinität zur NPD, mit den Ergebnissen der im Bundesinnenministerium mit Unterstützung einschlägiger wissenschaftlicher Institute seit längerer Zeit durchgeführten Analysen nicht deckt: „Es gibt speziell in bezug auf das Verhalten der 18-bis 21jährigen ein Ergebnis . . ., das in der Tat dafür spricht. Es gibt aber eine große Anzahl, die zu dem genauen gegenteiligen Ergebnis hinsichtlich einer größeren Altersgruppe führen, nämlich der 21-bis 30jährigen, die bereits gewählt haben, deren Verhalten daher zuverlässiger ist. Es steht fest, daß sie unterdurchschnittlich Anhänger bzw. Wähler der NPD sind." — Das hier angesprochene „abweichende Ergebnis" wurde in einer Befragung über das Thema „Chancen für den Rechtsradikalismus" erzielt, die im Oktober und November 1965 von den Instituten für vergleichende Sozial-forschung und für politische Wissenschaft der Universität Köln gemeinsam mit dem Emnid-Institut durchgeführt wurde; vgl. Munzinger-Zeitarchiv: DEU—BRD/Part — D 3.

  65. „Spiegel" Nr. 15/1966.

  66. Vgl. dazu auch Blücher, a. a. O., S. 346 f. und den Bericht im „Spiegel" Nr. 52/1968.

  67. Vgl. Kap. III dieser Abhandlung.

  68. Vgl. die Aufstellung im Anhang dieser Untersuchung. - In Großbritannien, wo das Alter für das passive Wahlrecht auf 21 Jahre festgelegt ist, erregte in jüngster Zeit die Wahl der 22jährigen Bernadette Devlin in das House of Commons Aufsehen. Bernadette Devlin, die in einer Nachwahl in einem nordirischen Wahlkreis gewählt wurde, gilt als die jüngste Abgeordnete in der langen Geschichte des britischen Unterhauses.

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Hans-Helmut Röhring, Dipl. -Politologe, geboren 1939 in Bremen, Studium der Politischen Wissenschaften in Berlin, 1965 Studienaufenthalt in Israel, bis Oktober 1967 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, seither wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Die Entstehungsgeschichte des Staates Israel, in: Israel — Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, hrsg. v. Kurt Sontheimer, München 1968 (als Vorabdruck in „Aus Politik und Zeitgeschichte" Nr. 2/68 v. 10. Januar 1968 veröffentlicht); Osteuropa im Wandel, Schriftenreihe „Arbeit und Leben" 1/69, Düsseldorf 1969.